VG Freiburg, Urteil vom 19.10.2017 - 8 K 1889/16
Fundstelle
openJur 2020, 33867
  • Rkr:

1. Der Anspruch nach § 1 Abs 2 LIFG steht grundsätzlich auch demjenigen zu, der den Zugang zu amtlichen Informationen zu rein privatwirtschaftlichen Zwecken anstrebt.

2. § 5 Abs 1 LIFG erfasst nicht die personenbezogenen Daten Verstorbener.

Tenor

Der Bescheid der Vermögen und Bau Baden-Württemberg - Amt Freiburg - vom 04.02.2016 in Gestalt des Widerspruchbescheids der Vermögen und Bau Baden-Württemberg - Betriebsleitung - vom 04.05.2016 wird aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, der Klägerin die mit Schreiben vom 24.01.2016 beantragte Auskunft über den "Wert des Nachlasses" in der Nachlasssache ... geb. ..., Notariat Lörrach, Az : 1 NG 69/2012 zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Auskunft nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz -LIFG-.

Sie betreibt ein Büro für Erbenermittlungen mit Sitz in Karlsruhe. Mit Schreiben vom 24.01.2016 forderte sie den Beklagten auf, in der Nachlasssache ... l, geb. ..., in der durch das Nachlassgericht Lörrach das Fiskuserbrecht festgestellt wurde (Notariat Lörrach 1 NG 69/2012), den Wert des Nachlasses mitzuteilen.

Mit Bescheid vom 04.02.2016 lehnte das Amt für Vermögen und Bau Freiburg das Auskunftsersuchen ab. Es führte aus, das Auskunftsverlangen sei offensichtlich rechtsmissbräuchlich. Ein gehäuftes Aufkommen solcher Auskunftsbegehren würde zudem zu einer Überlastung der öffentlichen Verwaltung führen.

Mit Schreiben vom 24.02.2016 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch: Der Begriff der amtlichen Informationen sei weit zu fassen. Zudem seien die Motive der Auskunft ersuchenden Person unbeachtlich, da ein wesentlicher Inhalt des Gesetzes das umfassende Recht auf Zugang zu Informationen sei, ohne dass es eines Informationsinteresses oder eines Nachweises bedürfe. Fernerhin seien entsprechende Anfragen von der zuständigen Behörde innerhalb von 0,25 bis 3 Stunden zu bearbeiten. Ein Verwaltungsmehraufwand drohe folglich nicht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.05.2016 - zugestellt am 13.05.2016 - wies die Betriebsleitung Vermögen und Bau den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie bezog sich hierin auf die Ablehnungsgründe im Ausgangsbescheid und ergänzte: Das Auskunftsersuchen sei abzulehnen, da es nachteilige Auswirkungen auf die Interessen des Landes im Wirtschaftsverkehr habe. Zudem stehe ihm das Persönlichkeitsrecht der Verstorbenen sowie der zu ermittelnden Erben entgegen.

Die Klägerin hat am 09.06.2016 Klage zum Verwaltungsgericht Freiburg erhoben. Zur Begründung führt sie aus: Ihr stehe ein Anspruch aus § 1 Abs. 2 LIFG zu. Es handele sich hierbei um einen voraussetzungslosen Anspruch, sodass kein berechtigtes Interesse am Informationszugang erforderlich sei. Das Motiv des Antragstellers sei unbeachtlich. Hieraus ergebe sich, dass der Antragsteller auch kommerzielle Interessen verfolgen könne. Somit könne auch nicht von einer Rechtsmissbräuchlichkeit die Rede sein. Ein Verwaltungsmehraufwand führe nur in unverhältnismäßigen Extremfällen zur Versagung des Informationsersuchens. Ein Informationsverweigerungsrecht im Hinblick auf die Interessen des Beklagten im Wirtschaftsverkehr könne nur auf wettbewerbsrelevante Informationen beschränkt sein. Eine solche Relevanz werde vom Beklagten nicht dargelegt. Der Schutz personenbezogener Daten im Rahmen des § 5 Abs. 1 LIFG erstrecke sich lediglich auf lebende Personen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Vermögen und Bau Baden-Württemberg - Amt Freiburg - vom 04.02.2016 in Gestalt des Widerspruchbescheids der Vermögen und Bau Baden-Württemberg - Betriebsleitung - vom 04.05.2016 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr die mit Schreiben vom 24.01.2016 beantragte Auskunft über den "Wert des Nachlasses" in der Nachlasssache ... l, geb. ... Notariat Lörrach, Az: 1 NG 69/2012, zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor: Zwar handele es sich bei dem Informationsanspruch aus dem LIFG um einen Auskunftsanspruch, der nicht an Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft sei. Hieraus ergebe sich aber keine Schrankenlosigkeit. Vielmehr seien Ausnahmetatbestände unter Beachtung des Sinn und Zwecks des gesetzgeberischen Willens zu prüfen. Hier könne auch die konkrete Motivation für ein Auskunftsverlangen berücksichtigt werden. Die begehrte Auskunft widerspreche insoweit dem Ziel des Gesetzes und sei somit offensichtlich rechtsmissbräuchlich, da sie allein im wirtschaftlichen Eigeninteresse erfolge. Zweck des Gesetzes sei, unter Wahrung des Schutzes personenbezogener Daten und sonstiger Interessen durch ein umfassendes Informationsrecht den freien Zugang zu amtlichen Informationen sowie die Verbreitung dieser Information zu gewährleisten, um die Transparenz der Verwaltung zu vergrößern und damit die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern. Da die Klägerin mit ihrem Auskunftsersuchen lediglich wirtschaftliche Interessen verfolge, stehe ihr Auskunftsverlangen diesem Gesetzeszweck entgegen. Die Auskunft ermögliche die Prognose des Honorars der Klägerin im Falle einer Erbenermittlung und führe so zu einer Minimierung des wirtschaftlichen Risikos, Aufwendungen in eine etwaige Erbenermittlung zu tätigen. Da keine Kostenvorschüsse erhoben würden, sondern bei einer erfolgreichen Erbensuche eine anteilige Vergütung am Erbteil fällig werde, arbeite die Klägerin auf Erfolgsbasis und trage das volle Kostenrisiko im Zusammenhang mit der Erbenermittlung. Der Auskunftsanspruch diene aber gerade nicht der Durchsetzung oder Erleichterung von wirtschaftlichen Interessen Einzelner, sondern solle die Transparenz der Verwaltung vergrößern. Eine solche könne aber durch eine Auskunft im vorliegenden Fall nicht erzielt werden. Zudem stehe dem Auskunftsanspruch der Klägerin der personelle und zeitliche Mehraufwand der Behörde entgegen, der zur sachgerechten Bearbeitung solcher Auskunftsanfragen entstehen würde. Da das Auskunftsbegehren der Klägerin sich lediglich auf wirtschaftliche Interessen stütze und dem Sinn und Zweck des Gesetzes entgegenstehe, sei es als offensichtlich rechtmissbräuchlich zu werten und führe im vorliegenden Fall zur Ablehnung der begehrten Auskunft.

Das Auskunftsersuchen habe zudem nachteilige Auswirkungen auf die Interessen des Landes im Wirtschaftsverkehr. Im Bereich von Fiskalerbschaften nehme das Land wie ein Dritter am Privatrechtsverkehr teil, sodass seine wirtschaftlichen Informationen in diesem Bereich als ebenso schutzwürdig einzuschätzen seien wie die Privater. Da die Auskunft direkt auf den Erwerb des vom Fiskus erlangten Nachlasses abziele - wobei die Klägerin im Gegensatz zu den tatsächlichen Erben kein privatrechtliches Auskunftsrecht habe - würde der Fiskus hierdurch in der Verwertung und dem dabei stattfindenden Wettbewerb behindert. Dem Auskunftsanspruch stehe zudem die Schutzwürdigkeit personenbezogener Daten der Verstorbenen sowie der zu ermittelnden Erben nach LIFG entgegen, da ein überwiegendes öffentliches Informationsinteresse nicht vorliege. Die Werthaltigkeit des Nachlasses stelle ein personenbezogenes Datum des Erblassers dar, welches dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie einfachgesetzlich des Landesdatenschutzgesetzes unterfalle. Durch die Erbenermittlertätigkeit werde die Werthaltigkeit des Nachlasses mit den zu ermittelnden Erben verknüpft, wodurch auch eine personenbezogene Information im Hinblick auf die zu ermittelnden Erben entstehe. Aus § 5 Abs. 4 LIFG ergebe sich, in welchen Fällen der Gesetzgeber eine Abwägung der widerstreitenden Interessen in der Regel zugunsten des öffentlichen Informationsinteresses ausfallen lasse. Die wirtschaftliche Stellung falle nicht darunter. Schließlich stehe hinter dem Auskunftsbegehren ein ausschließlich wirtschaftliches Interesse, welches hinter dem Schutz personenbezogener Daten zurücktrete.

Der Kammer haben die einschlägigen Verwaltungsakten (zwei Bände) vorgelegen. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.

Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig. Für Rechtsstreitigkeiten über Informationsansprüche nach dem LIFG ist unabhängig vom Inhalt der amtlichen Information, zu der Zugang begehrt wird, und unabhängig vom Klagegegner der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.09.2012 - 7 B 5.12 -, VG Freiburg, Urteil vom 21.09.2011 - 1 K 734/1 -, LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.11.2010 - L 5 KR 1815/10 B -, jeweils juris; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 9 Rn. 66f).

II.

Die Verpflichtungsklage ist auch begründet. Der Bescheid vom 04.02.2016 und der Widerspruchbescheid vom 04.05.2016 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Der Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, der Klägerin die erbetenen Informationen zu erteilen. Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass der Beklagte ihr mitteilt, welchen Wert der Nachlass der Frau ... hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 1 Abs. 2 LIFG. Danach hat ein Antragsberechtigter (§ 3 Nr. 1 LIFG) nach Maßgabe des Landesinformationsfreiheitsgesetzes gegenüber den informationspflichtigen Stellen (§ 3 Nr. 2 i.V.m. § 2 LIFG) einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Die tatbestandlichen Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs. 2 LIFG sind gegeben (1). Es liegen auch keine Gründe vor, die den Beklagten zur Auskunftsverweigerung berechtigen (2).

1. Die Klägerin begehrt als Erbenermittlerin sämtliche Informationen in eigenem Namen und Interesse, sodass sie informationsrechtlich als anspruchsberechtigte natürliche Person im Sinne des § 3 Nr. 1 LIFG tätig wird (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.04.2010 - 10 A 10091/10 -, OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.07.2008 - 8 A 1548/07 -, VG Stuttgart, Urteil v. 18.08.2009 - 8 K 1011/09 -, jeweils juris; Schoch, VBIBW 2010, 333, 335).

Die Klägerin begehrt vom Beklagten auch Zugang zu "amtlichen Informationen" im Sinne von § 1 Abs. 2 LIFG. Nach der Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 3 LIFG sind amtliche Informationen jede bei einer informationspflichtigen Stelle bereits vorhandene, amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung, außer Entwürfen und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen. Der Begriff der amtlichen Information wurde vom Landesgesetzgeber in Anlehnung an die bundesrechtliche Regelung in § 2 Nr. 1 IFG weit gefasst (vgl. LT.-Drs. 15/7720, S. 63). Hierbei wird nur die Zugänglichmachung von bei den informationspflichtigen Stellen vorhandenen Informationen ermöglicht. Es kann somit kein Anspruch auf eine bislang nicht vorhandene, statistische Aufbereitung geltend gemacht werden. Zwischen den Beteiligten ist aber unbestritten, dass die angeforderte Auskunft zum Nachlasswert in aufbereiteter Form zur Verfügung steht. Das hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts ausdrücklich bestätigt.

Diese Aufzeichnung erfolgte im Hinblick auf die Zuständigkeiten des Beklagten in der öffentlichen Verwaltung, mithin zu einem amtlichen Zweck. Aufgabe des Landesbetriebs "Vermögen und Bau Baden - Württemberg" ist die Wahrnehmung der Eigentümer- und Bauherrenfunktion für die dem Geschäftsbereich des Finanzministeriums zugeordneten unbeweglichen Vermögenswerte des Landes sowie die Unterbringung der Landeseinrichtungen (vgl. § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Errichtung des Landesbetriebs "Vermögen und Bau Baden - Württemberg" vom 14. Dezember 2004 - LBetrVermBWErrG BW). Aufzeichnungen bezüglich des Wertes von Nachlässen, die unter das Fiskuserbrecht des Landes fallen, sind von diesem Zuständigkeitsbereich umfasst, sodass die Dokumentation des Wertes eines solchen Nachlasses der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben entspricht.

Welches Informationsinteresse die Klägerin hat, ist im Rahmen des § 1 Abs. 2 LIFG unbeachtlich, denn der Informationszugangsanspruch wird insoweit voraussetzungslos gewährt (LT-Drs. 15/7720, S. 13, 58). Tauglicher Gegenstand eines Anspruchs kann sogar eine amtliche Information sein, die der Antragsteller später zur Durchsetzung privatrechtlicher Schadensersatzansprüche gegen den informationspflichtigen Hoheitsträger verwenden will (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 21.09.2011, a.a.O.; Schoch, VBIBW 2010, 333, 336 mit w. N.; enger wohl Bayerischer VGH, Urteil vom 07.10.2008 - 5 BV 07.2162 -, DVBl 2009, 323).

2. Gründe, die Auskunft zu verweigern liegen nicht vor.

(a) Der Informationsanspruch der Klägerin ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nach § 4 Abs. 1 Nr. 9 LIFG ausgeschlossen. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, soweit und solange das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Interessen der informationspflichtigen Stellen im Wirtschaftsverkehr haben kann.

Soweit der Beklagte einwendet, eine Herausgabe der Informationen über den Nachlasswert würde im Rahmen der Nachlassabwicklung Rückschlüsse auf den Verkehrswert von Grundeigentum ermöglichen und dadurch künftige Ausschreibungen im gleichen räumlichen Gebiet wegen der Vergleichbarkeit der Grundstücks- und Verkehrswerte beeinflussen, verkennt er, dass der Verkehrswert eines zu veräußernden Grundstücks eine für potentielle Käufer frei ermittelbare Größe darstellt und insoweit nicht von einer geheimhaltbaren beziehungsweise geheimzuhaltenden Information die Rede sein kann. Der Verkehrswert wird grundsätzlich durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt der Veräußerung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre (vgl. § 194 BauGB). Die Wertermittlung kann unabhängig von Vorkenntnissen anhand von etablierten Verfahren ermittelt werden. Ein Zusammenhang mit einem Nachlasswert an sich - zu dem ohnehin nicht nur das unbewegliche, sondern auch das bewegliche Vermögen eines Erblassers zählt - kann dabei nicht hergestellt werden. Vor diesem Hintergrund erschließt sich folglich nicht, inwieweit Informationen über den Wert des gesamten Nachlasses einer Person Einfluss auf den Verkehrswert einzelner Grundstücke haben können.

Auch die Zugrundelegung der gesetzgeberischen Motivation, wonach insbesondere bei der Veräußerung von Liegenschaften fiskalische Interessen durch eine Offenlegung von Information beeinträchtigt werden könnten und das fiskalische Interesse dadurch gekennzeichnet sei, dass der Staat wie andere Marktteilnehmer am Privatrechtsverkehr und am Wirtschaftsleben teilnehme und seine wirtschaftlichen Informationen ebenso schutzwürdig wie die Privater seien (LT-Drs. 15/7720, S. 67f.), führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar ist der Beklagte der Ansicht, eine Herausgabe der Informationen sei aus wirtschaftlichen Gründen unter Berücksichtigung seiner fiskalischen Interessen schon im Generellen abzulehnen. Hierbei verkennt er jedoch den gesetzgeberischen Zweck des Instituts des Staatserbrechts (§§ 1936, 1964 BGB), welcher nicht das finanzielle Interesse des Fiskus in Form der möglichst gewinnbringenden Verwertung des Nachlasses ist. Seine Funktion liegt vielmehr darin, herrenlose Nachlässe zu vermeiden und eine ordnungsgemäße Nachlassabwicklung zu sichern (BGH, Beschluss vom 23.11.2011 - IV ZB 15/11 -, juris; Leipold, in: MünchKomm-BGB, 7. Aufl. 2017, § 1936 Rn. 2). Das Auftreten im Privatrechtsverkehr wird insoweit maßgeblich zur Verwirklichung dieses Zweckes wahrgenommen. Die Wirtschaftlichkeit der Verwertung dieser Nachlässe ist folglich auch nicht Hauptzweck, sondern allenfalls Nebenzweck der Tätigkeit. Der Beklagte tritt in der vorliegenden Fallgestaltung nicht einem privaten Teilnehmer gleichgeordnet im Wirtschaftsverkehr auf.

(b) Dem geltend gemachten Anspruch steht auch nicht der Ausschlussgrund des Schutzes personenbezogener Daten nach § 5 Abs. 1 LIFG entgegen. Danach ist der Zugang zu personenbezogenen Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 LDSG nur zu gewähren, soweit und solange die Betroffenen entsprechend § 4 Abs. 2 bis 5 LDSG eingewilligt haben oder das öffentliche Informationsinteresse an der Bekanntgabe das schutzwürdige Interesse am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt. Von dieser Bestimmung sind nur die Daten von Personen erfasst, die natürliche Personen im Sinne des § 3 Abs. 1 LDSG und somit lebende Personen sind. Daten Verstorbener sind keine "personenbezogenen Daten" im datenschutzrechtlichen Sinne (vgl. Dammann, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl. 2014, § 3 Rn. 17; Gola/Schomerus, BDSG, 12. Aufl. 2015, § 3 Rn. 12) und werden insoweit auch nicht vom Unionsrecht erfasst (Art. 2 lit. a RL 95/46 EG). Einer Ausdehnung des Schutzes personenbezogener Daten auf Verstorbene bedarf es nicht (zu § 5 Abs. 2 IFG vgl. BVerwG, Urteil vom 29.06.2017 - 7 C 24.15 -; a. A. noch: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.08.2015 - 8 A 2410/13 -, jeweils juris). Der dem Recht auf Information im Rahmen des § 5 LIFG entgegentretende Datenschutz hat seinen verfassungsrechtlichen Ursprung im Persönlichkeitsrecht, das als Rechtsträger einen lebenden Menschen voraussetzt (vgl. Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 5 Rn. 26). Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt klargestellt, dass die Schutzwirkungen des postmortalen Persönlichkeitsrechts nicht mit dem Schutz lebender Personen durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht identisch sind (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschlüsse vom 25.08.2000 - 1 BvR 2707/95 -, NJW 2001, 594ff.; vom 05.04.2001 - 1 BvR 932/94 -, NJW 2001, 2957ff. und vom 19.12.2008 - 1 BvR 1533/07 -, NVwZ 2008, 549ff.).

Es bleibt dem Gesetzgeber grundsätzlich unbenommen, personenbezogene Daten auch über den Tod des Betroffenen hinaus einfachgesetzlich - wie etwa in § 35 Abs. 5 SGB I oder § 203 Abs. 4 StGB ausdrücklich geschehen - zu schützen. Von einer solchen Erweiterung oder Ergänzung des Anwendungsbereichs hat der Landesgesetzgeber aber im Informationsfreiheitsrecht keinen Gebrauch gemacht. Er stellt in seiner Gesetzesbegründung zum Ausgangspunkt für die Normierung des § 5 LIFG vielmehr auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ab und verweist auf dessen Definition durch das Bundesverfassungsgericht (LT-Drs. 15/7720, S. 69). § 5 Abs. 5 LIFG stellt diese Bezugnahme auf die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung klar (vgl. LT-Drs. 15/7720, S. 71). Danach ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Erweiterung der Schutzwirkungen auf Verstorbene. Ungeachtet dessen wird sowohl im Landesinformationsfreiheitsgesetz wie in dessen Begründung durchgängig der Begriff des "Betroffenen" gewählt. Ein Verstorbener dürfte indes im gängigen Sprachgebrauch nicht mehr betroffen bzw. Betroffener sein.

(c) Auch eine Erweiterung des Schutzes personenbezogener Daten bezüglich potentieller Erben kommt nicht in Betracht. Zwar kann ein solches Datum bereits vorliegen, wenn die betreffende Person hinreichend bestimmbar ist, hiervon kann im vorliegenden Fall aber gerade nicht ausgegangen werden. Zunächst ist bereits nicht auszuschließen, dass gesetzliche Erben überhaupt nicht vorhanden sind. Zudem steht es diesen sodann frei, das Erbe auszuschlagen, sodass eine unbedingte Verbindung des Nachlasses mit den möglichen Erben von vornherein nicht besteht und (noch) nicht von Informationen in Bezug auf die Erben ausgegangen werden kann. Schließlich ist auch nicht auszuschließen, dass die Ermittlung der Erben erfolglos bleibt. Von einer hinreichenden Bestimmbarkeit der Erben kann somit nicht die Rede sein.

(d) Soweit der Beklagte dem geltend gemachten Informationsanspruch die Schutzwirkungen des verfassungsrechtlichen postmortalen Persönlichkeitsrechts der Erblasserin entgegenhält, ist zunächst festzustellen, dass diese in ihrer Qualität nicht mit dem sich aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ergebenden Schutz lebender Personen zu vergleichen sind. Der postmortale Persönlichkeitsschutz erfasst zum einen den allgemeinen Achtungsanspruch, der dem Menschen kraft seines Personseins zusteht und den Verstorbenen insbesondere davor bewahrt, herabgewürdigt oder erniedrigt zu werden. Zum anderen erstreckt sich der postmortale Persönlichkeitsschutz auf den sittlichen, personalen und sozialen Geltungswert, den die Person durch ihre eigene Lebensleistung erworben hat (BVerwG, Urteil vom 29.06.2017, a.a.O). Beide Ausprägungen des postmortalen Persönlichkeitsschutzes werden nicht durch die Offenlegung wahrer Tatsachen - wie hier des Nachlasswerts - berührt, da hiermit weder eine herabwürdigende oder erniedrigende oder vergleichbare Behandlung noch eine Verfälschung des Lebensbildes verbunden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.11.2016 - 6 A 3.15 -, juris). Es ist vorliegend nicht erkennbar und wird vom Beklagten auch nicht vorgetragen, dass der Informationszugang den Achtungsanspruch der Erblasserin und ihren Geltungswert verletzen könnte. Der Schutzgehalt der Menschenwürde gebietet mithin einen Schutz der streitgegenständlichen Information nicht (§ 5 Abs. 5 LIFG).

(e) Ein Ausschlussgrund ergibt sich auch nicht aus einer offensichtlichen Rechtsmissbräuchlichkeit im Sinne des § 9 Abs. 3 Nr. 1 LIFG. Danach kann ein Antrag abgelehnt werden, wenn dieser offensichtlich rechtsmissbräuchlich gestellt wurde. Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden.

Der Beklagte wendet ein, da die Anfrage der Klägerin lediglich wirtschaftlichen Interessen folge, liefe diese dem gesetzgeberischen Zweck - der Vergrößerung der Transparenz als Voraussetzung für eine demokratische Meinungs- und Willensbildung - zuwider. Die Reichweite und der Zweck des Landesinformationsfreiheitsgesetzes geht aber dahin, ein umfassendes Recht auf Zugang zu amtlichen Informationen außerhalb eines laufenden Verwaltungsverfahrens zu gewähren, ohne dass es eines Informationsinteresses bedarf (LT-Drs. 15/7720, S. 13, 58). Sowohl die einschlägigen Landes- wie auch die entsprechenden Bundesvorschriften normieren einen voraussetzungslosen Informationsanspruch. Der Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen ist folglich auch nicht davon abhängig zu machen, ob der Anspruchsteller sich einen persönlichen wirtschaftlichen oder ideellen Vorteil von der erbetenen Auskunft erhofft (vgl. Hessischer VGH Beschlüsse vom 15.12.2011 - 6 B 1926/11 - und vom 30.04.2010 - 6 A 1341/09 -, jeweils juris; VG Freiburg, Urteil vom 21.09.2011, a.a.O.). Zu welchem Zweck der Zugang zu den behördlichen Unterlagen begehrt wird, ist für den Anspruch nach § 1 Abs. 2 LIFG irrelevant. Damit kann die Klägerin unabhängig davon, ob sie aus der begehrten Information ein Interesse an öffentlicher Teilhabe oder politischer Partizipation ableiten kann, grundsätzlich den Anspruch ebenso geltend machen, wie eine Person, die lediglich allgemein an den Informationen interessiert ist. Der Anspruch nach § 1 Abs. 2 LIFG steht grundsätzlich auch demjenigen zu, der den Zugang zu amtlichen Informationen zu rein privatwirtschaftlichen Zwecken anstrebt. Ein solches Anliegen ist folglich auch nicht rechtsmissbräuchlich. Würde eine offensichtliche Rechtsmissbräuchlichkeit bereits bei sämtlichen wirtschaftlich motivierten Anfragen bejaht werden, würde hierdurch das gesetzgeberische Konzept des anspruchslosen Informationsanspruchs ausgehöhlt.

(f) Es kann auch nicht von einer derartigen Erhöhung des Verwaltungsaufwandes auszugehen sein, dass eine Ablehnung auf § 9 Abs. 3 Nr. 3 LIFG zu stützen wäre. Ein Antrag kann danach abgelehnt werden, wenn dessen Bearbeitung einen für die informationspflichtige Stelle unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verursachen würde. Diese Regelung ist als Schutzklausel für die informationspflichtige Stelle zu verstehen, wobei bei der Bewertung im Einzelfall auf die relative Leistungsfähigkeit der jeweiligen informationspflichtigen Stelle abzustellen ist. Es ist auch der jeweils in Betracht kommende Ausgleich für den Aufwand durch Gebühren und Auslagen nach § 10 LIFG zu berücksichtigen (vgl. LT-Drs. 15/7720, S. 16f., 77). Es erschließt sich vorliegend bereits nicht, inwieweit erhebliche Leistungsbeeinträchtigungen aus Anfragen zum Wert von Nachlässen folgen sollten. Zeitaufwändige Recherchearbeiten oder Dokumentationspflichten gehen auch nach den Ausführungen des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung mit einer solchen Anfrage nicht einher. Wurde ein konkreter Wert für einen Nachlass nicht ermittelt und dokumentiert, besteht bereits kein Auskunftsanspruch, da es sich insoweit nicht um eine bereits vorhandene amtliche Information im Sinne des § 3 Nr. 3 LIFG handelt. Die generelle Erhöhung des Verwaltungsaufwandes aufgrund einer Zunahme von Auskunftsersuchen ist ungeachtet dessen eine zwangsläufige Folge der Einführung eines gesetzlich umfassend begründeten Informationsanspruchs und somit vom gesetzgeberischen Willen getragen. Sofern der Beklagte vorbringt, eine Häufung von Auskunftsansprüchen würde erhebliche personelle Kapazitäten binden, kann dies nicht zu einer Auskunftsverweigerung im vorliegenden Einzelfall führen. § 9 Abs. 3 Nr. 3 LIFG stellt vielmehr darauf ab, dass der konkrete Antrag im Einzelfall einen unverhältnismäßigen Mehraufwand verursacht, insoweit kann also nicht auf die generelle Überlastung der Verwaltung durch gehäufte Auskunftsverlangen an sich verwiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Denn die Fragen, in welchem Umfang einem Auskunftsersuchen nach LIFG die Persönlichkeitsrechte eines Verstorbenen entgegengehalten werden können und inwieweit wirtschaftliche Interessen gegebenenfalls einer Informationspflicht entgegenstehen, sind in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt.