Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17.06.2020 - 7 U 146/17
Fundstelle
openJur 2020, 38879
  • Rkr:
Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers zu 1. und unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Klägers zu 1. und der Berufung des Klägers zu 2. wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 14.11.2017, Az. 11 O 126/10, teilweise abgeändert.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1. 130.645,45 € nebst Zinsen in Höhe von 2 % aus 87.096,97 € für den Zeitraum vom 03.06.2011 bis zum 29.09.2011 und aus 43.548,49 € für den Zeitraum vom 30.09.2011 bis zum 29.03.2012, ferner Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, mindestens aber in Höhe von 2 % aus 43.548,48 € seit dem 03.06.2011, aus weiteren 43.548,48 € seit dem 30.09.2011 und aus weiteren 43.548,49 € seit dem 30.03.2012 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger zu 1. zu 75 %, die Beklagte zu 25 %.

Von den Kosten der Berufungsinstanz trägt der Kläger zu 2. 70 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten. Die Beklagte trägt 30 % der Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

3. Dieses Urteil und das erstinstanzliche Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Vollstreckung der gegnerischen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem jeweiligen Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Kläger nehmen die Beklagte nach Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers zu 2. auf Zahlung einer Abfindung und Auszahlung von Gewinnansprüchen in Anspruch. Der Kläger zu 1. ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Klägers zu 2. und hat nach Insolvenzeröffnung durch Beschluss des AG Charlottenburg vom 27.05.2015 (Bl. 819 d.A.) erstinstanzlich das ursprünglich vom Kläger zu 2. geführte Verfahren aufgenommen. Nachdem der Kläger zu 1. in der Berufungsinstanz den Klageanspruch teilweise aus der Insolvenzmasse freigegeben hat, hat der Kläger zu 2. das Verfahren seinerseits hinsichtlich dieses Teils des Zahlungsanspruchs aufgenommen.

Der Kläger zu 2. sowie Herr K... H... und dessen Söhne S... und G... H... waren jeweils mit Geschäftsanteilen im Nennbetrag von 12.000 € Gesellschafter der aufgrund Gesellschaftsvertrag vom 28.02.2006 (Anlage K2, Anlagenband) mit dem heute maßgeblichen Unternehmensgegenstand gegründeten Beklagten. Weitere Gesellschafterin mit einem Geschäftsanteil von 2.000 € war die (X1...) GmbH. Das Stammkapital der Beklagten betrug 50.000 €. Der Kläger zu 2. und die Gesellschafter K..., S... und G... H... waren freundschaftlich verbunden, der Kläger zu 2. war zudem als Steuerberater der Beklagten tätig und beriet weitere Gesellschaften, an denen die Mitglieder der Familie H... Geschäftsanteile hielten.

Die Beklagte nahm Mitte des Jahres 2006 ihren Geschäftsbetrieb auf. Anfang des Jahres 2010 kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Gesellschafter K... H... und dem Kläger zu 2. Anlass war die Beratung in steuerlichen Angelegenheiten in Bezug auf ein weiteres Unternehmen, die (X2...) GmbH (im Folgenden: (X2...) GmbH), deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer K... H... war. Mit E-Mail vom 28.04.2010 (Anlage K8) kündigte der Kläger zu 2. gegenüber dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten S... H... an, dass er seine Anteile an der Beklagten an einen nicht benannten Interessenten veräußern wolle und teilte mit, dass er die Anteile den Mitgesellschaftern zum Preis von 1,25 Mio. € zum Erwerb anbiete. Mit Schreiben vom 05.05.2010 forderte er über seinen Prozessbevollmächtigten die Einsichtnahme in verschiedene Unterlagen und setzte eine Frist zur Vorlage bis zum 07.05.2010. Für den Fall, dass ihm die Einsichtnahme verweigert werde, kündigte er die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen an. Bei einer Gesellschafterversammlung am 19.05.2010 boten die Gesellschafter dem Kläger zu 2. den Erwerb seiner Anteile gegen Zahlung von 225.000 € an. Die Gewährung der Einsichtnahme in Unterlagen lehnten sie ab.

Mit Schreiben vom 20.05.2010 kündigte der Kläger zu 2. das Mandat der Beklagten (Anlage K 3) und stellte ihr Beratungsleistungen, die er in den Jahren 2006 bis 2009 unter anderem für die Erstellung der Jahresabschlüsse erbracht hatte, in Rechnung (Anlage K 4). Die Beklagte wies diese Rechnungen mit Schreiben vom 04.06.2010 (Anlage K 5) zurück unter Hinweis darauf, dass unter den Hauptgesellschaftern der Beklagten eine unentgeltliche Tätigkeit vereinbart gewesen sei.

Mit Schreiben vom 21.05.2010 (Anlage K 11) kündigte der Kläger zu 2. einen Darlehensvertrag mit der Beklagten vom 28.02.2007 über 40.000 € (Anlage K 11) und forderte zur Rückzahlung auf. Ebenfalls mit Schreiben vom 21.05.2010 (Anlage B 6) forderte er gegenüber der (X2...) GmbH die Rückgabe einer Rechnung vom 21.12.2009 über 238.000 € für eine Geschäftsanteilsbewertung und die Berechnung eines Abfindungsanspruchs gegenüber dem früheren Gesellschafter N... (Anlage B 5), da er diese Rechnung storniert habe. Mit Schreiben vom 17.06.2010 (Anlage B 7) setzte er eine Nachfrist für die Rückgabe und stellte in Aussicht, anderenfalls das Finanzamt zu benachrichtigen, da er davon ausgehe, die (X2...) GmbH beabsichtige, zu Unrecht einen Vorsteuererstattungsanspruch für die nicht beglichene Rechnung geltend zu machen. Zudem führte er aus, dass es bei fristgerechter Bezahlung der stornierten Rechnungen entbehrlich sei, Gebührenrechnungen nach den gesetzlichen Vorschriften zu stellen; dabei deutete er an, dass bei Erstellung solcher Rechnungen anderenfalls der ehemalige Gesellschafter der (X2...) GmbH, N..., als Zeuge zum Wert der von ihm an K... H... veräußerten Geschäftsanteile gehört werden müsste. K... H... verstand diesen Hinweis so, dass der Kläger zu 2. beabsichtigte, dem Gesellschafter N... Kenntnis darüber zu verschaffen, dass der Anteil bei Verkauf an ihn, K... H..., unrichtig, nämlich zu gering bewertet gewesen sei. Die (X2...) GmbH hatte nach Übertragung des Anteils von Herrn N... an K... H... mit Vertrag vom 28.09.2009 im Mai 2010 Arzneimittelzulassungen zu einem Preis von insgesamt 15 Mio. € (Bl. 79 d. A.) veräußert.

Mit Schreiben vom 24.06.2010 (Anlage K 10) reagierte der Kläger zu 2. auf eine Anfrage des Gesellschafters K... H... zu einer möglichen Einigung. Auch in diesem Schreiben stellte er die Unterrichtung Dritter über die Kaufverträge über Arzneimittelzulassungen in Aussicht und deutete an, dass bei Nichterfüllung seiner Forderungen K... H... mit erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen, aber auch mit steuer- und strafrechtlichen Konsequenzen rechnen müsse.

Mit Schreiben vom 19.08.2010 (Anlage K 15) lud der Geschäftsführer der Beklagten S... H... den Kläger zu 2. zu einer Gesellschafterversammlung am 27.09.2010. Als Tagesordnungspunkt wurde unter anderem die Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers angekündigt.

Mit Schreiben vom 07.09.2010 (Anlagenkonvolut K 12) stellte die Mutter des Klägers zu 2., Frau I... E..., den Antrag, ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten zu eröffnen. Zur Begründung führte sie aus, dass ihr Ansprüche aus einem Darlehensvertrag vom 28.02.2007 abgetreten worden seien und die Beklagte mit Schreiben vom 03.09.2010 mitgeteilt habe, die Forderung nicht begleichen zu können (Anlage K 14). Der Insolvenzantrag wurde nach Stellungnahmen der Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 06.10.2010 als unzulässig abgewiesen.

Bei der Gesellschafterversammlung am 27.09.2010 wurde beschlossen, dass die Anteile des Klägers zu 2. an der Beklagten zum 30.09.2010 eingezogen werden. In einer weiteren Gesellschafterversammlung am 07.12.2010 wurde erneut die Einziehung und die Bildung eines Geschäftsanteils von 12.000 € beschlossen, der von der Gesellschaft selbst übernommen wurde. Die Änderungen wurden am 16.05.2012 in die Gesellschafterliste beim Handelsregister aufgenommen.

Die Beklagte hat eine Zwischenbilanz zum 30.09.2010 (Anlage B1) erstellen lassen und auf dieser Grundlage dem Kläger zu 2. mit Schreiben vom 27.12.2010 (Anlage B 16) die Zahlung einer Abfindung nach dem Buchwert einschließlich Gewinnanteilen von 132.974,87 € abzüglich hälftiger Kosten für die Aufstellung der Bilanz von 2.329,42 €, insgesamt 130.645,45 € angeboten.

Die Kläger haben mit der Klage die Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse vom 27.09.2010 und vom 07.12.2010 begehrt. Die darauf gerichteten Anträge sind durch das angefochtene Urteil abgewiesen worden und werden mit der Berufung nicht mehr weiterverfolgt. Der weiter zunächst gestellte Antrag, die Beklagte zur Erstellung der Jahresbilanz 2010 zu verpflichten, ist übereinstimmend für erledigt erklärt worden.

Die Kläger haben ferner die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 782.738,64 € nebst Zinsen und eines Gewinnanteils von 118.645 € nebst Zinsen begehrt. Hinsichtlich der Berechnung des Abfindungsbetrages wird auf Anlage B 17 verwiesen.

Zur Begründung haben sie - soweit in der Berufungsinstanz noch von Interesse - erstinstanzlich insbesondere vorgetragen: Der wahre Wert des Unternehmens belaufe auf 3.261.411 €. Ein vom Kläger zu 2. in Auftrag gegebenes Gutachten der Wirtschaftsprüfer Si... und B... aus der Wirtschaftsprüfergesellschaft (...) vom 28.10.2011 berechne den Wert auf 1,8 Mio €. Der Wert des von dem Kläger zu 2. gehaltenen Anteils betrage danach 432.000 €. Die auf der Grundlage von Buchwerten bemessene Abfindung sei anzupassen auf den wahren Wert des Anteils. Der Gewinn müsse zusätzlich berechnet werden, er sei in dem Abfindungsguthaben nicht bereits berücksichtigt.

Nachdem die Kläger zunächst die Berechnung in der Zwischenbilanz zum 30.09.2010 für unzutreffend erachtet haben, haben sie ihren Angriff gegen die dort angesetzten Werte mit Schriftsatz vom 29.05.2012 (Bl. 260) nicht mehr aufrechterhalten.

Soweit die Beklagte eingewandt hat, eine Anpassung der Abfindung komme nicht in Betracht, da die Abfindung nach Buchwerten unter Würdigung aller Umstände nicht unbillig sei, haben die Kläger ausgeführt: Von der Anpassung sei nicht abzusehen, da die Gründe, die die Beklagte für die Einziehung seiner Anteile angeführt habe, nicht gewichtig seien: Zur Kündigung des Steuerberatungsmandates sei der Kläger zu 2. berechtigt gewesen. Dass die Tätigkeit für die Beklagte unentgeltlich erfolgen sollte, sei ihm nicht bekannt. Sein Schreiben vom 24.05.2010 habe einen Bezug zu den geführten Auseinandersetzungen gehabt und sei nicht als Drohung auszulegen. Gleiches gelte für die im Zusammenhang mit der Stornierung einer Rechnung geführte Korrespondenz. Die Formulierung des Insolvenzantrages durch die Mutter des Klägers zu 2. sei darauf zurückzuführen, dass die Prozessbevollmächtigten der Beklagten ihr mit Schreiben vom 03.09.2010 mitgeteilt hätten, dass die Beklagte das Darlehen nicht zurückzahlen könne.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Sie hat die Ansicht vertreten, dass die von den Klägern dargestellte Bewertung überhöht sei und die konkreten Gegebenheiten nicht berücksichtige. Eine Anpassung des Abfindungsanspruchs sei aufgrund erheblicher Treuepflichtverletzungen des Klägers zu 2. nicht geboten. Der Kläger zu 2. habe versucht, durch die Anregung eines Insolvenzantrages und die von ihm in seinen Schreiben in Aussicht gestellte Mitteilung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gegenüber Dritten der Beklagten, die mit der (X2...) GmbH in Geschäftsbeziehung stand, erheblich zu schaden. Ein Anspruch auf Gewinnauszahlung stehe ihm zusätzlich zur Abfindung nicht zu. Für die in den Jahren 2006 bis 2009 entstandenen Gewinne hätten die Gesellschafter eine Auszahlung nicht beschlossen. Für das Jahr 2010 sei der Gewinn in der Abfindungsbilanz bereits enthalten.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 04.02.2015 (Bl. 589 d. A.) die Aufrechnung gegenüber den mit der Klage geltend gemachten Ansprüchen bis zur Höhe von 162.635,31 € erklärt. Grundlage der Aufrechnung ist eine am 03.12.2014 vereinbarte Abtretung von Ansprüchen (Anlage B 33, Bl. 629), die zugunsten des Gesellschafters K... H... gegen die (X3...) GmbH i.L. tituliert worden sind. Die Beklagte habe einen Anspruch gegen ihren Gesellschafter K... H... auf Zahlung gehabt, da sie zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Abfindung nicht in der Lage gewesen sei, die Abfindung zu zahlen. Wenn die Gesellschafter dennoch die Einziehung beschließen würden, hafteten sie persönlich für die Abfindung. Die von K... H... an die Beklagte abgetretenen Ansprüche ergeben sich aus einem Urteil des Landgerichts Berlin vom 09.01.2013 - 100 O 46/12 - (Anlage B 34, Bl. 633 d. A.), sowie einem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23.01.2013 (Anlage B 36, Bl. 660 d.A.) und einem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 04.08.2014 (Anlage B 37, Bl. 662 d. A.) jeweils aus demselben Verfahren. K... H... hat aus diesen Titeln mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des AG Lichtenberg vom 05.11.2014 (35 PM 4490/14, Anlage B38, Bl. 664) Ansprüche der (X3...) GmbH i.L. gegen den Kläger zu 2. als Liquidator gepfändet. Der Kläger zu 2. war seit dem 31.07.2007 zum Liquidator der (X3...) GmbH i.L. bestellt worden. Die Beklagte und der die Pfändung betreibende Gesellschafter K... H... sind der Ansicht gewesen, dass der (X3...) GmbH i.L. Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266 Abs. 1 StGB wegen mehrerer Zahlungen zustünden, die der Kläger zu 2. als Liquidator an die (X4...) GmbH (im Folgenden: (X4...) GmbH) veranlasst habe. Die (X3...) GmbH i.L. habe, vertreten durch den Kläger zu 2., am 31.10.2007 und am 23.12.2008 Zahlungen Höhe von insgesamt 58.000 € an die (X4...) GmbH ohne Rechtsgrund geleistet. Alleiniger Gesellschafter der (X4...) GmbH ist der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu 2. Zudem bestehe ein Anspruch der (X3...) GmbH i.L. auf Erstattung der Zinsen, die für die Inanspruchnahme des Kontokorrentkredites des Unternehmens in dieser Höhe entstanden seien.

Ferner habe der Kläger zu 2. nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der (X3...) GmbH i.L. im April 2011 Zahlungen geleistet, nämlich am 30.01.2012 eine Zahlung auf eine unberechtigt gelegte Rechnung des Steuerberatungsbüros ... GbR für Beratungs- und Liquidatorentätigkeit in Höhe von 26.891,62 € (Bl. 598, 599 d. A.).

In Höhe eines weiteren Betrages von 129.630,21 € hafte der Kläger zu 2. gegenüber der (X3...) GmbH i.L., weil er am 18.03.2011 als Liquidator zur Beendigung eines Rechtsstreits beim Landgericht Cottbus einen außergerichtlichen Vergleich mit dem früheren Gesellschafter D... F... geschlossen habe, im dem festgelegt wurde, dass D... F... Anspruch auf einen Erlös aus der Veräußerung von Arzneimittelzulassungen in Höhe von 129.630,21 € hat. Die Haftung des Klägers ergebe sich, da eine rechtliche Grundlage für die Zahlungen nicht gegeben sei, aus § 42, 43 GmbHG und aus § 64 Satz 1 GmbHG.

Der Kläger zu 1. hat hierzu erwidert, die Beklagte habe die Aufrechnungslage in gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3, § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbarer Weise erlangt. Die Abtretung vom 03.12.2014 sei im Zeitraum innerhalb von drei Monaten vor Eingang des Insolvenzantrages über das Vermögen des Klägers zu 2. beim zuständigen Insolvenzgericht am 02.02.2015 (Anlage K 40, Bl. 879, 879R, 880 d.A.) vereinbart worden. Am 03.12.2014 sei der Kläger zu 2. bereits zahlungsunfähig gewesen. Es hätten fällige Verbindlichkeiten in Höhe von 130.629,64 € bestanden, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr ausgeglichen werden konnten.

Zudem hat der Kläger zu 1. die Einrede der Verjährung erhoben, soweit der Anspruch wegen der Zahlungen an die (X4...) GmbH vom 31.10.2007 und vom 23.12.2008 Gegenstand der Aufrechnung sei. Das Fehlen eines Rechtsgrundes hat er bestritten. Soweit Forderungen wegen Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife gepfändet worden seien, sei die Pfändung auch nicht hinreichend bestimmt und infolgedessen unwirksam. Auch insoweit hat er vorsorglich die Einrede der Verjährung erhoben. Insolvenzreife habe zu den von der Beklagten vorgetragenen Zahlungszeitpunkten nicht vorgelegen. Eine Überschuldungsbilanz sei nicht vorgelegt worden.

Ergänzend wird hinsichtlich des Sachverhaltes im Einzelnen und der erstinstanzlich gestellten Anträge auf den Tatbestand und die weiteren tatsächlichen Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen.

Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens über den Wert des Unternehmens die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Einziehung der Geschäftsanteile des Schuldners durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 07.12.2010 sei nicht unwirksam. Die Beklagte sei wegen mehrerer Umstände zur Einziehung berechtigt gewesen. Dies seien die Äußerungen des Klägers zu 2. im Schreiben vom 24.06.2010 (Anlage K 10), mit denen er zur Durchsetzung eines Einigungsvorschlages gegenüber dem Gesellschafter K... H... ankündigte, dass vertrauliche Beschlussfassungen Dritten gegenüber offenzulegen wären, wenn er seine Anteile an einen Außenstehenden veräußere und dass wirtschaftliche und strafrechtliche Konsequenzen drohten. Ferner sei die Beklagte zur Einziehung berechtigt gewesen wegen der Drohung des Klägers zu 2., möglicherweise zu Unrecht vorgenommene Vorsteuerabzüge dem Finanzamt anzuzeigen und wegen der nach der Auffassung des Landgerichts vom Kläger zu 2. veranlassten Insolvenzantragstellung durch dessen Mutter.

Der Anspruch auf Erstellung einer Abfindungsbilanz sei erfüllt. Gewinnansprüche des Beklagten bestünden nicht, da diese in der von der Beklagten berechneten Abfindungssumme bereits enthalten seien.

Die Höhe des Abfindungsbetrages belaufe sich auf gerundet 133.000 € nach dem Buchwert. Der Buchwert sei nicht im Hinblick auf einen höheren wahren Unternehmenswert, den der Sachverständige für den Anteil des Klägers mit 297.000 € berechnet habe, anzupassen. Dies sei im Hinblick auf die zur Einziehung führenden wichtigen Gründe, die im Verhalten des Klägers zu 2. lägen, nicht geboten. Der Abfindungsanspruch sei allerdings durch die nach Auffassung des Landgerichts hilfsweise erklärte Aufrechnung erloschen. Die Aufrechnungslage sei zu berücksichtigen, insbesondere stelle die Abtretung von Ansprüchen des K... H... an die Beklagte keine anfechtbare Rechtshandlung dar. Mit der Abtretung habe der Gesellschafter K... H... nämlich die Beklagte erst in die Lage versetzt, die Abfindung aus dem freien Vermögen der Beklagten zu zahlen. Hierzu sei er auch verpflichtet gewesen, da das freie Vermögen der Beklagten zum 31.12.2013 nur 14.092,52 € und zum 31.12.2014 nur 10.055,49 € betragen habe. Da die Gesellschafter für die Zahlung der Abfindung hafteten, habe der Gesellschafter eine Pflicht aus dem Gesellschaftsvertrag erfüllt, die nicht inkongruent sei. Dass die Forderungen, die abgetreten wurden, bestünden, ergebe sich aus dem Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 13.02.2017, den der Kläger zu 1. nicht qualifiziert bestritten habe. Die Forderungen seien auch nicht verjährt.

Der Kläger zu 1. hat gegen das am 24.11.2017 zugestellte Urteil am 28.11.2017 Berufung eingelegt. Er hat mit Schreiben vom 29.11.2017 (Anlage K 53, Bl. 1085 d. A.) die Ansprüche aus der Masse freigegeben, soweit sie den Betrag von 133.000 € nebst geltend gemachter Zinsen übersteigen. Der Kläger zu 1. hat sodann die Berufung am 15.12.2017 begründet. Er ficht das Urteil in Höhe von 133.000 € an und beruft sich zur Begründung auf seine Rechtsauffassung, dass die Abtretung von den durch K... H... gepfändeten Ansprüchen der (X3...) GmbH i.L. gegen den Kläger zu 2. inkongruent gewesen sei. Die Beklagte habe keinen Anspruch gegenüber dem Kläger zu 2. darauf gehabt, dass ihr ein diesem gegenüber bestehender Anspruch abgetreten und die Aufrechnungslage begründet werde. Demgegenüber sei entgegen den Ausführungen des Landgerichts rechtlich nicht maßgeblich, ob die Beklagte gegen K... H... einen Zahlungsanspruch gehabt habe.

Der Schuldner, der Kläger zu 2., sei zum Zeitpunkt der Abtretung im Dezember 2014 zahlungsfähig gewesen. Die Beteiligung des Klägers an der (X5...) GmbH ändere daran nichts. Die Gesellschaft verfüge nur in geringem Umfang über liquide Mittel. Sie habe überwiegend Forderungen gegen Gesellschafter, also den zahlungsunfähigen Kläger zu 2. Zudem habe der Kläger zu 2. die Anteile an der Gesellschaft auch nur treuhänderisch gehalten. Eigene Ansprüche auf das Vermögen der Gesellschaft stünden ihm nicht zu (vgl. Treuhandvertrag Bl. 1506).

Die Argumentation der Beklagten, die Abtretung sei vom Gesellschafter K... H... vorgenommen worden, um die Beklagte in die Lage zu versetzen, den Abfindungsanspruch des Klägers zu 2. nach Einziehung seiner Geschäftsanteile zu erfüllen, übersehe, dass die abgetretenen Ansprüche wirtschaftlich wertlos seien und die Liquidität der Beklagten nicht erhöhten. Es sei auch nicht zutreffend, dass die Beklagte den Abfindungsanspruch nicht habe erfüllen können. Zum Stichtag 30.09.2010, zu dem die Einziehung erfolgt sei, habe die Gesellschaft über ungebundenes Vermögen von etwa 500.000 € verfügt. Schließlich sei der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aber auch zu unbestimmt, soweit er abgesehen von zwei konkret bezeichneten Zahlungen auf Forderungen "wegen sämtlicher vom Liquidator veranlasster Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife" laute. Die (X3...) GmbH i.L. sei zum Zeitpunkt der Zahlungen des Liquidators zudem nicht insolvent gewesen. Der zur Aufrechnung gestellte Anspruch gemäß § 64 GmbHG sei auch erloschen, weil der frühere Gesellschafter der (X3...) GmbH i.L D... F... am 04.09.2015 einen Betrag in Höhe der gepfändeten 129.630,21 € an den Insolvenzverwalter der (X3...) GmbH i.L. zurückgezahlt habe, nachdem am 27.05.2015 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der (X3...) GmbH i.L. eröffnet worden war.

Der Kläger zu 2. hat die vom Kläger zu 1. unbeschränkt eingelegte Berufung nach Freigabe der den Betrag von 133.000 € nebst Zinsen übersteigenden Forderung und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21.02.2018 am 21.02.2018 begründet, soweit die abgewiesene Klageforderung über 133.000 € nebst Zinsen hinausgeht. Er trägt vor: Tatsächlich stehe ihm ein Abfindungsanspruch nach dem Verkehrswert seines Anteils in Höhe von 631.000 € zu. Der Anspruch auf Gewinnausschüttung in Höhe von 118.645 € sei noch hinzuzurechnen. Das Landgericht habe sich im Urteil mit seinen Einwendungen gegen das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten nicht auseinandergesetzt. Er habe insbesondere aufgezeigt, dass der Gutachter methodische Fehler begangen habe und daher in den Bereichen der Planung des Personalaufwandes, des Geschäftsführergehaltes und der sonstigen betrieblichen Aufwendungen zu seinem Nachteil unrichtige Bewertungen angesetzt habe. Gehe man danach von einem gerechtfertigten Unternehmenswert von 2.628.000 € aus, so ergebe sich ein Abfindungsanspruch von 631.000 €, der als Grundlage einer Anpassung der Abfindung nach Buchwerten herangezogen werden müsse. Seiner Auffassung nach hätten die von ihm benannten Wirtschaftsprüfer als Zeugen vernommen und ein Obergutachten hätte eingeholt werden müssen.

Die Beklagte selbst gehe auch von einem höheren Verkehrswert des Unternehmens aus, da sie bei Verkauf des Unternehmens wegen der Forderung des Klägers eine Kapitalrücklage in Höhe von 962.000 € gebildet habe (Bl. 1319). Er habe sich nicht grob treuwidrig verhalten, die Anpassung der Abfindung dürfe ihm mithin nicht versagt werden. Die Ankündigungen in seinem Schreiben vom 24.06.2010, die er gegenüber einem Gesellschafter, nicht gegenüber der Gesellschaft zum Ausdruck gebracht habe, seien nicht sachfremd gewesen. Strafrechtliche Ermittlungen, die gegen ihn wegen Nötigung geführt worden seien, seien eingestellt worden. Er habe versucht, eine stornierte Rechnung von der Adressatin, der (X2...) Arzneimittel GmbH, zurückzuerhalten, weil er dies zur Vermeidung des Missbrauchs mit einem Vorsteuererstattungsanspruch für geboten gehalten habe. Es bleibe auch offen, warum die Kündigung eines Gesellschafterdarlehens ihm zum Nachteil gereichen sollte, da er hierzu rechtlich befugt gewesen sei und das Darlehen auch nur 7 % des gesamten Volumens der Gesellschafterdarlehen erfasst habe. Soweit seine Mutter einen Insolvenzantrag gestellt hat, sei sie dazu berechtigt gewesen, weil die Forderung fällig gewesen sei und die Beklagte mitgeteilt habe, nicht zahlungsfähig zu sein. Aus sämtlichen, als treuwidrig eingeschätzten Verhaltensweisen sei der Beklagten auch kein erheblicher Schaden entstanden. Die Beklagte selbst habe in einem anderen Verfahren den Schaden zur Abwendung des Insolvenzantrages mit lediglich 2.198 € beziffert. Im Übrigen habe sie eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen. Es müsse dagegen aber berücksichtigt werden, dass er auch für die erheblichen Investitions- und Betriebsmittelkredite der Beklagten gebürgt habe und auch nach seinem Ausschluss nicht aus der Haftung entlassen worden sei. Die Gesellschafter hätten ihre Anteile an der Gesellschaft zwischenzeitlich veräußert. Er habe für die Beklagte Jahresabschlüsse und andere Dienstleistungen aus seiner Steuerberatertätigkeit während seiner Mitgliedschaft erbracht.

Zusätzlich zur Abfindung nach dem Verkehrswert des Geschäftsanteils seien schließlich die Gewinnansprüche für die Jahre 2005 bis 2010 an ihn anteilig auszuzahlen, die er mit 118.645,45 € berechnet (Bl. 1172 unten). Dies ergebe sich aus § 16 Abs. 3 der Satzung, wonach Gewinn und Verlust neben dem Abfindungsanspruch zu zahlen seien.

Gegenüber der mit Schriftsatz vom 19.07.2019 der Beklagten erklärten Hilfsaufrechnung erhebt er die Einrede der Verjährung und trägt hierzu ergänzend vor: Der mit der Aufrechnung geltend gemachte Anspruch wegen Zahlungen an die (X4...) GmbH sei verjährt. Dem Gesellschafter K... H... seien die Zahlungen bekannt gewesen, da er sie selbst angewiesen habe. Zahlungen seien nicht ohne die Zustimmung von K... H... geleistet worden, weil dieser persönlich für den Kontokorrentkredit der Gesellschaft gehaftet habe (Anlage BK 19, Bl. 1430) und daher Überweisungen nur nach seiner Anweisung hätten vorgenommen werden dürfen. Dafür sprechen auch die Formulierungen von K... H... bzw. dessen Prozessbevollmächtigter, die in den Verhandlungen mit ihm verwendet worden seien, etwa im Vergleichsvorschlag vom 11.05.2010 (Anlage BK 20, Bl. 1432) und vom 16.06.2010 (Anlage BK 22, Bl. 1440). Schließlich sei in einem Schreiben im Namen des Herrn H... im Insolvenzverfahren der (X3...) GmbH i.L. vom 26.08.2011 die Zahlung erwähnt worden (Anlage BK 23, Bl. 1445 d. A.).

Der Kläger zu 1. beantragt,

das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 14.11.2017 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 133.000 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Kläger zu 2. beantragt

das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 14.11.2017 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, über den an den Kläger zu 1. zu zahlenden Betrag von 133.000 € nebst Zinsen hinaus an ihn weitere 616.645 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zu 2. zu verwerfen und die Berufung im Übrigen zurückzuweisen.

Die Beklagte wendet auf die Berufung des Klägers zu 1. ein: Der Abfindungsbetrag betrage nur 130.645,45 €, da von dem Abfindungsbetrag in Höhe von 132.974,87 € die hälftigen Kosten für die Stichtagsbilanz von 2.329,42 € in Abzug zu bringen seien.

Die Berufung des Klägers zu 2. hält sie für unzulässig, da die Erweiterung des Berufungsantrages nach Ablauf der Berufungsfrist erklärt worden sei und der Kläger zu 2. nicht selbst rechtzeitig Berufung eingelegt habe. Der Anschluss an die Berufung des Klägers zu 1. sei nicht zulässig, weil der Kläger zu 2. insoweit keine Verfügungsbefugnis habe. Zudem ist sie der Ansicht, die Erklärung des Klägers zu 1. über die Freigabe der geltend gemachten Ansprüche sei als Verzicht auf die Berufung auszulegen, soweit die Forderung den Betrag von 133.000 € nebst Zinsen übersteige. Sie weist darauf hin, dass nach dem vom Kläger zu 2. gestellten Zahlungsantrag jedenfalls die Unzulässigkeit der Berufung in Höhe eines Teilbetrages von 133.000 € gegeben sei, weil der Kläger zu 2. seinerseits insoweit nicht verfügungs- und folglich nicht prozessführungsbefugt sei.

Hinsichtlich der Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten verweist sie auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen und verteidigt die Ausführungen des Sachverständigen A....

Die Entscheidung des Landgerichts, dass eine Anpassung des Abfindungsanspruchs nicht vorgenommen werden müsse, sei nicht zu beanstanden. Die Buchwertklausel, die eine maßvolle Abfindung ausscheidender Gesellschafter gewährleiste, sei auch von der (X1...) mbH bei deren Beitritt gefordert worden. Diese habe Beteiligungskapital in Höhe von 300.000 € zur Verfügung gestellt und ein Interesse daran gehabt, dass die Klausel zur Sicherung der Liquidität der Gesellschaft aufgenommen werde. Zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Klägers zu 2. sei die Aufbauphase des Unternehmens noch nicht beendet gewesen. Der Vermögenswert habe sich vor allem aus dem Anlage- und Umlaufvermögen der Gesellschaft gebildet, nicht aber aus deren Liquidität. Die Gesellschaft habe sich in einer Situation befunden, die gerade dem Sinn der Buchwertklausel entsprochen habe.

Der Anteil des Klägers zu 2. am Aufbau des Unternehmens sei geringer als der Anteil der übrigen Gesellschafter. Bei Gründung der Gesellschaft habe dem Kläger zu 2. die Erstellung der Jahresabschlüsse oblegen, den Brüdern G... und S... H... die Geschäftsführung und K... H... die Akquise. Die Buchhaltung des Unternehmens sei intern erfolgt. Die Tätigkeit des Klägers habe sich auf die Erstellung der Jahresabschlüsse für die Jahre 2005 bis 2008 beschränkt, wobei das erste Jahr noch keine Geschäftstätigkeit des Unternehmens abgebildet habe. Die Vereinbarung über die Beiträge der Gesellschafter habe der Kläger dann jedoch am 20.05.2010 gekündigt, die erbrachten Jahresabschlüsse abgerechnet und den Betrag von 24.311 € brutto gerichtlich verfolgt.

Die anderen Gesellschafter hätten deutlich höhere Beiträge geleistet. Die Geschäftsführertätigkeit sei mit nur 400 € jeweils gegenüber den Geschäftsführern S... und G... H... vergütet worden. Dem stehe die Verantwortung der Geschäftsführer gegenüber, die der Sachverständige mit einer jährlichen Vergütung von insgesamt 140.000 € als angemessen entgolten angesehen habe. K... H... habe die Akquise betrieben, die aufgrund seiner jahrelangen Erfahrung in der Pharmabranche erhebliche Vorteile für das Unternehmen gebracht habe. Der Wert der Steuerberatertätigkeit sei im Vergleich dazu gering.

Auch die finanzielle Beteiligung am Unternehmen sei im Vergleich zur Beteiligung der übrigen Gesellschafter geringer gewesen. Dem Darlehen des Klägers zu 2. in Höhe von 40.000 € stünden Darlehen der anderen Gesellschafter und verbundener Unternehmen von 630.000 € gegenüber. Dies entspreche einem Anteil von gerade einmal 5,9 % bei gleicher gesellschaftsrechtlicher Beteiligung. Die Bürgenhaftung des Klägers zu 2. sei wie die der anderen Gesellschafter S..., G... und K... H... nur anteilig begründet, nicht gesamtschuldnerisch über den Gesamtbetrag. Die anteilige Haftung der Gesellschafter sei in der Höhe begrenzt und treffe die Gesellschafter in gleicher Höhe. Die größte Sicherheit habe jeweils die (X1...) übernommen (Bl. 1467R bis 1468R).

Der Kläger zu 2. habe seine Bürgschaften im Zusammenhang mit seinem Ausscheiden aber auch gekündigt. Dies hätte zur Kündigung der Kredite führen können und habe nur durch geschicktes Verhandeln abgewendet werden können. Es treffe nicht zu, dass der Kläger zu 2. weiterhin für Kredite der Beklagten hafte. Die Fremdfinanzierungen konnten durch Bemühungen der übrigen Gesellschafter im Jahr 2014 zurückgeführt werden. Eine Haftung des Klägers zu 2. bestehe nicht mehr.

Es sei ihr erheblicher Schaden durch das Verhalten des Klägers zu 2. entstanden: Sie habe für die Abwendung der rechtlichen Angriffe des Klägers zu 2. Kosten in Höhe von rund 190.000 € aufwenden müssen (unter Bezugnahme auf ihre Darstellung in Anlage B 26, Bl. 459, 460) und zu diesem Zweck Gesellschafterdarlehen aufnehmen müssen. Zwar seien die Kosten überwiegend erst nach Beschlussfassung über die Einziehung entstanden; maßgeblich sei aber ohnehin nicht die Schadenshöhe im Einzelnen, sondern die Treuepflichtverletzungen des Klägers zu 2. Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen zum Schreiben des Klägers zu 2. vom 24.06.2010, zur Rückforderung der Gebührenrechnung des Klägers zu 2., die sie wegen der Stornierung der Rechnung nicht für geboten hielt und zum Insolvenzantrag der Mutter des Klägers zu 2.

Selbst wenn man die Anpassung des Abfindungsanspruchs für gerechtfertigt erachten würde, wäre der Abfindungsanspruch jedenfalls aufgrund der Verletzung nachwirkender Treuepflichten durch den Kläger zu 2. verwirkt. Er habe sich schädigend gegenüber der Gesellschaft verhalten, indem er Anlass dazu gegeben habe, dass - insoweit unstreitig - mehrere zivilrechtliche Verfahren, aber auch Strafverfahren geführt worden sind:

- Der Kläger zu 2. machte eine Vergütung für seine Tätigkeit bei Erstellung der Jahresabschlüsse für die Beklagte gerichtlich geltend (Verfahren LG Cottbus - 4 O 181/10 -) und ist in drei Instanzen unterlegen.

- Er veranlasste seine Mutter, seinen an sie abgetretenen Darlehensanspruch gegenüber der Beklagten in Höhe von 20.000 € gerichtlich geltend zu machen, obwohl zuvor die Stundung des Darlehens vereinbart gewesen sei (Verfahren vor dem LG Cottbus - 3 O 282/11-). Das Verfahren endete mit einem Vergleich, das Darlehen wurde in Raten zurückgeführt.

- Er veranlasste eine Bekannte, Frau H... Se..., zur Kündigung eines zu Anlagezwecken gewährten Darlehens. Die Klage wurde abgewiesen, weil ein Grund zur Kündigung des Darlehens nicht bestand (Verfahren LG Cottbus - 3 O 274/11 -).

- In einem Verfahren vor dem LG Berlin - 31 O 352/11 - nahm eine Firma (X6...) GmbH aus abgetretenem Recht der (X3...) GmbH i.L., deren Liquidator der Kläger zu 2. war, G... und S... H... auf Schadensersatz in Höhe von 2.659.952 € in Anspruch. Sie behauptete, die dort Beklagten hätten gemeinsam mit ihrem Vater der GmbH rechtswidrig Vermögen entzogen und an die hier Beklagte übertragen. Die Angaben in der Klageschrift stammten vom Kläger zu 2. Der Vortrag habe im Verfahren widerlegt werden können, die Klage ist in zwei Instanzen ohne Erfolg geblieben. Der Kläger zu 2. hatte auf Grund seiner steuerlichen Beratung für beide Gesellschaften detaillierte Kenntnisse, die er in das Verfahren einführte. Zudem profitierte er von dem Erfolg der Beklagten, da er deren Mitgesellschafter war.

- Vor demselben Hintergrund erstattete der Kläger zu 2. bei der Staatsanwaltschaft Duisburg am 20.07.2012 Strafanzeige gegen K..., S... und G... H... wegen Untreue und Bankrott. Das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt.

- In einem weiteren Verfahren nahm die (X6...)s GmbH mit Schreiben vom 21.11.2012 aus abgetretenem Recht des Herrn N... die (X2...) GmbH und K... H... in Anspruch. Herr N... war der frühere Mitgesellschafter von Herrn H... in der (X2...) GmbH. Der Klage über 6 Mio € lag die - in einem Schreiben des Klägers zu 2. an K... H... vor Ausscheiden aus seiner Gesellschaft angedeutete - Behauptung zugrunde, dass K... H... bei Erwerb der Anteile Herrn N... über den Wert der Geschäftsanteile getäuscht habe. Die Klage war im Wesentlichen durch Angaben des Klägers zu 2., der im Verfahren als Zeuge benannt wurde, ermöglicht worden. Die Klage wurde nach einer Auseinandersetzung über die Zuständigkeit nicht weitergeführt. Herr N... ließ sich die vermeintlichen Ansprüche dann wiederum von der (X6...) GmbH abtreten und wandte die Forderung im Wege der Aufrechnung in einem Verfahren vor dem LG Frankfurt (Oder) - 31 O 91/12 - ein. Die Aufrechnung blieb erfolglos.

Ein Anspruch auf Gewinn bestehe nicht. Der Gewinn zum 31.12.2010 stehe dem Kläger zu 2. nicht zu, da seine Beteiligung zum 30.09.2010 beendet wurde. Der kumulierte Gewinn bis zum Stichtag sei in der Verkehrswertberechnung bereits enthalten, da die Wertermittlung des Sachverständigen von einer auch auf diesem Gewinn beruhenden Entwicklung des Unternehmens ausgehe. Der vom Kläger zu 2. zitierte Gutachter komme letztlich zu demselben Ergebnis.

Die von ihr erstinstanzlich erklärte Aufrechnung, die sie in Übereinstimmung mit den Ausführungen im landgerichtlichen Urteil als hilfsweise erhoben betrachtet (Bl. 1477), wiederholt sie hilfsweise gegenüber dem von dem Kläger zu 2. in Bezug auf den mit der Berufung verfolgten Teil der Forderung, soweit er 133.000 € übersteigt (Bl.1317), da dem Kläger zu 2 der Einwand der Anfechtbarkeit der Aufrechnungslage nicht zustehe.

Zur Aufrechnung trägt sie ergänzend vor: Sie erkläre zunächst mit einem abgetretenen Betrag von 162.635,31 € gegenüber der Forderung des Klägers zu 1. in Höhe von 133.000 € die Aufrechnung (Bl. 618), sodann hilfsweise gegenüber dem Beklagten zu 2. (Bl. 1317), in der Reihenfolge (Bl. 1482):

a. Schadensersatzansprüchen wegen Zahlungen an die (X4...) GmbH in Höhe von 65.143,10 €

b. Schadensersatzansprüche und Ansprüche gemäß § 64 GmbHG wegen Abschluss eines Vergleichs mit D... F... über 129.630,21 €

c. Schadensersatzansprüche bzw. Ansprüche gemäß § 64 GmbHG wegen Zahlungen an die ... GbR auf Scheinrechnungen über 26.891,62 €.

Die Aufrechnung gegenüber dem Kläger zu 1. scheitere nicht daran, dass die Aufrechnungslage durch eine anfechtbare Handlung erlangt worden sei, § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Sie verteidigt die Argumentation des Landgerichts und ist der Ansicht, dass die Kongruenz nicht im Verhältnis des Aufrechnenden zum Schuldner, sondern im Verhältnis des Zedenten zum Zessionar vor Erklärung der Aufrechnung zu beurteilen sei. Im Übrigen bestehe auch im Verhältnis des Klägers zu 2. und der Beklagten ein Anspruch auf die Zahlung des Gesellschafters, um den Abfindungsanspruch erfüllen zu können. Dieser ergebe sich aus dem Gesellschaftsverhältnis. Die Gesellschafter seien auch befugt, den Zahlungsanspruch der Gesellschaft durch Abtretung zu erfüllen. Daraus folge nicht die Inkongruenz der Leistung im Verhältnis zum Kläger zu 1. Für die Beurteilung der Kongruenz komme es nicht auf den Zeitpunkt der Fälligkeit des Abfindungsanspruchs, sondern auf den Zeitpunkt der Abtretung am 03.12.2014 an.

Die Voraussetzungen der Anfechtung lägen aber hinsichtlich der Abtretung auch nicht vor. Der Kläger zu 2. sei am 03.12.2014 nicht zahlungsunfähig gewesen. Er sei seit dem 13.11.2014 einziger Gesellschafter der (X5...) GmbH und seit September 2014 deren Geschäftsführer. Diese Gesellschaft habe im Jahr 2014 einen Überschuss von 661.283,45 € erzielt. Die offenen Verbindlichkeiten bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens beliefen sich auf nur rund 130.000 €. Daher sei nicht von Zahlungsunfähigkeit auszugehen. Sie habe von der Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Klägers zu 2. erst im April 2015 Kenntnis erlangt.

Die vorgenommenen Pfändungen, insbesondere in Ansprüche nach § 64 Abs. 1 GmbHG, seien auch hinreichend bestimmt. Es genüge, dass Gläubiger, Schuldner und Drittschuldner genannt würden und dass der Gegenstand des Anspruchs so bezeichnet sei, dass er von anderen Ansprüchen des Schuldners abgegrenzt werden könne.

Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Klägers zu 2. als Liquidator gemäß § 64 GmbHG lägen vor. Die (X3...) GmbH i.L. sei bereits im August 2014 vom Kläger selbst als insolvent angesehen worden. Die in der Berufungsinstanz vom Kläger zu 1. eingewandte Zahlung von D... F... an den Insolvenzverwalter der (X3...) GmbH i.L. sei erst im September 2015 geleistet worden und könne mithin den zur Aufrechnung gestellten Anspruch nicht rückwirkend entfallen lassen.

Die Ansprüche der (X3...) GmbH i.L. wegen Zahlungen an die (X4...) GmbH seien auch nicht verjährt. Für den Verjährungsbeginn komme es darauf an, ob eine vertretungsberechtigte Person Kenntnis von der Forderung und den anspruchsbegründenden Tatsachen hat, wenn Ansprüche gegen einen Geschäftsführer oder Liquidator geltend gemacht werden sollen. Dies sei ihrer Auffassung nicht der Gesellschafter, hier K... H..., sondern der Vertreter. Erst seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 26.03.2015 sei eine neutrale Person zur Vertretung des Unternehmens befugt gewesen, die Ansprüche gegen den Geschäftsführer und Liquidator, den Kläger zu 2., habe geltend machen können. K... H... sei auch unter keinen Umständen bekannt gewesen, dass die Rechnungen rechtsgrundlos erteilt worden seien. Er war unstreitig Bürge für ein Darlehen der (X3...) GmbH i.L. und war von der ... Sparkasse in Höhe eines Betrages von 120.000 € persönlich in Anspruch genommen worden, hatte also ein Interesse daran, dass das Unternehmen keine unberechtigt erhobenen Forderungen beglich.

Soweit der Senat die mit der Klage geltend gemachten Teilforderungen für begründet erachte, sei zu berücksichtigen, dass sie nicht ab Entstehung zu verzinsen seien. Der Abfindungsanspruch sei gestundet gewesen. § 16 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags (im Folgenden: GV) regele, dass die Abfindung bis zu drei Jahre gestundet werde, wenn die wirtschaftliche Existenz durch die Auszahlung gefährdet wäre. Sie hätte zu den vorgesehenen Zeitpunkten der Fälligkeit für die Raten der Abfindung keine ausreichende Liquidität aufgewiesen. Die Stundung habe daher jedenfalls bis zum 30.03.2014 Wirkung gehabt. Bis zum 31.12.2017 sei die Forderung wegen des Einwandes gemäß § 30 GmbHG nicht zu verzinsen. Die Abfindungssumme hätte erst zu diesem Zeitpunkt gezahlt werden können, ohne Stammkapital anzugreifen. Das Eigenkapital der Gesellschaft habe zum 31.12.2012 nur noch 4.404,59 € betragen.

Die Höhe des Zinssatzes sei nach dem Vertrag auf 2 % über dem Basiszinssatz begrenzt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers zu 1. ist überwiegend begründet. Die Berufung des Klägers zu 2. ist ebenfalls zulässig, aber unbegründet.

1.

Die vom Kläger zu 2. nach Freigabe eines Teils der geltend gemachten Forderung aus der Masse erklärte Erweiterung der Berufung ist zulässig.

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gemäß § 80 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter über. Der Insolvenzverwalter ist gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 InsO befugt, einen Aktivprozess des Schuldners aufzunehmen, soweit er Vermögen betrifft, das zur Insolvenzmasse gehört. Der Insolvenzverwalter wird als Partei kraft Amtes Partei des Prozesses anstelle des Schuldners (BGH, Urteil vom 16.01.1997, IX ZR 220/96, MDR 1997, 494; Urteil vom 26.01.2006 - IX ZR 282/03, ZinsO 2006, 260). Lehnt der Insolvenzverwalter die Aufnahme ab, kann der Schuldner den Prozess aufnehmen, § 85 Abs. 2 InsO. Der Insolvenzverwalter ist auch befugt, Gegenstände der Masse freizugeben mit der Folge, dass der Insolvenzbeschlag endet und der Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis wiedererlangt (BGH, Urteil vom 21.04.2005 - IX ZR 281/03, BGHZ 163, 32; Urteil vom 14.06.2018 - IX ZR 232/17, BGHZ 219, 98). Die Prozessführungsbefugnis des Schuldners lebt nach einem Übergang auf den Insolvenzverwalter infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wieder auf, wenn der Insolvenzverwalter Vermögen aus der Masse freigibt. Der Schuldner kann analog den §§ 239, 242, 246 ZPO anstelle des Verwalters in den Prozess eintreten (BGH, Urteil vom 19.12.1996 - VIII ZR 110/64, BGHZ 46, 249, juris Rn. 29; MüKoInsO/Schumacher,InsO § 85 Rn. 16). Er kann mithin das vom Insolvenzverwalter zunächst geführte Verfahren fortführen und muss, sofern der Insolvenzverwalter Berufung eingelegt hat, nicht selbst Rechtsmittel einlegen.

Zum Zeitpunkt des Eintritts des Schuldners als Kläger zu 2. in den Prozess am 22.01.2018 ist das erstinstanzliche Urteil nicht formell rechtskräftig gewesen. Die eingelegte und zunächst erklärte inhaltliche Beschränkung der Berufung im Umfang des mit der Berufungsbegründung vom 15.12.2017 formulierten Antrages bewirkte nicht, dass das Urteil mit Ablauf der Berufungsfrist am 24.12.2017 im Übrigen rechtskräftig geworden ist, § 705 ZPO. Die Berufung kann bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist auf den bisher nicht angefochtenen Teil des Urteils erweitert werden (vgl. BGH, Urteil vom 14.07.1952 - IV ZR 81/52, BGHZ 7, 143 (144); BGH; Urteil vom 12.05.1992 - VI ZR 118/91, NJW 1992, 2296, juris Rn. 10 ff.; Zöller/Heßler, ZPO, § 520 Rz. 31). Etwas anderes gilt nur dann, wenn mit der Berufungseinlegung oder der Berufungsbegründung auf ein weiteres Rechtsmittel verzichtet wurde. Dies ist hier nicht der Fall. Der Kläger zu 1. hat mit der Berufungsbegründung nur mitgeteilt, dass er die Forderung teilweise freigegeben habe und sie nur in dem nicht freigegebenen Umfang verfolge. Hinsichtlich des freigegebenen Teils der Forderung hat er keine Erklärungen zur Berufung abgegeben.

2.

Der Kläger zu 1. hat einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 130.645,45 € als Abfindung nach Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers zu 2. Der Betrag berechnet sich von dem seitens des erstinstanzlich beauftragten Gutachters A... aufgrund der Zwischenbilanz der Beklagten bestätigten Abfindungsbetrag von 132.874,87 € abzüglich der gemäß § 16 Abs. 5 GV von dem ausscheidenden Gesellschafter hälftig zu tragenden Kosten der Erstellung des Gutachtens von unstreitig 2.329,42 € (Anlage B 16).

