LG Frankfurt am Main, Urteil vom 20.03.2019 - 3-08 O 133/18
Fundstelle
openJur 2020, 44605
  • Rkr:
Tenor

Die einstweilige Verfügung vom 19.11.2018 wird bestätigt.

Der Antragsteller hat die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien sind Taxiunternehmer in Frankfurt und der Antragsteller Vorstandsmitglied der Taxivereinigung Frankfurt am Main e. V., ein Zusammenschluss Frankfurter Taxiunternehmer, der auch unlautere Handlungen von Taxifahrern, insbesondere gegen § 47 PBefG, verfolgt.

Der Antragsgegner fuhr mit seinem in Frankfurt konzessionierten Taxi, ..., am 29 10. 2018 gegen 10:00 Uhr zum Frankfurter Flughafen.

Der Antragsteller mahnte den Antragsgegner mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 1.11.2018 (Bl. 25-27 d.A.) ab.

Die Kammer hat am 19.11.2018 eine einstweilige Verfügung erlassen, wegen deren Inhalts auf Bl. 32/33 d.A. verwiesen wird.

Der Antragsteller behauptet, dass der Antragsgegner sein Taxi gegen 10:18 Uhr leer vor dem Ausgang Abflug B 6 abgestellt und sein Beifahrerfenster geöffnet habe. Es sei im Taxi sitzen geblieben und habe zum Ausgang B 6 geblickt. Nach einigen Minuten gegen 10:23 Uhr seien zwei Fahrgäste auf das Taxi zugegangen. Der Antragsgegner sei ausgestiegen, um den Gästen das Gepäck abzunehmen.

Der Zeuge ..., der den Vorgang beobachtet habe, habe die Fahrgäste angesprochen, ob sie das Taxi bestellt hätten. Die Antwort sei "nee, wieso" gewesen. Die Fahrgäste seien in das Taxi des Antragsgegners gestiegen und weggefahren (Beweis: Eidesstattliche Versicherungen der Zeugen ... und ... vom 5.11.2018 in Bl. 21 und 22 der Akte sowie die Lichtbilder in Bl. 23 und 24 d.A.).

Der Antragsteller beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 19.11.2018 zu bestätigen.

Der Antragsgegner beantragt,

die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Der Antragsgegner wendet rechtsmissbrauch ein, weil der Antragsteller und die Zeugen ... und ... Vorstandsmitglieder der Taxivereinigung Frankfurt am Main e. V. seien. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung hätte deshalb - wie sonst auch - die Taxivereinigung selbst stellen können. Da dieser aber nicht die Anwaltskosten einer durch ihre Rechtsanwältin ausgesprochenen Abmahnung hätte ersetzt verlangen können, weil die Taxivereinigung nach der Rechtsprechung des BGH selbst hätte abmahnen müssen, habe der gewählte Weg, einen Frankfurter Taxiunternehmer, der auch noch zugleich Vorstandsmitglied sei, die Abmahnung aussprechen zu lassen, lediglich dazu gedient, dem Antragsgegner vorgerichtliche anwaltliche Abmahnkosten auferlegen zu können. Dieses Verhalten sei unlauter, weil der kostengünstigere Weg gewesen wäre, dass die Taxivereinigung selbst abgemahnt hätte, wodurch keine vorgerichtlichen anwaltlichen Abmahnkosten entstanden wären.

Der Antragsgegner habe am 29.10.2018 einen Kunden zum Frankfurter Flughafen gefahren. Danach habe er eine Pause eingelegt, weil er Hunger gehabt habe, und ein Brötchen gegessen. Er habe sein Taxi nicht an den Ein - oder Ausgang abgestellt, sondern dort, wo noch ein Parkplatz frei gewesen sei.

Dort wurde gestanden habe, hätten ihn zwei Fahrgäste angesprochen, die unbedingt in ein ... - Fahrzeug hätten einsteigen wollen.

