VG Cottbus, Beschluss vom 08.02.2019 - 6 L 237/17
Fundstelle
openJur 2020, 41718
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 543,38 Euro festgesetzt.

Gründe

Der sinngemäße Antrag des Antragstellers,

die aufschiebende Wirkung seiner Klage vom 3. April 2017 (Az.: VG 6 K 821/17) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 16. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2017 anzuordnen,

hat keinen Erfolg.

Der gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthafte und nach der mit dem Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2017 erfolgten Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung (§ 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO) auch im Übrigen zulässige Antrag ist unbegründet.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, erster Halbsatz VwGO kann das Gericht die bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO entfallende aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Abgabenbescheides entsprechend § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO bestehen, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als sein Misserfolg, wobei die Rechtmäßigkeitsprüfung im Rahmen des vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren nur in einem im Vergleich zum Hauptsacheverfahren eingeschränkten Umfang geboten ist. Regelmäßig ist von der Gültigkeit der der Abgabenerhebung zu Grunde liegenden Satzungsvorschriften auszugehen, soweit diese nicht offensichtlich nichtig sind. Das Gericht hat sich auf die summarische Kontrolle der äußeren Gültigkeit der Normen und sich ersichtlich aufdrängender Satzungsfehler sowie auf die Prüfung substantiierter Einwände des Antragstellers gegen das Satzungsrecht und die sonstigen Voraussetzungen der Abgabenerhebung zu beschränken, wobei die Prüfung der Einwendungen des Antragstellers dort ihre Grenze findet, wo es um die Klärung schwieriger Rechts- und Tatsachenfragen geht, die dem Klageverfahren vorbehalten bleibt (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. September 2005 - 9 S 33.05 -, Seite 3 EA; sowie Beschluss vom 14. Februar 2006 - 9 S 26.05 -).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist ein Erfolg der Klage des Antragstellers nicht überwiegend wahrscheinlich. Seine Heranziehung zu einem Schmutzwasseranschlussbeitrag erweist sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig.

Seine rechtliche Grundlage findet der Bescheid nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens in der Schmutzwasseranschlussbeitragssatzung des Trink- und Abwasserzweckverbandes Luckau vom 22. April 2015 (SBS 2015). Diese misst sich in rechtlich nicht zu beanstandender Weise (vgl. hierzu Urteil der Kammer vom 24. Juni 2015 - VG 6 K 336/13 -, juris Rn. 62 ff.) gemäß § 15 Abs. 1 SBS 2015 Rückwirkung auf den 18. Oktober 2012 bei und erfasst den angegriffenen Beitragsbescheid auch in zeitlicher Hinsicht. Die Satzung weist weder formelle noch materiell-rechtliche Fehler auf, wofür ebenfalls auf die ausführliche Begründung des Urteils der Kammer vom 24. Juni 2015 - VG 6 K 336/13 - (juris Rn. 44 ff.) verwiesen wird. Der Antragsteller hat insoweit keine substantiierten Rügen erhoben.

Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der konkreten Heranziehung des Antragstellers bestehen keine ernstlichen Zweifel.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beitragsbescheids bestehen zunächst nicht unter Bestimmtheitsgesichtspunkten oder mit Blick auf das Begründungserfordernis. Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG) i. V. m. § 119 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Ergänzt und konkretisiert wird diese allgemeine Anforderung durch § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) KAG i. V. m. § 157 Abs. 1 Satz 2 AO. Danach müssen schriftliche Abgabenbescheide die festgesetzte Abgabe, Art und Betrag bezeichnen und angeben, wer die Abgabe schuldet. Ein Beitragsbescheid muss darüber hinaus grundsätzlich auch erkennen lassen, für welches Grundstück und für welche Maßnahme der Beitrag erhoben wird (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 24. März 2015 - 6 CS 15.389 -, juris, Rn. 8).

Gemessen an diesen gesetzlichen Vorgaben unter Berücksichtigung des Prüfungsmaßstabes des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO (analog) ist keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot gegeben. Der angefochtene Bescheid lässt hinreichend deutlich und widerspruchsfrei erkennen, dass der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller einen Beitrag für die Herstellung der zentralen öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage in bestimmter Höhe für ein durch erfolgte Angabe der Gemarkung, der Flur und des Flurstückes genau bezeichnetes Grundstück festsetzt und von dem Antragsteller die Zahlung des festgesetzten Beitrages bis zu einem bestimmten Datum verlangt. Damit ist den Anforderungen des § 12 Abs. 1 Nr. 3 li. b) KAG i. V. m. § 119 Abs. 1, 157 Abs. 1 Satz 2 AO Genüge getan. Soweit in der Rechtsprechung teilweise die Auffassung vertreten wird, dass dann, wenn - wie vorliegend - nur für eine Teilfläche eines Grundstücks ein Herstellungsbeitrag erhoben werde, die Lage dieser beitragspflichtigen Teilfläche innerhalb des herangezogenen Grundstücks ausreichend deutlich gemacht werden müsse, damit der Abgabetatbestand hinreichend umrissen werden könne, wozu es grundsätzlich erforderlich sei, dass die räumliche Situierung der Teilfläche in den Gründen des Bescheides genau umschrieben oder dass dem Bescheid ein Lageplan mit genauer Kennzeichnung der herangezogenen Teilfläche beigefügt werde (vgl. etwa Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 31. März 1995 - 23 CS 94.3911 -, NVwZ-RR 1996, 111; Urteil vom 17. Mai 1996 - 6 B 93.2355 -, NVwZ-RR 1997, 731; Oberverwaltungsgericht Thüringen, Beschluss vom 19. November 2012 - 4 EO 626/11 -, juris Rn. 310 ff.; Verwaltungsgericht Bayreuth, Urteil vom 9. September 2015 - B 4 K 14.77 -, juris Rn. 26), lässt die Kammer im vorliegenden Eilverfahren offen, ob sie sich dieser Auffassung anzuschließen vermag. Dagegen spricht bereits, dass das Bestimmtheitsgebot von vornherein nur für den verfügenden Teil eines Verwaltungsaktes - mithin für dessen Tenor - gilt, nicht aber für seine Begründung (vgl. Bundesfinanzgerichtshof, Urteil vom 28. Januar 1983 - VI R 35/78 -, BeckRS 22006406). Der genaue Flächenansatz, der einer Veranlagung zugrunde liegt, dürfte aber gerade nicht zum verfügenden Teil von Beitragsbescheiden gehören, da seine eventuelle spätere Änderung nicht zu einer Wesensänderung des Beitragsbescheides führen dürfte (vgl. zum Erschließungsbeitragsrecht Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27. Januar 1982 - 8 C 12/81, juris Rn. 14; für das Anschlussbeitragsrecht Oberverwaltungsgericht Schleswig- Holstein, Urteil vom 27. April 2009 - 2 LB 64/08 -, juris Rn. 39; Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder), Beschluss vom 19. Dezember 2011 - 5 L 424/10 -, juris Rn. 7 ff.; ebenso bereits Beschluss der Kammer vom 4. November 2017 - VG 6 L 299/17 -, juris Rn. 14). Nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung ist zudem etwa auch ohne entsprechenden Lageplan die Heranziehung einer Teilfläche hinreichend bestimmt, wenn dem Beitragsschuldner klar ist bzw. nach Treu und Glauben auf Grund der ihm bekannten Umstände klar sein musste, welche Grundstücksfläche als Umgriff herangezogen wurde (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 24. März 2015 - 6 CS 15.389 -, juris Rn. 8; Oberverwaltungsgericht Thüringen, Beschluss vom 19. November 2012 - 4 EO 626/11 -, juris Rn. 31; Verwaltungsgericht Bayreuth, Urteil vom 9. September 2015 - B 4 K 14.77 -, juris Rn. 26); was sich auch im vorliegenden Fall nicht ausschließen lässt. Die Beantwortung all dieser in rechtlicher und auch tatsächlicher Hinsicht schwierigen Rechtsfragen entzieht sich insoweit einer abschließenden Klärung im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und muss der Hauptsache vorbehalten bleiben. Die Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides ist bei dieser Sachlage jedenfalls nicht überwiegend wahrscheinlich.

