Brandenburgisches OLG, Urteil vom 12.02.2019 - 11 U 168/17
Fundstelle
openJur 2020, 38113
  • Rkr:
Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 1. November 2017 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus - 3 O 346/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Das Berufungsurteil und die angefochtene Entscheidung sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung im Umfang von 120 % des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten. Als Sicherheit genügt die schriftliche unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitutes oder Kreditversicherers.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagten, die ehemaligen Geschäftsführer der (X) GmbH, wegen falscher Prospektangaben und treuwidriger Verwendung durch die Anleihe erhaltener Gelder sowie wegen fehlerhafter Bilanzierung auf Schadensersatz in Höhe des von ihm für den börslichen Erwerb von Inhaber-Teilschuldverschreibungen der (X) GmbH aufgewendeten Betrages in Anspruch.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes der ersten Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die für zulässig gehaltene Klage als unbegründet abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dem Kläger stünden Schadensersatzansprüche wegen eines fehlerhaften Produktinhaltes nicht zur Seite. Etwaige Ansprüche aus § 44 Börsengesetz seien jedenfalls verjährt. Auch Ansprüche wegen bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung im engeren Sinne bestünden nicht. Dieses Rechtsinstitut sei nicht mehr anwendbar, weil die von ihm erfassten Sachverhalte nunmehr durch spezialgesetzliche Vorschriften, insbesondere §§ 44 ff. Börsengesetz geregelt seien. Die Voraussetzungen der sogenannten bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne, d.h. die Voraussetzungen der Haftung für die Inanspruchnahme eines besonderen persönlichen Vertrauens gemäß § 311 Abs. 3 BGB seien nicht gegeben. Allein darin, dass für die GmbH handelnde Personen im Zuge ihres Handelns für die GmbH ein Vertrauen in Anspruch nähmen, könne nicht zugleich die Inanspruchnahme des für die Anwendung des § 311 Abs. 3 BGB erforderlichen besonderen Vertrauens der handelnden natürlichen Personen gesehen werden. Erforderlich sei vielmehr ein Verhalten, durch das der Handelnde über das Handeln für die juristische Person hinaus gleichsam neben die juristische Person tretend auch für sich persönliches Vertrauen in Anspruch nehme. Danach könnten Angaben, die die GmbH im Prospekt oder in anderen, für die Anlage oder allgemein getätigten werbenden Aussagen gemacht hätten, den Beklagten nicht als Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens zugerechnet werden. Sämtlichen insoweit durch den Kläger in Bezug genommenen Ausführungen zu den Beklagten im Prospekt und in einem Produktflyer sei nicht zu entnehmen, dass die Beklagten damit zusätzlich zu ihrer Rolle als für die GmbH handelnde Geschäftsführer auch ein persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hätten. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang vortrage, dass der Beklagte zu 1) regelmäßig in Medien und Presse für das Unternehmen geworben habe und im Jahr 2011 eine Präsentation der Anleihe auf der Düsseldorfer Börse gehalten habe, sei nicht zu entnehmen, dass er dabei über seine Rolle als gesetzlicher Vertreter der GmbH hinausgehend auch für sich selbst handelnd Vertrauen in Anspruch genommen habe. Unabhängig davon habe der Kläger nicht dargelegt, dass er diese Äußerung des Beklagten zu 1) zur Kenntnis genommen habe und dass sie für seine Anlageentscheidung mitursächlich geworden sei.

Dem Kläger stünden gegen die Beklagten keine Ansprüche aus § 37 b Wertpapierhandelsgesetz in der bis zum 9.7.2015 geltenden Fassung zu; solche Ansprüche könnten allenfalls gegen die GmbH als Emittentin der Anlage gerichtet werden.

Der Kläger habe schließlich keine Ansprüche wegen etwaiger Prospektfehler aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Bestimmungen des Strafrechts, insbesondere § 263 StGB oder § 264a StGB. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass jeder der Beklagten die zur Erfüllung eines Straftatbestandes erforderlichen Handlungen vorgenommen habe. Dass die Beklagten als Geschäftsführer der GmbH zivilrechtlich für den Inhalt des Prospekts verantwortlich seien, genüge nicht. Zudem hätte der Kläger nicht dargelegt, dass die strafrechtlich für den Prospektinhalt verantwortliche Person damit einen Straftatbestand, insbesondere den des § 263 StGB oder § 264 StGB erfüllt habe. Etwaige Unrichtigkeiten bei Angaben zur Langfristigkeit von zurzeit der Veröffentlichung des Prospektes bestehenden "Input-Verträgen”, "Output-Verträgen” oder auch im Zusammenhang mit den die dazwischenliegende Verarbeitung des Mülls betreffenden weiteren Verträgen genügten angesichts des gesamten in dem Prospekt auf mehreren etlichen Seiten dargestellten Risikopotentials und der durchaus zutreffenden Darlegungen des Gesamtkonzeptes für die Anlage nicht, um aus etwaigen vereinzelten unrichtigen Formulierungen zur Langfristigkeit von bestehenden Verträgen den Schluss auf eine gewollte absichtliche Vermittlung eines unrichtigen Gesamtbildes zu ziehen.

Der Kläger könne keine Schadensersatzansprüche daraus herleiten, dass die Beklagten in Bezug auf das Gesellschaftsvermögen der GmbH Pflichten verletzt hätten. Eventuelle Schadensersatzansprüche stünden allein der GmbH zu.

Unabhängig davon habe der Kläger teilweise auch schon Pflichtverletzungen der Beklagten, teilweise jedenfalls die Kausalität für den Verlust der Anlage, nicht mit Substanz dargelegt.

Der Kläger könne auch nicht Schadensersatzansprüche aus einer - unterstellten - fehlerhaften Bilanzierung i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB herleiten. Insoweit habe der Kläger schon die Kausalität für den geltend gemachten Schaden nicht dargelegt.

Das Verfahren sei nicht gemäß § 148 ZPO auszusetzen gewesen, weil das gegen die Beklagten geführte strafrechtliche Ermittlungsverfahren nicht vorgreiflich für den Zivilrechtsstreit sei. Ebenso wenig sei das Verfahren gemäß § 149 ZPO auszusetzen gewesen.

Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er seinen Klageantrag weiterverfolgt. Der Kläger meint, das Landgericht habe sich unzureichend mit dem Themenkomplex "...pellets" auseinandergesetzt und diesbezüglich im Sinne eines "Copy & Paste" die Ausführungen einer anderen Kammer des Landgerichts im Parallelrechtsstreit ohne eigene Auseinandersetzung übernommen. Die Beklagten hätten unzutreffend in den Prospekt geschrieben, sie hätten eine Rezeptur nebst Produktionsverfahren für ein klimaneutrales biogenes ...pellet fertig entwickelt, mit welchem ein geringer CO2-Emissionsfaktor und damit eine Entlastung der Unternehmen erreicht werde. Die Beklagten hätten also damit geworben, aus Abfall klimaneutrale Pellets marktfähig zu produzieren. Es habe aber tatsächlich weder eine entwickelte Rezeptur noch ein Herstellungsverfahren gegeben. Die Pflichtverletzung liege also in der Behauptung, es gäbe ein fertiges marktfähiges Produkt. Das habe das Landgericht verkannt, indem es darauf abgestellt habe, es sei nicht bewiesen, dass ein solches Pellet "bereits absehbar nicht marktfähig herstellbar gewesen sei". Auf die theoretische Machbarkeit könne es nicht ankommen, wenn bereits das fertige Produkt samt Herstellungsprozess angepriesen werde. Diese Behauptung sei auch nach Prospektierung durch die Beklagten wahrheitswidrig aufrechterhalten worden, nämlich mit der Präsentation an der Düsseldorfer Börse, dem Geschäftsbericht 2012 sowie mit Veröffentlichung einer Ad-Hoc-Mitteilung. Der Beklagte zu 1) habe sogar gegenüber einem anderen Anleger persönlich im Mai 2013 versichert, es würden bereits biogene ...pellets serienreif produziert und verkauft - wohl wissend, dass kein einziges solches Pellet habe produziert werden können.

Zudem seien im Prospekt Falschangaben im Hinblick auf die Input- und Outputverträge gemacht worden. Den Anlegern sei damit suggeriert worden, die Wertschöpfungskette der (Y)-Gruppe sei sichergestellt. Tatsächlich seien die Prospektangaben im Hinblick auf die Input- und Outputverträge jedoch fehlerhaft, das prospektierte Modell nicht umsetzbar.

Die Verbrennung von ESB sei entgegen der Prospektaussage nicht klimaschützend.

Die Beklagten hätten zudem im Prospekt verschwiegen, dass sie die für das Geschäftsmodell wesentliche emissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Lagerung von Abfällen zurückgegeben hätten. Mit diesen Angaben sei auch die Ratingagentur getäuscht worden.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Cottbus vom 01.11.2017

I. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn EUR 24.879,22 zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 7,25% p.a. für den Zeitraum vom 01.09.2013 bis 31.05.2016 sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2016,

II. die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn den nicht anzurechnenden Teil der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten gem. Teil 3 Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG in Höhe von EUR 1.195,95 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen die angefochtene Entscheidung.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht durch das angefochtene Urteil die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehen die Klageansprüche nicht zu. Der Kläger hat keine Ansprüche auf Schadensersatz.

1. Ansprüche der Kläger aus § 44 BörsG sind aus den zutreffenden und von der Berufung nicht angegriffenen Gründen des angefochtenen Urteils, auf die verwiesen wird, verjährt.

2. Ebenfalls zutreffend und von der Berufung nicht angegriffen hat das Landgericht Ansprüche der Kläger aus § 37 WpHG in der bis zum 9.7.2015 geltenden Fassung verneint, weil sich diese Ansprüche nur gegen den Emittenten persönlich richten.

3. Auch Ansprüche des Klägers aus der sogenannten Prospekthaftung im engeren Sinne sind verjährt.

Bis zum 31.5.2012 galt grundsätzlich für die Prospekthaftung § 46 BörsG a.F. analog und deshalb eine kenntnisabhängige Verjährungsfrist von einem Jahr und eine absolute Frist von drei Jahren (BGH, Urteil vom 7.12.2009, II ZR 15/08, LS 3 und Rn. 26). Der Prospekt ist am 4.5.2011 veröffentlicht worden, so dass Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinne im Mai 2014 verjährt sind.

4. Dem Kläger stehen keine Ansprüche aus Prospekthaftung im weiteren Sinne gegen die Beklagten zu.

a) Aus Prospekthaftung im weiteren Sinne haftet nur derjenige, der Vertragspartner des Anlegers geworden ist oder hätte werden sollen. Ausnahmsweise kann daneben der für den Vertragspartner auftretende Vertreter, Vermittler oder Sachwalter in Anspruch genommen werden, wenn er im besonderen Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat. Für die Annahme eines besonderen persönlichen Vertrauens ist dabei erforderlich, dass der Anspruchsgegner eine über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgehende persönliche Gewähr für die Seriosität und ordnungsgemäße Erfüllung des Vertrages übernommen hat. Anknüpfungspunkt der Prospekthaftung im weiteren Sinne ist dementsprechend nicht die Verantwortlichkeit für einen fehlerhaften Prospekt, sondern eine selbständige Aufklärungspflicht als Vertragspartner oder Sachwalter aufgrund persönlich in Anspruch genommenen - eben nicht nur typisierten - besonderen Vertrauens, zu deren Erfüllung er sich des Prospekts bedient. Die Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens kann auch dann vorliegen, wenn der Vertreter die Verhandlungen nicht selbst führt, sondern von einem anderen für sich führen lässt und dem Vertragspartner gegenüber als die Person erscheint, von deren Entscheidung der Abschluss des Vertrages abhängt. Zur Annahme einer Prospekthaftung im weiteren Sinne reicht es aber nicht aus, dass der Name des in Anspruch Genommenen in einem Prospekt mehrfach an prominenter Stelle (zum Beispiel auf dem Deckblatt) genannt wird. Eine werbemäßige Nennung des Namens genügt nicht für eine Prospekthaftung im weiteren Sinne. Es muss auch zu einer Beeinflussung der (von) Vertragsverhandlungen aufgrund des persönlich in Anspruch genommenen Vertrauens gekommen sein (BGH, Urteil vom 17.7.2018, II ZR 13/17, Rn. 12 ff.).

Ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis zwischen dem Anleger (Kläger) und einem konkret bekannten Dritten (Beklagten) aufgrund einer Vertragsanbahnung oder eines besonderen persönlichen Vertrauens ist danach für die Bejahung des Haftungstatbestandes erforderlich.

b) Im Streitfall besteht bereits kein vorvertragliches Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien aufgrund einer Vertragsanbahnung, und zwar schon deshalb nicht, weil der Kläger - unstreitig - an der Börse und nicht vom Emittenten selbst Anleihen erworben hat.

c) Vertragsverhandlungen, der (X) GmbH mit dem Kläger, auf die die Beklagten zu 1) bis 3) Einfluss genommen hätten, hat der Kläger nicht vorgetragen. Der Kläger verweist in diesem Zusammenhang lediglich auf das Gespräch eines anderen Anlegers mit dem Beklagten zu 1). Das begründet jedoch schon keine Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens des Klägers selbst. Der Kläger hat noch nicht einmal vorgetragen, im Zeitpunkt des Erwerbs der Anleihen Kenntnis von diesem Gespräch und dessen Inhalt gehabt zu haben. Zudem hat der Kläger weder vorgetragen, noch ist sonst ersichtlich, wie der Beklagte zu 1) durch dieses Gespräch mit einem anderen Anleger auf - unterstellte - Vertragsverhandlungen des Klägers mit der (X) GmbH Einfluss genommen hat.

d) Die Beklagten haben unter Zugrundelegung des Klagevorbringens auch sonst kein besonderes persönliches Vertrauen des Klägers in Anspruch genommen. Zwar sind die Beklagten als Geschäftsführer und Alleingesellschafter grundsätzlich persönlich qualifiziert, um als Sachwalter persönlich haften zu können. Hinzukommen muss allerdings die Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens im Rahmen von Vertragsverhandlungen bzw. die Beeinflussung von Vertragsverhandlungen, woran es hier fehlt. Das Mitwirken der Beklagten zu 1) bis 3) bei der Anlegerwerbung - die zumindest hinsichtlich der Beklagten zu 2) und 3) nicht einmal konkret vorgetragen ist - verbunden mit der herausgehobenen beruflichen Stellung und Sachkunde sowie dem wirtschaftlichen Eigeninteresse reicht - anders als der Kläger meint - nicht aus. Entsprechendes gilt für die Erwähnung der Beklagten im Prospekt in seiner inhaltlichen Ausgestaltung, auf den insoweit Bezug genommen wird. Im Übrigen begründet die Stellung der Beklagten als Geschäftsführer und Gesellschafter der Emittentin allein nicht ein wirtschaftliches Eigeninteresse der Beklagten als eine Voraussetzung für die Prospekthaftung im weiteren Sinne. Ein wirtschaftliches Eigeninteresse der Beklagten ist überdies deshalb zu verneinen, weil der Kläger die Anleihen ausnahmslos an der Börse erworben hat und nicht von der Emittentin.

e) Auf Prospektfehler kommt es schon deshalb nicht an. Im Übrigen könnte dies nur dann der Fall sein, wenn die Beklagten sich im Rahmen von Vertragsverhandlungen zur Erfüllung ihrer Informationspflichten auf Grund in Anspruch genommenen persönlichen Vertrauens eines Prospektes bedient hätten. Der Kläger hat hierzu jedoch nichts vorgetragen. Zu der jeweiligen Erwerbssituation hat der Kläger trotz des Hinweises des Gerichts und der Gegenseite in erster Instanz und nunmehr in der Berufungsinstanz schriftsätzlich nichts Konkretes ausgeführt, insbesondere, dass der Anlageprospekt seiner Entscheidung, die Anleihen über die Börse zu erwerben, zugrunde lag.

f) Soweit der Kläger in einem Fall Anleihen vor Ablauf der Zeichnungsfrist erworben hat, käme zwar grundsätzlich ein vorvertragliches Verhältnis mit der (X) GmbH aufgrund einer Vertragsanbahnung in Betracht. Allerdings hat der Kläger auch hinsichtlich des Anleihenerwerbs am 20.5.2011 Vertragsverhandlungen mit der (X) GmbH, auf die die Beklagten zu 1) bis 3) Einfluss genommen hätten, nichts vorgetragen. Das gilt - wie bereits dargestellt - auch hinsichtlich eines Gespräches mit einem - anderen - Anleger mit dem Beklagten zu 1).

5. Dem Kläger stehen keine deliktischen Ansprüche gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a StGB oder § 826 BGB zu.

a) § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a StGB scheiden als Anspruchsgrundlage aus. Das gilt schon deshalb, weil der Straftatbestand des § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB ein Verschweigen im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren, Bezugsrechten oder von Anteilen, die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen, erfordert. Einen Vertrieb von Wertpapieren durch die Beklagten oder die (X) GmbH hat der Kläger nicht dargelegt, nachdem die Zeichnungsfrist hinsichtlich der "Zeichnungen" (Erwerbe) vom 28.9.2011 und vom 14.12.2011 bei weitem verstrichen war und der Kläger Anleihen von der Börse erworben hat. Entsprechendes gilt für die zwar vor Ende der Zeichnungsfrist am 20.5.2011 erworbene Anleihe, die der Kläger aber ebenfalls an der Börse erworben hat.

b) Außerdem hat der Kläger nicht dargelegt, dass ihm gegenüber konkret die in § 264a Abs. 1 StGB aufgeführten Werbemittel in Form von Emissionsprospekten Verwendung fanden. Zu der jeweiligen Erwerbssituation hat der Kläger nichts Näheres vorgetragen, insbesondere, dass der Anlageprospekt seiner Entscheidung, die Anleihen über die Börse zu erwerben, zugrunde lag. Dass die Beklagten bei Anbahnung der Verträge dem Kläger persönlich gegenüber getreten sind und etwa einen Prospekt oder sonstige Unterlagen mit der Autorität ihres Amtes oder ihrer Sachkunde des Anlageobjekts erläutert oder dazu ergänzende Angaben gemacht haben (vgl. BGHZ 177, 25, 30), behauptet der Kläger ebenfalls nicht.

c) Der Kläger kann sich zudem nicht mit Erfolg auf die Vermutungsregelungen im Bereich des Prospekthaftungsrechts berufen. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Vermutungen überhaupt im Bereich der Deliktshaftung Anwendung finden können. Denn jedenfalls sind sie generell widerlegbar und hier auch konkret widerlegt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH, der der Senat folgt, entspricht es zwar grundsätzlich der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein ggf. festgestellter Prospektfehler für die jeweilige Anlageentscheidung auch tatsächlich ursächlich geworden ist (vgl. etwa BGH, Urteil vom 23.4.2012, II ZR 75/10). Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens sichert das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt investieren will oder nicht (BGH, a.a.O.). Nicht endgültig entschieden ist, ob diese Vermutung auch im Bereich deliktischer Haftung Anwendung findet (BGH, Urteil vom 21.2.2013, III ZR 139/12; Urteil vom 28.6.2016, VI ZR 541/15; Urteil vom 22.12.2015, VI ZR 101/14). Als widerlegt gilt die Vermutung jedoch unter anderem, wenn der fragliche Prospekt bei dem konkreten Vertragsschluss bzw. Erwerb - wie hier - keine Verwendung gefunden hat (BGH, Urteil vom 7.12.2009, II ZR 15/08; Urteil vom 23.4.2013, XI ZR 405/11).

6. Die Beklagten haften nicht nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 KWG, da es sich nicht um ein Einlagengeschäft i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KWG handelt.

7. Auch § 826 BGB scheidet als Anspruchsgrundlage für die Klageansprüche aus. Sittenwidrigkeit ist bei Herausgabe von Inhaberschuldverschreibungen nur dann zu bejahen, wenn der Emittent von vornherein nicht beabsichtigt hat, die Schuldverschreibungen einzulösen, oder es sich aufgedrängt hat oder hätte aufdrängen müssen, dass das Geschäftskonzept von vornherein ungeeignet war, die eingeworbenen Gelder nebst den versprochenen Zinsen zurückzuzahlen. Für beides hat der Kläger nicht ausreichend vorgetragen und den ihm obliegenden Beweis nicht führen können.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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