Danach handele es sich um einen Fall des Bestellens eines Taxis durch Hinlaufen zum entfernt stehenden, nicht bereitgehaltenen Taxi. Denn die beiden Fahrgäste hätten auch das ... - App - System nutzen können.

Das sehen und Ansprechen eines ...- Fahrers sei rechtlich gleichzustellen mit der Bestellung eines ... - Fahrzeugs mittels ... - App.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Der Antrag ist zulässig.

Insbesondere liegt kein Rechtsmissbrauch vor.

Von einem Rechtsmissbrauch im Sinne von § 8 IV UWG ist dann auszugehen, wenn das beherrschende Motiv des Antragstellers bei der Geltendmachung seines Unterlassungsanspruchs sachfremde Ziele sind. Diese müssen nicht das alleinige Motiv des Antragstellers sein. Ausreichend ist, dass die sachfremden Ziele überwiegen (BGH GRUR 2006, 243, 244- Mega Sale).

Ob der Geltendmachung von unlauteren Handlungen sachfremde Ziele zugrunde liegen, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der gesamten Umstände zu beurteilen. Als typischen Beispielsfall für sachfremde Ziele nennt das Gesetz die Geltendmachung eines Anspruchs, die überwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden Ansprüche auf Ersatz von Aufwendungen, Kosten der Rechtsverfolgung oder Vertragsstrafeansprüche entstehen zu lassen. Ein solcher Beispielsfall liegt hier nicht vor.

Allein die Umstände, dass der Antragsteller auch Vorstandsmitglied der Taxivereinigung Frankfurt am Main ist, der in der Vergangenheit Verstöße gegen § 47 PBefG von Taxiunternehmern und Taxifahrern auf dem Frankfurter Flughafen abgemahnt hat, die Zeugen ... und ... auch Vorstandsmitglieder der Taxivereinigung sind und die Taxivereinigung nach der Rechtsprechung des BGH keinen Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten für eine Abmahnung von Verstößen gegen das PBefG auf dem Frankfurter Flughafen hat, weil der Verein zumindest einfach gelagerte Verstöße selbst ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts oder einer Rechtsanwältin abmahnen muss, reichen nicht aus, um anzunehmen, die Geltendmachung erfolge vorliegend in erster Linie aus sachfremden Motiven, insbesondere um gegen den Antragsgegner höhere abmahnkosten entstehen zu lassen.

Zwar fallen höhere Abmahnkosten an, wenn ein Taxiunternehmer den Antragsgegner abmahnen lässt, weil dieser berechtigt ist, einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin mit der Abmahnung zu beauftragen, und diese Kosten dann erstattet verlangen kann. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass der Antragsteller in erster Linie aus diesem Grund, gegen den Antragsgegner vorgeht. Vielmehr bleibt das Motiv für die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs der lautere Wettbewerb unter den Taxifahrern auf dem Frankfurter Flughafen.

Der Anfall der höheren Abmahnkosten ist allenfalls ein Nebenaspekt des Umstands, dass der Antragsteller selbst und nicht die Taxivereinigung vorgeht und macht die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs nicht rechtsmissbräuchlich.

Anderenfalls würde dies bedeuten, dass Verstöße auf dem Frankfurter Flughafen immer von der Taxivereinigung geltend gemacht werden müssten, weil diese auch für die Aufsicht auf dem Frankfurter Flughafen zuständig ist, und hätte zur Folge, den von der Verfassung gewährten Zugang zu den Gerichten auf eine gesetzlich nicht vorgesehene und daher unzulässige Weise zu verkürzen.

Ob dies auch gilt, wenn es um Verstöße auf den von der Taxivereinigung genutzten Taxihalteplätzen geht, kann offenbleiben, weil ein solcher Verstoß nicht streitgegenständlich ist.

Der Antrag ist auch begründet.

