AG Fürstenwalde/Spree, Urteil vom 08.03.2017 - 26 C 198/16
Fundstelle
openJur 2020, 35286
  • Rkr:
Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 693,53 € nebst 4 % Zinsen seit dem 7.7.2015 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Streitwert: 693,53 €

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Auszahlung vereinnahmter Zahlungen aus einem Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Fürstenwalde/Spree, Az. 13 C..., in Anspruch. Die Klägerin war Rechtsschutzversicherer der Eheleute T. über deren Firma .... Diese beauftragten 2013 den als Rechtsanwalt niedergelassenen Beklagten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen in dem o. a. Rechtsstreit. Die Klägerin gewährte den Eheleuten T. für dieses Verfahren Rechtsschutz und zahlte an den Beklagten Gebühren und Auslagen i.H.v. 693,53 €. Die Eheleute T. obsiegten in dem o. a. Rechtsstreit. Zu ihren Gunsten erging am 2.6.2015 ein Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Fürstenwalde/Spree i.H.v. 771,70 €. Der unterlegende Prozessgegner zahlte hierauf diesen Betrag an den Beklagten, der die Zahlung am 7.7.2015 gegenüber den Eheleuten T. bestätigte. Auf die klägerische Aufforderung zur Auszahlung der vereinnahmten Zahlung verweigerte dieser eine Zahlung mit Verweis auf vermeintliche Gebührenforderungen gegenüber den Eheleuten T. aus anderen Mandaten.

Die Klägerin ist der Auffassung, die vom Beklagten behaupteten weiteren Gebührenansprüche gegenüber den Eheleuten T. stünden dem klägerischen Herausgabeanspruch mangels Gegenseitigkeit nicht entgegen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 693,53 € nebst 4 % Zinsen seit 7.7.2015 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er behauptet, er habe aus der Zeit vor dem Übergang des Kostenerstattungsanspruchs aus dem streitgegenständlichen Vorprozess auf die Klägerin Gebühren- und Auslagenerstattungsansprüche gegenüber den Eheleuten T. in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe erworben. Wegen der Einzelheiten der behaupteten Forderungen wird auf die Klageerwiderung vom 31.8.2016 verwiesen. Mit diesen Forderungen erklärt der Beklagte die Aufrechnung gegenüber der Klageforderung und beruft sich zu seiner Aufrechnungsbefugnis auf § 406 BGB.

Die Klageschrift ist dem Beklagten am 3.8.2016 zugestellt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Terminsprotokoll vom 1.2.2017 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist auch begründet. Der Beklagte ist der Klägerin gemäß §§ 667, 681 S. 2 BGB zur Herausgabe des vom damaligen Prozessgegner aus dem Vorprozess empfangenen Kostenerstattungsbetrages in geltend gemachter Höhe verpflichtet. Die vom Beklagten hiergegen erhobenen Einwendungen, insbesondere seine Aufrechnungserklärung, sind unerheblich.

Der klägerische Herausgabeanspruch folgt aus der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag des Beklagten für die Klägerin (§§ 667, 681 S. 2 BGB), nachdem der Beklagte ein fremdes Geschäft, nämlich das der Klägerin auf Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs und Entgegennahme der diesbezüglichen Zahlung des Prozessgegners, geführt hat. In Bezug auf den Vorprozess bestanden zwischen den Parteien keinerlei vertragliche Beziehungen. Der Geschäftsbesorgungsvertrag für den Vorprozess bestand ausschließlich zwischen dem Beklagten und seinen Mandanten. Deren Kostenerstattungsanspruch gegen den Prozessgegner ging gemäß § 86 VVG mit den unstreitigen Vorschusszahlungen der klägerischen Rechtsschutzversicherung an den Beklagten in streitgegenständlicher Höhe auf die Klägerin über. Mithin war das vom Beklagten geführte Geschäft hinsichtlich der Kostenerstattung ein objektiv fremdes Geschäft der Klägerin (vgl. Saarländisches OLG Saarbrücken, Vers R 2007, Seite 1554). Der hieraus gemäß §§ 667, 681 S. 2 BGB folgende Herausgabeanspruch der Klägerin ist dieser gegenüber dem Beklagten aus eigenem Recht erwachsen, denn auf die Klägerin nach § 86 VVG übergegangen war nur der Anspruch der Mandanten des Beklagten gegenüber dem Prozessgegner. Dass der Beklagte daneben auch das Geschäft seiner Mandanten besorgt hatte, steht der Geschäftsführung ohne Auftrag für die Klägerin nicht entgegen (vgl. Saarländisches OLG Saarbrücken a. a. O.). Da der Klägerin hiernach aber aus eigenem Recht, nicht etwa aus übergegangenem, ein Herausgabeanspruch gegenüber dem Beklagten zusteht, fehlt es hinsichtlich der vom Beklagten behaupteten und zur Aufrechnung gestellten Gebührenansprüche aus anderen Mandaten schon an der erforderlichen Gegenseitigkeit, § 406 BGB ist deshalb nicht anwendbar. Denn die behaupteten Gebührenansprüche aus anderen Mandaten bestehen allenfalls gegenüber den Mandanten des Beklagten, nicht aber gegenüber der Klägerin. Da es bereits an der Gegenseitigkeit der Aufrechnungsforderungen mangelt, kann im Ergebnis dahinstehen, dass der Beklagte auf das klägerische Bestreiten auch das Entstehen der Aufrechnungsforderungen weder substantiiert vorgetragen noch unter Beweis gestellt hat.

Der Zinsanspruch gründet auf §§ 668, 288 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen gründen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

Zitate0
Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte