VG Berlin, Beschluss vom 27.03.2017 - 27 L 9.17
Fundstelle
openJur 2020, 35369
  • Rkr:
Tenor

Der Antragsgegnerin wird im Wege einstweiliger Anordnung aufgegeben, dem Antragsteller Auskunft darüber zu erteilen, ob und gegebenenfalls wann genau (näherer Zeitraum, Datum, gegebenenfalls Uhrzeit) Bundeskanzlerin D nach Kenntnis des Bundeskanzleramts im Nachgang zur Besprechung in diesem Amt am 21. April 2015 von den Strafanzeigen des Bundesamts für Verfassungsschutz wegen Geheimnisverrats nach Veröffentlichungen im Blog "n" Kenntnis erhielt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

A.

Der Antragsteller ist Redakteur einer Tageszeitung. Er bat das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (Bundespresseamt) mit E-Mail vom 10. August 2015 um Beantwortung u.a. nachstehender Fragen zum Fall "N":

1. "Kannte das Kanzleramt die Absicht bzw. Pläne des BfV, eine Anzeige nach Geheimschutzverstößen zu erstatten?"

2. "Falls ja, worüber genau war das Kanzleramt durch wen und wann informiert worden?"

Auf diese Anfrage teilte das Bundespresseamt dem Antragsteller mit E-Mail vom 13. August 2015 Folgendes mit:

"Zu Frage 1: Nein. Das Bundeskanzleramt hat erst im Nachhinein von den Anzeigen erfahren.

Zu Frage 2: Siehe Antwort zu Frage 1. Verfassungsschutzpräsident M hat bei Gremiensitzungen am 21. und 22. April über die Tatsache, dass er Anzeige erstattet hat, berichtet."

Der Antragsteller fragte mit E-Mail an das Bundespresseamt vom 13. August 2015 nach, wann und wie (mit welchem Inhalt) genau gegebenenfalls Kanzlerin Mund Kanzleramtschef Aim Nachgang zu den Gremiensitzungen im April von der Strafanzeige des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) erfahren hätten.

Mit E-Mail vom 14. August 2015 teilte das Bundespresseamt dem Antragsteller mit, der ihm gegebenen Antwort vom 13. August 2015 sei nichts hinzuzufügen. Aus ihr gehe hervor, dass das Bundeskanzleramt, also auch die Bundeskanzlerin und der Chef des Bundeskanzleramts erst im Nachhinein von den Anzeigen Kenntnis erlangt hätten.

Der Antragsteller bat mit E-Mail an das Bundespresseamt vom 30. September 2016 "um Auskunft zu folgender Frage: Ist Bundeskanzlerin A nach Kenntnis des Kanzleramts im Nachgang zur Besprechung im Kanzleramt am 21. April 2015 über die Strafanzeigen des BfV informiert worden? Falls ja, wann genau (ungefähr)? Falls nein, wann und wie hat Frau Bundeskanzlerin erstmals von den Anzeigen ... erfahren?". Er benötige die ihm dazu mündlich gegebene Information, die mit dem Hinweis "Unter drei" verbunden worden sei, nunmehr für die weitere aktuelle Berichterstattung zu dem Thema "Unter eins". Das Bundespresseamt erklärte dem Antragsteller mit E-Mail vom 4. Oktober 2016, diese Frage sei bereits am 13. August 2015 und 14. August 2015 per E-Mail beantwortet worden. Den Antworten von damals sei nichts hinzuzufügen. Mit E-Mail an das Bundespresseamt vom 6. Oktober 2016 bat der Antragsteller um konkrete Auskunft auf die Frage "wann". Es gehe ihm um ein Datum oder einen enger begrenzten Zeitraum (z.B. Monat/Woche). Mit E-Mail vom 7. Oktober 2016 erklärte das Bundespresseamt dem Antragsteller, es habe seinen Antworten von damals weiterhin nichts hinzuzufügen.

Der Antragsteller trägt zur Begründung seines am 14. Oktober 2016 bei Gericht eingegangenen Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Wesentlichen vor: Ein Anordnungsanspruch bestehe. Berechtigte schutzwürdige Interessen, die einer Auskunftserteilung entgegenstehen könnten, seien weder vorgetragen worden noch erkennbar.

Ihm gehe es darum zu erfahren, ob und gegebenenfalls wann genau die Bundeskanzlerin über die Tatsache der Anzeigenerstattung durch das BfV Kenntnis erhalten habe. Ausweislich der Bundestagsdrucksache 18/5859 (hier: Antwort zu Frage 21) habe die Regierung bislang nur darüber informiert, dass das Kanzleramt vom Präsidenten des BfV am 21. April 2015 erstmals mündlich in allgemeiner Form von den Anzeigen in Kenntnis gesetzt worden sei und dies in einer Sitzung geschehen sei, an der regelmäßig auch der Chef des Bundeskanzleramts teilnehme. Ob und wann die Bundeskanzlerin indes informiert worden sei, sei bisher nicht öffentlich bekannt.

Die Ansicht der Antragsgegnerin, sie habe die begehrten Auskünfte bereits erteilt, verkenne die Inhalte der bisher auf seine Fragen gegebenen Antworten. Eine für die öffentliche Berichterstattung verwendungsfähige Auskunft zum Kenntnisstand der Kanzlerin im Hinblick auf die Anzeigen sei ihm bislang nicht erteilt worden.

Mit der Erteilung vertraulicher Auskünfte ("Unter drei") werde der presserechtliche Auskunftsanspruch nicht erfüllt und könne er auch nicht erfüllt werden. Dieser Anspruch sei darauf gerichtet, der Presse Informationen zu verschaffen, über die sie ihrerseits in der und für die Öffentlichkeit Bericht erstatten könne. Dem widerspreche es, in vermeintlicher Erfüllung dieses Anspruchs vertrauliche, insbesondere vor der Öffentlichkeit geheim zu haltende Auskünfte/Informationen zu erteilen.

Bei Auskünften "Unter drei" bzw. bei als vertraulich erklärten Gesprächen sei die Antragsgegnerin nach seiner Auffassung weder zur Erteilung wahrheitsgemäßer noch zur Erteilung vollständiger Auskünfte verpflichtet.

Er habe sich nicht auf eine einvernehmlich verabredete Auskunftserteilung "Unter drei" eingelassen. Er habe ausweislich des vorliegenden E-Mail-Verkehrs ausdrücklich eine Auskunft "Unter eins" erbeten und dies auch in den telefonischen Gesprächen mit Vertretern der Antragsgegnerin artikuliert.

Das "ggf." vor dem Wort "Uhrzeit" in seinem Antrag beziehe sich darauf, dass Auskünfte zur Uhrzeit begehrt würden, soweit Informationen zur Uhrzeit im Kanzleramt vorhanden seien oder sich noch ermitteln ließen.

Ein Anordnungsgrund bestehe ebenfalls. Im vorliegenden Fall lägen ein gesteigertes öffentliches Interesse und ein starker Gegenwartsbezug der Berichterstattung vor. Vor dem Hintergrund neuer Informationen seien neue Fragen zum Verhalten der Bundesregierung in der sogenannten Landesverratsaffäre aufgetaucht. Dazu gehöre aus seiner Sicht auch die Frage, ob die Kanzlerin seinerzeit persönlich die Möglichkeit gehabt hätte, sich in die Vorgänge einzuschalten und ihnen möglicherweise einen anderen Verlauf zu geben. Diese Frage sei bisher öffentlich nicht geklärt.

Der Antragsteller beantragt,

der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihm Auskunft darüber zu erteilen, ob und ggf. wann genau (näherer Zeitraum, Datum, ggf. Uhrzeit) Bundeskanzlerin A nach Kenntnis des Kanzleramts im Nachgang zur Besprechung im Kanzleramt am 21. April 2015 über die Strafanzeigen des Bundesamts für Verfassungsschutz wegen Geheimnisverrats nach Veröffentlichungen im Blog "n" informiert worden ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie trägt im Wesentlichen vor: Der Antrag sei bereits unzulässig. Dem Antragsteller fehle das Rechtsschutzbedürfnis.

Das Bundespresseamt habe die mit dem Antrag gestellte Frage bereits im Vorfeld des Verfahrens beantwortet. Der Antragsteller habe in seinen E-Mails vom 14. August 2015 und 30. September 2016 an das Bundespresseamt selbst angegeben, ihm sei von diesem Amt mitgeteilt worden, wie die Bundeskanzlerin von den Anzeigen und Ermittlungen erfahren habe. Damit sei der ungefähre Zeitpunkt der Kenntniserlangung "im Nachhinein" ausreichend umschrieben. Für eine weitergehende Antwort bestehe kein Rechtsschutzinteresse.

Der Erfüllung des Auskunftsbegehrens stehe nicht entgegen, dass die streitgegenständliche Information "Unter drei", d.h. vertraulich gegeben worden sei. Dies betreffe lediglich die Frage, auf welche Weise eine Information nach übereinstimmender Auffassung beider Gesprächspartner verwertet werden dürfe. Dies sei gegenüber der Auskunft ein aliud.

Der Antragsteller habe keinen Anspruch darauf, dass sie die zuvor vertraulich erteilten Informationen im Nachhinein zur öffentlichen Verwendung freigebe. Der einem Hintergrundgespräch zugrundeliegende Konsens, dass der Gesprächsinhalt und die weiteren Umstände, insbesondere auch die Gesprächsteilnehmer, vertraulich blieben, sei bindend. Gespräche "Unter drei" seien Hintergrundgespräche.

Die vereinbarte Vertraulichkeit schließe einen Anspruch des Journalisten auf Wiederholung einer vertraulich gegebenen Information "Unter eins" (zur freien Verwendung) aus. Gebe ein Journalist - sei es auf ein entsprechendes Verlangen des Auskunftsgebers, sei es aus eigener Initiative - eine Vertraulichkeitszusage ab, verzichte er gleichzeitig auf ein in Bezug auf die Information etwa bestehendes Recht zur unbeschränkten Verwertung. Hieran müsse er sich festhalten lassen.

Ein Antragsteller handle rechtmissbräuchlich, wenn er die Freigabe der vertraulichen Information zur allgemeinen Verwertung der zuvor vertraulich erteilten Informationen begehre.

Jedenfalls seien die Anträge unbegründet. Der Offenbarung der begehrten Informationen ständen schutzwürdige Interessen von ihr als öffentlicher Stelle entgegen. Zu den schutzwürdigen Interessen öffentlicher Stellen gehöre insbesondere die Geheimhaltung von Informationen, die den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung beträfen. Die begehrten Informationen beträfen diesen Kernbereich.

Die mit dem Antrag gestellte Frage nach Datum und Uhrzeit betreffe Kerndaten zum Willensbildungsprozess der Bundeskanzlerin und enthülle schützenswerte Informationen über die Arbeitsweise der Antragsgegnerin. Die relevanten Informationen ständen im untrennbaren Zusammenhang mit der Vorbereitung der Entscheidung, ob, wann und wie sich die Bundeskanzlerin zu dem Thema in der Öffentlichkeit äußere. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vermittele keinen Anspruch darauf zu erfahren, wann genau die Bundeskanzlerin die relevanten Kenntnisse erlange, um die Entscheidung zu treffen, sich zu einer Sache zu äußern oder nicht zu äußern.

Außerdem liege die Information nicht vor. Sie habe keine Information und keine Kenntnis, an welchem Tag die Bundeskanzlerin über die Strafanzeigen Kenntnis erlangt habe bzw. informiert worden sei. Dies lasse sich auch nicht mit der für eine Auskunftserteilung erforderlichen Sicherheit rekonstruieren. Weder die Bundeskanzlerin noch eine andere Person könnten heute noch mit hinreichender Gewissheit und mithin wahrheitsgetreu aus rein subjektiver Erinnerung erklären, "wann genau" die Bundeskanzlerin über die Strafanzeigen informiert worden sei. Es existierten hierzu keine Aufzeichnungen. Erst recht lasse sich nicht rekonstruieren, zu welcher Uhrzeit über die Strafanzeigen informiert worden sei.

Der Antragsteller habe auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die vom Antrag betroffenen Vorgänge lägen mehr als achtzehn Monate zurück. Sie seien kein Thema aktueller Berichterstattung. Der Antragsteller führe keine Gründe an, warum hierzu aktuell ein gesteigerter Informationsbedarf und ein starker Gegenwartsbezug beständen. Möglicherweise habe der Antragsteller aktuell für sich entschieden, zu diesem Thema berichten zu wollen. Das begründe aber keinen objektiven Gegenwartsbezug.

Unabhängig davon wäre die mit dem Antrag einhergehende Vorwegnahme der Hauptsache unzulässig.

B.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat Erfolg.

Der in der Antragsschrift enthaltene wörtliche Antrag ist unter Berücksichtigung seiner Begründung dahin zu verstehen, dass der Antragsteller Auskunft darüber begehrt, ob und gegebenenfalls wann genau (näherer Zeitraum, Datum, gegebenenfalls Uhrzeit) Bundeskanzlerin D nach Kenntnis des Bundeskanzleramts im Nachgang zur Besprechung in diesem Amt am 21. April 2015 über die Strafanzeigen des BfV wegen Geheimnisverrats nach Veröffentlichungen im Blog "n" erstmals Kenntnis erhalten hat (vgl. zu letzterem S. 7 Mitte der Antragsschrift vom 14. Oktober 2016; siehe ferner S. 2 oben und Mitte des Schriftsatzes des Antragstellers vom 23. Januar 2017). Der Antrag richtet sich auch auf Auskunft darüber, ob die Bundeskanzlerin im Falle, dass sie nach Kenntnis besagten Amtes im Nachgang zu der genannten Besprechung von diesen Anzeigen Kenntnis erhalten hat, über die Anzeigen von Personal des Bundeskanzleramts (vgl. dazu die vorgerichtlichen E-Mails des Antragstellers vom 30. September 2016 sowie vom 14. August 2015) informiert worden ist.

Der in dem aufgezeigten Sinne verstandene Antrag ist zulässig (I) und begründet (II).

I. Das im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 2. November 1994 - 6 P 39.93 -, juris Rn. 21) erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag ist vorhanden.

1. Der begehrte Rechtsschutz ist für den Antragsteller nicht nutzlos. Die verlangten Auskünfte sind diesem Beteiligten noch nicht erteilt worden. Es ist unerheblich, dass das Bundespresseamt dem Antragsteller "Unter drei" mitgeteilt hat, wie die Bundeskanzlerin von den Strafanzeigen des BfV wegen Geheimnisverrats nach Veröffentlichungen im Blog "n" erfahren habe. Denn mit diesen Informationen ist der mit dem Antrag verfolgte presserechtliche Auskunftsanspruch nicht erfüllt worden.

Der presserechtliche Auskunftsanspruch ist - worauf der Antragsteller zutreffend hinweist - darauf gerichtet, der Presse Informationen zu verschaffen, über die sie ihrerseits in der und für die Öffentlichkeit Bericht erstatten kann (vgl. Burkhardt in: Löffler, Presserecht, 6. Aufl. 2015 - im Folgenden: Löffler/Burkhardt -, § 4 LPG Rn. 2; BayVGH, Urteil vom 7. August 2006 - 7 BV 05.2582 -, juris Rn. 35). Der Inhalt dieses Anspruchs wird maßgeblich durch die Funktionen bestimmt, die die Presse in der freiheitlichen Demokratie erfüllt (BVerwG, Urteil vom 16. März 2016 - 6 C 65.14 -, juris Rn. 17). Ihr kommt insbesondere eine Informationsfunktion zu (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. September 2015 - 1 BvR 857/15 -, juris Rn. 16). Dementsprechend gewährleistet die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgte Pressefreiheit u.a. die Freiheit der Verbreitung von Nachrichten, mithin von Informationen (BVerfG, Urteil vom 5. August 1966 - 1 BvR 586/62 -, juris Rn. 39).

a) Der presserechtliche Auskunftsanspruch wird durch Informationen, die nicht zur öffentlichen Berichterstattung verwendet werden können, grundsätzlich nicht erfüllt, da die Presse ihre Informationsfunktion mit solchen Informationen nicht erfüllen kann. Zu solchen Informationen zählen Informationen, die einem Vertreter der Presse "Unter drei" erteilt werden. Eine derartige Information darf nach den Usancen der Presse nicht öffentlich verwertet werden. Das Geäußerte ist vertraulich. Der Journalist hat die Information ausschließlich für seinen eigenen Hintergrund erhalten.

In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, ob die Vertraulichkeit einer "Unter drei" erteilten Information rechtlich bindend und durchsetzbar ist. Denn durch die Nichtbeachtung dieser Vertraulichkeit würde der betreffende Pressevertreter sich für die Zukunft als Empfänger vertraulicher Informationen disqualifizieren und Vertrauen verspielen, auf das er für die erfolgreiche Ausübung seines Berufs angewiesen ist (vgl. Soehring in: Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 7 Rn. 75). Dies in Kauf zu nehmen, ist Pressevertretern rechtlich nicht zumutbar.

b) Die Verwertung der begehrten Informationen ist rechtlich nicht ausnahmsweise auf eine vertrauliche Verwendung beschränkt (vgl. dazu Soehring, a.a.O., § 7 Rn. 75a). Die Antragsgegnerin hat nicht substantiiert dargelegt, sondern allenfalls pauschal behauptet, dass die Beteiligten die Vertraulichkeit dieser Informationen vereinbart haben. Der Antragsteller hat mit seinen vorgerichtlichen E-Mails von der Antragsgegnerin Informationen begehrt, ohne die Verwertung der Informationen einzuschränken. So hat er die vorliegend begehrten Informationen mit E-Mail vom 30. September 2016 "Unter eins", mithin zur beliebigen Verwendung, verlangt (siehe auch die E-Mail des Antragstellers vom 14. August 2015). Außerdem trägt er unwidersprochen vor, er habe dies auch in den Telefonaten mit Vertretern der Antragsgegnerin artikuliert. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller trotz seines auf uneingeschränkt verwertbare Informationen gerichteten Auskunftsverlangens eine nur vertrauliche Auskunft erteilt. Unter diesen Umständen ist weder dargetan noch ansonsten ersichtlich, wann und wie der Antragsteller sein Einverständnis damit zum Ausdruck gebracht haben soll, die begehrten oder die erhaltenen Informationen nur vertraulich zu verwenden.

Ebenso wenig hat die Antragsgegnerin substantiiert dargelegt, dass der Antragsteller ihr zugesagt hat, die Informationen nur vertraulich zu verwenden. Die vorstehenden Ausführungen zu einer Vereinbarung der Vertraulichkeit der Informationen gelten hier entsprechend.

Unter den gegebenen Umständen ist es auch nicht rechtsmissbräuchlich oder in sonstiger Weise treuwidrig, dass der Antragsteller die strittige Auskunft zur öffentlichen Verwendung begehrt.

Die Frage, ob "Unter drei" bzw. in als vertraulich erklärten Gesprächen erteilte Auskünfte wahrheitsgemäß und vollständig sein müssen, kann mithin unbeantwortet bleiben.

2. Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht für den Antrag auch insoweit, als mit ihm eine Auskunft begehrt wird, die über eine ungefähre Umschreibung des Zeitpunkts hinausgeht, zu dem die Bundeskanzlerin von den erwähnten Strafanzeigen Kenntnis erhalten hat bzw. über die Anzeigen informiert worden ist. Denn die Antragsgegnerin lehnt es ab, dem Antragsteller eine genauere Auskunft über diesen Zeitpunkt zu geben. Damit steht dem Antragsteller eine einfachere oder effektivere Möglichkeit, die betreffenden Informationen zu erhalten, als die Inanspruchnahme von Rechtsschutz nicht zur Verfügung. Überdies ist nicht erkennbar, dass diese Informationen für den Antragsteller nutzlos sind.

II. Der Antragsteller hat das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs (1) und eines Anordnungsgrundes (2) mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).

1. Es kann dahinstehen, ob der Auskunftsanspruch von Vertretern der Presse gegen Bundesbehörden aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (so BVerwG, Urteile vom 16. März 2016 - 6 C 65.14 -, a.a.O., Rn. 13 m.w.N., und vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 -, juris Rn. 22 ff.) oder aus der die Auskunftspflicht von Behörden regelnden Vorschrift des Pressegesetzes des Landes, in dem die Bundesbehörde ihren Sitz hat (so OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Dezember 2013  - 5 A 413/11 -, juris Rn. 44 ff.; offen gelassen: BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 2015 - 1 BvR 1452/13 -,  juris Rn. 12; s.a. Cornils, AfP 2016, 205 ff.) - hier aus § 4 BlnPrG -, folgt. Denn sowohl nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (a) als auch nach § 4 BlnPrG (b) hat der Antragsteller einen Anspruch auf die begehrten Auskünfte.

a) Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ist, da die Landespressegesetze auf Auskunftsansprüche der Presse gegen Behörden des Bundes mangels Gesetzgebungskompetenz der Länder nicht anwendbar sind und der zuständige Bundesgesetzgeber keine Regelung über solche Ansprüche getroffen hat, auf das Grundrecht der Pressefreiheit als Rechtsgrundlage für derartige Ansprüche zurückzugreifen. Der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch der Presse darf in seinem materiell-rechtlichen Gehalt nicht hinter dem Inhalt derjenigen presserechtlichen Auskunftsansprüche zurückbleiben, die die Landesgesetzgeber im Wesentlichen inhaltsgleich, auf eine Abwägung zielend in den Landespressegesetzen normiert haben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 2015, a.a.O., Rn. 12; BVerwG, Urteil vom 16. März 2016 - 6 C 65.14 -, a.a.O., Rn. 17).

Aufgrund des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs können Pressevertreter in geeigneter Form behördliche Auskünfte verlangen, soweit berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit von Informationen nicht entgegenstehen. Der Auskunftsanspruch aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG fordert eine Abwägung des Informationsinteresses der Presse mit den gegenläufigen schutzwürdigen Interessen im Einzelfall. Im Rahmen der Abwägung kommt eine Bewertung des Informationsinteresses der Presse grundsätzlich nicht in Betracht. Entscheidend ist vielmehr, ob dem Informationsinteresse der Presse schutzwürdige Interessen von solchem Gewicht entgegenstehen, die den presserechtlichen Auskunftsanspruch ausschließen (BVerwG, Urteil vom 16. März 2016, a.a.O., Rn. 16).

aa) (1) Die Voraussetzungen des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs liegen hier vor.

Der Antragsteller gehört als ausgewiesener Vertreter der Presse, nämlich als Redakteur (für besondere Aufgaben) der Tageszeitung "D", in deren Impressum er als solcher namentlich aufgeführt ist, zu den auskunftsberechtigten Personen.

Er begehrt Auskunft über Fakten in Bezug auf einen bestimmten Tatsachenkomplex (zu dieser Voraussetzung: BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013, a.a.O., Rn. 30; vgl. auch Löffler/Burkhardt, a.a.O., § 4 LPG Rn. 85), nämlich zu der Kenntniserlangung der Bundeskanzlerin von den besagten Strafanzeigen.

Das Bundeskanzleramt gehört als oberste Bundesbehörde zu den Auskunftsverpflichteten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. September 2015 - 6 VR 2.15 -, juris Rn. 9 ff.).

(2) Berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit von Informationen stehen dem Auskunftsanspruch des Antragstellers nicht entgegen.

Der Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung stellt ein schutzwürdiges Interesse, das diesen Anspruch ausschließt, nicht dar.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (grundlegend Urteil vom 17. Juli 1984 - 2 BvE 11, 15/83 -, juris, Rn. 127; s.a. Beschluss vom 13. Oktober 2016 - 2 BvE 2/15 -, juris Rn. 119 m.w.N.; Urteil vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris Rn. 137 m.w.N.) setzt die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der einen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich einschließt. Dazu gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht. Eine Pflicht der Regierung, parlamentarischen Informationswünschen zu entsprechen, besteht in der Regel nicht, wenn die Information zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen kann, die in der alleinigen Kompetenz der Regierung liegen. Diese Möglichkeit besteht bei Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen regelmäßig, solange die Entscheidung noch nicht getroffen ist. Die Kontrollkompetenz des Parlaments erstreckt sich demnach grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Auch bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung nicht verpflichtet ist, geheim zu haltende Tatsachen aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung mitzuteilen. Ein schrankenloser parlamentarischer Informationsanspruch würde vor allem durch seine einengenden Vorwirkungen die Regierung in der selbständigen Funktion beeinträchtigen, die die grundgesetzliche Gewaltenteilung ihr zuweist. Ob zu erwarten ist, dass die Herausgabe begehrter Informationen die Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände feststellen. Hierfür ist es notwendig, zwischen gegenläufigen Belangen abzuwägen (BVerfG, Urteil vom 21. Oktober 2014, a.a.O., Rn. 170, Beschluss vom 17. Juni 2009 - 2 BvE 3/07 -, juris Rn. 122 ff., und Beschluss vom 30. März 2004 - 2 BvK 1/01 -, juris Rn. 53). Als funktioneller Belang fällt bei abgeschlossenen Vorgängen nicht mehr die Entscheidungsautonomie der Regierung, sondern vor allem die Freiheit und Offenheit der Willensbildung innerhalb der Regierung ins Gewicht. Unter diesem Aspekt sind Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen, die Aufschluss über den Prozess der Willensbildung geben, umso schutzwürdiger, je näher sie der gubernativen Entscheidung stehen (BVerfG, Urteil vom 21. Oktober 2014, a.a.O., Rn. 171). So kommt den Erörterungen im Kabinett besonders hohe Schutzwürdigkeit zu. Je weiter ein Informationsbegehren in den innersten Bereich der Willensbildung der Regierung eindringt, desto gewichtiger muss es sein, um sich gegen ein von der Regierung geltend gemachtes Interesse an Vertraulichkeit durchsetzen zu können. Die der gubernativen Entscheidung vorgelagerten Beratungs- und Entscheidungsabläufe sind demgegenüber einer Kontrolle in einem geringeren Maße entzogen. Besonders hohes Gewicht kommt dem Informationsinteresse zu, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb der Regierung geht (BVerfG, Beschlüsse vom 17. Juni 2009, a.a.O., Rn. 126 f., und vom 30. März 2004, a.a.O., Rn. 59 f.).

Der nach diesen Maßstäben gewährleistete Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung begrenzt nicht nur den Informationsanspruch des Parlaments, sondern auch den verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch der Presse (vgl. Beschlüsse der Kammer vom 13. März 2017, BA S. 15, und vom 2. November 2016 - VG 27 L 475.16 -, BA S. 8, 9). Der Presse steht - wie dem Parlament - eine Kontrollfunktion u.a. gegenüber der Regierung zu (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. September 2015, a.a.O., Rn. 16, und Urteil vom 5. August 1966, a.a.O., Rn. 36; BVerwG, Urteil vom 16. März 2016, a.a.O., Rn. 17). Es wäre mit dem Gewaltenteilungsprinzip der Verfassung nicht zu vereinbaren, wenn die Regierung berechtigt wäre, dem Parlament bestimmte Informationen vorzuenthalten, trotzdem aber verpflichtet wäre, diese Informationen der Presse zu erteilen. Dies hätte zur Folge, dass der genannte Schutz im Verhältnis der Verfassungsorgane untereinander unterlaufen würde und ins Leere ginge (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 - 7 C 3.11 -, juris Rn. 31).

Unter Zugrundlegung der genannten Maßstäbe bildet der Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung hier keine verfassungsunmittelbare Grenze für die Erteilung der begehrten Auskünfte.

Mit dem Antrag werden Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung einer Regierungsentscheidung, nämlich der Entscheidung der Bundeskanzlerin - eines Teils der Bundesregierung (Art. 62 GG) -, ob und gegebenenfalls wann und wie sie sich in die durch die in Rede stehenden Strafanzeigen ausgelösten Geschehnisse einschaltet, insbesondere ob und gegebenenfalls wann und wie sie sich zu diesen Geschehnissen äußert, begehrt. Der betreffende Vorgang ist abgeschlossen, da diese Entscheidung bereits getroffen worden ist. Die damalige stellvertretende Regierungssprecherin C erklärte in der Regierungspressekonferenz am 3. August 2015, die Bundeskanzlerin unterstütze das Vorgehen des Bundesministers der Justiz und für Verbraucherschutz zu den vom Generalbundesanwalt eingeleiteten Ermittlungen gegen Journalisten und Betreiber des Blogs n wegen des Verdachts auf Landesverrat ausdrücklich (https://www. bundesregierung.de/Content/DE/ Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/08/2015-08-03-regpk.html). - Dieser Bundesminister hatte dem Generalbundesanwalt am 31. Juli 2015 Zweifel an der Berechtigung besagten Vorwurfs mitgeteilt und angekündigt, das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz werde dem Generalbundesanwalt zeitnah eine eigene Einschätzung zu den entsprechenden Fragen übermitteln (siehe "N: Mdistanziert sich von Generalbundesanwalt" und "Mund die ‚N‘-Ermittlungen: Der Möchtegern-Aufräumer", in Spiegel Online; abgerufen am 27. März 2017). Im Übrigen ist auch das betreffende Ermittlungsverfahren mittlerweile abgeschlossen, nämlich eingestellt worden. Bei der Kenntnis der Bundeskanzlerin von den Strafanzeigen handelt es sich um eine Grundlage besagter Entscheidung.