Dem Antragsteller steht ein Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 3 a UWG i.V.m. § 47 I PBefG zu, weil der Antragsgegner das von ihm gefahrene Taxi am 29.10.2018 gegen 10:18 Uhr vor dem Ausgang Abflug B 6 des Frankfurter Flughafens bereitgestellt hat, um Fahrgäste aufzunehmen und zu befördern.

Bei der Vorschrift des § 47 I PBefG handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3 a UWG zum Schutz von Mitbewerbern (Chancengleichheit aller Taxiunternehmer). Sie regelt das Marktverhalten der Taxiunternehmer, indem sie festlegt, wo Taxen bereitgehalten und Beförderungsaufträge angenommen werden dürfen. Denn § 47 I 1 PBefG definiert nicht nur den Begriff Verkehr mit Taxen, sondern bestimmt zugleich, dass Taxen nur an behördlich zugelassenen stellen bereitgehalten werden dürfen. Dies ergibt sich eindeutig aus § 47 I 2 PBefG, der auf den Satz 1 mit dem Wort "auch" Bezug nimmt und damit zum Ausdruck bringt, dass Beförderrungsaufträge grundsätzlich nur an den behördlich zugelassenen Stellen entgegengenommen werden dürfen. Die Vorschrift ist deshalb dazu bestimmt, auch im Interesse der Marktteilnehmer, nämlich Verbraucher und Mitbewerber, ein funktionsfähiges örtliches Taxigewerbe zu erhalten (BGH GRUR 2013, 412 Tz.15 - Taxibestellung zu § 47 II PBefG).

Nach § 47 I PBefG dürfen Taxen nur an behördlich zugelassenen Stellen (Zeichen 229) bereitgehalten und Beförderungsaufträge grundsätzlich nur an diesen Stellen, aber auch am Betriebssitz des Taxiunternehmens oder während der Fahrt entgegengenommen werden. Der Antragsgegner hat dagegen bereits deshalb verstoßen, weil er am 29.10.2018 gegen 10:18 Uhr sein Taxi vor dem Ausgang Abflug B 6 gut sichtbar abgestellt, sein Beifahrerfenster heruntergelassen, dort ca. 5 Minuten gewartet und Fahrgäste eingeladen hat, um diese zu befördern. An dieser Stelle, Abflug Ausgang B 6 handelt es sich um eine nicht im Sinne von § 47 I 1 PBefG behördlich zugelassenen Stelle. Das Verhalten des Antragsgegners ist auch als Bereitstellen an dieser Stelle im Sinne von § 47 I 1 PBefG zu bewerten.

Bereithalten im Sinne von § 47 I 1 PBefG bedeutet das Aufstellen von Taxen verbunden mit der erkennbar ausgedrückten Bereitschaft zur sofortigen und jederzeitigen Ausführung von Fahrtaufträgen(BVerGE 61, 9).

Diese Bereitschaft muss gegenüber der Allgemeinheit bestehen, also für Aufträge beliebiger, dem Taxifahrer noch unbekannter Auftraggeber, weshalb ein Taxifahrer beim Warten auf den avisierten Kunden sich nicht im Sinne von § 47 I 1 PBefG bereit hält (Fielitz/Gräz PBefG Oktober 2009 § 47 R.. 26).

Das Bereithalten erfordert zusätzlich den subjektiven Willen des Fahrers zur Beförderung von Fahrgästen. Insoweit kommt es jedoch entscheidend auf den äußeren Eindruck an. Deshalb spielt ein entgegenstehender Wille des Taxifahrers dann keine Rolle, wenn er den äußeren Eindruck vermittelt, dass er zur sofortigen und jederzeitigen Ausführung von Fahrtaufträgen bereit ist (Fielitz/Gräz PBefG Oktober 2009 § 47 R. 28). Deshalb reicht bereits ein Aufstellen in der Nähe von Diskotheken, Gaststätten, Bahnhöfen oder Flughäfen aus, um ein unzulässiges Bereithalten eines Taxis anzunehmen (BayObLG VRS 67, 237).

