LSG der Länder Berlin und Brandenburg, Urteil vom 15.11.2018 - L 3 R 716/17
Fundstelle
openJur 2020, 36630
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Juli 2017 sowie der Bescheid der Beklagten vom 04. Dezember 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2016 aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Erstattung über den Sterbemonat hinaus gezahlter Rentenbeträge.

Die 1929 geborene G C (Versicherte) bezog von der Beklagten eine Altersrente mit einem Zahlbetrag von zuletzt 1.117,65 Euro, die monatlich im Voraus auf ihr Konto bei der D Bank überwiesen wurde.

Die Klägerin lernte die Versicherte nach eigenen Angaben im Rahmen ihrer Tätigkeit als Pflegekraft kennen. Nach Ende des Pflegeverhältnisses trat die Versicherte an die Klägerin mit der Bitte heran, für sie bei Bedarf Geld bei der D Bank abzuheben und ihr dieses zu überbringen, da sie selbst hierzu gesundheitlich nicht mehr in der Lage sei und ihre Bekannte, die dies bisher für sie erledigt habe, auf Grund der Folgen eines Unfalls dies nicht mehr für sie übernehmen könne. Die Klägerin erklärte sich hierzu unentgeltlich bereit. Die Versicherte teilte daraufhin der D Bank telefonisch mit, die Klägerin sei von ihr bevollmächtigt, einen von ihr bestimmten Geldbetrag in Empfang zu nehmen und ihr zu überbringen. Die Klägerin holte sodann den angekündigten Betrag bei der D Bank ab und übergab ihn der Versicherten.

Nachdem dies ein weiteres Mal erfolgt war, verlangte die D Bank für weitere Abhebungen die Erteilung einer Vollmacht. Es fand dann nach Angaben der Klägerin ein Gespräch in der Wohnung der Versicherten mit einem Vertreter der D Bank statt, in dessen Rahmen der Klägerin im November 2007 eine schriftliche Vollmacht für das Konto der Versicherten erteilt wurde. Dem hierfür verwendeten Vordruck der D Bank zufolge berechtigte die Vollmacht gegenüber der D Bank zur Vornahme der Geschäfte, die mit der Konto- und Depotführung im Zusammenhang stehen. Sie berechtigte auch zur Auflösung einzelner Konten und Depots. Zur Auflösung der gesamten Kontoverbindung war der Bevollmächtigte erst nach dem Tode des Kontoinhabers berechtigt. Die Vollmacht erlosch nicht mit dem Tode des Kontoinhabers, sondern blieb für die Erben des Kontoinhabers in Kraft. In der Folgezeit holte die Klägerin weiterhin nach Aufforderung im Einzelfall gelegentlich Kontoauszüge sowie von der Versicherten der Höhe nach bestimmte Geldbeträge bei der D Bank ab und übergab sie der Versicherten.

2008 verstarb die Versicherte G C. Da die Rentenzahlung erst zum März 2009 eingestellt werden konnte, kam es zu einer Überzahlung für Januar und Februar 2009 in Höhe von insgesamt 2.194,97 Euro.

Auf das von der Beklagten in dieser Höhe gegen die D Bank geltend gemachte Rückforderungsverlangen erstattete diese einen Betrag in Höhe von 784,64 Euro. Die D Bank führte aus, ein Anspruch auf eine darüber hinaus gehende Erstattung bestehe angesichts des Kontostandes zum Zeitpunkt des Renteneingangs am 30. Dezember 2008 in Höhe von minus 25,39 Euro und zum Zeitpunkt des Eingangs der Rückforderung am 17. Februar 2009 in Höhe von 704,61 Euro sowie der in diesem Zeitraum erfolgten Kontobewegungen nicht. Sie teilte zudem Namen und Anschriften der drei Personen, die neben der Versicherten kontoführungsberechtigt gewesen seien - darunter die Klägerin - mit. Dem Schreiben beigefügt war auch ein Ausdruck der vom 30. Dezember 2008 bis zum 16. Februar 2009 erfolgten Kontoumsätze. Daraus geht hervor, dass in diesem Zeitraum - bis auf den Eingang der Rentenzahlungen - allein Kontoabbuchungen erfolgten. Es handelte sich hierbei insbesondere um Abbuchungen auf Grund von Einzugsermächtigungen bzw. Daueraufträgen betreffend Zeitschriftenabonnements, Miete, Telefon, Rundfunkgebühren, Strom, Versicherungen und Mitgliedsbeiträge. Zudem erfolgten Wertstellungen zugunsten der D Bank für die Zusendung von Kontoauszügen in Höhe von 2,49 Euro sowie in Höhe von 52,15 Euro unter dem Betreff "Saldo der Abschlussposten". Barabhebungen oder Zahlungen zugunsten der Klägerin erfolgten im Zeitraum vom 30. Dezember 2008 bis zum 16. Februar 2009 nicht.

Nach Durchführung einer Schutzbetragsberechnung auf Grund der mitgeteilten Kontoumsätze vermerkte die Beklagte, dass die D Bank den von ihr danach zu erstattenden Betrag in voller Höhe zurückgezahlt habe und die noch offene Gesamtforderung gegenüber Dritten sich auf 1.410,33 Euro belaufe. Auf Grund der vielen Kontobewegungen und des zu erwartenden hohen Verwaltungsaufwandes entschied sich die Beklagte für eine Rückforderung des restlichen Betrages von den von der Bank benannten Verfügungsberechtigten an Stelle der Empfänger der Geldleistungen.

