SG Münster, Beschluss vom 28.06.2018 - S 23 R 506/17 ER
Fundstelle
openJur 2020, 32874
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. L 8 BA 130/18 BER
Tenor

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der am 29.6.2017 erhobenen Klage wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin. Der Streitwert wird für dieses Verfahren auf 12.849,21 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer bereits am 29.6.2017 ausdrücklich erhobenen Klage gegen den Betriebsprüfungsbescheid der Antragsgegnerin vom 9.5.2017 letztlich in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.8.2017, mit dem diese die Antragstellerin auf Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen sowie darauf entfallender Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 51.396,84 EUR in Anspruch nimmt. In diesem Zusammenhang streiten die Beteiligten insbesondere über die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung in der Zeit vom 1.1.2013 bis zum 31.12.2015 für seine Tätigkeit als Betriebsleiter der Antragstellerin.

Die Antragstellerin ist ein Fachbetrieb für Sonderabfälle, deren Schwerpunkt auf der Verwertung von Schlamm aus Öl-/Wasserabscheidern liegt. Mit notariellem Kaufvertrag vom 31.8.2012 schloss die Antragstellerin als Käuferin mit der H.-C. Entsorgungsgesellschaft mbH, deren Gegenstand der Transport, die Aufbereitung und die Entsorgung von festen und flüssigen Stoffen und Gütern und deren damaliger Alleingesellschafter sowie Geschäftsführer der Beigeladene zu 1) war, als Verkäuferin einen Kaufvertrag über ein bebautes Betriebsgrundstück in C ... Ausweislich der Regelung in § 2 Abs. 2 des Vertrages gelten auch die sich aus der als Anlage zu dem Vertrag ergebenden Gegenstände (Maschinen). Nach § 5 des Vertrages beträgt der Kaufpreis 1.403.550,00 EUR, wobei hiervon ein Betrag in Höhe von 648.550,00 EUR auf die Maschinen entsprechend der Aufstellung in der Anlage des Vertrages entfällt.

Die Antragsgegnerin führte in der Zeit vom 12.7.2016 bis zum 17.1.2017 im Betrieb der Antragstellerin eine Betriebsprüfung durch. In deren Rahmen teilte sie dem Beigeladenen zu 1) mit Schreiben vom 7.9.2016 mit, dass sich anlässlich dieser Betriebsprüfung Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, dass seine Tätigkeit als "Technischer Leiter" für die Antragstellerin als sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu werten sei. Zur weiteren Prüfung dieser Frage bat die Antragsgegnerin um Rücksendung des beigefügten Feststellungsbogens zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen.

Der Beigeladene zu 1) ist Vater der Inhaberin der Antragstellerin und gelernter Heizungsmonteur. Am Betrieb der Antragstellerin war er nicht beteiligt, sondern im streitgegenständlichen Zeitraum der Jahre 2013 bis 2015 ausschließlich mit der Leitung des Betriebes der Antragstellerin betraut, wobei er die technischen Arbeitsprozesse vorgab und beaufsichtigte. Einen diese Tätigkeit regelnden und ausgestalteten schriftlichen Vertrag schlossen die Antragstellerin und der Beigeladene 1) nicht. Zur o.g. Tätigkeit gab der Beigeladene zu 1) auf dem ihm von der Antragsgegnerin übersandten "Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen" vom 31.10.2016 insbesondere an, dass er für jene für die Antragstellerin ausgeübte Tätigkeit im Zeitraum vom 1.1.2013 bis zum 31.12.2015 eine Vergütung in Höhe von monatlich 6.000 EUR erhielt, allerdings seit dem 1.1.2016 ohne Vergü-tung für die Antragstellerin tätig geworden sei. Von dieser Vergütung habe die Antragstellerin Lohnsteuer entrichtet und die Vergütung als Betriebsausgabe gebucht. Ferner sei er am Gewinn der Antragstellerin beteiligt gewesen und habe von dieser Tantiemen erhalten. Darüber hinaus werde die Vergütung auch bei Arbeitsunfähigkeit fortgezahlt. Demgegenüber seien weder ein Urlaubsanspruch noch eine Kündigungsfrist vereinbart gewesen. Seine – auf besonderen Fachkenntnissen beruhende – Tätigkeit habe der Beigeladene zu 1) frei bestimmen und gestalten können; seine Mitarbeit im Betrieb der Antragstellerin sei aufgrund familiärer Rücksichtnahme durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt gewesen.

Mit Anhörungsschreiben vom 25.1.2017 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass sie beabsichtige, für die Zeit vom 1.1.2012 bis zum 31.12.2015 Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 50.874,96 EUR zu erheben. Denn die im Rahmen der Betriebsprüfung vorgenommene sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Betriebsleiter der Antragstellerin habe ergeben, dass dieser die genannte Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. In diesem Zusammenhang wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass bislang kein schriftliches Statusfeststellungsverfahren für den Beigeladenen zu 1) durchgeführt worden sei. Dieser erhalte für seine Tä-tigkeit für die Antragstellerin ein Arbeitsentgelt und verfüge ferner über ein Firmenfahrzeug zur privaten Nutzung. Ausdrücklich stellte die Antragsgegnerin noch fest, dass der Beigeladene zu 1) nicht an der Antragstellerin beteiligt sei und dieser auch kein Darlehen gewährt habe. Unter Hinweis auf die zur Frage der statusrechtlichen Beurteilung von mitarbeitenden Familienangehörigen entwickelten Grundsätze stellte die Antragsgegnerin zur Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) konkret fest, dass dieser die Tätigkeit anstelle einer fremden Arbeitskraft tatsächlich ausübe, von dem ihm gezahlten Arbeitsentgelt Lohnsteuer entrichtet und dieses als Betriebsausgabe gebucht werde, er nicht am Betriebsvermögen der Antragstellerin beteiligt sei und im Krankheitsfall sein Arbeitsentgelt nicht fortgezahlt werde. Schließlich vermochte die Antragsgegnerin kein vom Beigeladenen zu 1) getragenes unternehmerisches Risiko zu erkennen. Nach einer Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) von der Antragsgegnerin für relevant gehaltenen Gesichtspunkte überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, das in der Zeit vom 1.1.2013 bis zum 31.12.2015 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung auslöse; aufgrund seiner hauptberuflichen Selbstständigkeit entstehe keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Die ihr eingeräumte Möglichkeit zur Äußerung nutzte die Antragstellerin nicht.

