KG, Beschluss vom 16.10.2017 - 8 U 139/17
Fundstelle
openJur 2020, 38071
  • Rkr:

Einem Vermieter kann Zutritt zu den Mieträumen zum Zwecke von Instandsetzungsmaßnahmen im Wege einstweiliger Verfügung nur gewährt werden, wenn die Maßnahmen wegen dringender Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder für erhebliche Sachwerte unaufschiebbar sind.

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 ZPO zurückzuweisen.

Gründe

I.

Die Verfügungsklägerin (im Folgenden nur: "Klägerin”) begehrt als Vermieterin der Gewerberäume im Hause ... von der Verfügungsbeklagten (im Folgenden nur: "Beklagte”) im Einstweiligen Verfügungsverfahren Zutritt zu den Mieträumen und Duldung von Instandsetzungsmaßnahmen. Das Landgericht hat den Antrag der Klägerin zurückgewiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der Anträge im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Antrag weiter. Zur Begründung wiederholt und vertieft die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag und trägt ergänzend vor:

Das Landgericht habe in seinem Urteil in entscheidungserheblicher Weise rechtlich und tatsächlich unzutreffende Annahmen zugrunde gelegt und habe wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Parteivortrag übergangen.

Die Hauptsache werde nicht in unzulässiger Weise vorweggenommen. Insbesondere verliere eine Vorwegnahme der Hauptsache an Relevanz, wenn - wie vorliegend - die Erforderlichkeit und Geeignetheit der Sanierungsmaßnahmen zwischen den Parteien unstreitig bzw. von der Beklagten längst anerkannt worden seien.

Obgleich anerkannt sei, dass die Pflicht des Mieters zur Duldung von Instandsetzungsmaßnahmen im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden kann, wenn die Maßnahmen ordnungsgemäß angekündigt worden sind und der Mieter offensichtlich zur Duldung verpflichtet ist, reduziere das Landgericht die Voraussetzungen für eine solche Befriedigungsverfügung im Mietbereich auf das Vorliegen eines Wassereinbruchs und einer akuten Einsturzgefahr. Hinreichend sei aber, dass mit dem Gutachten des Dipl.-Ing. A... vom 02.07.2017 glaubhaft gemacht worden sei, dass erhebliche Substanzschäden eine unzureichende Tragfähigkeit befürchten lassen. Das weitere eingereichte Gutachten des Dipl.-Ing. B... vom 03.07.2017 hebe ausdrücklich die fortschreitende Substanzschädigung als problematisch hervor, sehe dringenden Handlungsbedarf und rate insbesondere die schnellstmögliche Beseitigung der Ursachen des Wassereintritts an.

Unzutreffend sei die Annahme des Landgerichts, es bestünde keine akute Gefahr mehr. Wenn nach dem Gutachten des Dipl.-Ing. A... ohne bauteilöffnende Untersuchungen noch keine finale Aussage über den tatsächlichen Zustand des Fußbodenaufbaus und der Trägerstege im Bereich des durchfeuchteten Deckenfeldes getätigt werden könne, verbiete sich die Annahme einer hinreichenden Tragfähigkeit und damit die Abwendung einer akuten Gefahr zum jetzigen Zeitpunkt. Tatsächlich könnten sich auch wegen des fortgesetzten Wassereinsatzes seitens der Beklagten gegenwärtig die vorhandenen Feuchtigkeitsschäden im weiteren Bauwerk ausbreiten. Dringend erforderliche Trocknungsmaßnahmen seien ausweislich der Nachricht der ... ... GmbH vom 26.07.2017 (Anlage AS 16) aufgrund der provisorischen OSB-Platten und Stützen im Keller nicht möglich.

Das Landgericht unterstelle auch rechtsfehlerhaft, die Klägerin habe nach ihrem Aufforderungsschreiben vom 15.09.2016 und dem Ablauf der dort gesetzten Frist zum 31.10.2016 nichts unternommen. Der Klägerin seien bis zu den Gutachten der Dipl.-Ing. A... und B... vom 2. bzw. 3. Juli 2017, die sie nach einem erneuten Wassereinbruch im Mai 2017 veranlasst habe, Art und Ausmaß des Schadens noch nicht bekannt gewesen. Zuvor habe aufgrund der "Abdichtungsmaßnahmen” (Verfugungen) seitens der Beklagten kein akuter Handlungsbedarf bestanden, weil diese kurzfristig geholfen hätten. Diese Abdichtung habe die Beklagte erst vorgenommen, nachdem sie hierzu ausweislich der als Anlage K1 vorgelegten Korrespondenz mehrfach aufgefordert worden sei.

Das Landgericht gehe auch unzutreffend davon aus, dass die Klägerin hinsichtlich solcher Maßnahmen, die vom Keller aus möglich sind, nicht auf die Duldung durch die Beklagte angewiesen sei. Unstreitig sei auch in dem von der Beklagten genutzten Kellerraum ein Feuchtigkeitseintritt festzustellen. Zudem müssten für eine Trocknung und Sanierung vom Keller aus die provisorischen Sicherungsstützen abgebaut werden mit der Folge einer dann bestehenden akuten Einsturzgefahr in der darüber liegenden Küche. Die von der Klägerin eingereichten Gutachten hielten zudem einhellig eine Sanierung und Bauteilöffnung von der Küche aus für erforderlich.

Die unzutreffende Unterstellung des Landgerichts, es gebe seitens der Klägerin nicht einmal eine konkrete Planung bestimmter Instandsetzungsmaßnahmen, werde durch die von der Klägerin vorgelegten Gutachten widerlegt. Zudem verweigere das Landgericht der Klägerin rechtsfehlerhaft die zur Abwendung der Gefahren erforderlichen bauteilöffnenden weiteren Untersuchungen, um das genaue Ausmaß der Schäden und Gefahren zu ermitteln und die tatsächlich erforderliche Sanierung voranzutreiben.

Entgegen dem angefochtenen Urteil habe der Gutachter B... auch nicht das Nichtvorliegen einer konkreten Planung bestätigt, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass es zur Bestimmung der ausführungsreifen Detailplanung weiterer bauteilöffnender Untersuchungen bedarf. Die Klägerin habe bereits Kontakt zu Bauunternehmen aufgenommen, es sei ihr aber nicht zuzumuten, vor Erlass einer Duldungsverfügung bereits verbindliche Verträge abzuschließen.

Angesichts der rechts- und treuwidrigen Weigerungshaltung der Beklagten sei es der Klägerin auch nicht zumutbar, die Beklagte zunächst nur auf Duldung der vorbereitenden Untersuchungsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen, um dann anschließend die Duldung der final ermittelten Sanierungsmaßnahme geltend zu machen.

Mit der Annahme, der Beklagten solle eine Betriebseinstellung für vier Monate zugemutet werden, übergehe das Landgericht den Umstand, dass es sich bei der zeitlichen Bestimmung im Antrag um eine auf den Hinweis des Landgerichts benannte Maximalfrist handele.

Bei der Interessenabwägung übergehe das Landgericht rechtsfehlerhaft, dass die Instandsetzungs-maßnahmen vorliegend wegen der erheblichen Einsturz- und Schadensweiterungsgefahr für die Erhaltung des Mietobjekts und seines wirtschaftlichen Wertes von wesentlicher Bedeutung sind, dass der Mieter nach dem Urteil des BGH vom 13.05.2015 - XII ZR 65/14 - auch dann eine Pflicht zur Duldung von Erhaltungsmaßnahmen habe, wenn die Erhaltungsmaßnahme zu einer vorübergehenden Einschränkung oder Unterbindung des Gebrauchs der Mietsache und damit Umsatzeinbußen führt, und dass die Beklagte treuwidrig die Erhaltungsmaßnahme verhindere, indem sie ihre Zustimmung von der Zahlung von Umsatzeinbußen abhängig mache.

Außer Betracht lasse das Landgericht auch, dass die Nässeeinwirkung auf die im Keller befindlichen technischen Einrichtungen zum Ausfall von Telefon- und weiteren Hausleitungen führt, die Telekom aber eine Reparatur bis zur Behebung der Ursachen der Wasserschäden ablehne.

