LG Frankfurt am Main, Urteil vom 19.03.2019 - 3-06 O 103/17
Fundstelle
openJur 2020, 43958
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Rückzahlung von Vorstandsgehalt sowie weiterer nach ihrer Auffassung unrechtmäßig getätigter Auszahlungen.

Der Beklagte ist Musiker und Produzent im Bereich der elektronischen Musik. Er gründete gemeinsam mit weiteren Gesellschaftern im Jahre 2000 die Klägerin, deren Gesellschafter er bis heute ist und deren alleiniger Vorstand er war bis zu seiner Abberufung am 02.10.2015. Für seine Tätigkeit als Vorstand hatte der Beklagte ursprünglich Gehaltsansprüche. Zwischen den Parteien ist streitig, ob dies auch ab dem Jahr 2013 der Fall war.

In diesem Zeitraum befand sich die Klägerin in einer strittigen Auseinandersetzung mit der .............. GmbH & Co. KG ("...............”) u.a. über Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen ............ sowie den Rechterückfall von Verlagsrechten.

Zur Zwischenfinanzierung der laufenden Kosten dieser Auseinandersetzung gewährte die ............. GmbH ("...............”), dessen Geschäftsführer ...................... ein Aufsichtsratsmitglied der Klägerin ist, der Klägerin ein Darlehen in Höhe von bis zu 42.000 € mit einer Laufzeit bis zum 31.03.2015 (Kopie Darlehensvertrag vom 28.06.2013 und Kopie Ergänzungsvereinbarungen, Anlage K12). Unter "§ 2 Sicherheiten” des Darlehensvertrags vom 28.06.2013 wurde zudem vereinbart, dass die Klägerin alle Ansprüche auf Zahlungen aus einem mit der ................ zu erzielenden Vergleich oder einem gerichtlichen Obsiegen an die ................ abtritt und die................. dies annimmt (Anlage K12, § 2 a.).

Zudem hielt die ..................”), dessen Vorstand .................. auch Aufsichtsratsmitglied der Klägerin war, treuhänderisch fällige Darlehensforderungen gegen die Klägerin ("Ursprüngliches Darlehen”) (Kopie Darlehensvertrag vom 28.06.2013, Anlage K12 unter Präambel (B) und § 2 b.). Im Darlehensvertrag vom 28.06.2013 verpflichtete sich die Klägerin auch dieses Darlehen mit dem Erlös aus einem Obsiegen gegen ................ zu begleichen, soweit der Erlös die Rückzahlungsansprüche der ................. übersteigt; die Rückzahlung wurde auf 110.000,00 € begrenzt (Darlehensvertrag § 2 b., Anlage K12).

Am 28.10.2013 und 29.10.2013 kam es zu einem E-Mail Verkehr zwischen dem Beklagten, ............. und dem damaligen Steuerberater ............... (Anlage B1-B8, Bl. 256-267 d.A.). Gegenstand des E-Mail Verkehrs war das Gehalt des Beklagten. Hintergrund war, dass die Klägerin sicherstellen wollte, dass das Darlehen effektiv der Finanzierung der Auseinandersetzung mit .................... dient, indem das Vorstandsgehalt nicht ausgezahlt und keine Lohnsteuer abgeführt wurde.

In der E-Mail vom 28.10.2013 des ......................... an den Beklagten (Anlage B1, Bl. 256 d.A.) teilte dieser ihm mit:

"(...)

die Sache mit dem Gehalt ist nur wie folgt regelbar:

Wir melden Dich ab, die Forderung von Dir gegenüber der AG bleibt aber bestehen. Kommt dann der ..............Vergleich zustande, lebt der Vertrag wieder auf, Du erhäl[t]st für die Monate die nichts "gelaufen” ist, eine einmalige Nachzahlung. Wirtschaftlich bist Du damit gleichgestellt.

Die AG spart bis dahin die Abbuchung des FA [Finanzamt] und das wäre wichtig.

(...)”

In einer E-Mail vom 29.10.2013 erklärte Herr ................ gegenüber dem Beklagten weiterhin (Anlage B7, Bl. 264 d.A.):

"(...)

Gehalt: Das was ab 01. Juni offen ist, wird dann sobald ...............-Geld da ist, in einer Gehaltsabrechnung voll versteuert nachgezahlt an Dich ........”

In der E-Mail vom 29.10.2013 des .......... an Herr ............ und den Beklagten schrieb dieser (Anlage B3, Bl. 259 d.A.):

"(...) Wenn ich einen Verzicht auf Ihr Gehalt ab 01.06.2013 schriftlich von Ihnen erhalte, melde ich Ihr Gehalt sofort rückwirkend ab und es gibt danach die Erstattung vom FA [Finanzamt]”.

