AG Kassel, Beschluss vom 05.07.2019 - 284 Ds-2660 Js 28990/17
Fundstelle
openJur 2020, 44342
  • Rkr:
Tenor

Das Verfahren wird eingestellt (§ 206b StPO).

Gründe

Den Angeklagten wird in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Kassel vom 30.01.2018 vorgeworfen, gemeinschaftlich handelnd öffentlich und durch Verbreitung von Schriften ihres Vermögensvorteils wegen eigene Dienste zur Vornahme eines Schwangerschaftsabbruches angeboten zu haben.

Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die als Fachärztinnen für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in D tätigen Angeklagten betreiben spätestens seit dem 31.07.2017 bis heute einvernehmlich die öffentlich zugängliche Website www.aaa, auf welcher sie unter der Rubrik "Ambulante Operationen" neben anderen medizinischen Leistungen, die sie gegen das übliche ärztliche Honorar durchführen, auch die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen - operativ oder medikamentös - aufführen.

Es heißt dort auszugsweise wie folgt:

"Ambulante Operationen

Wir bieten Ihnen auch die Möglichkeit an, eine gynäkologische Operation durch uns durchführen zu lassen. Die Eingriffe werden ambulant - also ohne stationären Aufenthalt - durchgeführt. Wir arbeiten seit Jahren mit der naheliegenden → gynäkologischen Tagesklinik B (http://c.../) vertrauensvoll zusammen, wo die Eingriffe in Zusammenarbeit mit einer erfahrenen Narkoseärztin/arzt vorgenommen werden.

Folgende Eingriffe sind ambulant möglich:

[...]Schwangerschaftsabbruch, operativ oder medikamentös mit Mifegyne®"

Die Angeklagten handelten dabei in der Absicht, Patientinnen für sich und die Durchführung derartiger Eingriffe durch sie zu werben, um bei Inanspruchnahme der Leistung das entsprechende Honorar vereinnahmen zu können.

Diese Tat war nach bisherigem Recht gemäß §§ 219a Abs. 1, 25 StGB strafbar.

Durch das "Gesetz zur Verbesserung der Information über einen Schwangerschaftsabbruch" - in Kraft getreten am 29.03.2019 - wurde in § 219a StGB ein neuer Absatz 4 unter anderem mit dem Inhalt hinzugefügt, dass Absatz 1 der Norm nicht gilt, wenn Ärzte, Krankenhäuser oder Einrichtungen auf die Tatsache hinweisen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche unter den Voraussetzungen des § 218a Absatz 1 bis 3 StGB vornehmen. Um solche sachlichen Hinweise, die nach dem neu eingefügten Tatbestandsausschluss entkriminalisiert werden sollten, handelt es sich vorliegend, sodass nach neuem Recht keine Strafbarkeit mehr gegeben ist.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen eigenen Auslagen der Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.

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