LG Frankfurt am Main, Urteil vom 02.11.2017 - 2-03 O 86/17
Fundstelle
openJur 2020, 43074
  • Rkr:

Zur Frage der Benutzung eines Zeichens durch ein Kombinationszeichen mit Bindestrich

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, durch Erklärung gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Löschung der deutschen Marke 3... im Hinblick auf den eingetragenen Schutzbereich der Klasse 42 "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" sowie auf den eingetragenen Schutzbereich der Klasse 38 "Vermietung von Zugriffszeiten auf Computerprogrammen (in globalen Netzwerken) zum Handel und zur Abwicklung von Devisen-, Zins-, Wertpapier-, Anlage und sonstigen Geldgeschäften in Datennetzen" einzuwilligen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 80%, die Beklagte 20% zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich des Hauptsachetenors gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 20.000,-, wegen der Kosten jeweils in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Löschung einer Marke.

Die Klägerin ist ein Online-Banking-Unternehmen und Tochtergesellschaft der italienischen B..., der ... Bank Italiens. Ihre Geschäftstätigkeit auf dem italienischen Markt nahm sie im ... 2014 auf.

Die Beklagte ist eine 19.. gegründete Bank, deren Name im Jahr 20.. geändert wurde in X. Sie betreibt die ... Direktbank.

Die Beklagte ist Inhaberin der am ... unter der Registernummer 3... beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Wortmarke "D", die Schutz beansprucht für die Klassen 36 (Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Versicherungswesen), 38 (Telekommunikation im Finanzwesen; datengestützte Übermittlung von Informationen zum Handel und zur Abwicklung von Devisen-, Zins-, Wertpapier-, Anlage- und sonstigen Geldgeschäften; Übermittlung von Informationen und Daten in Onlinediensten und im Internet; Vermietung von Zugriffszeiten auf Computerprogrammen - in globalen Netzwerken - zum Handel und zur Abwicklung von Devisen-, Zins-, Wertpapier-, Anlage und sonstigen Geldgeschäften in Datennetzen) und 42 (Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung).

Darüber hinaus ist die Beklagte Inhaberin der Wortmarken "X-D" (Registrierungsnummer 3...), "D2" (Registrierungsnummer 3...), "D3" sowie verschiedener Wort-/Bildmarken, u.a.,

...

Auf Bl. 49 d.A. wird Bezug genommen.

Die Beklagte ist Inhaberin der Domain www.d...de. Bei Aufruf dieser Domain wird der Nutzer automatisch zur Domain www.x...de weitergeleitet.

Die Klägerin beantragte beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die Eintragung der Wortmarke "W" und der Wort-/Bildmarke "W". Die Beklagte erhob jeweils Widerspruch, der jeweils zu Gunsten der Beklagten entschieden wurde. Die Klägerin strengte hiergegen Klage vor dem EuG an.

Die Klägerin beantragte am 19.06.2015 beim EUIPO die Eintragung einer Bildmarke mit den Wortbestandteilen "w (Zusatz)" (Anlage K4). Die Beklagte erhob hiergegen am 01.10.2015 Widerspruch, den sie u.a. auf die eingetragene Marke "D" stützte. Die Klägerin machte im Widerspruchsverfahren vor dem EUIPO die Einrede der Nichtbenutzung geltend. Zum Nachweis der Benutzung überreichte die Beklagte verschiedene Unterlagen (Anlage K6).

Am 06.09.2016 beantragte die Klägerin beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der Wortmarke "D" wegen Verfalls nach § 49 MarkenG. Die Beklagte widersprach diesem Antrag mit Schriftsatz vom 29.11.2016 gemäß § 53 Abs. 4 MarkenG. Die entsprechende Mitteilung des DPMA wurde der Klägerin am 06.12.2016 zugestellt.

Die Klägerin behauptet, eine Google-Recherche nach "D" habe keine Treffer für eine Benutzung der Marke in ihrer eingetragenen Form ergeben. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin hätten auf der Webseite der Beklagten das Zeichen "D" nicht in Alleinstellung finden können, sondern stets in Verbindung mit dem Wortelement "I" oder als Teil der Bezeichnung "D2".