Nachdem der Beklagte Herrn ................... daraufhin gebeten hatte ein entsprechendes Schriftstück vorzuformulieren (Anlage B4, Bl. 260 d.A.), fertigte der Beklagte ein Schreiben an, welches zunächst auf den 28.10.2013 datiert war (Bl. 263 d.A.) und dann auf Anraten des Herrn ......... (Anlage B8, Bl. 266 d.A.) vom Beklagten auf den 23.05.2013 rückdatiert wurde.

Mit diesem Schreiben, welches an die Klägerin adressiert war, erklärte der Beklagte,

"ab Juni 2013 verzichte ich bis auf Weiteres auf mein Vorstandsgehalt” (Anlage K1).

Das Schreiben ist dem Aufsichtsratsmitglied, ............. zugegangen. Das Schreiben war nicht Gegenstand eines Beschlusses des damaligen Aufsichtsrats der Klägerin.

In der Folgezeit hat sich der Beklagte sein Gehalt bis zu den streitgegenständlichen Auszahlungen im Jahr 2015 nicht ausgezahlt.

Ausgang der strittigen Auseinandersetzungen mit der .............. war eine im Februar 2015 geschlossene Zusatzvereinbarung zwischen der Klägerin und ......................., in deren Zuge es zu einer Zahlung von 100.000 € an die Klägerin kam (Anlage B10).

Nach dem Eingang der Zahlung der ...................... zahlte sich der Beklagte mit insgesamt neun Überweisungen vom Konto der Klägerin zwischen dem 27.02.2015 und 30.06.2015 einen Betrag in Höhe von insgesamt 67.811, 31 € aus. Sechs Überweisungen waren mit dem Verwendungszweck "Gehalt 04/2015 .................. bis "Gehalt 09/2015 .....................” bezeichnet. Eine Überweisung erfolgte unter dem Verwendungszweck "Gehalt 2014 ....................”, zwei Überweisungen erfolgten unter dem Verwendungszweck "Gehalt 01-03/2013 ...................” und "Rest Gehalt 2013 ..........................”. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Bl. 3 d.A. verwiesen.

Der Beklagte zahlte zudem am 30.03.2015 vom klägerischen Konto an den ........... ....... eine Spende in Höhe von 5.000, 00 Euro (Anlage K9).

Der .............. ist ein gemeinnützig anerkannter Kultur-Förderverein im Bereich elektronische Musik, der unter anderem ein für die Öffentlichkeit zugängliches Museum für elektronische Musik in Frankfurt am Main inklusive Musikstudio und Club-Partys mit internationalen Discjockey erschaffen will (Bl. 156 d.A.). Mit dem Verein war vereinbart, dass dieser für ältere von der Klägerin verlegte Musiktitel Werbung betreiben werde.

Die Spende konnte im Jahr der Auszahlung nicht steuerlich abgesetzt werden aufgrund eines bereits vorhandenen Verlustvortrags (Anlage K13).

Im Juli und August zahlte sich der Beklagte 1000 € als "Rückerstattung Vorlage Produktionskosten” aus sowie weitere 2000 € an Herrn .................... direkt als Produktionskostenvorschuss. (Anlage K9).

.................... ist der bürgerliche Name des Künstlers ................ Mit den Zahlungen sollte die Produktion von dessen Musikalbum "...............” unterstützt werden. Dieses sollte ............... mit dem Künstler "..............” produzieren. Das von .................... produzierte Vorgängeralbum "............” wurde von der Klägerin verlegt. Es hatte zuvor die Top 10 und mit drei Single-Auskopplungen die Charts erreicht. Vorschusszahlungen an den Künstler erfolgten auch durch das Musiklabel .............

Vor der Vorschusszahlung sendete ...................... dem Beklagten zwei Demo-Lieder als MP3-Musikdateien per E-Mail vom 29.12.2014 zu, die er laut eigenen Angaben für das geplante Album bereits produziert habe (Anlage B2; Audio CD Bl. 360 d.A.).

Das Album ".....................” ist letztlich nicht produziert worden.

Im Jahr 2015 sowie in den Jahren 2011 und 2014 wies die Handelsbilanz der Klägerin jeweils einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag auf, wobei 2015 ein Jahresüberschuss verbucht wurde. Hinsichtlich der Einzelheiten wird Bezug genommen auf das Anlagenkonvolut K 10.

Mit Schreiben vom 14.02.2017 forderte die Klägerin den Beklagten zur Rückzahlung der 67.811,31 € auf.

Die Klägerin behauptet, mit dem Schreiben vom 28.05.2013 habe der Beklagte auf sein Gehalt verzichtet. Aus den vom Steuerberater der Klägerin, dem Zeugen ...... - der über deren steuerlichen Angelegenheiten informiert gewesen sei und alle Buchungen veranlasst habe - vorgenommenen Buchungen ergebe sich, dass ein Verzicht des Beklagten auf sein Gehalt vorgelegen habe. Sie ist der Ansicht, die getätigten Überweisungen in der Gesamthöhe von 67.811,31 € seien ohne Rechtsgrund erfolgt und würden auch eine Vorstandshaftung begründen.

Die Klägerin behauptet ferner, sie sei zum Zeitpunkt der Zahlungen überschuldet gewesen. Sie ist der Ansicht, ihr stehe deshalb grundsätzlich ein Ersatzanspruch hinsichtlich der 75.811,31 € zu.

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten auch wegen des Verjährenlassens der Ersatzansprüche gegen .............zu. Sie behauptet, dass der unstreitig bestandene Anspruch wegen Urheberrechtsverletzungen gegen ............ letztlich nicht durchgesetzt wurde, weil der Beklagte in den Vorjahren trotz Kenntnis des bestehenden Anspruchs versäumt habe, verjährungshemmende Maßnahmen einzuleiten. Sie nimmt dabei Bezug auf eine E-Mail des zu diesem Zeitpunkt mandatierten Rechtsanwalt ................... (Anlage K4, Bl. 120ff. d.A.). Ihr sei dadurch ein Schaden von mindestens 500.000 € entstanden. Zudem habe der Beklagte es pflichtwidrig versäumt ein zwischenzeitliches Vergleichsangebot der ............... über 600.000 € anzunehmen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass in Anbetracht der kritischen wirtschaftlichen Situation der Klägerin und der bestehenden erheblichen Darlehensverbindlichkeiten auch eine Spende nicht gerechtfertigt gewesen sei, zumal die Spende steuerrechtlich im Jahr 2015 nicht berücksichtigt werden konnte und der Spendenbetrag auch außer Verhältnis zum Nutzen stehen würde.

Sie meint in Bezug auf die Produktionskostenvorschusszahlungen habe sich der Beklagte vor der Zahlung nicht ausreichend darum versichert, dass das Album auch produziert werde.

Nachdem die Klägerin ursprünglich beantragte, den Beklagten zu verurteilen, an sie EUR 67.811,31 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.02.2017 zu bezahlen,

beantragt die Klägerin nunmehr mit Schriftsatz vom 08.05.2018,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin EUR 67.811,31 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Februar 2017 sowie EUR 8.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.05.2018 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, sein Vorstandsgehalt sollte im vorliegenden Fall lediglich gestundet werden.

In Zeiten finanzieller Engpässe bei der Klägerin sei es zwischen dem Beklagten und den damaligen Aufsichtsratsmitgliedern................. und ...................... üblich und abgesprochen gewesen, dass der Beklagte sein Vorstandsgehalt zum Wohl der Gesellschaft nach eigenem Ermessen stundet - wie dies auch unstreitig bei der Stundung seines Vorstandsgehalts für die Monate August 2010 bis Februar 2011 gewesen sei, das dann im Februar 2011 nachgezahlt wurde.

In einem Gespräch zwischen den Herren ........................ und dem Beklagten in der Zeit vor der streitgegenständlichen Gehaltsstundung habe der Zeuge ..................... verlangt, dass der Beklagte sein Gehalt weiter senken sollte. Dies habe der Beklagte strikt abgelehnt unter Verweis darauf, dass das Gehalt so gerade die Lebenskosten seiner Familie decke und er sich keine weitere Senkung leisten könne, dies habe Herr ................. akzeptiert.

Das Verzichtsschreiben sei infolge eines Telefonats zwischen ihm und dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden ............. am 28.05.2013 am selben Tag angefertigt worden. Gegenstand des Gesprächs sei gewesen, dass Herr ............... den außergerichtlichen Teil der Klage gegen ............ vorfinanzieren wollte, im Gegenzug verhindert wissen wollte, dass das Geld für andere Zwecke verwendet werde. Daher sollte das Gehalt gestundet werden, bis die Klägerin nach erfolgreichem Rechtsstreit wieder über mehr Liquidität verfügen würde. Herr .......... habe den Kläger gedrängt, die Stundung zu verschriftlichen. Ein endgültiger Gehaltsverzicht sei zu keiner Zeit gefordert worden und vom Beklagten auch nicht akzeptiert worden. Der Beklagte erklärte mit Schriftsatz vom 26.02.2018 den Widerruf aller Vertragsangebote über Gehaltsstundungen oder -erlasse nach § 178 BGB.

Er ist der Auffassung, dass auch eine Stundungsvereinbarung letztlich nicht zustande gekommen sei, da es an einer Annahmeerklärung seitens der Klägerin fehle.

Der Beklagte ist der Ansicht, eine Haftung wegen Zahlungen während der Überschuldung einer Gesellschaft sei jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn es letztlich nicht zu einem Insolvenzverfahren gekommen sei.

Zudem sei der Gesellschaft kein Schaden entstanden durch die Auszahlungen, da sie hierdurch eine Verbindlichkeit ihm gegenüber erfüllt habe.

Der Beklagte meint ferner, die im Darlehensvertrag vom 28.06.2013 geregelte Abtretung sei jedenfalls sittenwidrig wegen Übersicherung. Er nimmt hierbei Bezug auf eine E-Mail der Kanzlei .................Rechtsanwälte vom 06.06.2013, Anlage B1, Bl. 236 d.A.

Einem Schadensersatzanspruch stehe jedenfalls § 242 BGB entgegen, da die Klägerin aktuell leistungsfähig sei und die Vergütung daher zahlen müsse.

Hinsichtlich der Schadensersatzforderung wegen Verjährenlassens der Schadensersatzansprüche gegen .............. hat der Beklagte die Einrede der Verjährung durch Schriftsatz vom 07.01.2019 erhoben (Bl. 360 d.A.). Der Beklagte behauptet hierzu, die angeblichen Pflichtverletzungen der .......... verteilten sich auf die Zeit ab dem Gründungsjahr 2000 der Klägerin.

Hinsichtlich eines Kondiktionsanspruchs behauptet der Beklagte, er sei entreichert. Es wird Bezug genommen auf den Vortrag im Schriftsatz vom 28.08.2018, Bl. 213 f. d.A.

Mit Schriftsatz vom 28.08.2018 hat der Beklagte die Hilfsaufrechnung mit Vergütungsansprüchen in gleicher Höhe erklärt (Bl. 206 d.A.). Er ist der Ansicht, da eine krisenhafte Situation der Klägerin nicht mehr vorliege, sei das Gehalt nachzuzahlen.

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 04.10.2018 der ........Steuerberatungsgesellschaft mbH den Streit verkündet bezüglich der streitgegenständlichen Gehaltszahlungen mit der Aufforderung, dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten beizutreten.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 09.10.2018, Bl. 269 f. d.A. durch Vernehmung der Zeugen .......... und ............. sowie gemäß Beweisbeschluss vom 29.01.2019, Bl. 385 d.A. durch Vernehmung des Zeugen ............. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 29.01.2019, Bl. 379 ff. d.A.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten weder ein Schadensersatzanspruch aus § 93 II 1 AktG, § 93 II 1, III Nr. 6 AktG i.V.m. § 92 II AktG noch ein Rückzahlungsanspruch aus § 812 I 1 Fall 1 BGB zu.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Schadensersatzanspruch gem. § 93 II 1 AktG.

Nach § 93 II 1 AktG sind Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. Die Pflichten, deren schuldhafte Verletzung einen Schadensersatzanspruch der Gesellschaft nach § 93 II 1 AktG begründen, können auf Gesetz, Satzung, Geschäftsordnung oder Anstellungsvertrag beruhen (MüKo/Spindler, AktG, 5. Auflage 2019, § 93 Rn. 166). Hierzu zählen insbesondere die Sorgfaltspflicht (§ 93 I 1 AktG) sowie die Treuepflicht des Vorstands, wonach der Vorstand generell gehalten ist, das Gesellschaftswohl dem eigenen Nutzen oder dem Vorteil Dritter überzuordnen (MüKo/Spindler, § 93 AktG Rn. 125, 167).

Danach steht der Klägerin kein Anspruch gegen den Beklagten aus § 93 II 1 AktG zu.

Der Beklagte war Vorstand der Klägerin bis zu seiner Abberufung am 02.10.2015.

Durch die vom Beklagten getätigten Zahlungen vom Konto der Klägerin auf sein Konto in Höhe von insgesamt 67.811,31 €, die mit dem Verwendungszweck "Gehalt” oder "Rest Gehalt” gekennzeichnet wurden, zwischen dem 27.02.2015 und 30.06.2015 (Bl. 3 d.A.) hat der Beklagte nicht pflichtwidrig gehandelt.

Der Beklagte hatte einen fälligen Vergütungsanspruch gegen die Klägerin. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte ursprünglich einen Anspruch auf Vergütung hatte. Auf die Höhe der Vergütung kommt es hier nicht an, da die Klägerin nicht die Höhe des ausbezahlten Gehalts bestreitet, sondern einen Gehaltsanspruch als solchen.

Aufgrund des mit Schriftsatz vom 04.10.2018 vom Beklagten vorgelegten E-Mail Verkehrs zwischen dem Beklagten, ........................ und dem Aufsichtsratsmitglied, Herr ................. zwischen dem 28.10.2013 und 29.10.2013 kann das Schreiben vom Beklagten, das auf den 28.05.213 datiert ist, gem. §§ 133, 157 BGB jedoch nur als Stundungsangebot des Beklagten gegenüber der Klägerin in Bezug auf das Vorstandsgehalt ab Juni 2013 verstanden werden. Dagegen kommt es in Bezug auf die Zahlung von 7.534,59 € mit dem Verwendungszweck Gehalt 01-03/2013 nicht auf die Frage einer Stundung an.

Der Vortrag in Bezug auf den genannten E-Mail Verkehr ist nicht präkludiert, da er von der Klägerin nicht substantiiert bestritten wurde und damit unstreitig gestellt ist.

Das Schreiben ist gem. §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie es der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (st. Rspr., Palandt/Ellenberger, BGB, § 133 Rn. 9 mN). Besteht ein übereinstimmender Wille der Parteien, so ist dieser rechtlich aber auch dann allein maßgeblich, wenn er im Inhalt der Erklärung keinen oder nur einen unvollkommenen Ausdruck gefunden hat (Palandt/Ellenberger, BGB, § 133 Rn. 8 mwN). Eine rein objektive Auslegung von Vertragserklärungen gegenüber den übereinstimmend erklärten Willen der Parteien ist unzulässig (BGH NJW-RR 2009, 1714 Rz. 17).

Stundung bedeutet das Hinausschieben der durch Gesetz oder Parteivereinbarung bestimmten Fälligkeit einer Forderung bei Bestehenbleiben der Erfüllbarkeit (BGH NJW 2013, 3437). Sie beruht auf einer vertraglichen Abrede. Wird auf unbestimmte Zeit gestundet, kann der Gläubiger die Leistungszeit gem. §§ 316, 315 BGB nach billigem Ermessen festsetzen (BGH NJW-RR 1991, 822).

Die Stundung bis zur Besserung der Vermögensverhältnisse des Schuldners endet, sobald und soweit der Schuldner zur Leistung imstande ist; der Schuldner muss unaufgefordert zahlen (BGH WM 1975, 975, Palandt/Grüneberg, BGB, § 271 Rn. 14).

In dem Schreiben des Beklagten vom 28.05.2013 lag ungeachtet der Formulierung "verzichte ich..." ein solches Stundungsangebot. Dass kein Verzicht des Beklagten auf sein Vorstandsgehalt vorlag ergibt sich aus dem mit Schriftsatz vom 04.10.2018 vom Beklagten vorgelegten E-Mail Verkehr zwischen dem Beklagten, .......... .................. und dem Aufsichtsratsmitglied, Herr ................. zwischen dem 28.10.2013 und 29.10.2013 sowie dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme.

In der E-Mail vom 28.10.2013 des ...................... an den Beklagten (Anlage B1, Bl. 256 d.A.) teilte dieser ihm mit:

"(...)

die Sache mit dem Gehalt ist nur wie folgt regelbar:

Wir melden Dich ab, die Forderung von Dir gegenüber der AG bleibt aber bestehen. Kommt dann der ..............-Vergleich zustande, lebt der Vertrag wieder auf, Du erhäl[t]st für die Monate die nichts "gelaufen” ist, eine einmalige Nachzahlung. Wirtschaftlich bist DU damit gleichgestellt.

Die AG spart bis dahin die Abbuchung des FA [Finanzamt] und das wäre wichtig.

(...)”

In einer E-mail vom 29.10.2013 erklärte Herr ......................... gegenüber dem Beklagten weiterhin:

"(...)

Gehalt: Das was ab 01. Juni offen ist, wird dann sobald ............-Geld da ist, in einer Gehaltsabrechnung voll versteuert nachgezahlt an Dich ............”

Das Schreiben des Beklagten vom 28.05.2018, das gerade auch aufgrund des E-Mail Verkehrs zustande gekommen ist und auch rückdatiert wurde, ist unter Zugrundelegung dieser Absprache zwischen dem Aufsichtsratsmitglied der Klägerin und dem Beklagten als Stundungsvereinbarung zu verstehen bis zur Zahlung seitens ..............

Hierfür spricht auch, dass nach den Aussagen der Zeugen .............. und ......... es in der Vergangenheit bereits solche Gehaltsstundungen bei dem Kläger gegeben hatte. Zudem haben beide Zeugen ausgesagt, dass das Gehalt des Klägers zur Deckung seiner Lebenshaltungskosten und der seiner Familie diente, so dass ein Verzicht hierauf ihm seine finanzielle Lebensgrundlage genommen hätte.

Der Antrag der Klägerin auf Beeidigung der Aussage des Zeugen ...... ist zurückzuweisen, da nach dem Ermessen des Gerichts aufgrund der geringen Bedeutung seiner Aussage für die Überzeugungsbildung des Gerichts die Beeidigung ausbleiben konnte.

Die Klägerin konnte keinen Gegenbeweis erbringen. Nach durchgeführter Beweisaufnahme zur Behauptung der Klägerin, aus den vom Steuerberater der Klägerin, Herrn ...................... - der über die steuerlichen Angelegenheiten der Klägerin informiert gewesen sei und alle Buchungen veranlasst habe - vorgenommenen Buchungen ergebe sich, dass ein Verzicht des Beklagten auf sein Gehalt vorgelegen habe, steht für das Gericht nicht fest, dass die Parteien intern einen Verzicht vereinbart haben.

Die Zeugenaussage des .................... ist in Bezug auf eine Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Beklagten unergiebig. Er hat ausgesagt, dass er zu Vereinbarungen innerhalb der Gesellschaft nichts sagen könne, für ihn sei nur das Steuerliche wichtig gewesen, nämlich, dass das Finanzamt nur einen Verzicht akzeptieren würde; ob intern ein Verzicht oder eine Stundungsvereinbarung vorlag, sei für ihn kein Thema gewesen. Allerdings spricht das Bestehen auf dem Wort "Verzicht" im Schreiben des Klägers dafür, dass diese Wortwahl steuerlichen Notwendigkeiten geschuldet war, was aber laut dem E-Mail Verkehr nicht mit dem zwischen den Parteien tatsächlich vereinbarten entsprochen hatte.

Das Angebot auf Stundung durch das Schreiben vom 28.05.2018 des Beklagten ist der Klägerin durch Zugang an Herr .................... auch zugegangen gem. §§ 112 S. 2, 78 II 2 AktG. Es wurde durch die Klägerin auch angenommen. Da die Annahme des Verzichts- oder Stundungsangebots durch den Schuldner der Forderung erfolgt ist, ist nach § 151 BGB ein Zugang der Annahmeerklärung entbehrlich.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Stundungsvereinbarung nicht unwirksam wegen eines fehlenden diesbezüglichen Beschlusses des Aufsichtsrats gemäß § 108 I AktG. Zwar ist der Aufsichtsrat zuständig für die Festsetzung der Bezüge des Vorstands, § 87 I AktG. Die zwischen den Parteien vereinbarte Stundung betrifft aber keine Festsetzung eines Gehalts oder seine Änderung, sondern schiebt nur den Fälligkeitszeitpunkt der Zahlung eines bereits beschlossenen Gehalts hinaus. Im Übrigen ist durch die Aussagen der Zeugen ........... und ............ erwiesen, dass es in der Vergangenheit bereits regelmäßig solche Gehaltsstundungen bei dem Beklagten gegeben hatte, so dass von einer diesbezüglichen Willensbildung des Aufsichtsrats auszugehen ist.

Einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung wegen des mit Schriftsatz vom 05.03.2019 vorgelegten Aufsichtsratssitzungsprotokolls Anlage K 16 bedurfte es daher nicht.

Der Stundungsvereinbarung lag zugrunde, dass durch die Auszahlung des Vorstandsgehalts eine Finanzierung der strittigen Auseinandersetzungen mit .................. nicht gefährdet werden sollte und bei erfolgreichem Ausgang die Fälligkeit eintreten sollte.

Die Auszahlung erfolgte, nachdem eine Zahlung der ................ einging. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist nicht erheblich, dass in den E-Mails nur von einem "................ Vergleich” die Rede war und die Zahlung nicht infolge eines Vergleichs erfolgte. Parteiwille war, dass sobald die Auseinandersetzung mit ....................... beendet ist und ein Zahlungseingang erfolgt, die Gehaltsforderung wieder fällig werden würde (vgl. E-Mail: "(...) lebt der Vertrag wieder auf”, Bl. 256 d.A.).

Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch keinen Anspruch aus § 93 II 1, III Nr. 6 AktG.

Gemäß 93 III Nr. 6 AktG sind Vorstandsmitglieder namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn Zahlungen entgegen § 92 II AktG geleistet werden. Nach § 92 II 1 AktG darf der Vorstand keine Zahlungen leisten, nachdem die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft eingetreten ist oder sich ihre Überschuldung ergeben hat. Dies gilt nicht für Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind, § 92 II 2 AktG.

Zahlung meint hierbei einen Vermögensabfluss, der dem Vorstand kraft eigener Veranlassung zuzurechnen ist (Hüffer/Koch, AktG, 13. Auflage 2018, § 92 Rn. 32). Das Verbot setzt dabei mit dem Eintritt der Insolvenzreife (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) ein, nicht erst mit Ablauf der Antragsfrist nach § 15a InsO (a.a.O.). Die Beweislast für eine Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit trägt die Aktiengesellschaft bzw. der Insolvenzverwalter (a.a.O.).

Die Klägerin hat Handelsbilanzen der in Rede stehenden Geschäftsjahre vorgelegt (Anlagenkonvolut 10) und vorgetragen, dass es keine stillen Reserven oder sonstige aus der Handelsbilanz nicht ersichtliche Vermögenswerte gab.

Der Vorlage einer Handelsbilanz wird zumindest indizielle Bedeutung beigemessen, die die sekundäre Darlegungslast des Vorstands auslöst (BGH NZG 2014, 100 Rn. 17f.). In dieser Situation ist es Sache des beklagten Vorstandsmitglieds, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast im Einzelnen vorzutragen, welche stillen Reserven oder sonstigen für eine Überschuldungsbilanz maßgeblichen Werte in der Handelsbilanz nicht abgebildet sind (vgl. BGH NZG 2014, 100 Rn. 17 f mwN). Hierzu reicht es nicht aus, lediglich von der Handelsbilanz abweichende Werte zu behaupten. Der Beklagte hat vielmehr substantiiert zu stillen Reserven oder sonstigen in der Handelsbilanz nicht abgebildeten Werten vorzutragen (BGH NZG 2014, 100 Rn. 18).

Ob der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast genügt kann letztlich dahinstehen. Auch auf einen möglichen dolo agit Einwand nach § 242 BGB kommt es nicht an.

Sinn und Zweck des § 92 II AktG sowie der Parallelvorschrift des § 64 GmbHG ist es, eine Schmälerung der Insolvenzmasse und die bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern (allgM, MüKo/Spindler, AktG, § 92 Rn. 23 mwN). Dieser Zweck greift nicht (mehr), wenn es letztlich nicht zu einem Insolvenzverfahren gekommen ist. In einer solchen Situation kann der Gesellschaft nur ein Schadensersatzanspruch aus § 93 II 1 AktG zustehen, der einen Gesellschaftsschaden voraussetzt, welcher aufgrund einer Gesamtsaldierung nach §§ 249 ff. BGB zu ermitteln ist. Der Anwendungsbereich von § 92 II AktG ist ausgeschlossen.

So liegt der Fall hier. Es ist letztlich nicht zu einem Insolvenzantrag der Klägerin gekommen. Dass dies, wie von der Klägerin behauptet, nur auf Stundungen der Darlehensforderungen der ..........und ............... sowie durchgeführte Kapitalerhöhungen zurückzuführen sei, ist unerheblich.

Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten besteht auch nicht aus § 93 II 1 AktG aufgrund der behaupteten Krise der Gesellschaft zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Auszahlungen mangels feststellbaren Schadens.

Anders als im Rahmen des Anspruchs aus § 93 III Nr. 6 AktG iVm § 92 II AktG, bei welchem es aufgrund des bezweckten Schutzes der Gläubigergesamtheit vor Masseschmälerungen nach Insolvenzreife nicht auf einen Gesellschaftsschaden ankommt, sondern die Zahlung als solche bereits eine Ersatzpflicht begründet (BGHZ 146, 246, 278: Ersatzanspruch eigener Art, vgl. auch Hüffer/Koch, AktG, 13. Auflage 2018, § 92 Rn. 41), erfolgt im Rahmen des § 93 II 1 AktG eine schadensrechtliche Gesamtsaldierung nach Maßgabe der §§ 249 ff. BGB (Hüffer/Koch, AktG, 13. Auflage 2018, § 93 Rn. 47).

Durch die erfolgte Auszahlung des Gehalts ist der Gesellschaft kein Schaden entstanden, da sie dafür von ihrer Verbindlichkeit gegenüber Beklagten befreit wurde gem. § 362 BGB. Vermögensrechtlich ist sie deshalb gleichgestellt.

Entgegen der Ansicht der Klägerin steht ihr auch kein Schadensersatzanspruch deshalb zu, weil der Beklagte nicht zunächst das Darlehen der .............. und .............. zurückgezahlt hatte, wie es im Darlehensvertrag vorgesehen war.

Die Nichterfüllung von Verbindlichkeiten, die die Gesellschaft gegenüber Dritten eingegangen ist, kann zwar eine Pflichtverletzung des Vorstands gem. § 93 II 1 AktG begründen.

Der Klägerin ist aber nicht gelungen darzulegen und zu beweisen, dass ihr ein Vermögensschaden entstanden ist gem. §§ 249 ff. BGB. Es bestand ein fälliger Anspruch des Beklagten auf Gehaltszahlung, sodass auch durch die Auszahlung des Betrags an diesen eine Verbindlichkeit erfüllt wurde. Bilanziell ist die Klägerin danach gleichgestellt. Der Vorstand schuldet keinen Schadensersatz nach § 93 II AktG, wenn sich durch seine pflichtwidrige Handlung die Vermögenslage der Gesellschaft nicht verschlechtert hat (BGH NZG 2018, 1189 Rz. 14). Die ........................ hat nach eigener Aussage der Klägerin auch keine rechtlichen Schritte eingeleitet wegen der Vertragsverletzung. Dass dies darauf zurückzuführen ist, dass der Vorstand der ............... zugleich auch das Aufsichtsratsmitglied der Klägerin ist, ist unerheblich.

Entsprechendes gilt für die verletzte Weiterleitungspflicht des Vergleichsbetrags an die ................. aufgrund der im Darlehensvertrag vom 23.06.2013 geregelten Abtretung. Die Wirksamkeit einer solchen Abtretung kann dahinstehen.

Die Behauptung der Klägerin, der Beklagte habe Schadensersatzansprüche gegen die .................... verjähren lassen, sodass ihr diesbezüglich ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zustehe, ist nicht substantiiert.

Weitere Pflichtverstöße des Beklagten sind nicht schlüssig dargelegt.

Trotz der Beweislastumkehr des § 93 II 2 AktG bleibt die Gesellschaft hinsichtlich des Eintritts und der Höhe des Schadens durch die potentiell pflichtwidrige Handlung oder das pflichtwidrige Unterlassen darlegungs- und beweispflichtig (s.o.). Die Klägerin behauptet einen Schaden in Höhe von mindestens 500.000 €. Ein von der Klägerin pauschal behauptetes Vergleichsangebot über 600.000,-- € seitens der ................... wurde nicht vorgelegt, so dass das Entstehen sowie die Höhe des von ihr behaupteten Schadens nicht nachvollziehbar ist.

Ein Anspruch aus §§ 812 I 1 F. 1, 818 BGB auf Wertersatz hinsichtlich der Gehaltszahlungen scheidet aufgrund der fälligen Gehaltsforderung und des damit bestehenden Rechtsgrundes aus.

Der mit der Klageänderung geltend gemachte Schadens- und Rückzahlungsanspruch in Höhe von 8.000 Euro steht der Klägerin ebenfalls nicht zu.

Ein Anspruch aus § 93 III Nr. 6 AktG i.V.m. § 92 II AktG scheidet mangels tatsächlicher Eröffnung eines Insolvenzverfahrens aus.

Der Klägerin steht auch kein Anspruch aus § 93 II 1 AktG zu.

Durch die getätigten Auszahlungen "Rückerstattung Produktionskosten” (1.000 €) und "Produktionskostenvorschuss” (2.000 €) hat der Beklagte nicht pflichtwidrig gehandelt gem. § 93 II 1, 2 AktG.

Die Eigenverantwortlichkeit des Vorstandes gem. § 76 AktG bei der Wahrnehmung unternehmerischer Aufgaben und Ziele schließt einen Spielraum für das eigene unternehmerische Ermessen ein (MüKo/Spindler, AktG, 5. Auflage 2019, § 93 Rn. 43 mwN). Hierzu zählt neben dem Eingehen geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Gefahr von Fehlbeurteilungen und -einschätzungen (BGH NJW 1997, 1926, 1927 - ARAG/Garmenbeck). Eine Schadensersatzpflicht kommt erst in Betracht, wenn die "Grenzen, in denen sich ein vom Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, deutlich überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss” (BGH NJW 1997, 1926, 1928 - ARAG/Garmenbeck).

Nach diesen Grundsätzen ist durch die Zahlungen kein Pflichtverstoß nach § 93 II 1 AktG gegeben.

Dass das Album letztlich nicht produziert werden würde, konnte der Beklagte nicht voraussehen. Vor den Vorschusszahlungen sendete ................ dem Beklagten zwei Demo-Lieder als MP3-Musikdateien per E-Mail vom 29.12.2014 zu, die er für das geplante Album bereits produziert hatte (Anlage B2; Bl. 357 d.A.). Zudem wurde das von ..............produzierte Vorgängeralbum ".................” auch von der Klägerin verlegt. Es hatte zuvor die Top 10 und mit drei Single-Auskopplungen die Charts erreicht.

Das Gericht kann eine Schadensersatzpflicht des Beklagten durch die Spende an den ........................... in Höhe von 5.000 € nicht feststellen.

Auch Spenden sind grundsätzlich in das unternehmerische Ermessen des Vorstands gelegt (MüKo/Spindler, AktG, 5. Auflage 2019, § 93 Rn. 83). Dieses unternehmerische Ermessen hat selbstverständlich Grenzen. Für die Einordnung als pflichtwidrig ist u. a. die fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand, Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage, fehlende innerbetriebliche Transparenz sowie das Vorliegen sachwidriger Motive, namentlich Verfolgung rein persönlicher Präferenzen bedeutsam (BGH NJW 2002, 1585, 1587). Das Spendenvolumen muss nach Größenordnung und finanzieller Situation des Unternehmens als angemessen angesehen werden können (BGH NJW 2002, 1586, 1587).

Die Klägerin befand sich im Zeitpunkt der Zahlungen bereits mehrere Jahre in finanziellen Schwierigkeiten (Jahresabschlüsse, Anlagenkonvolut 10). Durch die Spende hat der Beklagte jedoch unter Zugrundelegung der genannten Grundsätze nicht die Grenze des zugebilligten unternehmerischen Ermessens überschritten, das sich maßgeblich aus der Leistungsaufgabe der Vorstands ableitet (§ 76 AktG). Es gibt eine Nähe zum Unternehmensgegenstand, da der Verein elektronische Musik fördert. Zudem war vereinbart, dass der Verein Werbung für ältere von der Klägerin verlegte Musiktitel betreiben werde. Aufgrund der Höhe der Spende ist das Ermessen des Beklagten nicht überschritten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 2 ZPO.

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