Der Abfindungsanspruch bei Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Gesellschaft infolge Einziehung wird nach § 13 Abs. 5, § 16 Abs. 2 GV (Anlage K2) nach der Höhe seines Kapitalanteils bestimmt, berechnet nach einer für den Tag des Ausscheidens zu erstellenden Bilanz, die nach den Grundsätzen der Jahresbilanz erstellt wird. Stille Reserven werden nicht aufgelöst, ein Geschäftswert nicht angesetzt. Die Abfindung ist in drei gleichen Raten zu entrichten.

Die Buchwertklausel ist in der Regel dahin auszulegen, dass bei der Berechnung der "buchmäßigen" Kapitalanteile die stillen Reserven und der Firmenwert nicht erfasst werden sollen, wohl aber die offenen Rücklagen wie überhaupt alle in der Bilanz ausgewiesenen Posten mit Rücklagencharakter (BGH, Urteil vom 29.05.1978, II ZR 52/77, NJW 1979, 104).

Der Sachverständige hat hier in Übereinstimmung mit dem Vortrag der Beklagten ausgeführt, dass der Buchwert nach der Zwischenbilanz (Anlage K 1) insgesamt 50.000 € Eigenkapital + 461.836,10 € Gewinnvortrag + 42.225,87 € Jahresüberschuss = 554.061,97 € beträgt, so dass sich der Anteil des Klägers zu 2. zum Zeitpunkt der Einziehung auf 132.974,87 € beläuft. Diesen Betrag hat der Kläger zu 1. unstreitig gestellt.

3.

Der Anspruch des Klägers zu 1. ist nicht durch Aufrechnung erloschen.

3.1.

Gegenstand der Aufrechnung sind aufgrund der Abtretung vom 03.12.2014 (Anlage B 33, Bl. 629) auf die Beklagte übergegangene Forderungen gegen die (X3...) GmbH i.L., die K... H... durch Urteil des LG Berlin vom 09.01.2013 - 100 O 46/12 - in Höhe von 120.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.04.2011 zuerkannt wurden. Ferner sind an die Beklagten die Forderungen aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen des LG Berlin zu diesem Verfahren vom 21.02.2013 in Höhe von 10.400,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.01.2013 und vom 21.02.2013 über 8.826,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.07.2014. Insgesamt belaufen sich die Forderungen zum Zeitpunkt der Abtretung auf 162.635,31 €. Vor der Abtretung hatte K... H... einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirkt, der dem Kläger zu 2. am 13.11.2014 zugestellt wurde (Anlage B 38, Bl. 668).

Die Abtretung der titulierten Ansprüche bewirkt, dass ein gemäß § 804 ZPO entstandenes Pfändungspfandrecht - hier an den Ansprüchen gegen den Kläger zu 2. - gemäß § 401 ZPO auf den Zessionar mit der abgetretenen Forderung übergeht. Eine Umschreibung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist nicht erforderlich (BGH WM 2016, 2077). Zur Legitimation kann der Zessionar den Titel mit einer K...el für den Rechtsnachfolger umschreiben lassen, § 727 ZPO, er kann sich gegenüber dem Drittschuldner aber auch durch Vorlage der Abtretungsurkunde legitimieren (BGH a.a.O.). Die Beklagte ist mithin Gläubigerin des Pfandrechts. Sie kann als Gläubigerin die eingezogene Forderung geltend machen und mit der ihr zustehenden Forderung gegen die gepfändete Forderung aufrechnen (Zöller/Stöber, ZPO, § 836 Rz. 4).

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der (X3...) GmbH i.L. am 26.03.2015 steht der vor Insolvenzeröffnung gegenüber dem Kläger zu 1. erklärten Aufrechnung nicht entgegen, da der Beklagten infolge der Abtretung und des Übergangs der Rechte aus der Pfändung ein Absonderungsrecht an den Ansprüchen der (X3...) GmbH i.L. zusteht und sie auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens berechtigt bleibt, hieraus die Befriedigung der Forderung zu erlangen, § 50 Abs. 1 InsO (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 26.01.2012 - IX ZR 191/10, ZIP 2012, 638 Rn 29).

3.2.

Die Pfändung ist wirksam, insbesondere ist die Bezeichnung der gepfändeten Forderungen hinreichend bestimmt (vgl. Bl. 668). Die Erklärung, dass sämtliche Ansprüche der (X3...) GmbH i.L. aus § 64 Abs. 1 GmbHG gepfändet werden, begründet keine Abgrenzungsschwierigkeiten für andere Gläubiger, weil sie davon ausgehen müssen, dass ihnen pfändbare Ansprüche aus § 64 Abs. 1 GmbHG nicht für die Vollstreckung zur Verfügung stehen. Etwas anderes würde dann gelten, wenn nur ein Teil der Ansprüche nach § 64 Abs. 1 GmbHG gepfändet werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 11.10.2018 - VII ZR 288/17, BGHZ 220, 68 Rn 17). Die Frage, ab wann Insolvenzreife eingetreten ist, ist bei der materiellen Prüfung der mit einer Drittschuldnerklage erhobenen Anspruchs oder im Rahmen der Aufrechnung im Prozess zu prüfen.

3.3.

Der Aufrechnung steht aber entgegen, dass die Aufrechnungslage in anfechtbarer Weise erlangt worden und die Aufrechnung gegenüber dem Kläger zu 1. daher unzulässig ist, § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO, § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Die Rechtshandlung, durch die die Aufrechnungslage entstanden ist, erfordert im Rahmen des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO keine Mitwirkung des Schuldners. § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO gilt also auch bei Rechtshandlungen, die Insolvenzgläubiger und Dritte miteinander vereinbaren (BGH, Urteil vom 27.02.1997 - IX ZR 79/96, BGHZ 135, 36, juris Rn 21; Kayser/Thole -Schmidt, § 96 InsO Rn 38).

Die Voraussetzungen der Anfechtbarkeit der Abtretung gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO liegen vor. Die Abtretung erfolgte am 03.12.2014 innerhalb der Frist von drei Monaten vor Insolvenzantragstellung am 02.02.2015 (Anlage K 40, Bl. 879).

Der Kläger zu 2. ist, wie der Kläger zu 1. dargelegt und belegt hat, zu diesem Zeitpunkt bereits zahlungsunfähig gewesen. Die vor der Abtretung fälligen Forderungen gegen den Kläger zu 2. beliefen sich unstreitig auf 130.629,64 € (Bl. 875, Anlagen K42 bis K 44). Den von der Beklagten erhobenen Einwand der bloßen Zahlungsunwilligkeit hat der Kläger zu 1. durch Unterlagen widerlegt (Bl. 948, 949): Danach verfügte der Kläger zu 2. über vier Kontoverbindungen: Eine Kontoverbindung bei der Landesbank ... AG wurde mit Schreiben vom 19.07.2013 gekündigt und mit Verbindlichkeiten abgeschlossen (Anlage K 43, Bl. 884). Ein Konto bei der Volksbank ... wies zum Zeitpunkt der Abtretung einen negativen Saldo von 29.387,24 € auf (Anlagen K 49 und 50, Bl. 955 ff.). Ein weiteres Konto bei der ... Bank AG wies am 30.09.2014 einen negativen Saldo von 16.500 € und am 31.12.2014 einen solchen von 15.816 € auf (Anlage K 51, Bl. 968). Ein Kreditkartenkonto bei der Bank ... PLC wurde ohne Guthaben geführt (K 48, Bl. 951).

Soweit die Beklagte eingewandt hat, dass der Kläger zu 2. im August 2012 seinen Anteil an der ... GbR zu einem Kaufpreis von 360.000 € verkauft habe, steht dies der vom Kläger zu 1. belegten Zahlungsunfähigkeit im Dezember 2014 nicht entgegen. Der Vortrag, dass im Jahr 2014 Zahlungseingänge in Höhe von 187.030,32 € auf dem Konto der Volksbank ... zu verzeichnen waren und im Jahr 2015 von 35.860,56 € widerlegt die Zahlungsunfähigkeit mit Blick auf den zum 03.12.2014 negativen Saldo ebensowenig (Bl. 963 R, 964). Soweit die Beklagte sich auf Umbuchungen vom Konto der Volksbank ... auf ein Konto bei der ...bank berufen hat, hat der Kläger nachgewiesen, dass das Konto bei der ...bank zum Zeitpunkt der Abtretung lediglich ein Guthaben von 52,95 € aufwies (Anlage K 52, Bl.1034) und dass es seit August 2014 mit einer Pfändung über 27.012,33 € belastet war, auf die keine Drittschuldnerzahlung erfolgt war (Anlage K 46, Bl. 896 ff.).

Der Kaufpreis für die Ende des Jahres 2013 veräußerte Eigentumswohnung wurde überwiegend durch die Ablösung der Grundpfandrechte in Höhe von rund 407.000 € benötigt (Bl. 995), da der Kläger zu 2. nach § 1, S. 5 des Kaufvertrages (Anlage B 54, Bl. 996) zur lastenfreien Übertragung verpflichtet war.

Auch soweit Geschäftsanteile der (X5...) GmbH zum Vermögen des Schuldners gehörten, wird durch die Gesellschafterstellung des Klägers zu 2. seine Zahlungsunfähigkeit nicht widerlegt. Dass dem Kläger zu 2. fällige Zahlungsansprüche aufgrund seiner Gesellschafterstellung zugestanden haben, die zur Tilgung laufender Verbindlichkeiten hätten genutzt werden können, ist nicht ersichtlich. Nach Ziffer III. der vom Kläger zu 1. vorgelegten Treuhandvereinbarung vom 20.10.2005 (UR-NR. ...9/2005 des Notars F... K...) ist der Kläger zu 2. verpflichtet, Ansprüche auf Gewinne an die Treugeber abzuführen.

Die Aufrechnungslage ist gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO in anfechtbarer Art und Weise begründet worden, da die Beklagte keinen Anspruch auf Herstellung der Aufrechnungslage gegenüber dem Schuldner, dem Kläger zu 2., hatte. Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob die Aufrechnungslage in inkongruenter Weise entstanden ist, ist das Verhältnis des Schuldners zum Insolvenzgläubiger (BGH, Urteil vom 29.06.2004 - IX ZR 195/03, BGHZ 153, 395, Rn 19; Urteil vom 09.02.2006 - IX ZR 121/03, ZIP 2006, 819, Rn 14; Urteil vom 14.06.2007 - IX ZR 56/06, ZIP 2007, 1510, Rn 21). Mit der Anfechtung sollen Handlungen, die einzelne Gläubiger begünstigen und der Masse Vermögen entziehen, zugunsten der Masse entkräftet werden. Die Frage der zu Unrecht erfolgten Begünstigung eines Gläubigers kann nur im Verhältnis zum Schuldner entschieden werden. Deshalb ist die Herstellung einer Aufrechnungslage inkongruent, soweit die Aufrechnungsbefugnis sich nicht aus dem zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger zuerst entstandenen Rechtsverhältnis ableitet (vgl. BGH, Urteil vom 09.02.2006 - IX ZR 121/03, ZIP 2006, 819 Rn 14; auch Versäumnisurteil vom 12.03.2015 - IX ZR 5/13, Rn 9).

Ein Anspruch der Beklagten, durch Abtretung von Ansprüchen gegen die (X3...) GmbH i.L. Gläubigerin auch gepfändeter Ansprüche der (X3...) GmbH i.L. gegen den Kläger zu 2. zu werden, bestand nicht.

Insoweit kommt es nicht auf das Rechtsverhältnis der Beklagten zum Zedenten, dem Gesellschafter K... H... an. Durch die Abtretung findet kein reiner Gläubigerwechsel statt, sondern es entsteht eine Aufrechnungslage, die es der Beklagten als Zessionarin ermöglicht, der eigenen Zahlungspflicht an die Insolvenzmasse zu entgehen, indem ein gegen den Kläger gerichteter Anspruch aufgerechnet wird und mithin Erfüllung der abgetretenen Forderung in voller Höhe entsteht. Anders als bei einem "einfachen" Gläubigerwechsel, wird durch die hier erklärte Abtretung der Zessionarin eine Befriedigungsmöglichkeit gewährt, die der Zedent nicht hatte.

4.

Dem Anspruch des Klägers zu 1. steht auch nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen. Voraussetzung wäre, dass der ein Recht Ausübende im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstößt. Sofern dieser Verstoß dazu führt, dass die Rechtsausübung unter Abwägung der beiderseitigen Interessen als untragbar erscheint, kann die Folge des Rechtsmissbrauchs ein Anspruchsausschluss sein (Staudinger/Looschelders/Olzen (2019) BGB § 242 Rn. 219). Der Rechtsmissbrauch kann dabei aus individuellem Verhalten des Anspruchsinhabers resultieren. Er kann sich daraus ergeben, dass der Anspruchsinhaber ein Recht ausübt, an dessen Ausübung er kein anderes Interesse hat als die Schädigung einer anderen Person (BGH, Urteil vom 14.07.2008 - II ZR 204/07, NJW 2008, 3438).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Das Interesse der Kläger an der Ausübung des Abfindungsanspruchs ist unzweifelhaft gegeben. Das hier von der Beklagten eingewandte Verhalten des Klägers zu 2. führt auch im Übrigen nicht zur Unzumutbarkeit seiner Rechtsausübung. Die gerichtliche Geltendmachung vermeintlicher, aber unberechtigter Ansprüche ist nicht treuwidrig. Das Verhalten des Klägers zu 2. gegenüber der Beklagten im Zusammenhang mit seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft findet bei der Beurteilung des Abfindungsanspruchs Berücksichtigung. Soweit der Kläger zu 2. die Klage wegen Ansprüchen der (X3...) GmbH i.L. gegen die Gesellschafter der Beklagten durch eine Gesellschaft als Zessionarin veranlasst hat und soweit dieselbe Gesellschaft bzw. Herr N..., der ehemalige Mitgesellschafter von K... H... in der (X2...) GmbH, Klage gegen die (X2...) GmbH und Herrn H... erhoben hat, liegt schon keine unmittelbar erreichte oder erzielbare Schädigung der Beklagten vor. Eine potentielle Beeinträchtigung ihrer Interessen sieht die Beklagte darin, dass sie Verträge mit der (X2...) GmbH geschlossen hatte. Die geführten Verfahren waren erfolglos, so dass ein Schaden der Beklagten auch nicht eingetreten ist. Soweit eine aus dem Verwandtenkreis des Klägers zu 2. stammende Darlehensgeberin Seemann ihr Darlehen gekündigt hat und im Rechtsstreit auf Rückzahlung unterlegen ist, ist ein Schaden nicht ersichtlich.

5.

Der Zahlungsanspruch des Klägers zu 1. ist wie aus dem Tenor ersichtlich zu verzinsen. Die Abfindung ist in drei Raten jeweils sechs Monate vom Zeitpunkt der Einziehung an zu zahlen. Der Anspruch ist ab dem Zeitpunkt der Einziehung mit 2 % zu verzinsen, § 16 Abs. 2 GV. Ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit der zu zahlenden Raten am 30.03.2011, am 30.09.2011 und am 30.03.2012 sind beginnend mit Eintritt der Rechtshängigkeit gemäß § 291 Abs. 1, § 288 Abs. 1 BGB Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen. Rechtshängigkeit der Zahlungsansprüche trat erst nach dem ersten Fälligkeitstermin am 03.06.2011 ein (Bl. 117, 82). Die Voraussetzungen für die Anwendung eines höheren Zinssatzes gemäß § 288 Abs. 2 BGB liegen nicht vor. Der Abfindungsanspruch ist keine Entgeltforderung, die als Entgelt für eine Gegenleistung für eine vom Gläubiger erbrachte oder zu erbringende Leistung bestimmt ist, die in der Lieferung von Gütern oder der Erbringung von Dienstleistungen besteht (MüKOBGB-Ernst, § 286 Rn 82 mwN).

Dem Zinsanspruch steht § 16 Abs. 4 GV nicht entgegen, da die Beklagte konkret zu den Fälligkeitszeitpunkten nicht vorgetragen hat, dass ihre Existenz durch die Ratenzahlung gefährdet gewesen wäre.

Zunächst bezieht sich ihr Vortrag jeweils auf den 31.12. eines jeden Jahres, nicht aber auf die Fälligkeitstermine 30.03.2011, 30.09.2011 und 30.03.2012. Soweit die Beklagte zur "Liquidität" zum 31.12. vorträgt, ergibt sich aus der Argumentation mit Blick auf die vorgelegte Bilanz zum 31.12.2010 (Anlage B22), dass ihr Vortrag, sie habe nur über "flüssige Mittel" in Höhe von 800 € verfügt, sich nur auf den Bargeldbestand bezieht, nicht aber auf das übrige liquidierbare Vermögen der Gesellschaft, das zum 31.12.2010 ohne Berücksichtigung des Stammkapitals aufgrund des Gewinnvortrages abzüglich des Jahresfehlbetrages 405.443 € betrug (Anlage B 22, Blatt 17). Für den 31.12.2011 verweist sie wiederum auf den Barbestand, der 5.133,52 € betrug (Anlagenkonvolut B 27, Blatt 18 des Berichts), während der Gewinnvortrag nach Abzug des Jahresfehlbetrages sich auf 185.531,38 € belief. Ausgehend davon kann auch für den letzten Fälligkeitstermin, den 30.03.2012, bei vorgetragenem Bargeldbestand von 3.900 € zum 31.12.2012 nicht von fehlender Liquidität auszugehen.

Auch soweit die Beklagte sich darauf beruft, dass die Regelungen der § 34 Abs. 3, § 30 Abs. 1 GmbHG der Auszahlung entgegengestanden hätten, hindert dies die Verzinsung nach § 291 BGB nicht. Für den Zeitraum bis zum 31.10.2011 trägt die Beklagte selbst nicht vor, dass das Stammkapital bei Zahlung der fälligen Raten auf die Abfindung hätte ausgezahlt werden müssen. Für den Fälligkeitszeitpunkt 30.03.2012 fehlt es an konkretem Vortrag aufgrund einer auf diesen Zeitpunkt erstellten Zwischenbilanz. Von einer gleichmäßigen Verteilung des im Jahr 2012 entstandenen Jahresfehlbetrages (Schriftsatz vom 11.11.2019, Bl. 1484R) kann nicht ohne konkrete Darlegung ausgegangen werden.

6.

Die mit der Berufung des Klägers zu 2. geltend gemachte Anpassung der Abfindung ist nicht vorzunehmen.

Die Abfindung nach dem Buchwert kann unbillig sein, weil sie den Ausscheidenden unangemessen benachteiligt, wenn der Abfindungsbetrag und der wirkliche Wert des Geschäftsanteils nicht von Anfang an, sondern erst infolge der Geschäftsentwicklung der Gesellschaft auseinanderfallen. Ist infolge der wirtschaftlich erfolgreichen Tätigkeit des Unternehmens ein grobes Missverhältnis zwischen Abfindungsanspruch und Anteilswert entstanden, kann die Abfindungsregelung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die neuen Verhältnisse angepasst werden (vgl. BGH, Urteil vom 20.09.1993 II ZR 104/92, BGHZ 123, 281, 284 f.; Urteil vom 19.06.2000, II ZR 73/99, BGHZ 144, 365, 369 Urteil vom 24.05.1993, II ZR 36/92,; MüKoGmbHG-Strohn, § 34 Rn. 241).

Eine in einem Gesellschaftsvertrag enthaltene Buchwertklausel trägt dem Interesse der Gesellschaft Rechnung, Liquidität und Fortbestand des Unternehmens nicht durch unerträglich hohe Abfindungen zu gefährden. Die Verwirklichung dieses Anliegens, das sich die einzelnen Gesellschafter bei Abschluss des Vertrages oder bei ihrem späteren Beitritt zur Gesellschaft zu eigen gemacht haben, findet jedoch dort ihre Grenze, wo es nach den Maßstäben von Treu und Glauben dem ausscheidenden Gesellschafter nicht mehr zuzumuten ist, sich mit der Abfindung entsprechend der vertraglichen Regelung zufrieden zu geben. Ob die Voraussetzungen für eine Anpassung gegeben sind, hängt nicht allein vom Ausmaß des im Laufe der Zeit entstandenen Missverhältnisses zwischen dem Abfindungs- und dem tatsächlichen Anteilswert, sondern auch von den gesamten sonstigen Umständen des konkreten Falles ab. Zu ihnen gehören insbesondere die Dauer der Mitgliedschaft des Ausgeschiedenen in der Gesellschaft, sein Anteil am Aufbau und Erfolg des Unternehmens und der Anlass des Ausscheidens (BGH, Urteil vom 20.09.1993 - II ZR 104/92, BGHZ 123, 281).

7.

Gegenstand der Überprüfung einer Anpassung ist der Buchwert im Vergleich zu dem Verkehrswert, den der vom Landgericht bestellte Sachverständige ermittelt hat.

Den Verkehrswert des Unternehmens hat der Sachverständige W... A... zunächst mit 1.186.900 € bewertet (Gutachten vom 25.02.2015, S. 61, im Folgenden: GA) und diesen Wert auf den Einwand des Klägers zu 1. korrigiert, da er bei Aufzinsung des zum 01.01.2010 berechneten Ertragswerts zum Stichtag 30.09.2010 versehentlich nur drei statt neun Monate berücksichtigt hatte (Ergänzungsgutachten des Sachverständigen W... A... vom 15.12.2016, S. 7, im Folgenden: ErgGA). Es ergibt sich ein Unternehmenswert von 1.238.000 €. Dem würde ein Anteil des Klägers von 297.100 € entsprechen.

Zu Recht wendet der Kläger zu 2. sich dagegen, dass das Ergebnis des Gutachtens im Urteil nicht wiedergegeben ist, sondern nur auf dessen Ausführungen verwiesen wird. Dies führt aber entgegen der Auffassung des Klägers zu 2. nicht dazu, dass das Urteil abzuändern ist; vielmehr ist die Tatsachenfeststellung auf die Einwände des Klägers zu 2. in der Sache zu prüfen. Die erstinstanzlichen Feststellungen zum Ergebnis der Begutachtung sind nur dann fehlerhaft, wenn das Gutachten in sich widersprüchlich oder unvollständig ist, wenn der Sachverständige erkennbar nicht sachkundig war, wenn es neue Erkenntnisse gibt (BGH, Urteil vom 15.07.2003 - VI ZR 361/02, NJW 2003, 3480, Rn 6; Urteil vom 08.06.2004 - VI ZR 230/03, BGHZ 159, 254, Rn. 16; BGH; Beschluss vom 02.07.2013 - VI ZR 110/13, NJW 2014 74 Rn. 7) oder das Erstgericht sich nicht mit Einwendungen aus einem Privatgutachten auseinandergesetzt hat (BGH; Beschluss vom 11.03.2014 - VI ZB 22/13, MDR 2014, 741 Rn. 12). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Der Sachverständige hat den Unternehmenswert nach dem Ertragswertverfahren zum Stichtag 30.09.2010 berechnet. Zur Ermittlung des Unternehmenswertes ist der Ertragswert des betriebsnotwendigen Vermögens und der Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens zu berücksichtigen. Zur Bemessung des Ertragswertes ist zunächst eine Prognose der künftigen Nettoausschüttungen für den Detailplanungszeitraum (Phase I) anzusetzen, die hier die Jahre 2010 und 2011 betrifft. Sodann ist für die weitere Zukunft eine Prognose anzustellen (Phase II). Grundlage der Einschätzung für Phase I sind die Jahresabschlüsse und die Erläuterung des Marktumfeldes der Vergangenheit, bereinigt um voraussichtlich nicht wiederkehrende Ereignisse der Vergangenheit, sowie die Planungen, die der Sachverständige beurteilt und soweit sie ihm nicht plausibel erschienen, modifiziert hat. Zur Einschätzung der Planung ist zunächst die Planung für die Jahre 2007 bis 2010 nachvollzogen und eine Betrachtung des Plan-Ist-Abgleichs für diesen Zeitraum vorgenommen worden. Sodann hat der Sachverständige geprüft, ob ausgehend von diesen Planungen und unter Berücksichtigung der von der Beklagten angegebenen Planungsprämissen sowie einer eigenen Einschätzung des Sachverständigen in Bezug auf das Marktumfeld die zukünftige Planung der Beklagten plausibel erschien (S. 30 ff. GA).

Bei der Ermittlung des nachhaltigen Ergebnisses wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass dieses einen Durchschnittswert repräsentiert, der theoretisch unendlich lange erzielt wird. Voraussetzung der Nachhaltigkeit ist dabei, dass sich die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des zu bewertenden Unternehmens im Gleichgewichts- oder Beharrungszustand befindet und dass sich zukünftige Veränderungen der Zahlungsströme durch eine konstante Wachstumsrate abbilden lassen.

Bei der Beklagten war zu berücksichtigen, dass sie bis zum Ende des Jahres 2011 diesen Gleichgewichtszustand noch nicht erreicht haben würde und sich zukünftige Veränderungen noch nicht konstant abbilden lassen. Der Sachverständige hat daher unter Ansatz vereinfachender Annahmen eine Fortschreibung der Planungsrechnung für die Jahre 2012 bis 2016 vorgenommen, wobei er die Entwicklung der Finanzverbindlichkeiten entsprechend den getroffenen Tilgungsvereinbarungen berücksichtigt hat. Aus dem Ergebnis für das Jahr 2016 ist durch Überleitung das nachhaltig zu erwartende Ergebnis für die Phase der "ewigen Rente" abgeleitet worden.

Die Ableitung des Ertragswertes erforderte dann für die drei vom Sachverständigen untersuchten Zeiträume die Abzinsung der Gewinnausschüttungen mit einem laufzeit- und risikoäquivalenten Kapitalisierungszinssatz. Der Unternehmenswert wird durch Einbeziehung von Sachverhalten, die durch Sonderwerte abgebildet sind, ermittelt und anschließend einer Plausibilitätsprüfung unterzogen (S. 32 GA).

Der Sachverständige hat das Betriebsergebnis (EBIT) der Jahre 2007 bis 2010 zunächst untersucht und um außergewöhnliche Erträge und außergewöhnliche Aufwendungen bereinigt (S. 33, 34 GA), darunter insbesondere Erträge aus öffentlichen Zuschüssen und Rückstellungen.

Der Sachverständige hat sodann die Planung der Beklagten für die Jahre 2011 und 2012 überprüft und zu diesem Zweck auch die Plan-Ist-Abweichungen für die Jahre 2007 bis 2010 analysiert. Dabei hat er festgestellt, dass in der Vergangenheit die Umsatzerlöse um 4,3 % durchschnittlich höher als geplant waren. Der Materialaufwand wurde dagegen im Durchschnitt um 6,8 % zu niedrig, der Personalaufwand um 16,4 % zu niedrig, der sonstige betriebliche Aufwand um 16,8 % zu niedrig und die Abschreibungen um 17,7 % zu niedrig geplant. Die von der Gesellschaft geplanten Zahlen stellten sich eher als eine Orientierung dafür dar, welche Roherträge generiert werden müssten, um die laufenden Kosen und die Zins- und Tilgungslasten tragen zu können (S. 35 GA).

Die Planungen für die Jahre 2011 und 2012 hat er einer eigenen Analyse unterzogen und die Planungen im Einzelnen erläutert (S. 37 ff. GA). Gegen die Planannahmen richten sich die Einwände des Klägers zu 2., die dieser bereits erstinstanzlich erhoben hatte.

a.

Der Kläger zu 2. wendet ein, bei der Planung des Personalaufwandes habe der Sachverständige einen Anteil der Kosten von 26,3 % der Umsatzerlöse angenommen. Dieser Wert liege weit über dem Branchenschnitt. Durch Rationalisierungsmaßnahmen würden Lohnkosten durchschnittlich vielmehr sinken. Von dem zu hohen Durchschnittsniveau ausgehend habe der Sachverständige dann eine lineare Steigerung des Personalaufwandes von anfänglich 5 % und später 2 % angenommen. Zutreffend sei aber zu berücksichtigen, dass Personalkosten längere Zeit auf einer Ebene stabil blieben und bei einem Wachstum des Unternehmens dann auf ein anderes Niveau stiegen ("sprungfixe Kosten"). Zudem seien Umsatzsteigerungen durch bessere Auslastung der Maschinen denkbar, die keine zusätzlichen Personalkosten verursachten. Daher sei ein lineares Wachstum der Personalkosten von allenfalls 2 % jährlich angemessen, was einen um 729.000 € höheren Unternehmenswert begründen würde.

Der Sachverständige hat hierzu im Ergänzungsgutachten vom 15.12.2016 (dort S. 8) ausgeführt, dass er den Personalaufwand unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Vergangenheit und Planung des EBIT durch die Gesellschaft (S. 38 GA) fortgeschrieben habe. Der überdurchschnittlich hohe Anteil des Personalaufwandes hat sich aus den Ergebnissen der Jahre 2007 bis 2010 bestätigt (S. 19 GA) und musste in der Planung der Gesellschaft für 2011 auch nicht geändert werten (S. 42 GA). Die Gesellschaft hat für den Sachverständigen überzeugend ausgeführt, dass der Anteil von 26,3 % sich daraus ergebe, dass die Beklagte für qualifizierte Mitarbeiter deutliche Gehaltssteigerungen einberechnet habe, um deren Abwanderung zu verhindern. Gleiches gelte als Anreiz für Neueinstellungen (S. 38 GA). Bei den weniger qualifizierten Mitarbeitern wurden keine erheblichen Lohnsteigerungen erwartet. Die Steigerung der Personalkosten entsprechend dem Umsatz sei gerechtfertigt. Die Überlegungen zu "sprungfixen Kosten" gelten hier nicht, weil es sich um ein mittelgroßes Unternehmen handelt, bei dem ständig Änderungen des Personalbestandes auftreten könnten durch Kündigungen, Einstellungen, Beförderungen, Krankheiten. Steigerungen ergäben sich aus den dargestellten Gründen auch für Gehälter höher qualifizierter Mitarbeiter, um deren Abwanderung zu verhindern. Die Annahme der konstanten Personalaufwandsquote bestätigte er (S. 9. ErgGA), auch im Rahmen der mündlichen Anhörung vom 05.09.2017 (Bl. 971). Den Ansatz der Grenzkostenermittlung, den der Kläger zu 2. geltend macht, d.h. der Ersparnis von Personal bei nicht ausgelasteten Maschinen, sieht der Sachverständige nicht als zutreffend an. Nach seinen Ausführungen erklären sich die erhöhten Kosten durch Zahlungen an qualifizierte Mitarbeiter und Kosten bei Wechsel des Personalbestandes. Zusätzliche Einstellungen sind gerade nicht Grundlage der Planung (s. auch S. 45 GA).

Nur ergänzend merkte er an, dass der von dem Kläger zu 2. angenommene um 729.000 € höhere Unternehmenswert sich ohnehin nicht ergäbe, weil das im Wachstum befindliche Unternehmen höhere Gewinne zunächst zur Schuldentilgung nutzen müsse (S. 10 ErgGA).

Die Ausführungen des Sachverständigen geben keinen Anlass für eine ergänzende Begutachtung oder Anhörung des Sachverständigen in der Berufungsinstanz

b.

Nach Auffassung des Klägers zu 2. sei ferner die Planung des Geschäftsführergehaltes mit 140.000 € pro Jahr zu hoch, da die Beklagte kein klassisches Pharmaunternehmen mit hohen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sei, sondern sie bereite als Lohnunternehmen Produkte nach den Rezepturen der Kunden. Die Struktur des Unternehmens müsste stärker berücksichtigt werden. Zudem würden im Land Br... etwa um 24 % geringere Gehälter gezahlt. Die Beklagte selbst habe ihrem Geschäftsführer ein Gehalt von 80.000 € jährlich bewilligt. Nehme man den gemittelten Wert zwischen diesem und dem vom Sachverständigen ermittelten Gehalt, so wären Personalplanungskosten von 110.000 € anzusetzen. Damit würde der Wert des Unternehmens um 420.000 € erhöht.

Der Sachverständige hat hier die Planung der Beklagten korrigiert, die von zwei Geschäftsführern ausging und die bis zum Jahr 2010 noch gezahlte Aufwandsentschädigung von 400 € monatlich ab dem 01.02.2011 auf rund 6.000 € und einen Dienstwagen erhöhte bezüglich eines der Geschäftsführer. Der Sachverständige nimmt einen höheren Wert an, da nach den allgemeinen Maßstäben auf den objektiven Unternehmenswert abzustellen sei, nicht auf besondere Synergien wegen - wie hier - der Tätigkeit der Gesellschaft nahe stehender Personen (S. 40 GA). Diese Vorgehensweise entspreche den Grundsätzen zur Durchführung von Unternehmensbewertungen des Instituts für Wirtschaftsprüfer (IDW S 1) (S. 40 GA). Dies hat er in der mündlichen Anhörung am 05.09.2017 noch einmal ausgeführt. Damit hat der Sachverständige zugleich ausgeführt, warum er die durchschnittlichen Gehälter von Geschäftsführern, die nicht in einem Näheverhältnis zu den Gesellschaftern stehen, berücksichtigt hat, nicht aber die in der Stellungnahme des Klägers zu 2. vom 02.06.2020 angeführte Tabelle, die Gehälter unter Berücksichtigung der familiären Verbundenheit von Gesellschaftern und Geschäftsführer ausweist.

Ausgehend von der Studie über GmbH-Geschäftsführervergütungen aus Industrie, Dienstleistung, Handwerk, Groß- und Einzelhandel der B... GmbH & Co KG aus dem Jahr 2010 ist Ausgangsüberlegung ein Gehalt von 150.000 € jährlich. Die Studie führt - entgegen dem Einwand des Klägers zu 2. - dabei auch mittlere Pharmaunternehmen auf (S. 12 ErgGA). Der Sachverständige hat in seiner Anhörung (Bl. 972) dazu ausgeführt, dass er den von ihm ermittelten Betrag anhand weiterer Studien zu Geschäftsführerbezügen der IHK S... und der OFD K... überprüft und in diesen Studien noch höhere Durchschnittsgehälter ermittelt hat. Der mit dem Schriftsatz des Klägers zu 2. vom 02.06.2020 erhobene Einwand, die Überprüfung des von dem Sachverständigen A... ermittelten Geschäftsführergehaltes anhand einer Verfügung der OFD K... vom 03.04.2009 sei mangels örtlicher Zuständigkeit der OFD K... unerheblich, übersieht, dass die Erwähnung der Verfügung lediglich der Plausibilisierung diente. Die in der Verfügung erwähnte durchschnittliche Vergütung erbrachte Gehälter von 177.000 bis 235.000 €, durchschnittlich mithin 206.000 €, wie der Sachverständige erstinstanzlich in seiner Anhörung ausführte (Bl. 972). Der Sachverständige hat mithin nicht aufgrund fehlerhafter tatsächlicher Annahmen einen ungeeigneten Maßstab zu Lasten des Klägers zu 2. herangezogen, da er die Verfügung nicht zur Grundlage einer Anhebung des von ihm berücksichtigten Wertes für die Geschäftsführervergütung gemacht hat.

Es müsse auch nicht das tatsächlich von der Gesellschaft zum 01.02.2011 beschlossene geringere Niveau des Geschäftsführergehaltes berücksichtigt werden. Der Sachverständige führt hierzu aus, dass dies nach den IDW-Praxishinweisen gerade nur dann gilt, wenn das Gehalt zum Stichtag (hier 30.09.2010) vereinbart war und wenn es sich um kurzfristige Verträge handele, die unter 2 Jahren Dauer haben (S. 13 ErgGA, Protokoll der Anhörung Bl. 973). Auch der Anstieg des Gehaltes in Orientierung am Umsatz sei realistisch, da Geschäftsführergehälter häufig erfolgsabhängige Bestandteile aufwiesen.

Das geringere Durchschnittseinkommen, das der Kläger zu 2. für das Land Br... anführt, betreffe alle Einkommensgruppen und nicht speziell Geschäftsführer, die vom Kläger zu 2. angeführte Studie sei mithin insoweit nicht aussagekräftig (S. 12 ErGA). Dass ein geringeres Einkommen hier gerade mit Blick auf die Anreize, die die Beklagte für Führungspersonal schaffen will, nicht anzunehmen ist, komme hinzu.

In die Stellungnahmen des Gutachters ist einbezogen, dass das vom Kläger zu 2. im Herbst 2011 vorgelegte Gutachten der (...) Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH teilweise zu abweichenden Ergebnissen kommt. Ein wesentlicher Unterschied der Bewertung durch die (...) Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH zu den Ausführungen des Sachverständigen besteht darin, dass dem gerichtlich bestellten Sachverständigen die Unterlagen der Beklagten in Bezug auf die Planungen und die Geschäftsergebnisse vollständig vorlagen, während der Kläger zu 2. ein Gutachten auf der Grundlage allein der ihm bekannten Planung für das Jahr 2011, der ungeprüften Abschlüsse für die Jahre 2006 bis 2009 und des ungeprüften Quartalsabschlusses zum 30.09.2010, Unterlagen zu den Kreditkonditionen, dem Gesellschafterversammlungsprotokoll vom 27.09.2010 und seinen eigenen mündlichen Angaben erstellen ließ. Die (...) Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH führte daher in ihrem Gutachten vom 28.10.2011 aus, dass die von ihr vorgenommene Wertermittlung nur als "Wertindikation" dienen könne, weil es an einer vollständigen Informationsbasis fehle (S. 2, S. 23 GA ...). Ihr sei die Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswertes nicht möglich gewesen (S. 15 GA ...).

Soweit der Kläger zu 2. auf die Vorlage des Gutachtens des Sachverständigen A... vom 25.02.2015 ergänzende Fragen unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der (...) Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH formulierte, sind diese in dem Ergänzungsgutachten des Sachverständigen A... vom 15.12.2016 ebenfalls berücksichtigt und als "Auffassung des Klägers" der Bewertung des Sachverständigen gegenübergestellt. Die Ausführungen des Sachverständigen zu den vom Kläger zu 2. in der Berufung erneut aufgegriffenen Fragen sind vorstehend wiedergegeben.

c.

Auch der Einwand des Klägers zu 2., die sonstigen betrieblichen Aufwendungen seien nicht insgesamt an den Umsätzen zu orientieren, gebietet keine weitere Beweiserhebung. Der Kläger zu 2. macht geltend, dass es betriebliche Aufwendungen gebe, die nicht linear, sondern lediglich in größeren Intervallen mit steigendem Umsatz anstiegen, etwa Raumkosten und Fahrzeugkosten. Der Anstieg der betrieblichen Aufwendungen müsse daher vom Umsatz "entkoppelt" werden.

Auch dieser Einwand ist erstinstanzlich vom Sachverständigen überprüft worden. Der Sachverständige hat dazu ausgeführt, dass entgegen den Planungen der Gesellschaft insgesamt nicht von einer Reduzierung des Aufwandes auszugehen sei, wie die Beklagte angenommen hatte (S. 38 GA), sondern eher einem Anstieg im Verhältnis zum Umsatz, da Kosten für Wartungen mit zunehmender Dauer des Betriebs der Maschinen steigen würden (S. 45 GA) und Kosten in geringerem Umfang auf den Kunden übertragen würden, wegen des intensiven Wettbewerbs. Er geht von einem gleichbleibenden Anteil von 12,6 % des Umsatzes aus. Der Sachverständige weist darauf hin, dass das Verhältnis von Aufwendungen zum Umsatz vielfältig sei, weil es eher konstant bleibende Kosten gebe, aber auch Kosten, die unabhängig vom Umsatz infolge von Preiserhöhungen anstiegen wie Energiekosten oder Versicherungsgebühren und ein erheblicher Faktor auch sei könne, dass Kosten in geringerem Umfang übertragen werden könnten. Diese Variabilität der Auswirkungen unterschiedlicher Aufwendungen rechtfertige insgesamt eine Orientierung an der Umsatzentwicklung (S. 15 ErgGA).

d.

Der Sachverständige hat in die Planung ferner Kosten für die Erstellung des Jahresabschlusses berücksichtigt, Mietaufwendungen für eine Laboreinrichtung, die nach Angaben der Beklagten in der Planung vergessen worden war, ebenso wenig wie Prozesskosten für die Auseinandersetzung mit dem Kläger in Ansatz gebracht, und die Korrektur der Planaufwendungen zusammenfassend dargestellt (S. 44 GA). Sodann ist das EBIT für die Planungsphase II im Zeitraum von 2012 bis 2016 von ihm unter Darstellung seiner Überlegungen zu Umsatzentwicklung, Material- und Personalaufwand, Abschreibungen und sonstigen betrieblichen Aufwendungen fortgeschrieben worden (S. 44 GA). Der Sachverständige hat das voraussichtliche Finanzergebnis ermittelt, indem er die Entwicklung der Bilanzpositionen zum 30.09.2010 fortgeschrieben hat. Danach wird das Finanzergebnis im Zeitraum bis zum 31.12.2016 sich voraussichtlich dahin entwickeln, dass die verzinslichen Verbindlichkeiten von 2.120.000 € zum 30.09.2010 auf 1.298.000 € zum 31.12.2016 verringern werden (S. 47 GA) die Entwicklung des zu leistenden Zinsaufwandes hat er in einer Übersicht dargestellt (S. 48 GA). Er hat ferner den voraussichtlichen Steueraufwand ermittelt und angenommen, dass Gewinnausschüttungen für den Zeitraum bis zum 31.12.2016 nicht erfolgen werden, in der Phase der "ewigen Rente" ab 2017 dann mit jährlich 64.100 € zu berücksichtigen seien.

Der Sachverständige hat die Ableitung des Kapitalisierungszinssatzes aus einem Basiszinssatz von 3,25 % vor persönlichen Steuern bzw. 2,39 % unter Berücksichtigung der Abgeltungssteuer, einer Marktrisikoprämie von 4,5 % und einem auf der Basis von Betafaktoren für Vergleichsunternehmen ermittelten unverschuldeten Betafaktor für die Beklagte zwischen 1,46 für 2010 und 0,89 für 2017 im Einzelnen ausgeführt (S. 51 bis 56 GA). Für den Zeitraum ab 2017 hat er einen Wachstumsabschlag von 1,0 % berücksichtigt, den er im Einzelnen begründet hat (S. 56 bis 58 GA). Er hat ferner das nicht betriebsnotwendige Vermögen bewertet (S. 60 GA) und seine Berechnung einer Plausibilitätsprüfung unterzogen (S. 62 GA). Insgesamt ermittelt er einen Unternehmenswert zum Bewertungsstichtag von 1.218.200 €, wie er unter Berücksichtigung des Einwandes des Klägers zu 2. in seinem Ergänzungsgutachten ausgeführt hat (S. 7 ErgGA).

Einer ergänzenden Beweiserhebung zur Überprüfung des vom Sachverständigen A... ermittelten Verkehrswertes bedarf es nicht, da der Sachverständige seine Einschätzung insgesamt nachvollziehbar, widerspruchsfrei und verständlich ermittelt und überzeugend begründet hat und sich mit den vom Kläger zu 2. aufgrund seiner Beratung durch die (...) Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH erhobenen Einwände im Einzelnen auseinandergesetzt hat. Diese Einschätzung des Senats ist den Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14.08.2019 mitgeteilt worden und war Grundlage der weiteren Beschlussfassung.

8.

Ausgehend von einem Verkehrswert des Geschäftsanteils von 297.100 € gegenüber dem Buchwert von 132.974,87 € ist unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze die Anpassung der Abfindung in Orientierung an dem Verkehrswert hier nicht geboten.

Für die Anpassung der Abfindung spricht, dass der Geschäftsbetrieb des Unternehmens vom Kläger zu 2. mit gegründet worden ist und die Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern bestand, dass man in den Anfangsjahren unentgeltlich für das Unternehmen tätig sein wollte. Der Kläger zu 2. hatte sich neben seiner Tätigkeit als Steuerberater bei Erstellung der Jahresabschlüsse der Beklagten und steuerlicher Beratung auch finanziell durch Darlehensgewährung am Aufbau des Unternehmens beteiligt, wenn auch in geringerem Umfang als die übrigen Gesellschafter. Für alle Gesellschafter stellte die Investition ein Risiko dar, falls der Geschäftsbetrieb sich nicht erfolgreich entwickelt hätte. Die Haftung als Bürge hatte der Kläger zu 2. ebenso wie die anderen Gesellschafter anteilig übernommen.

Die Gesellschaft erzielte seit Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit Gewinne. Die Gewinne wurden überwiegend als Gewinnvortrag in das Vermögen der Gesellschaft investiert und sollten nach der Finanzplanung auch in der Folgezeit nach dem Ausscheiden des Klägers für die Tilgung von Darlehen verwendet werden. Die Berechnung des Buchwertes berücksichtigt zwar den Gewinnvortrag; mit der Beschränkung auf den Buchwert wird dem Kläger zu 2. aber die Möglichkeit genommen, von der erwarteten weiteren positiven Entwicklung des Unternehmens zu profitieren. Der Buchwert beträgt nach dem eingeholten Sachverständigengutachten 44,76 % des Verkehrswertes.

Gegen die Anpassung spricht, dass die Auseinandersetzungen im Jahr 2010 vom Kläger so gestaltet wurden, dass er zum Nachteil der Gesellschaft handelte: Die mit E-Mail vom 28.04.2010 formulierte Forderung von 1,25 Mio € musste auch aus seiner Sicht - er kannte die finanzielle Situation der Gesellschaft - überhöht sein. Nach dem von den Mitgesellschaftern unterbreiteten Angebot von 225.000 € kündigte der Kläger mit Schreiben vom 20.05.2010 während der laufenden Betriebsprüfung das von ihm gewährte Darlehen über 40.000 € und veränderte damit die finanzielle Situation der Gesellschaft nachteilig. Er rechnete zudem die erbrachten Beratungsleistungen für die Jahre 2006 bis 2009 ab und belastete die Gesellschaft damit finanziell. Dass er diese Forderung in gutem Glauben stellte, ist nicht anzunehmen, da er sich im hier geführten Verfahren auf die unentgeltliche Erbringung von Beratungsleistungen für die Gesellschaft beruft und die gerichtliche Geltendmachung der Forderungen nach Ausscheiden aus der Gesellschaft ohne Erfolg blieb.

Der Kläger zu 2. versuchte weiter, die von ihm genannte objektiv überhöhte Forderung durch die Androhung der Weitergabe von Informationen, die nicht unmittelbar mit dem Geschäftsbetrieb der Beklagten zu tun haben, gegenüber den Mitgesellschaftern durchzusetzen. Durch diese Bezugnahme verknüpfte der Kläger zu 2. die gegenüber K... H... angekündigten - unternehmensfremden - Nachteile mit den Verhandlungen über die Abfindung. Ihm war dabei bewusst, dass erheblicher finanzieller Aufwand für das Unternehmen entstehen würde, wenn diese seinen Ankündigungen gegenüber K... H... nachgeben würde.

Infolge der von ihm aufgestellten Vergütungsforderungen für seine Tätigkeit als Steuerberater brachte er zum Ausdruck, sich nicht mehr an die bis zu diesem Zeitpunkt praktizierte Arbeitsteilung gebunden zu fühlen.

Der am 07.09.2010 gestellte Insolvenzantrag hätte vom Kläger, der die Darlehensforderung aus dem am 28.04.2010 gekündigten Darlehen erst kurz zuvor an seine Mutter abgetreten hatte, zumindest unterbunden werden können. Interessen der Mutter an der Insolvenzantragstellung sind vom Kläger zu 2. nicht vorgetragen.

Das gesamte, einen wichtigen Grund zur Beendigung der Mitgliedschaft darstellende Verhalten des Klägers zu 2., aber auch die weiterhin gültigen Überlegungen der Gesellschafter, eigene finanzielle Interessen gegenüber dem Unternehmensinteresse zurückzustellen, sprechen gegen eine Anpassung der Abfindung. Die Gesellschafter hatten bis zum Ausscheiden des Klägers zu 2. eine Entscheidung darüber, dass die Arbeitsleistungen der Gesellschafter zukünftig vergütet werden sollten, nicht getroffen. Gewinne sind an die Gesellschafter mit Ausnahme der Gesellschafterin (X1...) mbH nicht ausgezahlt worden. In dem Verhalten der Gesellschafter bis zum Ausscheiden kam mithin zum Ausdruck, dass die Gesellschaft von der Arbeitsleistung der Gesellschafter profitieren sollte, wie dies der Überlegung bei Aufbau des Unternehmens entsprach. Das Haftungsrisiko für die Inanspruchnahme aus Bürgschaften bestand bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens, es ist erst im Jahr 2014 beendet worden. Nicht entscheidend ins Gewicht fällt, ob und in welcher Höhe das Verhalten des Klägers zu 2. zu einen konkreten Vermögensschaden der Beklagten geführt hat.

Aus den dargestellten Gründen ist dem Kläger zu 2. das Festhalten an der Abfindung nach Buchwerten noch zuzumuten.

9.

Ein über den Abfindungsanspruch hinaus gehender Anspruch des Klägers auf Gewinnausschüttung aus § 16 Abs. 3 Satz 2 der Satzung ist nicht begründet. Der dem Kläger zustehende anteilige Anspruch auf Beteiligung am Jahresüberschuss für den Zeitraum vom 01.01.2010 bis zum 30.09.2010 ist in der Berechnung der Abfindung nach dem Buchwert enthalten. Die Zwischenbilanz (Anlage B 1), die der Sachverständige A... bestätigt hat, weist einen Jahresüberschuss zum Stichtag aus. Aus der zum 31.12.2010 aufgestellten Bilanz ergibt sich kein höherer Jahresüberschuss.

Für die Jahre 2006 bis 2009 gilt: Voraussetzung eines Anspruchs auf Gewinnausschüttung ist, dass jeweils ein Jahresüberschuss in der Bilanz ausgewiesen wurde, der von den Gesellschaftern festgestellt wurde und dass die Ausschüttung von den Gesellschaftern im Ergebnisverwendungsbeschluss bestimmt worden ist, § 29 Abs. 2 GmbHG (Scholz-Verse, GmbHG, § 29 Rn. 62; Baumbach/Hueck-Kersting, GmbHG, § 29 Rn. 49). Der Ergebnisverwendungsbeschluss ist Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs (BGH, Urteil vom 14.09.1998 - II ZR 172/97, BGHZ 139, 299). Dass die Gesellschafter Verwendungsbeschlüsse über eine Gewinnausschüttung gefasst haben, wird vom Kläger zu 2. nicht vorgetragen. Die Fassung solcher Beschlüsse ist von ihm auch nicht prozessual verfolgt worden (vgl. Scholz-Verse, GmbHG, § 29 Rn 62).

10.

Der Schriftsatz des Klägers zu 2. vom 02.06.2020 gibt keinen Grund, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.

11.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 2, 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen nicht vorliegen, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Das Berufungsurteil beruht im Wesentlichen auf einer Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls. Eine Divergenz zu Entscheidungen des Bundesgerichtshofes oder anderer Oberlandesgerichte ist nicht ersichtlich.

Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz: 882.645 € (Berufung Kläger zu 1: 133.000 € + Hilfsaufrechnung 133.000 €, § 45 Abs. 3 GKG; Berufung Kläger zu 2: 616.645 €).