Mit Bescheid vom 9.5.2017 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin sodann mit, dass jenes im Zusammenhang mit der Betriebsprüfung eingeleitete Statusfeststellungsverfahren zu dem Ergebnis geführt habe, dass der Beigeladene zu 1) seit dem 1.1.2013 im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses, für das in der Zeit vom 1.1.2013 bis zum 31.12.2015 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe, als Betriebsleiter für die Antragstellerin tätig werde. Insoweit forderte die Antragsgegnerin von der Antragstellerin Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 51.396,84 EUR nach. Zur Begründung ihrer Entscheidung wiederholte sie im Wesentlichen den Inhalt ihres Anhö-rungsschreibens vom 25.1.2017, wobei sie klarstellend darauf hinwies, dass die zu viel gezahlten Beiträge in Höhe von 1.809,60 EUR nicht anlässlich der Prüfung erstattet und verrechnet werden könnten.

Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin am 9.6.2017 Widerspruch ein und beantragte gleichzeitig ausdrücklich die Stundung und Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides. Zur Begründung ihres Widerspruchs trug sie insbesondere vor, dass die jetzige Inhaberin der Antragstellerin den Betrieb vom Beigeladenen zu 1) zwecks vorzeitiger Regelung der Nachfolge übergeben worden sei. Ausdrücklich betonte sie, dass der Beigeladene zu 1) keiner Weisungsbefugnis unterliege und als Betriebsleiter die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebes übernommen habe. Vor diesem Hintergrund meinte die Antragstellerin, dass die Merkmale für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit vollumfänglich erfüllt seien und der Beigeladene zu 1) insbesondere ein unternehmerisches Risiko getragen habe.

Mit Schreiben vom 16.6.2017 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass sie ihrem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der festgestellten Beitragsforderung nicht entspreche. Insbesondere habe sie keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beitragsbescheides vom 9.5.2017 und wies zur Begründung auf die dort bereits dargelegten Gründe, an denen sie festhalte, hin. Ferner habe die Antragstellerin nicht das Vorliegen einer unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte vorgetragen und erkenne die Antragsgegnerin auch keine besonderen Umstände, die eine für die Antragstellerin günstigere Entscheidung im Wege des Ermessens rechtfertigten.

Am 29.6.2017 hat die Antragstellerin das Gericht mit einem ausdrücklich mit "Klageschrift" sowie "Antrag auf einstweilige Anordnung der aufschiebenden Wirkung" Schriftsatz um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ersucht. Zur Begründung verweist sie zunächst auf ihr Vorbringen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren. Des Weiteren legt sie eine Bestätigung ihres Steuerberaters vom 10.7.2017 vor, aus der hervorgeht, dass der Gewinn der Antragstellerin zum großen Teil an den Beigeladenen zu 1) als Darlehensgeber ausgekehrt worden sei und darüber hinaus sämtliche Wirtschaftsgüter der Antragstellerin durch – weitere – Darlehen in Höhe von insgesamt 1.503.647,33 EUR finanziert worden und entsprechend abgesichert seien. Zudem sei es unwahrscheinlich, dass der Beigeladene zu 1) angesichts einer immensen Überschuldung die ihm gewährten Darlehen über mehr als 280.000 EUR zurückzahlen wird. Sie weist ferner darauf hin, dass der zeitliche Umfang der Arbeitsleistung des Beigeladenen zu 1) stark variiert habe und er maximal ca. 16 Stunden monatlich für die Antragstellerin tätig gewesen sei. Dessen Arbeitsleistung sei von einer sehr freien Gestaltung der Arbeitszeit und -leistung geprägt gewesen, die eine Eingliederung in den Betrieb der Antragstellerin geradezu ausschließe. Zudem habe der Beigeladene zu 1) ein eigenes Weisungsrecht, das einer Generalvollmacht entspreche, ausüben können und sei daher selbst nicht weisungsgebunden gewesen. Letztlich sei die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Antragstellerin im Rahmen familienhafter Mithilfe erfolgt.

Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich ausdrücklich die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 9.5.2017 bis zur Entscheidung.

Die Antragsgegnerin beantragt schriftsätzlich, den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, dass sie auch nach erneuter Würdigung des Vorbringens der Antragstellerin auch im gerichtlichen Verfahren keine relevanten neuen Erkenntnisse habe gewinnen können und entsprechend keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides vom 9.5.2017 habe. Insoweit hebt sie unter Wiederholung der bereits im Verwaltungsverfahren von ihr genannten Argumente insbesondere hervor, dass der Beigeladene zu 1) über keine eigenen Betriebsmittel verfügt habe und kein eigenes Kapital mit der Gefahr des Verlustes habe investieren müssen, sondern vielmehr eine Vergütung von der Antragstellerin erhalten habe, auch als er einige Monate nicht für sie tätig wurde. Ferner seien dessen Investitionen im Zusammenhang mit seinem eigenen Unternehmen bei der Beurteilung seiner Tätigkeit für die Antragstellerin nicht heranzuziehen. Auch sage das Fehlen eines schriftlichen Arbeitsvertrages nichts über den sozialversicherungsrechtlichen Status einer Tätigkeit aus, da zudem für den Abschluss eines Arbeitsvertrages der Grundsatz der Formfreiheit gelte. Schließlich seien auch Beschäftigungsverhältnisse unter Familienangehörigen so zu beurteilen wie jene von "Fremden".

Mit Widerspruchsbescheid vom 1.8.2017 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch der Antragstellerin als unbegründet zurückgewiesen. Insbesondere stehe der weisungsgebundenen Eingliederung des Beigeladenen zu 1) in den Betrieb der Antragstellerin nicht entgegen, dass dieser keine Einzelweisungen hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung seiner Arbeitsleistung unterlegen habe, da er angesichts seiner im Rahmen jahrelanger beruflicher Tätigkeit erworbener Fachkenntnisse – als früherer Inhaber der Antragstellerin – schon keiner ausdrücklichen Einzelweisungen bedurfte. Zudem habe er kein eigenes unternehmerisches Risiko im streitgegenständlichen Zeitraum getragen und weder eigenes Kapital noch eigene Betriebsmittel mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Vielmehr habe er für den Einsatz seiner Arbeitskraft – arbeitnehmertypisch – ein festgelegtes Gehalt nebst Gewinnbeteiligung erhalten. Vor diesem Hintergrund entspreche der angefochtene Beitragsbescheid vom 9.5.2017 der Sach- und Rechtslage und sei aus Sicht der Antragsgegnerin nicht zu beanstanden.

Die Beigeladenen zu 1) und 2) haben sich nicht geäußert.

Die Beigeladene zu 3) hat darauf hingewiesen, dass die Aussetzung der Vollziehung einer Beitragsnachforderung der Antragsgegnerin obliege und sie daher auf deren Ausführungen verweise. Von einer eigenen Stellungnahme hat sie entsprechend ausdrücklich abgesehen.

Auch die Beigeladene zu 4) hat von einer eigenen Stellungnahme ausdrücklich abgesehen. Denn sie sehe ihre Interessen durch die Antragsgegnerin ausreichend vertreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte und der ferner beigezogenen Gerichtsakte zum Az. S 17 R 602/17 Bezug genommen, der jeweils zum Gegenstand des Eilverfahrens gemacht worden ist.

II.

Die Antragstellerin begehrt bei verständiger Würdigung ihres Begehrens, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 9.5.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.8.2017 anzuordnen. Die Antragsgegnerin begehrt bei verständiger Würdigung ihres Begehrens, diesen Antrag abzulehnen.

Der so verstandene Antrag der Antragstellerin ist zulässig, aber unbegründet.

Der Antrag ist als auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der – letztlich ebenfalls und zeitgleich mit dem eingelegten Widerspruch – am 29.6.2017 erhobenen Klage gerichteter Antrag gem. § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft. Der Statthaftigkeit des Antrags steht insbesondere nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin nach Eingang des vorläufigen Rechtsschutzersuchens der Antragstellerin bei Gericht über deren Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1.8.2017 abschlägig entschieden hat. Denn ein von der Antragstellerin auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gerichteter Antrag erfasst bei zwischenzeitlich ergangenem Widerspruchsbescheid auch jenen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (vgl. Binder, in: Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Aufl. 2017, § 86b Rn. 9), da es dem von Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) geschützten Interesse der Antragstellerin auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes entspricht, dass der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs zugleich jenen auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der ebenfalls erhobenen Klage erfasst (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 14.5.2009 – L 8 AS 215/09 B ER – juris Rn. 14; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.1.2005 – L 2 B 9/03 KR ER – juris Rn. 18).

Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 9.5.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.8.2017 ist ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 S. 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch (SGB X) sowie im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG. Die gegen diesen Verwaltungsakt von der Antragstellerin erhobene Anfechtungsklage hat gem. § 86a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung. Nichts anderes ergibt sich mit Blick auf § 7a Abs. 7 S. 1 des Sozialgesetzbuches Viertes Buch (SGB IV); Rechtsbehelfe gegen Beitragsbescheide prüfender Rentenversicherungsträger gem. § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV haben weder in unmittelbarer noch in entsprechender Anwendung des § 7a Abs. 7 S. 1 SGB IV aufschiebende Wirkung (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.5.2015 – L 8 R 106/15 B ER – juris Rn. 77). Die Antragstellerin kann auch ein Rechtsschutzbedürfnis für den gerichtlichen Rechtsschutzantrag geltend machen. Denn der Rechtsbehelf in der Hauptsache – die am 29.6.2017 erhobene Klage – ist nicht offensichtlich unzulässig und insbesondere gem. § 84 Abs. 1 S. 1 SGG, § 37 Abs. 2 S. 1 SGB X fristgemäß erhoben worden sowie – gerade auch mit Blick auf das zwischenzeitlich durchgeführte und durch Erlass des Widerspruchsbescheides vom 1.8.2017 abgeschlossene Widerspruchsverfahren – insgesamt in die Zulässigkeit erwachsen. Ob ein vorheriger Aussetzungsantrag der Antragstellerin an die Antragsgegnerin erforderlich ist, kann dahinstehen, da sie einen solchen Antrag gleichzeitig mit ihrem Widerspruch mit Schreiben vom 9.6.2017 gestellt hat, den die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 16.6.2017 abgelehnt hat, da sie nach Prüfung der Sach- und Rechtslage keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides hegte und damit keine Möglichkeit sah, einer Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beitragsbescheides zuzustimmen.

Der Antrag ist jedoch unbegründet. Nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gem. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten einschließlich Säumniszuschlägen. Die Entscheidung, ob das Gericht die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise dennoch anordnet, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Interesses der Antragstellerin an einem Aufschub der Vollziehung des angegriffenen Verwaltungsaktes einerseits sowie des öffentlichen Interesses an der Vollziehung dieses Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 S. 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für die Antragstellerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfes – der am 29.6.2017 erhobenen Klage – zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. zu Vorstehendem insgesamt nur LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 14.9.2016 – L 8 R 221/14 B ER – juris Rn. 2, vom 11.5.2015 – L 8 R 106/15 B ER – juris Rn. 78, vom 23.12.2013 – L 8 R 499/13 B ER – juris Rn. 31f. sowie vom 27.6.2013 – L 8 R 114/13 B ER – juris Rn. 8).

Nach der gebotenen summarischen Prüfung hat das Gericht gegenwärtig keine ernsthaften Zweifel eines Grades, demzufolge ein Erfolg der erhobenen Klage zumindest überwiegend wahrscheinlich wäre, der angegriffene Bescheid sich also im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen würde. Ferner kann das Gericht nicht erkennen, dass die Vollziehung des Beitragsbescheides für die Antragstellerin eine unbillige Härte zur Folge hätte.

Der die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen enthaltende Bescheid der Antragsgegnerin vom 9.5.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.8.2017 beruht auf § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV, wonach die Träger der Rentenversicherung gegenüber den Arbeitgebern im Rahmen von Betriebsprüfungen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe der Arbeitnehmer in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung erlassen. Dabei schuldet die Antragstellerin den Gesamtsozialversicherungsbeitrag gem. § 28e Abs. 1 S. 1 SGB IV für die bei ihr versicherungspflichtigen Beschäftigten, d.h. die für die versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 28d S. 1 und 2 SGB IV). Der Versicherungspflicht in der – hier umstrittenen – Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 1 S. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch [SGB VI] und §§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch [SGB III]).

Zunächst ist nicht ersichtlich, dass der mit der Klage der Antragstellerin vom 29.6.2017 angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin vom 9.5.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.8.2017 formell rechtswidrig ist. Insbesondere hat die Antragsgegnerin die Antragstellerin vor Erlass des Bescheides vom 9.5.2017 mit Schreiben vom 25.1.2017 gem. § 24 Abs. 1 SGB X ordnungsgemäß angehört.

Auch spricht nach summarischer Prüfung gegenwärtig mehr dafür als dagegen, dass die Antragsgegnerin den Beigeladenen zu 1) bzgl. seiner vom 1.1.2013 bis zum 31.12.2015 ausgeübten Tätigkeit als Betriebsleiter der Antragstellerin zutreffend als versicherungspflichtig in den genannten Zweigen der Sozialversicherung betrachtet und entsprechende, bislang nicht entrichtete Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert hat.

Es ist derzeit überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragstellerin im Zeitraum vom 1.1.2013 bis zum 31.12.2015 Arbeitgeberin des Beigeladenen zu 1) und als solche zur Abführung des (teilweisen) Gesamtsozialversicherungsbeitrages verpflichtet war. Als Arbeitgeber im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist regelmäßig derjenige anzusehen, zu dem ein anderer – der Beschäftigte – in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis steht (BSG, Urteil vom 27.7.2011 – B 12 KR 10/09 – juris Rn. 17; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4.3.2015 – L 8 R 931/13 – juris Rn. 99). Der Arbeitgeber vergibt die Arbeit unmittelbar an andere und ihm steht die Verfügung über deren Arbeitskraft, Einstellung, Verwendung und Entlassung zu; schließlich kommt ihm der Erfolg der Arbeitsleistung zugute; Arbeitgeber kann somit eine natürliche Person, eine Personenmehrheit (z.B. eine oHG) oder eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts (z.B. eine GmbH, AG oder Körperschaft des öffentlichen Rechts) sein (vgl. insg. Sehnert, in: Hauck/Noftz, SGB IV, 1. Band, Erg.-Lfg. 1/18 [Stand: März 2018], K § 28a Rn. 8; SG München, Urteil vom 17.3.2016 – S 15 R 582/14 – juris Rn. 29). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer solchen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Hiernach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, wobei Anhaltspunkte für eine solche eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers sind.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, die von der obergerichtlichen Rechtsprechung bestätigend aufgegriffen wird, setzt eine (abhängige) Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr.; BSG, Urteile vom 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 16; vom 29.7.2015 – B 12 KR 23/13 R – juris Rn. 16; 30.4.2013 – B 12 KR 19/11 R – juris Rn. 13, vom 29.8.2012 – B 12 KR 14/10 R – juris Rn. 15 und – B 12 KR 25/10 R – juris Rn. 15 sowie vom 25.1.2006 – B 12 KR 30/04 R – juris Rn. 21; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9.11.2015 – L 8 R 628/15 B ER – juris Rn. 105 sowie zuletzt Urteile vom 4.3.2015 – L 8 R 931/13 – juris Rn. 100, vom 26.11.2014 – L 8 R 573/12 – juris Rn. 51 sowie vom 22.10.2014 – L 8 R 1142/13 – juris Rn. 78; LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 10.6.2016 – L 4 R 903/15 – juris Rn. 28, vom 22.7.2014 – L 11 R 4543/13 – juris Rn. 53 sowie vom 7.5.2014 – L 4 KR 1024/13 – juris Rn. 35; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.1.2015 – L 1 KR 130/14 – juris Rn. 44; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteile vom 22.10.2014 – L 2 R 5/14 – juris Rn. 36, 37 und – L 2 R 258/14 – juris Rn. 20; Hessisches LSG, Urteil vom 15.5.2014 – L 1 KR 253/13 – juris Rn. 39; Sächsisches LSG, Urteil vom 4.3.2014 – L 1 KR 9/11 – juris Rn. 33; vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.11.2014 – L 4 R 556/13 – juris Rn. 24).

Der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung ist weiterführend zu entnehmen, dass nicht allein die tatsächlichen Umstände der zu beurteilenden Tätigkeit für die Zuordnung derselben zu einer abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit entscheidend sind, sondern jene der Tätigkeit zu Grunde liegenden rechtlichen und insbesondere vertraglichen Bestimmungen nicht nur nachrangig zu berücksichtigen sind. So sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse gerade die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen wird. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer angelegten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Allerdings ist insbesondere die Ernsthaftigkeit der dokumentierten, zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der u.U. als Scheingeschäft i.S.d. § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf. den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen (BSG, Urteil vom 24.3.2016 – B 12 KR 20/14 R – juris Rn. 14; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 8.2.2017 – L 8 R 497/16 – juris Rn. 57). Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, a.a.O.; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.). Letztlich ist die Rechtsbeziehung maßgeblich, so wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. insgesamt BSG, Urteile vom 30.4.2013 – B 12 KR 19/11 R – juris Rn. 14, vom 29.8.2012 – B 12 KR 14/10 R – juris Rn. 16 und – B 12 KR 25/10 R – juris Rn. 16 sowie vom 25.1.2006 – B 12 KR 30/04 R – juris Rn. 22; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9.11.2015 – L 8 R 628/15 B ER – juris Rn. 106 sowie zuletzt Urteile vom 4.3.2015 – L 8 R 931/13 – juris Rn. 101, vom 26.11.2014 – L 8 R 573/12 – juris Rn. 52, vom 22.10.2014 – L 8 R 1142/13 – juris Rn. 79 sowie vom 24.9.2014 – L 8 R 1104/13 – juris Rn. 173; LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 28.3.2017 – L 11 R 1310/16 – juris Rn. 47f., vom 10.6.2016 – L 4 R 903/15 – juris Rn. 29, vom 22.7.2014 – L 11 R 4543/13 – juris Rn. 54 sowie vom 7.5.2014 – L 4 KR 1024/13 – juris Rn. 36; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.1.2015 – L 1 KR 130/14 – juris Rn. 45; Hessisches LSG, Urteil vom 15.5.2014 – L 1 KR 253/13 – juris Rn. 39; Sächsisches LSG, Urteil vom 4.3.2014 – L 1 KR 9/11 – juris Rn. 34; vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteile vom 22.10.2014 – L 2 R 5/14 – juris Rn. 38 und – L 2 R 258/14 – juris Rn. 21). Letztlich setzt die Zuordnung einer Tätigkeit nach ihrem Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der selbstständigen Tätigkeit voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 16; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 6.7.2016 – L 8 R 761/14 – juris Rn. 74 sowie vom 20.4.2016 – L 8 R 1136/13 – juris Rn. 70).

Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen Angehörigen besteht, wobei es jeweils auf die Umstände des Einzelfalls ankommt (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.2.2014 – L 8 R 1108/12 – juris Rn. 40). Von diesen Einzelfallumständen hängt entsprechend die Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und familienhafter Mithilfe ab, wobei ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis insbesondere voraussetzt, dass der Beschäftigte ein Entgelt erhält, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt, mithin über einen freien Unterhalt, ein Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgeht (BSG, Urteil vom 23.6.1994 – 12 RK 50/93 – juris Rn. 18). In diesem Zusammenhang ist weiter insbesondere zur entsprechenden Abgrenzung darauf abzustellen, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen worden ist, das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, es als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird sowie, ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt (BSG, a.a.O.). Größere Freiheiten des als Arbeitnehmer tätigen Familienangehörigen im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern sind dabei zudem unschädlich (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.). Letztlich ist entscheidend, ob die Arbeitskraft im Dienst des Unternehmens eingesetzt und dabei Aufgaben erfüllt werden, die sich aus der Organisation oder der direkten Anweisung des Arbeitgebers ergeben (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.). Dabei unterscheidet sich die Beurteilung einer Erwerbstätigkeit, die im Unternehmen eines Familienangehörigen ausgeübt wird, der als natürliche Person Unternehmensinhaber bzw. Träger des Unternehmens und mit seinem ganzen Vermögen dessen Haftungsobjekt ist, insoweit rechtlich gesehen nicht wesentlich von der Beurteilung einer Erwerbstätigkeit in einer Familiengesellschaft, bspw. in der Rechtsform einer GmbH, deren Kapital in Form von Geschäftsanteilen von Familienangehörigen gehalten wird (BSG, Urteil vom 30.4.2013 – B 12 KR 19/11 R – juris Rn. 19).

Soweit nebeneinander verschiedene rentenversicherungsrechtlich bedeutsame Sachverhalte vorliegen, hat im Ausgangspunkt das Bestehen von Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit hinsichtlich des einen Sachverhalts grundsätzlich keine Wirkung für den anderen Sachverhalt; vielmehr ist jeder Sachverhalt, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, selbstständig zu beurteilen (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 22.10.2014 – L 2 R 5/14 – juris Rn. 39; vgl. auch BSG, Urteil vom 4.11.2009 – B 12 R 7/08 R – juris Rn. 19). Entsprechend ist der rechtlichen Beurteilung allein die vom Beigeladenen zu 1) für die Antragstellerin ausgeübte Tätigkeit als (technischer) Betriebsleiter zugrunde zu legen. Unerheblich ist es, welcher Ausgestaltung etwaige sonstige, insbesondere für Dritte oder auch selbstständig ausgeübte Tätigkeiten des Beigeladenen zu 1) sind.

Ausgehend von den dargestellten Rechtsgrundsätzen ist die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als (technischer) Betriebsleiter der Antragstellerin in der Zeit vom 1.1.2013 bis zum 31.12.2015 unter Würdigung und Abwägung der bislang bekannten Umstände des Einzelfalls nach summarischer Prüfung in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht derzeit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als abhängige Beschäftigung zu werten. Es spricht gegenwärtig mehr dafür als dagegen, dass der Beigeladene zu 1) im streitgegenständlichen Zeitraum nicht in einem eigenen, sondern in einem fremden Betrieb, nämlich jenem der Antragstellerin, tätig war. Alleinige Unternehmensinhaberin der Antragstellerin war insbesondere im streitgegenständlichen Zeitraum der Jahre 2013 bis 2015 die Tochter des Beigeladenen zu 1), der er das Unternehmen gerade mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 31.8.2012 vollständig übertragen hatte. Seither führt dessen Tochter das Unternehmen als Einzelunternehmen.

Mangels schriftlicher Vereinbarungen zwischen der Antragstellerin und dem Beigeladenen zu 1) stellt das Gericht auf die mündlichen Vereinbarungen zwischen der Antragstellerin und dem Beigeladenen zu 1) sowie den tatsächlich praktizierten Ablauf ab (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.9.2014 – L 8 R 627/13 – juris Rn. 119). Hierbei schließt das Fehlen eines schriftlichen Vertrages das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung nicht aus, da eine solche auch mündlich vereinbart als auch durch faktischen Vollzug entstehen kann (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.2.2015 – L 11 R 5195/13 – juris Rn. 30). Letztlich ist ohnehin nicht der – auch gemeinschaftlich bekundete – Wille der Vertragspartner, kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis begründen zu wollen, für die rechtlich relevante Qualifizierung der ausgeübten Tätigkeit entscheidend, da nicht die subjektiven Wünsche und Vorstellungen der Beteiligten, sondern das Gesamtbild der Arbeitsleistung, so wie es sich aus dem – gelebten – Vertragsverhältnis der Beteiligten ergibt und im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen wird, für die Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit maßgebend ist (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.6.2016 – L 4 R 903/15 – juris Rn. 43).

Mit Blick darauf übte der Beigeladene zu 1) die bereits beschriebene Tätigkeit für die Antragstellerin im streitgegenständlichen Zeitraum zur Überzeugung des Gerichts als abhängig Beschäftigter aus. Hierfür spricht zunächst insbesondere, dass der Beigeladene zu 1) im streitgegenständlichen Zeitraum von der Antragstellerin ein von der Ertragslage der Antragstellerin unabhängiges monatliches Festgehalt in Höhe von 6.000 EUR erhielt, das seinen Lebensunterhalt sicherte. Ein solcher Anspruch auf Zahlung eines (monatlichen) Festgehalts ist kennzeichnend für einen Arbeitsvertrag (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9.11.2015 – L 8 R 628/15 B ER – juris Rn. 109). Dabei kommt der Höhe dieses Entgelts im Rahmen der Beurteilung der Tätigkeit eines Familienmitglieds im Betrieb eines anderen Familienmitglieds lediglich Indizwirkung zu, denn es gilt nicht der Rechtssatz, dass eine untertarifliche oder eine erheblich übertarifliche Bezahlung die Annahme eines beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausschließt (vgl. BSG, Urteile vom 12.9.1996 – 7 RAr 120/95 – juris Rn. 20 sowie vom 17.12.2002 – B 7 AL 34/02 R – juris Rn. 15; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.9.2015 – L 11 R 2762/14 – juris Rn. 30; Sächsisches LSG, Urteil vom 22.11.2013 – L 1 KR 76/10 – juris Rn. 34). Gegen die Annahme bloßer familienhafter Mithilfe und für jene eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses spricht zudem, dass die genannte Vergütung an den Beigeladenen zu 1) – nach eigenen Angaben der Antragstellerin als auch des Beigeladenen zu 1) im genannten Feststellungsbogen – zu dessen freier Verfügung auf ein privates Bank-/Girokonto ausgezahlt sowie als Betriebsausgabe gebucht wurde und von ihr Lohnsteuer abgeführt wurde (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.1.2014 – L 8 R 42/09 – juris Rn. 41).

Auch der zwischen der Antragstellerin und dem Beigeladenen zu 1) vereinbarte Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit greift ein arbeitsvertragstypisches Regelungselement auf (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 4.3.2015 – L 8 R 931/13 – juris Rn. 107 sowie vom 2.7.2014 – L 8 R 777/12 – juris Rn. 77). Denn ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall gem. § 1 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) steht nur Arbeitnehmern zu (vgl. zu diesem Argument LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.5.2016 – L 8 R 25/16 – juris Rn. 123).

Zudem zeigt sich in dem Umstand, dass die Antragstellerin dem Beigeladenen zu 1) ein Firmenfahrzeug zur Verfügung stellte, der arbeitsvertragliche Charakter des mündlich geschlossenen Anstellungsvertrages als (technischer) Betriebsleiter der Antragstellerin (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.6.2016 – L 8 R 1013/15 – juris Rn. 85). Ferner spricht auch die zwischen der Antragstellerin und dem Beigeladenen zu 1) getroffene Vereinbarung einer gewinnabhängigen Vergütung in Gestalt einer Tantieme – wie im genannten Feststellungsbogen von beiden angegeben – nicht zwingend gegen die Annahme einer abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1). Denn die Vereinbarung einer Gewinnbeteiligung am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens bzw. einer Tantieme findet als personalwirtschaftliches Steuerungsinstrument leistungsorientierter Vergütung, wenn auch nicht standardisiert, so doch in viele Anstellungsverträge gerade leitender Angestellter Eingang (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.). So ist der Umstand der Gewinnbeteiligung in Form von Tantiemen letztlich lediglich ein Anknüpfungspunkt für ein anzunehmendes wirtschaftliches Eigeninteresse des für ein Unternehmen Tätigen, wobei dieser Aspekt schon unter Berücksichtigung, dass die Gewährung einer Tantieme auch an Arbeitnehmer eben nicht untypisch ist, bei der Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbstständigen Tätigkeit eher von geringerem Gewicht ist (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16.11.2016 – L 2 R 377/15 – juris Rn. 44).

Soweit die Antragstellerin und der Beigeladene zu 1) weiterhin vereinbart haben, dass der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit frei bestimmen und gestalten kann, ist dies Ausfluss des Umstandes, dass es sich bei der von ihm wahrgenommenen Tätigkeit als (technischer) Betriebsleiter der Antragstellerin um eine solche höherer Art handelt, bei der das Weisungsrecht der Arbeitgeberin von vornherein eingeschränkt und zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsleben verfeinert ist (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.10.2014 – L 8 R 1142/13 – juris Rn. 87).

Der Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses steht schließlich auch nicht entgegen, dass die Zahlung einer Vergütung im Urlaubsfall nicht erfolgte (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.7.2015 – L 6 R 23/14 – juris Rn. 124). Denn ein für typische Arbeitsverhältnisse untypischer Verzicht vermag als solcher nicht bereits die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit zu begründen bzw. die Annahme einer abhängigen Beschäftigung auszuschließen. Da der Urlaubsanspruch nicht zur Disposition der Vertragsparteien steht, kommt einem solchen nicht mehr als eine Indizwirkung zu, dass die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit gewollt ist (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.7.2015 – L 6 R 23/14 – juris Rn. 124).

Auf der soeben umrissenen mündlichen (arbeits-)vertraglichen Grundlage wurde der Beigeladene zu 1) in einem fremden Betrieb, namentlich jenem der Antragstellerin, tatsächlich tätig. Hierbei ist er vollständig in den Betrieb und folglich in eine ihm einseitig vorgegebene Organisation eingegliedert gewesen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 4.3.2015 – L 8 R 931/13 – juris Rn. 108; vom 22.10.2014 – L 8 R 1142/13 – juris Rn. 88 sowie vom 2.7.2014 – L 8 R 777/12 – juris Rn. 79). Er ist ausschließlich in den Betriebsräumen der Antragstellerin, mit deren Betriebsmitteln sowie unter Nutzung ihrer betrieblichen Infrastruktur weisungsgebunden tätig geworden.

Maßgeblich ist insoweit, dass der Beigeladene zu 1) im Zeitraum vom 1.1.2013 bis zum 31.12.2015 nicht (mehr) an der Antragstellerin beteiligt bzw. gerade nicht deren Mitinhaber war. Damit fehlte es ihm von vornherein an der entsprechenden Rechtsmacht, die ihn in die Lage versetzt hätte, umfassenden Einfluss auf seine Tätigkeit zu nehmen und insbesondere ihm unter Umständen unangenehme Weisungen von Seiten des Inhabers bzw. der Geschäftsführung der Antragstellerin, zu verhindern (vgl. BSG, Urteil vom 29.7.2015 – B 12 KR 23/13 R – juris Rn. 26). Entscheidend ist für das Gericht in diesem Zusammenhang, ob der Beigeladene zu 1) maßgeblichen Einfluss auf die Grundlagen und wesentlichen Umstände seiner für die Antragstellerin ausgeübten Tätigkeit hatte und hierbei insbesondere, ob er seine eigene Abberufung bzw. Kündigung verhindern konnte. Ein solcher Einfluss stand ihm jedoch gerade nicht zu. Denn unter Berücksichtigung des Umstandes, dass seine Tochter im streitgegenständlichen Zeitraum alleinige Inhaberin der Antragstellerin war, hatte sie es allein in der Hand – etwa im Falle eines Zerwürfnisses mit dem Beigeladenen zu 1) – diesen von dessen Aufgaben als (technischer) Betriebsleiter der Antragstellerin freizustellen und den entsprechend zugrunde liegenden – mündlich geschlossenen – Arbeitsvertrag – ggf. außerordentlich – zu kündigen, ohne dass der Beigeladene zu 1) die Rechtsmacht besaß, dem mit Erfolgsaussicht entgegenzutreten.

Es ist in diesem Zusammenhang unerheblich, dass die Antragstellerin von ihrem gegenüber dem Beigeladenen zu 1) bestehenden Weisungsrecht in der täglichen Arbeitsroutine, wie die Antragstellerin und der Beigeladene zu 1) im genannten Feststellungsbogen angegeben haben, tatsächlich keinen Gebrauch gemacht hat und dieser die ihm übertragenen Tätigkeiten letztlich regelmäßig ohne Weisungen ausgeübt hat. Denn der – tatsächliche – Gebrauch bestehender Rechtsmacht ist unbeachtlich, weil die versicherungsrechtliche Beurteilung sonst wesentlich davon abhinge, ob die Tätigkeit aus Sicht des Rechtsmachtinhabers beanstandungsfrei ausgeübt wurde (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.2.2014 – L 8 R 1108/12 – juris Rn. 54). Zudem sind zurückhaltende Weisungen unter Familienangehörigen typisch und stehen als charakteristische Begleiterscheinungen der Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses zum Ehepartner nicht entgegen, da ansonsten die Entscheidung des Gesetzgebers, Ehegatten-Arbeitsverhältnisse zuzulassen, faktisch unterlaufen würde, denn derartige Umstände bei Ehepartnern und engen Verwandten sind regelmäßig anzutreffen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.4.2012 – L 11 KR 312/10 – juris Rn. 66). Demgegen-über ist entscheidend, dass aufgrund familiärer Rücksichtnahme eine zurückhaltende Betätigung des Weisungsrechts solange der Fall sein mag, wie das Einvernehmen der beteiligten Familienmitglieder gewahrt ist, jedoch im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen ihnen allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen käme, so dass dann auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit besteht (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.), die sich letztlich dergestalt äußert, dass sich der Beigeladene zu 1) Entscheidungen der Antragstellerin bzgl. der Rahmenbedingungen und des Zuschnitts seiner Tätigkeit wie auch insbesondere deren Beendigung bspw. durch arbeitgeberseitige Kündigung nicht erfolgreich erwehren konnte. Schließlich kann das Gericht es dahin gestellt sein lassen, inwieweit das Weisungsrecht der Antragstellerin gegenüber dem Beigeladenen zu 1) in Bezug auf seine Tätigkeit als (technischer) Betriebsleiter der Antragstellerin abgeschwächt und er zu eigenen Entscheidungen befugt war. Denn die Wahrnehmung von Handlungsfreiheiten für leitende Angestellte, die in einem Betrieb höhere Dienste leisten, ist geradezu charakteristisch und allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines leitenden Angestellten, der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem geminderten Weisungsrecht unterliegt, bewirken womöglich eine tatsächliche Eigenständigkeit der Aufgabenerfüllung, nicht jedoch die Begründung einer selbstständigen Tä-tigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 2.7.2014 – L 8 R 777/12 – juris Rn. 86).

Das Gericht konnte schließlich keine besonderen einzelfallbezogenen Umstände erkennen, die abweichend vom Regelfall die Bindung des Beigeladenen zu 1) an die – theoretischrechtlich möglichen – Vorgaben durch die Antragstellerin ausschließen. Solche besonderen Umstände sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung angenommen worden, wenn bspw. Gesellschafter tatsächlich ihre Gesellschafterrechte nicht wahrgenommen und in keiner Weise in die Betriebsführung eingegriffen haben und ein Prokurist wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken geführt hat, d.h. schalten und walten konnte, wie er wollte (vgl. zum Geschäftsführer LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 4.3.2015 – L 8 R 931/13 – juris Rn. 124 sowie vom 22.10.2014 – L 8 R 1142/13 – juris Rn. 103). Ein derart beherrschender Einfluss ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zwar teilweise bei Geschäftsführern von Familiengesellschaften erwogen worden, wenn der Geschäftsführer mit den Gesellschaftern familiär verbunden war, die Geschäftsführertätigkeit durch familienhafte Rücksichtnahme geprägt war und es an der Ausübung der Gesellschafterrechte durch die Gesellschafter völlig mangelte, doch ist diese im Rahmen leistungsrechtlicher Rechtsstreitigkeiten ergangene sog. "Kopf und Seele"-Rechtsprechung nicht auf die versicherungsrechtliche Beurteilung übertragbar (BSG, Urteil vom 29.7.2015 – B 12 KR 23/13 R – juris Rn. 29; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9.11.2015 – L 8 R 628/15 B ER – juris Rn. 113). Denn eine familiäre Rücksichtnahme ist nicht geeignet, sozialversicherungsrechtlich eine Weisungsfreiheit eines Geschäftsführers oder auch eines sonstigen für die Gesellschaft tätigen Familienmitglieds zu begründen, da eine solche vom rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit abänderbaren Verhalten der Beteiligten abhängige Statusbeurteilung mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungsrechtlicher und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht vereinbar ist (BSG, a.a.O. Rn. 30; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).

Letztlich sind für eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) im Verhältnis zur Antragstellerin sprechende Gesichtspunkte nicht in einem Maße gegeben, dass diese im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung die für ein Beschäftigungsverhältnis sprechenden Merkmale überwögen.

So konnte das Gericht im Rahmen der angezeigten summarischen Prüfung nicht erkennen, dass der Beigeladene zu 1) über eine eigene, unabhängig vom Betrieb der Antragstellerin bestehende Betriebsstätte verfügt oder ein eigenes relevantes unternehmerisches Risiko getragen hätte. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist, was jedoch nur dann ein Hinweis auf eine Selbstständigkeit ist, wenn dem unternehmerischen Risiko größere Freiheiten in der Gestaltung und Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 22.10.2014 – L 8 R 1142/13 – juris Rn. 109 sowie vom 2.7.2014 – L 8 R 777/12 – juris Rn. 89). Der Beigeladene zu 1) setzte seine eigene Arbeitskraft für die Antragstellerin nicht mit ungewissem Erfolg ein, da er eine monatliche und von der Ertragslage der Antragstellerin unabhängige Vergütung i.H.v. 6.000 EUR erhielt. Auch setzte er kein eigenes Kapital mit der Gefahr des Verlustes ein oder hatte irgendwelche für das Gericht erkennbaren Betriebsausgaben, sondern erbrachte die für die Antragstellerin übernommene Tätigkeit als deren (technischer) Betriebsleiter allein mit deren Betriebsmitteln. Insoweit ist ein nicht kompensierter Vermögenseinsatz des Beigeladenen zu 1) – zugunsten der betrieblichen Belange der Antragstellerin – nicht erkennbar.

Eine faktische Weisungsfreiheit des Beigeladenen zu 1) aufgrund eines überlegenen Fachwissens oder überragender Branchenkenntnisse, kraft derer er im Unternehmen nach eigenem Gutdünken frei schalten und walten konnte, wie er mochte, war nicht gegeben. Denn auch wenn der Beigeladene zu 1) – im Unterschied zu seiner Tochter als jetziger Inhaberin der Antragstellerin – über spezifische Branchenkenntnisse angesichts seiner langjährigen Tätigkeit in den Geschäftsfeldern der Antragstellerin verfügte, so sind solche Kenntnisse jedoch gerade üblicherweise Voraussetzung für eine Einstellung als (technischer) Betriebsleiter. Besondere Branchenkenntnisse können daher allein keine selbstständige unternehmerische Tätigkeit begründen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.7.2014 – L 11 R 4543/13 – juris Rn. 60).

Zweifel an der Höhe der Beitragsforderung sind weder ersichtlich noch durch die Antragstellerin vorgetragen und glaubhaft gemacht worden.

Die Antragstellerin kann sich ferner nicht auf die Einrede der Verjährung hinsichtlich der von der Antragsgegnerin geltend gemachten Beitragsforderungen berufen. Ansprüche auf Beiträge, wozu auch der Gesamtsozialversicherungsbeitrag zählt (Zieglmeier, in: Kasseler Kommentar, 98. Erg.-Lfg. [Stand: 1.3.2018], SGB IV, § 25 Rn. 12), verjähren gem. § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Seit dem 1.1.2006 werden Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, gem. § 23 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 SGB IV in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt. Der erste nachgeforderte Beitrag für den Monat Januar 2013 wurde demgemäß am 29.1.2013 fällig. Die Verjährungsfrist endete damit grundsätzlich zunächst am 31.12.2017. Darüber hinaus ist die Verjährung gem. § 25 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 SGB IV für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt. Die Hemmung beginnt gem. § 25 Abs. 2 S. 4 SGB IV mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber und endet grundsätzlich mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides (vgl. zum Abschluss der Prüfung und damit zum Enddatum der Hemmung Zieglmeier, a.a.O., Rn. 82). Auch unter Berücksichtigung der insoweit eingetretenen Hemmung der Verjährung endete die Verjährungsfrist damit gem. § 25 Abs. 2 S. 2 Hs. 1, 4 SGB IV jedenfalls nicht vor Erlass des Betriebsprüfungsbescheides vom 9.5.2017. Zum Zeitpunkt seines Erlasses waren damit weder der Beitrag für Januar 2013 – noch die nachfolgenden Beiträge bis einschließlich Dezember 2015 – bereits verjährt.

Die Vollziehung des angegriffenen Beitragsbescheides stellt keine (erkennbar) unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte für die Antragstellerin dar. Eine unbillige Härte ist anzunehmen, wenn durch die Vollziehung Nachteile entstehen, die über die eigentliche Leistung hinausgehen und die nicht oder nur schwer wieder gut gemacht werden können (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.1.2003 – L 3 B 31/02 RJ ER – juris Rn. 19; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 86a Rn. 27b; vgl. auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 13.1.2014 – L 5 R 911/13 B ER – juris Rn. 32). Die aus der Beitragspflicht bzw. Beitragsnachzahlung folgende wirtschaftliche Belastung des Antragstellers bedeutet für sich betrachtet keine unbillige Härte in diesem Sinne, da sie lediglich Ausfluss einer gesetzlich zulässig auferlegten Pflicht ist (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.12.2013 – L 8 R 499/13 B ER – juris Rn. 67). Mit Blick auf die mit der Beitragsnachforderung verbundenen berechtigten Interessen der Versichertengemeinschaft sowie der einzelnen Versicherten kann vielmehr gerade bei bestehender oder drohender Zahlungsunfähigkeit der Beitragsschuldnerin eine alsbaldige Beitreibung geboten sein (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.2.2012 – L 8 R 1047/11 B ER – juris Rn. 37). Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist also regelmäßig nur dann denkbar, wenn es der Beitragsschuldnerin gelingt darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Insolvenz und/oder die Zerschlagung des Geschäftsbetriebes zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber zumindest nicht weiter gefährdet wäre als zurzeit (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.7.2011 – L 8 R 287/11 B ER – juris Rn. 18; vgl. insgesamt hierzu nur LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 14.9.2016 – L 8 R 221/14 B ER – juris Rn. 13 sowie vom 8.4.2014 – L 8 R 737/13 B ER – juris Rn. 60). Gerade dies hat die Antragstellerin nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht glaubhaft gemacht. Denn allein aus den Ausführungen der Antragstellerin bzw. ihres Steuerberaters in jener zur Akte gereichten Bestätigung vom 10.7.2017 vermag das Gericht keine durchgreifenden Argumente für die Annahme einer unbilligen Härte zulasten der Antragstellerin erkennen. Denn ausweislich des vorgelegten notariell beurkundeten Kaufvertrages vom 31.8.2012 hat die Antragstellerin neben dem Eigentum am Betriebsgrundstück in C. nebst dort errichteten Betriebsgebäuden mit einem (damaligen) Wert von ca. 600.000 EUR auch das Eigentum der im Betrieb vorhandenen Maschinen mit einem (damaligen) Wert von ca. 648.550 EUR erworben, so dass die von der Antragstellerin angeführten Darlehen durch sachliche Gegenwerte abgesichert zu sein scheinen. Ergänzend ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass die Inhaberin der Antragstellerin für die geltend gemachte Forderung der Antragsgegnerin mit ihrem gesamten und nicht nur mit dem geschäftlichen Vermögen haftet. Sie hat aber ihre Einkommens- und Vermögenssituation außerhalb seines Geschäftsbetriebs lediglich insofern durch den Steuerberater der Antragstellerin beschreiben lassen, als sie "auch im Privatbereich über keine nennenswerten Vermögensgegenstände verfügen" würde, ohne hierfür jedoch Belege vorzulegen. Insofern ist für das Gericht eine etwaige sonstige Einkommens- oder Vermögenslosigkeit nicht dargestellt und schon nicht glaubhaft gemacht. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin bereits zutreffend auf die Möglichkeit einer Stundung bzw. Ratenzahlung der nachgeforderten Beiträge gem. § 76 Abs. 2 SGB IV hingewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Dem Beigeladenen zu 1) waren schon gem. § 197a Abs. 2 S. 2 SGG als einem dem Personenkreis des § 183 SGG zugehörigen Beigeladenen keine Kosten aufzuerlegen, da mangels entsprechenden Verschuldens kein Fall des § 192 SGG vorliegt. Weiterhin sind die Kosten der Beigeladenen zu 1) bis 4) nicht erstattungsfähig (§ 162 Abs. 3 VwGO), da diese Beteiligten jeweils keine eigenen Anträge gestellt haben und damit insbesondere die Beigeladenen zu 2) bis 4) kein Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO eingegangen sind.

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 197a SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2, 52, 53 Abs. 2 Nr. 4 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und berücksichtigt, dass in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur ein – gerundetes – Viertel des Wertes der Hauptsache als Streitwert anzusetzen ist (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 11.3.2016 – L 8 R 506/14 B ER – juris Rn. 85, vom 9.11.2015 – L 8 R 628/15 B ER – juris Rn. 124, vom 18.6.2015 – L 8 R 999/13 B ER – juris Rn. 45, vom 11.5.2015 – L 8 R 106/15 B ER – juris Rn. 109, vom 23.12.2013 – L 8 R 499/13 B ER – juris Rn. 69 sowie vom 27.6.2013 – L 8 R 114/13 B ER – juris Rn. 27; vgl. auch den Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit, 5. Aufl. 2017, Abschnitt A II. Ziff. 10.2; vgl. ferner LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 6.1.2014 – L 2 R 409/13 B ER – juris Rn. 26). Entsprechend war der Streitwert auf ein gerundetes Viertel des von der Antragsgegnerin mit Blick auf die Feststellung des Bestehens der Versicherungspflicht des für die Antragstellerin im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1.1.2013 bis zum 31.12.2015 tätig gewesenen Beigeladenen zu 1) geltend gemachten Beitragsanspruches festzusetzen.

Hinsichtlich der Streitwertfestsetzung gilt Rechtsmittelbelehrung II; im Übrigen gilt Rechtsmittelbelehrung I.

Zitate36
Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte