VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 01.10.2019 - 5 S 963/17
Fundstelle
openJur 2020, 34542
  • Rkr:

1. Ein Vermittler von Leasingverträgen oder sonstigen Finanzdienstleistungen ist im Sinne von § 13 BauNVO ein Gewerbetreibender, der seinen Beruf in ähnlicher Weise ausübt wie ein freiberuflich Tätiger.

2. Zur Frage, ob eine Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung im Hinblick auf die Zahl der Stellplätze und die Zugänglichkeit der Nachbargrundstücke das Rücksichtnahmegebot verletzt.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. März 2016 - 2 K 2890/14 - geändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die dem Beigeladenen für die Änderung der Nutzung einer Wohnung in ein Büro erteilte Baugenehmigung.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks in L... mit der Flurstück-Nummer 1339/9 (... 8), das an das Grundstück des Beigeladenen mit der Flurstück-Nummer 1330/10 (... 6) angrenzt. Die Grundstücke sind jeweils mit einem Wohnhaus bebaut, welche zu einer Kettenwohnhausreihe mit fünf Wohnhäusern gehören. Vor den Häusern befindet sich auf dem Grundstück mit der Flurstück-Nummer 1339/5 ein im Gemeinschaftseigentum der fünf Hauseigentümer stehender Privatweg. Zu diesem Grundstück gehören auch drei Doppelstockgaragen mit Vorplatz und vier weitere Stellplätze. Hinsichtlich der Garagen und Stellplätze sind im Grundbuch notariell vereinbarte Sondernutzungsrechte eingetragen. Das Haus Nr. 8 der Klägerin und das Haus Nr. 6 des Beigeladenen haben hiernach jeweils ein Sondernutzungsrecht für eine Etage in einer - jeweils anderen - Doppelstockgarage und einen Stellplatz. Der Beigeladene hat zudem den zweiten Garagenplatz der Doppelstockgarage, in der sich sein eigener Platz befindet, von der insoweit Sondernutzungsberechtigten aufgrund eines Vertrages vom 11. März 2010 unentgeltlich überlassen bekommen.

Für das Gebiet gibt es keinen Bebauungsplan. Die nähere Umgebung entspricht einem allgemeinen Wohngebiet. Die Kettenwohnhausreihe wurde in den 1970er Jahren auf dem damals noch ungeteilten Grundstück mit der Flurstück-Nummer 1339/5 errichtet. Laut der Baugenehmigung vom 7. Juni 1973 waren lediglich vier notwendige Stellplätze zu errichten. Im Jahr 1974 wurde das damalige Grundstück mit der Flurstück-Nummer 1339/5 in die einzelnen Grundstücke mit den Flurstück-Nummern 1339/8 bis 1339/12 sowie das gemeinsame Garagen- und Wegegrundstück geteilt. Das Zugangsrecht über das im Gemeinschaftseigentum stehende Grundstück mit der Flurstück-Nummer 1339/5 wurde mit einer Baulast gesichert (vgl. die Eintragung in das Baulastenverzeichnis vom 26.6.1974). Die notwendigen Stellplätze wurden den einzelnen Grundstücken hingegen nicht öffentlich-rechtlich zugeordnet.

Das Wohnhaus des Beigeladenen bestand ursprünglich aus zwei Wohnungen. Der Beigeladene, der das Hausgrundstück im Oktober 2009 erworben hatte, baute das Haus um und nutzt einen Teil der früheren Wohnungen als Büro für die gewerbliche Vermittlung von Finanzprodukten sowie für einen Olivengroßhandel. Nunmehr ist lediglich eine Wohneinheit (UG, EG und OG) und eine Büroeinheit (UG und EG) vorhanden. Am 3. März 2011 beantragte er auf Aufforderung der Beklagten bei dieser nachträglich eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung. In den Bauvorlagen ist angegeben, dass die gewerbliche Nutzfläche 84,32 qm und die Wohnfläche 207,52 qm betrage. Weiter findet sich in den Bauvorlagen ein Lageplan, in dem für das Grundstück des Beigeladenen zwei Stellplätze in der Doppelparkergarage, ein Stellplatz auf der Fläche vor der Garage, ein Stellplatz auf der Stellplatzfläche des Grundstücks mit der Flurstück-Nummer 1339/5 sowie ein Garagenplatz auf dem in der Nähe befindlichen Grundstück mit der Flurstück-Nummer 1413/7 mit roten Strichen eingezeichnet sind.

Die Klägerin wandte im Rahmen der Nachbarbeteiligung ein, der Beigeladene nutze ganze Stockwerke freiberuflich, nicht lediglich einzelne Räume. Für die Nutzungsänderung seien zudem nicht genügend Stellplätze vorhanden. Für die fünf Eigentümer stünden nur vier Parkplätze zur Verfügung. Seit dem Einzug des Beigeladenen würden immer wieder Fahrzeuge auf dem im Gemeinschaftseigentum stehenden Zugangsweg oder vor den Garagen abgestellt, so dass sie nicht mehr aus ihrer Garage herausfahren könne.

Mit Bescheid vom 30. Juni 2011 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen die begehrte Baugenehmigung und befreite diesen aufgrund von § 56 Abs. 5 LBO von der Verpflichtung nach § 37 Abs. 4 Satz 2 LBO, die Herstellung der Stellplätze auf einem anderen als dem Baugrundstück durch Baulast zu sichern, unter der auflösenden Bedingung, dass der für die Nutzungsänderung erforderliche zusätzliche Stellplatz, der auf dem Grundstück mit der Flurstück-Nummer 1339/5 nachgewiesen werde und dort privatrechtlich gesichert sei, der Büroeinheit im Gebäude "... ... 6" dauernd als notwendiger Stellplatz zu Verfügung stehe, solange die zugehörige Büronutzung bestehe. Die Bedingung wurde am 14. Juli 2011 als Bauvermerk in das Baulastenverzeichnis eingetragen. Ferner ist in der Baugenehmigung bestimmt, dass Gegenstand der Genehmigung nur solche Änderungen seien, die in den Plänen rot oder gelb markiert worden seien. Zur Begründung der Zurückweisung der Einwendungen der Klägerin führte die Beklagte aus, die Büronutzung sei nach § 13 BauNVO planungsrechtlich zulässig. In dem ansonsten als Einfamilienhaus genutzten Gebäude würden nur vier Aufenthaltsräume (je 2 im UG und im EG) zuzüglich Nebenräumen (Teeküche, Archiv und Toiletten) mit einer Gesamtfläche von 84 qm für diesen Zweck genutzt. Dem stünden, verteilt auf UG, EG und OG eine der Wohnung zugeordnete Fläche von etwa "230" qm gegenüber. Damit sei das Gebäude überwiegend durch Wohnnutzung geprägt. Die notwendigen Stellplätze seien vorhanden. Gemäß der einschlägigen Verwaltungsvorschrift Stellplätze (VwV-Stellplätze) sei die Zahl der notwendigen Stellplätze nach der Büronutzungsfläche zu ermitteln. Aus dem hier anzuwendenden Stellplatzschlüssel (1 Stellplatz pro 35 qm) ergebe sich die Zahl von zwei baurechtlich notwendigen Stellplätzen, wobei ein Platz aus dem Bestand der umgewidmeten Einliegerwohnung anzurechnen sei und nur der zusätzlich notwendige Platz neu nachzuweisen sei. Da dem Antragsteller zwei Plätze "a) in Form eines Doppelparkers und b) als einer westlich an Haus Nr. 2 anschließenden offenen Stellplätze zur Verfügung" (sic!) stünden, sei die Stellplatzvorschrift erfüllt. Im Übrigen sei § 37 Abs. 1 und 3 LBO nicht nachbarschützend. Soweit auf dem Zufahrtsweg oder vor den Garagen geparkt werde, sei dies für die Baugenehmigung irrelevant. Hier sei gegebenenfalls der Zivilrechtsweg zu beschreiten.

Die Klägerin legte gegen diesen ihr am 5. Juli 2011 zugestellten Bescheid am 28. Juli 2011 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, es fehle ein notwendiger Stellplatz. Der Beigeladene benötige drei Stellplätze, verfüge aber nur über zwei. Der Beigeladene verwende die Fläche vor der von ihm genutzten Garage widerrechtlich als Stellplatz.

Außerdem stellte die Klägerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO. Der Antrag wurde vom Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. August 2011 (2 K 2760/11) abgelehnt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2014 - der Klägerin am 24. Mai 2014 zugestellt - wies das Regierungspräsidium den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Widerspruch sei unbegründet. Das Vorhaben sei nach § 13 BauNVO in dem faktischen allgemeinen Wohngebiet planungsrechtlich zulässig. Der Beigeladene betreibe in dem Büro ein Finanzdienstleistungsgewerbe. Diese Tätigkeit sei einer freiberuflichen Tätigkeit ähnlich. Das Büro erstrecke sich zudem nur über einzelne Räume und sei zur Wohnnutzung untergeordnet. Aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 24. August 2011 ergebe sich, dass sich die Baugenehmigung nicht auf die Fläche vor dem Doppelparker erstrecke. Zudem seien die Vorschriften über die notwendigen Stellplätze nach § 37 LBO nicht nachbarschützend. Die Verletzung nachbarschützender Vorschriften sei nicht ersichtlich. Das Rücksichtnahmegebot werde nicht verletzt.

Die Klägerin hat am 24. Juni 2014 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgebracht, die Nutzungsänderung sei planungsrechtlich unzulässig. Die gewerbliche Nutzung verletze den Gebietserhaltungsanspruch. Die Beklagte habe eine zu große Wohnfläche angenommen. Sie betrage 158,3 qm und nicht 207,5 qm (und erst recht nicht etwa 230 qm). Der neue Öllagerraum (ehemals Schwimmbad) sei als Hobbyraum deklariert und mit 29,05 qm zu Unrecht zur Wohnfläche gezählt worden. Der laut Angaben des Beigeladenen vom 19. Februar 2010 gewerblich genutzte Besprechungsraum sei mit etwa 20 qm als Essraum benannt und ebenfalls zu Unrecht zur Wohnfläche gerechnet worden. Bei der Berechnung der Bürofläche seien die Toiletten, der Vorraum, der Flur und der Abstellraum unterschlagen worden, was zu einer gewerblichen Nutzfläche von 121,5 qm anstelle von 84,3 qm führe. Das Verhältnis Wohnen/Gewerbe betrage daher 57 % zu 43 % und nicht 71 % zu 29 %. Die Gewerbeeinheit umfasse nunmehr sechs Zimmer, wohingegen für die Wohnung nur vier Zimmer zur Verfügung stünden. Durch die Treppenverbindung der Büroräume im Unter- und im Erdgeschoss sei ein "Großbüro" entstanden, das den Rahmen des § 13 BauNVO sprenge.

Zudem seien nicht genügend Stellplätze vorhanden. Die Vorschriften über die notwendigen Stellplätze seien hier ausnahmsweise nachbarschützend. Denn der Verstoß führe vorhersehbar dazu, dass sie ihren eigenen Stellplatz nicht mehr nutzen könne. Der Beigeladene stelle sein Fahrzeug zudem häufig im Zufahrtsweg ab, was sich aus einer Aufstellung für den Zeitraum 22. Juni 2014 bis 31. August 2014 ergebe (vgl. Anlage K 3 zum Schriftsatz vom 9.2.2015). Ferner ergebe sich aus dem von ihr eingeholten Gutachten des Dipl.-Ing W... H... vom 8. Mai 2014, dass ihre Doppelparkergarage nicht mehr ungehindert angefahren werden könne, wenn auf der Fläche vor der vom Beigeladenen genutzten Garage ein Fahrzeug parke. Die Baugenehmigung habe auch den Lageplan zum Gegenstand, in dem mit rot für das Haus des Beigeladenen fehlerhaft fünf Parkplätze eingezeichnet seien. Des Weiteren habe die Beklagte zu Unrecht auf eine Sicherung der Stellplätze durch eine Baulast verzichtet. Der in das Baulastenverzeichnis eingetragene Vermerk sei ebenfalls rechtswidrig. § 71 LBO sei drittschützend. Die Gewerbebetriebe des Beigeladenen und seiner Lebensgefährtin führten aufgrund ihres Umfangs und ihrer Lage zu unzumutbaren Störungen und seien rücksichtslos.

Auf die von der Klägerin erhobene Zivilklage wurde der Beigeladene vom Amtsgericht L... mit Urteil vom 23. Oktober 2015 (8 C 559/14) verurteilt, es zu unterlassen, Fahrzeuge auf der Gemeinschaftsfläche des Grundstücks mit der Flurstück-Nummer 1339/5 des Grundbuchs L... auf der Länge des Privatwegs zu den Gebäuden "... 2 bis 10" und auf der Hof- und Wendefläche vor der mittleren Doppelgarage zu parken oder abzustellen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Anspruch ergebe sich aus § 1004 BGB. Der Beigeladene störe die Benutzung des Weges und die Nutzung der Doppelgarage der Klägerin. Der Beigeladene habe an der Fläche vor der von ihm genutzten Doppelgarage kein Sondernutzungsrecht. Dagegen habe die Klägerin keinen Anspruch darauf, dass der Beigeladene dafür Sorge trage, dass Besucher den Privatweg oder die Hof- und Wendefläche nicht benutzten.

Mit Urteil vom 23. März 2016 - der Beklagten am 9. Mai 2016 zugestellt - hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung und den Widerspruchsbescheid aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die genehmigte Nutzungsänderung verletze zulasten der Nutzung des Grundstücks der Klägerin das Rücksichtnahmegebot. Die Zahl der durch den Beigeladenen im Rahmen der Nutzungsänderung nachgewiesenen Stellplätze habe bereits im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung nicht dem tatsächlichen, durch die Nutzungsänderung entstandenen Mehrbedarf entsprochen. Es sei davon auszugehen, dass die Mehrzahl der Angestellten und Kunden mit dem Pkw zur Arbeit fahre, da die Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr allenfalls als mittelmäßig bezeichnet werden könne. Das Gericht verweise insoweit, da dies zwischen den Beteiligten unstreitig sei, auf die Berechnungen der Beklagten auf Blatt 31 IV der Behördenakte. Es erscheine lebensfremd, dass ein oder - bei Anrechnung eines für die Wohnnutzung wegfallenden Stellplatzes - zwei Stellplätze für den Pkw des Beigeladenen als Betreiber der drei Gesellschaften, die Autos der vier Mitarbeiter und die Fahrzeuge der Kunden ausreichten, zumal die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 9. März 2016 übereinstimmend erklärt hätten, dass es teilweise sehr schwierig sei, im öffentlichen Raum einen Parkplatz zu finden. Die Beklagte habe bei Erteilung der Baugenehmigung davon ausgehen müssen, dass der Mangel an Parkplätzen dazu führen werde, dass die Klägerin in der bestimmungsgemäßen Nutzung ihres Wohnhauses beeinträchtigt werde. Angesichts der angespannten Parkplatzsituation im öffentlichen Raum und der Tatsache, dass die Kunden des Beigeladenen überwiegend ortsfremd sein dürften, sei absehbar gewesen, dass Fahrzeuge wiederholt auf dem im Gemeinschaftseigentum stehenden Privatweg und auf dem Vorplatz der Garagen parkten - wie dies auch tatsächlich geschehen sei.

Die Beklagte hat am 2. Juni 2016 die Zulassung der Berufung beantragt. Im Zulassungsverfahren hat die Beklagte mitgeteilt, sie habe am 22. März 2016 eine Baukontrolle durchgeführt (dazu Anlage B 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 5.7.2016). Danach befänden sich im Untergeschoss zwei Büros mit drei scheinbar benutzten Arbeitsplätzen, eine Küche, zwei Toiletten, ein Archiv und ein Heizraum. Im EG befänden sich zwei Büros mit zwei scheinbar unbenutzten Arbeitsplätzen. Nach Angaben des Beigeladenen im Rahmen der Kontrolle habe dieser zwei Mitarbeiter. Der Olivenhandel sei ein Großhandel ohne Lagerung. Ferner hörte die Beklagte den Beigeladenen schriftlich zu dem Umstand an, dass an dem Briefkasten des Wohnhauses vier verschiedene Firmen aufgeführt seien. Der Beigeladene teilte am 21. März 2016 der Beklagten mit, zum Zeitpunkt des Einzugs der L... ... mbH im April 2010 seien fünf Mitarbeiter beschäftigt gewesen. Derzeit seien drei Mitarbeiter einschließlich seiner Person in der Gesellschaft tätig. Seit 2015 sei auf die Firma kein Fahrzeug zugelassen. Die L... vermittele Leasing-, Mietkauf- und Darlehensverträge für Dritte und betreibe den An- und Verkauf von Mobilien. Letzteres werde nur gelegentlich gemacht. Fahrzeuge würden fast immer bei Autohäusern übergeben. Im Monat kämen vielleicht fünf Kunden zum Haus. Ansonsten besuche er die Kunden. Besprechungen mit Leasingkunden seien seit drei Jahren überwiegend in der Galerie ... durchgeführt worden. Die S... ...-... ... GmbH (vormals K... ... ... ...-... GmbH) habe die gleiche Tätigkeit wie die L.... Sie habe keine eigenen Mitarbeiter, sondern werde von den Mitarbeitern der L... betrieben. Die Gesellschaft habe kein Fahrzeug. Die O... ... GmbH handele mit Oliven und Oliventrester, verfüge aber über kein Personal und kein Fahrzeug. Das Unternehmen ruhe und seit 2015 gebe es keine Geschäftstätigkeit. Davor seien komplette Container mit Oliven in Marokko gekauft und per Schiff nach Hamburg gekommen. Von dort sei die Ware zum Großhandel gegangen. Oliven oder Kunden seien nie nach L... gekommen. Die Galerie ... kaufe und verkaufe Kunstgegenstände aller Art und befinde sich in L... in der E...-... Straße. Da sie nicht ständig besetzt sei, lasse er die Post zum hier gegenständlichen Gebäude kommen. Seine Lebensgefährtin arbeite überwiegend auswärts. Wenn sie zuhause sei, telefoniere sie in der Privatwohnung. Kunden kämen so gut wie nie und Termine würden in der Galerie vereinbart (vgl. Anlagen B 2 und 3 zum Schriftsatz der Beklagten vom 5.7.2016).

Der Beigeladene hat mit Schreiben vom 9. August 2016 mitgeteilt, er habe das Haus im Jahr 2009 erworben. Bereits seit 1985 seien dort Räume gewerblich genutzt worden, nämlich durch eine Reinigungs GmbH, dem Unternehmen des Voreigentümers. Soweit das Verwaltungsgericht die von der Klägerin für den Zeitraum Juni 2014 bis Oktober 2015 vorgelegte Fotodokumentation so verstanden habe, dass es sich bei den fotografierten Fahrzeugen um Kunden der gewerblich genutzten Einheit gehandelt habe, sei dies unzutreffend. Es habe sich um eigene Fahrzeuge oder um solche von Freunden gehandelt. Die Fotos stammten alle aus einer Zeit, als ihm das Urteil des Amtsgerichts vom 23. Oktober 2015 noch nicht bekannt gewesen sei. Die Parkplatzsituation sei für die Klägerin nicht unzumutbar. Sie habe ein Fahrzeug und zwei Stellplätze, einen im Freien und einen in der Doppelgarage. Die Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr sei gut.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 30. März 2017 mitgeteilt, dass auf den Zubringerstraßen zur Straße "... ..." eine Regelung der Beklagten gelte, wonach dort nur noch bis zu zwei Stunden geparkt werden dürfe. Allerdings - so der Beigeladene im Schreiben vom 17. April 2017 - könnten Anwohner eine Jahresparkerlaubnis erwerben. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass die Parkregelung auf die Klage von Dritten von der Beklagten auf Weisung des Regierungspräsidiums, das sich am 20. Februar 2019 hierzu in einem gerichtlichen Vergleich verpflichtet hatte, wieder aufgehoben werden musste. Die dem Beigeladenen und seinem Mitarbeiter erteilten Ausnahmegenehmigungen (AG 10 zum Schriftsatz der Klägerin vom 24.9.2019) sind damit - wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat - hinfällig.

Mit Beschluss vom 4. April 2017 - der Beklagten am 24. April 2017 zugestellt - hat der Senat die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils zugelassen. Es spreche viel dafür, dass hier von keiner Rücksichtslosigkeit ausgegangen werden könne. Zur Recht weise die Beklagte zunächst darauf hin, dass das Verwaltungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen habe, von welchem Stellplatzmehrbedarf infolge der genehmigten Nutzungsänderung auszugehen sei. Vor allem aber dürften die vom Verwaltungsgericht herangezogenen Umstände die Annahme der Rücksichtslosigkeit nicht rechtfertigen. Das Verwaltungsgericht stelle darauf ab, dass es bei Erteilung der Genehmigung absehbar gewesen sei, dass Fahrzeuge wiederholt auf dem im Gemeinschaftseigentum stehenden Privatweg und dem Vorplatz der Garage parkten. Diese beiden Umstände dürften, worauf bereits das Verwaltungsgericht im vorangegangenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hingewiesen habe, das privatrechtliche Verhältnis der Klägerin zum Beigeladenen betreffen, nämlich die Nutzung des gemeinschaftlichen Grundstücks mit der Flurstück-Nummer 1339/5. Im Rahmen der Prüfung, ob ein Verstoß gegen das öffentlich-rechtliche Rücksichtnahmegebot vorliege, dürften sie unerheblich sein.

Mit Schreiben vom 17. April 2017 hat der Beigeladene auf den Vortrag der Klägerin vom 30. März 2017, wonach er für seine drei eigenen Fahrzeuge und seine beiden Mitarbeiter fünf Parkplätze benötige, erwidert, seine privaten Fahrzeuge hätten alle einen Garagen- oder sonstigen Stellplatz. Im Übrigen hätten sie mit dem Gewerbebetrieb nichts zu tun. Von seinem Personal komme nur ein Mitarbeiter mit seinem Fahrzeug, das er sicher nicht auf dem Parkplatz der Klägerin abstelle. Kundenverkehr sei weiterhin kaum vorhanden.

Am 27. April 2017 hat die Beklagte einen Berufungsantrag gestellt und diesen begründet. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Baugenehmigung das Rücksichtnahmegebot verletze. Aus der Wertung des § 12 BauNVO ergebe sich, dass von notwendigen Stellplätzen in der Regel keine unzumutbaren Störungen ausgingen. Der von der Nutzungsänderung erfasste Stellplatz befinde sich auf dem Grundstück mit der Flurstück-Nummer 1339/5. Von diesem gehe keine unzumutbare Beeinträchtigung der Klägerin aus. Abgesehen davon seien die Vorschriften über die Anzahl der notwendigen Stellplätze nicht nachbarschützend. Als rücksichtslos könne der Verzicht auf notwendige Stellplätze allenfalls dann gerügt werden, wenn durch ihn bewirkter parkender Verkehr oder Parkplatzsuchverkehr einen Baunachbarn in der Nutzung seines Grundstücks unzumutbar beeinträchtige. Dies sei hier nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht habe den durch die Nutzungsänderung hervorgerufenen Bedarf an Parkplätzen nicht ermittelt. Zudem sei nach dem Urteil des Amtsgerichts davon auszugehen, dass er auf seine Mitarbeiter und die seltenen Kunden einwirke, dass diese nicht auf dem Zuweg oder auf dem Garagenvorplatz parkten. Die mit der Baugenehmigung erteilte Befreiung sei rechtmäßig. Denn sie sei unter der Bedingung erteilt worden, dass der weitere Stellplatz tatsächlich vorhanden sei. Ansonsten entfalle die Baugenehmigung für die Nutzungsänderung. Aber selbst wenn es an einer hinreichenden öffentlich-rechtlichen Sicherung des notwendigen weiteren Stellplatzes fehle, führe dies nicht zur Rücksichtslosigkeit, da er vorhanden sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. März 2016 - 2 K 2890/14 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Bevollmächtigte der Klägerin bringt vor, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei nicht zu beanstanden. Allerdings habe das Verwaltungsgericht übersehen, dass nicht nur ein Stellplatz, sondern alle Stellplätze des Beigeladenen öffentlich-rechtlich nicht gesichert seien. Die Befreiung habe nicht erteilt werden dürfen. Von einer Baulast könne nach § 56 Abs. 5 LBO ohnehin nicht befreit werden, da es sich um keine in §§ 4 bis 39 LBO geregelte Vorschrift handele. Unabhängig davon lägen die Voraussetzungen für eine Befreiung nicht vor. Die Beklagte habe die Befreiung von der Baulastbindung aus sachfremden Erwägungen getroffen. Sie sei nur erteilt worden, weil die Eintragung einer Baulast die Zustimmung der Eigentümer voraussetze. Da auch die Klägerin Miteigentümerin des Grundstücks mit der Flurstück-Nummer 1339/5 sei, hätte diese der Baulast zustimmen müssen. Dies habe die Beklagte für unwahrscheinlich gehalten und die Befreiung erteilt. Auch sei der Beigeladene als vorsätzlicher "Schwarzbauer" nicht schutzwürdig. Durch die mit der Baugenehmigung verbundene Bedingung könne nur das Baugrundstück und kein anderes Grundstück belastet werden. Hier sei für das im Gemeinschaftseigentum stehende Grundstück mit der Flurstück-Nummer 1339/5 ein Bauvermerk eingetragen worden. Dies sei fehlerhaft, weil die vermerkte Pflicht den Beigeladenen als Eigentümer des Grundstücks mit der Flurstück-Nummer 1339/10 betreffe. Die fünf Eigentümer des Grundstücks mit der Flurstück-Nummer 1339/5 hätten dem Vermerk aber nicht zugestimmt. Dies stelle einen Eingriff in Art. 14 GG dar.

Die Nutzungsänderung verstoße auch gegen den Gebietserhaltungsanspruch. Der Rechtsvorgänger des Beigeladenen habe die damals vorhandene Zwei-Zimmer-Wohnung als Büro genutzt, allerdings ohne Mitarbeiter und ohne Kundenverkehr. Zur Zeit der Stellung des Bauantrags durch den Beigeladenen seien im Gebäude vier Gewerbe angemeldet gewesen (drei des Beigeladenen und eines seiner Lebensgefährtin). Diese Gewerbebetriebe könnten aufgrund des zu erwartenden Verkehrsaufkommens nicht als nicht störend im Sinn von § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO qualifiziert werden. Die Gewerbetätigkeit sei auch nicht nach § 13 BauNVO zulässig. Der Begriff "Räume" kennzeichne Raumeinheiten, die nicht umfangreicher seien als jeweils eine einzige Wohnung, die vor Beginn der Nutzung für den freien Beruf vorgefunden worden sei. Bei der Zusammenlegung von zwei Wohnungen werde regelmäßig eine Nutzungseinheit entstehen, die über die bisher im Gebäude vorhandene Wohnung hinausgehe. Hier sei die Einliegerwohnung im Untergeschoss mit Teilen der weiteren Wohnung im Erdgeschoss zu einer Büroeinheit zusammengelegt worden. Dies sprenge den Rahmen des § 13 BauNVO. Zudem sei die Nutzungsänderung nach § 15 BauNVO unzulässig, weil sie rücksichtslos sei. Das Betreiben von drei Gewerbebetrieben und einer Agentur in einer Wohnanlage von fünf Miteigentümern verändere den Gebietscharakter. Ferner löse es ein Verkehrsaufkommen aus, welches aufgrund der Lage in einem Mittelhaus der Wohnanlage ohne Anbindung an eine öffentliche Straße, sondern nur über einen teilweise nur 2,5 m breiten Privatweg ohne Wendemöglichkeit unzumutbar sei. Stellplätze, zumal durch eine Baulast gesichert, seien nicht vorhanden.

Im Übrigen habe eine erneute Durchsicht der Akte ergeben, dass die Beklagte bestimmte Schriftstücke nicht vorgelegt habe. Es fehlten Unterlagen, die bei der Akteneinsicht bei der Beklagten eingesehen worden seien, in der vorgelegten Akte aber fehlten. Es werde beantragt, der Beklagten aufzugeben, die vollständige Akte vorzulegen. Im Übrigen zeige auch die Chronologie des Baugenehmigungsverfahrens der Wohnanlage in den Jahren 1972 bis 1980, dass von geordneten baurechtlichen Verhältnissen nicht die Rede sein könne. Die Anlage sei zunächst ein Schwarzbau gewesen. Von Anfang fehlten Stellplätze. Eine Baulastbindung fehle völlig, weshalb kein einziger der bestehenden zehn Stellplätze als notwendiger Stellplatz angesehen werden könne.

Der anwaltlich nicht vertretene Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Der Berichterstatter hat die Beklagte mit Verfügung vom 12. Juni 2019 aufgefordert, die von der Klägerin im Schriftsatz vom 16. Juni 2017 als fehlend bezeichneten Aktenbestandteile vorzulegen und zu den Vorwürfen der Klägerin Stellung zu nehmen. Die Beklagte hat daraufhin mit Schriftsatz vom 25. Juni 2019 weitere Unterlagen vorgelegt. Sie ist der Meinung, diese seien hier nicht von Relevanz.

Kurz vor dem zunächst vorgesehenen Verhandlungstermin am 17. Juli 2019 hat der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 9. Juli 2019 ergänzend vorgetragen. Er hat vorgebracht, die streitgegenständliche Baugenehmigung sei nicht hinreichend bestimmt. Die auflösende Bedingung, unter der der Verzicht auf die öffentlich-rechtliche Sicherung des durch die Nutzungsänderung erforderlichen weiteren Stellplatzes erteilt worden sei, sei nicht hinreichend bestimmt. Es sei unklar, welcher Stellplatz auf dem Flurstück-Nummer 1339/5 konkret gemeint sei. Im genehmigten Lageplan seien mehrere Stellplätze rot umrandet.

Ferner sei die Baugenehmigung unbestimmt, weil unter der Überschrift "Bestandteile dieser Genehmigung" die unter Nummer III beigefügte Entscheidung über die Zurückweisung der Einwendungen nur "gegebenenfalls" Bestandteil der Entscheidung sei. Soweit im genehmigten Lageplan fünf Stellplätze rot markiert seien, sei dies zu Unrecht erfolgt. Der Stellplatz vor der der mittleren Doppelparkergarage könne nicht als Stellplatz genutzt werden, weil die Garage zwei verschiedenen Nutzern zugewiesen sei. Schließlich sei die Baugenehmigung für die Nutzungsänderung unbestimmt, weil die Stellplätze in der Realität anders ausgeführt worden seien als ursprünglich genehmigt. Aufgrund dessen nutze der Beigeladene auch den Stellplatz der Klägerin. Dies habe eine Vermessung der Stellplätze durch das Vermessungsbüro H... ergeben.

Darüber hinaus seien die Planunterlagen von keiner Person gefertigt worden, die über die Bauvorlagenberechtigung verfüge. Dies habe eine Nachfrage bei der Ingenieurkammer Baden-Württemberg ergeben. Die Bauvorlagen enthielten mehrere Falschangaben. Unzutreffend sei die Angabe, im Untergeschoss habe es bereits eine gewerbliche Einheit gegeben. Auch die Zahl der notwendigen und vorhandenen Stellplätze werde unzutreffend mit fünf angegeben. Die Nutzflächenberechnung sei ebenfalls fehlerhaft.

Im Übrigen hat die Klägerin ihr Vorbringen, weshalb die Baugenehmigung aus ihrer Sicht rücksichtslos sei, wiederholt und vertieft. Sie sei geeignet, die bestimmungsgemäße Nutzung ihres Grundstücks einzuschränken. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 8. November 2017 (13 S 167/15) vorgelegt. Danach wurde auf die Berufung des Beigeladenen unter Änderung des Urteils des Amtsgerichts vom 23. Oktober 2015 (8 C 559/14) der Beigeladene verurteilt, es zu unterlassen, Fahrzeuge auf der Gemeinschaftsfläche Nummer 1339/5 in ... L... a) auf der Länge des Privatweges zu den Gebäuden ... ... 2 bis 10 zu parken oder abzustellen und b) auf der Hof- und Wendefläche vor der mittleren Doppelstockgarage zu parken. Im Übrigen wurde die Klage der Klägerin abgewiesen. Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen. Insbesondere habe sie keinen Anspruch darauf, dass der Beigeladene dafür Sorge trage, dass parkende Fahrzeuge ihm zurechenbarer Personen entfernt würden.

Der Beigeladene hat mit Schriftsatz vom 9. August 2019 vorgetragen, nach wie vor habe er im ganzen Jahr keine zehn Kunden, die ihn besuchten. Die Parkplätze reichten aus.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 11. September 2019 das Vorbringen der Klägerin zurückgewiesen. Selbst wenn ein notwendiger Stellplatz fehlte, wäre dies nicht geeignet, einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot zu begründen. Abgesehen davon sei die Baugenehmigung hinreichend bestimmt. Die Vorschriften über die Bauvorlagenberechtigung seien nicht drittschützend. Daher sei ein etwaiger Verstoß irrelevant.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 24. September 2019 und in der mündlichen Verhandlung ihr bisheriges Vorbringen weiter vertieft, unter anderem durch die Vorlage von Lichtbildern und Listen über angebliche Parkverstöße.

Dem Senat liegen die Akten des Ausgangsverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart 2 K 2890/14 sowie des dort betriebenen Eilverfahrens 2 K 2760/11, ein Heft Bauakten zum Bauvorhaben des Beigeladenen mit dessen gesondert abgeheftetem Baugesuch, ein mit Schriftsatz vom 25. Juni 2019 vorgelegtes Heft Unterlagen der Beklagten sowie ein Heft Bauakten mit gesondertem Baugesuch zur Errichtung der Kettenwohnhäuser "... ... 2 bis 10" in ... L... vor. Auf diese Akten sowie auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze wird wegen der Einzelheiten verwiesen.

Gründe

Die Berufung hat Erfolg.

I.

Sie ist zulässig. Insbesondere wurde sie nach ihrer Zulassung fristgerecht und formal ordnungsgemäß begründet (§ 124a Abs. 6 und 3 Satz 4 VwGO).

II.

Darüber hinaus ist die Berufung auch der Sache nach begründet. Das Verwaltungsgericht hat auf die Anfechtungsklage der Klägerin die dem Beigeladenen von der Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 30. Juni 2011 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums vom 22. Mai 2014 zu Unrecht aufgehoben. Das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts ist zu ändern. Die Klage ist abzuweisen. Sie ist zwar zulässig, aber nicht begründet.

Einen Rechtsanspruch auf Aufhebung einer erteilten Baugenehmigung hat der Nachbar nicht schon dann, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr setzt die Aufhebung der Baugenehmigung weiter voraus, dass der Nachbar durch die Genehmigung zugleich in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies ist hier nicht der Fall. Die dem Beigeladenen von der Beklagten mit Bescheid vom 30. Juni 2011 erteilte Baugenehmigung verletzt keine dem Schutz der Klägerin dienenden Vorschriften.

1. Für die Beurteilung der Frage, ob eine angefochtene Baugenehmigung den Nachbarn in seinen Rechten verletzt, ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung maßgeblich. Allerdings sind nachträgliche Änderungen zugunsten des Bauherrn zu berücksichtigen. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass es mit der nach Maßgabe des einschlägigen Rechts gewährleisteten Baufreiheit nicht vereinbar wäre, eine zur Zeit des Erlasses rechtswidrige Baugenehmigung aufzuheben, die sogleich nach der Aufhebung wieder erteilt werden müsste (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.4.1998 - 4 B 40.98 - NVwZ 1998, 1179, juris Rn. 3).

2. Die Baugenehmigung verletzt nicht § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 13 BauNVO und den sich daraus ergebenden Gebietserhaltungsanspruch der Klägerin.

Die Zulässigkeit des genehmigten Bauvorhabens richtet sich - da für das Baugrundstück kein Bebauungsplan vorhanden ist, es aber gleichwohl innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt - in planungsrechtlicher Hinsicht nach § 34 BauGB. Die Zulässigkeit nach der Art der baulichen Nutzung beurteilt sich aufgrund von § 34 Abs. 2 BauGB nach der Baunutzungsverordnung. Denn die Eigenart der näheren Umgebung entspricht einem allgemeinen Wohngebiet nach § 4 BauGB. Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin im Zulassungsverfahren die Auffassung vertreten hat, es könnte sogar ein reines Wohngebiet vorliegen, ist er im Berufungsverfahren wieder von einem allgemeinen Wohngebiet ausgegangen. Die Unterscheidung ist hier letztlich ohne Relevanz. Denn die Vorgaben des § 13 BauNVO sind in beiden Fällen die gleichen.

Nach § 13 BauNVO sind für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 BauNVO Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 BauNVO auch Gebäude zulässig.

a) Die zur Genehmigung gestellte Nutzungsänderung betrifft jedenfalls einen Beruf "ähnlicher Art" wie eine freiberufliche Tätigkeit. Damit kann dahingestellt bleiben, ob hier sogar eine freiberufliche Tätigkeit gegeben wäre.

Was die freiberufliche Tätigkeit mit Berufen "ähnlicher Art" verbindet, ist das Angebot persönlicher Dienstleistungen, die vorwiegend auf individuellen geistigen Leistungen oder sonstigen persönlichen Fertigkeiten beruhen. Diejenigen, die derartige Leistungen anbieten, befinden sich in der Regel in unabhängigen Stellungen. Sie bieten ihre Dienste üblicherweise einer unbestimmten Anzahl von Interessenten an und regelmäßig wird bei den Bewohnern aller Baugebiete ein Interesse an derartigen Dienstleistungen bestehen. Dazu gehören etwa Handelsvertreter ohne Auslieferungslager, Handelsmakler, Versicherungsvertreter oder Masseure. Betriebe oder Betriebsteile des Handels, des Handwerks oder der Industrie gehören jedoch nicht zu den freien oder ähnlichen Berufen. Denn die Vorschrift will erkennbar nicht die Nutzung von Räumen durch alle Arten von Gewerbebetrieben zulassen, die in den jeweiligen Baugebieten nicht stören, sondern nur freiberuflich Tätigen und ähnlich tätigen Gewerbetreibenden die Nutzung von Räumen zu Berufszwecken ermöglichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.1.1984 - 4 C 56/80 - BVerwGE 68, 324, juris Rn. 10; Senatsbeschluss vom 1.8.2005 - 5 S 1117/05 - NVwZ-RR 2006, 311, juris Rn. 5).

Diesen Anforderungen entspricht die vom Beigeladenen zur Genehmigung gestellte Tätigkeit aus dem Bereich der Finanzdienstleistung. Der Beigeladene vermittelt im Rahmen der L... ... ... mbH und der S... GmbH (vormals K... ... GmbH), deren Gesellschafter und Geschäftsführer er ist, Leasing-, Mietkauf- und Darlehensverträge für Dritte sowie den An- und Verkauf von Mobilien (Anlagen B2 und B3 zum Schriftsatz der Beklagten vom 5.7.2016). Auch wenn in den der Baugenehmigung zugrundeliegenden Angaben zu gewerblichen Anlagen vom 26. Februar 2011 allein die L... als Betreiber der Arbeitsstätte genannt ist, erfasst die Genehmigung der Sache nach auch die von der S... GmbH (vormals K... ... Baden-Württemberg GmbH) ausgeübte Finanzdienst-leistung. Denn beide Firmen sind auf das gleiche Gewerbe ausgerichtet und werden vom Beigeladenen in Personalunion betrieben. Bei der Vermittlung von Finanzdienstleistungen handelt es sich um eine persönliche Dienstleistung, die vorwiegend auf individuellen geistigen Leistungen beruht. Außerdem erfolgt die Tätigkeit unabhängig und wird einer unbestimmten Zahl von Personen angeboten (vgl. zu einem Finanzberater: BayVGH, Urteil vom 14.5.2001 - 1 B 99.652 - NVwZ-RR 2002, 490, juris Rn. 22; zu einem Immobilienmakler: OVG Bremen, Urteil vom 10.11.2015 - 1 LB 143/14 - BauR 2014, 645, juris Rn. 26).

Der Olivengroßhandel des Beigeladenen fällt zwar ebenfalls unter § 13 BauNVO, da er in dem betreffenden Gebäude ohne Lager betrieben und die Oliven lediglich an weitere Händler vermittelt werden. Daran ändert auch nichts der Umstand, dass für den Olivenhandel nach Angaben der Klägerin keine Homepage mehr vorhanden ist. Allerdings ist die Nutzung nicht von der hier gegenständlichen Baugenehmigung erfasst. Denn sie wird weder in den Angaben des Beigeladenen zu gewerblichen Anlagen vom 26. Februar 2011 noch in der Baugenehmigung oder im Widerspruchsbescheid erwähnt. Entsprechendes gilt für die vom Beigeladenen nach seinen Angaben an einem anderen Ort betriebene Galerie ... und für das Unternehmen seiner Lebensgefährtin. Auch diese Nutzungen sind nicht Gegenstand der Baugenehmigung.

b) Der Umfang der genehmigten neuen Nutzung hält sich in den von § 13 BauNVO gezogenen Grenzen. Die einem freien Beruf ähnliche gewerbliche Tätigkeit des Beigeladenen wird nur "in Räumen" und nicht in einem ganzen "Gebäude" ausgeübt.

Zweck der Beschränkung der freiberuflichen Nutzung auf "Räume" ist es, die Prägung der Wohngebäude in Wohngebieten durch ihre Wohnnutzung zu erhalten. Diesem Ziel dient der Grundsatz, dass die Büronutzung regelmäßig nicht mehr als die Hälfte der Wohnungen und auch nicht mehr als die Hälfte der Wohnfläche umfassen darf (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.5.2001 - 4 C 8/00 - DVBl. 2001, 1458, juris Rn. 17, vom 25.1.1985 - 4 C 34/81 - VBlBW 1985, 382, juris Rn. 11 und vom 20.1.1984 - 4 C 56/80 - BVerwGE 68, 324, juris Rn. 14). Bei einem Flächenvergleich ist in der Regel nur auf die Räume des Gebäudes abzustellen, die zum dauernden Aufenthalt objektiv geeignet sind und auch für diesen Zweck genutzt werden sollen (vgl. BayVGH, Urteil vom 14.5.2001 - 1 B 99.652 - NVwZ-RR 2002, 490, juris Rn. 35; Nds. OVG, Beschluss vom 17.8.2007 - 1 LA 37/07 - NVwZ-RR 2008, 22, juris Rn. 6). Weiter ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass die Größe der jeweiligen Nutzungseinheit für die freiberufliche Tätigkeit nicht größer sein darf als die in dem Haus und dem Gebiet vorhandenen Wohnungen. Büros, die größer als eine Wohnung sind, drängen die Wohnnutzung übermäßig zurück und lassen das Gebäude als ein gewerblich genutztes Gebäude erscheinen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.5.2001 - 4 C 8/00 - DVBl. 2001, 1458, juris Rn. 17). In der Regel ist die Büronutzung auch auf eine einzige Wohnung beschränkt und zwar so, wie sie im Zeitpunkt des Beginns der Nutzung für den freien Beruf vorgefunden wurde (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.5.2001 - 4 C 8/00 - DVBl. 2001, 1458, juris Rn. 16 f., und vom 20.1.1984 - 4 C 56/80 - BVerwGE 68, 324, juris Rn. 13). Eine Verbindung mehrerer Wohnungen zum Zwecke der freiberuflichen oder ähnlichen Berufsausübung wurde vom Bundesverwaltungsgericht bereits für unzulässig gehalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.1.1984 - 4 C 56/80 - BVerwGE 68, 324, juris Rn. 13 f.). Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht nachfolgend auch entschieden, dass diese Grundsätze nicht rechtssatzartig angewendet werden dürfen, um ungerechte Zufallsergebnisse zu vermeiden. So führe die Zusammenlegung von zwei Ein-Zimmer-Wohnungen in einem Gebäude mit Wohnungen unterschiedlicher Größen immer noch zu einer Einheit, die kleiner sei als einzelne andere Wohnungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.5.2001 - 4 C 8/00 - DVBl. 2001, 1458, juris Rn. 18; zum Ganzen auch: Arnold in Bönker/Bischopink, BauNVO, 2. Aufl., § 13 Rn. 27 f.; Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, 4. Aufl., § 13 Rn. 20 ff.).

Ausgehend hiervon beschränken sich die vorliegend genehmigten Büroflächen auf "Räume". Aus dem genehmigten Grundriss des Erdgeschosses ergibt sich, dass dort zwei Büroräume vorhanden sind, welche zuvor als Küche und Gästezimmer genutzt wurden. Der im Erdgeschoss vorhandene Raum, der laut genehmigtem Grundriss für "Essen" genutzt wird, wird - anders als die Klägerin im Schriftsatz vom 24. Februar 2016 meint (vgl. auch Anlage K 13 zum Schriftsatz der Klägerin vom 24.2.2016 im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht) - nicht gewerblich genutzt. Die von der Klägerin als Anlage K 12 vorgelegten "Angaben zu gewerblichen Anlagen" vom 19. Februar 2010, aus der sich die Nutzung dieses Raumes als "Besprechungsraum" ergeben haben könnte, ist nicht aktuell. In der Bauakte befinden sich "Angaben zu gewerblichen Anlagen" vom 26. Februar 2011. Diese liegen dem genehmigten Bauantrag als maßgeblich zugrunde. Dort ist der fragliche Raum für keine gewerbliche Nutzung mehr vorgesehen. Zudem ist der fragliche Raum im genehmigten Grundriss durch einen roten Strich von den beiden Büroräumen abgegrenzt. Zwischen beiden Bereichen findet sich eine Wand und eine Brandschutztür. Daher werden im Erdgeschoss nur zwei Räume mit 16,99 qm und 10,89 qm - nach den Angaben des Beigeladenen - oder 10,87 qm und 17,46 qm - nach den Angaben der Klägerin (Anlage K 13) - als Büro genutzt. Hinzu kommt im Erdgeschoss - so die Angaben der Klägerin und der Grundriss - ein Flur von rund 3,4 qm.

Im Untergeschoss wird die ehemalige Einliegerwohnung als Büro genutzt und zwar ein Schlaf- und ein Wohnzimmer jeweils als Büro sowie ein ehemaliger Tankraum als Archiv, in dem Akten aufbewahrt werden und ein Kopierer steht. Ferner werden im Untergeschoss noch eine Küche, ein Flur, zwei Toiletten und ein Abstellraum (Garderobe) gewerblich genutzt. Die genannten Räume dienen dem regelmäßigen Aufenthalt von Menschen. Die maßgebliche gewerbliche Fläche im Untergeschoss wird vom Beigeladenen in den Bauantragsunterlagen mit insgesamt 56,44 qm angegeben, wobei jedoch die Fläche für die Toiletten und den Abstellraum (Garderobe) nicht dazu gerechnet wurde. Die Klägerin hat für die gewerblich genutzte Fläche im Untergeschoss 69,54 qm angegeben, darunter das Archiv und der Abstellraum (Garderobe).

Selbst wenn man von den Flächengaben der Klägerin für das Untergeschoss mit 69,54 qm und für das Erdgeschoss mit 31,73 qm ausgeht, abzüglich des angeblichen Besprechungsraums im Erdgeschoss, kommt man insgesamt zu einer gewerblich genutzten Fläche von 101,27 qm. Dagegen werden die für das Wohnen genutzten Flächen vom Beigeladenen in den Bauvorlagen insgesamt in Unter-, Erd- und Obergeschoss mit 207,52 qm angegeben. Die Klägerin rechnet insoweit nur mit 158,26 qm. Allerdings hat sie - wie dargestellt - zu Unrecht den im Erdgeschoss mit der Bezeichnung "Essen" versehenen Raum für einen Besprechungsraum gehalten und mit 20,23 qm der Büronutzung zugerechnet und von der Wohnnutzung abgezogen. Außerdem hat sie zu Unrecht die vom Beigeladenen als "Hobbyraum" bezeichnete Fläche von 29,05 qm nicht der Wohnnutzung zugerechnet. Wie sich in der mündlichen Verhandlung herausgestellt hat, wird der "Hobbyraum" als "Wellnessraum" genutzt, ausgestattet mit Sauna und Whirlpool. Die Öltanks sind dagegen im früheren Schwimmbecken untergebracht und vollkommen unter einer fest verschlossenen Decke verborgen, weshalb der "Hobbyraum" nicht den Charakter eines Öllagers, sondern eines Aufenthaltsraumes hat. Damit kommt man auf der Grundlage der berichtigten Flächenangaben der Klägerin zu einer Wohnfläche von 207,54 qm. Dies ergibt ein Verhältnis der Wohnnutzung zur Büronutzung von 207,54 qm zu 101,27 qm oder von 67 % zu 33 %. Damit überwiegt deutlich die Wohnnutzung.

Der Umstand, dass die ehemalige allein im Untergeschoss befindliche Einliegerwohnung um zwei Räume im Erdgeschoss erweitert wurde, führt nicht dazu, dass die Büronutzung die Grenzen des § 13 BauNVO überschreitet. Zwar stehen der gewerblichen Nutzung mehr Zimmer zur Verfügung als der Wohn-nutzung. Allerdings ist das Wohnzimmer im Erdgeschoss mit rund 69 qm ebenso groß wie die gesamte für das Gewerbe genutzte Fläche im Untergeschoss. Die Büronutzung ist der Wohnnutzung damit immer noch untergeordnet und erstreckt sich auf "Räume" im Sinne von § 13 BauNVO.

3. Die genehmigte Nutzungsänderung verletzt die Klägerin auch nicht in §34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang und Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebietes widersprechen. § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO enthält nicht nur das Gebot der Rücksichtnahme, wie es auch § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO innewohnt, sondern vermittelt auch einen Anspruch auf Aufrechterhaltung der typischen Prägung eines Baugebiets. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob ein im Baugebiet ansässiger Nachbar durch das Vorhaben konkret unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.5.2002 - 4 B 86/01 - NVwZ 2002, 1384, juris Rn. 7; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.8.2009 - 3 S 1057/09 - NVwZ-RR 2010, 45, juris Rn. 6).

Ausgehend hiervon widerspricht die genehmigte Nutzungsänderung nicht dem Charakter eines allgemeinen Wohngebietes. Im Hinblick auf die Anzahl der Nutzungen nach § 13 BauNVO führt die Genehmigung zu keinem Widerspruch gegen den Gebietscharakter der näheren Umgebung. In dieser ist offenbar nur noch ein Fotolabor vorhanden, das im Untergeschoss eines anderen Hauses der Kettenwohnhausreihe betrieben wird. Im Übrigen werden die Gebäude zum Wohnen genutzt. Auch aus dem Umfang und der Zweckbestimmung der hier genehmigten Büronutzung ergibt sich nicht, dass die dominierende Position der Wohnnutzung in der näheren Umgebung in Frage gestellt würde. Die beiden Leasinggesellschaften des Beigeladenen üben die gleiche Tätigkeit aus und werden von den gleichen Personen geführt. Die Tätigkeit eines Vermittlers von Leasingverträgen und sonstigen Finanzdienstleistungen führt im Vergleich zu anderen nach § 13 BauNVO zulässigen freiberuflichen Tätigkeiten - wie der eines Arztes oder Rechtsanwaltes - jedenfalls zu keinem größeren Kundenaufkommen als bei jenen. Es ist daher nicht erkennbar, dass hier genehmigte Nutzung der Eigenart der näheren Umgebung widerspricht. Soweit die Klägerin zur Begründung einer Verletzung von § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO auf die verkehrliche Anbindung des Vorhabengrundstücks und die Parkmöglichkeiten abstellt, macht sie Umstände geltend, die von § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO erfasst werden (dazu sogleich).

4. Die Baugenehmigung verletzt die Klägerin auch nicht in dem sie schützenden Rücksichtnahmegebot des § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO.

a) Auf einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann sich der Nachbar etwa dann berufen, wenn der Stellplatzmangel geeignet ist, die bestimmungsgemäße Nutzung seines eigenen Grundstücks zu beeinträchtigen. Eine solche Beeinträchtigung liegt - jedenfalls solange der freie Zugang zum Grundstück möglich ist - allerdings nicht schon darin, dass die angrenzenden Straßen durch Fahrzeuge von Nutzern der baulichen Anlage zum Parken in Anspruch genommen werden und dem Nachbarn nur noch mit den daraus folgenden Einschränkungen zur Verfügung stehen. Das dem Nachbarn durch das Eigentum vermittelte Recht zur bestimmungsgemäßen Nutzung seines Grundstücks begründet kein Recht auf bevorzugte Nutzung des angrenzenden öffentlichen Straßenraums (vgl. Senatsbeschluss vom 1.4.2019 - 5 S 2102/18 - juris Rn. 14; BVerwG, Beschluss vom 18.3.1998 - 1 B 33.98 -, GewArch 1998, 254 f., juris Rn. 10). Probleme, die sich aus der Verteilung knappen öffentlichen Straßenraums auf verschiedene Verkehrsteilnehmer ergeben, sind mit den Mitteln des Straßenverkehrsrechts zu regeln (vgl. für den ruhenden Verkehr etwa die Anwohnerparkregelung in § 45 Abs. 1b Satz 2 StVO). Als rücksichtslos kann der Verzicht auf die notwendigen Stellplätze auch dann gerügt werden, wenn der durch ihn bewirkte parkende Verkehr und Parksuchverkehr den Nachbarn in der Wohnnutzung seines Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt. Dies setzt in der Regel entsprechende Immissionen, insbesondere Lärm- und Abgaseinwirkungen, voraus (vgl. Senatsbeschlüsse vom 1.4.2019 - 5 S 2102/18 - juris Rn. 14 und vom 12.2.2019 - 5 S 2487/18 - juris Rn. 34; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.1.2008 - 3 S 2773/07 - NVwZ-RR 2008, 600, juris Rn. 13).

b) Ausgehend hiervon ist das Rücksichtnahmegebot nicht verletzt. Es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin wegen der genehmigten Nutzungsänderung in unzumutbarer Weise im freien Zugang zu ihrem Grundstück gehindert ist.

aa) Dabei kann zunächst festgestellt werden, dass das genehmigte Vorhaben des Beigeladenen zwar über die im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung nach § 37 Abs. 2 und 1 Satz 2 LBO in der Fassung vom 5. März 2010 (GBl. S. 358; LBO 2010) erforderliche Zahl an Stell- und Garagenplätzen der Sache nach verfügt, dass diese jedoch nicht als notwendige Stell- oder Garagenplätze im Sinne von § 37 Abs. 1, 2 und 4 LBO 2010 angesehen werden können, weil sie sich nicht auf dem Baugrundstück befinden und auch nicht durch eine Baulast gesichert sind. Soweit die Beklagte eine Befreiung von der Baulastpflicht ausgesprochen hat, ist diese rechtswidrig.

(1) Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 LBO 2010 ist bei der Errichtung von Gebäuden mit Wohnungen für jede Wohnung ein geeigneter Stellplatz herzustellen (notwendiger Stellplatz). Bei der Errichtung sonstiger baulicher Anlagen, bei denen Zu- und Abfahrtsverkehr zu erwarten ist, sind nach § 37 Abs. 1 Satz 2 LBO notwendige Stellplätze in solcher Zahl herzustellen, dass sie für die ordnungsgemäße Nutzung der Anlagen unter Berücksichtigung des öffentlichen Personennahverkehrs ausreichen. Nach § 37 Abs. 1 Satz 3 LBO 2010 sind statt notwendiger Stellplätze auch notwendige Garagen zulässig. Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 LBO 2010 sind bei Änderungen oder Nutzungsänderungen von Anlagen Stellplätze oder Garagen in solcher Zahl herzustellen, dass die infolge der Änderung zusätzlich zu erwartenden Kraftfahrzeuge aufgenommen werden können. Das Gesetz gibt bei Nutzungsänderungen eine konkrete Zusatzbedarfsberechnung vor. Zusatzbedarf ist gegeben, wenn der durch die konkrete Änderung verursachte Soll-Bedarf den bisherigen Soll-Bedarf übersteigt (vgl. Senatsurteil vom 17.12.1999 - 5 S 50/97 - ESVGH 50, 159, juris Rn. 16; Schlotterbeck in ders./Hager/Busch/Gammerl, LBO und LBOAVO, 7. Aufl., § 37 Rn. 33).

Ausgehend hiervon verfügt das Bauvorhaben des Beigeladenen der Zahl nach über die nach § 37 Abs. 2 Satz 1 LBO 2010 vorgeschriebenen Stell- oder Garagenplätze.

In der der Baugenehmigung zugrundeliegenden Berechnung hat die Beklagte zutreffend angenommen, dass für die bisher im Gebäude des Beigeladenen vorhandenen zwei Wohnungen zwei Stellplätze notwendig waren. Zwar waren laut der - wirksamen und damit bestandsschützenden - Baugenehmigung vom 7. Juni 1973 für die Kettenhausanlage lediglich vier notwendige Stellplätze zu errichten. Allerdings wurden mit der Baugenehmigung auch sechs Plätze in drei Doppelparkgaragen genehmigt. Bereits nach § 69 Abs. 4 Satz 1 LBO in der Fassung vom 20. Juni 1972 (GBl. S. 351) konnten anstatt notwendiger Stellplätze auch Garagen errichtet werden. In § 69 Abs. 2 LBO 1972 war - anders als zum Zeitpunkt der Genehmigung der Nutzungsänderung - jedoch nicht bestimmt, dass für jede Wohnung ein notwendiger Stellplatz zu errichten sei. § 69 Abs. 2 LBO 1972 lautete wie folgt: "Bei der Errichtung baulicher und anderer Anlagen, bei denen ein Zu- und Abfahrtsverkehr zu erwarten ist, sind geeignete Stellplätze in ausreichender Zahl und Größe herzustellen (notwendige Stellplätze). Zahl und Größe dieser Stellplätze richten sich nach der Art und Zahl der vorhandenen und zu erwartenden Kraftfahrzeuge der ständigen Benutzer und der Besucher der Anlagen." Gleichwohl ist davon auszugehen, dass die zehn mit der Baugenehmigung vom 7. Juni 1973 genehmigten Stell- und Garagenplätze für die zehn Wohnungen in den fünf Wohnhäusern jedenfalls notwendig waren.

Für die Nutzungsänderung einer der beiden Wohnungen in ein Büro hat die Beklagte unter Berücksichtigung einer Büronutzfläche von 73,3 qm und einer Bewertung des Öffentlichen Personennahverkehrs als mäßig mit 6 Punkten (gemäß der VwV Stellplätze führt dies zu einem Faktor 80 % der aufgrund der Fläche ermittelten Zahl notwendiger Stellplätze) einen Bedarf an notwendigen Stellplätzen von zwei ermittelt. Diese Berechnung ist selbst dann nicht zu beanstanden, wenn man die Flächenberechnung der Klägerin (Anlage K 13 zum Schriftsatz vom 24. Februar 2016) zugrunde legt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach der maßgeblichen, bis 30. Juni 2015 geltenden VwV Stellplätze, Anhang B Nummer 2.1 mit Fußnote 1 nicht zur Büronutzfläche gerechnet werden: Sozial- und Sanitärräume, Funktionsflächen für betriebstechnische Anlagen und Verkehrsflächen. Bei der Bewertung der Frage, ob der Beigeladene über die damit für sein Gebäude notwendige Zahl verfügt, hat die Beklagte berücksichtigt, dass aufgrund der Nutzungsänderung eine Wohnung wegfallen ist. Insgesamt erfordert das Gebäude des Beigeladenen jedoch auch dann drei notwendige Stellplätze, also einen mehr als vor der Nutzungsänderung. Entsprechend ist in der Baugenehmigung unter BE 2 festgestellt, dass aufgrund der Nutzungsänderung ein zusätzlicher Kfz-Stellplatz erforderlich ist.

Für die Kettenwohnanlage waren und sind zehn Stell- oder Garagenplätze vorhanden. Der Beigeladene hat auf dem im Gemeinschaftseigentum der fünf Wohnungseigentümer stehenden Grundstück mit der Flurstück-Nummer 1339/5 ein zivilrechtlich durch notariellen Vertrag begründetes und im Grundbuch eingetragenes alleiniges Sondernutzungsrecht an einem Stellplatz und einem Garagenplatz in einer Doppelparkergarage. Darüber hinaus hat der Beigeladene den zweiten Platz in der von ihm genutzten Doppelparkergarage von einer anderen Hauseigentümerin geliehen (vgl. das Schreiben der Frau A. D. vom 17.7.2011 <Bauakte, Quadr. 62 X> sowie den Garagenüberlassungsvertrag vom 11.3.2010).

Damit verfügt der Beigeladene auf dem Grundstück mit der Flurstück-Nummer 1339/5 über drei Stell- oder Garagenplätze. Dabei kommt es für die Baugenehmigung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht darauf an, von wem und wie die Stell- und Garagenplätze tatsächlich genutzt werden, etwa - wie die Klägerin behauptet - als Abstellkammer. Auch kommt es nicht darauf an, ob einzelne Fahrzeugtypen für die Doppelgarage zu schwer sind oder ob die Hebeanlage der gesamten Garagenanlage zurzeit defekt ist und sich die Eigentümergemeinschaft offenbar auf keine Reparatur einigen kann. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Garagenstellplätze generell und dauernd nicht als solche nutzbar sind.

Auch führt der Umstand, dass die Stellplätze - wie sich aus den von der Klägerin mit Schriftsatz vom 9. Juli 2019 vorgelegten Nachmessungen (Anlagen AG 2 und AG 3) ergibt - offenbar abweichend von der Baugenehmigung und der Sondernutzungsvereinbarung angelegt wurden, nicht zum Ergebnis, dass die Stellplätze nicht vorhanden sind. Denn grundsätzlich ist von dem genehmigten Zuschnitt der Stellplätze auszugehen. Soweit die Klägerin meint, eine genehmigungsgemäße Herstellung ihres Stellplatzes sei nicht möglich, weil nach Erteilung der Baugenehmigung das Grundstück mit der Flurstück-Nummer 1339/7 vom Grundstück mit der Flurstück-Nummer 1339/5 abgetrennt und der Straße zugeschlagen worden sei, ist dies auf der Grundlage des von ihr vorgelegten Planes des Vermessungsbüros H... vom 6. Februar 2019 nicht nachvollziehbar. Danach "fehlt" von ihrem Stellplatz lediglich eine kleine Ecke. Vielmehr wurden die Stellplätze offenbar deshalb abweichend von der Baugenehmigung angelegt, um die Zufahrt zu den Kettenwohnhäusern zu verbreitern. Selbst wenn die Stellplätze genehmigungsgemäß angelegt würden, verbliebe nach der von der Klägerin vorgelegten Messung eine Wegbreite von 2,58 m. Die zulässige Breite von Personenkraftwagen beträgt dagegen nur 2,50 m (§ 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StVZO) und allgemein 2,55 m (§ 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StVZO). Derzeit ist die Zufahrt 4,37 m breit. Es bestünde damit durchaus die Möglichkeit, die Stellplätze in einer Weise zu errichten, die der genehmigten und mit Sondernutzungsrecht versehenen Lage besser als bisher entspricht und eine hinreichend breite - also über 2,58 m hinausgehende - Zufahrt gewährleistet. Abgesehen davon können die tatsächlich angelegten Stellplätze - auch wenn die Abstände zwischen den Fahrzeugen teilweise gering sein mögen - durchaus alle gleichzeitig genutzt werden. Dies ergibt sich aus den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Lichtbildern. Daraus ist ersichtlich, dass auch dann, wenn links neben dem Carport ein Fahrzeug geparkt ist, die beiden anderen Stellplätze genutzt werden können. Soweit der Beigeladene seinen Stellplatz offenbar entsprechend der Sondernutzungsvereinbarung eingezeichnet hat und nutzt, was dazu führt, dass er teilweise auf dem Stellplatz der Klägerin zu stehen kommt, wie er tatsächlich angelegt ist, ändert dies nichts daran, dass die tatsächlich hergestellten Stellplätze alle genutzt werden könnten.

(2) Jedoch sind alle diese Plätze nicht durch eine Baulast gesichert und waren damit weder nach § 69 Abs. 4 Satz 2 LBO 1972 noch nach § 37 Abs. 4 Satz 2 LBO 2010 oder dem derzeit geltenden § 37 Abs. 5 Satz 2 LBO geeignet, die Pflicht zur Herstellung notwendiger Stellplätze für das Wohngebäude des Beigeladenen oder die übrigen Wohngebäude zu erfüllen.

(3) Von der sich aus § 37 Abs. 4 Satz 2 LBO 2010 ergebenden Pflicht, die Stellplätze oder Garagen, die sich nicht auf dem Baugrundstück befinden, öffentlich-rechtlich durch eine Baulast zu sichern, hat die Beklagte den Beigeladenen in der Baugenehmigung gemäß § 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 unter der auflösenden Bedingung befreit, dass der zusätzlich notwendige Stellplatz dauernd als notwendiger Stellplatz auf dem Grundstück mit der Flurstück-Nummer 1339/5 zur Verfügung steht, solange die zugehörige Büronutzung besteht.

Diese Befreiung nach § 56 Abs. 5 Satz 1 LBO 2010 ist rechtswidrig.

Die Befreiung betrifft zwar eine Vorschrift nach §§ 4 bis 39 LBO 2010, nämlich § 37 Abs. 4 Satz 2 LBO 2010. Entgegen der Auffassung der Klägerin wurde keine Befreiung von einer Baulast erteilt. Dies wäre nicht möglich, da es sich bei einer Baulast um keine Rechtsvorschrift nach §§ 4 bis 39 LBO handelt (vgl. Senatsurteil vom 30.11.2018 - 5 S 854/17 - BauR 2019, 636, juris Rn. 59; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 4.4.2013 - 8 S 304/13 - VBlBW 2013, 305, juris Rn. 3).

Jedoch würde die Beachtung der Vorschrift des § 37 Abs. 4 Satz 2 LBO 2010 im Einzelfall des Beigeladenen zu keiner offenbar nicht beabsichtigten Härte führen. Eine Härte im Sinne der Vorschrift ist gegeben, wenn nachhaltig in die Rechte des Betroffenen eingegriffen und ihm dadurch ein erhebliches, über die jedermann treffenden allgemeinen Auswirkungen hinausgehendes Opfer abverlangt wird. Erfasst sind atypische Umstände, bei deren Vorliegen die gesetzliche Regelanordnung zu fragwürdigen Ergebnissen führen würde. Die Härte ist offenbar nicht beabsichtigt, wenn das Grundstück bei Einhaltung der in § 56 Abs. 5 Satz 1 LBO genannten Vorschriften nicht oder nur schwer bebaut werden kann und diese Beschränkung nicht durch die Zielsetzung oder den Schutzzweck dieser Vorschriften gefordert wird, wenn also die schematische Anwendung der Vorschrift zu Ungerechtigkeiten führen würde, namentlich ein ganz unbilliges Ergebnis zur Folge hätte (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 4.4.2013 - 8 S 304/13 - VBlBW 2013, 305, juris Rn. 3).

(a) Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Dies gilt zunächst mit Blick auf die Stellplätze, an denen der Beigeladene ein Sondernutzungsrecht hat.

Zwar kann es dem Beigeladenen nicht zum Nachteil gereichen, dass die Beklagte nicht bereits bei Erteilung der Baugenehmigung im Jahr 1973 für die Kettenwohnanlage von den damaligen Grundstückseigentümern verlangt hat, dass die Stell- und Garagenplätze auf dem Grundstück mit der Flurstück-Nummer 1339/5 durch eine Baulast an die jeweiligen Hausgrundstücke gebunden wurden. Denn dann würde er zumindest über zwei Flächen verfügen, die als notwendige Stell- und Garagenplätze geeignet sind.

Die Übernahme einer solchen Baulast ist jedoch auch heute möglich und kann vom Beigeladenen in zumutbarer Weise erreicht werden. Dies gilt trotz des Umstands, dass das Grundstück mit der Flurstück-Nummer 1339/5 im Gemeinschaftseigentum steht und es für die Eintragung in diesem Fall grundsätzlich der Zustimmung aller Miteigentümer bedarf (so VGH Bad.-Württ., Urteil vom 1.6.1990 - 8 S 637/90 - VBlBW 1991, 59, juris Rn. 24; Schlotterbeck in ders./Hager/Busch/Gammerl, LBO, LBOAVO, 7. Aufl., § 71 Rn. 33). Allerdings kann - wenn es sich um keine wesentliche Veränderung des Gegenstandes im Sinne von § 745 Abs. 3 BGB durch die Baulast handelt - nach § 745 Abs. 2 und § 743 Abs. 2 BGB ein Miteigentümer - hier der Beigeladene - von den übrigen Miteigentümern die Abgabe einer Erklärung auf Übernahme einer Baulast gemäß der notariellen Sondernutzungsvereinbarung verlangen. Dies ist möglich, wenn ohne die Bewilligung einer Baulast eine bestimmungsgemäße Nutzung des gemeinschaftlichen Grundstücks durch den klagenden Miteigentümer nicht gewährleistet werden kann, die Grenzen des § 745 Abs. 3 BGB gewahrt bleiben und die angestrebte Regelung nach billigem Ermessen dem Interesse aller Teilhaber entspricht (vgl. BGH, Urteile vom 8.3.2004 - II ZR 5/02 - NJW-RR 2004, 809, juris Rn. 6, und vom 3.12.1990 - II ZR 107/90 - BauR 1991, 227, juris Rn. 6 ff.). Dies Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das Grundstück mit der Flurstück-Nummer 1339/5 dient der Bereitstellung der nach der Landesbauordnung notwendigen Stell- und Garagenplätze für die Wohngrundstücke der Miteigentümer des Grundstücks. Ohne Einräumung einer Baulast können sie diesen Zweck wegen der Pflicht zur Baulastsicherung notwendiger Stellplätze nur unzureichend erfüllen. Eine wesentliche Veränderung des Grundstücks liegt in der Einräumung einer Baulast gemäß der Sondernutzungsvereinbarung nicht. Vielmehr setzte die Einräumung einer Baulast zugunsten der jeweiligen Grundstückseigentümer öffentlich-rechtlich nur um, was zivilrechtlich durch notariellen Vertrag bereits geregelt ist. Damit entspräche die Einräumung einer Baulast auch dem billigen Interesse aller Miteigentümer. Eine atypische Härte im Sinne von § 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 LBO liegt damit - entgegen der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht geäußerten Rechtsauffassung - nicht vor. Dem Beigeladenen ist es zumutbar, die erforderliche Baulast beizubringen.

(b) Mit Blick auf den vom Beigeladenen geliehenen Garagenplatz, bei dem es sich ebenfalls um den aufgrund der Nutzungsänderung zusätzlich notwendigen Stellplatz handeln könnte, liegen die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 LBO ebenfalls nicht vor. Dabei ist schon fraglich, ob überhaupt die für eine Befreiung notwendige atypische Härte vorliegt. Zwar dürfte der Beigeladene mit Blick auf den von einer anderen Miteigentümerin geliehenen Garagenplatz keinen Anspruch nach § 745 Abs. 2 und § 743 Abs. 3 BGB auf Zustimmung der anderen Miteigentümer des Grundstücks mit der Flurstück-Nummer 1339/5 haben, weil der Garagenplatz nach der Sondernutzungsvereinbarung der verleihenden Miteigentümerin zusteht und insoweit die bestimmungsgemäße Nutzung dieses Grundstücks verändert würde. Jedoch ist es durchaus typisch, dass eine Baulast für einen auf Gemeinschaftseigentum befindlichen Stellplatz nicht ohne Weiteres erreichbar ist.

Jedenfalls stehen der Befreiung öffentliche Belange entgegen. Zwar ist die Befreiung auflösend bedingt, so dass sie an die hier genehmigte Nutzung des begünstigten Grundstücks gebunden ist. Jedoch verlöre das Wohnhaus der verleihenden Miteigentümerin "... ... 4" im Falle der Befreiung von der Pflicht zur Baulastsicherung seinen an sich durch Baulast zu sichernden notwendigen Stellplatz. Damit träte mit Blick auf dieses Wohnhaus eine Situation ein, die § 37 Abs. 1 LBO widerspricht. Eine auf dieses Wohnhaus bezogene Befreiung von dessen Stellplatzpflicht hat die Beklagte nicht ausgesprochen.

(4) Abschließend bleibt festzuhalten, dass der Beigeladene damit über die nach § 37 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 1 Satz 2 LBO 2010 erforderliche Zahl an Stell- und Garagenplätzen für Kraftfahrzeuge verfügt. Es fehlt allein die nach § 37 Abs. 4 Satz 2 LBO 2010 erforderlich Sicherung der Stell- und Garagenplätze durch eine Baulast.

bb) Trotz der fehlenden Sicherung der Stell- und Garagenplätze durch eine Baulast verletzt die Baugenehmigung nicht das Rücksichtnahmegebot.

Beeinträchtigungen des Miteigentumsanteils der Klägerin - sei es ihres Stellplatzes, des Stichweges oder des Garagenvorplatzes - sind von der Baugenehmigung weder bezweckt noch handelt es sich um voraussehbare erhebliche Beeinträchtigungen, die ihre Ursache in der Baugenehmigung haben. Zwar hat der Beigeladene bei der Stellung des Bauantrags angegeben, es seien bis zu vier Beschäftigte und er in den Büros gleichzeitig anwesend. Dabei handelt es sich mit Blick auf die Büronutzfläche von bis zu 80 qm, für die nach der VwV Stellplätze hier zwei Stellplätze für notwendig angesehen werden, um keine atypische Zahl. Es ist daher davon auszugehen, dass die Vorgaben der VwV Stellplätze, welche das vorhandene Angebot des öffentlichen Nahverkehrs entsprechend seiner Qualität typisierend berücksichtigen, ausreichend sind, um die Erfordernisse des § 37 Abs. 1 LBO zu abzubilden. Auch der Umstand, dass es in der Umgebung offenbar wenig öffentliche Abstellmöglichkeiten für Kraftfahrzeuge gibt, führt zu keiner anderen Bewertung. Denn in Städten ist die Parkplatznot keine Besonderheit und wird durch den im Vergleich zu ländlichen Gegenden besseren öffentlichen Nahverkehr ausgeglichen.

Abgesehen davon hält sich der von der genehmigten gewerblichen Nutzung ausgelöste Verkehr tatsächlich in überschaubaren Grenzen. Der Beigeladene hat am 21. März 2016 gegenüber der Beklagten mitgeteilt, der Kundenverkehr seiner Gewerbebetriebe sei mit höchstens fünf pro Monat sehr gering. Auf die Firmen sei kein Fahrzeug zugelassen (vgl. B 3 < b > zum Schriftsatz der Beklagten vom 5.7.2016). Mit Schreiben vom 9. August 2019 hat der Beigeladene mitgeteilt, er habe auf das Jahr verteilt keine zehn Kunden, die ihn besuchten. Unter dem 17. April 2017 hat der Beigeladene mitgeteilt, von seinem Personal komme ein Mitarbeiter mit seinem Kraftfahrzeug, das er sicher nicht auf dem Parkplatz der Klägerin abstelle.

Einzelne Verstöße des Beigeladenen gegen die zivilrechtlichen Regeln über die Nutzung des Gemeinschaftsgrundstücks mit der Flurstück-Nummer 1339/5 führen nicht zu einer der Beklagten aufgrund der Erteilung der Baugenehmigung zurechenbaren unzumutbaren Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin an ihrem Hausgrundstück. Soweit ausweislich der von der Klägerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorgelegten Lichtbilddokumentation für die Zeit vom 22. Juni 2014 bis 31. August 2014 und vom 14. September bis 30. Oktober 2015 Fahrzeuge auf dem Privatweg zu den Häusern ... ...-... 2 bis 10 oder auf der Hof- und Wendefläche vor den Garagen auf dem Grundstück mit der Flurstück-Nummer 1339/5 abgestellt waren, stammen diese aus einer Zeit, zu der dem Beigeladenen das Urteil des Amtsgerichts L... vom 23. Oktober 2015 noch nicht bekannt war, in dem er dazu verurteilt worden war, es zu unterlassen, auf dem Privatweg und der Hof- und Wendefläche Fahrzeuge zu parken oder abzustellen. Das Landgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 8. November 2017 (13 S 167/15) das Urteil des Amtsgerichts insoweit bestätigt, als der Beigeladene verurteilt wurde, es zu unterlassen, Fahrzeuge auf der Gemeinschaftsfläche des Grundstücks mit der Flurstück-Nummer 1339/5 auf der Länge des Privatwegs zu parken oder abzustellen, sowie es zu unterlassen, auf der Hof- und Wendefläche vor der mittleren Doppelstockgarage zu parken.

Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Listen und Lichtbilder zeigen ebenfalls nicht auf, dass Kunden oder Mitarbeiter der genehmigten gewerblichen Nutzung in erheblichem Umfang auf dem Zuweg oder auf dem Stellplatz der Klägerin parkten. Die von der Klägerin dokumentierten Parkverstöße zeigen im wesentlichen Kleinbusse. Nach den glaubhaften Angaben des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung, welchen die Klägerin nicht substantiiert widersprochen hat, stammen diese von Handwerkern, die über einen längeren Zeitraum damit beschäftigt waren, einen Wasserschaden und dessen Folgen im Haus des Beigeladenen zu beseitigen und die auf dem Zuweg lediglich zum Be- und Entladen abgestellt waren. Damit können diese Zugangsbeschränkungen im Wesentlichen nicht der genehmigten gewerblichen Nutzung zugerechnet werden. Soweit die von der Klägerin vorgelegten Lichtbilder zeigen, dass der Beigeladene auch jüngst mitunter auf dem Stellplatz der Klägerin parkt, haben diese Verstöße ihren Grund in der Auseinandersetzung darüber, wo genau die Grenze der beiden Stellplätze verläuft, das heißt, ob die in der Sondernutzungsvereinbarung und der Baugenehmigung eingezeichneten Grenzen der Stellplätze oder die tatsächliche Anlage der Stellplätze maßgeblich ist. Allerdings ist auch dieses Rechtsproblem nicht von der hier gegenständlichen Baugenehmigung verursacht und kann von ihr nicht gelöst werden.

Abgesehen davon ist es auch für Besucher des Beigeladenen offensichtlich, dass auf dem schmalen privaten Zufahrtsweg nicht geparkt werden darf. Gleiches gilt für die Fläche vor der Doppelparkergarage, da Dritte auch hier erkennen können, dass es sich um keinen Stellplatz handelt, auf dem ohne Zustimmung der Nutzungsberechtigten der Garage Fahrzeuge abgestellt werden dürfen.

Im Übrigen ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin durch Immissionen des parkenden oder des Parkplatzsuchverkehrs betroffen ist.

5. Auf die oben festgestellte Verletzung der Pflicht zur Baulastsicherung notwendiger Stellplätze nach § 37 Abs. 4 Satz 2 LBO 2010 kann sich die Klägerin als Nachbarin nicht berufen. Die Vorschrift dient - ebenso wie die aktuell geltende Regelung in § 37 Abs. 5 Satz 2 LBO - ausschließlich dem öffentlichen Interesse an der Entlastung öffentlicher Verkehrsflächen vom ruhenden Verkehr (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.1.2008 - 3 S 2773/07 - NVwZ-RR 2008, 600, juris Rn. 13; Schlotterbeck in ders./Hager/Busch/Gammerl, LBO und LBOAVO, 7. Aufl., § 37 Rn. 103).

Allein die Frage, ob die mit der Baugenehmigung erteilte Befreiung von der Pflicht zur Baulastsicherung des aufgrund der Nutzungsänderung zusätzlich notwendigen Stellplatzes zu Recht erfolgte, kann nach § 56 Abs. 5 Satz 1 LBO ausnahmsweise nachbarschützend sein. Denn bei der Befreiung sind die nachbarlichen Interessen zu würdigen. Hier ist das - teilweise aus § 3 Abs. 1 LBO abgeleitete - Gebot der bauordnungsrechtlichen Rücksichtnahme zu berücksichtigen, das drittschützend sein kann (vgl. Senatsbeschluss vom 9.2.2018 - 5 S 2130/17 - NVwZ-RR 2018, 511, juris Rn. 24; ferner: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.2.2006 - 8 S 2551/05 - VBlBW 2006, 193, juris Rn. 3; Schlotterbeck in ders./Hager/Busch/Gammerl, LBO und LBOAVO, 7. Aufl., § 56 Rn. 65 u. 71). Eine Verletzung dieses Rücksichtnahmegebots liegt hier jedoch - wie sich entsprechend aus den obigen Ausführungen zu § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO ergibt - nicht vor.

6. Soweit die Klägerin rügt, die Baugenehmigung verletzte mit Blick auf ihre Festlegungen zu den notwendigen Stellplätzen das Bestimmtheitsgebot, vermag sie hiermit nicht durchzudringen.

Zwar kann anhand der Baugenehmigung nicht klar nachvollzogen werden, auf welchen auf dem Grundstück mit der Flurstück-Nummer 1339/5 vorhandenen Stellplatz sich die auslösend bedingte Befreiung von der Pflicht zur Baulastsicherung bezieht. Es wird nur ausgeführt, der Stellplatz sei dort privatrechtlich gesichert. Es ist unklar, ob damit der geliehene Garagenplatz gemeint ist oder ob einer der beiden Stell- und Garagenplätze gemeint sind, an denen ein Sondernutzungsrecht besteht. Der genehmigte mit dem Bauantrag eingereichte Lageplan führt hier nicht weiter. Dort sind auf dem fraglichen Grundstück vier Stell- oder Garagenplätze markiert. Soweit dort vor dem Doppelparker ein "Stellplatz" markiert ist, ist dieser jedenfalls nicht privatrechtlich gesichert. Denn nach dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 8. November 2017 (13 S 167/15) darf dort aus zivilrechtlichen Gründen nicht geparkt werden. Es erschiene zwar vertretbar, die Bedingung allein auf den dazu geliehenen Garagenplatz zu beziehen. Denn die beiden anderen Stell- und Garagenplätze, an denen ein Sondernutzungsrecht des Beigeladenen besteht, waren von Anfang an für die Wohnnutzung notwendig. Jedoch ergibt sich diese Auslegung nicht hinreichend deutlich aus der Baugenehmigung.

Gleichwohl führt dieser Verstoß nicht zur Aufhebung der Baugenehmigung. Ein Verstoß der Baugenehmigung gegen das Bestimmtheitsgebot verletzt einen Dritten nur dann in eigenen Rechten, wenn sich die Unbestimmtheit gerade auf Merkmale des Vorhabens bezieht, deren genaue Festlegung zum Schutz subjektiver Rechte erforderlich ist (vgl. Senatsbeschluss vom 30.1.2019 - 5 S 1913/18 - BauR 2019, 1111, juris Rn. 36; dies war in dem von der Klägerin genannten Senatsurteil vom 9.2.1993 - 5 S 1650/92 - ESVGH 43, 142, juris Rn. 35 gegeben: dort war die genehmigte gewerbliche Nutzung nicht bestimmt). Hier ist dies aber nicht der Fall. Die Regelungen nach § 37 Abs. 1, 2 und 4 LBO 2010 sind grundsätzlich nicht nachbarschützend. Soweit die Befreiung nach § 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 LBO zwar mit Blick auf das Rücksichtnahmegebot nachbarschützend sein kann, führt dies hier zu keinem anderen Ergebnis. Denn das nach der Befreiung mögliche Ergebnis verletzt das Rücksichtnahmegebot nicht. Darüber hinaus verletzt die Baugenehmigung auch ohne rechtmäßige Befreiung von der Pflicht zur Baulastsicherung des notwendigen Stellplatzes nicht das Rücksichtnahmegebot. Die Befreiung und deren Bestimmtheit ist damit zum Schutz der Nachbarrechte der Antragstellerin nicht erforderlich (vgl. zur Anwendung des Erforderlichkeitskriteriums: Senatsbeschluss vom 19.7.2016 - 5 S 2220/15 - VBlBW 2017, 37, juris Rn. 6).

7. Entgegen der Ansicht der Klägerin verletzt der am 11. Juli 2011 in der Folge der Erteilung der hier gegenständlichen Baugenehmigung eingetragene Bauvermerk sie als Miteigentümerin des Grundstücks mit der Flurstück-Nummer 1339/5 nicht in ihren Rechten, insbesondere nicht in ihrem grundrechtlich garantierten Eigentum nach Art. 14 Abs. 1 GG. Der Bauvermerk bezieht sich nach § 72 Abs. 2 Nr. 2 LBO auf eine Bedingung zu der dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung. Die Bedingung belastet allein den Beigeladenen und nicht die Eigentümer des Grundstücks mit der Flurstück-Nummer 1339/5. Bei dem Bauvermerk handelt es sich gerade um keine Baulast im Sinne von § 71 Abs. 1 LBO. Daher ist es unerheblich, dass der Vermerk im Baulastenverzeichnis der Beklagten auf dem Blatt für das Grundstück mit der Flurstück-Nummer 1339/5 eingetragen wurde.

8. Des Weiteren wird die Klägerin hier durch etwaige Fehler der Bauvorlagen nicht in ihren Rechten verletzt.

Dies gilt zunächst, soweit sie rügt, die Bauvorlagen seien von keinem nach § 43 Abs. 3 und § 2 Abs. 12 Nr. 1 LBO 2010 zulässigen Entwurfsverfasser erstellt worden. Diese Regelung ist nicht nachbarschützend, sondern dient allein dem öffentlichen Interesse. Die Klägerin kann sich auf diese Vorschrift nicht berufen (vgl. Hager in Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, LBO, LBOAVO, 7. Aufl., § 43 Rn. 85).

Auch soweit die Klägerin meint, die Zahl der notwendigen Stellplätze im Lageplan mit fünf Stellplätzen sowie der Umstand, dass im Untergeschoss des Gebäudes auf dem Vorhabengrundstück bereits ein Gewerbe ausgeübt worden sei, seien in den Bauvorlagen fehlerhaft angegeben, ergibt sich hieraus keine Verletzung von nachbarschützenden Regelungen. So sind nach § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 LBOVVO im Lageplan die Lage und Anzahl vorhandener und geplanter Stellplätze für Kraftfahrzeuge darzustellen und nicht allein die notwendigen Stellplätze. Daher ist insoweit eine fehlerhafte Angabe nicht erkennbar. Die in den Angaben zu gewerblichen Anlagen enthaltene Aussage, es bestehe bereits eine gewerbliche Nutzung, mag vielleicht irrtümlich erfolgt sein. Jedenfalls verhinderte sie nicht die Prüfung nachbarschützender Vorschriften, vielmehr hat die Beklagte die Nutzungsänderung unabhängig hiervon geprüft und ist von einer früheren Wohnnutzung ausgegangen. Die Regelungen über die Anforderungen an Bauvorlagen entfalten nämlich allein dann eine nachbarschützende Wirkung, wenn wegen der Unvollständigkeit der Bauvorlagen eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften nicht geprüft oder nicht zuverlässig ausgeschlossen werden kann (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9.8.2005 - 3 S 1216/05 - VBlBW 2005, 480, juris Rn. 4).

Schließlich ist die in den Bauvorlagen enthaltene Wohn- und Nutzflächenberechnung nicht in einer Weise fehlerhaft, dass die Beachtung nachbar-schützender Vorschriften nicht geprüft werden könnte. Dies gilt sowohl mit Blick auf die grundsätzlich nicht nachbarschützenden Vorschriften über notwendige Stellplätze als auch mit Blick auf § 13 BauNVO. Die von der Klägerin vorgelegte Wohn- und Nutzflächenberechnung weicht von den Flächenberechnungen des Beigeladenen nur unwesentlich ab.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass der Beigeladenen seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Er hat mangels Antragstellung kein Kostenrisiko getragen (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Zwar hat er sich im Verfahren persönlich geäußert. Jedoch hat er keinen Rechtsanwalt bestellt, weshalb er jedenfalls das Verfahren vor dem Senat auch nicht in erheblicher Weise gefördert hat.

IV.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht ist nicht zuzulassen. Es liegt kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vor.

Beschluss vom 1. Oktober 2019

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nummer 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., Anh. § 164) auf 10.000 Euro festgesetzt.

Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).