OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.04.2018 - OVG 12 S 13.18
Fundstelle
openJur 2020, 41255
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 19. Februar 2018 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen, das nach § 146 Abs. 4 VwGO den Umfang der Überprüfung durch das Oberverwaltungsgericht bestimmt, rechtfertigt keine Änderung oder Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung des begehrten Informationszugangs im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO komme wegen der damit einhergehenden Vorwegnahme der Hauptsache nur ausnahmsweise in Betracht, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei und ihm andernfalls schwere und unzumutbare, durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht wiedergutzumachende Nachteile drohten. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats zum vorläufigen Rechtsschutz im Informationsfreiheitsrecht (vgl. Beschlüsse vom 4. Januar 2018 - OVG 12 S 72.17, vom 19. Juli 2016 - OVG 12 S 42.16 - NVwZ-RR 2016, 943, juris Rn. 2, vom 13. Oktober 2015 - OVG 12 S 43.15 - juris 4, vom 1. April 2014 - OVG 12 S 77.13 - juris Rn. 3).

Entgegen der Beschwerde hat das Verwaltungsgericht ferner zu Recht angenommen, dass die Berufung des Antragstellers auf das journalistische Interesse am Informationszugang und die öffentliche Aufgabe der Presse für sich genommen die Annahme eines Anordnungsgrundes nicht erlaube, weil er hiermit ein jedermann bedingungslos eingeräumtes Recht im beruflichen Interesse nutze (vgl. hierzu den bereits vom Verwaltungsgericht zitierten Beschluss des Senats vom 13. Oktober 2015, a. a. O.).

Zwar sind die Gerichte gehalten, bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften über einstweiligen Rechtsschutz der besonderen Bedeutung der jeweils betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen, weshalb bei der Eilentscheidung über einen Presseauskunftsanspruch die grundrechtliche Dimension der Pressefreiheit zu beachten ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. September 2014 - 1 BvR 23/14 - juris Rn. 23 und 26). Die Beschwerde räumt jedoch selbst ein, dass der Bundesgesetzgeber mit dem Erlass des Informationsfreiheitsgesetz nicht zur Erfüllung des Gestaltungsauftrags gehandelt hat, der ihm verfassungsrechtlich aus dem objektiv-rechtlichen Gewährleistungsgehalt des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG erwächst, also nicht spezifisch die informationsrechtliche Stellung der Presse ausgeformt, sondern Pflichten gegenüber jedermann begründet hat (BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - BVerwG 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 28).

Soweit sich die Beschwerde für ihre Auffassung, das Grundrecht der Pressefreiheit des Antragstellers sei unabhängig von der Art des geltend gemachten Anspruchs im Rahmen des Anordnungsgrundes zu berücksichtigen, auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Auskunftsanspruch (auch) der Presse aus § 12 Abs. 1 Satz 1 GBO beruft (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. August 2000 - 1 BvR 1307.91 - AfP 2000, 559), übersieht sie, dass Gegenstand dieser Entscheidung allein die Frage war, unter welchen Voraussetzungen ein "berechtigtes Interesse" i. S. dieser Regelung anzunehmen ist, mit der Folge, dass auch Pressevertretern der Auskunftsanspruch materiell-rechtlich zusteht. Dass auch Pressevertretern der Anspruch aus § 1 Abs. 1 IFG zusteht und er insbesondere nicht von originär presserechtlichen Ansprüchen aus den Landespressegesetzen oder unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verdrängt wird, steht außer Frage. Das bedeutet jedoch nicht, dass auch bei der Durchsetzung des jedermann zustehenden Anspruchs aus § 1 Abs. 1 IFG unter Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes die im Gesetz verankerten öffentlichen und privaten Interessen, die einem Auskunftsbegehren entgegenstehen (könnten), aufgrund herabgesenkter Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes zurücktreten müssten.

Dessen ungeachtet hat das Verwaltungsgericht zutreffend einen Anordnungsgrund auch unter Berücksichtigung des geltend gemachten journalistischen Interesses nicht für gegeben erachtet (BA S. 3). Daran ändert entgegen der Beschwerde nichts, dass das Informationsbegehren des Antragstellers, wie er geltend macht, der Aufbereitung einer ernsthaften und sachbezogenen Auseinandersetzung dient. Dass die vom Antragsteller für möglich gehaltene "Verschwendung von Steuergeldern" in Gestalt des Kredits an die Fluggesellschaft nach Ablauf des Haushaltsjahres ihren Nachrichtenwert vollständig verlieren würde, trifft nicht zu. Die vom Antragsteller für die Kreditvergabe verantwortlich gemachte kommissarische Bundeswirtschaftsministerin ist inzwischen nicht mehr im Amt, ihr Rücktritt mithin in der Tat ausgeschlossen; das lässt jedoch eine Zuweisung der politischen Verantwortung für die kritisierte Mittelverwendung nicht entfallen.

Mit der weiteren - zutreffenden - Annahme des Verwaltungsgerichts, ein Anordnungsgrund ergebe sich auch nicht unter dem Aspekt einer besonders hohen Wahrscheinlichkeit des Obsiegens des Antragstellers in der Hauptsache (BA S. 3 unten), setzt sich die Beschwerde nicht in einer den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise auseinander. Allein der Verweis auf den Vortrag zum Bestehen eines Anordnungsanspruchs im erstinstanzlichen Verfahren genügt insoweit nicht.

Entsprechendes gilt für die ohne jegliche Konkretisierung in den Raum gestellte "Rüge (einer) Verletzung von Art. 5 Abs. 1 HS 2, Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 10 EMRK" (zu letzterem vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - BVerwG 7 C 24.15 - AfP 2018, 46, juris Rn. 45).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG, wobei auch der Senat wegen der begehrten Vorwegnahme der Hauptsache von einer Halbierung des Auffangwertes absieht.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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