ArbG Cottbus, Urteil vom 08.06.2017 - 3 Ca 1323/16
Fundstelle
openJur 2020, 36858
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 10.538,60 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch aus einem widerrufenen Dienstwagenüberlassungsverhältnis.

Die Beklagte betrieb in Cottbus einen W. ...-betrieb.

Zwischen den Parteien bestand in der Zeit vom 01.01.1999 bis zum 31.05.2015 ein Arbeitsverhältnis. Der Kläger war bei der Beklagten der Leiter der Abteilung P.. Soweit für den Rechtsstreit erheblich, waren Grundlage des Arbeitsverhältnisses der Arbeitsvertrag vom 23.12.1998 (Anlage B3 47 ff. GA), der Altersteilzeitvertrag vom 22.11.2006 (Anlage B2, Bl. 44ff. GA) und der Fahrzeug-Überlassungsvertrag vom 08.12.2009 (Anlage K1, Blatt 11 ff GA). Bei der Beklagten fand ein Haustarifvertrag mit einer Ausschlussfrist mit einer Sechsmonatsfrist für die Geltendmachung von Ansprüchen Anwendung. In § 3 II. des Arbeitsvertrages des Klägers vereinbarten die Parteien die Anwendung der für die Beklagte geltenden Tarifverträge.

In der Zeit vom 01.12.2009 bis zum 31.05.2015 vereinbarten die Parteien Altersteilzeit im Blockmodell. Die Arbeitsphase ging vom 01.12.2009 bis zum 31.08.2012. Die Freizeitphase ging vom 01.09.2012 bis zum 31.05.2015. Der Kläger hatte in der Arbeitsphase einen Dienstwagen, auch zur Privatnutzung, der mit einem geldwerten Vorteil von monatlich 363,40 Euro brutto abgerechnet wurde. Einen Monat nach Beginn der Freistellungsphase musste der Kläger den Dienstwagen herausgeben. Der Kläger erwarb anschließend den Dienstwagen und nutzte ihn als Privatfahrzeug. Den Formularvertrag für die Dienstwagennutzung erarbeitete der Kläger selbst in seiner Funktion als Abteilungsleiter P..

Mit der am 30.12.2016 eingereichten Klage begehrt der Kläger Entschädigung für den aus seiner Sicht rechtswidrigen Entzug des Dienstwagens für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis zum 31.05.2015. Er habe einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 10.538,60 Euro brutto (29 Monate x 363,40 €). Die Rückgabeklausel im Dienstwagenvertrag sei überraschend und intransparent und damit nichtig. Es habe keinen Sachgrund für den Entzug des Dienstwagens gegeben. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei nicht aufgrund der Ausschlussfrist des Haustarifvertrages verfallen, da der Haustarifvertrag nicht mehr Bestandteil des Altersteilzeitverhältnisses gewesen sei.

Der Kläger stellt folgenden Antrag:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 10.538,60 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf das darauf entfallende Netto seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, aufgrund der Rückgabeklausel in § 7 Nr. 3 des Fahrzeugüberlassungsvertrages sei dem Kläger der Dienstwagen zu Recht entzogen worden. Die Klausel des Fahrzeug-Überlassungsvertrages sei wirksam. Sie sei insbesondere nicht überraschend oder intransparent. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger den Vertrag unstreitig selbst entworfen habe. Etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers seien zudem aufgrund der Ausschlussklausel des Haustarifvertrages verfallen. Der Kläger habe nämlich unstreitig seine Ansprüche nicht innerhalb von sechs Monaten nach ihrer Entstehung geltend gemacht. Die Anwendbarkeit des Haustarifvertrages ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag vom 23.12.1998. Der später abgeschlossene Altersteilzeitvertrag vom 22.11.2006 habe die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag nicht entfallen lassen. Zudem könne der Kläger allenfalls den Wertverlust des Fahrzeuges im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.10.2012 bis zum 31.05.2015 geltend machen, weil der Kläger den PKW aufgrund seines Kaufes weiter genutzt habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen keine Entschädigungsansprüche wegen des Entzugs des Dienstwagens zu. Die Beklagte hatte gegen den Kläger ein Recht zur Herausgabe des Dienstwagens mit Beginn der Freistellungsphase.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsausfallsentschädigung in Höhe von 10.538,60 Euro brutto. Die Beklagte ist dem Kläger nicht zum Ausgleich der während der Freizeitphase des Altersteilzeitverhältnisses entgangenen Privatnutzung des Firmenfahrzeuges verpflichtet. Zwar hat die Beklagte auf Grundlage des Anstellungsvertrages und der Dienstwagenregelung dem Kläger während der aktiven Phase der Altersteilzeit einen Dienst-PKW zur Verfügung gestellt. Allerdings verpflichtete die Rückgabeklausel in § 7 Nr. 3 des Dienstwagenvertrages vom 08.12.2009 den Kläger zur Herausgabe des Firmenfahrzeuges mit Beginn der Freistellungsphase der Altersteilzeit.

1.

Gemäß § 7 des Fahrzeugüberlassungsvertrages vom 08.12.2009 haben die Parteien in einem für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsexemplar vereinbart, dass der Arbeitgeber jederzeit bei Vorliegen eines sachlichen Grundes den Vertrag widerrufen und/oder die Rückgabe des Fahrzeuges - entschädigungslos - verlangen könne. Nach § 7 Nr. 3 des Fahrzeugüberlassungsvertrages liege ein solcher Widerrufsgrund insbesondere vor bei Ruhen des Arbeitsverhältnisses - am letzten aktiven Arbeitstag, so u.a. in der Freistellungsphase bei Altersteilzeit. Nach dieser Regelung musste der Kläger, wie geschehen, den Dienstwagen mit Beginn der Freistellungsphase entschädigungslos zurückgeben.

2.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist diese getroffene Vertragsregelung wirksam.

Diese vertragliche Bestimmung ist Teil vorformulierter Vertragsbedingungen, die die Beklagte dem Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zugrunde gelegt hat. Es handelt sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung, die der Kontrolle nach den §§ 307 ff BGB unterliegen. § 7 Nr. 3 Dienstwagenregelung hält einer Inhaltskontrolle stand.

a)

Der Entzug der Privatnutzung des Dienstwagens bedarf grundsätzlich keiner Änderungskündigung, wenn durch den Wegfall der privaten Nutzungsmöglichkeit das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im Arbeitsverhältnis nicht grundliegend berührt ist. Das ist der Fall, wenn - wie hier - weniger als 25 % des regelmäßigen Verdienstes betroffen sind (BAG vom 21.03.2012 - 5 AZR 651/10, Rn. 19). Ist das Herausgebeverlangen des Arbeitgebers hiernach zulässig, ist keine Entschädigung für den Entzug der privaten Nutzung zu zahlen. Die Rechtslage des Widerrufs einer Naturalvergütung entspricht der Rechtslage des Widerrufs anderer Entgeltbestandteile (BAG vom 21.03.2012 - 5 AZR 651/10, Rn. 20).

Die Kammer schließt sich in diesen Grundsätzen vorbehaltlos an.

3.

Die Beklagte hat das Widerrufsrecht auch wirksam ausgeübt.

Neben der Inhaltskontrolle der in den allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Widerrufsklauseln steht die Ausübungskontrolle im Einzelfall nach § 315 BGB, da die Erklärung des Widerrufs eine Bestimmung der Leistung für den Arbeitgeber nach § 315 Absatz 1 BGB darstellt.

Hier genügt der Widerruf billigem Ermessen (§ 315 Absatz 3 BGB). Die Beklagte hat ihr Widerrufsrecht nicht unbillig ausgeübt. Denn im Rahmen der Gesamtbewertung der beiderseitigen Interessen besteht kein überwiegendes Interesse des Klägers, das Fahrzeug bis zum Ende der passiven Phase der Altersteilzeit nutzen zu dürfen. Die Beklagte hat ein schützenswertes Interesse daran, den Dienstwagen für Privatnutzung nur solange zur Verfügung zu stellen, wie das Fahrzeug für dienstliche Zwecke benötigt wird. Dies ist während der passiven Phase der Altersteilzeit nicht mehr der Fall. Dem Arbeitnehmer ist es zumutbar, in einem solchen Fall den Wegfallt der Privatnutzung entschädigungslos hinzunehmen (so auch LAG Hessen vom 05.02.2015 - 19 Sa 1093/14, Rn. 37).

Schließlich bedurfte es hier auch nicht der Mitteilung einer Ankündigungsfrist, da zum einen bekannt war, dass der Kläger mit Beginn der passiven Phase der Altersteilzeit das Fahrzeug herauszugeben hatte und zum anderen, weil dieser Zeitpunkt beiden Parteien aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen lange bekannt war.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Absatz 2 ArbGG, 91 Absatz 1 ZPO. Der Kläger hat als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III.

Die Entscheidung über die Höhe des Streitwertes folgt aus § 61 Absatz 1 ArbGG.

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