OLG Jena, Beschluss vom 29.07.2010 - 1 UF 179/10
Fundstelle
openJur 2011, 120142
  • Rkr:

1. Im Rahmen des § 18 VersAusglG ist zunächst der Ausschluss gleichartiger Versorgungen mit geringer Bilanzdifferenz nach § 18 Abs. 1 VersAusglG zu prüfen .

2. Danach ist zu prüfen, ob es einzelne Bagatellversorgungen gibt, deren Ausschluss nach § 18 Abs. 2 VersAusglG vorzunehmen ist .

Tenor

1. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland (VSNR:) zu Gunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 0,5233 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto (VSNR.:) bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland bezogen auf den 31.10.1999 übertragen.

2. Der Ausgleich des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland (VSNR.:) in Höhe von 0,0045 Entgeltpunkten unterbleibt.

3. Der Ausgleich des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland (VSNR.: ) in Höhe von 18,1923 Entgeltpunkten (Ost) unterbleibt.

4. Der Ausgleich des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland (VSNR.:) in Höhe von 17,5867 Entgeltpunkten (Ost) unterbleibt.

5. Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt jeder Beteiligte selbst.

6. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.963,37 € festgesetzt.

7. Der Wert für das Verfahren vor dem Amtsgericht wird in Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht- Sondershausen vom 26.03.2010, Ziffer 5, auf 1963,37 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die beteiligten Eheleute schlossen ihre Ehe am 06.03.1976 und wurden auf den am 30.11.1999 zugestellten Antrag der Ehefrau durch Urteil vom 26.09.2000, hinsichtlich des Scheidungsausspruchs rechtskräftig seit dem 26.09.2000, geschieden. Das Amtsgericht hat in Ziffer 2 das Verfahren über den Versorgungsausgleich ausgesetzt.

Das Amtsgericht hat das Verfahren mit Beschluss vom 13.01.2010 gemäß Art. 111 FGG-ReformG i. V. m. §§ 50 Abs. 1 Ziffer 2, 48 VersAusglG und § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG wieder aufgenommen.

Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich mit Beschluss vom 26.03.2010 wie folgt durchgeführt:

1.

Gemäß § 18 Abs. 1 VersAusglG unterbleibt der Ausgleich des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland in Höhe von 0,0045 Entgeltpunkten.

2.

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland (VSNR.:) zu Gunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 9,0962 Entgeltpunkten (Ost) auf das vorhandene Konto (VSNR.:) bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland bezogen auf den 31.10.1999 übertragen.

3.

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland (VSNR.:) zu Gunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 0,9859 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto (VSNR.:) bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland bezogen auf den 31.10.1999 übertragen.

4.

Gemäß § 18 Abs. 1 VersAusglG unterbleibt der Ausgleich des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland in Höhe von 0,9464 Entgeltpunkten (Ost).

Mit Schriftsatz vom 13.04.2010, eingegangen am 22.04.2010, beantragt die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland eine Berichtigung des Beschlusses vom 26.03.2010, da die Entscheidung zum Versorgungsausgleich auf einer offensichtlichen Unrichtigkeit beruhe. Mit ihrer Beschwerde vom 26.04.2010 rügt die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland, dass sie am 23.03.2010 eine Auskunft nach § 5 VersAusglG unter Zugrundelegung einer Ehezeit vom 01.10.1999 bis 31.01.2010 erteilt habe. Im Auskunftsersuchen vom 19.01.2000 sei die Ehezeit vom 01.03.1976 bis 31.10.1999 angegeben worden. Die Auskunft vom 23.03.2010 für den Antragsgegner sei daher fehlerhaft. Eine korrigierte Auskunft vom 15.04.2010 sei beigefügt.

Mit der Beschwerdeschrift vom 26.04.2010 wiederholt die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland ihr Vorbringen aus dem Berichtigungsantrag und beantragt, den Beschluss vom 26.03.2010 aufzuheben und den Versorgungsausgleich nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften durchzuführen.

II.

Die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt aufgrund der im Zuge des Beschwerdeverfahrens neu erteilten Auskunft vom 15.04.2010 zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung.

Gemäß § 48 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG ist das seit dem 1.9.2009 geltende materielle Recht und Verfahrensrecht anzuwenden, obwohl das Verfahren in erster Instanz vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden ist. Dies beruht darauf, dass das Familiengericht die Folgesache Versorgungsausgleich vom Scheidungsverbund abgetrennt hat. Der Senat folgt insoweit der Auffassung, dass im Interesse der Rechtsklarheit und des Schutzes der Verfahrensbeteiligten davon auszugehen ist, dass die Anwendung des neuen Rechts bei abgetrennten Versorgungsausgleichsverfahren allein von der Anordnung der Abtrennung abhängt (vgl. Schürmann, Alte Versorgungsausgleichssachen und neues Verfahrensrecht, FamRZ 2009, 1800, 1801; Anmerkung Borth, FamRZ 2009, 1965, 1966). Denn der eindeutige Wortlaut der Übergangsbestimmung bietet keinen Spielraum für eine differenzierte Auslegung, bezogen etwa auf eine mit der Abtrennung verbundene größere Verzögerung der Erledigung oder ein Weiterbetreiben des Verfahrens erst nach Inkrafttreten des neuen Rechts. Darüber hinaus entspricht die Anwendung des § 48 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG auf das vorliegende abgetrennte Versorgungsausgleichsverfahren der den Übergangsbestimmungen zu Grunde liegenden Absicht des Gesetzgebers, das neue Recht möglichst weitgehend und möglichst schnell zur Anwendung kommen zu lassen (vgl . Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucksache 16/10144, S. 85; OLG Hamburg, Beschluss vom 12.04.2010, Az. 7 UF 154/04).

Nach § 1 VersAusglG sind im Versorgungsausgleich die in der Ehezeit erworbenen Anteile von Anrechten jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen. Die Ehezeit beginnt mit dem ersten Tag des Monats der Eheschließung und endet am letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags (§ 3 Abs.1 VersAusglG).

Nach dem nunmehr maßgebenden neuen Recht sind in der Ehezeit, d.h. hier in der Zeit vom 01.03.1976 bis 31.10.1999 (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) erworbenen Versorgungsanwartschaften jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen (§ 1 Abs. 1 VersAusglG).

In den Wertausgleich fallen Anrechte beider Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung. In der Ehezeit haben die Parteien folgende Anrechte erworben:

Bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland hat die Antragstellerin in der Ehezeit gemäß der Auskunft vom 15.04.2010 ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 0,0045 Entgeltpunkten erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs.3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 0,0023 Entgeltpunkten zu bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach § 47 VersAusglG beträgt 23,80 DM oder 12,17 €.

Bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland hat die Antragstellerin weiter ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 18,1923 Entgeltpunkten (Ost) erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs.3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 9,0962 Entgeltpunkten (Ost) zu bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach § 47 VersAusglG beträgt 79408,52 DM oder 40600,93 €.

Bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland hat der Antragsgegner gemäß der Auskunft vom 23.03.2010 ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 1,0466 Entgeltpunkten erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs.3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 0,5233 Entgeltpunkten zu bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach § 47 VersAusglG beträgt 5416,67 DM oder 2769,50 €.

Bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland hat der Antragsgegner weiter ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 17,5867 Entgeltpunkten (Ost) erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs.3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 8,7934 Entgeltpunkten (Ost) zu bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach § 47 VersAusglG beträgt 76765,11 DM oder 39249,38 €.

Der Ausgleich ist in Form der internen Teilung nach § 10 Abs. 1 VersAusglG vorzunehmen, indem für den jeweils ausgleichsberechtigten Ehegatten zulasten des Anrechts des jeweils ausgleichspflichtigen Ehegatten ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts bei dem Versorgungsträger übertragen wird, bei dem das Anrecht des Ausgleichspflichtigen besteht. Der Ausgleichswert der Anrechte entspricht jeweils der Hälfte ihres Ehezeitanteils (§ 1 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG).

Dem gemäß sind zugunsten der Ehefrau 0,5233 Entgeltpunkte und 8,7934 Entgeltpunkte (Ost) und zugunsten des Ehemannes 0,0023 Entgeltpunkte und 9,0962 Entgeltpunkte (Ost) zu übertragen. Entgeltpunkte und Entgeltpunkte (Ost) sind dabei aufgrund ihrer unterschiedlichen Wertigkeit als verschiedenartige Bezugsgrößen i. S. des § 5 Abs. 1 VersAusglG zu behandeln und getrennt voneinander auszugleichen (vgl. Ruland Versorgungsausgleich 2. Aufl. Rn. 507, 511; Borth Versorgungsausgleich 5. Aufl. Rn. 525). Eine Verrechnung von Entgeltpunkten beider Ehegatten findet erst im Vollzug der Entscheidung durch die Versicherungsträger statt (§ 10 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG).

Nach § 18 Abs. 1 VersAusglG ist von einem Ausgleich grundsätzlich abzusehen, wenn die Differenz der beiderseitigen Ausgleichswerte gering ist. Damit sollen diejenigen Fälle sachgerecht entschieden werden, in denen beide Ehegatten in der Ehezeit annähernd gleichwertige Anrechte erworben haben, etwa weil sie durchgehend Berufe mit vergleichbarer Vergütung ausgeübt haben. Die Ehegatten, die gerichtliche Praxis und auch die Versorgungsträger empfinden es in diesen Fällen als unangemessen, einen Ausgleich durchzuführen. Im neuen Ausgleichssystem würde sich dieses Problem verschärfen, weil es zu einem Hin-und-her-Ausgleich auch hoher Ausgleichswerte kommen könnte, die sich wertmäßig im Ergebnis dennoch annähernd entsprechen. Die Wertgrenze richtet sich nach Absatz 4 (BT - Drucksache 16/10144, S. 60, 61).

Die Prüfung im Sinne des Absatzes 1 erfordert es, sich einen Überblick über alle Versorgungen zu verschaffen, da sämtliche beiderseitige Ausgleichswerte (also auch kleine Ausgleichswerte im Sinne des § 18 Abs. 2 VersAusglG) zu be- rücksichtigen sind. Hierzu ist eine Vorsorgevermögensbilanz auf Kapitalwertbasis zu erstellen, wenn der zu entscheidende Fall Anlass hierfür bietet (siehe Begründung zu § 5 VersAusglG). Nach Absatz 2 ist vom Ausgleich einzelner Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert grundsätzlich abzusehen. Das Gericht kann unmittelbar anhand des mitgeteilten Ausgleichswerts des einzelnen Anrechts entscheiden, ob die Wertgrenze des Absatzes 4 unterschritten ist ((BT - Drucksache 16/10144, S. 61).

Das Verhältnis des § 18 Abs. 1 VersAusglG zu § 18 Abs. 2 VersAusglG ergibt sich aus der Gesetzessystematik.

Es bleibt zu klären, in welchem Verhältnis der Ausschluss gleichartiger Anrechte mit geringem Bilanzunterschied und der Ausschluss einzelner geringwertiger Anrechte zueinander stehen. Könnte man nämlich zunächst einzelne geringwertige Anrechte aus dem Versorgungsausgleich ausschließen, würde dies einen fatalen Effekt erzeugen, wenn mehrere geringwertige Anrechte bei einem Ehegatten vorliegen. Das werthaltige Anrecht des einen Ehegatten würde bei Gleichartigkeit dem Versorgungsausgleich erhalten, während ein geringwertiges Gegenrecht eliminiert würde. Dies könnte zu einer eklatanten Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes führen, die nicht mehr als geringfügig bezeichnet werden kann.

Aus diesem Grund ist im ersten Schritt der Ausschluss gleichartiger Versorgungen mit geringer Bilanzdifferenz nach § 18 Abs.1 VersAusglG zu prüfen. Im zweiten Schritt ist sodann zu prüfen, ob es einzelne Bagatellversorgungen gibt, deren Verzicht auf Bagatellausgleiche im neuen Versorgungsausgleichsrecht nach § 18 Abs. 2 VersAusglG vorgenommen werden kann. Innerhalb der Norm existiert mithin zur Vermeidung einer Potenzierung von Ausschlussrisiken eine klare Ausschlusshierarchie (vgl. Hauß, Der Verzicht auf Bagatellausgleiche im neuen Versorgungsausgleichsrecht, FPR 2009, 214, 217).

Gemäß § 18 Abs. 1 und 2 VersAusglG sollen beiderseitige Anrechte gleicher Art von geringer Ausgleichswertdifferenz und einzelne Anrechte von geringem Ausgleichswert nicht ausgeglichen werden. Die Geringfügigkeitsgrenze bemisst sich bei Anrechten, deren maßgebliche Bezugsgröße - wie bei den hier vorliegenden - kein Rentenbetrag ist, nach dem Kapitalwert, den der Ausgleichswert des Anrechts am Ende der Ehezeit hatte (§ 18 Abs. 3 VersAusglG).

Bei den gesetzlichen Rentenanwartschaften der Ehegatten kommt es auf den nach § 47 VersAusglG zu berechnenden korrespondierenden Kapitalwert an. Er wird i. d. R. vom Versicherungsträger berechnet (§ 5 Abs. 3 VersAusglG) und ergibt sich aus den vorliegenden Auskünften der Eheleute. Bei dem Kapitalwert handelt es sich um den Betrag, der zum Ende der Ehezeit aufzubringen wäre, um beim Versorgungsträger des Ausgleichspflichtigen für diesen ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts zu begründen (§ 47 Abs. 2 und 3 VersAusglG).

Gemäß § 18 Abs. 3 VersAusglG beträgt die Bagatellgrenze als Kapitalwert 120 % der am Ende der Ehezeit maßgebenden monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV. Für das Jahr 1999 galt eine Bezugsgröße für die alten Bundesländer in Höhe von 4410,- DM (vgl. FamRZ 2010, 95 f.). 120 % davon sind 5292,- DM. Für die neuen Bundesländer beträgt die Bezugsgröße 3710,- DM. 120 % hiervon machen 4452,- DM aus.

Zunächst ist der Wertunterschied der Ausgleichswerte gleichartiger Anrechte an der Bagatellgrenze zu messen. Gleichartig sind die auf Entgeltpunkten beruhenden (d. h. in den alten Bundesländern erworbenen) Anrechte der Ehegatten. Die auf Entgeltpunkten (Ost) basierenden Anrechte der Ehegatten sind dagegen von anderer Art (vgl. Ruland a. a. O. Rn. 488). Diese besondere Dynamik (in der Terminologie des früheren VAÜG: Angleichungsdynamik) führt dazu, dass das Anrecht nach Abschluss der Einkommensangleichung in beiden Teilen Deutschlands den gleichen Wert haben wird wie ein in den alten Bundesländern erworbenes Anrecht. Der wirkliche Wert der Entgeltpunkte (Ost) ist daher - jedenfalls bei Ehegatten, die (wie die hier Beteiligten) erst in etwa 20 Jahren in den Ruhestand treten werden - nicht geringer anzusetzen als der Wert von Entgeltpunkten.

Der Ausgleichswert des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland mit einem Kapitalwert von 23,80 DM und der Ausgleichswert des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland mit einem Kapitalwert in Höhe von 5416,67 DM sind miteinander vergleichbar, übersteigen im Saldo (5416,67 DM - 23,80 DM =) 5392,87 DM den Grenzwert in Höhe von 5292,- DM, so dass die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 VersAusglG nicht vorliegen.

Der Ausgleichswert des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland mit einem Kapitalwert in Höhe von 5416,67 DM übersteigt den Grenzwert in Höhe von 5292,- DM, so dass die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 VersAusglG nicht vorliegen.

Der Ausgleichswert des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland mit einem Kapitalwert von 23,80 DM übersteigt nicht den Grenzwert von 5292,- DM. Diese Versorgung wird nicht ausgeglichen, weil die Wertgrenze nach § 18 Abs.2, 3 VersAusglG nicht überschritten ist und keine besonderen Gründe den Ausgleich erfordern.

Der Ausgleichswert des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland mit einem Kapitalwert von 79.408,52 DM und des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland mit einem Kapitalwert von 76.765,11 DM übersteigen im Saldo (2.643,41 DM) nicht den Grenzwert von 4452,- DM. Diese Versorgungen sind miteinander vergleichbar. Sie werden nach § 18 Abs.1 VersAusglG gegeneinander aufgehoben, weil die Wertgrenze nach § 18 Abs.3 VersAusglG nicht überschritten ist und keine besonderen Gründe den Ausgleich erfordern.

Die einzelnen Anrechte:

1.

Für das Anrecht der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland mit dem Ausgleichswert von 0,0023 Entgeltpunkten unterbleibt nach § 18 Abs.2 VersAusglG der Ausgleich.

2.

Für das Anrecht der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland mit dem Ausgleichswert von 9,0962 Entgeltpunkten (Ost) unterbleibt nach § 18 Abs.1 VersAusglG der Ausgleich.

3.

Das Anrecht des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland ist nach § 10 Abs. 1 VersAusglG durch interne Teilung mit einem Ausgleichswert von 0,5233 Entgeltpunkten zugunsten der Antragstellerin auszugleichen.

4.

Für das Anrecht des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland mit dem Ausgleichswert von 8,7934 Entgeltpunkten (Ost) unterbleibt nach § 18 Abs.1 VersAusglG der Ausgleich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 20 Abs. 1 Satz 1 FamGKG, § 150 Abs. 1 und 3 FamFG, die Festsetzung des Beschwerdewerts auf § 50 Abs. 1 FamGKG.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens war auf 1.886,67 € festzusetzen.

Das Amtsgericht hat das wiederaufgenommene Versorgungsausgleichsverfahren zutreffend nach Art. 111 Abs. 4 FGG-RG als selbständige Familiensache unter Anwendung des ab dem 01.09.2009 geltenden Rechts fortgeführt (vgl. auch Keidel/Engelhardt, FamFG, Art. 111 FGG-RG Rn. 8).

Die Regelung des Art. 111 FGG-RG ist ebenfalls für die Anwendung des Kostenrechts maßgebend und verdrängt insbesondere § 63 FamGKG (vgl. Schneider/Wolf/Volpert, FamGKG, § 63 Rn. 13 ff; Gerhardt/Keske, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 7. Aufl., Kap. 17 Rn. 103).

Die Berechnung des Verfahrenswerts richtet sich dementsprechend nach § 50 Abs. 1 FamGKG. Danach beträgt der Verfahrenswert in Versorgungsausgleichssachen für jedes Anrecht 10 Prozent, bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung für jedes Anrecht 20 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten, insgesamt mindestens 1.000 €.

Der Verfahrenswert in Versorgungsausgleichssachen ist allerdings nur dann mit 20 Prozent des dreifachen Nettoeinkommens der Parteien je Anrecht anzusetzen, wenn der Versorgungsausgleich nach § 20 bis § 27 VersAusglG durchgeführt wird, nicht aber auch dann, wenn ein Ausgleich auf der Grundlage von § 1 bis § 19 VersAusglG zeitlich nach der Scheidung erfolgt (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 06.05.2010, 7 WF 598/10 - zitiert nach juris; Borth, Versorgungsausgleich, 5. Auflage, Rn. 1120; Schneider/Wolf/Volpert, a.a.O., § 50 Rn. 12; Hartmann, Kostengesetzte, 40. Auflage, § 50 FamGKG Rn. 4 und 5; Enders, JurBüro 2009, 341; Schneider, FamRZ 2010, 87 ff; Grabow, FamRB 2010, 93).

Ein derartiger Verweis auf den Ausgleich nach §§ 20 ff VersAusglG findet sich im Übrigen auch in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 16/11903, S. 61). Dort heißt es: "In § 50 Absatz 1 Satz 1 FamGKG wird zunächst eine Sonderregel für die Bestimmung des Verfahrenswertes bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung (§ 20 ff. VersAusglG) eingefügt: In diesen Fällen beträgt der Verfahrenswert für jedes Anrecht 20 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten."

Der Senat legt für die Wertermittlung des Versorgungsausgleichsverfahrens das Nettoeinkommen beider Ehegatten zum Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrages seiner Berechnung zugrunde gelegt. Die Frage, welcher Zeitpunkt für die Bewertung des Nettoeinkommens maßgebend ist, wird allerdings nicht einheitlich beantwortet (vgl. Grabow, a.a.O.; Schneider, a.a.O.).

Ausgangspunkt ist § 34 FamGKG. Danach gilt in Antragsverfahren der Wert bei erstmaliger Antragstellung und in Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet werden, der Zeitpunkt der Fälligkeit der Gebühr.

Der Senat schließt sich der Auffassung von Schneider (a.a.O.) und Thiel (in Schneider/Wolf/Volpert, a.a.O., § 50 Rdn. 16) an und stellt auf den Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrages ab (§ 34 Satz 1 FamGKG). Denn bei dem Versorgungsausgleichsverfahrens handelt es sich um ein Antragsverfahren, da letztlich erst mit dem Scheidungsantrag auch die Verbundsache Versorgungsausgleich eingeleitet wird. Ein von Amts wegen einzuleitendes (isoliertes) Versorgungsausgleichsverfahren ist dem Gesetz fremd. Es ist vielmehr an den Scheidungsantrag gebunden, von dessen Schicksal abhängig und damit lediglich die zwingende Folge des freiwilligen Scheidungsantrages. Damit unterscheidet es sich grundlegend von den klassischen Verfahren, die auch gegen den Willen der Beteiligten von Amts wegen eingeleitet werden können, wie zum Beispiel aus dem Bereich der elterlichen Sorge.

Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG ist jedes verfahrensgegenständliche Anrecht zu berücksichtigen, und zwar auch dann, wenn ein Ausgleich insoweit nicht stattfindet (vgl. auch BT-Drucks. 16/11903, S. 61; Schneider/Wolf/Volpert, a.a.O., § 50 Rn. 10; Borth, a.a.O., Rn. 1121; vgl. Senat, Beschluss vom 14.06.2010, Az. 1 WF 204/10, Quelle: www.juris.de).

Als separate Anrechte sind auch die in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen angleichungsdynamischen und regeldynamischen Anwartschaften aufzufassen (Grabow, a.a.O.). Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens ist die Formulierung "für jedes auszugleichende Anrecht" in "für jedes Anrecht" geändert. Damit ist klargestellt, dass jedes verfahrensgegenständliche Anrecht bei der Bestimmung des Verfahrenswerts zu berücksichtigen ist, und zwar sogar dann, wenn es im Ergebnis nicht zu einem Ausgleich im Wege einer internen oder externen Teilung des Anrechts kommt (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses [6. Ausschuss] zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 16/10144 - Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs [VAStrRefG], S. 126).

Angleichungs- und nicht angleichungsdynamischen Anrechte sind als separate Anrechte i S d § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG anzusehen sind. Gemäß § 120f Abs. 2 Nr. 1 SGB VI handelt es sich nicht um Anrechte gleicher Art i S d § 10 Abs. 2 VersAusglG. In der Gesetzesbegründung zu§ 10 Abs. 2 VersAusglG, der die interne Teilung Anrechte gleicher Art bei demselben Versorgungsträger regelt, wird hervorgehoben, dass "Ost-Anrechte" und "West-Anrechte" sowie Anrechte aus der allgemeinen Rentenversicherung und in der knappschaftlichen Rentenversicherung nicht verrechnet werden, da es sich insoweit nicht um Anrechte gleicher Art handelt (BT-Drucks. 16/10144, S. 54,55; vgl. Grabow, FamRB 2010, 93, 96).

Ausgehend von vier Anrechten der Eheleute sowie einem dreimonatigen gemeinsamen Nettoeinkommen von 9600,- DM errechnet sich der Verfahrenswert abweichend von der Berechnung des Amtsgerichts auf (x 40 % =) 3840,- DM, entspricht 1963,36 €.