VG Hamburg, Beschluss vom 17.07.2020 - 24 FL 130/19
Fundstelle
openJur 2020, 32726
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um Mitbestimmungsrechte des Antragstellers im Zusammenhang mit der Gewährung eines höheren Entgelts nach § 17 Abs. 4.1 TVöD-K an Frau ....

Der Antragsteller ist der für das nichtwissenschaftliche Personal gebildete Personalrat des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (im Folgenden: UKE). Der Beteiligte ist dessen Vorstandsvorsitzender.

Mit Antrag vom 26.11.2018 bat der Beteiligte den Antragsteller, der Zahlung eines um 20% ihrer Entgeltgruppe höheren monatlichen Entgelts (€ 578,02) an Frau ... ab dem 01.01.2019 zuzustimmen. Die Zahlung dieses höheren Entgelts diene der Bindung einer qualifizierten Fachkraft im Sinne von § 17 Abs. 5 TV-KAH (gemeint: § 17 Abs. 4.1 TVöD-K). In einer dem Antrag beigefügten Stellungnahme der Leitung der Forschungstierhaltung führt diese aus, dass Frau ... als Tierpflegerin ...; zu ihren Aufgaben gehöre .... Frau ... besitze ein fundiertes Wissen in der Anästhesie und medizinischen Versorgung und Kontrolle der Versuchstiere. Sie sei die einzige Tierpflegerin, die innerhalb der Forschungstierhaltung über ein derartiges breites Wissen verfüge. Die Stufenvorweggewährung solle aufgrund des akuten Fachkräftemangels gewährt werden.

Mit am 07.12.2018 eingegangenen Schreiben verweigerte der Antragsteller seine Zustimmung. Durch die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 werde der besonders verantwortlichen Tätigkeit von Frau ... bereits Rechnung getragen. Die Agentur für Arbeit führe die Forschungstierpflege nicht bei den Engpassberufen auf. Die Notwendigkeit der Zulage müsse z.B. anhand von Belegen, Nachweisen oder anderen glaubhaften Darlegungen über eine bevorstehende Abwanderung begründet werden. Die Befürchtung einer Abwanderung werde von der Dienststelle nicht einmal erwähnt. Es sei auch nicht klar, ob es andere Fachkräfte in der Forschungstierhaltung gebe, die ebenfalls für die Gewährung einer Zulage in Betracht kämen.

Mit Schreiben vom 15.02.2019 teilte der Beteiligte mit, dass er die Einwände des Antragstellers als unbeachtlich betrachte und die Zustimmung daher als erteilt gelte. Es sei nachvollziehbar begründet worden, aus welchen Gründen für Frau ... die Zulagengewährung als hochqualifizierte Fachkraft beantragt werde; mit dieser Begründung habe sich der Antragsteller nicht hinreichend konkret auseinandergesetzt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 15.02.2019 verwiesen.