Dem Interesse an den begehrten Informationen kommt im Rahmen der hier vorzunehmenden Abwägung hohes Gewicht zu, zumal die genannten Ermittlungen große Aufmerksamkeit in den Medien sowie öffentliche Proteste hervorgerufen haben.

Die begehrten Zeitangaben (Angabe des näheren Zeitraums bzw. des Kalenderdatums und - sofern Informationen zur Uhrzeit im Bundeskanzleramt vorhanden sind - der Uhrzeit, zu dem bzw. der die Bundeskanzlerin von den Strafanzeigen Kenntnis erhalten hat) sagen nichts über die Gründe der in Rede stehenden Entscheidung aus. Vielmehr offenbaren diese Angaben lediglich, wann (genau) die Bundeskanzlerin Kenntnis von einer Grundlage der Entscheidung erlangt hat. Daran ändert der Umstand, dass die betreffenden Informationen im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Entscheidung stehen mögen, nichts. Es ist unerheblich, ob durch besagte Angaben Informationen über die Arbeitsweise der Antragsgegnerin offen gelegt werden. Denn es ist weder vorgetragen noch ansonsten ersichtlich, aus welchen Gründen die betreffenden Informationen schützenswert sein sollen. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass Informationen über eine generelle Arbeitsweise der Bundesregierung betroffen sein könnten. Aus diesen Gründen führen die fraglichen Angaben auch nicht dazu, dass die Freiheit und Offenheit der Willensbildung innerhalb der Bundesregierung beeinträchtigt werden könnte, nämlich zukünftige Beratungen der Bundesregierung ernsthaft und konkret gefährdet werden (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Dezember 2016 - OVG 6 S 29.16 -, juris Rn. 26, 28).

Unter diesen Umständen ist das Interesse des Antragstellers an den begehrten Informationen vorrangig vor dem Interesse der Antragsgegnerin an der Vertraulichkeit dieser Informationen.

bb) Der Auskunftsanspruch des Antragstellers entfällt nicht deswegen, weil dieser Anspruch auf bei der Antragsgegnerin nicht tatsächlich vorhandene Informationen gerichtet ist. Der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch der Presse beschränkt sich auf die bei der informationspflichtigen Stelle tatsächlich vorhandenen Informationen. Das sind diejenigen Informationen, die zum Zeitpunkt des begehrten Informationszugangs tatsächlich vorliegen (BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013, a.a.O., Rn. 30). Aufgrund der feststehenden Umstände ist nicht davon auszugehen, dass der Antragsgegnerin die Informationen, auf die der strittige Auskunftsanspruch gerichtet ist, gegenwärtig tatsächlich nicht vorliegen. Es ist unerheblich, ob bei der Antragsgegnerin aktuell Aufzeichnungen dazu existieren, wann genau die Bundeskanzlerin von den Strafanzeigen Kenntnis erhalten hat. Denn zu den Informationen, die der informationspflichtigen Stelle zum Zeitpunkt des begehrten Informationszugangs tatsächlich vorliegen, gehören nicht nur die Informationen, über die besagte Stelle zu jenem Zeitpunkt in Form von (z.B. papiernen oder elektronischen) Aufzeichnungen verfügt, sondern alle der Stelle im maßgeblichen Moment tatsächlich vorliegenden Informationen (Beschluss der Kammer vom 13. März 2017 - VG 27 L 502.16 -, BA S. 21). Dazu zählen auch Informationen, über die das Personal der Stelle verfügt, soweit die betreffenden Personen (z.B. Amtsträger) verpflichtet sind, ihre Informationen der Stelle zu offenbaren (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 8. August 2013 - OVG 6 S 27.13 -, juris Rn. 5, und vom 13. März 2013 - OVG 6 S 4.13 -, juris Rn. 14). So verhält es sich hier.

Es ist anzunehmen, dass zumindest die Bundeskanzlerin über die begehrten Informationen verfügt. Die Bundeskanzlerin hat wahrgenommen, ob und gegebenenfalls wann genau sie von den Strafanzeigen Kenntnis erhielt sowie ob sie über diese Anzeigen von Personal des Bundeskanzleramts informiert wurde. Ihr entsprechendes Wissen ist dienstlich relevant. Es betrifft dienstliche Vorgänge des Bundeskanzleramts - diese Behörde wurde von dem Präsidenten des BfV am 21. April 2015 von den Strafanzeigen in Kenntnis gesetzt -. Die Bundeskanzlerin hat dieses Wissen auch in ihrer Funktion als Bundeskanzlerin erlangt, zumal die Kenntnis von den Strafanzeigen für die Erfüllung ihrer Aufgaben bedeutsam gewesen ist. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass die Bundeskanzlerin am 3. August 2015 zu dem durch die Strafanzeigen ausgelösten Ermittlungsverfahren öffentlich Stellung genommen hat.

Es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Bundeskanzlerin sich an die begehrten Informationen nicht mehr - sicher - erinnert. Die Antragsgegnerin hat dies nicht dargelegt. Vielmehr vermutet sie lediglich, dass die Bundeskanzlerin sich daran heute nicht mehr - zuverlässig - erinnern kann. Es ist weder von der Antragsgegnerin vorgetragen noch ansonsten ersichtlich, dass das Bundeskanzleramt die Bundeskanzlerin bereits nach den verlangten Informationen gefragt hat. Solange das Bundeskanzleramt dies noch nicht getan hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Bundeskanzlerin sich an die Informationen nicht mehr bzw. nicht mehr gewiss erinnern kann.

b) Nach § 4 Abs. 1 BlnPrG sind die Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse, die sich als solche ausweisen, zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe Auskünfte zu erteilen. Diese Voraussetzungen sind nach den obigen Ausführungen im vorliegenden Fall erfüllt. Ein Grund, der die Antragsgegnerin nach § 4 Abs. 2 BlnPrG zur Verweigerung der begehrten Auskünfte berechtigt, ist nach dem oben Dargelegten nicht gegeben.

2. Ein Anordnungsgrund ist auch vorhanden. Der Erlass der einstweiligen Anordnung ist nötig, um wesentliche Nachteile abzuwenden (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügt es für die Gewährung von Eilrechtsschutz in Fällen presserechtlicher Auskunftsansprüche, wenn ein gesteigertes öffentliches Interesse und ein starker Gegenwartsbezug der Berichterstattung vorliegen. Insbesondere ist unter diesen Voraussetzungen in solchen Fällen eine in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzlich verbotene Vorwegnahme der Hauptsache zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. September 2014 - 1 BvR 23/14 -, juris Rn. 25 ff., insbes. Rn. 30; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 30. Dezember 2016, a.a.O., Rn. 19 ff., und vom 11. Oktober 2016 - OVG 6 S 23.16 -, juris Rn. 4 ff.; siehe ferner BVerwG, Beschluss vom 22. September 2015 - 6 VR 2.15 -, juris Rn. 22).

Im vorliegenden Fall sind ein gesteigertes öffentliches Interesse und ein starker Gegenwartsbezug vorhanden. Dies zeigt bereits der Umstand, dass der Fall "N" nach wie vor Gegenstand aktueller medialer Berichterstattung (z.B. ",N‘: Gericht rügt H in Landesverrat-Affäre" vom 27. Dezember 2016 in "D" [http://www.tagesspiegel.de/politik/n-gericht-ruegt-h-in-landesverrat-affaere/19181826.html] und ",N‘: Interne Akten belasten Justizminister H" vom 22. Februar 2017 in ZEIT ONLINE) ist. Im Übrigen sind ein gesteigertes öffentliches Interesse und ein starker Gegenwartsbezug hier auch im Hinblick auf folgende Umstände gegeben: Die Bundeskanzlerin strebt als Spitzenkandidatin ihrer Partei bei der im September 2017 stattfindenden Wahl des Bundestags eine weitere Amtszeit als Bundeskanzlerin an. Die Person und damit auch früheres politisches Handeln der Spitzen- bzw. Kanzlerkandidaten sind in dem dieser Wahl vorausgehenden Wahlkampf von Bedeutung (Beschluss der Kammer vom 13. März 2017, BA S. 24; vgl. auch Beschluss der Kammer vom 20. Dezember 2012 - VG 27 L 259.12 -, juris Rn. 41).

3. Der Tenor entspricht dem oben dargestellten Antragsbegehren (vgl. dazu § 88 VwGO). Die in der Hauptentscheidung ausgesprochene Verpflichtung der Antragsgegnerin erstreckt sich auch auf eine Auskunft darüber, ob die Bundeskanzlerin im Falle, dass sie nach Kenntnis des Bundeskanzleramts seinerzeit von den Anzeigen Kenntnis erhielt, über die Anzeigen von Personal dieses Amts (z.B. dem Chef des Bundeskanzleramts) informiert wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 39 ff., 52 f. GKG.