Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 12.02.2020 - 9 WF 243/19
Fundstelle
openJur 2020, 38148
  • Rkr:
Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 08.07.2019 (Az. 54 F 185/18) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel aber keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Amtsgericht den Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen. Die Rechtsverteidigung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 ZPO).

Es lässt sich nicht feststellen, dass der Antragsgegner nur eingeschränkt leistungsfähig ist. Die vorgelegten Unterlagen geben das nicht her. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Antragsgegner seiner minderjährigen Tochter A..., geboren am ...2011, ab Januar 2018 den Mindestunterhalt zahlen kann.

Laut Lohnsteuerbescheinigung für 2018 hat der Antragsgegner im Jahr 2018 ein Bruttoeinkommen von 24.343 € erzielt. Das Nettoeinkommen beläuft sich auf 16.962,27 €, was einem durchschnittlichen Monatseinkommen von 1.413,52 € entspricht. Damit konnte er den Mindestunterhalt von 302 € (399 € - 97 €) ohne Gefährdung des notwendigen Selbstbehalts (1.080 €) zahlen.

Das gilt umso mehr, als der Antragsgegner seine Arbeitskraft nicht voll ausgeschöpft hat. Ausweislich der vorliegenden Lohnabrechnungen hat er durchschnittlich 158,7 Stunden im Monat gearbeitet. Dies entspricht schon nicht einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit, die regelmäßig 40 Stunden in der Woche bzw. monatlich 173 Stunden beinhaltet. Erst recht wird die Höchstgrenze nach dem Arbeitszeitgesetz von 48 Stunden wöchentlich nicht erreicht, die bei gesteigerter Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern die Obergrenze der zumutbaren Erwerbstätigkeit bildet (BGH, FamRZ 2011, 1041 FamRZ 2009, 314).

Berufsbedingte Aufwendungen von pauschal 5 % sind nicht abzuziehen. Der Antragsgegner hat schon nicht dargetan, dass ihm überhaupt berufsbedingte Aufwendungen entstanden sind. Dies ist aber Voraussetzung für einen Abzug (Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl., § 1 Rn. 124).

Ebenso wenig sind die Beiträge für eine Hausratsversicherung und eine private Haftpflichtversicherung einkommensmindernd zu berücksichtigen. Diese Aufwendungen gehören zum allgemeinen Lebensbedarf (vgl. Niepmann/Seiler, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 14. Aufl., Rn. 1018 f.) und sind aus dem Selbstbehalt zu bestreiten.

Die Rate auf rückständige Rundfunkbeiträge von monatlich 20 € ist auch nicht abzugsfähig. Es handelt sich insoweit um allgemeine Lebenshaltungskosten, die nicht absetzbar sind (Niepmann/Seiler, a.a.O., Rn. 1049).

Schließlich kann auch die Rate von monatlich 50 € für rückständige Kosten aus einem abgeschlossenen Insolvenzverfahren (AG Cottbus, Az. 64 IK 691/09) nicht berücksichtigt werden. Es ist zwar richtig, dass Verbindlichkeiten die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten mindern können (§ 1603 Abs. 1 BGB). Es sind allerdings nicht alle Schulden zu berücksichtigten, sondern die Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen (OLG Brandenburg, NZFam 2018, 224). Die Abwägung führt hier dazu, dass das Interesse der Antragstellerin, den Mindestunterhalt ungekürzt zu erhalten, höher wiegt als das Interesse des Antragsgegners an einer zeitnahen Tilgung seiner Kostenschulden. Es dürfte unschwer möglich sein, eine Reduzierung der Rate beim Insolvenzgericht zu erwirken. Abgesehen davon verbleiben dem Antragsgegner nach Abzug des Mindestunterhalts noch ca. 32 € (1.413,52 € - 302 €) über dem notwendigen Selbstbehalt, die er für die Begleichung der Kostenschuld einsetzen kann.

Für das Jahr 2019 gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Nach den vorliegenden Lohnabrechnungen (Februar bis Juni 2019) ergibt sich ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 1.433,56 € bei einer Arbeitszeit von durchschnittlich 169,6 Stunden im Monat (was keiner 40-Stunden-Woche entspricht). Mit diesem Einkommen konnte der Antragsgegner den Mindestunterhalt für A... von 309 € (406 € - 97 €) bzw. von 304 € (406 € - 102 €) ab Juli 2019 zahlen. Der notwendige Selbstbehalt (1.080 €) ist gewahrt. Eine Prognose für 2020 ist aufgrund fehlenden Zahlenwerks nicht möglich.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

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