Der Antragsteller hat am 25.03.2019 das vorliegende Beschlussverfahren mit dem Ziel eingeleitet, eine Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte wegen der Zahlung des höheren monatlichen Entgelts an Frau ... feststellen zu lassen. Zur Begründung seines Begehrens macht der Antragsteller geltend: Die Stufenzuordnung unterliege der Mitbestimmung (§ 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG). Durch die Aufnahme der Stufenzuordnung in den Mitbestimmungstatbestand des § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG im Jahr 2014 habe der hamburgische Gesetzgeber die Absicht verfolgt, die Mitbestimmung des Personalrats bei der Eingruppierung auf alle bedeutsamen Parameter zu erstrecken, die für den Kernbestandteil des tariflichen Entgelts maßgeblich sind. Dies gebiete es, auch die „Stufenvorweggewährung“ nach § 17 Abs. 4.1 TVöD-K unter den Begriff der „Einstufung“ zu fassen. Auf den Wortlaut der tarifvertraglichen Regelung („Vorweggewährung“, „Zahlung eines höheren Entgelts“) komme es nicht entscheidend an. Dem Wortlaut der Regelung sei auch keineswegs eindeutig zu entnehmen, dass die Tarifvertragsparteien diese Regelung nicht als Regelung hinsichtlich der Stufenzuordnung verstanden hätten, da § 17 TVöD-K mit „Allgemeine Regelungen zu den Stufen“ überschrieben sei und § 17 Abs. 4.1 TVöD-K dann unter bestimmten Voraussetzungen Abweichungen von den tarifvertraglich zwingend vorgesehenen Stufenzuordnungen erlaube. Handele es sich bei Maßnahmen nach § 17 Abs. 4.1 TVöD-K jedoch um Stufenzuordnungen, erlaube § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG keine weiteren Differenzierungen. Es sei insbesondere ohne Bedeutung, ob es sich bei diesen Maßnahmen um einen „Akt strikter Rechtsanwendung“ handele. Selbst wenn man dies anders sehen würde, würde dies nichts am Ergebnis ändern. Die Dienststelle habe erst dann Ermessen, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 4.1 TVöD-K erfüllt seien. Gerade dies bestreite er, der Antragsteller, jedoch. Die Mitbestimmung bei der Stufenzuordnung ermögliche es der Personalvertretung, zu überprüfen, ob das Gleichbehandlungsgebot beachtet und die tariflichen Regelungen eingehalten würden. Der Beteiligte habe nicht einmal im Ansatz dargelegt, welche konkreten Umstände es zum Zwecke der Personalbindung erforderlich machen würden, Frau ... die Betragsvorweggewährung zukommen zu lassen. Angesichts dessen fehle es bereits in einem ordnungsgemäßen Zustimmungsantrag. In jedem Fall habe er die Zustimmung mit dem beachtlichen Argument verweigert, dass er die Einhaltung der tarifvertraglichen Vorgaben prüfen wolle.

Der Antragsteller beantragt,

festzustellen, dass der Beteiligte sein Mitbestimmungsrecht verletzt, indem er Frau ... ab dem 01.01.2019 ein um 20% der Stufe 2 der Entgeltgruppe 8 TVöD (€ 578,02) höheres monatliches Entgelt zahlt, ohne dass er dem zugestimmt hat bzw. ohne dass seine Zustimmung ersetzt wurde.

Der Beteiligte beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: Die Ermessensentscheidung der Dienststelle über die Stufen- bzw. Betragsvorweggewährung nach § 17 Abs. 4.1 TVöD-K werde von der Mitbestimmung bei der Einstufung nach § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG nicht erfasst. Ein Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung komme bei Vorweggewährungen nur dann in Betracht, wenn die Dienststelle abstrakt-generelle Grundsätze erlassen bzw. entwickelt hat, unter deren Voraussetzungen sie außerhalb der zwingenden Regelung zusätzliche Stufen bzw. Beträge gewähre. Vorliegend sei eine Einzelfallentscheidung getroffen worden; allgemeine Grundsätze in Bezug auf die Stufenvorweggewährung gebe es nicht.

Auf Anregung des Gerichts haben die Beteiligten zur Anwendbarkeit von § 87 Abs. 1 Nr. 6 HmbPersVG („Gewährung von Prämien, Belohnungen und Funktionszulagen“) Stellung genommen. Auf die Schriftsätze der Beteiligten vom 25.06.2020 wird insoweit Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Verfahrensakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

1.

Der konkrete Feststellungsantrag ist zulässig. Es besteht weiterhin ein schützenswertes Interesse des Antragstellers an der Klärung des Streitfalls durch eine gerichtliche Sachentscheidung. Ein derartiges Interesse ist anzuerkennen, solange sich die für die Einleitung des personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens anlassgebende Maßnahme nicht erledigt hat. Eine Erledigung ist zu verneinen, solange die streitige Maßnahme noch rechtswirksam ist, also nicht jegliche die personalvertretungsrechtliche Stellung des Personalrats berührende Wirkung verloren hat und es rechtlich und tatsächlich möglich ist, sie zu ändern oder für die Zukunft rückgängig zu machen (BVerwG, Beschl. v. 16.09.2019, 5 P 5/18, juris, Rn. 13). Nach diesen Maßstäben ist eine Erledigung nicht eingetreten. Frau ... ist nach wie vor in der Entgeltgruppe 8 Stufe 6 eingruppiert und erhält gemäß § 17 Abs. 4.1 TVöD-K ein um 20% der Stufe 2 der Entgeltgruppe 8 TVöD höheres Entgelt. Würde die Verletzung eines Mitbestimmungsrechts rechtskräftig festgestellt, wäre das Mitbestimmungsverfahren nachzuholen und die Zahlung der Zulage einzustellen, würde die Zustimmung des Antragstellers nicht erteilt und nicht ersetzt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 23.04.2015, OVG 60 PV 5.14, juris, Rn. 14).

2. Der Antrag ist unbegründet. Der Beteiligte hat keine Mitbestimmungsrechte des Antragstellers verletzt, indem er Frau ... nach § 17 Abs. 4.1 TVöD-K ein um 20% der Stufe 2 ihrer Entgeltgruppe 8 höheres Entgelt gewährt hat.

Nach § 17 Abs. 4.1 TVöD-K kann Beschäftigten zu regionalen Differenzierung, zur Deckung des Personalbedarfs oder zur Bindung von qualifizierten Fachkräften im Einzelfall abweichend von dem sich aus der nach § 16 Abs. 1, 2, 2a, 2a.1, 3, 3.1 und 4 sowie § 17 Abs. 4 – 4a.1 ergebenden Stufe ihrer jeweiligen Entgeltgruppe zustehenden Entgelt ein um bis zu 2 Stufen höheres Entgelt ganz oder teilweise vorweggewährt werden (S. 1). Haben Beschäftigte bereits die Endstufe ihrer Entgeltgruppe erreicht, kann ihnen nach der Vorschrift ein bis zu 20% der Stufe 2 ihrer Entgeltgruppe höheres Entgelt gezahlt werden (S. 2).

a) Die Gewährung der Zulage unterliegt nicht der Mitbestimmung nach § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG, wonach Eingruppierung und Stufenzuordnung bei Tarifbeschäftigten der Mitbestimmung des Personalrats unterliegen.

Es ist nach Auffassung der Fachkammer bereits mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht vereinbar, die Gewährung einer Zulage (nach § 17 Abs. 4.1 TVöD-K) als einen Fall der Stufenzuordnung zu betrachten. Die Gewährung der Zulage nach § 17 Abs. 4.1 TVöD-K an Frau ... berührt deren Eingruppierung und Stufenzuordnung im Sinne von § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG nicht. Der im Zusammenhang mit der Gewährung einer Zulage nach § 17 Abs. 4.1 TVöD-K häufig verwandte Begriff der „Stufenvorweggewährung“ ist – ebenso wie die Überschrift zu § 17 TVöD-K („Allgemeine Regelungen zu den Stufen“) – insoweit missverständlich. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung wird nicht eine höhere Stufe vorweggewährt, sondern allenfalls das Entgelt einer höheren Stufe. § 17 Abs. 4.1 TVöD-K stellt sich mithin nicht als ein Fall der Stufenzuordnung dar, sondern als eine die Stufenzuordnung unberührt lassende Zulage. Dass es sich nicht um eine Stufenzuordnung handelt, verdeutlicht auch der Umstand, dass die Höhe der Zulage nicht zwingend dem Differenzbetrag zu einer höheren Stufe entsprechen muss, sondern jeder Betrag zulässig ist, der nicht höher ist als der Differenzbetrag zwischen dem Entgelt der aktuellen Stufe und der übernächsten Stufe. Die Höhe der die Stufenzuordnung unberührt lassende Zulage nach § 17 Abs. 4.1 TVöD-K ist mithin begrenzt auf den Differenzbetrag zwischen dem Entgelt der aktuellen Stufe und der übernächsten Stufe bzw. – in dem Fall, dass die Endstufe der Entgeltgruppe bereits erreicht ist – auf 20% der Stufe 2 der jeweiligen Entgeltgruppe.

Die vom Antragsteller für seine Ansicht, die Gewährung einer Zulage nach § 17 Abs. 4.1 TVöD-K stelle einen Fall der Stufenzuordnung im Sinne von § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG dar, vorgebrachten Argumente vermögen die Fachkammer nicht zu überzeugen.

Die von dem Antragsteller angeführte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Mitbestimmung des Personalrats bei Eingruppierungen auf alle bedeutsamen Parameter zu erstrecken ist, die für den Kernbestandteil des tariflichen Entgelts maßgeblich sind (BVerwG, Urt. v. 27.08.2008, 6 P 3/08, juris, Rn. 26; BVerwG, Beschl. v. 07.03.2011, 6 P 15/10, juris, Rn. 26), vermag seine Ansicht nicht zu stützen. Als Kernbestandteil des tariflichen Entgelts hat das Bundesverwaltungsgericht in seinen Entscheidungen vom 27.08.2008 und 07.03.2011 (lediglich) das Tabellenentgelt bzw. das Grundgehalt, für dessen Höhe allein die Entgeltgruppe und die Stufe innerhalb der Entgeltgruppe maßgeblich ist, bezeichnet. Sonstige Entgeltbestandteile wie Leistungsentgelt, Erschwerniszuschläge, Jahressonderzahlungen und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich nicht als zum Kernbestandteil des tariflichen Entgelts gehörig angesehen (BVerwG, aaO, Rn. 26 f.). Allein der Umstand, dass (auch) im Hinblick auf die Gewährung sonstiger (tarifvertraglich geregelter) Entgeltbestandteile ein Kontrollbedürfnis bestehen mag, kann es nicht rechtfertigen, diese sonstigen Entgeltbestandteile unter den Mitbestimmungstatbestand der Eingruppierung und Stufenzuordnung zu fassen. Einen solchen rein ergebnisorientierten Ansatz hat das Bundesverwaltungsgericht in seinen genannten Entscheidungen vom 27.08.2008 und 07.03.2011 auch offenkundig nicht verfolgt. Seiner Entscheidung lag die Erkenntnis zugrunde, dass Eingruppierung und Stufenzuordnung, die zusammen das Tabellenentgelt bzw. das Grundgehalt ergeben, grundsätzlich als Einheit zu betrachten sind. Dementsprechend gibt auch die Gesetzesbegründung zu § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG als Grund für die Erweiterung des Mitbestimmungstatbestandes der Eingruppierung um die Stufenzuordnung an, dass Eingruppierung und Stufenzuordnung als Einheit zu sehen seien (Bü-Drs. 20/10838, S. 65). Eingruppierung und Stufenzuordnung auf der einen Seite und die Gewährung einer Zulage stellen hingegen offensichtlich keine Einheit dar bzw. stehen nicht in einem engen oder sogar untrennbaren Zusammenhang.

Der Rechtsauffassung des Antragstellers, die Gewährung einer tarifvertraglich vorgesehenen Zulage stelle einen Fall der Stufenzuordnung dar, stehen im Übrigen auch systematische Gründe entgegen. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 HmbPersVG (zu dieser Vorschrift im Einzelnen sogleich unter b)) unterliegt der Mitbestimmung des Personalrats die Gewährung von Prämien, Belohnungen und Funktionszulagen. Die Aufnahme von Funktionszulagen, die regelmäßig tarifvertraglich geregelt sind (vgl. etwa § 15 Abs. 2.2 TVöD-K [Funktionszulage für die Dauer der Bestellung als ständige Vertreterin / ständiger Vertreter der leitenden Ärztin / des leitenden Arztes]), in diesen Mitbestimmungstatbestand ist nur dann verständlich, wenn die Gewährung (tarifvertraglich vorgesehener) Zulagen nicht bereits vom Mitbestimmungstatbestand des § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG erfasst ist. Es ließe sich auch nicht mit den unterschiedlichen Rechtswirkungen von Beschlüssen der Einigungsstelle in den Fällen des § 87 Abs. 1 HmbPersVG einerseits und § 88 Abs. 1 HmbPersVG andererseits vereinbaren, die Gewährung einer Funktionszulage sowohl von § 87 Abs. 1 Nr. 6 HmbPersVG als auch von § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG erfasst anzusehen.

Die von der Fachkammer vertretene Ansicht steht schließlich im Einklang mit der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung, die die Mitbestimmung bei der Gewährung einer Zulage nach (der § 17 Abs. 4.1 TVöD-K entsprechenden Vorschrift des) § 16 Abs. 5 TV-L im Wesentlichen mit der Begründung verneint, dass Eingruppierung und Stufenzuordnung Akte strikter Rechtsanwendung seien, sich die Mitbestimmung bei der Eingruppierung und Stufenzuordnung dementsprechend lediglich auf die Mitbeurteilung der Rechtsanwendung beschränke und somit Fälle der ins Ermessen der Dienststelle gestellten Stufenvorweggewährung nicht erfassen könne (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.10.2009, 6 P 15/08, juris, Rn. 40; BAG, Beschl. v. 12.06.2019, 1 ABR 30/18, juris, Rn. 18; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 23.04.2015, OVG 60 PV 5.14, juris, Rn. 18).

b) Die Gewährung der Zulage nach § 17 Abs. 4.1 TVöD-K an Frau ... unterliegt auch nicht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 HmbPersVG der Mitbestimmung. Nach dieser Vorschrift unterliegt die Gewährung von Prämien, Belohnungen und Funktionszulagen der Mitbestimmung des Personalrats.

aa) Die Frau ... gewährte Zulage ist keine Funktionszulage im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 HmbPersVG. Der Begriff der Funktionszulage kennzeichnet Arbeitsentgelt für die Verrichtung von Arbeit in einer bestimmten Funktion (vgl. BAG, Urt. v. 15.08.2018, 10 AZR 211/17, juris, Rn. 19). Sie kann ein zusätzliches Entgelt für herausgehobene Tätigkeiten darstellen, die noch nicht die Voraussetzung der nächsthöheren Entgeltgruppe erfüllen oder ein Entgelt für eine von den Tarifvertragsparteien als höherwertig angesehene Tätigkeit, die in den allgemeinen Entgeltgruppe nicht abgebildet ist (vgl. BAG, ebenda). Funktionszulagen wollen mithin für herausgehobene Tätigkeiten, die mit dem Grundentgelt der Entgeltgruppe nur mangelhaft erfasst und vergütet werden, einen Zuschlag gewähren (vgl. BAG, Urt. v. 27.10.2010, 10 AZR 361/09, juris, Rn. 18; siehe im Anwendungsbereich des TVöD-K etwa § 15 Abs. 2.2 [Funktionszulage für die Dauer der Bestellung als ständige Vertreterin / ständiger Vertreter der leitenden Ärztin / des leitenden Arztes]). Dementsprechend werden Funktionszulagen in der (ersten und einzigen) Kommentierung zum Hamburgischen Personalvertretungsgesetz aus dem Jahr 1974 auch als Zulagen beschrieben, die nach der Besoldungsordnung oder den einschlägigen Tarifverträgen für die dort näher beschriebenen, herausgehobenen Funktionen gewährt werden. Es handele sich meist um die Fälle, dass ein Angehöriger des öffentlichen Dienstes zeitlich begrenzt eine höherwertige Tätigkeit ausübe, als er nach seiner Besoldung-, Lohn- oder Gehaltsgruppe ausüben müsste (Homann/Matthiessen, Hamburgisches Personalvertretungsgesetz, 1974, § 88 Rn. 16).

