Brandenburgisches OLG, Urteil vom 01.07.2020 - 7 U 33/19
Fundstelle
openJur 2020, 38927
  • Rkr:
Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 11.02.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 13 O 175/14, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Der Kläger begehrt von dem Beklagten Ersatz des Betrages, den er für eine von ihm gehaltene mit 7, 75 % verzinsliche Inhaberschuldverschreibung an der (a...) AG zum Nominalwert von 15.000 € geleistet hat. Der Beklagte war Mitglied des Vorstands der (a...) AG.

Die (a...) AG betrieb über verschiedene Tochterunternehmen einen Onlinehandel für Elektro- und Elektronikartikel. Sie war an der (b...) GmbH (im Folgenden: (b...) GmbH), später in (c...) Vertriebs GmbH umbenannt, der (d...) GmbH (im Folgenden: (d...) GmbH), später in (e...) Media GmbH umbenannt, der (h...) Logistik GmbH, der (f...) GmbH sowie der (g...) GmbH beteiligt. Sie betrieb kein eigenes operatives Geschäft, sondern war Beteiligungsgesellschaft und erhielt aufgrund eines Managementvertrages mit der (c...) Vertriebs GmbH monatliche Zahlungen für ihre Leistungen als Managerin.

Der Kläger zeichnete am 08.01.2013 die Inhaberschuldverschreibung (Anlage K 2, Bl. 86). Am 15.11.2013 stellten die (a...) AG und die (c...) Vertriebs GmbH einen Antrag auf Insolvenzeröffnung. Am 01.02.2014 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der (a...) AG eröffnet.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Beklagte hafte als Prospektveranlasser für unvollständige Informationen im Prospekt der (a...) AG (Wertpapierprospekt vom 07.09.2012 für die bis zu EUR 30.000.000 - 7,75%-Anleihe 2012/2017). Es sei nicht ausreichend über die Abhängigkeit der Aktiengesellschaft von dem wirtschaftlichen Erfolg der Tochtergesellschaften informiert worden. Zudem sei das Verhältnis von Eigenkapital und Fremdkapital im Prospekt nicht dargestellt worden. Das Eigenkapital habe überwiegend aus immateriellen Vermögensgegenständen bestanden, die er als wertlos ansehe. Es verbleibe eigenes Vermögen im Umfang von 4,4 Mio €. Daraus ergebe sich eine Eigenkapitalquote von 7,1 % die eine außergewöhnlich schlechte Finanzierungslage des Unternehmens ausweise.

Nach Einsichtnahme in die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) in dem gegen den Beklagten geführten Ermittlungsverfahren (Az.: 234 Js 28848/13) hat der Kläger behauptet, der Beklagte habe für die Aufnahme von Anleihen in einem Interview am 24.10.2013 und auch dann noch geworben, als die (a...) AG bereits zahlungsunfähig gewesen sei. Dies sei nach dem Bericht des Insolvenzverwalters jedenfalls am 01.06.2013 der Fall gewesen. Seiner Auffassung nach habe die Zahlungsunfähigkeit sogar bereits im Februar 2012 vorgelegen.

Zudem hat er die Ansicht vertreten, der Beklagte hafte aus § 826 BGB, da er veranlasst habe, dass die (a...) AG am 15.11.2012 einen Betrag in Höhe von 750.000 € an eine ihrer Hauptaktionärinnen, die T... Invest GmbH, geleistet habe. Diesem Betrag habe keine Zahlungsverpflichtung gegenübergestanden. Er soll zudem einen Betrag in Höhe von 50 Mio € veruntreut oder unterschlagen haben, indem er veranlasst habe, dass die (a...) AG Mobiltelefone verkaufte, die nicht in ihrem Eigentum gestanden hätten. Dadurch seien die Umsatzzahlen verfälscht worden.

Zudem seien im Zeitraum vom 07.06.2013 bis zum 21.10.2013 Zahlungen im Umfang von 18.364.941,86 € an die (c...) Vertriebs GmbH, deren Geschäftsführer der Beklagte ebenfalls gewesen sei, mit dem Vorsatz geleistet worden, Gläubiger zu benachteiligen. Weitere Zahlungen in Gläubigerbenachteiligungsabsicht über 376.587,14 € seien an die G... Invest GmbH geleistet worden. Die am 15.08.2013 fälligen Anleihezinsen hätten bereits von dem Unternehmen nicht mehr gezahlt werden können. Noch am 21.10.2013 und am 08.11.2013 seien wiederum vom Beklagten Umsatzsteigerungen prognostiziert worden. Am 14.11.2013 sei dann die Zahlungsunfähigkeit bekannt gegeben worden. Da bereits zwei Tage zuvor der Kurs gefallen sei, bestehe der Verdacht eines Insiderhandels. Der Insolvenzverwalter habe gegenüber dem Beklagten auch Ansprüche wegen Insolvenzverschleppung in Höhe von 36,4 Mio € geltend gemacht.

Auch die verspätete Insolvenzantragstellung könne die Haftung gemäß § 826 BGB begründen. Durch die nach Zahlungsunfähigkeit vorgenommenen Zahlungen habe der Beklagte die Haftungsmasse erheblich reduziert. Da die Zahlungsempfängerin (c...) Vertriebs GmbH ebenfalls zahlungsunfähig sei, sei mit einer Rückzahlung nicht zu rechnen.

Der Kläger hat schließlich die Ansicht vertreten, der Beklagte habe die wirtschaftliche Schieflage des Unternehmens rechtzeitig erkennen und abwenden müssen. Dann wäre es zu einer Bedienung der Anleihe in Höhe des Nominalbetrages und der Zinsen gekommen.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 14.813,77 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übertragung der 7,75 % Anleihe im Nominalwert von 15.000 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.416,10 € nebst Zinsen zu zahlen.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat bestritten, dass der Kläger noch Berechtigter der Anleihen sei. Er hat eingewandt, der Prospekt enthalte die notwendigen Informationen über die Konzernstruktur und die mit der Anleihe verbundenen Risiken. Etwaige Äußerungen in Interviews im Sommer und Herbst 2013 könnten für den im Januar 2013 abgeschlossenen Anleiheerwerb des Klägers nicht kausal geworden sein. Im Übrigen habe er in seinen Pressemitteilungen zutreffend die Umsatzzahlen und realistische Prognosen wiedergegeben. Das Unternehmen sei nicht bereits am 01.06.2013 zahlungsunfähig gewesen. Den von der (a...) AG erbrachten Zahlungen hätten jeweils Gegenleistungen gegenübergestanden. Die Veräußerung von Mobiltelefonen sei der (c...) Vertriebs GmbH jeweils erlaubt worden, sofern die Telefone nicht ohnehin in deren Eigentum gestanden hätten.

Hinsichtlich des Sachverhaltes im Einzelnen wird auf den Tatbestand und die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der für die (a...) AG ausgegebene Prospekt die notwendigen Angaben zur Abhängigkeit vom wirtschaftlichen Erfolg der (b...) GmbH und der (d...) GmbH und zum Fehlen eines Gewinnabführungsvertrages enthalten habe. Bilanzen der Tochtergesellschaften müssten nicht in den Prospekt aufgenommen werden, da deren Ergebnis gerade in den Konzernabschluss aufgenommen würde und nur so aussagekräftig sei. Die Eigenkapitalquote müsse im Prospekt nicht dargestellt werden, da sie für sich gesehen die Qualität des Unternehmens nicht charakterisiere. Diese sei vielmehr auch von dem Unternehmensgegenstand und Marktanteil abhängig.

Ein Ersatzanspruch aus § 826 BGB aufgrund der Existenzvernichtungshaftung nach Abzug von Gesellschaftsvermögen durch die Gesellschafter stehe dem Kläger nicht zu. Dieser Anspruch sei in der Insolvenz für die Gesellschaft vom Insolvenzverwalter geltend zu machen. Nur außerhalb der Insolvenz könnten Gläubiger unter bestimmten Voraussetzungen Direktansprüche gegen die Gesellschafter erheben.

Eine Täuschung des Klägers vor Erwerb der Anleihe sei ebenso wenig vorgetragen. Der Kläger lege nicht dar, zu welchem Zeitpunkt erkennbar Zahlungsunfähigkeit vorgelegen haben solle. Dies ergebe sich auch nicht aus den Zwischenberichten des Insolvenzverwalters. Eine Zahlungsunfähigkeit der (a...) AG ab August 2012 folge auch nicht aus dem der Kammer bekannten Gutachten der ... Treuhand GmbH vom 29.01.2015 betreffend die (c...) Vertriebs GmbH. Die darin aufgeführten Indizien deuteten zwar auf eine Kenntnis von finanziellen Problemen im März 2013 hin, belegten aber nicht die Zahlungsunfähigkeit. Soweit der Kläger unrichtige oder unterlassene Angaben zu Zeitpunkten nach Erwerb der Anleihe vortrage, könnte sich nur ein geringerer Wert seiner Anleihe im Vergleich zum Wert bei früherer Insolvenzantragstellung ergeben. Dazu fehle es an Darlegungen.

Die nach Darstellung des Klägers insolvenzrechtlich anfechtbar vorgenommenen Zahlungen seien einerseits hinsichtlich ihrer zeitlichen Abfolge nicht konkret dargelegt, so dass der Zusammenhang mit der Entscheidung des Klägers zur Zeichnung der Anleihe nicht nachvollziehbar sei. Im Übrigen ergebe sich aus einer Anfechtbarkeit nicht bereits, dass die Zahlungen in der Absicht vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung vorgenommen worden seien.

Soweit der Kläger sich darauf berufe, der Beklagte habe Maßnahmen zur Abwendung der Insolvenz vornehmen müssen, sei weder dargelegt, welche Maßnahmen er hätte treffen können, noch sei ersichtlich, inwiefern der vorgetragene Schaden dadurch vermieden worden wäre.

Gegen das am 01.03.2019 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 15.03.2019 eingelegten und zugleich begründeten Berufung, mit der er geltend macht: Das Landgericht habe sich mit dem Vortrag, dass der Beklagte Anleihen eingeworben habe, nachdem die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens bereits vorgelegen habe, nicht ausreichend auseinandergesetzt. Gleiches gelte für seinen Vortrag zu den von der Gesellschaft veranlassten Zahlungen. Die Zahlung an die T... Invest GmbH am 15.11.2012 über 750.000 € sei ohne Rechtsgrund vorgenommen worden, wie der Insolvenzverwalter ausgeführt habe. Es handele sich um eine Aktionärin, nicht um eine Vertragspartnerin der (a...) AG. Damit sei eine Schädigung der Anleger offensichtlich.

Obwohl der Insolvenzverwalter für den 01.06.2013 die Zahlungsunfähigkeit der (a...) AG festgestellt habe, seien nach dem 01.06.2013 noch Zahlungen geleistet worden und die Gesellschaft habe gegenüber der ... Sparkasse eine Bürgschaftserklärung abgegeben, aus der sie in Anspruch genommen worden sei. Tatsächlich sei seiner Auffassung nach aber davon auszugehen, dass die Zahlungsunfähigkeit bereits seit Februar 2012 (Bd. 3, Bl. 21) bzw. ab dem 31.08.2012 (Bd. 3, Bl. 29) vorgelegen habe. Er zitiert aus dem mit der Berufungsbegründung vorgelegten Konzernlagebericht (Bd. 3, Bl. 21 bis 29), der am 07.05.2013 veröffentlicht wurde und ergänzt, dass die tatsächliche Unternehmenslage sich anders darstelle. Da die Tochter (c...) Vertriebs GmbH keine positive Fortführungsprognose seit dem 31.08.2012 gehabt habe, gelte dies auch für die Emittentin. Hätte der Kläger dies gewusst, hätte er die Anlage nicht gezeichnet.

Zudem sei er als Anleger vom Beklagten vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt worden, weil dieser dem Unternehmen pflichtwidrig Vermögen in Millionenhöhe entzogen habe. Er habe billigend in Kauf genommen, dass die Anleihegläubiger durch Aufstockung der Anleihe und die zweifelhafte Geschäftsführung geschädigt werden.

Der Kläger beantragt, das am 11.02.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) abzuändern und

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 14.813,77 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen Zug um Zug gegen Übertragung der (a...) AG 7,75 % Anleihe, 2012/ 2017 (...) Nominalwert 15.000;

2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn weitere 1.416,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. festzustellen, dass der Beklage mit der Annahme der Anleihe gemäß Ziffer 1. in Annahmeverzug ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte wendet ein, dass sämtlichen Zahlungen der Emittentin ein Rechtsgrund zugrunde gelegen habe. Der Jahresabschluss für das Jahr 2012 sei auch von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft W... geprüft und bestätigt worden. Wenn es an einem Rechtsgrund für die Zahlungen gefehlt hätte, wäre dies bei der Prüfung beanstandet worden. Die Gesellschaft sei auch nicht Anfang Juni 2013 oder zu irgend einem Zeitpunkt zuvor zahlungsunfähig gewesen. Konkreter Vortrag des Klägers dazu fehle. Auch insoweit verweist er auf den Vermerk der Wirtschaftsprüfer. Im Übrigen verteidigt er die Ausführungen im angefochtenen Urteil.

II.

Die gemäß den §§ 511, 513, 517, 519 ZPO zulässige Berufung ist nicht begründet.

1.

Die Haftung aufgrund unrichtiger Prospektangaben ist nicht begründet.

§§ 21, 22 WpPG finden in der Fassung des Gesetzes vom 06.12.2011 Anwendung (Art. 6 Nr. 4 des Gesetzes vom 06.12.2011 (BGBl I 2481), im. Folgenden: § 22 WpPG a.F.). Der Wertpapierprospekt, mit dem die Schuldverschreibung angeboten wurde, ist nach Inkrafttreten des Wertpapierprospektgesetzes a. F. mit Wirkung vom 01.06.2012 am 07.09.2012 (Anlage K3, Bl. 78) veröffentlicht worden (vgl. § 27 WpPG). Da der Prospekt vor dem 21.07.2019 von der BaFin gebilligt wurde, bleibt das Wertpapierprospektgesetz in der bis zum 20.07.2019 geltenden Fassung anwendbar, § 28 Abs. 1 WpPG.

Die von der (a...) AG ausgegebenen Inhaberschuldverschreibungen sind als handelbare Schuldverschreibungen (Abschnitt C 5, S. 6 des Prospekts, Bl. 92) nach § 2 Nr. 1 b. WpPG a.F. Wertpapiere im Sinne des Gesetzes.

Nach § 21 Abs. 1 i.V.m. § 22 WpPG a.F. kann der Erwerber von Wertpapieren, die auf Grund eines veröffentlichten Prospekts angeboten werden, in dem für die Beurteilung der Wertpapiere wesentliche Angaben unrichtig oder unvollständig sind, von denjenigen, die für den Prospekt die Verantwortung übernommen haben und von denjenigen, von denen der Erlass des Prospekts ausgeht, als Gesamtschuldnern die Übernahme der Wertpapiere gegen Erstattung des Erwerbspreises, soweit dieser den ersten Ausgabepreis der Wertpapiere nicht überschreitet, und der mit dem Erwerb verbundenen üblichen Kosten verlangen, sofern das Erwerbsgeschäft nach Veröffentlichung des Prospekts und innerhalb von sechs Monaten nach erstmaliger Einführung der Wertpapiere abgeschlossen wurde.

Der für den Inhalt geltende Vollständigkeitsgrundsatz in § 5 Abs. 1 WpPG a.F. erfordert, dass alle Angaben über die Wertpapiere und den Emittenten aufzunehmen sind, um dem Publikum ein zutreffendes Urteil über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die Finanzlage, die Gewinne und Verluste, die Zukunftsaussichten des Emittenten und jedes Garantiegebers sowie über die mit diesen Wertpapieren verbundenen Rechten zu ermöglichen. Die Mindestangaben bestimmen sich gemäß Art. 7 WpPG a. F. danach, welche Vorgaben die VO (EG) Nr. 809/2004 vom 29.04.2004 macht. Nach Art. 3 der VO (EG) Nr. 809/2004 sind in einen Prospekt die Mindestangaben aufzunehmen, die die Art. 4 bis 20 der Verordnung und die im Anhang zur Verordnung aufgeführten Schemata und Module vorsehen. Für handelbare Inhaberschuldverschreibungen sehen Art. 7 und 8 der VO (EG) Nr. 809/2004 vor, dass das Registrierungsformular in Anhang 4 und das Schema in Anhang 5 zu berücksichtigen sind.

Die vom Kläger dargelegten Informationslücken des Emissionsprospekts stellen gemessen an diesen Vorschriften keine rechtlich erheblichen Fehler des Prospekts dar.

a.

Dies gilt für die Beanstandungen, es ergebe sich aus dem Prospekt nicht, dass die Emittentin nicht selbst operativ am Markt tätig gewesen sei, sondern Managementtätigkeiten für die Tochtergesellschaften durchgeführt habe und von dem operativen Geschäft der späteren (c...) Vertriebs GmbH abhängig gewesen sei.

Der nach Art. 3, Art. 7 der VO (EG) Nr. 809/2004 anwendbare Anhang IV sieht in Ziffer 7. die Angabe von Informationen zur "Organisationsstruktur" vor. Bildet der Emittent Teil einer Gruppe, bedarf es der kurzen Beschreibung der Gruppe und der Stellung des Emittenten in der Gruppe (Ziffer 7.1.). Zudem ist darzustellen, ob und in welchem Umfang eine Abhängigkeit des Emittenten von anderen Instituten innerhalb der Gruppe besteht.

Entgegen der Auffassung des Klägers enthält der Prospekt diese Darstellungen: Auf S. 6, Abschnitt B 5. des Prospektes (Bl. 91) ist erläutert, dass das operative Geschäft durch die (b...) GmbH und die (d...) GmbH ausgeübt werde. Auf S. 7, Abschnitt B 14 des Prospekts (Bl. 92) wird die wirtschaftliche Abhängigkeit von Gewinnausschüttungen der Töchter dargestellt, die daraus resultiert, dass ein eigenes operatives Geschäft fehlt. Auf S. 10, Abschnitt D.2 (Bl. 93) wird die Abhängigkeit vom Erfolg der (b...) GmbH und der (d...) GmbH erneut hervorgehoben und in Abschnitt V.8. S. 30 des Prospekts (Bl. 103) die Stellung der Emittentin innerhalb der Gruppe näher erläutert. Zudem werden die Abhängigkeit und auch das Fehlen eines Gewinnabführungsvertrages, der die Gewinnausschüttungen für die Emittentin sichern könnte, auf S. 20 des Prospekts (Bl. 98) hervorgehoben und erläutert.

Das Totalverlustrisiko der Schuldverschreibung ist auf S. 11, Abschnitt D.3. des Prospekts (Bl. 94) dargestellt.

b.

Zudem ist der Kläger der Auffassung, dass die Bilanz der (c...) Vertriebs GmbH hätte in den Prospekt aufgenommen werden müssen. Eine Verpflichtung dazu besteht indes nicht. Zwar sind bei der Werbung für eine Anlage, die im Wesentlichen zur Investition in ein anderes Unternehmen vorgenommen wird, auch das Geschäftsmodell des anderen Unternehmens darzustellen sowie die damit verbundenen Chancen und Risiken (BGH, Urteil vom 07.12.2009 - II ZR 15/08, NJW 2010, 1077, Rn 18). Der Prospekt der (a...) AG stellt den Gegenstand und das Geschäftsmodell der Töchter auf S. 30 in Abschnitt V.8 (Bl. 103 f.) indes dar. Die Risiken dieses Geschäfts sind in der Darstellung in Abschnitt II.2. S. 18 ff. des Prospekts als "Risiken des ... -Konzerns" (Bl. 97) aufgeführt. Die finanzielle Situation der Emittentin ist damit und mit der Veröffentlichung ihres eigenen Jahresabschlusses zum 31.12.2010 auf S. 64 ff. des Prospekts (Bl. 120 ff) umfassend dargestellt. Der Jahresabschluss zeigt, dass zum 31.12.2010 der erzielte Jahresüberschuss der Emittentin nicht den vorhandenen Fehlbetrag ausglich. Daraus und aus der Darstellung des geplanten operativen Geschäfts der Töchter ergeben sich für den Anlageinteressenten die Risiken, die bei zukünftigen finanziellen Verlusten der Töchter für das Mutterunternehmen entstehen können. Zu Recht weist das Landgericht weiter darauf hin, dass die finanzielle Lage des Konzerns durch die Veröffentlichung des Konzernabschlusses zum 31.12.2011 in dem Prospekt dargestellt ist.

c.

Schließlich rügt der Kläger, dass die Eigenkapitalquote aus dem Prospekt nicht hervorgehe.

Nach § 5 Abs. 1 Satz WpPG a.F. muss der Prospekt in leicht analysierbarer und verständlicher Form sämtliche Angaben enthalten, die im Hinblick auf den Emittenten und angebotenen Wertpapiere notwendig sind, um dem Publikum ein zutreffendes Urteil über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die Finanzlage, die Gewinne und Verluste, die Zukunftsaussichten des Emittenten und jedes Garantiegebers sowie über die mit dem Wertpapier verbundenen Rechte zu vermitteln. Für die Beurteilung, ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist nicht isoliert auf eine bestimmte Formulierung, sondern auf das Gesamtbild abzustellen, das er dem Anleger unter Berücksichtigung der von ihm zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre vermittelt (BGH, Urteil vom 05.03.2013 - II ZR 252/11, ZIP 2013, 773Rn. 14 mwN; Urteil vom 21.03.2005 - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753).

Grundsätzlich genügt es, wenn die dem Anleger übermittelten Informationen die Grundlage dafür liefern, dass er durch einfache Berechnungen ihn interessierende Kapitalquoten ermitteln kann (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 03.02.2015 - II ZR 52/14, juris Rn 19). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Darstellung der aus klägerischer Sicht überbewerteten Vermögenslage zeigt, dass gerade die seiner Behauptung zugrunde liegenden Informationen sich aus dem Prospekt ergeben. Sämtliche Angaben, aus denen er die geringe Eigenkapitalquote ableitet, nämlich die Bilanzsumme des Konzerns zum 31.12.2011 und der Betrag des Eigenkapitals sowie die Zusammensetzung des Eigenkapitals aus immateriellen Vermögenswerten sind Abschnitt IV. des Prospekts, S. 26, dem Bereich "Ausgewählte historische Finanzinformationen" (Bl. 101), und der darauf folgenden Konzernbilanz (schlecht lesbare Kopie, Bl. 124 ff.) entnommen.

d.

Ebenso wenig sind die Voraussetzungen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß § 280 Abs. 1 i.V.m. § 241 Abs. 1 und § 311 Abs. 3 BGB erfüllt. Ob der Prospekt mangelfrei war, spielt in diesem Zusammenhang keine maßgebliche Rolle. Die Haftung trifft denjenigen, der der Vertragspartner des Anlegers geworden ist oder hätte werden sollen. Ausnahmsweise kann ein Vertreter, Vermittler oder Sachwalter haften, wenn er besonderes persönliches Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat (BGH, Urteil vom 23.04.2012 - II ZR 211/09, ZIP 2012, 1231 Rn 23). Die Begründung besonderen persönlichen Vertrauens erfordert, dass der Anspruchsgegner eine über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgehende persönliche Gewähr für die Seriosität und ordnungsgemäße Erfüllung des Vertrages übernommen hat. Die Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens kann auch dann vorliegen, wenn der Vertreter die Verhandlungen nicht selbst führt, sondern von einem anderen für sich führen lässt. Es genügt in diesem Zusammenhang jedoch nicht, dass etwa der Name des in Anspruch Genommenen im Prospekt genannt wird, auch wenn dies mehrfach an prominenter Stelle und werbemäßig geschieht (BGH, Urteil vom 17.07.2018 - II ZR 13/17, VersR 2019, 249, Rn 13).

Der Kläger hat die hier in Rede stehende Inhaberschuldverschreibung über eine Bank erworben. Dass und gegebenenfalls in welcher Form es dabei zu Vertragsverhandlungen gekommen ist, bei denen der Beklagte in Erscheinung getreten ist und die konkreten Gespräche oder den Vertragsabschluss erheblich beeinflusst hat, ist nicht dargelegt.

Soweit der Kläger sich auf Äußerungen des Beklagten in Interviews bezieht, stehen diese in Zusammenhang mit der Erweiterung von Anleihen im Sommer und Herbst 2013. Der Kläger, der die Rückabwicklung seiner am 08.01.2013 gezeichneten Anleihe begehrt, kann durch diese Äußerungen nicht mehr zum Erwerb veranlasst worden sein. Einen Schaden, der darin bestehen kann, dass er durch die Äußerungen von der (rechtzeitigen) Veräußerung der Anleihe abgehalten wurde, legt er nicht dar.

3.

Nach dem Sachvortrag des Klägers sind auch Ansprüche wegen Zahlungen der Gesellschaft, die zu deren Existenzvernichtung führen, nicht begründet. Der Kläger beruft sich hierzu auf eine Zahlung, die nach seiner Auffassung am 15.11.2012 rechtsgrundlos an die T... Invest GmbH geleistet wurde.

Unberechtigt geleistete Zahlungen können zur Haftung nach § 117 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 5 AktG führen, wenn die Zahlung auf eine Einflussnahme auf ein Mitglied des Vorstandes, des Aufsichtsrates, eines Prokuristen oder eines Handlungsbevollmächtigten zurückzuführen ist, und einen Schaden der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre begründet. Der Ersatzanspruch der Gesellschaft kann gemäß § 117 Abs. 5 Satz 1 AktG auch durch die Gläubiger der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, übt indes während der Dauer des Insolvenzverfahrens der Insolvenzverwalter das Recht der Gläubiger aus, § 117 Abs. 5 Satz 3 AktG. Das am 01.02.2014 eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin (AG Frankfurt (Oder) - 3 IN 563/13) ist noch nicht abgeschlossen.

Ein Anspruch aus § 826 BGB, den das Landgericht unter Hinweis auf die zur GmbH ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung wegen einer sogenannten "Existenzvernichtungshaftung" erwogen hat (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2007 - II ZR 3/04, BGHZ 173, 246; Urteil vom 28.04.2008 - II ZR 264/06, BGHZ 176, 204), kann - unabhängig vom Vorliegen seiner Voraussetzungen - während des Insolvenzverfahrens ebenfalls nur vom Insolvenzverwalter verfolgt werden (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2007 aaO Rn. 34). Die Haftung ist zudem als Innenhaftung entwickelt, die nicht den einzelnen Gläubiger aufgrund einer Direkthaftung, sondern die Gesellschaft zum Schadensersatz berechtigt. Außerhalb des Insolvenzverfahrens sind daher die Gläubiger auf den "Umweg" verwiesen, erst aufgrund eines Titels gegen die Gesellschaft nach der Pfändung und Überweisung der Gesellschaftsansprüche gegen den Gesellschafter vorgehen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2007 aaO Rn. 36).

4.

Der Vortrag, dass Zahlungen der (a...) AG an die (c...) Vertriebs GmbH in Höhe von insgesamt 18.364.941,86 € und an die G... Invest GmbH in Höhe von 376.587,14 € in Gläubigerbenachteiligungsabsicht geleistet worden seien und der Anfechtung durch den Insolvenzverwalter unterlägen, lässt unberücksichtigt, dass die Insolvenzanfechtung gerade nicht zum Anspruch einzelner Gläubiger führt, sondern einen Anspruch des Insolvenzverwalters auf Zahlung an die Insolvenzmasse im Interesse aller Gläubiger begründet, § 143 InsO.

Nach der Insolvenzordnung anfechtbare Zahlungen begründen auch keine direkten Ansprüche anderer Gläubiger gegen den Vorstand wegen einer Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte, § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG. Denn die Bestimmung regelt allein die Pflichten des Vorstandsmitglieds aus seinem durch die Bestellung begründeten Rechtsverhältnis zur Gesellschaft. Sie dient nicht dem Zweck, Gesellschaftsgläubiger vor den mittelbaren Folgen einer sorgfaltswidrigen Geschäftsleitung zu schützen. Wie sich aus § 92 Abs. 2 AktG ergibt, lässt eine Verletzung der Pflichten zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung Schadensersatzansprüche nur der Gesellschaft, nicht hingegen der Gläubiger entstehen (BGH, Urteil vom 10.07.2012 - VI ZR 341/10, BGHZ 194, 26 Rn 23).

5.

Soweit der Kläger pauschal vorträgt, es seien Geräte veräußert worden, die nicht im Eigentum der (c...) Vertriebs GmbH gestanden hätten, begründet der pauschale Vortrag nicht, warum mit diesem Verhalten eine Schädigung der Anleihegläubiger der (a...) AG beabsichtigt war oder bewirkt wurde.

6.

Zur Begründung eines Anspruchs wegen verspäteter Insolvenzantragstellung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a InsO fehlt - ungeachtet der übrigen Anspruchsvoraussetzungen - Vortrag des Klägers jedenfalls dazu, aus welchen Umständen sich die Zahlungsunfähigkeit zu den von ihm vorgetragenen Zeitpunkten ergibt, wie das Landgericht in seinem Urteil zutreffend ausführt.

Der Kläger beruft sich zur Begründung zunächst auf die Berichte des Insolvenzverwalters, die die Zahlungsunfähigkeit jeweils spätestens am 01.06.2013 annehmen, ein früheres Datum indes nicht feststellen. Im Einzelnen wird auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil (S. 12) verwiesen. Die nach diesem Zeitpunkt unterbliebene Insolvenzantragstellung kann für den hier geltend gemachten Schaden, der im Erwerb der Anleihe liegt, nicht ursächlich sein.

Der Kläger behauptet mit der Berufung weiter, dass im August 2012, also vor Erwerb der Schuldverschreibung, Zahlungsunfähigkeit gegeben gewesen sei und eine negative Fortführungsprognose bestanden habe. Er beruft sich zur Begründung darauf, dass das Landgericht Frankfurt (Oder) im angefochtenen Urteil ein - im hier geführten Verfahren nicht vorgelegtes - Gutachten der ... Treuhand GmbH vom 29.01.2015 erwähnt habe. Das Landgericht Frankfurt (Oder) führt auf S. 12 des Urteils zu diesem Gutachten indes aus, dass die Insolvenz der Emittentin im August 2012 sich aus dem ihm bekannten Gutachten nicht ergebe, da es lediglich die Tochtergesellschaft betreffe und Bilanzmanipulationen erwähne, die im März 2013 für Dezember 2012 veranlasst worden seien. Dass Erkenntnisse des Beklagten vorgelegen hätten, die im Dezember 2012 oder zu einem früheren Zeitpunkt die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft anzeigten, stellt das Landgericht nicht fest. Die Bezugnahme des Klägers auf die Ausführungen des Landgerichts genügt nicht, um die Voraussetzungen einer verspäteten Insolvenzantragstellung oder einer deliktischen Haftung wegen Ausgabe von Inhaberschuldverschreibungen in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, zu begründen.

Inwiefern der Beklagte schließlich eine Verpflichtung zur Abwendung der Insolvenz verletzt, die Abwendung aber möglich gewesen wäre, trägt der Kläger auch mit der Berufung nicht näher vor.

7.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen insoweit nicht vorliegen, § 543 Abs. 2 ZPO.

Der Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz wird auf 14.183,77 € festgesetzt.

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