Mit Schreiben vom 27. März 2009 erfolgte sodann eine Anhörung allein der Klägerin: Es sei beabsichtigt, den Betrag von 1.410,33 Euro von ihr als Verfügender nach § 118 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) zurückzufordern, denn die Klägerin habe die nach dem Tod der Versicherten vom Konto erfolgten Abbuchungen zugelassen. Die Klägerin teilte daraufhin sowohl telefonisch als auch mit Schreiben vom 07. April 2009 mit, dass sie mit der Versicherten weder verwandt noch verschwägert gewesen und auch nicht erbberechtigt sei. Sie habe lediglich den eingeschränkten Auftrag gehabt, einmal im Monat Kontoauszüge zu ziehen und Geld vom Konto abzuheben und der Versicherten zu überbringen. Nachdem sie von deren Tod erfahren habe, habe sie die Bank persönlich darüber in Kenntnis gesetzt. Dort habe man ihr versichert, dass alles Notwendige veranlasst werde und sie vorläufig die Bankkarte behalten solle. Einen Monat später habe sie die Bank nochmals telefonisch darauf hingewiesen, dass sie das Konto nicht auflösen könne, weil sie weder über einen Totenschein noch eine Sterbeurkunde verfüge. Da habe man ihr wieder versichert, dass sie sich um nichts kümmern müsse.

Die Beklagte ließ sich zunächst von der D Bank die die Klägerin betreffende Kontovollmacht übersenden und forderte sodann von der Klägerin als Verfügende mit Bescheid vom 13. Mai 2009, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2009, einen Betrag in Höhe von 1.410,33 Euro nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, dass die Klägerin nicht nur berechtigt gewesen sei, der Versicherten Kontoauszüge zu überbringen, sondern nach den vorliegenden Angaben der D Bank auch nach dem Eingang der Rentenzahlungen für Januar und Februar 2009 über das Konto der verstorbenen Versicherten noch verfügungsberechtigt gewesen sei. Im Rahmen der bestehenden Kontovollmacht hätte sie dafür Sorge tragen müssen, dass die zu Unrecht gezahlten Rentenbeträge nicht vom Konto der verstorbenen Rentenbezieherin abgebucht werden. Durch das Unterlassen der Klägerin sei dies jedoch nicht geschehen, so dass sie als Verfügende unbeachtlich dessen, dass sie das Erbe ausgeschlagen habe, gemäß § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI erstattungspflichtig sei. Unerheblich für den Rückzahlungsanspruch sei, ob sie über das Geld gutgläubig verfügt oder es für die Beerdigungskosten verwendet habe, auch Vertrauensschutzgesichtspunkte seien nicht zu prüfen.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit einer am 20. Juli 2009 vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage (S 4 R 3444/09). Sie habe noch Ende Dezember 2008 in der Bankfiliale am Tempelhofer Damm, die inzwischen geschlossen sei, vorgesprochen, den Tod der Versicherten mitgeteilt und gebeten, alles Erforderliche zu tun, damit vom Konto nichts mehr abgebucht bzw. dieses gelöscht werde. Dies habe sie in dem Bewusstsein getan, dass sie ohne Erbschein und Nichterbin nicht in der Lage sei, das Konto selbst aufzulösen. Ihr sei von dem Bankmitarbeiter, an dessen Namen sie sich nicht erinnern könne, versichert worden, dass man sich um alles kümmern werde. Außerdem sei nicht nachvollziehbar, warum ausschließlich sie und keine der anderen von der Bank als verfügungsberechtigt benannten Personen oder einer der Empfänger der Abbuchungen von der Beklagten in Anspruch genommen werde. Die Auswahl erscheine völlig willkürlich und damit rechtswidrig, sie widerspreche Treu und Glauben.

Mit Beschluss vom 21. Mai 2010 wurde die D Bank vertreten durch das Investment- und FinanzCenter B, T Damm in B zum Verfahren beigeladen. Diese teilte unter dem 07. Juli 2010 mit, eine schriftliche Nachlassmeldung oder Weisung der Klägerin dahingehend, dass das Konto gesperrt werden solle, liege in ihren Unterlagen nicht vor. Nach der Mitteilung des Rentenservice habe sie am 20. Februar 2009 noch eine Sterbefallmeldung unter Beifügung der Sterbeurkunde und einer Sperrungsverfügung vom Nachlassgericht erhalten. Die Klägerin habe sich erst im Juli 2009 schriftlich mit der Bitte um Auskünfte zum Konto und zur Gültigkeit ihrer Kontovollmacht an sie gewandt. Daraufhin habe man ihr mit dem in Kopie beigefügten Schreiben vom 15. Juli 2009 geantwortet und Kontoauszüge des mit einem Sollstand ausgebuchten und geschlossenen Kontos sowie eine Kopie der Kontovollmacht übersandt. Die Vollmacht habe den Bevollmächtigten berechtigt, nach dem Tod des Kontoinhabers die gesamte Kontoverbindung ohne Vorlage eines Erbnachweises aufzulösen.

Nach persönlicher Anhörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 28. Januar 2011 hob das SG durch Urteil vom gleichen Tage die angefochtenen Bescheide der Beklagten auf. Die Klägerin sei weder Empfängerin noch Verfügende der Rentenzahlung im Sinne von § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI gewesen. Unstreitig habe sie aus der zu Unrecht erbrachten Geldleistung weder etwas unmittelbar in Empfang genommen noch sei an sie der entsprechende Betrag durch Dauerauftrag, Lastschrifteinzug oder Überweisung weitergeleitet worden. Zudem habe sie auch kein Rechtsgeschäft zu Lasten des Kontos vorgenommen und damit nicht über die zu Unrecht gezahlte Rentenleistung durch aktives Tun verfügt. Dass für eine Inanspruchnahme als Verfügende grundsätzlich ein vorangegangenes aktives Tun erforderlich sei, gelte auch in Anbetracht der Formulierung des § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI hinsichtlich solcher Personen, die als Verfügungsberechtigte über den entsprechenden Betrag ein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos "zugelassen" hätten. Dieses Verständnis ergebe sich eindeutig aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift sowie der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierzu. Insbesondere könnten ihr die noch zu Lebzeiten von der Versicherten veranlassten banküblichen Zahlungsgeschäfte, wie Dauerauftrag, Lastschrifteinzugsermächtigung etc. nicht als "Zulassen einer Verfügung" im Sinne des § 118 Abs. 4 SGB VI zugerechnet werden. Die Klägerin sei weder gesetzliche Vertreterin noch Erbin der Versicherten. Sie sei auch weder aus Gesetz noch aus Rechtsgeschäft verpflichtet gewesen, das Konto der verstorbenen Versicherten aufzulösen oder auf andere Weise die nach dem Tode der Versicherten erfolgten Abbuchungen zu verhindern. Auch wenn sich eine entsprechende Bevollmächtigung im Außenverhältnis aus der Kontovollmacht ergeben möge, folge hieraus noch keine Berechtigung im Innenverhältnis. Im Innenverhältnis zu der Verstorbenen seien die Befugnisse der Klägerin nach ihren glaubhaften Angaben zufolge jedoch beschränkt auf die Abhebung von Geldbeträgen nach Anweisung im Einzelfall. Ein eigener Handlungsspielraum habe der Klägerin danach im Hinblick auf die Höhe der abzuhebenden Geldbeträge und erst Recht im Hinblick auf die Vornahme sonstiger Verfügungsgeschäfte nicht zugestanden. Abgesehen davon, begründe nach dem eindeutigen Wortlaut des § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI eine Verfügungsberechtigung allein noch keinen Rückforderungsanspruch; hinzukommen müsse noch eine Verfügung durch Vornahme oder Zulassen eines banküblichen Zahlungsgeschäftes, woran es bei der Klägerin fehle.

Gegen das Urteil legte die Beklagte Berufung vor dem Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg (L 17 R 250/11) ein. Im Rahmen eines Erörterungstermins am 30. Oktober 2014 nahm die Beklagte ihre Berufung zurück und behielt sich vor, gegen das Kreditinstitut nach § 118 Abs. 3 SGB VI und/oder gegen die Kontobevollmächtigte nach § 118 Abs. 4 SGB VI weiter vorzugehen, sobald die Rechtsfrage der Bankenhaftung abschließend geklärt sei. Die Klägerin verzichtete gegenüber der Beklagten auf die Erhebung der Einrede der Verjährung.

Mit Bescheid vom 04. Dezember 2014 forderte die Beklagte erneut 1.410,33 Euro von der Klägerin zurück. Eine weitere Rücküberweisungspflicht des Geldinstituts bestehe nicht, da nicht nachweisbar sei, dass das Geldinstitut vor dem 16. Februar 2009 Kenntnis vom Tod der Versicherten erlangt habe. Die Klägerin habe als Verfügungsberechtigte ein bankübliches Geschäft zu Lasten des Kontos pflichtwidrig zugelassen, indem sie trotz Kenntnis über ihre Kontovollmacht und den Tod der Versicherten die Abbuchungen vom Konto der Verstorbenen geduldet habe bzw. es unterlassen habe, diese zu verhindern.

Am 31. Dezember 2014 legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 04. Dezember 2014 Widerspruch ein. Der Bescheid sei zu ungenau. Es werde auch nicht klargestellt, ob gegen die zwei weiteren Kontobevollmächtigten ebenfalls Rückforderungsansprüche geltend gemacht würden. Im Hinblick auf beim Bundessozialgericht (BSG) anhängige Revisionsverfahren zur Bankenhaftung nach § 118 SGB VI wurde das Widerspruchsverfahren zunächst ruhend gestellt. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. November 2016 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die vorrangige Erstattungspflicht des Geldinstituts sei zwischenzeitlich durch das BSG in seinen Entscheidungen B 13 R 22/15 R Und B 13 R 25/15 R widerlegt worden. Die Klägerin sei über das Konto der Rentenberechtigten verfügungsberechtigt gewesen. Seien mehrere Verfügende vorhanden, sei der Rentenversicherungsträger berechtigt, nach Zweckmäßigkeit zu entscheiden, welche bzw. welcher Verfügende zur Erstattung herangezogen werde.

Mit ihrer am 08. Dezember 2016 vor dem SG erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, wenn die Beklagte aus Zweckmäßigkeitsgründen bei drei Verfügungsberechtigten nur sie in Anspruch nehmen wolle, sei dies nicht angemessen. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt oder nachgewiesen, weshalb nur sie in Anspruch genommen werde. Zudem sei ihr kein pflichtwidriges Unterlassen vorzuwerfen. Sie hat auf das bestandskräftige Urteil des SG vom 28. Januar 2011 (S 4 R 3444/09) Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung des SG vom 26. Juli 2017 ist die Klägerin nochmals persönlich angehört worden. Sie hat hierbei im Wesentlichen erklärt, die Vollmacht sei intern beschränkt gewesen. Die Versicherte habe sie telefonisch informiert, wann sie Geld abheben solle und sie habe das dann gemacht und ihr übergeben. Mehr habe die Vollmacht nicht umfasst. Sie habe das nur aus gutem Willen gemacht und auch kein Geld dafür erhalten. Am 30. Dezember 2008 sei sie in der Bankfiliale gewesen und habe dort einen Mitarbeiter über den Tod der Versicherten informiert. Sie habe ihn gebeten, dass das Konto gesperrt werde. Er habe dann mit seinem Vorgesetzten gesprochen und ihr zugesagt, dass alles veranlasst werde. Sie solle noch die Karte für das Konto behalten. Den Namen des Mitarbeiters kenne sie nicht. Die Filiale sei dann bald geschlossen worden.

Das SG hat durch Urteil vom 26. Juli 2017, der Klägerin zugestellt am 04. August 2017, die Klage abgewiesen und der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig, da die Beklagte gegen die Klägerin einen Anspruch nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI auf Erstattung von über den Sterbemonat der Versicherten G C hinaus gezahlten Geldleistungen habe. Nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI seien, soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden seien, sowohl die Person, die die Geldleistungen unmittelbar in Empfang genommen habe oder an die der entsprechende Betrag durch Dauerauftrag, Lastschrifteinzug oder sonstiges bankübliches Zahlungsgeschäft auf ein Konto weitergeleitet worden sei (Empfänger), als auch die Personen, die als Verfügungsberechtigte über den entsprechenden Betrag ein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos vorgenommen oder zugelassen hätten (Verfügende), dem Träger der Rentenversicherung zur Erstattung des entsprechenden Betrags verpflichtet. Vorliegend seien Geldleistungen für Januar und Februar 2009 nach dem Tod der Berechtigten G C am 21. Dezember 2008 zu Unrecht erbracht worden, da nach § 102 Abs. 5 SGB VI Renten nur bis zum Ablauf des Kalendermonats geleistet würden, in dem die Berechtigte gestorben sei. Einem Erstattungsanspruch gegen die Klägerin stehe nicht ein vorrangiger Anspruch gegen die D Bank nach § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI entgegen. Der Erstattungsanspruch gegen Dritte komme erst dann in Betracht, wenn das Geldinstitut dem Rentenversicherungsträger den Einwand der Entreicherung nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI entgegenhalten könne (BSG, Urteil vom 09. April 2002, B 4 RA 64/01 R; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Januar 2016, L 27 R 165/15). Dies sei vorliegend der Fall, da der Guthabenbetrag auf dem Konto der Versicherten für die Erfüllung des Rücküberweisungsanspruchs der Beklagten gegen das kontoführende Bankinstitut nicht ausgereicht habe. Auch sei nicht nachweislich, dass die D Bank vor dem 16. Februar 2009 bereits Kenntnis vom Tod der Versicherten gehabt habe. Zwar habe die Klägerin vorgetragen, die Bank bereits am 30. Dezember 2008 über den Tod der Versicherten informiert zu haben. Hierfür gebe es jedoch keinerlei Nachweise. Nach Angaben der Klägerin sei die Information mündlich erfolgt, so dass entsprechende Schreiben nicht vorgelegt werden könnten. Die Klägerin könne auch keine genauen Angaben mehr zu dem Mitarbeiter machen, mit dem sie am 30. Dezember 2008 gesprochen haben wolle. Von der Bank sei eine Kenntnis vom Tod der Versicherten vor dem Erstattungsverlangen am 16. Februar 2009 bestritten worden. Ein über 784,64 Euro hinausgehender Rücküberweisungsanspruch gegen die D Bank scheide damit aus.

Die Klägerin sei unstreitig keine Empfängerin im Sinne von § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI, da sie nach dem Tod der G C weder aus der zu Unrecht erbrachten Geldleistung etwas unmittelbar in Empfang genommen habe, noch sei an sie der entsprechende Betrag durch Dauerauftrag, Lastschrifteinzug oder sonstiges übliches Zahlungsgeschäft weitergeleitet worden. Allerdings sei die Klägerin Verfügende im Sinne von § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI, weil sie bankübliche Zahlungsgeschäfte zu Lasten des Kontos der Verstorbenen zugelassen habe. Dies setze mehr als nur die Verfügungsberechtigung über das Konto voraus. Das Zulassen eines banküblichen Bankgeschäfts erfordere ein pflichtwidriges Unterlassen durch vorwerfbar unterlassene Handlungen, wie z.B. die Kontosperrung oder andere gebotene Handlungen, durch die Verfügungen Dritter über das Konto verhindert werden können (BSG, Urteil vom 10. Juli 2012, B 13 R 105/11 R). Eine in diesem Sinne zu vertretende Pflichtverletzung des Kontobevollmächtigten durch Unterlassen setze zumindest dessen Erkenntnis voraus, dass ein konkreter Handlungsbedarf bestehe, durch den eine Schädigung der Beklagten vermieden werden könne (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 08. August 2016, L 3 R 659/13). Der Klägerin sei ein konkreter Handlungsbedarf bekannt gewesen. Sie habe sowohl vom Tod der Versicherten als auch von der Tatsache, dass diese eine Rente bezogen habe, gewusst. Des Weiteren sei den Angaben der Klägerin im Klageverfahren zu entnehmen, dass ihr klar gewesen sei, dass das Konto der Versicherten gesperrt werden müsse, um weitere Zahlungsgeschäfte nach ihrem Tod zu verhindern. Dennoch sei eine Kontosperrung oder -auflösung zunächst nicht erfolgt, so dass nach dem Tod der G C zahlreiche Abbuchungen vom Konto erfolgt seien. Ausweislich der Kontovollmacht, die auch über den Tod der Versicherten hinaus gewirkt habe, wäre die Klägerin jedoch berechtigt gewesen, das Konto aufzulösen. Unerheblich sei, dass die Klägerin fehlerhaft davon ausgegangen sei, ohne Erbschein und als Nichterbin nicht in der Lage zu sein, eine Kontosperrung oder -auflösung zu bewirken. Denn dieses Recht ergebe sich eindeutig aus der Kontovollmacht die - mangels Streichungen im Formular - gegenüber der Bank demnach ohne Einschränkungen gegolten habe. Wenn die Klägerin vom tatsächlichen Umfang der Kontovollmacht keine Kenntnis gehabt habe, so sei ihr diesbezüglich der Vorwurf der Fahrlässigkeit zu machen. Eine Kontosperrung sei von ihr nicht veranlasst worden. Für die behauptete Vorsprache am 30. Dezember 2008 in der kontoführenden Bank, mit der Bitte um Veranlassung alles Notwendige bzgl. des Todes der Versicherten, gebe es keine Nachweise. Zudem widerspreche die Angabe dem Vortrag der Klägerin, davon ausgegangen zu sein, zur Kontosperrung oder -auflösung mangels Erbenstellung nicht berechtigt gewesen zu sein.

Schließlich sei es auch nicht fehlerhaft, dass die Beklagte den Erstattungsanspruch nur gegenüber der Klägerin geltend gemacht habe. Mehrere Empfänger oder Verfügende hafteten nicht gesamtschuldnerisch (Kreikebohm SGB VI/Kühn SGB VI, § 118 Rn. 80, beck-online). Anders als bei Miterben, die als Gesamtschuldner hafteten (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09. Dezember 2015, L 8 R 935/11), müsse die Beklagte bei Verfügenden kein pflichtgemäßes Ermessen bei der Auswahl des Gesamtschuldners ausüben. Auch für eine quotale Berechnung des Betrages einer Erstattung biete § 118 SGB VI keine Grundlage (Hessisches LSG, Urteil vom 15. September 2015, L 2 R 104/13). Vielmehr sei die Beklagte berechtigt gewesen, allein nach Zweckmäßigkeitserwägungen zu entscheiden, welche Verfügende sie zur Erstattung heranziehe.

Hiergegen richtet sich die Klägerin mit der am 01. September 2017 beim LSG eingelegten Berufung, mit der sie im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und das Fehlen jeglicher Ermessensprüfung bei Auswahl der "Verfügungsberechtigten" rügt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Juli 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 04. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Die maßgebliche Anspruchsgrundlage des § 118 Abs. 4 SGB VI sei nicht als Ermessensregelung ausgestaltet, so dass eine Ermessenprüfung nicht erforderlich sei.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der beigezogenen Streitakte des SG Berlin zum Aktenzeichen S 4 R 3444/09 (L 17 R 250/11), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Gründe

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Das SG hat die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 04. Dezember 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2016 ist rechtswidrig und beschwert die Klägerin. Die Beklagte hat gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung von über den Tod der Versicherten G G hinaus gezahlten Rentenleistungen nach § 118 Abs. 4 SGB VI.

Nach der im Zeitpunkt des Todes der Versicherten und auch noch im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides anzuwendenden Fassung von § 118 Abs. 4 und 4a des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) gilt nach Abs. 4:

"Soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden sind, sind sowohl die Personen, die die Geldleistungen unmittelbar in Empfang genommen haben oder an die der entsprechende Betrag durch Dauerauftrag, Lastschrifteinzug oder sonstiges bankübliches Zahlungsgeschäft auf ein Konto weitergeleitet wurde (Empfänger), als auch die Personen, die als Verfügungsberechtigte über den entsprechenden Betrag ein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos vorgenommen oder zugelassen haben (Verfügende), dem Träger der Rentenversicherung zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet (S. 1). Der Träger der Rentenversicherung hat Erstattungsansprüche durch Verwaltungsakt geltend zu machen (S. 2). Ein Geldinstitut, dass eine Rücküberweisung mit dem Hinweis abgelehnt hat, dass über den entsprechenden Betrag bereits anderweitig verfügt wurde, hat der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung auf Verlangen Name und Anschrift des Empfängers oder Verfügenden und etwaiger neuer Kontoinhaber zu benennen (S. 3). Ein Anspruch gegen die Erben nach § 50 des Zehnten Buches bleibt unberührt (S. 4)."

Gemäß § 118 Abs. 4a Satz 1 SGB VI gilt:

"Die Ansprüche nach den Absätzen 3 und 4 verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Träger der Rentenversicherung Kenntnis von der Überzahlung und in den Fällen des Absatzes 4 zusätzlich Kenntnis von dem Erstattungspflichtigen erlangt hat."

Zwar kann einem Erstattungsanspruch nach § 118 Abs. 4 SGB VI vorliegend nicht der Ablauf der Verjährungsfrist nach § § 118 Abs. 4a Satz 1 SGB VI entgegen gehalten werden, da die Klägerin im vorangegangenen Rechtsstreit im Erörterungstermin des LSG Berlin-Brandenburg (L 17 R 250/11) vom 30. Oktober 2014 gegenüber der Beklagten ausdrücklich auf die Einrede der Verjährung verzichtet hatte. Auch kann letztlich offenbleiben, ob einem Erstattungsanspruch gegen die Klägerin schon der vorrangig geltend zu machende Rücküberweisungsanspruch gegen die Bank in ihrer Funktion als Zahlungsmittlerin nach § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI entgegensteht. Der Rentenversicherungsträger kann und darf gegen Dritte nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI erst und nur dann vorgehen, wenn die "Geldleistung" - berechtigt - "nicht nach Abs. 3 von dem Geldinstitut zurück überwiesen wird". Ein prozessuales und materielles Vorrangverhältnis des Rücküberweisungsanspruchs besteht daher gegenüber den in § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI genannten Empfängern und Verfügenden, ohne dass hier von der D Bank die geltend gemachte Rentenüberzahlung vollumfänglich beigetrieben werden konnte. Zwar sieht § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI vor, dass eine Verpflichtung des Geldinstitutes zur Rücküberweisung nicht besteht, soweit über den entsprechenden Betrag vor Eingang der Rückforderung (des Rentenversicherungsträgers) bereits anderweitig verfügt wurde. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (zuletzt Urteil vom 24. Februar 2016, B 13 R 22/15 R, m. w. Nachweisen und Bezugnahme auf das Urteil vom 22. April 2008, B5a/4 R 79/06 R; jeweils in juris) beinhaltet diese Regelung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal die Gutgläubigkeit des Geldinstitutes, so dass es, wenn es bei Ausführung eines Zahlungsauftrages zu Lasten des Kontos vom Tod eines Rentenempfängers Kenntnis hatte, sich gegenüber dem Rücküberweisungsverlangen des Rentenversicherungsträgers nicht auf den anspruchsvernichtenden Einwand anderweitiger Verfügungen berufen kann. Eine solche Kenntniserlangung des Geldinstitutes kommt vorliegend im Hinblick auf den glaubhaften Vortrag der Klägerin, am 30. Dezember 2008 (einem Dienstag) in der für die Versicherte (damals) zuständigen Filiale der D Bank am T Damm vorgesprochen und den Tod der Versicherten mitgeteilt zu haben, in Betracht.

Der Erstattungsanspruch der Beklagten scheitert vorliegend bereits daran, dass die Klägerin zur Überzeugung des Senats (§ 128 SGG) weder als Empfängerin noch als Verfügende i.S.v. § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI anzusehen ist

Empfänger von Geldleistungen sind zum einen die Personen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten Geldleistungen unmittelbar in Empfang genommen haben (§ 118 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 Alt. 1 SGB VI). Dies sind die Empfänger von Barleistungen, die die fehlgeschlagenen Geldleistungen des Rentenversicherungsträgers von diesem ohne Einschaltung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs erhalten haben. Eine derartige Fallgestaltung liegt hier von vornherein nicht vor. Daneben zählen zu den Geldleistungsempfängern (§ 118 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 Alt. 2 SGB VI) auch Personen, die das Geld mittelbar in Empfang genommen haben, also jene, an die der entsprechende Betrag durch Dauerauftrag, Lastschrifteinzug oder sonstiges bankübliches Zahlungsgeschäft auf ein Konto weitergeleitet wurde. Dies sind diejenigen, die die fehlgeschlagenen Geldleistungen durch eine das Geldinstitut nach § 118 Abs. 3 SGB VI wirksam entreichernde Verfügung erlangt haben, wie etwa wenn der verstorbene Rentner zu Lebzeiten noch selbst über sein Konto durch Dauerauftrag, Lastschrifteinzug oder sonstiges bankübliches Zahlungsgeschäft verfügt hat und nach der der überzahlten Rentenleistung entsprechende Betrag auf ein anderes Konto (z.B. Vermieter) weitergeleitet wurde (BSG, Urteil vom 10. Juli 2012, B 13 R 105/11 R, zitiert nach juris Rn. 26 f.). Für Geldleistungsempfänger nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI soll aber nur dann die "verschärfte bereicherungsrechtliche Haftung" gelten, wenn sie an den Vermögensverschiebungen auf dem Konto des Versicherten zumindest mittelbar beteiligt gewesen sind (BSG, a.a.O., Rn. 28). So macht nach Darlegung des BSG a.a.O. allein die im Wege der Universalsukzession erlangte Rechtsstellung als Kontoinhaberin aus einer (Mit-)Erbin noch nicht eine Empfängerin oder Verfügende i. S. v. § 118 abs. 4 SGB VI. Unstreitig hatte hier die Klägerin weder unmittelbar noch mittelbar durch Vermögensverschiebungen auf dem Konto der Versicherten einen geldlichen Vorteil erlangt.

Ebenso wenig kommt die Klägerin hier als Verfügende in Betracht.

Verfügende sind die Personen, die als Verfügungsberechtigte über den entsprechenden Betrag ein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos vorgenommen oder zugelassen haben (§ 118 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGB VI). Dies setzt mehr als nur die Verfügungsberechtigung über das Konto voraus (unklar insofern BT-Drucks 14/9007, zu Nr. 4 S. 36). Denn der Verfügende muss dem Geldinstitut gegenüber wirksam zu Lasten des Kontos verfügt, also Rechtsgeschäfte vorgenommen haben, die unmittelbar darauf gerichtet waren, auf ein bestehendes Recht einzuwirken, es zu verändern, zu übertragen oder aufzuheben. In Betracht kommt insofern jeder berechtigte Dritte, jedoch auch der Rentner vor seinem Ableben und der Kontoinhaber, der den Kontostand unter einen der überzahlten Rentenleistung entsprechenden Betrag gesenkt hat, sodass im Zeitpunkt der Rückforderung des Rentenversicherungsträgers kein ausreichendes Guthaben vorhanden war (BSG, a.a.O., Rn. 29). Unstreitig hatte die Klägerin nach dem Tod der Versicherten keinerlei Rechtsgeschäfte i.S. von aktiven Verfügungen, wie z.B. Überweisungen oder Abhebungen, vorgenommen.

Die hier einzig in Erwägung zu ziehende Möglichkeit, die Klägerin als Verfügungsberechtigte in Anspruch zu nehmen, die über den entsprechenden Betrag ein bankübliches Geschäft zugelassen hat (§ 118 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 Alt. 2 SGB VI), scheidet ebenfalls aus. Denn auch diese Alternative setzt mehr als die bloße Verfügungsvollmacht über das Konto voraus. Das Zulassen eines banküblichen Geschäfts erfordert ein pflichtwidriges Unterlassen, d.h. durch vorwerfbar unterlassene Handlungen, wie z.B. die Kontosperrung oder andere gebotene Handlungen, durch die Verfügungen Dritter über das Konto verhindert werden können, (BSG, a.a.O., Rn. 30, LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09. Dezember 2015, L 8 R 935/11, in juris Rn. 142).

Zwar galt die Klägerin aufgrund der bei der Bank hinterlegten Formularkontovollmacht gemäß § 170 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gegenüber der D Bank als Bevollmächtigte der Versicherten für das Konto und hätte nach deren Inhalt auch über den Tod der Versicherten hinaus Bankgeschäfte einschließlich Sperrung und Auflösung von Konten mit Wirkung gegenüber der Bank tätigen können. Die Klägerin war auch im Besitz einer Bankkarte, die sie nach ihrem glaubhaften Vortrag auf Anraten des sie am 30. Dezember 2008 beratenden Bankmitarbeiters noch eine Weile nach dem Tod der Versicherten verwahrte, ohne von dieser Gebrauch zu machen. Tatsächlich war jedoch die Verfügungsberechtigung der Klägerin über das Konto der Versicherten von Anfang an begrenzt auf das monatliche Geldabheben und gelegentliche Ziehen von Kontoauszügen, jeweils nach vorheriger konkreter telefonischer Anweisung der Versicherten. Die Ausstellung der Formularkontovollmacht erfolgte nur auf Drängen der D Bank und sollte allein die Praxis des monatlichen Geldabhebens und gelegentlichen Ziehens von Kontoauszügen durch die Klägerin, und zwar nach jeweiliger vorheriger telefonischer Anweisung der Versicherten, weiterhin ermöglichen. Die der Klägerin von der Versicherten erteilte Innenvollmacht sah von Anfang an (und zwar der D Bank bzw. deren zuständigem Mitarbeiter bekannt) diese klare Begrenzung vor. Der Senat hat keinerlei Zweifel am Wahrheitsgehalt der Angaben der Klägerin zu den Umständen, die zur Ausstellung der Kontovollmacht führten, zu ihrem Verhältnis zur Versicherten einschließlich ihres Verhaltens nach Kenntniserlangung vom Tod der Versicherten. Die Klägerin hat dies (noch ohne Rechtsbeistand) von Anfang an so bei der Beklagten vorgetragen (siehe Telefonate vom 02. und 04. April 2009, Schreiben vom 07. April 2009). Zudem bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin in einer engen Beziehung zu der Versicherten stand und/oder in deren Vermögensverwaltung, etwa im Rahmen einer Vorsorgevollmacht, eingebunden war oder etwa vom Vermögen der Versicherten (nach deren Tod als Erbin oder Bedachte) profitierte. Die Klägerin war mit der Versicherten weder verwandt noch verschwägert oder langjährig befreundet. Vielmehr rührte ihre Bekanntschaft allein aus einer früheren Pflegetätigkeit bei der gebrechlichen Versicherten. Es ist für den Senat völlig glaubhaft und nachvollziehbar, dass die Klägerin aus reiner Hilfsbereitschaft heraus der gebrechlichen Versicherten die (unentgeltliche) Gefälligkeit erwies, für die durch einen Unfall verhinderte Freundin nunmehr die Botengänge des Geldabhebens und Ziehens von Kontoauszügen zu übernehmen. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Kläger von der Versicherten jemals über das Abheben von konkret bestimmten Geldbeträgen und das Ziehen von Kontoauszügen hinaus zur Vornahme anderer Bankgeschäfte oder sonstiger Maßnahmen der Kontenverwaltung (einschließlich Sperrung, Auflösung etc.) oder Vermögensverwaltung beauftragt worden war. Dazu war die Klägerin gegenüber der Versicherten bzw. nach deren Tod gegenüber den Rechtsnachfolgern der Versicherten (Erben) schlichtweg nicht berechtigt gewesen. Wenn die Klägerin aber gegenüber der Versicherten bzw. nach deren Tod gegenüber den Rechtsnachfolgern der Versicherten (Erben) aus der Innenvollmacht heraus schon zu keinerlei weitergehenden Konto- oder Vermögensverfügungen berechtigt war, kommt ein pflichtwidriges Unterlassen derselben gerade nicht in Betracht. Hierauf hat bereits das SG Berlin (S 4 R 3444/09) in seiner Entscheidung vom 28. Januar 2011 zutreffend abgestellt.

Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob der Klägerin ein pflichtwidriges Unterlassen nur dann vorgeworfen werden kann, wenn sie nicht nur die Fortdauer der Rentenzahlungen an die Versicherte nach deren Ableben, sondern auch ihre rechtliche Möglichkeiten, Verfügungen Dritter über das Konto zu verhindern gekannt hätte bzw. zumindest vorwerfbar nicht gekannt hat (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O.; Pflüger in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGBVI,2. Aufl., Stand Juni 2018, Rn.149). Zum einen hält der Senat den von Anfang an (noch ohne anwaltlichen Beistand) erfolgter Vortrag der Klägerin für glaubhaft, dass sie nach dem sie vom Tod der Versicherten erfahren hatte noch Ende Dezember 2008 (später auf den 30. Dezember konkretisiert) persönlich in der zuständigen Filiale der D Bank am T Damm vorgesprochen und den Tod der Versicherten gemeldet hatte. Dass es hierfür keinen schriftlichen Beleg in den Kontounterlagen der Deutschen Bank, soweit überhaupt noch welche nach Auflösung der Konten existieren, mehr gibt (vgl. Schreiben der D Bank vom 07. Juli 2010 im Streitverfahren S 4 R 3444/09), kann die Glaubwürdigkeit der Klägerin nicht erschüttern. Die Anfertigung von Vermerken in den Bankunterlagen lag nicht in der Hand der Klägerin, sondern des angesprochenen "jüngeren" Bankmitarbeiters (vgl. Vortrag der Kl. im Streitverfahren S 4 R 3444/09). Es ist zudem für den Senat nachvollziehbar, dass die Klägerin aus einem gewissen Verantwortungsgefühl und der gegenüber der Versicherten gezeigten Hilfsbereitschaft heraus, sich zur Meldung des Todesfalles bei der Bank veranlasst sah, jedoch die (im Innenverhältnis ja berechtigte) Vorstellung hatte, zu einer Sperrung oder Auflösung des Kontos nicht berechtigt zu sein, zumal sie über keinerlei - im Rechtsverkehr gerade von den Banken hierfür geforderte - amtliche Nachweise vom Tod der Versicherten (Todesschein, Sterbeurkunde) bzw. eines Erbscheins verfügte bzw. mangels Verwandtschaft oder Erbenstellung diese erlangen konnte. Offensichtlich war sich die Klägerin des Inhaltes der auf sie ausgestellten Formularkontovollmacht zum damaligen Zeitpunkt gar nicht bewusst. Sie verfügte anscheinend über kein Exemplar der Formularvollmacht, da sie erst im Rahmen der mit der Beklagten geführten Auseinandersetzung bei der Bank im Juli 2009 entsprechende Erkundigungen anstellen und sich eine Kopie davon zusenden lassen musste (vgl. auch Schreiben der D Bank vom 07. Juli 2010 im Streitverfahren S 4 R 3444/09). Aus ihrer Schilderung der Reaktionen des Bankmitarbeiters bei der persönlichen Vorstellung Ende Dezember 2008 ("man werde alles veranlassen...") kann nur geschlossen werden, dass von diesem keine Belehrung über den tatsächlichen Inhalt der Formularkontovollmacht incl. eines Hinweises, dass sie danach umfassend zur Sperrung (auch ohne Todesnachweis) berechtigt sei, erfolgt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Revision ist mangels Zulassungsgrundes nach § 160 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen.