KG, Urteil vom 09.11.2017 - 23 U 67/15
Fundstelle
openJur 2020, 39566
  • Rkr:
Tenor

I. Die Nebeninterventionen der Streithelfer zu 2) bis 6) werden für unzulässig erklärt.

Die Streithelfer zu 2) bis 6) haben die Kosten des Zwischenstreits und ihrer Streithilfe zu tragen.

II. Die Berufung der Beklagten gegen das am 25.06.2015 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 104 des Landgerichts Berlin wird zurückgewiesen.

Das Urteil des Landgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil jeweils insgesamt vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beklagte entwickelt professionelle Audioanlagen, die von Unternehmen der Familie des Nebenintervenienten zu 6) vertrieben wurden. Mehrheitsgesellschafter der Beklagten war mit mehr als 60 % der Geschäftsanteile der Nebenintervenient zu 6); ob dessen Geschäftsanteil im Jahr 2014 wirksam eingezogen worden ist, ist zwischen den Parteien streitig. Die vom Kläger beherrschte Nebenintervenientin zu 1) hält ca. 15 % der Geschäftsanteile. Die von Söhnen des Nebenintervenienten zu 6) beherrschte, seit 2016 insolvente Nebenintervenientin zu 2) hielt ca. 3 % der Geschäftsanteile, die am 27.08.2015 von der Gesellschaft eingezogen worden sind. Die weiteren Anteile werden von mehreren anderen Gesellschaftern, überwiegend Mitarbeitern der Beklagten und deren Familienangehörigen sowie der Gesellschaft selbst gehalten. Geschäftsführer der Beklagten waren bis ins Jahr 2014 der Kläger und einer der Söhne des Nebenintervenienten zu 6), ... .

Im Verlauf des Jahres 2014 kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kläger und dem Nebenintervenienten zu 6) sowie dessen als Mitgeschäftsführer amtierenden Sohn ... . Auf einer von dem Geschäftsführer ... einberufenen Gesellschafterversammlung vom 13.10.2014 wurden mit einer Stimmenmehrheit von 63,318 % die Errichtung eines Aufsichtsrats beschlossen und die Nebenintervenienten zu 3) bis 5) als Aufsichtsratsmitglieder berufen; der von den Minderheitsgesellschaftern auf die Tagesordnung gesetzte Antrag, den Geschäftsführer ... abzuberufen, wurde mit den Stimmen des Mehrheitsgesellschafters abgelehnt. Hiergegen hat ein Minderheitsgesellschafter der Beklagten vor dem Landgericht Berlin (95 O 92/14 LG Berlin) Anfechtungs- und Beschlussfeststellungsklage erhoben, über die noch nicht entschieden ist.

In einer außerordentlichen Sitzung vom 07.12.2014 beschlossen die Nebenintervenienten zu 3) bis 5)) wegen Verweigerung der Kooperation einstimmig die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer und die Kündigung seines Anstellungsvertrages. Als neue Geschäftsführer wurden die ... und ... bestellt. Am 21.12.2014 wurde die Kündigung des Anstellungsvertrages des Klägers von dem Aufsichtsrat erneut beschlossen.

Auf Gesellschafterversammlungen vom 06.01.2015 und 07.01.2015, zu denen der Kläger eingeladen hatte, wurde die Einziehung des Geschäftsanteils des Nebenintervenienten zu 6) beschlossen. Dieser war den Versammlungen wegen (vom Kläger bestrittener) Erkrankung ferngeblieben. Gegen die Einziehungsbeschlüsse sind bei dem Landgericht Berlin Klagen unter den Aktenzeichen 104 O 19/15 und 97 O 48/15 anhängig.

Auf Antrag des Nebenintervenienten zu 6) hat das Landgericht Berlin mit Beschlüssen vom 07.01.2015 - 104 O 2/15 (Anlage H 15 = Bd. V, Bl. 100 d. A.) und 08.01.2015 - 97 O 4/15 (Anlage H 16 = Bd. V, Bl. 102 d. A.) der Beklagten und dem Kläger untersagt, eine neue Gesellschafterliste, die den Nebenintervenienten zu 6) nicht mehr als Gesellschafter ausweist, zur Veröffentlichung im Handelsregister einzureichen. In den auf den Kostenpunkt beschränkten Widerspruchsverfahren hat das Landgericht die Beschlüsse mit Urteilen vom 20.07.2016 - 97 O 4/15 (Anlage H 20 = Bd. V, Bl. 111 d. A.) und 26.11.2015 - 104 O 2/15 (Anlage H 19 = Bd. V, Bl. 108 d. A.) im Kostenpunkt bestätigt.

Ein mit Beschluss vom 12.01.2015 - 93 O 4/15 vom Landgericht Berlin gegen den Kläger ausgesprochenes Verbot, als Geschäftsführer der Beklagten zu agieren, hat der Senat mit Urteil vom 23.07.2015 - 23 U 18/15 aufgehoben.

Am 22.01.2015 reichte der die Gesellschafterversammlungen vom 06. und 07.01.2015 beurkundende Notar ... eine Gesellschafterliste (Anlage H 11) zum Handelsregister ein, die den Nebenintervenienten zu 6) nicht mehr als Gesellschafter der Beklagten ausweist. Diese Gesellschafterliste wurde am 06.08.2015 in den Registerordner aufgenommen. Auf Antrag des Nebenintervenienten zu 6) hat das Landgericht Berlin mit Beschluss vom 24.08.2015 - 90 O 66/15 - angeordnet, dass dieser Gesellschafterliste ein Widerspruch zugeordnet werde.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger die Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse des Aufsichtsrats vom 7.12.2014 und 21.12.2014 über seine Abberufung und die Kündigung seines Anstellungsvertrages.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 25.06.2015 antragsgemäß festgestellt, dass

1. der Beschluss des ... , der ... sowie des Herrn ... als Aufsichtsrat der Beklagten vom 7. Dezember 2014 zu TOP 1 über die Abberufung des Klägers mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer der Beklagten nichtig ist und der Kläger über den Zeitpunkt der Beschlussfassung hinaus Geschäftsführer der Beklagten ist,

2. der Beschluss des Herrn ... , der Frau ... sowie des Herrn ... als Aufsichtsrat der Beklagten vom 7. Dezember 2014 zu TOP 2 sowie vom 21. Dezember 2014 über die Kündigung des Anstellungsvertrages zwischen der Beklagten und dem Kläger mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund, hilfsweise ordentlich zum 30. Juni 2015 nichtig ist und der Anstellungsvertrag zwischen der Beklagten und dem Kläger über den Kündigungstermin hinaus fortbesteht.

Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Gegen das ihr am 01.07.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte, vertreten durch die Geschäftsführer ... und ... sowie die Nebenintervenienten zu 3) bis 5), am 02.07.2015 Berufung eingelegt. Berufungsbegründungen sind innerhalb der um einen Monat verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 22.09.2015 von der Nebenintervenientin zu 2) und am 01.10.2015 von den Nebenintervenienten zu 3) bis 5) eingereicht worden, die der Beklagten im Berufungsverfahren als Streithelfer beigetreten sind.

Am 27.07.2015 haben die Herren ... und ... ihre Ämter mit sofortiger Wirkung niedergelegt.

Am 06./07.08.2015 haben die Gesellschafter der Beklagten im Umlaufverfahren ohne Beteiligung des Nebenintervenientin zu 6) u.a. die Unwirksamkeit aller Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 13.10.2014 bezüglich der Einrichtung eines Aufsichtsrats und die Unwirksamkeit der Abberufung des Klägers als Geschäftsführer, vorsorglich seine Wiederbestellung zum Geschäftsführer, die Abberufung der Geschäftsführer ... und ... sowie die Abberufung des Geschäftsführers ... beschlossen (Anlage ... = Bd. ... d. A.). Die Eintragung des Geschäftsführers ... wurde im Handelsregister gelöscht.

Am 27.08.2015 wurde auf einer Gesellschafterversammlung der Beklagten die Einziehung des Geschäftsanteils der Nebenintervenientin zu 2) sowie mehrere tiefgreifende Änderungen des Gesellschaftsvertrags beschlossen. Die Einziehung des Geschäftsanteils der Nebenintervenientin zu 2) wird von dieser nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Klägers nicht angefochten. Die beschlossenen Satzungsänderungen werden von dem Nebenintervenienten zu 6) angefochten.

Mit Schriftsatz vom 27.08.2015 hat sich für die Beklagte, vertreten durch den Kläger, Rechtsanwalt ... gemeldet und die Rücknahme der Berufung erklärt.

Am 01.09.2015 ist eine von dem die Gesellschafterversammlungen vom 06. und 07.01.2015 beurkundenden Notar am 26.08.2015 erstellte Gesellschafterliste (Anlage K ... = Bd. ... d. A.) in das Handelsregister aufgenommen worden, die den Nebenintervenienten zu 6) nicht mehr als Gesellschafter ausweist.

Am 02.09.2015 hat das Landgericht Berlin auf Antrag des Nebenintervenienten zu 6) unter dem Aktenzeichen 97 O 93/15 der Beklagten aufgegeben, eine Gesellschafterliste, die ihn weiterhin als Gesellschafter ausweist, zum Handelsregister einzureichen und ihn einstweilen als Gesellschafter zu behandeln. Diese einstweilige Verfügung hat der Senat mit Urteil vom 10.12.2015 - 23 U 99/15 (ZIP 2016, 1166) aufgehoben.

Am 22.09.2015 haben die Rechtsanwälte ... ihr Mandat niedergelegt.

Am 26.04.2016 haben die Nebenintervenienten zu 3) bis 5) ihre Aufsichtsratsämter niedergelegt (Anlage K ... d.A.).

Die Beklagte, vertreten durch den Kläger, beantragt,

die Beklagte des Rechtsmittels der Berufung für verlustig zu erklären.

Die Beklagte, vertreten durch ... als Geschäftsführer, beantragt,

die Klage in Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Die Nebenintervenienten zu 2) bis 6) beantragen,

die Klage in Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Der Nebenintervenient zu 6) beantragt ferner, hilfsweise für den Fall, dass der Senat die Unzulässigkeit der Nebenintervention ausspricht,

festzustellen, dass das Endurteil keine Rechtswirkungen für das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien und dem Nebenintervenienten zu 6) insbesondere keine Rechtskraft und keine Präjudizialität entfaltet.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte des Rechtsmittels der Berufung für verlustig zu erklären,

2. hilfsweise die Berufung als unzulässig zu verwerfen,

3. hilfs-hilfsweise zu den Anträgen 1 und 2 die Berufung zurückzuweisen,

4. hilfsweise zu dem Antrag 1 die Nebeninterventionen der Nebenintervenienten zu 2) bis 6) für unzulässig zu erklären,

5. das Klagerubrum dahin zu berichtigen, dass die Beklagte nunmehr durch den Kläger vertreten wird.

Die Nebenintervenientin zu 1) beantragt,

1. das Beklagtenrubrum dahin zu berichtigen, dass die Beklagte durch den Kläger vertreten wird,

2. die Beklagte des Rechtsmittels der Berufung für verlustig zu erklären,

3. hilfsweise zum Antrag 2

a) die Nebeninterventionen der Nebenintervenienten zu 2) bis 6) für unzulässig zu erklären.

b) die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin und die Nebenintervenientin zu 1) haben die Vollmacht der Rechtsanwälte ... gerügt. Der Berichterstatter hat den Rechtsanwälten aufgegeben, bis zum 31.08.2017 mitzuteilen, von welchen natürlichen Personen sie bevollmächtigt worden seien, und die schriftlichen Vollmachten vorzulegen. Die Rechtsanwälte haben in Kopie Vollmachten vom 08.01.2015 und vom 16.01.2015 vorgelegt. In der mündlichen Verhandlung am 28.09.2017 hat Rechtsanwalt ... unter Vorlage einer von dem im Gerichtssaal anwesenden Geschäftsführer ... unterschriebenen Terminsvollmacht beantragt, das Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen. Mit Fax vom 10.10.2017 hat Rechtsanwalt ... die Kopie einer ihm von dem Geschäftsführer ... mit Datum vom 06.10.2017 erteilten Prozessvollmacht eingereicht. Mit Schriftsatz vom 25.10.2017 hat Rechtsanwalt ... das Original der von dem Geschäftsführer ... mit Datum vom 16.01.2015 den Rechtsanwälten ... erteilten Prozessvollmacht eingereicht.

Mit Schriftsatz vom 27.10.2017 hat Rechtsanwalt ... angezeigt, dass er nunmehr auch von dem mit Umlaufbeschluss vom 12.10.2017 nach § 46 Nr. 8 GmbHG bestimmten besonderen Vertreter der Beklagten, dem Prokuristen ... , bevollmächtigt sei, und namens der Beklagten erklärt, dass diese das angefochtene Urteil anerkenne, die Einlegung der Berufung nicht genehmige und das Rechtsmittel vorsorglich nochmals zurücknehme.

II.

Dem Antrag des Klägers und des Nebenintervenienten zu 1), die Beklagte des Rechtsmittels der Berufung für verlustig zu erklären, kann nicht entsprochen werden. Denn die Berufung der Beklagten ist nicht wirksam zurückgenommen.

1. Die von der vom Kläger vertretenen Beklagten erklärte Berufungsrücknahme ist unwirksam, weil die Beklagte in diesem Prozess nicht vom Kläger vertreten werden kann.

Einer solchen Vertretung steht das "Verbot des Insichgeschäfts im Prozess" entgegen. Es ist prozessrechtlich nicht möglich, als gesetzlicher Vertreter einer Partei einen Prozess mit sich selbst zu führen, was jedoch dann der Fall ist, wenn eine Person auf beiden Seiten entweder Partei oder Parteivertreter ist (vgl. etwa BGH, NJW 1996, 658). Dementsprechend sind alle vom Kläger für die Beklagte vorgenommenen Prozesshandlungen, insbesondere auch die Zurücknahme der Berufung unwirksam (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.01.2013 - 14 W 17/12 Rn. 46; Staudinger/Schilken, BGB, Neubearbeitung 2009, § 181 Rn. 27).

Da der Kläger die Beklagte in diesem Prozess nicht vertreten kann, ist auch die beantragte Rubrumsberichtigung nicht vorzunehmen.

2. Auch die erneute, nach der Berufungsverhandlung auf Grund einer Vollmacht des als besonderen Vertreters bestellten Prokuristen ... erklärte Berufungsrücknahme ist unbeachtlich. Denn der am 12.10.2017 im Umlaufverfahren zu Stande gekommene Beschluss über die Bestellung eines besonderen Prozessvertreters ist nichtig. Das hat zur Folge, dass Rechtsanwalt ... von dem Prokuristen der Beklagten nicht wirksam bevollmächtigt werden konnte.

a) Nach § 46 Nr. 8 Alt. 2 GmbHG kann die Gesellschafterversammlung in Prozessen, die sie gegen einen Geschäftsführer führt, einen besonderen Vertreter bestimmen. Diese Vorschrift, die sowohl für Aktiv- wie auch für Passivprozesse gilt, soll die unvoreingenommene Prozessführung in Rechtsstreitigkeiten sicherstellen, in denen regelmäßig die Gefahr besteht, dass die nach § 35 GmbHG an sich zur Vertretung der Gesellschaft berufenen Geschäftsführer befangen sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind davon auch Prozesse gegen ausgeschiedene Geschäftsführer umfasst (vgl. BGH, Beschluss vom 02.02.2016 - II ZB 2/15 Rn. 13 m.w.N.).

b) Der von den in die Gesellschafterliste vom 27.08.2015 (Anlage K 25 = Bd. III, Bl. 128 d. A.) eingetragenen Gesellschaftern gefasste Beschluss über die Bestellung eines besonderen Prozessvertreters ist nichtig, weil der Nebenintervenient zu 6) an dem Beschlussverfahren nicht beteiligt worden ist.

Die Nichtladung eines Gesellschafters ist ein Einberufungsmangel, der zur Nichtigkeit der in der Versammlung gefassten Gesellschafterbeschlüsse führt (vgl. BGHZ 36, 207, 211; BGH, Urteil vom 13.02.2006 - II ZR 200/04 Rn. 9; BGH, Beschluss vom 24.03.2016 - IX ZB 32/15 Rn. 21). Das gilt für Umlaufbeschlüsse entsprechend.

Wer als Gesellschafter einzuladen oder im Umlaufverfahren an der Abstimmung zu beteiligen ist, ergibt sich zwar grundsätzlich aus der jeweils aktuellen, im Handelsregister verwahrten Gesellschafterliste. Denn gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG gelten im Verhältnis zur Gesellschaft nur die in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen Personen als Gesellschafter. Hier liegt jedoch die Besonderheit vor, dass das Landgericht Berlin mit Beschlüssen vom 07.01.2015 - 104 O 2/15 (Anlage H 15 = Bd. V, Bl. 100 d. A.) und 08.01.2015 - 97 O 4/15 (Anlage H 16 = Bd. V, Bl. 102 d. A.) der Beklagten und dem Kläger untersagt hatte, auf Grund der Gesellschafterbeschlüsse vom 06. und 07.012015 eine neue Gesellschafterliste, die den Nebenintervenienten zu 6) nicht mehr als Gesellschafter ausweist, zur Veröffentlichung im Handelsregister einzureichen. Gegen dieses Verbot hat die Beklagte zwar in eigener Person nicht verstoßen. Sie verhält sich aber rechts- und treuwidrig (§ 242 BGB), wenn sie einen Gesellschafter von der Beschlussfassung ausschließt, der, wie sie weiß, in der beim Handelsregister hinterlegten Gesellschafterliste noch aufgeführt sein müsste.

Da die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung regelmäßig auch die Verpflichtung beinhaltet, mögliche und zumutbare Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands vorzunehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2016 - I ZB 34/15 Rn. 24 m.w.N.), hätte die Beklagte, um sich rechtstreu zu verhalten, zunächst den Notar um eine Zurückstellung der Listeneinreichung bitten müssen und bei Fruchtlosigkeit solchen Bemühens von sich aus eine korrigierte, den Nebenintervenienten zu 6) wieder als Gesellschafter ausweisende Liste einreichen müssen. Dass sie dies unterlassen hat, kann ihr jetzt nicht zum Vorteil gereichen. Sie muss sich vielmehr so behandeln lassen, als seien die Gesellschafterliste vom 27.08.2015 und alle späteren, deren Angaben perpetuierende Listen nie in den Handelsregisterordner aufgenommen worden.

Die formale Legitimationswirkung des § 16 Abs.1 Satz 1 GmbHG wird dadurch nicht in Frage gestellt. In Rechtsprechung und Schrifttum ist allerdings die Auffassung im Vordringen begriffen, dass selbst der Umstand, dass die Gesellschaft die fehlende materiell-rechtliche Berechtigung der Listengesellschafter positiv kennt, der Legitimationswirkung des § 16 Abs.1 Satz 1 GmbHG nicht entgegenstehe (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.11.2016 - 20 W 269/16 Rn. 36 m.w.N.) und sogar Vorsatz des Geschäftsführers oder des Notars die Legitimationswirkung der Gesellschafterliste nicht entkräfte (vgl. Kort, GmbHR 2009, 169, 173). Ob dem zu folgen ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn hier war durch einstweilige Verfügungen rechtskräftig entschieden (zur Rechtskraft im Verfügungsverfahren vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 01.07.2004 - 3 U 188/03 Rn. 72), dass der Nebenintervenient zu 6) Anspruch auf Sicherung seiner Gesellschafterstellung hat. Über diese eingeschränkte Rechtskraftwirkung der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ergangenen Entscheidungen kann sich die Beklagte nicht hinwegsetzen, indem sie unter Berufung auf die Legitimationswirkung von Gesellschafterlisten ohne Beteiligung des Nebenintervenienten zu 6) Beschlüsse fasst.

III.

Der als Hilfsantrag zu dem vorstehend zurückgewiesenen Hauptantrag zu 1) des Klägers und des Nebenintervenienten zu 1), gestellte Antrag, die Nebeninterventionen der Nebenintervenienten zu 2) bis 6) für unzulässig zu erklären, ist zulässig und begründet.

1. Über die beantragte Zurückweisung der Nebeninterventionen ist gemäß § 71 Abs. 1 ZPO durch Zwischenurteil zu entscheiden. Die Entscheidung kann aber mit der Entscheidung über die Berufung verbunden werden (vgl. BGH, Urt. vom 11.02.1982 - III ZR 184/80 Rn. 9 = NJW 1982, 2070).

2. Der Kläger und der Nebenintervenient zu 1) konnten den Antrag unter der Bedingung stellen, dass die Berufung nicht als zurückgenommen angesehen wird. Die Möglichkeit, Anträge in einem Zivilprozessverfahren bedingt zu stellen, ist allgemein unter der Voraussetzung anerkannt, daß die Antragstellung nicht von dem Eintritt eines außer-, sondern eines innerprozessualen Ereignisses abhängt (BGH, Urteil vom 13. Mai 1996 - II ZR 275/94 Rn. 22 = BGHZ 132, 390). Die Entscheidung des Senats, dass die Berufung nicht wirksam zurückgenommen ist (s. oben II.) ist ein solches innerprozessuales Ereignis.

3. Die Nebeninterventionen der Streithelfer zu 2) bis 6) sind unzulässig.

Die Nebenintervention setzt gemäß § 66 Abs. 1 ZPO ein rechtliches, nicht nur wirtschaftliches oder ideelles Interesse daran voraus, dass die unterstützte Hauptpartei im Rechtsstreit obsiege (vgl. BGH, Beschl. v. 17.01.2006 - X ZR 236/01). Ein solches rechtliches Interesse ist bei den Streithelfern zu 2) bis 6) auch bei gebotener weiter Auslegung des Begriffs des rechtlichen Interesses nicht zu erkennen.

a) Von der infolge der Streithilfe eintretenden Interventionswirkung können die Streithelfer zu 2) bis 6) rechtlich nicht profitieren. Denn die Interventionswirkung entfaltet prozessuale Rechtswirkung nur zugunsten der unterstützen Hauptpartei, nicht zugunsten des Nebenintervenienten (§ 68 Hs. 1 ZPO).

b) Die Nebeninterventienten zu 2) und 6) können allein aus ihrer Stellung als (ehemalige) Gesellschafter der Beklagten kein Nebeninterventionsinteresse herleiten. In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass bei Beschlussanfechtungsklagen der dem Kläger beitretende Gesellschafter sein nach § 66 ZPO erforderliches Interventionsinteresse am Obsiegen der unterstützten Partei schon allein damit begründen kann, dass ein stattgebendes Anfechtungsurteil gemäß § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG ihm gegenüber Rechtskraft- und Gestaltungswirkung entfaltet (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 23.04.2007 - II ZB 29/05). Das gilt aber nicht für die hier vorliegende einfache Feststellungsklage (s. dazu unten IV.1). Einfache Feststellungsklagen entfalten ihre Wirkung allein zwischen den Parteien des Rechtsstreits. Eine Rechtskrafterstreckung erfolgt auch dann nicht, wenn aus Gründen der Logik eine einheitliche Entscheidung gegenüber nicht am Rechtsstreit beteiligten Personen notwendig oder wünschenswert wäre. Für die Rechtskrafterstreckung auf nicht am Rechtsstreit beteiligte Personen ist ohne eine besondere Vorschrift kein Raum (BGH, Urt. vom 10.5.2001 - III ZR 262/00 = NJW 2001, 2176, 2177; BGH, Beschluss vom 16.04.2015 - I ZB 3/14 Rn. 15, 22 = GmbHR 2015, 1148, 1150).

Die von den Nebenintervenienten ins Feld geführte rein faktische Gegebenheit, dass andere Gerichte sich einzelne Urteilselemente möglicherweise zu eigen machen würden, reicht zur Begründung eines rechtlichen Interesses nicht aus.

c) Die Nebenintervenienten zu 3) bis 5) können ihr Interventionsinteresse nicht aus der von ihnen behaupteten früheren Organstellung herleiten.

Das von der Rechtsprechung anerkannte rechtliche Interesse der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder an der Feststellung, dass die im Aufsichtsrat gefassten Beschlüsse wirksam oder unwirksam sind, beruht auf der Organstellung der Aufsichtsratsmitglieder und der sich daraus ergebenden gemeinsamen Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der von ihnen gefassten Beschlüsse (vgl. BGH, Zwischenurteil vom 29.01.2013 - II ZB 1/11 Rn. 13 f.; Urt. vom 17.07.2012 - II ZR 55/11 Rn. 12; Urt. vom 21.04.1997- II ZR 175/95 = BGHZ 135, 244, 248 ff.). Es endet mit dem Verlust der Organstellung. Denn nur als Organ ist ein Interesse der Aufsichtsräte anzuerkennen, den Aufsichtsrat in der Frage der Wirksamkeit der gefassten Beschlüsse zu unterstützen. Hat die Organstellung aber geendet, so kann das Aufsichtsratsmitglied mangels Organstellung ein solches Interesse an der Unterstützung des Aufsichtsrats nicht mehr geltend machen.

Ohne die Organstellung ist die Verteidigung der gefassten Beschlüsse allein dem eigenen Interesse geschuldet, einen etwaigen Regress abzuwehren. Insoweit kommt jedoch mangels Rechtskraftwirkung der Entscheidung keine rechtliche Bedeutung zu. Die bloße Wahrscheinlichkeit, dass der Senat an seiner rechtlichen Auffassung in einem etwaigen Regressprozess festhielte, beschränkte die Nebenintervenienten zu 3) bis 5) in keiner Weise in ihrer Verteidigung, insbesondere käme dem vorliegenden Rechtsstreit keine präjudizielle Wirkung zu.

d) Da der Zwischenstreit zuungunsten des Nebenintervenienten ausgeht, haben diese in entsprechender Anwendung von § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Zwischenstreits zu tragen (BAGE 19, 366).

e) Der von dem Nebenintervenienten zu 6) für den Fall seiner Zurückweisung gestellte Hilfsantrag, festzustellen, dass das Endurteil keine Rechtswirkungen für das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien und dem Nebenintervenienten zu 6) insbesondere keine Rechtskraft und keine Präjudizialität entfaltet, ist unzulässig. Denn der Nebenintervenient begehrt einen Rechtsausspruch, den das Gericht mangels Entscheidungskompetenz nicht treffen kann. Die Frage, ob eine Entscheidung Rechtskraft wirkt oder jedenfalls präjudiziell ist, wird nie im Ursprungsprozess beantwortet, sondern stets nur in Nachfolgeprozessen von den dann zuständigen Gerichten. Diese kann der Senat aber nicht binden.

IV. Dem Hilfsantrag des Klägers, die Berufung der Beklagten als unzulässig zu verwerfen, kann nicht entsprochen werden. Denn die Berufung ist zulässig.

1. Die Beklagte hat rechtzeitig vor Ablauf der Berufungsfrist Berufung eingelegt. Auf den Streit der Beteiligten, ob die Rechtsanwälte ... zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung von einem vertretungsberechtigten Organ der Beklagten bevollmächtigt waren und ob sie ihre Prozessvollmacht in gehöriger Weise nachgewiesen haben, kommt es nicht an. Wird ein Rechtsmittel oder ein Rechtsbehelf durch einen vollmachtslosen Vertreter eingelegt, so ist dieses als unzulässig zu verwerfen, wenn nicht der Berechtigte zuvor die Verfahrenshandlung genehmigt. Genehmigt der Berechtigte, wird dadurch der Verfahrensmangel der nicht ordnungsgemäßen Vertretung von Anfang an geheilt (§ 89 Abs. 2 ZPO). Wegen ihrer Rückwirkung braucht die Genehmigung nicht innerhalb der Frist erklärt zu werden, die für die genehmigte Verfahrenshandlung gilt (GmSOGB BGHZ 91, 111, 114; BGH, Beschluss vom 10.01.1995 - X ZB 11/92 = BGHZ 128, 280).

Im vorliegenden Fall ist die möglicherweise vollmachtlose Einlegung der Berufung durch die Rechtsanwälte ... dadurch geheilt, dass die Beklagte, vertreten durch den von dem Geschäftsführer ... bevollmächtigten Rechtsanwalt ... die Prozessführung genehmigt hat, indem dieser in der Berufungsverhandlung vom 28.09.2017 eine Änderung des angefochtenen Urteils und die Abweisung der Klage beantragt hat.

... ist als Geschäftsführer der Beklagten zu deren Vertretung in diesem Rechtsstreit berechtigt.

a) Gemäß § 46 Nr. 8 Alt. 2 GmbHG kann die Gesellschafterversammlung für Prozesse, die sie gegen einen (auch abberufenen) Geschäftsführer führt, einen besonderen Vertreter bestimmen. Diese Vorschrift, die sowohl für Aktiv- wie Passivprozesse gilt, soll die unvoreingenommene Prozessführung in Rechtsstreitigkeiten sicherstellen, in denen regelmäßig die Gefahr besteht, dass die nach § 35 GmbHG an sich zur Vertretung der Gesellschaft berufenen Geschäftsführer befangen sind. Kann die Gesellschaft im Prozeß gegen einen Geschäftsführer durch weitere vorhandene Geschäftsführer satzungsgemäß vertreten werden, so kann zwar die Gesellschafterversammlung auch in einem solchen Fall von der Möglichkeit des § 46 Nr. 8 GmbHG Gebrauch machen; sie muß es aber nicht tun; sieht sie davon ab, dann bleibt es bei der Vertretungszuständigkeit der anderen Geschäftsführer (vgl. BGH, Urt. vom 24.02.1992 - II ZR 79/91 Rn. 9; Beschluss vom 02.02.2016 - II ZB 2/15 Rn. 13).

b) ... ist auch weiterhin Geschäftsführer der Beklagten. Er ist weder in der Gesellschafterversammlung vom 13.10.2014 noch durch den Umlaufbeschluss vom 06./07.08.2015 wirksam abberufen worden. Der Umstand, dass er nicht mehr als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen ist, hat auf seine Organstellung keinen Einfluss; die Eintragung ist zur Erlangung und Aufrechterhaltung der Organstellung nicht erforderlich (vgl. BGH, Beschluss vom 09.05.1960 - II ZB 3/60).

aa) Die Frage, ob der Geschäftsführer ... in der Gesellschafterversammlung vom 13.10.2014 trotz 63,318777 % Gegenstimmen abberufen worden ist, weil der Nebeninterventient zu 6) bei dieser Abstimmung einem Stimmverbot unterlag, ist Gegenstand der bei dem Landgericht Berlin unter dem Aktenzeichen 95 O 92/14 anhängigen Beschlussfeststellungsklage. Solange der Beschluss nicht gerichtlich festgestellt ist, gilt die Feststellung des Versammlungsleiters, dass der Beschluss abgelehnt worden ist.

bb) Der Umlaufbeschluss vom 06./07.08.2015 (Anlage K 24 = Bd. III, Bl. 123 d. A.) ist nichtig, weil der Nebeninterventient zu 6) nicht an der Abstimmung beteiligt worden ist. Insoweit gilt dasselbe wie für die Beschlussfassung vom 27.08.2015 (s. oben II.2.b).

2. Die Berufung ist innerhalb verlängerter Frist rechtzeitig begründet worden.

Innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist haben sowohl die Nebenintervenientin zu 2) als auch die Nebenintervenienten zu 3) bis 5) den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügende Berufungsbegründungen eingereicht.

Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Unzulässigkeit der Nebenintervention ist der Intervenient im Hauptverfahren zuzuziehen (§ 71 Abs. 3 ZPO). Er kann für die unterstützte Hauptpartei wirksam Prozesshandlungen vornehmen, solange er nicht rechtskräftig aus dem Rechtsstreit verwiesen worden ist. Seine Befugnis zur Vornahme von Prozesshandlungen endet erst, wenn seine Streithilfe rechtskräftig zurückgewiesen ist (BGH, Urteil vom 11.02.1982 - III ZR 184/80 Rn. 7). Die bis zur Zurückweisung seines Beitritts wirksam vorgenommenen Prozesshandlungen behalten auch nach Rechtskraft der Zurückweisungsentscheidung ihre Wirksamkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 14.05.2013 - II ZB 1/11).

Ein Widerspruch der Hauptpartei (§ 67 Hs. 2 ZPO) ist im vorliegenden Fall nicht anzunehmen. Weder hat die Beklagte der Durchführung der Berufung ausdrücklich widersprochen, noch ist ihr Prozessverhalten im Sinne eines Widerspruchs auszulegen. Dass die Beklagte ihre Berufung nicht fristgemäß selbst begründet hat, ist kein solcher Widerspruch, vielmehr Untätigkeit, die als solche kein Hindernis für eigene Prozesshandlungen des Streithelfers darstellt (vgl. BGHZ 49, 183, 188; BGH, Urteil vom 28.03.1985 - VII ZR 317/84 Rn. 8).

Die von den vom Kläger und vom Prokuristen beauftragten Prozessbevollmächtigten erklärte Rücknahme der Berufung, die auch als Widerspruch gegen die Prozessführung der Nebenintervenienten anzusehen wäre, ist, wie bereits ausgeführt, unwirksam.

IV. Die zulässige Berufung ist, dem Hilfsantrag der Klägerin und dem Hilfsantrag der Nebenintervenientin zu 1) entsprechend, zurückzuweisen. Denn das Landgericht hat im Ergebnis richtig entschieden, dass der Kläger vom Aufsichtsrat der Beklagten nicht wirksam als Geschäftsführer abberufen und die Kündigung seines Anstellungsvertrages nicht wirksam beschlossen worden ist.

1. Die Feststellungsklage des Klägers ist als allgemeine Feststellungsklage (§ 256 Abs. 1 ZPO) zulässig.

Wenn die Abberufung des Klägers von der Gesellschafterversammlung beschlossen worden wäre, hätte der Kläger als Fremdgeschäftsführer kein Anfechtungsrecht; er könnte aber mit der allgemeinen Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO die Feststellung begehren, dass der Beschluss nichtig ist (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2008 - II ZR 187/06 Rn. 34).

Klagen gegen Aufsichtsratsbeschlüsse waren in der Vergangenheit vergleichsweise selten (so BGH, Urt. vom 17.05.1993 - II ZR 89/92 Rn. 11 = BGHZ 122, 342 zum Aktienrecht). Das gilt in verstärktem Maße für die Beschlüsse von GmbH-Aufsichtsräten. Dass die Mitglieder des Aufsichtsrats selbst sich durch Feststellungsklagen Gewissheit über die Rechtmäßigkeit gefasster Beschlüsse verschaffen können, ist in der Rechtsprechung geklärt (vgl. BGH, Urt vom 21.04.1997 - II ZR 175/95 LS = BGHZ 135, 244). Geklärt ist ferner, dass die §§ 241 ff AktG keine entsprechende Anwendung auf fehlerhafte Beschlüsse des Aufsichtsrats der AG finden (vgl. BGH, Urt. vom 17.05.1993 - II ZR 89/92 = BGHZ 122, 342), was für den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH erst recht gelten muss.

Im übrigen findet eine Begrenzung des zur Geltendmachung bestimmter Beschlussmängel berechtigten Personenkreises mit Hilfe einer sachgerechten Bestimmung des erforderlichen Rechtsschutzinteresses statt (BGH, Urteil vom 17. Juli 2012 - II ZR 55/11 Rn. 10; Urteil vom 21.04.1997 - II ZR 175/95 = BGHZ 135, 244; BGH, Zwischenurteil vom 29.01.2013 - II ZB 1/11 Rn. 13 f.; Urt. vom 17.05.1993 - II ZR 89/92 Rn. 16 = BGHZ 122, 342). Der durch den Aufsichtsrat abberufene Fremdgeschäftsführer hat ebenso wie ein durch die Gesellschafterversammlung abberufener Geschäftsführer ein berechtigtes Interesse, sich im Wege der Feststellungsklage darüber Gewissheit zu verschaffen, ob er wirksam abberufen ist oder nicht. Daher ist die Feststellungsklage zulässig.

2. In der Sache kann das Urteil des Landgerichts nicht mit der Begründung aufrechterhalten werden, dass der Kläger wegen der Treuebindung der Gesellschafter untereinander nur bei Vorliegen eines rechtfertigenden sachlichen Grundes hätte abberufen werden können, der hier nicht vorgelegen habe (UA 8).

Dabei kann dahinstehen, ob der von den Streithelfern der Beklagten vorgebrachte Einwand stichhaltig ist, dass Mitglieder des Aufsichtsrats anders als Mitgesellschafter bei der Abberufung eines jahrzehntelang verdienstvoll tätigen Geschäftsführers, der mittelbar an der Gesellschaft beteiligt ist, keinen Einschränkungen kraft gesellschafterlicher Treuepflicht unterliegen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 29.11.1993 - II ZR 61/93 = DStR 1994, 214 sowie vorausgehend OLG Düsseldorf, Urt. vom 11.02.1993 - 6 U 43/92 = GmbHR 1994, 245). Denn eine etwaige Verletzung von Treuepflichten würde nur zur Anfechtbarkeit der gefassten Beschlüsse führen, nicht aber zu ihrer Nichtigkeit (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.). In dem Verfügungsverfahren 23 U 18/15 KG, in dem der Senat die Entscheidung auch darauf gestützt hat, dass eine Abberufung des Klägers als Geschäftsführer nicht ohne rechtfertigenden Grund möglich und ein solcher nicht erkennbar sei, spielte die Frage, ob die Beschlüsse des Aufsichtsrats anfechtbar oder nichtig sind, keine Rolle. Im vorliegenden Berufungsverfahren kann die vom Kläger erhobene allgemeine Feststellungsklage aber nur Erfolg haben, wenn die Beschlüsse des Aufsichtsrats nicht nur anfechtbar, sondern nichtig sind.

3. Die Beschlüsse des Aufsichtsrats der Beklagten vom 07.12.2014 und 21.12.2014 sind nichtig, weil der Aufsichtsrat nicht wirksam bestellt worden ist. Die Einrichtung des Aufsichtsrats durch den Gesellschafterbeschluss vom 13.10.2014 ist unwirksam, weil es sich dabei um eine Satzungsänderung handelte, die nur durch notarielle Beurkundung (§ 53 Abs. 2 GmbHG) und Eintragung im Handelsregister wirksam werden konnte (§ 54 Abs. 3 GmbHG). Der Senat hält insoweit an seinen Ausführungen in dem Urteil vom 23.07.2015 - 23 U 18/15 (ZIP 2016, 673 = GmbHR 2016, 29 = NZG 2016, 787), auf das im übrigen verwiesen wird, fest:

Der Senat hält die Bestimmungen der §§ 53 und 54 GmbHG für zwingendes Recht, das nicht durch gesellschaftsvertragliche Abmachungen ("Öffnungsklauseln") außer Kraft gesetzt werden kann. Es ist auch nicht richtig, dass eine dauerhafte Änderung der Gesellschaftsverfassung keine Satzungsänderung darstellt, wenn die Änderung im Gesellschaftsvertrag durch eine Öffnungsklausel "bereits angelegt" ist. Eine Ermächtigung zur Regelung ist nicht schon die Regelung selbst, vielmehr nur eine Voraussetzung dafür, sie durch Gesellschafterbeschluss - unter Einhaltung der zwingenden Bestimmungen des GmbHG - treffen zu können (so OLG Hamm, Beschluss vom 22.01.1993 - 15 W 224/91= GmbHR 1993, 500). Eine GmbH, die in ihrer Satzung die Möglichkeit der Errichtung eines Aufsichtsrats vorsieht, hat bis zur Errichtung desselben keinen Aufsichtsrat. Die Umwandlung einer GmbH ohne Aufsichtsrat in eine GmbH mit Aufsichtsrat ist aber ganz unzweifelhaft eine tiefgreifende Änderung der Gesellschaftsverfassung (Satzungsänderung) und unterliegt als solche den zwingenden Bestimmungen der §§ 53 und 54 GmbHG.

Das Mehrheitserfordernis des § 53 II GmbHG (3/4-Mehrheit) lässt sich möglicherweise durch eine Öffnungsklausel überwinden, wenn diese als antizipierte Zustimmung aller, auch später hinzutretender Gesellschafter ausgelegt werden kann (vgl. für das Personengesellschaftsrecht BGH, Urteil vom 9. Juni 2015 - II ZR 420/13 Rn. 21 m.w.N.). Durch eine solche Auslegung können aber nicht auch die weiteren Anforderungen der §§ 53 II, 54 III GmbHG außer Kraft gesetzt werden. Die Änderung der Gesellschaftsverfassung durch Errichtung eines mit Organkompetenzen ausgestatteten Aufsichtsrats ist mit oder ohne Öffnungsklausel stets materiell eine Satzungsänderung, die nicht ohne Beurkundung und Eintragung wirksam werden kann.

Die Entscheidung ist in der Literatur ganz überwiegend auf Ablehnung gestoßen (zustimmend Weiß, EWiR 2016, 267). Was gegen die Entscheidung vorgebracht wird, ist aber nicht überzeugend. Im wesentlichen sind es Praktikabilitätserwägungen, die gegen die Entscheidung angeführt werden. So bescheinigt beispielsweise Priester (NZG 2016, 774, 775) dem Senat eine "schlüssige Argumentation", die "auf den ersten Blick problemerledigend" erscheine; er sieht aber andererseits "gute Gründe, eine Abweichung von einer gesetzlichen und damit satzungsmäßigen Regelung über den vom Instrument der punktuellen Satzungsdurchbrechung gedeckten Einzelfall hinaus in der Satzung zuzulassen." Das überzeugt deswegen nicht, weil die Zulassung einer Abweichung von einer gesetzlichen Regelung Sache des Gesetzgebers und nicht Sache der Parteien eines Gesellschaftsvertrags ist.

Die von der Nebenintervenientin zu 2) beigebrachten Literaturstellen (Anlage N 13) besagen im wesentlichen nur, dass die Satzung eine Errichtungsermächtigung enthalten dürfe und der Aufsichtsrat dann durch einfachen Beschluss eingerichtet werden könne. Die Frage, welche Formalien zu beachten sind, wenn von der Satzungsermächtigung Gebrauch gemacht wird, wird selten behandelt. Die Nebenintervenientin zu 1) weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass Raiser in der von der Nebenintervenientin zu 2) zitierten Kommentierung (Hachenburg/Ulmer/Raiser, GmbHG, 1990, § 52 Rn. 320) ausdrücklich eine Registeranmeldung der Satzungsänderung fordert.

Der Nebenintervenientin zu 2) ist zuzugeben, dass nach dem von ihr zitierten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 07.06.1993 - II ZR 81/92 = BGHZ 123, 15 die Annahme naheliegt, dass eine den Vorgaben einer Öffnungsklausel in allen Punkten entsprechende Errichtung eines Aufsichtsrats nicht als formbedürftige Satzungsänderung anzusehen sei. Diese Schlussfolgerung ist aber nicht zwingend. Der Bundesgerichtshof hat in dem dortigen Fall die Bestellung eines Aufsichtsrats mit drei Mitgliedern als formbedürftige Satzungsänderung erachtet, weil die Satzung der GmbH nur die Möglichkeit der Errichtung eines Aufsichtsrats mit zwei Mitgliedern (vorbehaltlich der notwendigen Ergänzung um einen Arbeitnehmervertreter) vorsah. Daraus folgt nicht ohne weiteres, dass eine der Öffnungsklausel entsprechende Errichtung eines Aufsichtsrats mit zwei Mitgliedern nicht als Satzungsänderung anzusehen gewesen wäre. Denn dieser Fall stand nicht zur Entscheidung.

Der Senat ist weiterhin der Ansicht, dass eine GmbH, in der ein Aufsichtsrat errichtet ist, sich von einer GmbH, deren Satzung die Errichtung eines Aufsichtsrats nur zulässt, so lange materiell unterscheidet, bis der Aufsichtsrat errichtet ist. Eine GmbH, in der ein Aufsichtsrat bestellt ist, hat einen Aufsichtsrat; eine GmbH, deren Satzung die Bestellung eines Aufsichtsrats zulässt, hat, solange er nicht errichtet wird, keinen. Die Nebenintervenientin zu 2) hat den Unterschied zwischen der Satzung einer GmbH vor und nach Ausschöpfung einer Öffnungsklausel an einem sehr prägnanten Beispiel verdeutlicht. Wenn die Satzung einer GmbH in einer Öffnungsklausel die Änderung der Firma durch Gesellschafterbeschluss zuließe, würde eine entsprechende Umfirmierung ohne Beurkundung und Eintragung zweifellos nicht wirksam werden. Für die Errichtung eines Aufsichtsrats gilt nichts anderes.

Im vorliegenden Fall kommt es letztlich auf die grundsätzliche Rechtsfrage, ob die durch eine Öffnungsklausel zugelassene Errichtung eines Aufsichtsrats als beurkundungsbedürftige und eintragungspflichtige Satzungsänderung anzusehen ist, nicht an. Zum einen liegt hier - wie in dem vom Bundesgerichtshofs am 07.06.1993 entschiedenen Fall - die Besonderheit vor, dass die Gesellschafter einen von der Öffnungsklausel abweichenden Beschluss gefasst haben, indem sie den Aufsichtsrat ermächtigten, den von ihnen zu bestellenden Geschäftsführern auch Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB zu erteilen, obwohl § 9 (3) der Satzung nur die Befugnis vorsah, "Geschäftsführer zu bestellen und abzuberufen, Anstellungsverträge mit diesen abzuschließen, zu ändern und zu beendigen, Geschäftsführer zu ermächtigen, die Gesellschaft allein zu vertreten, eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführer festzulegen und diesen Weisungen zu erteilen.” Auf diese Diskrepanz zwischen Öffnungsklausel und Beschlussfassung hat bereits der 22. Zivilsenat des Kammergerichts mit Beschluss vom 07. Juli 2015 - 22 W 15/15 (Rn. 48) hingewiesen.

Hinzu kommt, dass die Satzung der Beklagten keine eindeutige Vorgaben hinsichtlich der Kompetenzen des potentiellen Aufsichtsrats enthielt. Aus der in der Satzung der Beklagten enthaltenen Öffnungsklausel war nicht zu ersehen, ob der zukünftige Aufsichtsrat drei oder sechs Mitglieder haben würde und ob er die Befugnisse nach § 52 Abs. 1 GmbHG haben würde oder, wenn nicht, welche anderen der in § 9 (3) der Satzung genannten Kompetenzen ihm zugewiesen werden würden. Wenn die Ausstattung und Funktion des Aufsichtsrats in der Öffnungsklausel aber derart unbestimmt gehalten ist, verbietet sich die Annahme, dass der spätere Inhalt des Gesellschaftsvertrages sich bereits aus dem Inhalt der Öffnungsklausel ergebe und durch die Beschlüsse der Gesellschafter nicht mehr geändert werde.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 I, 708 Nr. 10, 711, 543 II 1 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass, da die klärungsbedürftige grundsätzliche Rechtsfrage, ob die durch eine Öffnungsklausel zugelassene Errichtung eines Aufsichtsrats der Beurkundung und Eintragung im Handelsregister bedarf, letztlich nicht entscheidungserheblich ist.