Bereits die ohne weitere bauteilöffnenden Untersuchungen bestehende Ungewissheit über das tatsächliche Ausmaß der Nässeschäden sowie der statischen und konstruktiven Gefahren mache ein Abwarten des Duldungstitels im Hauptsacheverfahren unzumutbar, weil die Klägerin sich über die Dauer eines ordentlichen Rechtsstreits nicht mit nur vorübergehenden Sicherungen abfinden müsse, deren Eignung aufgrund der nicht abgeschlossenen Untersuchung zum tatsächlichen Zustand und der tatsächlichen Tragfähigkeit der Decke auf diese Dauer ungewiss sei. Zudem behinderten die temporären Abstützungsmaßnahmen unzumutbar die Nutzung der Kellerräume und verhinderten eine Trocknung der vorhandenen Nässeschäden.

Die Klägerin beantragt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. August 2017 (Geschäftsnummer zum Az. 29 O 335/17) abgeändert und die Beklagte wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzendes Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Gesellschaftern der Beklagten, einstweilen verpflichtet, der Klägerin, vertreten durch die Mitarbeiter des Hausverwalters ... GmbH, den Gutachter Dipl.-Ing. A..., den Gutachter Dipl.-Ing.B..., die Mitarbeiter der ... GmbH (... ) und der Firma ... und sonstige zur Durchführung der Instandsetzung zu beauftragende Personen, zu der in dem Gebäude mit der postalischen Anschrift... gelegenen Küche der Gaststätte (Lage: Vorderhaus, Erdgeschoss, vor dem mit "... ” beschrifteten Tor stehend, die linke Einheit) sowie den im Kellergeschoss darunter befindlichen Keller- und Technikräumen ab dem 8. August 2017 für einen Zeitraum von maximal 4 Monaten (a) Zutritt zu gewähren, (b) im Hinblick auf den/die zwischen Küche und den Kellerräumen befindlichen Fußboden/(Ziegel-)Decken mit einer Fläche von ca. 4,12m x 5,55 m

Besichtigungen

Bauteilzerstörende Untersuchungen,

Aufnahmen und Bewertungen,

einen kompletten Rückbau und das Entfernen des Fußbodenaufbaus einschließlich der (Ziegel-)Decke,

die Trocknung von Nässe- und Feuchtigkeitsschäden,

die Beseitigung von Feuchtigkeitseintritt in die Boden-/Deckenkonstruktion,

die Herstellung einer zusätzlichen Tragkonstruktion unterhalb der Bestandsdecke,

den Neubau und die Verschließung von Fußboden/Decke und alle hiermit im Zusammenhang stehenden Arbeiten einschließlich Demontage und Verlegung hautechnischer Leitungen,

sofern erforderlich und möglich, zu dulden (c) einschließlich der Duldung einer erforderlichen vorübergehenden Räumung der vorgenannten Flächen und einschließlich des vorübergehenden Entfernens von (Küchen-)Einbauten und Einrichtungen, sofern erforderlich.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend führt sie aus, dass die Klägerin nach wie vor Duldung und zugehörige Räumung für immer noch nicht konkretisierte bauteilzerstörende Untersuchungen verlange und dazu im Parallelverfahren herausgestellt habe, dass damit die gänzliche Entfernung der im Antrag bezeichneten Deckensegmente bezeichnet ist. Dies bedeute nichts anderes als die Räumung der gesamten Küche. Die Einschränkung "soweit erforderlich” führe im Übrigen dazu, dass der Antrag diesbezüglich unbestimmt sei. Die Klägerin sei an einer Untersuchung auch ersichtlich nicht interessiert, nachdem sie das als Anlage BB1 vorgelegte Vergleichsangebot der Beklagten nicht angenommen habe. Die Beklagte habe eine Zutrittsgewährung auch bewusst nicht von einer Zahlung abhängig gemacht. Schließlich habe die Beklagte ausweislich ihrer Schreiben vom 02.06.2017 (Anlage AS 5) auch zu keinem Zeitpunkt das Erfordernis der baulichen Maßnahmen unstreitig gestellt oder gar anerkannt. Aktuell sei an der Kellerdecke auch weiterhin keine Feuchte festzustellen.

II.

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.

Nach § 513 Absatz 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist vorliegend nicht der Fall. Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung zu Recht abgewiesen.

Dabei mag der Verfügungsantrag der Klägerin hinreichend bestimmt sein. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht aber angenommen, dass es für den Erlass einer Leistungsverfügung nach §§ 935, 940 ZPO an der für eine Regelung im Eilverfahren erforderlichen besonderen Dringlichkeit fehlt.

Der Duldungsanspruch aus § 555d Abs. 1 BGB muss grundsätzlich im Wege der Duldungsklage durchgesetzt werden. Die auf Gestattung des Zutritts durch den Vermieter oder Handwerker gerichtete Einstweilige Verfügung beinhaltet eine Vorwegnahme der Hauptsache, die grundsätzlich unzulässig ist. Denn begehrt wird eine Leistungsverfügung, die zur Befriedigung des behaupteten Anspruchs des Vermieters führen würde (sog. "Befriedigungsverfügung”; vgl. LG Frankenthal WuM 1993, 418; LG Hamburg ZMR 2010, 530 Rn. 24; LG Gera BeckRS 1995, 12338; Palandt/Weidenkaff BGB, 76. Auflage 2017, § 555a Rn. 6; Staudinger/Emmerich (2014) § 555d Rn. 26; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht, 13. Auflage 2017, § 555a Rn. 75 mwN; Dickersbach in: Lützenkirchen, Anwalts-Handbuch Mietrecht, 5. Auflage 2015, II. Modernisierung durch den Vermieter nach §§ 555b ff. BGB Rn. 216; Schlosser in: BeckOK BGB, Bamberger/Roth, 42. Edition; Stand: 01.02.2017, § 555a Rn. 33).

Die Leistungsverfügung ist neben Fällen der Existenzgefährdung und Notlage des Antragstellers als Eilmaßnahme nur dann zulässig, wenn die geschuldete Handlung oder Leistung so kurzfristig zu erbringen ist, dass die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Verfahren nicht (mehr) möglich ist, mithin in dem Fall, dass ohne Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung anders nicht abwendbare Nachteile für den Antragstellers entstünden, ferner die Erwirkung eines Titels im Hauptsacheverfahren irreversible Fakten schaffen würde und der Verweis auf das ordentliche Verfahren praktisch einer Rechtsverweigerung gleichkäme (OLG Celle, Beschluss vom 24.11.2014 - 2 W 237/14 -, juris Tz. 11; Thüringer Oberlandesgericht, NJW-RR 2012, 862; OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 123; OLG Köln, NJW-RR 1995, 1088; Zöller/Vollkommer ZPO, 31. Auflage 2016, § 940 Rz 6 m. w. N.).

Nach diesen Maßstäben kommt eine Leistungsverfügung bei Instandsetzungsmaßnahmen entgegen der Ansicht der Klägerin nicht schon dann in Betracht, wenn die Maßnahmen ordnungsgemäß angekündigt worden sind und der Mieter offensichtlich zur Duldung verpflichtet ist (a.A. wohl Schlosser, a.a.O., Rn. 33). Vielmehr kann ein Verfügungsgrund nach Maßgabe der §§ 935, 940 ZPO, mithin ein dringendes Bedürfnis für den Erlass der begehrten Verfügung, nur bei akuter Gefahr für die Mieträume oder das Gebäude bestehen, wenn also die beabsichtigten Erhaltungsmaßnahmen auch bei Anlegung eines strengen Maßstabes wegen dringender Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder für erhebliche Sachwerte unaufschiebbar sind (Schuschke in: Ghassemi-Tabar/Guhling/Weitemeyer, Gewerberaummiete, 1. Auflage 2015, ProzessR Kapitel 6 Rn. 28; Staudinger/Emmerich, a.a.O. § 555d Rn. 26; LG Berlin Beschluss vom 26.03.1996 - 65 T 11/96 -, GE 1997, 245; LG Frankenthal WuM 1993, 418, 419; LG Köln WuM 1984, 199; LG Hamburg WuM 1986, 243). Dies gilt auch in dem Fall, dass - wie die Klägerin streitig vorträgt - die Beklagte die Erforderlichkeit und Geeignetheit der Instandsetzungsmaßnahme anerkannt haben sollte. Denn der Duldungsanspruch ist auch dann im (ordentlichen) Klagewege durchzusetzen, wenn der Mieter den Arbeiten ausdrücklich zugestimmt hat (vgl. Dickersbach, a.a.O., Rn. 216), mithin erst recht in dem Fall, dass die Erforderlichkeit und Geeignetheit der Sanierungsmaßnahme zwischen den Parteien lediglich unstreitig ist. Im Übrigen hat die Beklagte - worauf sie zutreffend hinweist - die Erforderlichkeit der von der Klägerin beabsichtigten Baumaßnahmen auch weder anerkannt noch ist sie zwischen den Parteien unstreitig. Denn die Beklagte hat die Maßnahmen in dem Schreiben vom 02.06.2017 nur für den Fall als erforderlich bezeichnet, dass der Fußboden undicht ist. Auch die von der Beklagten als Anlage AB 2 eingereichte gutachterliche Stellungnahme verhält sich nicht zu der Erforderlichkeit der von der Klägerin beabsichtigten baulichen Maßnahmen.

Die Voraussetzungen der danach nur in besonderen Ausnahmefällen zulässigen Befriedigungsverfügung hat die Klägerin nicht dargelegt.

Zwar weisen nach übereinstimmender Darstellung der Dipl.-Ing. A... und B... in ihren Gutachten von 2. bzw. 3. Juli 2017 von den fünf Deckenfeldern im Technikraum ein Deckenfeld (Deckenabschnitt 2) deutliche und ein weiteres Deckenfeld (Deckenabschnitt 3) geringe Schädigungen auf. Auch hat der Gutachter Dipl.-Ing. A... festgestellt, dass der Deckenabschnitt 2 keine ausreichende Verkehrssicherheit aufweist und Sicherungsmaßnahmen zur Abstützung des Deckenabschnitts erforderlich sind. Diese sichernden Abstützmaßnahmen sind indes erfolgt, so dass insoweit keine Einsturzgefahr mehr besteht, und weitere die Verkehrssicherheit gefährdende Schäden hat der Gutachter Dipl.-Ing. A... weder an dem Deckenfeld 3 noch an anderen Deckenfeldern des Kellerraums festgestellt. Wie das Landgericht zutreffend ausführt, liegt mithin auf der Grundlage dieses Gutachtens keine akute Einsturzgefahr mehr vor.

Soweit der von der Klägerin beauftragte Dipl.-Ing. B... nach seinem Gutachten vom 03.07.2017 einen dringenden Handlungsbedarf sieht und als erste Sofortmaßnahme eine statische Untersuchung und sodann schnellstmöglich eine Beseitigung der Ursachen des Wasserdurchtritts anrät, folgt auch hieraus kein dringendes Bedürfnis für eine Befriedigungsverfügung. Eine akute Einsturzgefahr ist nicht mehr gegeben, nachdem die Klägerin die statische Untersuchung beauftragt und die danach erforderlichen Maßnahmen zur Herstellung der Verkehrssicherheit ergriffen hat. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin kann aus den Ausführungen des Gutachters Dipl.-Ing. B... auch nicht geschlossen werden, dass derzeit die Gefahr einer akut fortschreitenden irreversiblen Substanzschädigung des Gebäudes droht, aufgrund derer die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Verfahren nicht zumutbar wäre. Denn der Gutachter ist ausweislich Seite 6 seines Gutachtens zu der Einschätzung gelangt, dass problematisch der Umstand ist, dass langfristige Feuchte- und Salzbelastungen der Massivdecke zur allmählichen und fortschreitenden Substanzschädigung führen, der Kristallisationsdruck der Salzausblühungen Abplatzungen des Putzes und der Deckenziegel hervorruft, die als Bewehrung eingelegten Bandstähle durch Korrosion ihre Wirksamkeit verlieren und auch die Tragfähigkeit der Stahlträger durch Korrosion beeinträchtigt wird. Diese Einschätzung wird bestätigt durch die Ausführungen auf Seiten 2, 3 und 5 des Gutachtens des Dipl.-Ing. B..., wonach an zwei Stellen ganz offensichtlich wiederkehrend Wasser vom Erdgeschoss aus der Decke durchdringe und in den Kellerraum laufe und das Schadensbild Folge der offenbar langfristigen Wasser- und Feuchtigkeitsbeanspruchung ist. Aus diesen Feststellungen des Gutachters Dipl.-Ing. B... folgt, dass die festgestellten Feuchtigkeitsschäden durch eine langfristige Wassereinwirkung in den geschädigten Deckenbereich im Keller eingetreten sind und dass erst langfristige Feuchte- und Salzbelastungen der Decke allmählich zur Substanzschädigung führen. Aufgrund dieser Ausführungen ist nicht erkennbar, dass bei Durchführung des Hauptverfahrens bereits während dessen Dauer eine nachhaltige Schädigung des Eigentums der Klägerin eintreten würde oder aber eine akute Gefahr für Leib und Leben der Menschen, die sich im Gebäude aufhalten, bestehen könnte.

Die von der Klägerin eingereichten Gutachten stützen auch nicht ihren Vortrag, wonach von der Küche der Beklagten aus Untersuchungen zum tatsächlichen Zustand und der tatsächlichen Tragfähigkeit der Decke zur Abwendung einer dringenden Gefahr für Leib und Leben von Menschen und für die Gebäudesubstanz erforderlich sein sollen, weil die Eignung der provisorischen Sicherungen zur Abwendung der Einsturzgefahr für die Mieträume und das Gebäude ungewiss sei. Ausweislich des Gutachtens des Dipl.-Ing. B..., dort Seite 5, sind die zerstörenden Untersuchungen im Erdgeschoss zur Feststellung des Zustandes der Fußbodenabdichtung, mithin zur Feststellung der Ursache des Wasserdurchtritts erforderlich. Dass diese Untersuchungen zur Feststellung der Verkehrssicherheit der Decke vonnöten sind, hat der Gutachter Dipl.-Ing. B... nicht ausgeführt. Soweit der Gutachter Dipl.-Ing. A... auf Seite 2 seines Gutachtens ausführt, zur Feststellung des Fußbodenaufbaus seien zerstörerische Bauteiluntersuchungen erforderlich, bezieht sich dies nicht auf eine Untersuchung der Tragfähigkeit der streitgegenständlichen Decke zwischen der Küche der Beklagten und dem Keller, sondern auf die Frage des grundsätzlichen Deckenaufbaus. Dies ergibt sich daraus, dass sich diese Ausführungen unter der Überschrift "Kurze Beschreibung zur Konstruktion der Decke über dem Kellergeschoss” finden und der Gutachter mangels Erkenntnissen zum Aufbau der Kellerdecke im streitgegenständlichen Gebäude den Deckenaufbau in vergleichbaren Bauvorhaben beschreibt. Soweit der Gutachter Dipl.-Ing. A... auf Seite 3 seines Gutachtens ausführt, zur Aufnahme des Bauzustandes der Trägerstege im Bereich des durchfeuchteten Deckenfeldes seien Bauteiluntersuchungen erforderlich, ergibt sich hieraus nicht, dass diese zwingend vom Erdgeschoss aus erfolgen müssten und nicht auch von dem betroffenen, nicht von der Beklagten gemieteten Kellerraum aus erfolgen könnten. Hierzu findet sich keine Aussage in dem Gutachten. Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich auch nicht, dass schon für die Untersuchung des Bauzustandes der Trägerstege und nicht nur - wie von der Klägerin vorgetragen - für die Trocknung und Sanierung der Decke die zur Sicherung eingebauten Stützen abgebaut werden müssten.

Ein dringendes Bedürfnis der Klägerin für eine Leistungs- oder Befriedigungsverfügung folgt auch nicht daraus, dass es nach ihrem Vortrag durch den Feuchtigkeitsdurchtritt zum Ausfall von Hausleitungen, insbesondere der Telefonleitungen der im Hause ansässigen Rechtsanwaltskanzlei gekommen sein soll und die ... die Reparatur verweigere, solange die Ursache der Feuchtigkeit nicht beseitigt sei. Zwar sind im Rahmen von §§ 935, 940 ZPO etwaige Interessen anderer Mieter ebenfalls zu berücksichtigen, da der Vermieter insoweit zur Instandsetzung verpflichtet ist (vgl. Dickersbach, a.a.O., Rn. 217). Indes ergibt sich aus der von der Klägerin als Anlage AS14 vorgelegten Email der Rechtsanwälte ... & ... vom 24.07.2017, dass nach Auskunft der ... die Schaltleiste veraltert und zu erneuern ist und ihr Standort ungünstig ist. Danach könnte die Klägerin ihrer Instandsetzungspflicht auch durch Erneuerung und Verlegung der Schaltleiste für die Telefonanlage nachkommen. Den Ausfall anderer Hausleitungen als denen der ... hat die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen und glaubhaft gemacht. Zudem wurden ausweislich des Gutachtens des Dipl.-Ing. B..., dort Seite 2, Teilbereiche der Kabeltrassen der Elektro- und Telekommunikationsinstallationen in dem betroffenen Kellerraum provisorisch abgedeckt und geschützt, um weitere Defekte an diesen Installationen zu vermeiden. Dass es hiernach zu Ausfällen an Installationen, die nicht von der ... bedient werden, gekommen ist, hat die Klägerin nicht vorgetragen.

Soweit die Klägerin ausführt, dass nach dem Urteil des BGH vom 13.05.2015 - XII ZR 65/14 - der Mieter auch dann zur Duldung einer Instandsetzungsmaßnahme verpflichtet sei, wenn die Erhaltungsmaßnahme zu einer vorübergehenden Einschränkung oder Unterbindung des Gebrauchs der Mietsache und damit zu Umsatzeinbußen führt, und dass die Beklagte treuwidrig die Erhaltungsmaßnahme verhindere, indem sie ihre Zustimmung von der Zahlung von Umsatzeinbußen abhängig mache, ändert dies nichts an der Unzulässigkeit einer Leistungsverfügung. Zwar kann nach diesem Urteil des BGH die außerordentliche Kündigung des Vermieters berechtigt sein, wenn der Mieter die Duldung der Instandsetzungsmaßnahme unberechtigt verweigert, weil dem Mieter anderenfalls die Möglichkeit gegeben wird, Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, zu deren Duldung er rechtlich verpflichtet ist und an deren umgehender Durchführung der Vermieter ein berechtigtes Interesse hat, für einen unabsehbaren Zeitraum (nämlich bis zur rechtskräftigen Titulierung einer Duldungsklage) hinauszuzögern, ohne die Konsequenzen tragen zu müssen, und dem Mieter geradezu einen Anreiz gegeben wird, sich den aus seiner Sicht möglicherweise nicht gewünschten, nach der Rechtslage aber gerechtfertigten und von ihm deshalb zu duldenden baulichen Maßnahmen zumindest zeitweise zu widersetzen. Diese bei der Frage der Berechtigung einer außerordentlichen Kündigung gemäß § 543 BGB zu berücksichtigenden Umstände können aber nicht ausnahmsweise zur Zulässigkeit einer Leistungsverfügung führen.

III.

Der Senat ist auch einstimmig davon überzeugt, dass eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist. Der Senat sieht sich im Einklang mit der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung. Zudem handelt es sich vorliegend um eine Einzelfallentscheidung.

IV.

Es wird angeregt, die Fortführung der Berufung - auch im Kosteninteresse - zu überdenken.