Brandenburgisches OLG, Urteil vom 26.06.2020 - 4 U 147/17
Fundstelle
openJur 2020, 38875
  • Rkr:
Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 17.08.2017 wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Darlehensvertrages nach von den Klägern erklärtem Widerruf ihrer auf den Vertragsabschluss gerichteten Willenserklärungen.

Die Parteien schlossen am ... 2006 einen als "Baufinanzierung" überschriebenen Darlehensvertrag über einen Nominalbetrag von 223.700 € mit einer Laufzeit von 28 Jahren, einem anfänglichen effektiven Jahreszins von 6,01% und einer monatlichen Rate von 1.340,97 € zur Kontonummer ... (Anlage K7, Bl. 19 f.). Die Vertragsurkunde enthält folgende

"Widerrufsbelehrung:

Widerrufsrecht

Ich bin an meine Willenserklärung (Antrag auf Abschluss des Darlehensvertrages mit der ...bank AG bzw. ihren Kooperationspartnern) nicht mehr gebunden, wenn ich sie binnen zwei Wochen widerrufe.

Form des Widerrufs

Der Widerruf muss in Textform (z. B. schriftlich, mittels Telefax- oder E-Mail-Nachricht) erfolgen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten.

Fristlauf

Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir

- ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und

- die Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der

Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrages zur Verfügung gestellt wurden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

Adressat des Widerrufs

Der Widerruf ist zu senden an die

...bank AG Filiale ..., ..., XXXX E...

oder

Fax-Nr.: ... oder E-Mail: kreditwiderruf@...bank.com

Die ...bank ist auch Adressat der Widerrufserklärung, soweit es um den Widerruf der an die Kooperationspartner gerichteten Willenserklärungen geht.

Widerruf bei bereits erhaltener Leistung

Habe ich vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits eine Leistung von der Bank oder ihren Kooperationspartnern erhalten, so kann ich mein Widerrufsrecht dennoch ausüben. Widerrufe ich in diesem Fall, so muss ich die empfangene Leistung jedoch an die Bank bzw. den jeweiligen Kooperationspartner zurückgewähren und der Bank bzw. dem jeweiligen Kooperationspartner die von mir aus der Leistung gezogenen Nutzungen herausgeben.

Kann ich die von der Bank bzw. dem Kooperationspartner mir gegenüber erbrachte Leistung ganz oder teilweise nicht zurückgewähren - beispielsweise weil dies nach dem Inhalt der erbrachten Leistung ausgeschlossen ist -, so bin ich verpflichtet, insoweit Wertersatz zu leisten. Dies kann dazu führen, dass ich die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen muss. Das gilt auch für den Fall, dass ich die von der Bank bzw. dem Kooperationspartner erbrachte Leistung bestimmungsgemäß genutzt habe. Diese Verpflichtung zum Wertersatz kann ich vermeiden, wenn ich die erbrachte Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht in Anspruch nehme."

Im Anschluss daran folgen die gesonderten Unterschriften der Darlehensnehmer mit Datum vom 30.06.2006. Zudem bestätigten sich nochmals mit gesonderten Unterschriften und mit Datum vom 30.06.2006 den Erhalt der Widerrufsbelehrung (vgl. Anlage K1, Bl. 21).

Mit dem Darlehensvertrag ist eine von den Parteien am 30.06.2006 unterzeichnete dreiseitige "Sicherheitenbestellung mit Sicherungszweckerklärung und ergänzenden Vereinbarungen" verbunden (Bl. 206 ff.). Danach wird eine Grundschuld über 223.700 €, lastend auf dem im Grundbuch von ..., Blatt ..., Flurstück ..., eingetragenen Grundstück bestellt. Dieser Vereinbarung ist ebenfalls eine von den Klägern am 30.06.2006 unterschriebene Widerrufsbelehrung beigefügt, die wie folgt lautet:

"Widerrufsbelehrung:

Widerrufsrecht

Ich bin an meine Willenserklärung (Baufinanzierung, Sicherheitenbestellung mit Sicherungszweckerklärung und ergänzenden Vereinbarungen) nicht mehr gebunden, wenn ich sie binnen zwei Wochen widerrufe.

Form des Widerrufs

Der Widerruf muss in Textform (z. B. schriftlich, mittels Telefax- oder E-Mail-Nachricht) erfolgen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten.

Fristlauf

Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir

- ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und

- eine Vertragsurkunde, ein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der

Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrages zur Verfügung gestellt wurden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

Adressat des Widerrufs

Der Widerruf ist zu senden an die

...bank AG E..., ..., XXXX E...

oder

Fax-Nr.: ... oder E-Mail: kreditwiderruf@...bank.com".

Am 16.07.2006 vereinbarten die Parteien durch einen handschriftlichen Zusatz auf dem am 30.06.2006 unterzeichneten Vertragsformular, dass der Nominalzinssatz "fest 10 J." gelten solle (Anlage B 3, Bl. 200).

Mit Schreiben vom 20.05.2014, der Beklagten am selben Tag zugegangen, vertraten die Kläger die Auffassung, dass sie wegen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung noch zum Widerruf berechtigt seien, boten der Beklagten aber an, davon keinen Gebrauch zu machen, falls eine Anpassung des Darlehensvertrages auf einen Zinssatz von 2,5% erfolge und ihnen die Bearbeitungsgebühr in Höhe von 2.237 € zurückerstattet werde. Die Kläger, die meinen, sie hätten bereits mit Schreiben vom 20.05.2014 ihre auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen wirksam widerrufen, erklärten vorsorglich mit der Klageschrift vom 17.05.2016, der Beklagten zugestellt am 08.07.2016, erneut den Widerruf.

Erstinstanzlich haben die Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die im Grundbuch von ... des Amtsgerichts Neuruppin, Blatt ..., in Abteilung III, lfd. Nr. 1, eingetragene Grundschuld über 223.700 € an sie oder einen von ihnen benannten Dritten, hilfsweise an sie abzutreten, Zug um Zug gegen Zahlung von 122.084,24 € festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der vorgenannten Zahlung in Verzug befindet, und festzustellen, dass der Beklagte gegen sie jedenfalls über den Betrag von 122.084,24 € hinaus keine weiteren Forderungen aus dem Darlehensvertrag mit der Nummer ... habe.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf welches wegen der tatsächlichen Feststellungen ergänzend gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Widerruf der Kläger sei unwirksam, weil er nicht innerhalb der vierzehntägigen Frist erfolgt sei. Die Widerrufsbelehrung entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Aufgrund der Vertragsänderung vom 16.07.2006 habe den Klägern kein erneutes Widerrufsrecht zugestanden. Im Übrigen sei die Ausübung des Widerrufs auch verwirkt.

Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung, mit der sie im Wege der Klageänderung bereicherungsrechtliche Rückforderungsansprüche nach am 01.12.2017 erfolgter Ablösung des Darlehens unter Vorbehalt (zur Darlehensabrechnung zum 01.12.2017 vgl. Anlage BB 6, Bl. 533 ff.) geltend machen. Sie meinen, die Widerrufsbelehrung sei nicht wirksam, da sie den gesetzlichen Anforderungen nicht entspreche.

Der Hauptantrag werde im Wege des Hauptvorbringens auf den erklärten Widerruf gestützt. Die Widerrufsbelehrung entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a. F. Hinsichtlich der Belehrung zum Fristlauf werde durch die von der Beklagten stammende Formulierung "mein schriftlicher Vertragsantrag" bzw. "mein Vertragsantrag" nicht hinreichend deutlich, dass die Vertragsurkunde des Darlehensnehmers gemeint sein solle. Gleiches gelte für die Formulierung "Die Frist beginnt einen Tag, nachdem dem Darlehensnehmer ein Exemplar dieser Belehrung in Textform ... erhalten haben...". Außerdem habe die Beklagte unter Verwendung der Unterüberschrift "Widerruf bei bereits erhaltener Leistung" statt "Widerrufsfolgen" die Belehrung über die Widerrufsfolgen verunklart, da der Darlehensnehmer nicht darauf hingewiesen werde, dass er auch bei Ausübung seines Widerrufsrechts die Zahlungsverpflichtungen bis zum Widerruf erfüllen muss. Die Beklagte könne sich auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters nicht berufen, da ihre Belehrung erheblich von dem Muster abweiche.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei der Vertrag nicht bereits am 30.06.2006 wirksam zustande gekommen, da sie - die Kläger - an diesem Tag keine Ausfertigung des Vertragsantrages erhalten hätten. Denn die Beklagte habe die notwendige Zweitunterschrift an diesem Tag nicht beibringen können. Vielmehr sei ihnen die Vertragsausfertigung erst später per Post übersandt worden. Somit habe den Klägern am 30.06.20006 und bei Zugang der Vertragsausfertigung erneut eine Widerrufsbelehrung mit Hinweis auf eine zweiwöchige Widerrufsfrist vorgelegen. Die Widerrufsfrist habe aber nicht mit Zugang dieser Vertragsabschrift zu laufen begonnen. Denn die Parteien hätten nach Übersendung der Vertragsabschrift am 16.07.2006 eine Änderung der Vertragskonditionen hinsichtlich der Verzinsung vorgenommen, eine diese Änderung enthaltende Vertragsabschrift sei ihnen - den Klägern - aber nicht zur Verfügung gestellt worden. Erst mit der Vertragsänderung am 16.07.2006 seien die notwendigen Angaben eines Verbraucherdarlehensvertrages im Hinblick auf die Verzinsung geregelt worden. Die Beklagte habe ihnen - den Klägern - ein neues Angebot unterbreitet, so dass der Vertrag erst durch ihre Annahme am 16.07.2006 zustande gekommen sei. Deshalb hätte die Beklagte zu diesem Zeitpunkt erneut eine Widerrufsbelehrung erteilen müssen. Außerdem hätte die Beklagte ihnen - den Klägern - die geänderte Vertragsurkunde aushändigen müssen.

Sie hätten die Ausübung des Widerruf auch nicht verwirkt. Es fehle bereits an dem erforderlichen Umstandsmoment, da das Darlehen zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht vollständig erfüllt gewesen sei. Außerdem habe die Beklagte mangels entsprechender Anhaltspunkte nicht annehmen können, dass sie - die Kläger - aus anderen Gründen als aus bloßer Unkenntnis von dem Fortbestehen des Widerrufsrechts nicht widerrufen hätten, zumal die Beklagte selbst von der Ordnungsgemäßheit ihrer Widerrufsbelehrung ausgegangen sei. Die vorbehaltlose Zahlung der Darlehensraten bis zum Widerruf habe kein schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten - jedenfalls bis zum Ablauf der Ausschlussfrist des Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB drei Monate nach dem 21.03.2016 - begründet; diese habe jederzeit die ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nachholen können.

Sie hätten die Frist des Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB nicht versäumt, da zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung des Widerrufs genüge.

Das Landgericht habe verkannt, dass in dem Darlehensvertrag die Gesamtbetragsangabe aller vom Darlehensnehmer zur Tilgung des Darlehens sowie zur Zahlung der Zinsen und sonstigen Kosten zu entrichtenden Teilzahlungen fehle. Zwar habe es gemäß § 492 Abs. 1 a BGB a. F. keiner Gesamtbetragsangabe bei Immobiliardarlehensverträgen bedurft. Der streitgegenständliche Darlehensvertrag sei jedoch kein Immobiliardarlehensvertrag i. S. d. § 492 Abs. 1 a S 2 BGB a. F., da die Beklagte das grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen.nicht zu einem marktüblichen Vertragszins ausgereicht habe. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Juni 2006 habe der durchschnittliche effektive Jahreszins für festverzinsliche Wohnungsbaukredite mit einer Laufzeit von über fünf bis 10 Jahren 4,66%, zum Zeitpunkt der Vereinbarung eines festen Zinssatzes im Juli 2006 4,67% betragen. Der im Darlehensvertrag vereinbarte effektive Jahreszins überschreite den von der Bundesbank erhobenen Durchschnittszins um 1,34% bzw. 1,35% und liege damit um 0,34% bzw. 0,35% über dem maximal als marktüblich anzusehenden Zinssatz. Für die Beurteilung der Marktüblichkeit des Zinssatzes sei nicht auf die in der Bundesbankstatistik angegebenen variablen Zinssätze zum 30.06.2006 abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt 16.07.2006. Das Darlehen sei gemäß der geänderten Vertragskonditionen zu keinem Zeitpunkt variabel verzinst worden, sondern mit einem Festzins von 5,75 %, da auch die Valutierung erst am 30.07.2006 erfolgt sei. Maßgeblich für die Beleihungsgrenze sei der Verkehrswert von 500.000 €, den die von der Beklagten vorgelegte Baufinanzierungsanalyse ausweise, so dass die Beleihungswertgrenze von 60% nicht überschritten sei. Durch die mangelnde Marktüblichkeit des Vertragszinses sei der Verbraucherdarlehensvertrag zwar nicht unwirksam geworden, weil die Kläger das Darlehen in Anspruch genommen hätten, jedoch ermäßige sich der dem Vertrag zugrunde liegende Zinssatz auf den gesetzlichen Zinssatz in Höhe von 4%. Ihren diesbezüglichen Bereicherungsanspruch machten sie im Rahmen des Hauptantrages als Hilfsvorbringen geltend.

Die Verjährungseinrede greife nicht, da die Verjährung nicht vor Vertragsbeendigung zu laufen beginne.

Nach wirksamem Widerruf hätten sie einen Rückerstattungsanspruch in Höhe von 57.641,31 € (vgl. Anlage BB 1, Bl. 437 ff.). Unter Zugrundelegung des gesetzlichen Zinssatzes von 4% errechne sich ein Rückerstattungsanspruch von 51.921,55 € (unter Berücksichtigung der Anlagen BB 3, Bl. 517 ff., und BB 4, Bl. 523 ff.).

Selbst wenn man unterstelle, dass der Vertragszins marktüblich sei, ergebe sich aufgrund des wirksam erklärten Widerrufs jedenfalls ein Rückerstattungsanspruch in Höhe von 12.494,19 € (vgl. Anlage BB 2, Bl. 449 ff.), den sie hilfsweise geltend machen.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 17.08.2017, Az. 19 O 51/16, die Beklagte zu verurteilen, an sie 57.641,31 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2017 zu zahlen;

hilfsweise,die Beklagte zu verurteilen, an sie 12.495,19 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2017 zu zahlen;

hilfsweise,die Beklagte zu verurteilen, die Höhe der im Darlehensvertrag mit der Darlehenskontonummer ... vereinbarten Teilzahlungen mit einem Zinssatz von 4% ab Valutierung neu zu berechnen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und widerspricht der in zweiter Instanz vorgenommenen Klageänderung.

Die Darlehensgewährung sei zu Bedingungen erfolgt, die für grundpfandrechtlich abgesicherte Darlehensverträge üblich seien. Von der Marktüblichkeit der Zinsen sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auszugehen, wenn sie innerhalb der Streubreite der in den Monatsberichten der deutschen Bundesbank ausgewiesenen Zinssätze oder nur geringfügig bis zu einem Prozentpunkt darüber lägen. Da die MFI-Statistik der Bundesbank für den streitgegenständlichen Zeitraum nur noch einen festen Durchschnittszins und nicht mehr wie früher eine Streubreite ausweise, sei der seitens des Bundesgerichtshofs angenommene Zuschlag von einem Prozentpunkt noch angemessen - zumindest um die Hälfte der niedrigsten Streubreite der letzten 20 Jahre von 1,83% - zu erhöhen. Damit bewege sich der vereinbarte effektive Jahreszins von 6,01% im Bereich der Marktüblichkeit.

Selbst wenn man aber die Marktüblichkeit nicht aus dem in der MFI-Statistik ausgewiesenen Durchschnittszinssatz herleiten könne, müsse eine genauere Prüfung der Marktüblichkeit unter Berücksichtigung der Bedingungen im Einzelfall erfolgen. Jedenfalls unter Berücksichtigung des relativ schlechten Bonitätsratings der Kläger von 4,4 (vgl. Ratingbogen. Anlage BB 2, Bl. 547, Einkommens- und Vermögensunterlagen der Kläger, Anlage BB 4, Bl. 556 ff.) und des mit der Bewertung verbundenen Risikos des finanzierten und grundpfandrechtlich belasteten, wegen der Lage im ländlichen Raum nur eingeschränkt verwertbaren Objekts (vgl. Baufinanzierungsanalyse vom 30.06.2006, Anlage BB 3, Bl. 548 ff.) sei der vereinbarte Vertragszinssatz marktüblich gewesen. Der Darlehensbetrag entspreche rechnerisch 99,28% des Beleihungswertes (vgl. Wertermittlungsbogen, Anlage BB 1, Bl. 545). Der Verkehrswert der Immobilie habe ausweislich der klägerischen Angaben zum damaligen Zeitpunkt 150.000 € betragen.

Die Kläger hätten von dem am 16.07.2006 geänderten Vertrag eine Abschrift erhalten.

Die Beklagte bestreitet die von den Klägern vorgetragenen Berechnungen, mit denen sie ihre Ansprüche wegen der vermeintlich fehlenden Gesamtbetragsangabe und des Widerrufs begründen. Die darin aufgeführten Zahlungen entsprächen nicht dem tatsächlichen Darlehensverlauf, wie er sich aus den ab dem 01.09.2007 erteilten Darlehenskontoauszügen darstelle (Anlage BB 5, Bl. 612 ff.). In der klägerischen Anlage BB 4 seien fälschlich Darlehenstilgungen durch den gesetzlichen Zinssatz von 4% übersteigende Zahlungen der Kläger unterstellt worden. Denn der Verbraucher habe nicht das Recht, im Falle einer Zinsreduzierung bei fehlender Gesamtbetragsangabe die den gesetzlichen Zinssatz übersteigenden, in den vereinbarten Ratenzahlungen enthaltenen Zinsen zur Tilgung des Darlehensrückzahlungsanspruches zu verrechnen.

Im Übrigen erhebt sie die Einrede der Verjährung. Zwar sei der Neuberechnungsanspruch noch nicht verjährt, wohl aber etwaige Rückzahlungsansprüche wegen Zinsüberzahlungen bis zum Ablauf des Jahres 2013.

Der Senat hat eine Auskunft von der Bundesbank eingeholt. Wegen des Ergebnisses wird auf die E-Mail der Bundesbank vom 15.11.2019 samt Tabellenanhang (Bl. 627 ff.) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet.

A.

Die in der Berufungsinstanz vorgenommene Klageänderung ist gemäß § 533 ZPO zulässig.

Zwar ist eine Einwilligung seitens der Beklagten nicht erklärt worden, jedoch ist die Sachdienlichkeit der Klageänderung nach § 533 Nr. 1 ZPO zu bejahen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfordert die Beurteilung der Sachdienlichkeit eine Berücksichtigung, Bewertung und Abwägung der beiderseitigen Interessen. Dabei ist entscheidend, ob und inwieweit die Zulassung der geänderten Klage den Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits ausräumt, so dass sich ein weiterer Prozess vermeiden lässt. Eine Klageänderung ist danach nicht sachdienlich, wenn ein völlig neuer Streitstoff zur Beurteilung und Entscheidung gestellt wird, ohne dass dafür das Ergebnis der bisherigen Prozessführung verwertet werden kann. Der Sachdienlichkeit steht dabei grundsätzlich nicht entgegen, dass auf Grund der Klageänderung neue Parteierklärungen und gegebenenfalls Beweiserhebungen notwendig werden und die Erledigung des Prozesses verzögert wird (BGH, Urteil vom 13.04.2011 - XII ZR 110/09, NJW 2011, 2796 Rn. 41). Unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit ist die Sachdienlichkeit hier zu bejahen, weil der erstinstanzliche Vortrag zu dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag auch für die Klageänderung verwertet und damit ein neuer Rechtsstreit vermieden werden kann.

Auch die weitere Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 533 Nr. 2 ZPO, dass die Klageänderung auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat, ist gegeben. Nach § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung auch neue Tatsachen zugrunde zu legen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist. Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nach § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, wenn sie einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden sind. Das ist hier hinsichtlich der Problematik der fehlenden Gesamtbetragsangabe in dem Vertrag zu bejahen.

B.

Die Berufung hat keinen Erfolg. Sämtliche in der Berufungsinstanz neu gefassten Klageanträge sind unbegründet.

1.

Den Klägern stehen aufgrund des erklärten Widerrufs des streitgegenständlichen Darlehensvertrages weder die geltend gemachten Ansprüche auf Rückabwicklung der wechselseitig empfangenden Leistungen noch auf Neuberechnung zu. Dabei kann dahinstehen, ob das vorprozessuale Schreiben vom 20.05.2014 bereits als Widerrufserklärung zu werten ist oder erst der in der Klageschrift vom 17.05.2016 erklärte Widerruf. Denn bereits am 20.05.2014 stand ihnen ein Widerrufsrecht in Bezug auf den streitgegenständlichen Darlehensvertrag nicht mehr zu. Der Widerruf ist verfristet, wie das Landgericht mit zutreffender Begründung festgestellt hat.

Die Bestimmung des § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB in der nach Art. 229 § 22 Abs. 2 in Verbindung mit § 38 Abs. 1 EGBGB insoweit anzuwendenden Fassung ab 08.12.2004, wonach das grundsätzlich binnen zwei Wochen auszuübende Widerrufsrecht nicht erlischt, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist, greift nicht.

Die Kläger hatten allerdings gemäß §§ 495, 355 Abs. 1 Satz 2 BGB in der bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung (Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB; im Folgenden a. F.) grundsätzlich ein Widerrufsrecht. Auf das Schuldverhältnis zwischen den Parteien sind gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch und die BGB-Informationspflichten-Verordnung in der bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.) anzuwenden, da der Vertrag vor dem genannten Datum geschlossen ist und es sich nicht um ein unbefristetes Schuldverhältnis im Sinne des Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB handelt.

Danach erfordert der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (BGH, Urteil vom 10.03.2009 - XI ZR 33/08, Rn. 14, juris).

a)

Die den Klägern in dem Vertragsformular vom 30.06.2006 erteilte Widerrufsbelehrung entsprach den Vorgaben des § 355 BGB a. F. und ist daher ordnungsgemäß.

aa) Darauf, dass für die Belehrung kein Formular verwendet wurde, das dem Muster gemäß § 14 Abs. 1 Anlage 2 BGB-InfoV entspricht, kann die Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung nicht beruhen. Entscheidend ist, ob die Belehrung den gesetzlichen Vorgaben - hier des § 355 BGB a. F. - entspricht; der Gesetzgeber hat den Unternehmen freigestellt, ob sie sich hierzu des Belehrungsmusters bedienen (siehe nur Senat, Beschluss vom 14.03.2017 - 4 U 144/16; OLG Oldenburg, Urteil vom 03.11.2016 - 8 U 98/16, Rn. 40, juris; OLG Hamm, Urteil vom 21.10.2015 - 31 U 56/15, Rn. 38, juris; OLG Celle, Beschluss vom 14.07.2014 - 3 W 34/14, Rn. 8, juris). Diesen Punkt haben die Kläger in ihrer Berufungsbegründung auch nicht mehr explizit aufgegriffen.

bb) Die verwendete Widerrufsbelehrung belehrt zudem ordnungsgemäß über den nach § 355 BGB a.F. maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist.

Nach § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a. F. beginnt die Frist nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werden. Ein durchschnittlicher Kunde konnte die in Rede stehende Belehrung nicht dahin verstehen, dass bereits der Erhalt eines Vertragsantrages der Bank für den Fristbeginn genüge. Aus dem Voranstellen des Possessivpronomens ("mein schriftlicher Vertragsantrag", "meines Vertragsantrages") ist eindeutig zu entnehmen, dass es um das Angebot des Darlehensnehmers und nicht um dasjenige der Bank geht (Senat, Beschluss vom 14.03.2017 - 4 U 144/16; ebenso zu diesem Wortlaut OLG Oldenburg, Urteil vom 03.11.2016 - 8 U 98/16, Rn. 47, juris; OLG Celle, Beschluss vom 14.07.2014 - 3 W 34/14, Rn. 13, juris; OLG Hamm, Urteil vom 16.03.2015 - 31 U 118/14, Rn. 30, juris; OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 17.09.2014 - 23 U 288/13, Rn. 6, juris; vgl. ferner OLG Köln, Urteil vom 02.03.2016 - 13 U 52/15, Rn. 16, juris). Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Widerrufsbelehrung von derjenigen, die der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.03.2009 (XI ZR 33/08, juris) zugrunde lag, denn dort war der Fristbeginn lediglich - und damit missverständlich - daran geknüpft, dass dem Darlehensnehmer neben der Belehrung auch eine Vertragsurkunde oder alternativ "der" schriftliche Darlehensantrag oder eine Abschrift desselben zur Verfügung gestellt wurde (vgl. a. a. O., Rn. 3, 16). Entgegen der Auffassung der Kläger ergibt sich aus der vorliegenden Widerrufsbelehrung demgegenüber nicht, dass die Frist für den Widerruf bereits mit Erhalt des Darlehensangebotes beginnt, was der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil vom 10.03.2009 beanstandet hat, denn dort ging es um das Angebot der Bank, während es in der hiesigen Widerrufsbelehrung eindeutig nur um das Angebot der Antragsteller als Darlehensnehmer geht (vgl. Senat, Beschluss vom 14.03.2017 - 4 U 144/16; ebenso bereits OLG Celle, Beschluss vom 14.07.2014 - 3 W 34/14, juris Rn. 11). Damit orientiert sich die vorliegende Belehrung an § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a. F. und ist daher - wie der Bundesgerichtshof für eine ähnlich personalisierte Formulierung ("ihr schriftlicher Antrag") mehrfach entschieden hat (Beschlüsse vom 27.09.2016 - XI ZR 309/15, Rn. 8, juris, und vom 17.01.2017 - XI ZR 128/16, juris) - unbedenklich. Das gilt umso mehr, als der Gesetzgeber selbst in § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB in der hier maßgeblichen, bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung nur die nicht personalisierte Wendung "oder eine Abschrift (...) des Antrags" benutzt hat. Noch deutlicher als das Gesetz selbst musste die Beklagte nicht sein (vgl. BGH, a. a. O.).

cc) Die Belehrung über das Widerrufsrecht ist im Sinne von § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB (a. F.) auch hinreichend "deutlich gestaltet".

(1) Der von den Klägern mit der Berufung wohl sinngemäß vorgebrachte Einwand, der Hinweis auf "meinen Vertragsantrag" als fristauslösendes Ereignis sei deshalb missverständlich und unzureichend, weil vorliegend keine Erklärung von ihnen vorgelegen habe, verfängt nicht. Die Formulierung "(...) eine Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrages ausgehändigt wurde" lehnt sich ersichtlich an die vom Gesetzgeber selbst in § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB in der bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung benutzte Wendung an und verwendet diese für den Belehrungstext. Entgegen der Auffassung der Kläger gibt sie aus der Sicht eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers keinen Anlass zu der Fehlinterpretation, es handele sich um eine von ihnen selbst damit abgegebene Erklärung (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.06.2017 - 9 U 12/17, juris Rn. 45).

(2) Die Widerrufsbelehrung erfüllt ferner die an eine drucktechnisch deutliche Gestaltung des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB zu stellenden Anforderungen. Sie hebt sich aus dem Text der übrigen Kreditbedingungen schon dadurch heraus, dass sie auf einer gesonderten Seite abgedruckt und in einer größeren Schrift als der überwiegende Teil des Darlehensvertrages gehalten ist sowie überdies eigens zu unterzeichnen war (siehe nur Senat, Beschluss vom 14.03.2017 - 4 U 144/16).

dd) Ein Belehrungsfehler ergibt sich schließlich nicht aus der nicht ordnungsgemäßen einseitigen Information über die Widerrufsfolgen.

(1) Zum einen bestand nach der zum Zeitpunkt der Darlehensabschlüsse geltenden Fassung des § 355 Abs. 2 BGB a. F. überhaupt keine Verpflichtung, über die Rechtsfolgen des Widerrufs zu belehren (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 03.11.2016 - 8 U 98/16, Rn. 49, juris; OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 07.07.2016 - 23 U 188/15, Rn. 43, juris; OLG Hamm, Urteile vom 02.02.2015 - 31 U 126/14, Rn. 32, juris, und vom 21.10.2015 - 31 U 56/15, Rn. 38, juris; OLG Celle, Beschluss vom 14.07.2014 - 3 W 34/14, Rn. 8, juris).

(2) Zum anderen ist der unter der Überschrift "Widerruf bei bereits erhaltener Leistung" gesonderte Hinweis darauf, dass von dem Widerrufsrecht auch noch Gebrauch gemacht werden kann, nachdem der Darlehensnehmer "eine Leistung von der Bank oder ihrem Kooperationspartner erhalten" hat, diese dann jedoch zurückzugewähren und gezogene Nutzungen herauszugeben sind oder gegebenenfalls Wertersatz zu leisten ist, im Hinblick auf die Pflicht zur Herausgabe gezogener Nutzungen nicht fehlerhaft, sondern trägt dem Abwicklungsverhältnis nach Widerruf insoweit Rechnung. Dieser Hinweis ist damit jedenfalls zutreffend, zumal er auch mögliche Zweifel über eine Widerruflichkeit noch nach Darlehensempfang ausräumt (vgl. Senat, Beschluss vom 14.03.2017 - 4 U 144/16; ebenso OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.06.2017 - 9 U 12/17, juris Rn. 47; OLG Oldenburg, Urteil vom 03.11.2016 - 8 U 98/16, juris Rn. 49; OLG Hamm, Urteil vom 16.03.2015 - 31 U 118/14, juris Rn. 32; OLG Celle, Beschluss vom 14.07.2014 - 3 W 34/14, juris Rn. 16).

Auch Zweifel über eine Widerruflichkeit vor Erhalt der Leistung können hierdurch nicht begründet werden. Es versteht sich von selbst, dass eine Vertragserklärung, die noch nach Erhalt der Leistung widerrufen werden kann, erst recht vor dem Erhalt der Leistung widerruflich ist; durch das Wort "dennoch" vor "ausüben" wird dies sogar nochmals betont. Eine generell aus § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a. F. folgende Pflicht, auf sämtliche Rechtsfolgen unter dem Gesichtspunkt des (umfänglichen) Deutlichmachens der "Rechte" hinweisen zu müssen, ist zu verneinen. Dies ergibt sich mittelbar auch aus den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 24.04.2007 (XI ZR 191/06, Rn. 19, juris) und vom 11.03.2008 - XI ZR 317/06, Rn. 133, juris); der Bundesgerichtshof hätte eine Verletzung der Hinweispflicht andernfalls nicht mit den dortigen Begründungen verneinen können (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 03.11.2016 - 8 U 98/16, Rn. 56, juris).

Die Rechtsfolgeangaben sind ferner nicht unter dem Gesichtspunkt fehlerhaft, dass die Widerrufsbelehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen oder Zusätze enthalten darf. Soweit § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. eine Gestaltung der Belehrung verlangt, die dem Verbraucher seine Rechte deutlich macht, führt dies nicht dazu, dass schlechthin jeglicher Zusatz zur Belehrung ausgeschlossen ist, solange ein solcher - wie ausgeführt - weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung ist und deshalb nicht ablenkt (vgl. BGH, Urteil vom 24.04.2007 - XI ZR 191/06, juris Rn. 19, wo der Bundesgerichtshof die Zulässigkeit eines Rechtsfolgezusatzes bei Nichtbestehen einer Belehrungspflicht nach § 357 BGB sogar innerhalb der Belehrung selbst für unschädlich erachtet hat; ferner BGH, Urteil vom 04.07.2002 - I ZR 55/00, NJW 2002, 3396, 3397 f. und vom 24.04.2007 - XI ZR 191/06, juris Rn. 13). Schließt sich an die Belehrung ein weiterer Text an, ist maßgebend, ob für den durchschnittlichen Kunden durch die konkrete Ausgestaltung der Vertragsurkunde der Eindruck erweckt wird, es handele sich um eine einheitliche, ihrem Inhalt nach näher bestimmte Widerrufsbelehrung (vgl. BGH, Urteil vom 13.01.2009 - XI ZR 118/08, juris Rn. 24). Vorliegend waren die Mitteilungen zu Widerrufsfolgen bei bereits erhaltener Leistung in einem gesondert abgefassten, mit eigener Überschrift versehenen Absatz im Anschluss an die vollständigen Angaben zur Belehrung enthalten, nicht aber Teil der Belehrung selbst (vgl. auch BGH, Urteil vom 09.11.2011 - I ZR 123/10, juris Rn. 25 f.). Die Belehrung schloss zuvor optisch und dem inhaltlichen Verständnis nach mit der Angabe der Kontaktdaten, an die der Widerruf zu richten war, ab.

Überdies soll die Belehrung nicht überfrachtet werden, weil dies ihrer Deutlichkeit abträglich wäre. Deswegen hat sich der Gesetzgeber im aktuellen Muster der Anlage 8 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB auf die vom Darlehensnehmer zu erfüllenden Rückgewährpflichten beschränkt, da der Verbraucherschutz vorrangig eine Belehrung des Verbrauchers über die mit seinem Handeln einhergehenden Nachteile gebietet. Im Einklang damit hat der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 17.01.2017 (XI ZR 170/16, Rn. 6, juris) eine der im Streitfall verwendeten durchaus vergleichbare Widerrufsinformation für klar und verständlich erachtet. Zwar bezieht sich diese Entscheidung auf einen nach dem 29.07.2010 geschlossenen Darlehensvertrag; ob eine Widerrufsinformation klar und verständlich ist, kann jedoch nicht vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses abhängen. Eine derartige Belehrung kann daher auch auf der Grundlage alten Rechts nicht als unrichtig oder irreführend qualifiziert werden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.06.2017 - 9 U 12/17, juris Rn. 49).

Im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

b)

Die Beklagte musste auch anlässlich der am 16.07.2006 erfolgten Vertragsänderung keine erneute Widerrufsbelehrung vornehmen. Denn am 16.07.2006 haben die Parteien das Vertragsverhältnis nicht auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt. Erfolgt lediglich eine Vertragsänderung und keine Novation, weil bei fortlaufendem Kapitalnutzungsrecht des Darlehensnehmers nur die Kreditbedingungen angepasst werden, lässt diese Änderung den ursprünglichen Vertrag und damit auch das diesbezügliche Widerrufsrecht unberührt (BGH, Urteil vom 26.10.2010 - XI ZR 367/07, NJW-RR 2011, 403 Rn. 28). Die Novation führt zur Änderung der Identität des Schuldverhältnisses mit der Folge, dass einerseits Einwendungen erlöschen, andererseits aber - anders als bei der bloßen Vertragsänderung - auch bestehende Sicherheiten entfallen. Wegen dieser gravierenden Folgen für die Parteien darf eine Novation nur angenommen werden, wenn der Wille der Parteien eindeutig auf eine solche gerichtet ist, wenn sie mit anderen Worten ihre schuldrechtlichen Beziehungen zweifelsfrei auf eine neue Grundlage stellen wollen. Die Beweislast trägt derjenige, der sich auf das Vorliegen einer Novation beruft (Münchener Kommentar/Emmerich, 8. Aufl., BGB § 311 Rn. 16). Ob eine Novation oder lediglich eine Prolongation des Darlehensvertrags vorliegt, ist Auslegungsfrage. Wegen der einschneidenden Rechtsfolgen einer Novation ist bei der Feststellung des Willens, das alte Schuldverhältnis aufzuheben und durch ein neu begründetes zu ersetzen, Vorsicht geboten und daher im Zweifel nur von einer bloßen Vertragsänderung auszugehen (BGH, a. a. O., Rn. 28).

Nach diesen Maßstäben handelt es sich vorliegend nur um einen Nachtrag zu dem ursprünglichen Darlehensvertrag vom 30.06.2006 und nicht um eine (einer Novation gleichkommende) Umschuldung. Denn den Klägern wurde durch die am 16.07.2006 vereinbarte Festverzinsung für 10 Jahre kein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt. Für die Einordnung als bloße Modifikation des Vertrags vom 30.06.2006 spricht auch, dass der Nettokreditbetrag sowie alle übrigen Parameter des Vertrages unverändert blieben und insbesondere keine neuen oder andere Sicherheiten vereinbart wurden. Auch eine Bearbeitungsgebühr oder ein (erneutes) Disagio waren nicht vorgesehen. Der Vertrag wurde unter derselben Kontonummer geführt (vgl. BGH, Urteil vom 26.10.2010 - XI ZR 367/07, a. a. O., Rn. 29).

2.

Die Kläger haben auch keinen Rückerstattungs- oder Neuberechnungsanspruch gegen die Beklagte im Hinblick auf die fehlende Gesamtbetragsangabe gemäß § 494 Abs. 2 S. 2 BGB a. F..

Auf das Rechtsverhältnis der Parteien sind die §§ 488 ff. BGB in der bis zum 10.06. 2010 geltenden Fassung (BGBl. 2002 I, S. 2850, 2856 ff.; im Folgenden: a. F.) anwendbar, soweit nicht gemäß Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB die in dieser Vorschrift genannten Regelungen anzuwenden sind. Dies ergibt sich aus der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB, wonach das Bürgerliche Gesetzbuch in der seit dem 01.01.2003 geltenden Fassung anzuwenden ist. Bei dem zwischen den Parteien vereinbarten Darlehensvertrag handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis im Sinne dieser Vorschrift (vgl. BGH, Urteil vom 24.11.2009 - XI ZR 260/08, Rn. 16 juris).

Nach § 494 Abs. 2 S. 1 und 2 BGB a. F. bleibt zwar der Verbraucherdarlehensvertrag bei fehlender Gesamtbetragsangabe gültig, wenn der Darlehensnehmer - wie hier - das Darlehen in Anspruch genommen hat, es ermäßigt sich aber der dem Verbraucherdarlehensvertrag zugrunde gelegte Zinssatz auf den gesetzlichen Zinssatz. Dies hat zur Folge, dass der Darlehensnehmer die Neuberechnung der monatlichen Leistungsraten unter Berücksichtigung der auf den gesetzlichen Zinssatz verminderten Zinsen und gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB die Rückzahlung überzählter Zinsen verlangen kann (BGH, Urteil vom 20.01.2009 - XI ZR 504/17, Rn. 11, juris zum vergleichbaren § 6 Abs. 2 S. 2 VerbrKrG; jurisPK/Schwintowski, BGB, 8. Aufl., § 494 Rn. 15).

Allerdings war im vorliegenden Fall die Gesamtbetragsangabe entbehrlich, so dass die Rechtsfolge des § 494 Abs. 2 S. 1 BGB a. F. nicht greift.

Nach § 492 Abs. 1 S. 5 Nr. 2 BGB a. F. muss ein Verbraucherdarlehensvertrag - um einen solchen handelt es sich hier, weil die Kläger Verbraucher waren (§ 13 BGB) - den Gesamtbetrag aller vom Darlehensnehmer zur Tilgung des Darlehens sowie zur Zahlung der Zinsen und sonstigen Kosten zu errichtenden Teilzahlungen enthalten, wenn der Gesamtbetrag bei Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags für die gesamte Laufzeit der Höhe nach feststeht, bei Darlehen mit veränderlichen Bedingungen, die in Teilzahlungen getilgt werden, einen Gesamtbetrag auf der Grundlage der bei Abschluss des Vertrags maßgeblichen Darlehensbedingungen. Abweichend von § 492 Abs. 1 S. 5 Nr. 2 BGB a. F. ist nach § 492 Abs. 1a S. 1 BGB a. F. kein Gesamtbetrag bei Immobiliendarlehensverträgen anzugeben. Immobiliendarlehensverträge sind nach der Legaldefinition Verbraucherdarlehensverträge, bei denen die Zurverfügungstellung des Darlehens von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht wird und zu Bedingungen erfolgt, die für grundpfandrechtlich abgesicherte Darlehensverträge und deren Zwischenfinanzierung üblich sind.

Vorliegend handelt es sich um einen Immobiliendarlehensvertrag i. S. d. § 492 Abs. 1 a S. 2 BGB a. F., so dass eine Gesamtbetragsangabe nicht erforderlich war. Die Zurverfügungstellung des Darlehens war von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht worden. Die Darlehenshingabe ist auch zu Bedingungen erfolgt, die für grundpfandrechtlich abgesicherte Darlehensverträge üblich sind.

Für die Frage, ob ein grundpfandrechtlich abgesicherter Kredit zu den üblichen Bedingungen gewährt worden ist, kommt es entscheidend auf die Zinshöhe und die sonstigen Kreditkonditionen an. Dabei stellen die in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank ausgewiesenen Zinssätze einen Anhaltspunkt für die Marktüblichkeit dar (BGH, Urteil vom 18.03.2003 - XI ZR 422/01, Rn. 18, juris). Liegt der vereinbarte Zinssatz innerhalb der Streubreite oder nur geringfügig bis zu 1% darüber, ist von der Marktüblichkeit auszugehen (vgl. nur BGH, Urteil vom 18.12.2007 - XI ZR 324/06, Rn. 29, juris; BGH, Urteil vom 19.01.2016 - XI ZR 103/15, Rn. 17, juris). Liegt er mehr als 1% über der oberen Streubreitengrenze für vergleichbare Kredite, bedarf es einer genaueren Prüfung der Marktüblichkeit unter Berücksichtigung der vereinbarten Bedingungen im Einzelfall, ggf. unter Heranziehung geeigneter Beweismittel (BGH, Urteil vom 18.12.2007 - XI ZR 324/06, Rn. 29, juris).

Vorliegend war der anfängliche effektive Jahreszins von 6,01% im hier maßgeblichen Monat Juni 2006 marktüblich. Denn nach § 492 Abs. 1 S. 5 Nr. 2 BGB a. F. ist für die Gesamtbetragsangabe auf den Abschluss des Verbraucherkreditvertrages abzustellen.

Im Juni 2006 betrug der durchschnittliche effektive Jahreszins für variable Wohnungsbaukredite an private Haushalte 4,91 % (MFI-Zinsstatistik für das Neugeschäft der deutschen Banken - Wohnungsbaukredite an private Haushalte; siehe unter www.bundesbank.de). Die MFI-Statistik weist zwar nur noch einen festen Durchschnittszins und nicht mehr - wie die frühere Bundesbank-Statistik "Hypothekarkredite auf Wohngrundstücke" - eine Streubreite mit einer Unter- und Obergrenze aus (siehe auch BGH, Urteil vom 19.01.2016 - XI ZR 103/15, Rn. 18). Der Senat hat allerdings eine Auskunft der Deutschen Bundesbank vom 15.11.2019 eingeholt, wonach sich die Streubreite für Wohnungsbaukredite mit anfänglicher Zinsbindung bis zu einem Jahr oder variabler Zinsbindung im Juni 2006 in einem Rahmen von 4,062 % bis 6,1964 % bewegte. Der im Darlehensvertrag vereinbarte effektive Jahreszins von 6,01% liegt innerhalb dieser Streubreite, so dass von der Marktüblichkeit des vereinbarten effektiven Jahreszinssatz in dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag auszugehen ist. Eine weitere Sachaufklärung - etwa zur Beleihungsgrenze - ist damit entbehrlich.

C.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision zum Bundesgerichtshof ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

Den Streitwert für die zweite Instanz hat der Senat bereits mit Beschluss vom 28.8.2019 festgesetzt.

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