OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.10.2016 - OVG 3 B 10.15
Fundstelle
openJur 2020, 40483
  • Rkr:

Macht ein Kreisverband einer politischen Partei einen Anspruch auf Gleichbehandlung durch einen Träger öffentlicher Gewalt geltend (hier: Anspruch gegen Sparkasse auf Eröffnung eines Girokontos), so ist die Existenz des Kreisverbands und damit seine Beteiligungsfähigkeit zu bejahen, wenn eine Gründungsversammlung stattgefunden hat, ein Vorstand gewählt worden ist und der Kreisverband vom Landesverband anerkannt wird. Eine weitergehende Überprüfung verbietet sich im Hinblick auf die besondere verfassungsrechtliche Stellung der Parteien.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beklagten, ein Girokonto für den Kläger zu eröffnen.

Die Beklagte ist Trägerin der B..., die Girokonten u.a. für den Bundesverband und den Landesverband der N... und für den Landesverband und den Kreisverband T... von B... führt.

Mit Schreiben vom 23. Oktober 2013 wandte sich Herr J...P... als Kreisvorsitzender an die B... mit der Erklärung, der Kläger wolle dort ein Girokonto eröffnen. Als Inhaber des zu eröffnenden Kontos wurde in dem Schreiben der "N...-Kreisverband C..." benannt, als Kontobevollmächtigte J...P... (Kreisvorsitzender), S..., und M...H... (Stellv. Kreisvorsitzender), S.... Die B... lehnte mit Schreiben vom 8. November 2013 die Kontoeröffnung ab.

Am 12. Juni 2014 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Berlin Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Geschäftsgirokonto bei der B... zu den üblichen Konditionen und ohne zeitliche Beschränkung zu eröffnen. Einen zuvor, am 1. April 2014, gestellten Antrag auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 17. April 2014 - VG 2 L 49.14 - abgelehnt, weil es am erforderlichen Anordnungsgrund fehle; die Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 7. Mai 2014 - OVG 3 S 25.14 - zurückgewiesen.

Im Klageverfahren hat die Beklagte im Wesentlichen geltend gemacht, der Kläger sei mangels wirksamer Konstituierung nicht beteiligtenfähig, die Klage daher unzulässig. Jedenfalls sei die Klage unbegründet, weil eine Kontoverbindung wegen der zwingend erforderlichen, hier aber nicht möglichen Prüfung nach dem Geldwäschegesetz nicht eröffnet werden könne.

Zum Nachweis seiner Existenz hat der Kläger im Klageverfahren Unterlagen zu seiner Gründung vorgelegt, u.a. die Einladung vom 14. August 2013 zur Mitgliederversammlung zwecks Gründung eines Kreisverbands der N... in den Bezirken C... und S... von Berlin, das Protokoll der Gründungsversammlung am 22. August 2013 nebst Anwesenheitsliste sowie Protokolle der Sitzung des Erweiterten Landesvorstandes der N... Berlin am Montag, den 3. Juni 2013, wonach die Gründung eines neuen Kreisverbands Berlin, zuständig für die Bezirke C... und S... im August beschlossen, der Landesgeschäftsführer mit der Durchführung der Gründungsversammlung beauftragt und das Mitglied J...P... mit Wirkung zum August zu diesem neuen Kreisverband überstellt worden sei, und der Sitzung des Erweiterten Landesvorstandes am Mittwoch, den 13. November 2013, in der u.a. die Überstellung zweier Mitglieder an den Kreisverband Berlin, die Kostenübernahme für einen Prozess zur Eröffnung eines Kontos für den Kreisverband Berlin gegen die B... und die Neubezeichnung der Kreisverbände in Berlin mit Wirkung ab dem 1. Januar 2014 beschlossen wurde; der bisherige Kreisverband, neue Bezeichnung C..., ist danach zuständig für die Bezirke C... und S....

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 23. März 2015 verurteilt, für den Kläger ein Girokonto bei der B... zu den üblichen Konditionen und ohne zeitliche Begrenzung zu eröffnen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung.

Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor: Die Klage sei bereits unzulässig, weil der Kläger jedenfalls nicht wirksam konstituiert worden sei. Es werde bestritten, dass am 22. August 2013 eine Gründungsversammlung stattgefunden habe. Das vom Kläger hierzu vorgelegte Protokoll sei inhaltlich unrichtig, weil es die Namen mehrerer Personen aufführe, die in der Anwesenheitsliste nicht verzeichnet seien. Es fehle ihm auch an der notwendigen Authentizität, denn es sei auf den 24. August 2013 datiert, während sich sowohl aus dem Schreiben vom 23. Oktober 2013 an die B... als auch aus dem vom Kläger vorgelegten Auszug aus dem Protokoll der Kreisvorstandssitzung vom 27. Oktober 2013 ergebe, dass das Protokoll der Gründungsversammlung zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgelegen habe. Schließlich sei das Gründungsprotokoll auch nicht, wie nach § 27 der N...-Satzung erforderlich, vom Vorsitzenden bzw. Tagungspräsidenten unterschrieben. Unabhängig davon habe der Kläger keinen Nachweis darüber erbracht, dass "die bei der angeblichen Gründungsversammlung vermeintlich anwesenden Personen" über die Gründung des Klägers hätten abstimmen dürfen und damit das für die Gründung eines Kreisverbandes erforderliche Mindestquorum erreicht worden sei, das in Anlehnung an die in § 16 lit. a Satz 5 der N...-Satzung für Ortsverbände festgelegte Mindestzahl bei mindestens sieben Mitgliedern liege. Die Anschriften der in der Versammlung anwesenden Personen seien in der Teilnehmerliste nicht enthalten und trotz wiederholter Rüge vom Kläger auch nicht vorgelegt worden. Dem Protokoll der Gründungsversammlung sei außerdem nicht zu entnehmen, dass hinsichtlich der Mitglieder aus S... geprüft worden sei, ob sie sich dafür entschieden hätten, einem anderen Kreisverband angehören zu wollen. Dem in dem Protokoll der Sitzung des erweiterten Landesvorstandes vom 3. Juni 2013 aufgeführten Beschluss, wonach Herr P... mit Wirkung zum August zum neuen Kreisverband Berlin 7 überstellt werde, sei nicht zu entnehmen, dass dieser berechtigt gewesen sei, über die Gründung des Klägers mitzuentscheiden. Im Übrigen ergebe sich aus dem Protokoll auch nicht, dass an den Beschlüssen über die Zuweisung des Herrn P... und die neue Kreiseinteilung nur stimmberechtigte Mitglieder des Landesvorstands mitgewirkt hätten. All diese Fehler führten dazu, dass eine wirksame Konstituierung des Klägers nicht stattgefunden habe oder zumindest nicht festgestellt werden könne, was nach allgemeinen Beweislastregeln zu Lasten des Klägers gehe. Auf die Frage nach der Konstituierung eines nicht rechtsfähigen Vereins sei weder die Rechtsprechung anwendbar, nach der die Nichtigkeit von Versammlungsbeschlüssen grundsätzlich nur von Mitgliedern durch Klage gegen den Verein geltend zu machen sei, noch könnten die Grundsätze der sog. fehlerhaften Gesellschaft bzw. des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses zu Gunsten des Klägers herangezogen werden, weil sie nur dazu führten, dass ein derartiges fehlerhaftes Rechtsverhältnis mit Wirkung für die Vergangenheit - nicht, wie hier, für die Zukunft - als wirksam behandelt werde. Die Klage sei jedenfalls unbegründet, weil die Beklagte nicht verpflichtet sei, ein Konto unter Verstoß gegen ihre Sorgfaltspflichten nach dem Geldwäschegesetz zu eröffnen, die danach zwingend erforderliche Prüfung hier aber nicht möglich sei. Nach den von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht anerkannten Auslegungs- und Anwendungshinweisen der deutschen Kreditwirtschaft vom 1. Februar 2014 seien bei nichtrechtsfähigen Vereinen die Satzung sowie das Protokoll der Mitgliederversammlung, in der die Satzung beschlossen wurde, vorzulegen. Da es bei ihnen keine Prüfung des Bestehens durch eine öffentliche Stelle im Rahmen einer Anmeldung gebe, dürften die zur Identifizierung heranzuziehenden Unterlagen keinen Raum für Zweifel lassen. Diesen Anforderungen würden die vom Kläger vorgelegten Unterlagen nicht gerecht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 23. März 2015 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor, die von der Beklagten gerügten Satzungsverstöße seien - ihr Vorliegen unterstellt - nicht derart gravierend dass sie über die parteiinterne Anfechtbarkeit hinaus die vollständige Nichtigkeit der Gründung im Außenverhältnis nach sich ziehen würden. Eine Nichtigkeit des Gründungsaktes könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn ein Beschluss des Landesvorstands über die Gründung des Klägers überhaupt nicht vorläge oder wenn die Durchführung der Gründungsversammlung als solche in Wirklichkeit gar nicht stattgefunden hätte oder unter grober Verletzung rechtsstaatlicher oder demokratischer Grundsätze vollzogen worden wäre. Dies behaupte die Beklagte selbst nicht. Unabhängig davon lägen keinerlei Satzungsverstöße vor.

Der Kläger hat in seiner Jahreshauptversammlung am 4. September 2016 einen neuen Kreisvorstand gewählt. Kreisvorsitzender ist danach Herr N..., stellvertretender Kreisvorsitzender ist Herr G....

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens (zwei Bände sowie zwei Ordner Schriftsatzanlagen) sowie des Verfahrens VG 2 L 49.14/OVG 3 S 25.14 Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Gründe

Die Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, für den Kläger ein Girokonto bei der B... zu den üblichen Konditionen und ohne zeitliche Begrenzung zu eröffnen.

Die Klage ist zulässig. Der Kläger ist als Kreisverband der N... gemäß § 61 Nr. 2 VwGO fähig, am Verfahren beteiligt zu sein.

Dies folgt allerdings nicht schon aus § 3 PartG. Nach § 3 Satz 1 PartG kann die Partei unter ihrem Namen klagen und verklagt werden; das Gleiche gilt gemäß § 3 Satz 2 PartG für ihre Gebietsverbände der jeweils höchsten Stufe, sofern die Satzung der Partei nichts anderes bestimmt. § 7 Abs. 1 PartG sieht vor, dass die Parteien sich in Gebietsverbände gliedern (Satz 1), deren Größe und Umfang durch die Satzung festgelegt werden (Satz 2). Nach § 10 Satz 1 der N...-Satzung gliedert sich der Bundesverband der N... in Landesverbände als Gebietsverbände der höchsten Stufe (Nr. 1), Bezirksverbände, falls vom Landesverband beschlossen (Nr. 2) und Kreisverbände, die wiederum untergliedert sein können (Nr. 3). Damit ist der hiesige Kläger - unbeschadet der Frage nach der Wirksamkeit seiner Gründung - jedenfalls nicht nach § 3 Satz 2 PartG beteiligtenfähig.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch anerkannt, dass § 3 PartG den politischen Parteien und - vorbehaltlich einer abweichenden Bestimmung in der Satzung der Gesamtpartei - ihren Gebietsverbänden der jeweils höchsten Stufe für sämtliche gerichtlichen Verfahren die Parteifähigkeit einräumen und dadurch insbesondere deren unbefriedigende zivilprozessuale Stellung beseitigen wollte, die in den Bestimmungen besonderer Verfahrensordnungen schon gesicherte Beteiligungsfähigkeit niederer Gebietsverbände damit aber nicht ausgeschlossen werden sollte (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 10. August 2010 - 6 B 16.10 - juris Rn. 6 m.w.N.; s. bereits BVerwG, Urteil vom 18. Juli 1969 - VII C 56.68 - BVerwGE 32, 333-337, zit. nach juris Rn. 31).

Zu diesen die Beteiligung auch von Kreisverbänden politischer Parteien sichernden Bestimmungen gehört § 61 Nr. 2 VwGO, wonach - über die in § 61 Nr. 1 VwGO genannten natürlichen und juristischen Personen hinaus - Vereinigungen fähig sind, am Verfahren beteiligt zu sein, wenn ihnen ein Recht zustehen kann. Dass hierzu auch Kreisverbände politischer Parteien im Hinblick auf die Geltendmachung des Rechts aus § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG auf Gleichbehandlung durch Träger öffentlicher Gewalt, die Parteien öffentliche Leistungen gewähren, zählen, ist hinlänglich geklärt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 1969 - VII C 56.68 - BVerwGE 32, 333-337, zit. nach juris Rn. 31; BVerwG, Beschluss vom 10. August 2010 - 6 B 16.10 - juris Rn. 6 m.w.N.; SächsOVG, Urteil vom 19. August 2014 - 4 A 810/13 - juris Rn. 24; HambOVG, Beschluss vom 16. September 2001 - 1 Bs 243/02 -, NordÖR 2003, 67, 68; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 61 Rn. 9; Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Aufl. 2014, § 61 Rn. 4a; Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 61 Rn. 5). Soweit für die Rechtspersönlichkeit eines Kreisverbands einer Partei einschränkend darauf abgestellt wird, dass dieser zumindest die Befugnis zur eigenständigen Entscheidung über die Aufnahme von Mitgliedern sowie eine eigenständige Kassenführung haben müsse (so Lenski, PartG, 2011, Rn. 8 zu § 3 PartG; Ipsen, in: ders., PartG, 2008, § 3 Rn. 15), ist diese Voraussetzung für Kreisverbände der N... nach deren Bundessatzung erfüllt: Nach § 14 lit. b Satz 1 der N...-Satzung ist der Kreisverband die kleinste selbständige organisatorische Einheit der N... mit selbständiger Kassenführung; der Kreisvorstand entscheidet gemäß § 4 lit. e Satz 3 über die Aufnahme von Mitgliedern.

Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei dem Kläger um einen - existierenden - Kreisverband der N..., dem das Recht aus § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG auf Gleichbehandlung durch Träger öffentlicher Gewalt, die Parteien öffentliche Leistungen gewähren, zustehen und der dieses Recht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend machen kann.

Steht - wie hier - die Existenz eines Kreisverbands einer politischen Partei im Streit, so ist bei der gerichtlichen Überprüfung der besondere verfassungsrechtliche Schutz zu berücksichtigen, den Art. 21 GG den politischen Parteien gewährt. Insbesondere mit Blick auf die Gewährleistung der Freiheit ihrer Gründung und Betätigung durch Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG und das in Art. 21 Abs. 2 GG statuierte Parteienprivileg, das die Entscheidung über ein Parteiverbot wegen Verfassungswidrigkeit dem Bundesverfassungsgericht vorbehält, ist es geboten, für die Frage der Wirksamkeit der Gründung eines Gebietsverbands einer politischen Partei die gerichtliche Kontrolle auf das zwingend Erforderliche zu beschränken. Dies ist auch im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass politische Parteien zwar keiner Vorabkontrolle durch Registergerichte, die die Voraussetzung einer Eintragung zu prüfen haben, wohl aber einer anderweitigen staatlichen Kontrolle unterliegen, nämlich - hinsichtlich der organisatorischen Verfestigung und der Einhaltung demokratischer Anforderungen bei der Kandidatenaufstellung im Vorfeld von Wahlen - durch die jeweiligen Wahlleiter und - hinsichtlich der Rechenschaftslegung (§§ 23 ff. PartG), für die gesonderte Teilberichte der den Landesverbänden nachgeordneten Gebietsverbände vorzulegen sind (§ 24 Abs. 3 PartG) - durch den Präsidenten des Deutschen Bundestags. Für die hier aufgeworfene Frage nach der Beteiligungsfähigkeit des Klägers als Kreisverband einer politischen Partei folgt daraus, dass es nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte sein kann, im Einzelnen nachzuprüfen, ob die Gründung des Kreisverbands in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Parteisatzung erfolgt ist (anders wohl VG München, Beschluss vom 5. November 2012 - M 7 E 12.3584 -). Da das Satzungserfordernis des § 25 BGB für nicht rechtsfähige Vereine - wie den Kläger - nicht gilt (§ 54 BGB), ist allein maßgebend, dass eine Gründungsversammlung stattgefunden hat, dass ein Vorstand gewählt wurde, und dass der Kreisverband von den Gebietsverbänden der höheren Stufen als solcher anerkannt wird (in diesem Sinne vgl. Rixen, in: Kersten/Rixen, PartG, 2009, § 3 Rn. 17; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 61 Rn. 12; Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 61 Rn. 26). Auf Fragen etwaiger parteiinterner Anfechtbarkeit von Beschlüssen und Wahlen kommt es dagegen nicht an.

Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich des Klägers gegeben. Dessen Gründung in der Mitgliederversammlung am 22. August 2013, in der neun Mitglieder anwesend waren, wird durch das vorgelegte Protokoll (nebst Anwesenheitsliste) belegt. Dass diese Gründungsversammlung stattgefunden hat, bestreitet die Beklagte letztlich auch nicht, sondern weist lediglich darauf hin, dass - ihrer Meinung nach - Formfehler und Satzungsverstöße der Wirksamkeit der Gründung entgegenstünden. Derartigen behaupteten Mängeln ist jedoch vorliegend im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Privilegierung politischer Parteien - wie ausgeführt - nicht nachzugehen. In der Gründungsversammlung wurde ausweislich des Protokolls auch ein Kreisvorstand, bestehend aus einem Kreisvorsitzenden, einem Stellvertreter und zwei Beisitzern, gewählt, wobei es wiederum für die Frage der Existenz des Klägers als Kreisverband nicht darauf ankommt, ob der gewählte Vorstand vollständig besetzt ist. Der Landesverband Berlin der N... erkennt die Existenz des Klägers als seines Kreisverbands in den Bezirken C... und S... von Berlin an. Dies ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem im vorliegenden Verfahren eingereichten Protokoll des erweiterten Landesvorstands vom 13. November 2013, in dem der Kreisverband C... (frühere Bezeichnung Berlin 7) aufgeführt ist, an den zwei Mitglieder "überstellt" werden und für den die Kostenübernahme für einen Prozess zur Eröffnung eines Kontos für den Kreisverband Berlin 7 gegen die B... beschlossen wird. In der Sitzung des erweiterten Landesvorstands am 21. Januar 2015 wurde den vorgelegten Protokollauszügen zufolge bestätigt, dass vierzehn (namentlich genannte) Personen Mitglieder des Kreisverbandes C... seien, dessen Gründung der Landesverband im Juni 2013 initiiert habe, und wurde der Kläger in der Übersicht über die Gliederung des Landesverbands als für die Bezirke C...und S... zuständiger Kreisverband aufgeführt. Darauf, ob bzw. seit wann der Kläger als Kreisverband C... auf der Internetseite der N... Berlin genannt wird und ob diese insoweit widersprüchliche Angaben enthielt bzw. enthält, kommt es angesichts dessen nicht an, zumal die Darstellung im Internet keine rechtliche Verbindlichkeit hat und häufig nicht den aktuellen Zustand widerspiegelt bzw. nicht in allen Teilen aktualisiert ist.

Die hiernach zulässige Klage ist auch begründet. Als Kreisverband einer politischen Partei hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG auf Eröffnung eines Girokontos. Die gemäß § 3 Abs. 2 Berliner Sparkassengesetz (SpkG) mit der Trägerschaft der B... als öffentlich-rechtliche Sparkasse in der Rechtsform einer teilrechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 3 Abs. 1 SpkG) beliehene Beklagte ist Trägerin öffentlicher Gewalt (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2007 - OVG 3 B 7.06 - juris Rn. 30 ff.). Die Errichtung eines - die Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr eröffnenden - Girokontos ist Teil des öffentlichen Auftrags der Sparkassen zur Daseinsvorsorge im Bereich der geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen, der sich nicht auf das Führen von Sparkonten natürlicher Personen beschränkt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2007 - OVG 3 B 7.06 - juris Rn. 29; SächsOVG, Urteil vom 9. August 2014 - 4 A 810/13 - juris Rn. 28; OVG SLH, Beschluss vom 26. Januar 2010 - 2 MB 28/09 - juris Rn. 9) und damit eine "andere öffentliche Leistung" im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG, die die Beklagte als Trägerin öffentlicher Gewalt gewährt. In der Ablehnung der Eröffnung eines Girokontos für den Kläger liegt eine (unzulässige) Ungleichbehandlung im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG. Die Beklagte führt durch die Berliner Sparkasse, wie der Kläger unwidersprochen vorgetragen hat, auch für andere Parteien Girokonten, und zwar nicht nur auf Landesebene, sondern auch für örtliche Untergliederungen, nämlich (jedenfalls) für den Kreisverband T... der Partei B....

Im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Mitwirkung der Parteien an der politischen Willensbildung durch Art. 21 Abs. 1 GG unterliegen die Träger öffentlicher Gewalt im Rahmen des § 5 Abs. 1 PartG einem - abgesehen von den im Fall der Eröffnung eines Girokontos nicht einschlägigen Abstufungsmöglichkeiten wegen begrenzter Ressourcen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 bis 4 PartG - strikten Gleichbehandlungsgebot (vgl. Beschluss des Senats vom 28. Juni 2010 - OVG 3 S 40.10 - juris Rn. 9; s.a. ThürOVG, Beschluss vom 26. Oktober 2004 - 2 EO 1377/04 - juris Rn. 49; zum streng formalen Verständnis des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Chancengleichheit von Parteien BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2001 - 2 BvE 1/99 u.a., BVerfGE 104, 14 ff., zit. nach juris Rn. 22; BVerfG, Beschluss vom 14. Februar 1978 - 2 BvR 523/75 u.a., BVerfGE 47, 198 ff., zit. nach juris Rn. 87 f.; BVerfG, Urteil vom 24. Juli 1979 - 2 BvF 1/78 - BVerfGE 52, 63 ff., zit. nach juris Rn. 88; BVerfG, Urteil vom 19. Juli 1966 - 2 BvF 1/65 - BVerfGE 20, 56 ff., zit. nach juris Rn. 158). Sind danach grundsätzlich keine Gründe erkennbar, ein Konto für eine politische Partei nicht zu eröffnen (so Augsberg, in: Kersten/Rixen, Parteiengesetz und Europäisches Parteienrecht, 2009, Rn. 103 zu § 5 PartG), kann eine Verweigerung der Kontoeröffnung durch einen Träger öffentlicher Gewalt, der für andere Parteien Konten führt, nur im Ausnahmefall in Betracht kommen (vgl. bereits Beschluss des Senats vom 20. Februar 2014 - OVG 3 N 109.12 - juris Rn. 6).

Insbesondere kann die Ungleichbehandlung des Klägers durch die Verweigerung der Einrichtung eines Girokontos nicht mit seinen politischen Zielen gerechtfertigt werden. Die Qualifizierung einer Partei als verfassungswidrig und damit als vom politischen Wettbewerb ausgeschlossen obliegt gemäß Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG allein dem Bundesverfassungsgericht (sog. Parteienprivileg). Eine solche Entscheidung ist in dem gegen die N... vor dem Bundesverfassungsgericht geführten Parteiverbotsverfahren (2 BvB 1/13) bisher nicht getroffen worden. Infolgedessen kann der Kläger als Kreisverband einer politischen Partei Gleichbehandlung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG beanspruchen.

Ein Ausnahmefall, der die Verweigerung der Kontoeröffnung rechtfertigen würde, ist auch nicht im Hinblick auf die Sorgfaltspflichten nach dem Geldwäschegesetz (GwG) gegeben, auf die die Beklagte sich beruft. Als Kreditinstitut im Sinne des § 1 Abs. 1 Kreditwesengesetz (KWG) ist die Beklagte zugleich Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 GwG, die nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 GwG im Falle der Begründung einer Geschäftsbeziehung die allgemeine Sorgfaltspflicht der Identifizierung des Vertragspartners und gegebenenfalls der für ihn auftretenden Person nach Maßgabe des § 4 Abs. 3 und 4 GwG zu erfüllen hat. Nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 GwG hat der Verpflichtete zur Feststellung der Identität des Vertragspartners und gegebenenfalls der für ihn auftretenden Person bei einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft folgende Angaben zu erheben: Firma, Name oder Bezeichnung, Rechtsform, Registernummer soweit vorhanden, Anschrift des Sitzes oder der Hauptniederlassung und Namen der Mitglieder des Vertretungsorgans oder der gesetzlichen Vertreter. Zur Überprüfung der Identität hat sich der Verpflichtete gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 GwG anhand eines Auszugs aus dem Handels- oder Genossenschaftsregister oder einem vergleichbaren amtlichen Register oder Verzeichnis, der Gründungsdokumente oder gleichwertiger beweiskräftiger Dokumente oder durch Einsichtnahme in die Register- oder Verzeichnisdaten zu vergewissern, dass die nach Absatz 3 erhobenen Angaben zutreffend sind, soweit sie in den Dokumenten enthalten sind. In den Anwendungshinweisen der deutschen Kreditwirtschaft (Stand: 1. Februar 2014), auf die die Beklagte sich beruft, heißt es unter Nr. 12 zur Erfassung der gesetzlichen Vertreter bzw. Mitglieder des Vertretungsorgans einer juristischen Person bzw. Personengesellschaft, dass keine Identifizierung als Kunde erfolge und keine Verifizierung, sondern lediglich eine Erfassung von Angaben. Unter Nr. 12 d wird speziell für nichtrechtsfähige Vereine wie Gewerkschaften oder Parteien ausgeführt, dass die Identifizierung des nichtrechtsfähigen Vereins anhand der Satzung sowie des Protokolls über die Mitgliederversammlung, in der die Satzung beschlossen wurde, und, soweit der tatsächliche Vereinszweck in Bezug auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung kein erhöhtes Risiko erkennen lässt, die Identifizierung der hinsichtlich der Geschäftsverbindung verfügungsberechtigten Personen ausreichend ist. Die Erfassung sämtlicher Mitglieder oder Vorlage von Mitgliederlisten wird ausdrücklich nicht für erforderlich gehalten. Danach sind die Sorgfaltspflichten der Beklagten nach § 4 Abs. 3 und 4 GwG anhand der vorliegenden Unterlagen erfüllbar. Bekannt sind Name, Rechtsform (nichtrechtsfähiger Verein, Kreisverband einer Partei), Anschrift des Sitzes (Parteizentrale in der S...straße) und die Namen der Mitglieder des Vertretungsorgans, d.h. des aktuellen, in der Hauptversammlung am 4. September 2016 gewählten Kreisvorstands. Da der Kreisverband als Untergliederung des Landesverbandes sich keine eigene Satzung geben muss, tritt an die Stelle der Satzung sowie des Protokolls der Mitgliederversammlung, in der diese beschlossen wurde, das Protokoll der Gründungsversammlung. Auch dieses liegt vor. Im Übrigen wird einem Verstoß gegen das Geldwäschegesetz auch dadurch begegnet, dass die Parteien einen Rechenschaftsbericht erstellen müssen, §§ 23 ff. PartG.

Andere Gründe, die eine Ausnahme von dem Gleichbehandlungsgebot des § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG rechtfertigen würden, macht die Beklagte selbst nicht geltend; derartige Gründe sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere kommt der Grundsatz der "abgestuften Chancengleichheit" nach § 5 Abs. 1 Satz 2 PartG nicht zum Tragen, weil es bei der Eröffnung eines Girokontos nicht um begrenzte Kapazitäten geht (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2007 - OVG 3 B 7.06 - juris Rn. 36). Der Kläger kann auch nicht auf die Möglichkeit der Nutzung eines Kontos des Landesverbands verwiesen werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. August 2010 - 6 B 16.10 - juris Rn. 11; OVG NW, Beschluss vom 7. Mai 2013 - 16 A 2735/12 - juris Rn. 10 f.). Schließlich kann die Geltendmachung eines Anspruchs auf Eröffnung eines Girokontos für den Kläger nicht im Hinblick darauf als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, dass es sich um eine Parteiuntergliederung mit einer recht geringen Zahl an Mitgliedern und einer starken personellen Anbindung an den Landesverband handelt. Es liegt im Ermessen einer Partei, ob und unter welchen Umständen sie Untergliederungen gründet. Auch aus dem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Gründung des Kreisverbandes und Antrag auf Kontoeröffnung kann nicht geschlossen werden, dass der Kreisverband nur gegründet worden wäre, um eine Kontoeröffnung zu erstreiten. Vielmehr ist es angesichts der Unerlässlichkeit eines Girokontos für die Tätigkeit einer Partei (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2007 - OVG 3 B 7.06 - juris Rn. 38), ein nahe liegender Schritt für den Vorsitzenden eines neu gegründeten Kreisverbandes, sich zügig um die Eröffnung eines Girokontos zu bemühen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Fragen des Maßstabs der gerichtlichen Überprüfung der Beteiligungsfähigkeit eines Gebietsverbands einer politischen Partei sowie des Umfangs der die Kreditinstitute vor Eröffnung von Girokonten für einen solchen Gebietsverband treffenden Sorgfaltspflichten zuzulassen.