Dies ist nur dann anders, wenn der Taxifahrer am Zielort eines Beförderungsauftrags angekommen ist und dort in unmittelbarem Zusammenhang mit der Abfertigung des an seinem Zielort angekommen Fahrgasts von einem weiteren Fahrgast auf eine Beförderung angesprochen wird oder während der Fahrt ein Beförderungsauftrag annimmt (§ 47 I PBefG). Dies ist dann kein Bereithalten im Sinne von § 47 I PBefG.

Ausgehend von den vorstehenden Ausführungen ist das konkrete Verhalten des Antragsgegners am 29.10.2018 gegen 10:18 Uhr auf dem Frankfurter Flughafen als Bereithalten seines Taxis an behördlich nicht zugelassene Stelle zu werten.

Denn aufgrund der eidesstattlichen Versicherungen der Zeugen Adler und Kratz vom 5.11.2018 (Bl. 21 und 22 d.A.) geht die Kammer davon aus, dass der Antragsgegner sein Taxi leer am 20.10.2018 gegen 10:18 Uhr vor dem Ausgang Abflug B6 mit herunter gelassenem Beifahrerfenster abstellte, 5 Minuten an dieser Stelle wartete bis Fahrgäste auf sein Taxi aufmerksam wurden und auf es zukamen, um befördert zu werden.

Die Kammer hat keine Zweifel an der Richtigkeit der übereinstimmenden eidesstattlichen Versicherungen, auch wenn die beiden Zeugen Vorstandskollegen des Antragstellers sind. Dieser Umstand reicht nicht aus, um die eidesstattlichen Versicherungen für eine Glaubhaftmachung nicht ausreichen zu lassen.

Im Übrigen hat der Antragsgegner sich in der mündlichen Verhandlung am 20.3.2019 dahin gehend eingelassen, dass es richtig sei, dass er am 29.10.2018 an der von den Zeugen ... und ... in ihren eidesstattlichen Versicherungen angegebenen Stelle sein Taxi abgestellt habe. Insbesondere bestätigte er, dass die beiden Lichtbilder in Bl. 23 und 24 d.A. den Standort seines Taxis korrekt wiedergeben würden.

Ausgehend von diesen Feststellungen ist das Verhalten des Antragsgegners dahingehend zu würdigen, dass er sein Taxi an der beschriebenen Stelle abstellte, um Fahrgäste auf sein Taxi aufmerksam zu machen und sie zu befördern. Insbesondere der Ort, an dem er sein Taxi abstellte, ist ein solcher, der mit hohem Kundenaufkommen verbunden ist, und deshalb eine große Chance bietet, Fahrgäste nach nur kurzer Wartezeit befördern zu können, die Dauer der Wartezeit, 5 Minuten, und das heruntergelassene Beifahrerfenster, das es dem Antragsgegner ermöglichte, Kunden aus dem Auto heraus anzusprechen, zeigen, dass der Antragsgegner sein Taxi an diesem Ort bereitgehalten hat, um Fahrgäste zu befördern. Dass er sein Taxi dort abstellte, um Fahrgäste zu befördern, belegt auch der Umstand, dass der Beklagte auch tatsächlich Fahrgäste aufgenommen hat, um sie zu befördern.

Der Antragsgegner kann auch nicht einwenden, dass die beiden Fahrgäste, die er beförderte, von einem ... - Fahrzeug befördert werden wollten. Denn sein Verstoß liegt bereits darin, dass er sein Fahrzeug ein einer behördlich nicht zugelassenen Stelle aufstellte, um Fahrgäste zu befördern. Demgegenüber ist es unerheblich, ob die dann später befördernden Fahrgäste von ihm befördert werden wollten. Denn dies war nur möglich, weil er sein Taxi zuvor an einer behördlich nicht zugelassenen Stelle abgestellt hatte.

Die Kostentscheidung beruht auf § 91 ZPO..

Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte