AG Tiergarten, Urteil vom 21.11.2018 - (331 OWi) 3041 Js-OWi 5303/17 (94/17)
Fundstelle
openJur 2020, 39205
  • Rkr:

Ein Verabreichen von Getränken an Ort und Stelle iSd. § 6 Abs. 1 SpielhG Berlin liegt nicht nur dann vor, wenn Getränke in demselben Raum verabreicht werden, in dem die Automaten aufgestellt sind, sondern auch dann, wenn der Spieler sich in einem anderen Raum Getränke besorgen kann, etwa in einem gesondert ausgewiesenen Bistro, das durch einen Gang mit der Spielhalle verbunden ist und von dem aus Getränke in die Spielhalle mitgenomen werden können.

Tenor

Gegen die Betroffene wird wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen § 6 Abs. 1 Satz 1 Spielhallengesetz eine Geldbuße in Höhe von 1500,-- Euro (eintausendfünfhundert) festgesetzt.

Die Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Auslagen.

Gründe

I.

Die Betroffene ist ledig und hat keine Kinder. Sie arbeitet als kaufmännische Angestellte mit Personalverantwortung für ein Unternehmen, das Spielhallen betreibt. Zu ihrem Einkommen macht sie keine Angaben. Wegen einer Ordnungswidrigkeit im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Gewerbes wurde sie bisher einmal verurteilt. Am 11.5.2015 setzte das Bezirksamt Mitte von Berlin wegen Verstößen gegen das Spielhallengesetz Berlin, § 7 Abs. 1 Nr. 6 SpielhG (Nichteinhaltung des Mindestabstandes zwischen Geldspielgeräten), gegen sie u.a. eine Geldbuße von 1000,00 € fest. Der Bußgeldbescheid ist rechtskräftig seit dem 2.6.2015.

II.

Das Gericht hat folgende Feststellungen getroffen.

Als verantwortliche Gebietsleiterin der Firma XXX veranlasste die Betroffene zumindest am 27.8.2015, dass in der Spielhalle der Gesellschaft in der XXX Straße XXX in den Hallen 1 und 2 Getränke an die dort an den Spielgeräten beschäftigten Kunden verkauft wurden, ohne die Zahl der aufgestellten Spielgeräte auf jeweils drei zu reduzieren. Der Verkauf fand in der Form statt, dass die Kunden der Spielhalle aus einer ausliegenden Getränkekarte mit Preisangabe das entsprechende Getränk auswählen konnten. In einem unmittelbar angrenzenden, durch die Kunden sowohl durch einen internen Durchgang wie über die Außenaus- und -eingänge, so sie geöffnet waren, erreichbaren Café, das ebenfalls von der Firma XXX betrieben wurde, wurden die Getränke sodann an die Kunden ausgeschenkt und bezahlt. Die Getränke wurden dann in die Spielhallen mitgenommen. Am Tattag war das Café lediglich durch den internen Durchgang erreichbar, da die Außentür des Cafés geschlossen war. In den Spielhallen wurden jeweils acht Geräte betriebsbereit aufgestellt und teilweise auch bespielt. Es sind damit zehn Geräte zu viel aufgestellt worden, da lediglich drei Geräte pro Spielhalle zulässig waren.

Die Betroffene ging davon aus, dass ein Ausschank im Lokal aufgrund der bauaufsichtsrechtlichen und gaststättenrechtlichen Genehmigung zulässig war, hätte jedoch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erkennen können, dass der zahlungspflichtige Ausschank der Getränke in der genannten Form als Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Satz 1 SpielhG Berlin zu werten ist.

III.

Die Feststellungen resultieren aus folgendem Ergebnis der Beweisaufnahme.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Betroffenen folgen ihren eigenen Angaben, die Daten zum bereits rechtskräftigen Bußgeldbescheid aus der Verlesung des Gewerbezentralregisterauszugs vom 24.7.2017. Das Gericht hat keinen Anlass, an den Angaben der Betroffenen zu zweifeln.

Zur Sache hat sich die Betroffene dahingehend eingelassen, sie sei die zuständige Gebietsleiterin gewesen, der die Leitungsbefugnis betreffend die genannten Spielhallen und die dort beschäftigten Mitarbeiter zustand. Jeweils an die beiden Spielhallen angrenzend sei das Bistro / Café gelegen, das sowohl intern wie über die Ausgänge der Spielhallen und des Lokals erreichbar war und auch von der Gesellschaft betrieben wurde. Der interne Zugang zum Lokal sollte geschlossen bleiben, es sei aber für alle Betriebe der Notausgang gewesen, so dass er nicht verschlossen werden durfte. Im Café seien auch für die Kunden der Spielhallen Getränke ausgeschenkt worden.

Die Zeugin X hat ausgesagt, sie habe als Servicekraft in den Spielhallen gearbeitet, und zwar von März 2015 bis Juni 2018. Die Gäste konnten sich Getränke im Bistro abholen, aber nicht über den inneren Zugang, sondern nur über die Außentüren von Spielhallen und Café. Der innere Zugang sei nur für Personal gewesen. Das Bistro konnte auch von einer der Spielhallen aus überwacht werden. Das Personal der Spielhallen habe die Getränke im Bistro ausgeschenkt und dort auf die Theke gestellt, die Kunden hätten die Getränke dann zum Geldspielgerät mitgenommen. Neukunden der Spielhallen wurden darauf aufmerksam gemacht, dass auf die genannte Art und Weise auch Getränke ausgegeben würden. Ein entsprechender Vermerk sei auch auf den Getränkekarten, die sich in den Spielhallen befanden, enthalten gewesen.

Der Zeuge Y hat ausgesagt, er habe am Tattag an der Kontrolle des Bezirksamtes teilgenommen. Es seien zwei Spielhallen und eine Schankwirtschaft gewesen. Das Bistro sei von außen geschlossen gewesen, der innere Zugang sei geöffnet gewesen. Im Bistro sei niemand angetroffen worden, für die beiden Spielhallen sei jeweils eine Aufsicht beschäftigt gewesen und es seien in jeder der Spielhallen jeweils acht Geräte spielbereit aufgestellt gewesen. An den Geldspielautomaten hätten sie zumindest ein benutztes Getränkeglas festgestellt, wie es auch im Café aufgefunden wurden. In einer der Spielhallen seien Getränkekarten mit Preisen gefunden worden.

Ausweislich eines in Augenschein genommenen Fotos, das aus Anlass der Kontrolle gefertigt worden war, wurde an einem der Geldspielgeräte auf einem Beistelltisch ein Glas aufgefunden. Der Verteidiger legte weiterhin in der Hauptverhandlung weitere Fotos vor, auf denen Preisverzeichnisse zu sehen waren, ohne dass einzelne Artikel oder Preise entziffert werden konnten.

Bei der genannten Beweislage ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass sich der Tatvorwurf erwiesen hat. Die Einlassung der Betroffenen, der interne Zugang sei verschlossen zu halten und nur für Personal zu nutzen, hält das Gericht für eine Schutzbehauptung. Am Tattag war die Außentür des Cafés geschlossen und dieses daher nur über den internen Zugang zu erreichen, es sind aber offensichtlich Getränke ausgeschenkt worden. Nach der vom Zeugen Y gefertigten Skizze befindet sich der Außeneingang des Cafés weit entfernt von Eingang zu den Spielhallen und ist lediglich hinter einer Straßenecke zu erreichen. Aufgrund dieser Konstellation hält es das Gericht für lebensfremd, dass Kunden der Spielhallen angewiesen worden sein sollen, den weiten Weg über die Außentüren in die Schankwirtschaft zu gehen, statt nach ca. zwei Meter über den Flur das Lokal, das über diesen Weg auch vom Personal betreten wird, zu erreichen.

IV.

Die Betroffene hat sich wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen § 6 Abs. 1 Satz 1 SpielhG Berlin i.V.m. § 9 Abs. 2 Nr. 2 OWiG schuldig gemacht. Die räumliche Situation war so, dass die Kunden der Spielhallen lediglich in einen anderen Raum gehen mussten, um ein Getränk zu erhalten und zum Spielgerät mitzunehmen. In der Wahrnehmung der Kunden wurden Getränke für den Spielbetrieb ausgegeben; dies wird auch dadurch deutlich, dass Getränkekarten nicht im Café, sondern in den Spielhallen auslagen und der Getränkeausschank durch die Aufsicht der Spielhalle erfolgte. Zudem zeigt der Umstand, dass die Außentür des Cafés am Tag der Kontrolle geschlossen war, dass das Café nicht als ein sich selbständig tragendes Geschäft betrieben wurde, sondern zu dem Zweck, den Getränkeausschank für die Kunden der Spielhalle zu ermöglichen. Die Situation unterscheidet sich damit in keiner Weise von derjenigen, in der in einer Spielhalleneinrichtung Getränke in einem anderen Raum als demjenigen ausgeschenkt werden, in dem die Geldspielgeräte stehen. Auch letzteres stellt einen Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Satz 1 SpielhG Berlin dar.

Der Bußgeldrahmen reicht bis zu einer Geldbuße von 25.000,00 €. Bei der Bemessung der Geldbuße ist zu berücksichtigen, dass durch die zehn überzähligen Geräte erhebliche Summen erwirtschaftet worden sind, die nicht abgeschöpft werden; es besteht daher ein hoher wirtschaftlicher Anreiz, die bestehende Situation aufrechtzuerhalten oder in anderen Spielhallen in der gleichen Weise zu gestalten, um die Kunden der Spielhallen dazu zu veranlassen, längere Zeit in der Spielhalle zu verbringen. Zudem handelt es sich nicht um einen Augenblicksverstoß, sondern um eine geplante und über einen längeren Zeitraum aufrecht erhaltene Konstellation. Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint - auch trotz des Fahrlässigkeitsvorwurfs - eine Geldbuße in der genannten Höhe angemessen. Die Betroffene verfügt über ein regelmäßiges Einkommen aus einer Vollzeitbeschäftigung als leitende Angestellte, so dass davon ausgegangen werden kann, dass sie die Geldbuße innerhalb angemessener Zeit abtragen kann.

Die Kostenentscheidung resultiert aus § 465 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 OWiG.

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