Brandenburgisches OLG, Urteil vom 09.07.2019 - 6 U 11/19
Fundstelle
openJur 2020, 38932
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 13.12.2018 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus - 2 O 340/18 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird abgesehen, weil ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist, §§ 525, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EG ZPO idF des Gesetzes vom 21.06.2018.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Trotz der Säumnis des Beklagten im Termin war deshalb nicht durch Versäumnisurteil nach § 331 ZPO, sondern durch streitmäßiges Urteil (unechtes Versäumnisurteil) zu entscheiden.

Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger kann von der Beklagten nicht die Zahlung von 7.000 € als Minderungsbetrag aus dem Kaufvertrag vom ... 2018 über einen gebrauchten PKW verlangen, § 433, 437 Nr. 2, 441 BGB.

1. Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, ist zwischen den Parteien kein Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug zustande gekommen. Vielmehr weist der Kaufvertrag vom ... 2018 Herrn ... und nicht die Beklagte als Verkäuferin aus. Dass Herr ... in Vollmacht für die Beklagte gehandelt hätte, ist nach den gesamten, in die rechtliche Würdigung einzubeziehenden Umständen nicht dargetan. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts wird Bezug genommen.

2. Entgegen der Ansicht der Berufung haftet die Beklage auch nicht wegen einer Umgehung der Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf (§ 475 Abs. 1 S. 2 BGB). Diese Vorschrift soll verhindern, dass sich ein Unternehmer den Bestimmungen über den Verbrauchsgüterkauf entzieht und führt deshalb zur Anwendung der §§ 474ff BGB auf den Unternehmer, der diese Bestimmungen durch eine entsprechende Vertragsgestaltung zu umgehen versucht (BGH, Urteil vom 22.11.2006 - VIII ZR 82/06). Läge eine solche Umgehung vor, müsste sich die Beklagte deshalb so behandeln lassen, als hätte sie selbst das Fahrzeug an den Kläger verkauft und müsste sich etwaige Mängelrechte des Klägers entgegenhalten lassen. Auf den in dem Kaufvertrag vom ...2018 vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung könnte sie sich dann nicht berufen.

Ein Umgehungsgeschäft liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dann vor, wenn ein Agenturgeschäft nach der hierbei gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise missbräuchlich dazu eingesetzt wird, ein in Wahrheit vorliegendes Eigengeschäft des Unternehmers zu verschleiern, weil der Händler im Verhältnis zum ursprünglichen Privatverkäufer das wirtschaftliche Risiko des Gebrauchtwagenverkaufs tragen soll. Wie der Senat in seinem Hinweis vom 04.06.2019 ausgeführt hat, ist dies nach dem tatsächlichen Vortrag des Klägers nicht dargetan. Insbesondere genügt für die Annahme, die Beklagte habe das wirtschaftliche Risiko des Verkaufs an den Kläger getragen, nicht, dass sie das Fahrzeug über ihre Website im Internet inseriert hat, ohne dabei kenntlich zu machen, dass es sich um einen Agenturauftrag handelte, denn der Internetauftritt der Beklagten lässt erkennen, dass die Beklagte sowohl Eigengeschäfte tätigt, als auch Fahrzeuge im Auftrag verkauft. Dass das Fahrzeug in ihren Verkaufsräumen ausgestellt war, lässt Rückschlüsse auch darauf, wer das wirtschaftliche Risiko des Verkaufes tragen sollte, nicht zu. Gleiches gilt in Bezug auf die von der Beklagten ausgestellte Pro-Forma-Rechnung, insoweit kann wiederum auf die zutreffenden Gründe der landgerichtlichen Entscheidung Bezug genommen werden. Die Ausführungen des Klägers in seinem in der mündlichen Verhandlung übergebenen Schriftsatz vom 13.06.2019 führen nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung, weil es sich gerade nicht um eine "ordentliche" Rechnung, sondern um eine "Pro-Forma-Rechnung" handelt.

Der Senat verkennt nicht, dass den Käufer eines Gebrauchtwagenfahrzeugs erhebliche Schwierigkeiten im Hinblick auf die Darlegung eines Umgehungsgeschäfts treffen, weil er regelmäßig die Risikoverteilung im Innenverhältnis zwischen Händler und Verkäufer nicht kennt. Ob dies grundsätzlich zu einer Herabsetzung der Darlegungslast des Gebrauchtwagenfahrzeugkäufers oder sogar zu einer sekundären Darlegungslast des Gebrauchtwagenhändlers führen kann, kann für die hier zu treffende Entscheidung dahinstehen. Denn der Kläger hat, wie in dem Hinweis vom 04.06.2019 ausgeführt, wesentliche, in die Beurteilung einzubeziehende Umstände nicht dargelegt, von denen er Kenntnis haben muss, etwa, wer bei Übernahme des Fahrzeugs Halter bzw. Versicherungsnehmer des gekauften Fahrzeugs war und an wen der Kaufpreis gezahlt wurde. Dazu ist auch in dem ergänzenden Schriftsatz vom 13.06.2019 kein weiterer Vortrag erfolgt.

3. Entgegen der Ansicht des Klägers haftet die Beklagte auch nicht nach § 311 Abs. 3 BGB. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes haftet der Gebrauchtwagenhändler als Vermittler des Kaufvertrages oder als Abschlussvertreter aus Verschulden bei Vertragsschluss selbst, wenn der Kunde ihm ein besonderes über die normale Verhandlungsloyalität hinausgehendes Vertrauen entgegenbringt und erwartet, darin rechtlichen Schutz zu genießen. Ob dies der Fall ist, bedarf einer eingehenden Würdigung aller Umstände des Falles (BGHZ 79, 281). Der Vortrag des Klägers genügt aber auch insoweit nicht, um eine solche besondere Vertrauensstellung der Beklagten anzunehmen. Zwar kann es angesichts der Geschäftspraxis im Gebrauchtwagenhandel leicht zu einer Sachwalterstellung des Gebrauchtwagenverkäufers kommen, weil der Kaufinteressent mit dem eigentlichen Verkäufer regelmäßig nicht in Berührung kommt (BGH Urteil vom 28.01.1981 - VIII ZR 88/90). Auch bei einem einzigen Geschäft, das unter Einschaltung eines Vertreters abgeschlossen wird, ist denkbar, dass dieser dem Vertragspartner über das normale Verhandlungsvertrauen hinaus eine zusätzliche von ihm persönlich ausgehende Gewähr für den Bestand und die Erfüllung des in Aussicht genommenen Rechtsgeschäft geboten hat (BGH, Urteil vom 21.01.1975 - VIII ZR 101/73). Eine Sachwalterstellung des Gebrauchtwagenverkäufers ist jedoch, anders als der Kläger meint, nicht immer bereits anzunehmen, wenn der Gebrauchtwagenhändler die gesamten Vertragsverhandlungen allein geführt hat, während der Käufer zu dem eigentlichen Verkäufer keinen Kontakt hatte. Dies kann zwar einen wesentlichen Umstand für die Annahme einer Sachwalterstellung darstellen (BGH, Urteil vom 16.12.2009 - VIII ZR 38/09), genügt für sich genommen aber nicht, wenn die äußeren Gegebenheiten des Verkaufs ein über die normale Verhandlungsloyalität hinausgehendes Vertrauen nicht rechtfertigen (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 13. Aufl. 2017 Rn 2297). Zweifel an solchen vertrauensbildenden Gegebenheiten begründet vorliegend die Angabe im Kaufvertrag, das Fahrzeug sei am ...2018 um 23.45 Uhr, also weit außerhalb normaler Öffnungszeiten eines seriösen Unternehmens, übergeben worden. Dass andere äußeren Gegebenheiten gleichwohl ein besonderes Vertrauen des Klägers gerechtfertigt hätten, ist weder erkennbar, noch vorgetragen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

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