LG Hanau, Urteil vom 18.05.2017 - 7 O 36/17
Fundstelle
openJur 2020, 44405
  • Rkr:

Anforderungen an die Darlegungslast und das Bestreiten substantiierten Vorbringens

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 23.086,59 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 %-Punkten über dem Basiszins seit dem 30.11.2016 zu zahlen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Zahlung von Werklohn für zahnlabortechnische Leistungen. Die Klägerin betreibt ein zahntechnisches Labor. Der Beklagte unterhält eine Zahnarztpraxis. Die Klägerin stellte dem Beklagten am 8.11.2016, 9.11.2016 und 10.11.2016 insgesamt 21 Rechnungen für zahntechnische Leistungen in Höhe von insgesamt 23.086,59 € brutto (Aufstellung aller Tagesumsätze vom 8.11.2016 bis 10.11.2016, Bl. 18 d. A. sowie Einzelrechnungen Bl. 19 - 46 d. A.). Die Lieferdaten der zahntechnischen Leistungen datierten in den Rechnungen überwiegend aus den Jahren 2013 und 2014. Zwei Rechnungen trugen das Lieferdatum aus 2015 und eine weitere Rechnung das Lieferdatum aus 2016. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin forderte den Beklagten mit Schreiben vom 14.11.2016 erfolglos zur Zahlung dieser Rechnungen bis zum 29.11.2016 auf.

Die Klägerin behauptet, dass sämtliche in den streitgegenständlichen Rechnungen aufgeführten zahntechnischen Leistungen von dem Beklagten bestellt worden seien. Die vorgelegten Bestellzettel seien allesamt in der Praxis des Beklagten vor Ort zusammen mit den Patienten ausgefüllt worden. Im Anschluss seien die bestellten zahntechnische Leistungen tatsächlich von der Klägerin erbracht und an den Beklagten ausgeliefert worden.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 23.086,59 € zu zahlen nebst 9 % Zinsen über Basiszinssatz seit dem 30.11.2016.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, dass die streitgegenständlichen Zahnersatzleistungen in seinem eigenen Labor angefertigt worden seien. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte Rechnungen für angebliche Leistungen aus dem Jahre 2013 erst im November 2016 abgerechnet haben soll.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteivertreter nebst Anlagen verwiesen. Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 04.04.2017 (Bl. 82 d. A.) auf die Einzelrichterin übertragen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Werklohn gegen den Beklagten in geltend gemachter Höhe.

Die Klägerin hat schlüssig und substantiiert dargelegt, dass sämtliche in den streitgegenständlichen Rechnungen aufgeführten Leistungen von dem Beklagten bestellt worden seien. Die vorgelegten Bestellzettel seien allesamt in der Praxis des Beklagten vor Ort zusammen mit den Patienten ausgefüllt worden. Im Anschluss seien die bestellten zahntechnische Leistungen tatsächlich von der Klägerin erbracht und an den Beklagten ausgeliefert worden. Die Klägerin hat sämtliche den streitgegenständlichen zahntechnischen Leistungen zugrunde liegenden Bestellaufträge, Auftragsbestätigungen und Rechnungen im Einzelnen vorgelegt. Zudem hat der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung für die Kammer nachvollziehbar erklärt, warum die Rechnungen teilweise erst verspätet bearbeitet worden sind. So seien einzelne Rechnungen während der laufenden Geschäftsbeziehung zunächst, wie durchaus üblich, gesammelt worden, um sie gebündelt zu bearbeiten. Damit genügt die Klägerin ihrer Darlegungslast.

Soweit die Beklagtenseite lediglich pauschal bestreitet, die in den Rechnungen aufgeführten Leistungen bei der Klägerin bestellt zu haben und von dieser tatsächlich erhalten zu haben, kann sie damit nicht gehört werden.

Nach §§ 138 Abs. 2 und 3 ZPO hat sich jede Partei über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. Die erklärungsbelastete Partei hat - soll ihr Vortrag beachtlich sein - auf die Behauptungen ihres Prozessgegners grundsätzlich substantiiert, d.h. mit näheren positiven Angaben, zu erwidern (BGH, NJW-RR 1986, 60). Ein substantiiertes Vorbringen kann also grundsätzlich nicht pauschal bestritten werden. Die Verpflichtung zu einem substantiierten Gegenvortrag setzt lediglich voraus, dass ein solches Vorbringen der erklärungsbelasteten Partei möglich ist. Dies ist in der Regel der Fall, wenn sich die behaupteten Umstände in ihrem Wahrnehmungsbereich verwirklicht haben (BGH, NJW 2010, 1357).

Dieser prozessualen Obliegenheit hat der Beklagte durch das bloß pauschale Bestreiten sämtlicher Einzelpositionen nicht genügt. Er stand den Geschehnissen nicht so fern, dass er sich auf einfaches Bestreiten hätte beschränken dürfen. Dem Beklagten wäre es möglich gewesen, detailliert auf das die einzelnen Bestellungen und Leistungen einzugehen. Abgesehen davon hat die Beklagtenseite bereits nicht erklärt, wie die Klägerin die vorgelegten Bestellzettel eigenmächtig mit dezidierten Angaben zu Patienten des Beklagten und ihren jeweiligen Zahnersatz ausgefüllt haben soll. Zudem hat der Beklagte vorgetragen, die streitgegenständlichen Zahnleistungen für seine Patienten selbst in seinem Labor erbracht zu haben. Auch diesbezüglich war von dem Beklagten zu erwarten, dass er sich zu den behaupteten eigenen Herstellungen der zahntechnischen Leistungen jeweils substantiiert äußert.

Die Klägerin kann gem. §§ 280,286 Abs. 3,288 Abs. 2 BGB auch die geltend gemachten Zinsen aus dem Gesichtspunkt des Verzuges verlangen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

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