Der Verkehr betrachte die Zeichen "D" und "X" (in Wort- und/oder Wort-/Bildmarke) nicht als voneinander zu unterscheidende Marken, sondern insbesondere das Zeichen "X" als ein aus zwei Teilen bestehendes zusammengesetztes, einheitliches Kennzeichen. Auch das Zeichen "D2" setze der Verkehr nicht mit dem angegriffenen Zeichen gleich.

Die Klägerin ist der Auffassung, sie könne aus den §§ 55, 49 MarkenG die Löschung der Marke "D" verlangen, da diese innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren vor ihrer Kenntnis vom Widerspruch gegen ihren Löschungsantrag am 13.06.2016 nicht gemäß § 26 MarkenG benutzt worden sei. Die Marke sei insbesondere nicht in ihrer eingetragenen Form benutzt worden. Die Beklagte habe die Zeichen "X-D" und "D2" überwiegend nicht als Marke, sondern als geschäftliche Bezeichnung bzw. bloße Werbeangabe benutzt. Insbesondere die Meldung am Telefondienst der Beklagten werde nicht als Hinweis auf bestimmte Dienstleistungen der Beklagten verstanden, sondern nur als Bezeichnung ihres Unternehmens.

Den von der Beklagten im Verfahren vor dem EUIPO vorgelegten Unterlagen lasse sich für die Benutzung von Dienstleistungen der Klassen 38 und 42 nichts entnehmen.

Soweit sich die Beklagte auf das Suchverhalten bei Google oder Presseberichte beziehe, liege keine Benutzung des Zeichens "durch die Beklagte" vor. Der Vortrag der Beklagten zur Benutzung in ihrem Webauftritt sei unsubstantiiert. Nachdem die Domain www.d....de lediglich auf www.x....de weiterleite, sei darin keine markenmäßige Benutzung zu erkennen.

Die von der Beklagten vorgelegten Schaltpläne gäben nur Auskunft über geplante Sendungen, nicht jedoch über deren tatsächlich erfolgte Ausstrahlung.

Die Klägerin beantragt mit ihrer am 01.03.2017 eingereichten Klage,

die Beklagte zu verurteilen, durch Erklärung gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die vollständige Löschung der deutschen Marke 3... "D" einzuwilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, sie habe die auf dem als USB-Stick (Anlage B4) vorgelegten Werbefilme in den Jahren 2012-2015 ausstrahlen lassen, insoweit bezieht sie sich auf die als Anlagenkonvolut B 10 vorgelegten Schaltpläne. Sie habe seit 1999 unverändert und ununterbrochen im telefonischen Geschäftsverkehr bei Anrufen dafür gesorgt, dass Kunden mit der Ansprache "Guten Tag, hier ist die D, mein Name ist ..." begrüßt werden. Diese Ansprache sei für ihre Mitarbeiter bei den entsprechend zugeordneten Telefonnummern für Kontoführung, Kredite, Wertpapiere, Baufinanzierung und allgemeine Fragen verpflichtend gewesen. Sie habe deren Verwendung auch durch regelmäßige Testanrufe überprüfen lassen.

Sie habe für den Monat Juni 2016 untersucht, nach welchen Worten bei der Suchmaschine Google gesucht worden sei. Dabei sei rund 380.000 mal allein nach dem Wort "d" gesucht worden, darüber hinaus jeweils in Verbindung mit den Suchworten "Bank", "Finanzierung" etc., auf Bl. 56, 57 d.A. wird Bezug genommen. Sie habe dafür gesorgt, dass im Monat vor dem 29.06.2016 bei Google u.a. für das Suchwort "d" Werbung ausgespielt werde, die sie analysiert habe.

Die Beklagte ist der Auffassung, sie habe das streitgegenständliche Zeichen markenmäßig genutzt. Der Betrachter des Zeichens "X-D" sowie der Wort-/Bildmarken erkenne in den Kombinationsmarken durch die Separierung auch das streitgegenständliche Zeichen. In dem Zeichen "D2" erkenne der Verkehrskreis das Wortspiel "D und Du". Dies zeige auch die Verwendung des Zeichens durch den angesprochenen Verkehrskreis sowie in Presseberichten (Anlagen B8, B13, B14).

Für eine Benutzung des Zeichens "D" bezieht sich die Beklagte auf die als Anlage B4 vorgelegten Werbefilme, insbesondere den Film "..._Sandburg", in dem am Ende gesungen wird "d [kurze Pause] d2".

Die Verwendung der Telefonansprache stelle eine markenmäßige Nutzung dar. Die Beklagte mache insoweit u.a. deutlich, dass sie unter der entsprechenden Nummer über Kreditgeschäfte, Wertpapiere oder Baufinanzierung Auskunft gebe. Die Ansprache verdeutliche, dass die Beklagte "D-Dienstleistungen" anbiete. Auch sei die Datenverarbeitung Grundlage vieler Finanzdienstleistungen. Es liege hierdurch eine Benutzung in den Klassen 36 und 38 vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist nur teilweise begründet.

1. Die Klägerin kann von der Beklagten aus den §§ 55, 49 MarkenG die Löschung des streitgegenständlichen Zeichens "D" im Hinblick auf den eingetragenen Schutzbereich der Klasse 42 "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" sowie zum Teil auf den eingetragenen Schutzbereich der Klasse 36, hier "Vermietung von Zugriffszeiten auf Computerprogrammen - in globalen Netzwerken - zum Handel und zur Abwicklung von Devisen-, Zins-, Wertpapier-, Anlage und sonstigen Geldgeschäften in Datennetzen", verlangen.

Nach den §§ 55, 49 MarkenG wird die Eintragung einer Marke wegen Verfalls gelöscht, wenn die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist. Liegt ein Verfallsgrund nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen vor, für die die Marke eingetragen ist, so wird gemäß § 49 Abs. 3 MarkenG die Eintragung nur für diese Waren oder Dienstleistungen gelöscht.

Die Benutzung einer eingetragenen Marke wirkt nur rechtserhaltend, wenn sie deren Hauptfunktion entspricht, dem Verkehr die Ursprungsidentität der Ware oder Dienstleistung, für die sie eingetragen ist, dadurch zu garantieren, dass sie es ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden. Hierfür ist es ausreichend, aber auch erforderlich, dass die Marke in üblicher und wirtschaftlich sinnvoller Weise für das Produkt verwendet wird, für das sie eingetragen ist (BGH GRUR 2008, 616 Rn. 10 - AKZENTA m.w.N.). Insoweit reicht ein branchenübliches wirtschaftliches Handeln stets für eine Anerkennung als Benutzung aus (OLG Hamm GRUR-RR 2015, 526 Rn. 33 m.w.N.). Es fehlt an einer rechtserhaltenden Benutzung, wenn das Zeichen ausschließlich als Unternehmenskennzeichen und nicht zugleich zumindest auch als Marke für das konkret vertriebene Produkt benutzt worden ist. Entscheidend ist, ob der angesprochene Verkehr auf Grund der ihm objektiv entgegentretenden Umstände die Benutzung des Kennzeichens zumindest auch als Unterscheidungszeichen für die Ware oder Dienstleistung im Sinne eines Herkunftshinweises ansieht (BGH GRUR 2008, 616  Rn. 11 - AKZENTA m.w.N.). Bei einer Dienstleistungsmarke erfordert die Beurteilung der Frage, ob sie rechtserhaltend benutzt worden ist, eine besondere Betrachtung, weil bei ihr anders als bei einer Warenmarke eine körperliche Verbindung zwischen der Marke und dem Produkt nicht möglich ist. Als Benutzungshandlungen i.S. des § 26 MarkenG kommen bei ihr daher grundsätzlich nur die Anbringung der Marke am Geschäftslokal sowie eine Benutzung auf Gegenständen in Betracht, die bei der Erbringung der Dienstleistung zum Einsatz gelangen, wie insbesondere auf der Berufskleidung, auf Geschäftsbriefen und -papieren, Prospekten, Preislisten, Rechnungen, Ankündigungen und Werbedrucksachen (BGH GRUR 2008, 616 Rn. 13 - AKZENTA m.w.N.). Voraussetzung ist dabei, dass der Verkehr die konkrete Benutzung des Zeichens zumindest auch als Herkunftshinweis versteht. Er muss erkennen können, dass mit der Verwendung der Bezeichnung nicht nur der Geschäftsbetrieb benannt, sondern auch eine Leistung bezeichnet wird, die aus ihm stammt. Des Weiteren muss sich die Benutzung auf eine bestimmte Dienstleistung beziehen. Dies setzt voraus, dass der Verkehr ersehen kann, auf welche konkrete Dienstleistung sich der Kennzeichengebrauch bezieht. Zudem stimmt bei Dienstleistungsmarken die Marke in vielen Fällen mit der Firma überein. Daher gehen die firmenmäßige Benutzung und die markenmäßige Benutzung bei ihnen häufiger ineinander über als bei Warenmarken (BGH GRUR 2008, 616  Rn. 13 - AKZENTA m.w.N.). Der Verkehr ist bei Dienstleistungen daran gewöhnt, dass diese häufiger als Waren mit dem Unternehmensnamen gekennzeichnet werden. Soweit der Unternehmensname oder ein unterscheidungskräftiger Bestandteil desselben in Zusammenhang mit der Erbringung einer Dienstleistung steht, wird der Verkehr die Verwendung daher zugleich regelmäßig als Hinweis auf die von dem Unternehmen erbrachte Dienstleistung verstehen. Eine ausdrückliche sprachliche Benennung der Dienstleistung im Zusammenhang mit der Verwendung der Marke ist dabei zur rechtserhaltenden Markenbenutzung nicht immer erforderlich (OLG Hamm GRUR-RR 2015, 526 Rn. 33).

Die Beweislast für die Voraussetzungen des Verfalls nach den §§ 55, 49 MarkenG trägt der Anspruchsteller (OLG Hamm GRUR-RR 2015, 526). Dem Markeninhaber obliegt jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Insbesondere ist es dem Markeninhaber ohne weiteres zuzumuten, die Produkte zu benennen, die er unter der Marke auf den Markt bringt, wenn dies dem Löschungskläger nicht auch seinerseits ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 55 Rn. 12 m.w.N.).

Nach § 49 Abs. 1 MarkenG kommt es für die Benutzung durch den Markeninhaber grundsätzlich darauf an, dass die Benutzung im 5-Jahreszeitraum vor der Stellung des Löschungsantrages erfolgte. Nach § 49 Abs. 1 S. 4 MarkenG wird dies jedoch geheilt, wenn der Anspruchsteller nicht binnen drei Monaten nach Kenntnis vom Widerspruch gegen den Löschungsantrag nach § 53 Abs. 4 MarkenG Löschungsklage erhebt. Hier hat die Klägerin mit ihrer am 01.03.2017 beim erkennenden Gericht eingereichten Klage die 3-Monatsfrist gewahrt, nachdem sie am 06.12.2016 Kenntnis vom Widerspruch der Beklagten erlangt hatte.

Die Beklagte hat vorliegend ihrer sekundären Darlegungslast im Hinblick auf den eingetragenen Schutzbereich der Klasse 42 "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" und auf den eingetragenen Schutzbereich der Klasse 36 "Vermietung von Zugriffszeiten auf Computerprogrammen - in globalen Netzwerken - zum Handel und zur Abwicklung von Devisen-, Zins-, Wertpapier-, Anlage und sonstigen Geldgeschäften in Datennetzen" nicht hinreichend Genüge getan.

Die Beklagte hat insoweit nicht dargelegt, dass sie das streitgegenständliche Zeichen in irgendeiner Form zur Kennzeichnung oder Bewerbung von Dienstleistungen für die Erstellung von Programmen für die Datenverarbeitung verwendet hat. Ihr allgemeiner Vortrag, dass für Finanzdienstleistungen auch Datenverarbeitung erforderlich sei, reicht hierfür nicht aus. Ihr tatsächlicher Vortrag beschränkt sich ansonsten allein auf die Klassen 36 und 38.

Weiter hat die Beklagte nicht vorgetragen, dass sie die "Vermietung von Zugriffszeiten auf Computerprogrammen" überhaupt anbietet oder dass sie hierfür das streitgegenständliche Zeichen verwendet hätte.

2. Die Klägerin kann hingegen nicht die Löschung im Hinblick auf dieKlasse 36sowie auf dieweiteren eingetragenen Dienstleistungen der Klasse 38verlangen.

Nach den oben dargestellten Grundsätzen hat die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast im Hinblick auf die Benutzung des Zeichens "D" in ausreichendem Umfang Genüge getan. Es hätte sodann der Klägerin oblegen, darzulegen und unter Beweis zu stellen, dass die von der Beklagten vorgetragenen, hinreichenden Benutzungshandlungen nicht stattgefunden haben.

a. Insoweit spricht bereits vieles dafür, dass der angesprochene Verkehrskreis unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH (GRUR 2013, 722 - Levi Strauss) in der Verwendung des Zeichens "X-D" bzw. der entsprechenden Wort-/Bildmarken auch eine Verwendung von "D" als Bestandteil der Marke ersieht.

Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass die Verwendung eines Bestandteils einer Marke als Benutzung im Sinne von § 26 MarkenG angesehen werden kann, wenn dieser Bestandteil bereits für sich kennzeichnend ist und nicht lediglich beschreibend wirkt und die übrigen Bestandteile allenfalls verzierenden oder beschreibenden Charakter aufweisen (vgl. insoweit OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 17.08.2017 - 6 W 67/17; LG Frankfurt a.M., Beschl. v. 12.07.2017 - 2-03 O 218/17; anders möglicherweise BGH GRUR 2017, 1043  Rn. 28 - Dorzo). Dies war hier jedoch nicht der Fall, da sowohl "X" als auch "D" jeweils für sich nicht rein beschreibenden oder verzierenden Charakter haben.

Nach der "Levi Strauss"-Entscheidung des EuGH umfasst der Begriff der "Benutzung" einer Marke sowohl die selbständige Benutzung dieser Marke als auch ihre Benutzung als Bestandteil einer anderen Marke insgesamt oder in Verbindung mit dieser (EuGH GRUR 2013, 722 Rn. 32 - Levi Strauss). Ein Bestandteil kann dabei als benutzt gelten, wenn eine eingetragene Marke, die ihre Unterscheidungskraft infolge der Benutzung einer anderen, zusammengesetzten Marke erlangt hat, deren Bestandteil sie ist, nur vermittels dieser anderen zusammengesetzten Marke benutzt wird oder wenn sie nur in Verbindung mit einer anderen Marke benutzt wird und beide Marken zusammen zusätzlich als Marke eingetragen sind (EuGH GRUR 2013, 722  Rn. 36 - Levi Strauss).

Nach dem BGH ist bei der Frage, ob eine Marke in der eingetragenen Form oder in einer hiervon abweichenden Form benutzt worden ist, vorab zu klären, ob weitere Elemente wie zusätzliche Wörter, Bilder, Formen, Farben einen relevanten Bezug zur Marke aufweisen, oder ob es sich lediglich um von der Marke völlig unabhängige allgemeine Sachangaben oder Ausstattungselemente handelt, die für die Frage der rechtserhaltenden Benutzung der Marke ohne Bedeutung sind. Die Ergänzung einer an sich unveränderten Marke durch Zusätze stellt keine Benutzung der Marke in der eingetragenen Form gemäß § 26 Abs. 1 MarkenG dar, wenn die Zusätze mit dem Zeichen erkennbar verbunden sind. In diesem Fall handelt es sich um eine Verwendung der Marke in einer von der Eintragung abweichenden Form. Die Verbindung zwischen der Marke und einem Zusatz kann insbesondere durch die räumliche Nähe oder die Einbindung in ein Logo hergestellt werden (BGH GRUR 2017, 1043  Rn. 19 - Dorzo m.w.N.).

Wird die Marke in einer von der Eintragung abweichenden Form benutzt, liegt eine rechtserhaltende Benutzung nach § 26 Abs. 3 S. 1 MarkenG nur vor, wenn die Abweichung den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändert. Eine Veränderung des kennzeichnenden Charakters ist dann zu verneinen, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzt, das heißt, in der benutzten Form noch dieselbe Marke sieht. Werden zur Kennzeichnung einer Ware zwei Zeichen verwendet, liegt es in der Regel nahe, dass der Verkehr darin ein aus zwei Teilen bestehendes zusammengesetztes Kennzeichen erblickt. Denkbar ist aber auch, dass der Verkehr in der Kennzeichnung keinen einheitlichen Herkunftshinweis, sondern zwei voneinander zu unterscheidende Zeichen sieht (BGH GRUR 2017, 1043  Rn. 23 - Dorzo m.w.N.).

Bei der Frage, ob ein aus mehreren Bestandteilen zusammengesetztes Zeichen als einheitliches Kennzeichen und nicht als zwei getrennte Zeichen anzusehen ist, sind typographische Gestaltung, ein Bindestrich und die Einheitlichkeit von Schrifttyp und Schriftfarbe für sich allein nicht geeignet, diese Annahme zu begründen. Allerdings kann die graphische Gestaltung einbezogen werden (BGH GRUR 2017, 1043 Rn. 24 f. - Dorzo m.w.N.). Hierbei kann auch die Position eines hochgestellten "®" eine Rolle spielen. Die Annahme der rechtserhaltenden Benutzung einer Marke scheidet deshalb aus, wenn der Verkehr sie in einem Kombinationszeichen nicht mehr als eigenständiges Kennzeichen wahrnimmt (BGH GRUR 2017, 1043  Rn. 28 m.w.N. - Dorzo).

Im vorliegenden Fall ist zu entscheiden, ob die Verwendung der Zeichen

"X-D",

(Marke mit X-Grafik-D)

oder

(Marke mit X-Grafik-D und Zusatz)

zugleich eine Benutzung des Zeichens

"D"

darstellt.

Nach den oben dargestellten Grundsätzen kann die Gestaltung mittels eines Bindestrichs, wie bei "X-D", oder die graphische Gestaltung hierbei eine Rolle spielen. Entscheidend ist insoweit, ob einerseits dem angesprochenen Verkehrskreis die Bestandteile "X" oder (X mit Grafik) als Zusatz zum Zeichen "D" in der Form (D als Grafik" erscheinen, die mit dem Zeichen nicht erkennbar verbunden sind, da dann eine rechtserhaltende Benutzung auch von "D" in Betracht kommt (vgl. BGH GRUR 2017, 1043  Rn. 19 - Dorzo), oder ob der Verkehr

"D" bzw. (D als Grafik)

in einem Kombinationszeichen nicht mehr als eigenständiges Kennzeichen wahrnimmt (vgl. BGH GRUR 2017, 1043  Rn. 28 - Dorzo).

In Bezug auf das Zeichen "X-D" geht die Kammer nicht davon aus, dass eine rechtserhaltende Benutzung von "D" besteht. Aus Sicht des angesprochenen Verkehrskreises stellt der Bindestrich eine Verbindung zwischen den Bestandteilen "X" und "D" her, der nicht durch andere Anzeichen aufgelöst wird, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Verkehr die Zeichen nicht als "erkennbar miteinander verbunden" ansieht.

Bei den beiden genannten Wort-/Bildmarken sind die Bestandteile "X" und "D" durch die Zeichnung eines Löwen erkennbar voneinander getrennt. Diese Trennung wirkt auf den angesprochenen Verkehr, dem die Mitglieder der Kammer angehören, deutlich stärker trennend als ein Bindestrich. Schon räumlich ist der Zwischenraum zwischen "X" und "D" deutlich größer als bei einem Bindestrich. Im Zeichen

(Marke mit X-Grafik-D und Zusatz)

bewirkt der Schriftzug "(Zusatz)", in derselben Farbe gehalten wie die Zeichnung des Löwen, darüber hinaus eine Art von optischer "Umrahmung" des Bestandteils "D", der den Bestandteil "X" als vorangestellten Teil noch stärker isoliert. Aus Sicht des angesprochenen Verkehrskreises, der die Verwendung von zwei Marken nebeneinander gewöhnt ist (BGH GRUR 2005, 516 - FERROSIL; BGH GRUR 2017, 1043  Rn. 30 - Dorzo), besteht daher insbesondere auf das genannte Zeichen (Marke mit X-Grafik-D und Zusatz) die ernsthafte Möglichkeit, dass der Verkehr "X" und "D" als Erst- und Zweitkennzeichen ansieht, die verschiedene Bedeutungen für verschiedene Dienstleistungen haben. Dabei erkennt der angesprochene Verkehrskreis insbesondere, dass die Buchstaben "X" eine Abkürzung oder ähnliches darstellen, dass also dieser Bestandteil für sich beispielsweise das Unternehmen kennzeichnen kann. Der Bestandteil "D", der durch die Groß- und Kleinschreibung einen stärker kennzeichnenden Charakter erhält, kann daher auch separat von "X" stehen und eigene Bedeutung erlangen. Für dieses Verständnis des Verkehrs spricht jedenfalls indiziell auch die von der Beklagten vorgetragene und - in Erfüllung ihrer sekundären Darlegungslast hinreichende - Benutzung von "d" isoliert durch Besucher der Suchmaschine Google. Denn jedenfalls ein Teil der Benutzer sucht auch separat nach dem Suchwort "d", ohne "x" oder ähnliches voranzustellen.

b. Auf die Frage der Benutzung von "D" durch Verwendung von "X-D" bzw. den entsprechenden Wort-/Bildmarken kam es letztlich aber nicht mehr entscheidend an, da die Beklagte auch im Übrigen eine rechtserhaltende Benutzung hinreichend dargelegt hat.

Die Kammer hat insoweit die Benutzung der Domain www.d....de berücksichtigt.

Grundsätzlich kann auch in der Nutzung eines Domain-Namens eine markenmäßige Benutzung liegen (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 171). Dabei wird gerade bei Dienstleistungen die Verwendung des Domain-Namens häufig praktiziert (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 26 Rn. 54). Dies kann auch im Falle einer Weiterleitung gelten. Der BGH hat entschieden, dass eine markenmäßige Verwendung vorliegen kann, wenn unter einem Domain-Namen Links hinterlegt sind, die zu einem Produkt führen (BGH GRUR 2011, 617 - Domain-Parking). Nichts anderes kann jedoch gelten, wenn der Nutzer nicht erst auf einen Link klicken muss, sondern unmittelbar bei Adressierung eines Domain-Namens auf eine andere Domain mit entsprechenden Dienstleistungen weitergeleitet wird, was hier der Fall war.

Es ist auch zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte unter der Domain www.x-d.de (Finanz-)dienstleistungen anbietet, die die in Klasse 36 sowie die weiteren in Klasse 38 enthaltenen Dienstleistungen umfassen (vgl. insoweit Anlage B12).

c. Die Kammer betrachtet weiter die von der Beklagten vorgetragenen Werbefilme und die darin enthaltene gesangliche Untermalung ("Jingles") als hinreichende Benutzung des streitgegenständlichen Zeichens. Insoweit hat die Beklagte auch vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass die streitgegenständlichen Werbefilme im relevanten Nutzungszeitraum ausgestrahlt wurden. Der Kammer sind die streitgegenständlichen Werbefilme, auch derjenige mit der Sandburg, aus dem Fernsehen bekannt. Die Beklagte hat auch dargelegt, dass die Werbefilme - jedenfalls mindestens zum Teil - auch tatsächlich ausgestrahlt wurden und hat dies hinreichend durch die Einschaltpläne im Anlagenkonvolut B10 auch für den streitgegenständlichen Benutzungszeitraum von 2011 bis 2016 dargelegt. Vor diesem Hintergrund konnte sich die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin nicht auf das Bestreiten mit Nichtwissen beschränken, dass die Werbefilme überhaupt ausgestrahlt wurden.

Die Werbefilme stellen aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise auch eine Benutzung des streitgegenständlichen Zeichens "D" im Zusammenhang mit den hier streitgegenständlichen (Finanz-)Dienstleistungen dar.

In dem Spot "..._Sandburg" auf dem USB-Stick gemäß Anlage B4, der für eine Kontoeröffnung bei der Beklagten wirbt, ist der Basketballspieler Y zu sehen. Der Text lautet u.a.: "Wenn Du einfach mehr bekommst, dann ist es D2 -, ...". Zum Ende hin steht Y neben einer Sandburg, vor der in orangenen Lettern das Zeichen "D2" zu sehen ist, wobei die Buchstaben "D" leicht zurückgesetzt sind und das "Du" mit etwas Abstand und nach vorne hin leicht abgesetzt zu sehen ist. Am Ende wird gesungen "D [kurze Pause] D2".

Für den angesprochenen Verkehrskreis tritt damit das Zeichen "D", hier im Wortspiel "DD2", erkennbar heraus. Er erkennt auch aus dem gesprochenen Begleittext, dass er persönlich mit dem "Du" angesprochen werden soll und entnimmt daher dem vorangestellten Zeichen "D" eine eigenständige Bedeutung. Dieses Zeichen wird auch im Zusammenhang mit einer konkreten Dienstleistung der Beklagten verwendet, hier der Kontoeröffnung bei der Beklagten.

Die weiteren von der Beklagten als Anlage B4 vorgelegten Werbefilme sind ähnlich gestaltet. Die Trennung der orangenen Lettern "D" und "Du" wird deutlicher im Werbefilm "..._Eisgeld_TV25_NeueMusik", wo am Ende ein Junge zwischen diesen hindurch läuft und sich gerade beim gesprochenen "... undDu" hinter den Lettern "Du" befindet, die so weit nach vorne abgesetzt sind, dass der Junge vor dem "D", aber hinter dem "Du" hindurch laufen kann. Dadurch wird die Eigenständigkeit beider Wortbestandteile unterstrichen. Die anderen Werbefilme betreffen ähnliche oder andere von der Beklagten angebotene Dienstleistungen, der Werbefilm "..._Metzgerei_Exko_2komma25proz_TV25_Motiv-03-12" beispielsweise die Kontoeröffnung und Zinsen, der Werbefilm "..._Muenze_TV23" kostenlose Geldabhebungen, der Werbefilm "..._Baufinanzierung_25s_neueMusik" die Baufinanzierung, bei "..._Kurze_Beine_30s_R128" einen Autokredit. Aus Sicht des angesprochenen Verkehrskreises wird auch auf die Erbringung über das Internet und damit die übrigen in Klasse 36 eingetragenen Schutzbereiche eingegangen, indem auf die Webseite der Beklagten hingewiesen wird. Aus Sicht des angesprochenen Verkehrskreises kann er daher die angebotenen Dienstleistungen über das Internet abrufen.

d. Die Kammer erkennt in den oben dargestellten Benutzungshandlungen nicht - wie die Klägerin meint - lediglich die Benutzung als Unternehmenskennzeichen oder als firmenmäßigen Gebrauch. Nach den oben dargestellten Grundsätzen sind für Dienstleistungen auch Ankündigungen und Werbung zu berücksichtigen (BGH GRUR 2008, 616  Rn. 13 - AKZENTA m.w.N.). Die Beklagte hat insoweit auch hinreichend dazu vorgetragen, dass der angesprochene Verkehr erkennen kann, dass sich das Zeichen auf bestimmte Dienstleistungen bezieht, was sich einerseits aus den Werbefilmen, andererseits aus der Webseite der Beklagten ergibt.

e. Die Kammer hat im Übrigen auch die von der Beklagten vorgetragenen Benutzungen des Zeichens "d" durch Dritte berücksichtigt. Die Kammer folgt insoweit allerdings der Auffassung der Klägerin, dass die Verwendung des Zeichens durch Dritte nicht als Benutzung durch die Beklagte anzusehen ist. Unter Einbeziehung der oben dargestellten Benutzungshandlungen des Zeichens "D" stellt die Verwendung durch Dritte, z.B. bei Google-Suchen, jedoch ein Indiz dafür dar, dass das Zeichen beim angesprochenen Verkehrskreis eine gewisse Bekanntheit erlangt hat und daher als markenmäßige Nutzung verstanden werden kann.

f. Auf die Frage, ob die Verwendung des Zeichens "D" als Kundenansprache am Telefon als markenmäßige Benutzung angesehen werden kann, kam es danach im Ergebnis nicht mehr an. Insoweit sprach jedenfalls die Verwendung auch bei speziellen Rufnummern, die sich explizit auf einzelne Dienstleistungen wie z.B. Kredite beziehen, eher für eine Benutzung auch im Hinblick auf diese Dienstleistungen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Die Kostenquote trägt dem wechselseitigen Obsiegen und Unterliegen der Parteien Rechnung. Dabei erachtet die Kammer das Obsiegen der Klägerin in Anbetracht der einzelnen eingetragenen Klassen und deren Bedeutung als ein solches im Umfang von 20%.

4. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich jeweils aus § 709 ZPO.

5. Auf den nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 28.09.2017 sowie den nachgelassenen Schriftsatz der Klägerin vom 12.10.2017 war der jeweils anderen Partei nicht erneut rechtliches Gehör zu gewähren. Auch war die mündliche Verhandlung nicht nach § 156 ZPO wieder zu eröffnen. Denn die Schriftsätze enthalten keinen neuen entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag.

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