LG Kassel, Urteil vom 23.11.2016 - 6 O 253/15
Fundstelle
openJur 2020, 43157
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 6.653,71 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Oktober 2014 zu zahlen.Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 803,48 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Februar 2015 zu zahlen.Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner 60 % der weiteren Schäden des Klägers, die aus dem Verkehrsunfall vom 4. September 2014 auf der Landesstraße L"....."in".....","....."entstanden sind, zu tragen haben.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.Der Kläger sowie die Drittwiderbeklagte werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Beklagten zu 1) 1.190,08 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 7. Januar 2015 zu zahlen.Der Kläger sowie die Drittwiderbeklagte werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Beklagten zu 1) an nicht anrechenbaren vorgerichtlichen Kosten 215,98 € zu zahlen.Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.Die Gerichtskosten tragen der Kläger (alleine) zu 40,9 %, der Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner zu 6,7 %, die Beklagten als Gesamtschuldner zu 42,3 % und der Beklagte zu 1) (alleine) zu 10,1 %. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 42,3 % und der Beklagte zu 1) (alleine) zu 10,1 %. Die außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten trägt der Beklagte zu 1) zu 60,2 %. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) tragen der Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner zu 6,7 % und der Kläger (alleine) zu 40,9 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt der Kläger zu 49,1 %. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selber.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung von 130 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 130 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Der Beklagte zu 1) darf die Vollstreckung durch die Drittwiderbeklagte gegen Sicherheitsleistung von 130 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Drittwiderbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall.

Am 4. September 2014 kam es gegen 18.45 Uhr auf der Landesstraße L "....." in ".....", ".....", "....." zu einem Verkehrsunfall zwischen dem "....." des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen".....", welcher im Unfallzeitpunkt bei der Drittwiderbeklagten haftpflichtversichert war und dem Motorrad des Beklagten zu 1) mit dem amtlichen Kennzeichen".....", welches im Unfallzeitpunkt bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert war. Der Unfallhergang ist zwischen den Parteien streitig.

Mit Schreiben der Rechtsanwälte"....."vom 10. Oktober 2014 ließ der Kläger die Beklagte zu 2) unter Fristsetzung bis zum 22. Oktober 2014 zur Zahlung auffordern.

Der Kläger behauptet, am Unfalltag habe er die Landstraße L "....." in "....." befahren und habe das Abbiegemanöver nach links frühzeitig vorbereitet, indem er sich wiederholt vorn und zurück vergewissert habe, ob die Strecke frei sei. Dabei habe er den Blinker frühzeitig - etwa 15 - 20 Sekunden vor Einleitung des Abbiegemanövers - gesetzt. Bis zum Ansetzen zum Abbiegen habe er sein Fahrzeug auf ca. 30 km/h herabgebremst und sich in seiner Fahrspur Richtung Mittellinie bewegt. Sodann habe er zum Abbiegen angesetzt, dabei sei der Beklagte zu 1) mit seinem Krad auf das Heck des Fahrzeugs aufgefahren.

Der Kläger behauptet weiter, die Reparatur des Fahrzeuges habe 6.645,51 € (brutto) gekostet. Für das Sachverständigengutachten habe er 1.041,25 € aufgewandt. Vom 8. September bis zum 3. Oktober 2014 (Reparaturende) sei ihm die Nutzung des Fahrzeuges nicht möglich gewesen. Deshalb stehe ihm eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 1.534,00 € (26 Tage a 59,00 €) zu. Die Reparatur habe sich hingezogen, da die erforderlichen Ersatzteile nicht früher hätten beschafft werden können. Ferner sei der Fahrradträger"....."für die Anhängerkupplung, der an dem Fahrzeug angebracht gewesen sei, durch den Unfall total beschädigt worden. Er sei erst im April 2014 zu einem Preis von 550,00 € angeschafft worden. Der Fahrradträger sei mit Tropenholz belegt gewesen, welches unfallbedingt zerstört worden sei. Die Kosten hierfür hätten sich auf 40,00 € belaufen. Ebenfalls total beschädigt worden sei eine Alukiste, die sich am Fahrradträger am Heck des Fahrzeuges befunden habe. Diese sei am 23. Juli 2014 zum Preis von 220,00 € angeschafft worden. Des Weiteren sei durch den Unfall am Heck des Fahrzeuges das Nummernschild abgefallen und zerstört worden. Die Ersatzkosten hätten sich auf 10,00 € belaufen. Ferner bestehe Anspruch auf die allgemeine Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 €. Um die Reparaturkosten begleichen zu können, habe er seine Riesterrente kündigen müssen. Hierdurch sei ihm ein Schaden in Höhe von entgangenen staatlichen Zulagen bzw. entgangenen Steuerersparnissen von insgesamt 1.897,92 € entstanden. Ferner habe er zur Finanzierung des Unfallschadens ein Policen-Darlehen über 1.000,00 € bei der"....."aufgenommen. Bis zum 31. Januar 2015 seien insoweit Zinsen in Höhe von 0,50 € angefallen. Ab dem 1. Februar 2015 bis zum Ende eines jeden Monats fielen Zinsen in Höhe von insgesamt 17,14 € an. Darüber hinaus sei er aufgrund des Schadenfalls in seiner Krafthaftpflichtversicherung in der Schadensfreiheitsklasse 5 = 75 % mit einem Versicherungsbeitrag in Höhe von 224,68 € in 2014 hochgestuft worden in die Schadenfreiheitsklasse 0 = 140 % in 2015 mit 419,42 €. Dies ergebe eine Differenz in Höhe von 194,74 € für das Jahr 2014.

Mit seiner unter dem 12. Februar 2015 zugestellten Klage beantragt der Kläger,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 13.337,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Oktober 2014 zu zahlen.Die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 976,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen, hilfsweise den Kläger insoweit freizustellen.Festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner alle weiteren Schäden, die aus dem Verkehrsunfall vom 4. September 2014 auf der Landesstraße L "....." in ".....", ".....", ".....", mit dem Krad des Beklagten zu 1)mit dem amtlichen Kennzeichen"....."entstanden sind, zu tragen haben.Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 1 beantragt wider- und drittwiderklagend,

den Kläger sowie die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 2.989,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 7. Januar 2015 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 349,03 € zu zahlen.

Der Kläger und die Drittwiderbeklagte beantragen,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, der Beklagte zu 1) habe die Landstraße L "....." in Richtung "....." mit seinem Krad befahren. In Höhe eines Aussiedlerhofes habe er den langsam vor sich herfahrenden Kläger auf einer langen Geraden überholen wollen. Für ihn sei bei Einleitung des Überholvorgangs nicht erkennbar gewesen, dass der Kläger links abbiegen will. Als sich der Beklagte zu 1) neben dem klägerischen Fahrzeug befunden habe, habe er gemerkt, dass der Kläger plötzlich nach links eingeschlagen hat. Daraufhin habe er sein Krad stark abgebremst um eine Kollision zu vermeiden und um hinter dem Fahrzeug wieder einscheren zu können. Dabei habe er das klägerische Fahrzeug am Heck und dessen Heckträger erwischt.

Die Beklagten bestreiten, dass die die Reparatur des klägerischen Fahrzeuges durchführende Firma Probleme bei der Ersatzteilbeschaffung gehabt habe. Außerdem hätte eine Notreparatur durchgeführt werden können und müssen, so dass das Fahrzeug dann auch bis zur Lieferung der Ersatzteile hätte genutzt werden können.

Bezüglich der Widerklage behauptet der Beklagte zu 1), dass an seinem Motorrad unfallbedingt ein wirtschaftlicher Totalschaden eingetreten sei. Der Wiederbeschaffungswert belaufe sich auf 3.700,00 €, der Restwert auf 930,00 €, so dass sich ein Wiederbeschaffungsaufwand von 2.770,00 € errechne. Beschädigt worden seien auch die von ihm getragene Motorradhose sowie der Schutzhelm. Der Helm sei zu einem Neupreis von 129,00 € angeschafft worden. Sein Schaden belaufe sich aufgrund des Abzuges neu für alt auf 80,00 €. Die Motorradhose sei am 14. Juni 2014 zum Preis von 129,95 € (brutto) angeschafft worden. Der Schaden betreffend die beschädigte Motorradhose belaufe sich daher auf 100,20 € (netto). Hinzu komme die allgemeine Unkostenpauschale in Höhe von 30,00 €.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen"....."und"....."sowie durch Einholung eines verkehrsanalytischen Sachverständigengutachtens. Wegen näherer Einzelheiten diesbezüglich wird auf das Gutachten des Dipl. Ing."....."vom 20. Juni 2016 sowie die Niederschriften der öffentlichen Sitzungen vom 13. Januar 2016 (Bl. 130 ff. d. A.) sowie vom 23. November 2016 (Bl. 187 ff. d. A.) Bezug genommen. Außerdem wird hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, hat jedoch nur teilweise Erfolg.

Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 6.653,71 €, auf Begleichung nicht anrechenbarer vorgerichtlicher Kosten in Höhe von sowie auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sind, dem Kläger 60 % seiner zukünftigen materiellen Schäden aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall zu ersetzen.

Die Widerklage ist zulässig, hat jedoch ebenfalls nur teilweise Aussicht auf Erfolg. Der Beklagte zu 1) hat gegen den Kläger bzw. die Drittwiderbeklagte einen Anspruch in Höhe von 1.190,08 € sowie auf Erstattung nicht anrechenbarer vorgerichtlicher Kosten in Höhe von 215,98 €.

I.

1.

Da der "....." des Klägers unstreitig beim Betrieb des Motorrades des Beklagten zu 1) beschädigt worden ist, kann der Kläger den ihm entstandenen Schaden grundsätzlich von den Beklagten ersetzt verlangen (§ 7 Abs. 1 StVG, § 115 VVG).

Die Ersatzpflicht ist nicht nach § 7 Abs. 2 StVG ausgeschlossen. Der Unfall ist nämlich nicht durch höhere Gewalt verursacht worden. Es handelt sich nicht um ein außergewöhnliches, betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder durch Handlungen dritter (betriebsfremder) Personen herbeigeführtes und nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbares Ereignis, das auch durch äußerste Sorgfalt nicht verhindert werden könnte und das auch nicht im Hinblick auf seine Häufigkeit in Kauf genommen werden müsste (vgl. Henschel, Straßenverkehrsrecht, § 7 StVG Randnr. 32).

Daraus folgt indes noch nicht eine uneingeschränkte Ersatzpflicht der Beklagten. Da der Unfall zugleich auch beim Betrieb des "....."ses des Klägers erfolgte, ist vielmehr auch der Kläger bzw. die Drittwiderbeklagte kraft Gesetzes zum Ersatze evtl. Schäden des Beklagten zu 1) verpflichtet. Auch hier liegt höhere Gewalt nicht vor.

Damit liegen dann aber die Voraussetzungen von § 17 Abs. 1 StVG vor und es hängt der Umfang des dem Kläger zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist, es sei denn, dass die Ersatzpflicht nach § 17 Abs. 1 StVG ausgeschlossen wäre durch § 17 Abs. 3 StVG.

Letzteres ist indes nicht der Fall. Gemäß § 17 Abs. 3 StVG ist die Verpflichtung zum Ersatz nach § 17 Abs. 1 StVG ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Fahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Unabwendbarkeit bedeutet dabei zwar nicht absolute Unvermeidbarkeit. Unabwendbar ist ein Ereignis aber nur dann, wenn es auch durch äußerste mögliche Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Dazu gehört sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln über den gewöhnlichen und persönlichen Maßstab hinaus, wobei zur äußerst möglichen Sorgfalt gehört, dass alle möglichen Gefahrenmomente und auch die möglichen Fehler anderer Verkehrsteilnehmer berücksichtigt werden. Erforderlich ist hierfür, gemessen an durchschnittlichen Verkehrsanforderungen, das Verhalten eines "Idealfahrers" (vgl. Henschel § 17 StVG Randnr. 22).

Im vorliegenden Fall war der Unfall weder für den Kläger noch für den Beklagten zu 1) vermeidbar.

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger zumindest gegen die ihn treffende doppelte Rückschaupflicht verstoßen hat. Zwar hat der Kläger im Rahmen der informatorischen Befragung angegeben, er habe eine doppelte Rückschau durchgeführt, er habe in alle Richtungen gesehen, bevor er das Abbiegemanöver eingeleitet habe. Aus dem eingeholten Sachverständigengutachten des dem Gericht aus einer Vielzahl vergleichbarer Rechtsstreitigkeiten als ausgesprochen kompetent bekannten Sachverständigen Dipl.-Ing."....."vom 20. Juni 2016 ergibt sich jedoch, dass das Motorrad für den Kläger in jedem Fall auf der linken Fahrspur fahrend erkennbar gewesen ist. Der Sachverständige führt aus, dass der Beklagte nach seinen eigenen Angaben ca. 75 - 100 m vor Erreichen des Kollisionspunktes den Spurwechsel nach links durchgeführt haben wolle. In einem solchen Fall wäre das Motorrad auf der linken Fahrspur längere Zeit als überholendes Fahrzeug erkennbar gewesen. Berücksichtige man den spätesten Spurwechsel mit einem Einfahren in die linke Fahrspur ca. 35 m vor Erreichen des Kollisionspunktes, so wäre das Motorrad beim Beginn des Abbiegevorganges für den Kläger erkennbar gewesen. Durch Verbleiben in der rechten Fahrspur und Abbremsens wäre der Unfall - so der Sachverständige - deshalb für den Kläger vermeidbar gewesen. Der Sachverständige hat im Rahmen der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens in der öffentlichen Sitzung vom 23. November 2016 ausgeführt, dass die Endlage des Motorrades bzw. des Beklagten zu 1), wie dokumentiert, nur erreicht werden könne, wenn es zu einem schrägen Aufprall auf den Heckträger gekommen sei. Zu einem schrägen Aufprall könne es aber nur dann kommen, wenn sich das Motorrad irgendwann auf der linken Fahrspur befunden habe.

Aber auch der Beklagte zu 1) hat sich nicht wie der vom Bundesgerichtshof stets geforderte sogenannte "Idealfahrer" verhalten. Denn aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger mit seinem "....." auf der Landstraße bis auf eine Geschwindigkeit von ca. 20 - 25 km/h abgebremst, sich auf der rechten Fahrspur zumindest am linken Rand eingeordnet und den linken Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt hat. Die Zeugin".....", an deren Glaubwürdigkeit zu zweifeln die Kammer keinerlei Anlass hat, hat bei ihrer Vernehmung angegeben, dass sie den Kläger habe ankommen sehen und dass der Blinker am "....." eingeschaltet gewesen sei sowie, dass sich der Kläger auf seiner Fahrspur links eingeordnet habe. Die genaue Geschwindigkeit des klägerischen Fahrzeuges vermochte die Zeugin zwar nicht anzugeben, sie hat allerdings einen Rückschluss aus ihrer eigenen Fahrweise angegeben und meinte, sollte der Kläger "offensiver" fahren, so habe die Geschwindigkeit vielleicht 30 km/h betragen. Aus dem gerichtlichen Sachverständigengutachten folgt, dass der klägerische "....." mit einer Kollisionsgeschwindigkeit von 10 bis 15 km/h gefahren ist. Gleichgültig, ob der Kläger nun mit 15 - 20 km/h oder aber mit 30 km/h gefahren ist, unter Berücksichtigung der an der Unfallstelle zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h sowie dem Umstand, dass das Fahrzeug links geblinkt hat und sich auch zur Mitte hin eingeordnet hatte, lag für den Beklagten zu 1) in jedem Fall eine unklare Verkehrssituation vor, so dass er nicht ohne weiteres mit seinem Motorrad zum Überholen ansetzen durfte, sondern vielmehr eine Zeit hinter dem "....." herfahren müssen, um zu eruieren, welche Absichten der Kläger hegt.

Die Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge führt zu dem Ergebnis, dass vorliegend eine Haftungsverteilung von 40 : 60 zu Lasten der Beklagten vorzunehmen ist.

2.

Der Kläger kann mithin 60 % der ihm entstandenen Schäden ersetzt verlangen.

Daraus folgt die folgende Schadensberechnung:

Reparaturkosten:6.645,51 € (brutto)Sachverständigenkosten:1.041,25 €Nutzungsausfall:531,00 €

ausweislich des klägerseits vorgelegten Sachverständigengutachtens beträgt die Reparaturdauer 8 - 10 Werktage.

Die Kammer ist von einem Mittelwert ausgegangen.

Daraus folgt ein Nutzungsausfall für 9 Tage á 59,00 €.

Soweit der Kläger eingewandt hat, das Fahrzeug sei nach dem Unfall nicht mehr verkehrssicher gewesen, hat der gerichtlich bestellte Sachverständige Dipl.-Ing."....."sowohl in seinem schriftlichen Gutachten als auch im Rahmen der mündlichen Erläuterung ausgeführt, dass eine Notreparatur des Fahrzeuges sehr wohl möglich gewesen wäre. Soweit die Beklagten eingewandt haben, es handele sich bei dem Fahrzeug um ein Wohnmobil, weshalb es quasi ein zusätzliches Fahrzeug der Familie darstelle, haben sowohl der Kläger im Rahmen der informatorischen Anhörung als auch die Zeugin"....."glaubhaft bekundet, dass der Kläger das Fahrzeug täglich für die Arbeit genutzt habe und dass die Zeugin"....."den darüber hinaus im Familienbesitz befindlichen Kombi für sich benötigt habe.

Fahrradträger:550,00 €

ein Abzug "neu für alt" war vorliegend nicht vorzunehmen, da der Fahrradträger ausweislich der informatorischen Angaben des Klägers nur kurz vor dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall angeschafft worden war. Unter Berücksichtigung der üblichen Lebens- und Gebrauchsdauer war deshalb kein Abzug vorzunehmen.

Alukiste:176,47 €

hier gilt das oben beim Fahrradträger Gesagte entsprechend.

Nummernschild:10,00 €Allgemeine Unkostenpauschale:25,00 €Riester-Rente:1.897,92 €

der Kläger hat glaubhaft dargelegt und durch entsprechende Bestätigungen der"....."nachgewiesen, dass er seinen Riester-Renten-Vertrag zur Begleichung der Reparaturkosten habe kündigen müssen, wodurch ihm entsprechende staatliche Zulagen bzw. Steuerersparnisse entgangen sind. Policen-Darlehen"....."17,64 € der Kläger hat glaubhaft dargelegt und durch entsprechende Bestätigung der"....."nachgewiesen, dass er ein Policen-Darlehen über 1.000,00 € zur weiteren Begleichung der Reparaturkosten habe aufnehmen müssen und dass ihm für dieses Darlehen bis zum 31. Januar 2015 Zinsen in entsprechender Höhe in Rechnung gestellt worden seien.

Höherstufung Haftpflichtversicherung:194,74 €Summe:11.089,53 €Davon 60 % macht:6.653,71 €

3.

Der Kläger hat auch Anspruch auf Erstattung seiner nicht anrechenbaren vorgerichtlichen Kosten. Bei einem Gegenstandswert bis 7.000 € beträgt eine Anwaltsgebühr 405 €. Der Kläger kann eine 1,3-fache Geschäftsgebühr zuzüglich 20,00 € Post- und Telekommunikationspauschale zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer, mithin 803,48 € beanspruchen.

4.

Der Ausspruch über die Zinsen ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des Verzuges (§§ 286, 288, 291 BGB).

II.

1.

Der Beklagte zu 1) hat gegen den Kläger bzw. die Drittwiderbeklagte entsprechend den obigen Ausführungen einen Anspruch gemäß § 7 Abs. 1 StVG, § 115 VVG auf 40 % der ihm unfallbedingt entstandenen Schäden.

2.

Im Einzelnen kann er folgende Positionen beanspruchen:

Fahrzeugschaden (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert):2.770,00 €Motorradhelm:80,00 €

unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Helm nach Angaben des Beklagten im Rahmen der informatorischen Befragung ca. 1 Jahr alt war, war ein Abzug neu für alt vorzunehmen.

Motorradhose:100,20 €(netto)

ein Abzug neu für alt war angesichts des jungen Alters der Motorradhose - wie oben beim Kläger auch bezüglich des Fahrradheckträgers und der Alukiste - nicht vorzunehmen.

Allgemeine Pauschale:25 €Summe:2.975,20 €Hiervon 40 % =1.190,08 €.

3.

Der Kläger hat auch Anspruch auf Erstattung seiner vorgerichtlichen Kosten.

Bei einem Gegenstandswert bis 1.500,00 € beträgt eine Geschäftsgebühr 115,00 €. Der Kläger kann eine 1,3-fache Geschäftsgebühr zuzüglich 20,00 € Post- und Telekommunikationspauschale zuzüglich 12,00 € Akteneinsichtspauschale zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer, mithin 215,98 € beanspruchen.

4.

Der Ausspruch über die Zinsen ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des Verzuges (§§ 286, 288 BGB).

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich hinsichtlich der Kosten aus § 92 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 704, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

IV.

Der Streitwert wird auf 17.826,11 € festgesetzt.

Hiervon entfallen auf den Klageantrag Ziffer 1) 13.337,11 €, auf den Klageantrag Ziffer 3) 1.500,00 € und auf die Widerklage 2.989,20 €.

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