Dem angefochtenen Beitragsbescheid fehlt auch nicht die nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) KAG i. V. m. § 121 Abs. 1 AO erforderliche Begründung. Ein schriftlicher Verwaltungsakt ist nach § 121 Abs. 1 AO zu begründen, soweit dies zu seinem Verständnis erforderlich ist. Einer Begründung bedarf es gemäß § 121 Abs. 1 Nr. 2 AO nur dann nicht, wenn demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne schriftliche Begründung für ihn ohne Weiteres erkennbar ist. Die Bestimmung der nutzungsbezogenen und damit bevorteilten Grundstücksfläche muss insoweit zumindest unter Begründungsgesichtspunkten von dem Beitragsbescheid hinreichend konkretisiert werden, um gegen die Veranlagung effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) zu ermöglichen. Die Grundstücks- und damit Situationsbezogenheit der Beitragserhebung erfordert in diesen Fällen abweichend von § 121 Abs. 2 Nr. 3 AO stets eine genaue Beschreibung der veranlagten nutzungsbezogenen Fläche, und zwar sinnvoll in zeichnerischer, maßstäblicher Form. Andernfalls kann sich der Beitragsschuldner schwerlich substantiiert gegen Beitragsveranlagungen wehren, die überhöhte nutzungsbezogene Grundstücksteilflächen zugrunde legen. Zudem fiele es dem Grundstückseigentümer zu einem späteren Zeitpunkt schwer, die Rechtmäßigkeit einer Nachveranlagung oder Festsetzungsverjährung flächenbezogen genau festzustellen (vgl. Verwaltungsgericht Potsdam, Beschluss vom 15. Januar 2010 - 8 L 135/09, juris Rn. 16; Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder), Beschluss vom 19. Dezember 2011 - 5 L 424/10 -, juris Rn. 8). Vorliegend ist bei summarischer Prüfung offen und im Hauptsacheverfahren zu klären, ob eine solche konkretisierende Beschreibung der nutzungsbezogenen Fläche, die im Ausgangsbescheid nicht erfolgt war, zumindest gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) KAG i.V.m. § 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO im Widerspruchsbescheid nachgeholt worden ist, indem der Antragsgegner dort dargelegt hat, dass (nur) die im Innenbereich der Gemeinde K... belegene Teilfläche veranlagt worden sei. Soweit in einem etwaigen Versäumnis ein Verfahrensfehler zu sehen wäre, hat der Antragsgegner diesen Verfahrensfehler zudem im Hauptsacheverfahren geheilt, indem er dort mit dem Verwaltungsvorgang einen Lageplan eingereicht hat, in dem die veranlagten nutzungsbezogenen Flächen und ihre Lage auf dem Grundstück hinreichend aussagekräftig ausgewiesen sind. Nach § 126 Abs. 2 AO können insoweit Handlungen nach Abs. 1 Nr. 2 bis Nr. 5 bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines gerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. § 126 Abs. 1 Nr. 2 AO erfasst auch die fehlerhafte Begründung eines Beitragsbescheides. Ein Begründungsmangel, der bis zu seiner Heilung die Rechtswidrigkeit des betreffenden Verwaltungsakts nach sich zieht, führt dementsprechend im Fall der Nachholung der Heilung im Hauptsacheverfahren nicht zur Aufhebung des Verwaltungsakts. Da die Begründung behördlich ohne größeren Aufwand nachträglich so durchgeführt werden kann, dass ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde und den Rechtsschutz des Bürgers im beschriebenen Sinne erreicht wird, ist es gerechtfertigt, im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO innerhalb des Zeitraums von § 126 Abs. 2 AO bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten der Hauptsache einzubeziehen, ob bzw. dass ihre Nachholung erfolgt bzw. jedenfalls wahrscheinlich ist (vgl. zu § 45 Abs. 2 VwVfG Oberverwaltungsgericht Nordrhein- Westfalen, Beschluss vom 30. Juni 2016 - 20 B 1408/15 -, juris Rn. 7 ff.; Funke- Kaiser in: Bader u.a., VwGO Komm., 6. Aufl. 2014, § 80 Rn. 90 m.w.N.).

Nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens ist auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass einer Veranlagung des Antragstellers zu dem hier in Rede stehenden Anschlussbeitrag ein Eintritt der Festsetzungsverjährung nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) KAG i.V.m. § 169 f. AO entgegensteht. Insoweit ist maßgebend, dass die Verjährungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO i. V. m. § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) und Abs. 3 a KAG nach § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die sachliche Beitragspflicht entstanden ist, beginnt, diese hier jedoch nicht vor dem 18. Oktober 2012 entstehen konnte. Nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG in der Fassung des 2. Gesetzes zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben vom 17. Dezember 2003 (GVBl. I S. 294 ff.) entsteht die sachliche Beitragspflicht - gerade in den Fällen, in denen es - wie hier - nach Schaffung der Anschlussmöglichkeit nur noch am Satzungsrecht fehlte - frühestens mit dem Inkrafttreten einer rechtswirksamen Beitragssatzung. Ist die sachliche Beitragspflicht hier damit - mangels vorher wirksamer Beitragssatzung (vgl. hierzu ausführlich bereits Urteil der Kammer vom 24. Juni 2015 - VG 6 K 336/13 -, juris Rn. 62 ff.) - frühestens mit Inkrafttreten der Schmutzwasseranschlussbeitragssatzung des TAZV 2015 im Jahr 2012 entstanden, war die Festsetzungsverjährungsfrist zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides nicht verstrichen. Auf die Frage, ob das verfahrensgegenständliche Grundstück bereits vor diesem Zeitpunkt über eine Anschlussmöglichkeit verfügte, kommt es in diesem Zusammenhang daher nicht an (vgl. Urteil der Kammer vom 24. Juni 2015 - VG 6 K 336/13 -, a. a. O. Rn. 68).

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die erstmalige Begründung einer Beitragspflicht des Antragstellers durch die Schmutzwasserbeitragssatzung 2015 zum 18. Oktober 2012 bestehen nicht. Namentlich liegt kein Fall vor, in dem § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG n.F. keine Anwendung fände und aufgrund einer "hypothetischen Festsetzungsverjährung" eine Veranlagung ausschiede.

Die Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG n.F. verstößt zwar in Fällen, in denen Beiträge nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG a.F. nicht mehr erhoben werden könnten, gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. November 2015 - 1 BvR 2961/14 -, - 1 BvR 3051/14 -, juris Rn. 39) mit der Folge, dass es insoweit bei der Regelung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG a.F. verbleibt (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016 - OVG 9 B 1.16 -, juris Rn. 30). In Betracht kommt dies für Grundstücke, für die bereits vor dem Jahr 2000 eine rechtlich gesicherte tatsächliche Anschlussmöglichkeit bestand, während in den Fällen, in denen die Anschlussmöglichkeit an die jeweilige konkrete Anlage erst im Jahr 2000 oder danach bis zum Inkrafttreten der neuen Fassung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG geschaffen worden war, im Zeitpunkt der Gesetzesänderung - dem 1. Februar 2004 - noch keine hypothetische Festsetzungsfrist abgelaufen gewesen sein kann, da diese regulär mindestens bis Ende 2004 gelaufen wäre (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016 - OVG 9 B 1.16 -, a.a.O., Rn. 32 f). In diesen Fällen hat die Änderung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG vielmehr lediglich zur Folge, dass eine an sich laufende, aber eben noch nicht abgelaufene (hypothetische) Festsetzungsverjährungsfrist unbeachtlich und durch eine Festsetzungsverjährungsfrist abgelöst wird, deren Beginn - anders als zuvor - von der Wirksamkeit der Beitragssatzung abhängt. Die Gesetzesänderung betrifft insoweit keinen bereits abgeschlossenen Sachverhalt, so dass ihr lediglich eine - grundsätzlich zulässige - unechte Rückwirkung zukommt (vgl. zum Ganzen auch bereits Urteile der Kammer vom 18. Februar 2016 - VG 6 K 129/13 -, juris Rn. 18 ff. und vom 25. April 2017 - VG 6 K 852/14 -, juris Rn. 26 ff.).

Hier kann nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der Beitrag nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG a.F. nicht mehr erhoben werden könnte. Vielmehr spricht nach dem Vortrag des Antragsgegners und der von diesem vorgelegten Abnahmebescheinigung vom 2. Oktober 2002 ganz Überwiegendes dafür, dass - was auch der Antragsteller nicht in Frage stellt - die Fertigstellung der Schmutzwasserleitung in der G...erst im Jahr 2002 erfolgt und damit für das veranlagte Grundstück auch erst zu diesem Zeitpunkt eine rechtlich gesicherte Anschlussmöglichkeit an die Einrichtung des TAZV geschaffen worden ist. Eine ggf. nähere Aufklärung muss - soweit erforderlich - dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Ein Verstoß gegen das aus dem Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung resultierende Verbot der Doppelveranlagung liegt entgegen der Auffassung des Antragstellers ebenfalls nicht vor. Insofern ist nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens vielmehr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass vorliegend eine doppelte Beitragserhebung nicht erfolgt ist.

Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang geltend gemacht hat, dass die früheren Eigentümer des Grundstückes bereits mit bestandskräftigem Bescheid vom 19. März 2003 zu einem Anschlussbeitrag in Höhe von 3.758,24 Euro herangezogen worden seien und diesen auch gezahlt hätten, spricht Überwiegendes dafür, dass diese Beitragserhebung nicht das hier verfahrensgegenständliche Grundstück betraf. Zwar findet sich in dem Bescheid vom 19. März 2003 die Anschrift des Grundstücks des Antragstellers - G... -, andererseits wird das dort veranlagte Grundstück mit der Flurstücksbezeichnung 275/2 aufgeführt, während es sich vorliegend um das Flurstück 275/5 handelt. Auch weichen die Angaben zur Grundstücksfläche erheblich voneinander ab. In dem Bescheid vom 6. November 2015 zur Neuberechnung des mit Bescheid vom 19. März 2003 erhobenen Anschlussbeitrages, der sich ebenfalls auf das Flurstück 275/2 bezieht und im Übrigen zu einer vollständigen Rückerstattung des seinerzeit erhobenen Beitrages führte, findet sich zudem als Anschrift nunmehr die G.... Dem hierauf gestützten Vortrag des Antragsgegners, der Beitragsbescheid aus dem Jahr 2003 habe sich auf ein anderes Grundstück bezogen, ist der Antragsteller nicht entgegen getreten. Eine nähere Aufklärung der insoweit zumindest offenen Sachlage muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Die konkrete Höhe der Veranlagung wird von dem Antragsteller nicht gerügt und ist im Rahmen einer summarischen Prüfung vorliegend auch nicht zu beanstanden.

Schließlich lassen sich dem Vorbringen des Antragstellers keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Vollziehung des Beitragsbescheides in Höhe von 2.173,50 Euro für ihn eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge haben könnte. Eine unbillige Härte liegt (nur) vor, wenn für den Betroffenen durch die sofortige Vollziehung über die eigentliche Zahlung hinausgehende Nachteile entstehen, die nicht oder nur schwer gutzumachen sind oder wenn die Vollziehung zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Antragstellers führen würde (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. Mai 2008 - OVG 9 S 11.08 - juris, Rn. 8). Hierfür genügt der bloße Vortrag des Antragstellers, er würde durch die Vollziehung mit zusätzlichen Kosten belastet, da er den geforderten Betrag im Hinblick auf sein Arbeitseinkommen und mangels Sparvermögens nicht auf einmal leisten könne, so dass er eine verzinsliche Ratenzahlung eingehen oder ein Darlehen aufnehmen müsse, nicht. Vielmehr geht auch eine für die sofortige Zahlung ggf. erforderliche Kreditaufnahme als Belastung nicht über die mit einer Schuldbegleichung allgemein verbundene Härte hinaus und rechtfertigt deshalb keine Aussetzung der Vollziehung (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. Mai 2008 - OVG 9 S 11.08 -, a. a. O.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung entspricht der Bedeutung der Sache für den Antragsteller, § 52 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes. Die Kammer legt in Anlehnung an den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327, Ziff. 1.5) in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in Abgabensachen regelmäßig ein Viertel des Abgabenbetrages zugrunde, dessen Beitreibung vorläufig verhindert werden soll.