Nach diesen Maßstäben stellt die Frau ... gewährte Zulage keine Funktionszulage dar. Die Zulage dient nach ihrer tarifvertraglichen Zweckrichtung der Bindung einer qualifizierten Fachkraft und nicht als zusätzliches Entgelt für die Ausübung einer herausgehobenen Tätigkeit. Auch rein tatsächlich ist nicht ersichtlich, dass die Zulage (entgegen der tarifvertraglichen Zweckrichtung) als zusätzliches Entgelt für die Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit, die von der Entgeltgruppe von Frau ... nur mangelhaft erfasst wird, gewährt wird. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig, so das weitere Ausführungen entbehrlich sind.

bb) Die Frau ... gewährte Zulage ist ferner keine Prämie im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 HmbPersVG. Der Begriff der „Prämie“ wird durch das Hamburgische Personalvertretungsgesetz nicht legal definiert. Auch die Gesetzesmaterialien definieren den Begriff nicht. Im Arbeits- und Tarifrecht wird unter dem Begriff der „Prämie“ jedoch im Allgemeinen eine einmalige bzw. nicht regelmäßig wiederkehrende Zahlung verstanden, die (als Belohnung bzw. Anerkennung) für eine bereits erbrachte Leistung bzw. einen bereits erzielten Erfolg gewährt wird. So dient etwa die Leistungsprämie nach der Bundesleistungsbesoldungsverordnung (BLBV) der Anerkennung einer herausragenden besonderen Leistung und ist als Einmalzahlung zu gewähren (§ 4 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 BLBV). Im Gegensatz dazu steht die Leistungszulage, die zwar ebenfalls der Anerkennung einer herausragenden besonderen Leistung dient (§ 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BLBV). Bei ihr steht aber nicht die Belohnungs-, sondern die Anreizfunktion im Vordergrund: Die herausragende besondere Leistung muss über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten erbracht worden sein und auch für die Zukunft erwartet werden (§ 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BLBV); sie ist ein Anreiz, die herausragende besondere Leistung auch für die Zukunft zu erbringen (§ 5 Abs. 1 S. 2); bei Leistungsabfall ist sie für die Zukunft zu widerrufen (§ 5 Abs. 1 S. 4 BLBV). Eine vergleichbare Regelung findet sich auch in § 18 Abs. 4 TVöD-K. Dieser unterscheidet beim Leistungsentgelt zwischen Leistungsprämien, Erfolgsprämien und Leistungszulagen. Eine Leistungsprämie ist in der Regel eine einmalige Zahlung, die im Allgemeinen auf der Grundlage einer Zielvereinbarung erfolgt (§ 18 Abs. 4 S. 2 TVöD-K). Die Erfolgsprämie wird in Abhängigkeit von einem bestimmten wirtschaftlichen Erfolg gezahlt (§ 18 Abs. 4 S. 3 TVöD-K). Die Leistungszulage ist hingegen eine zeitlich befristete, widerrufliche, in der Regel monatlich wiederkehrende Zahlung (§ 18 Abs. 4 S. 4 TVöD-K). Dieses Begriffsverständnis, wonach eine Prämie eine einmalige bzw. nicht regelmäßig wiederkehrende Belohnung bzw. Anerkennung für eine bereits erbrachte Leistung bzw. einen bereits erbrachten Erfolg darstellt, liegt auch der Kommentierung des Hamburgischen Personalvertretungsgesetzes aus dem Jahr 1974 zugrunde („Prämien sind besondere Vergütungen, die neben den festen Dienstbezügen bzw. dem festen Arbeitsentgelt gezahlt werden und die an eine besondere Leistung des Begünstigten geknüpft sind. In Betracht kommen insoweit Prämien für Verbesserungsvorschläge, Prämien für eine besonders hohe, erreichte Stückzahl beim Zeitlohn oder für besonders gute Qualität bei Akkordlohn, Prämien für besonders vorbildhaftes Verhalten usw.“).

Ausgehend hiervon stellt die Frau ... gewährte Zulage keine Prämie i.S.v. § 87 Abs. 1 Nr. 6 HmbPersVG dar. Selbst wenn der Beteiligte Frau ... mit der Zulage (entgegen der tarifvertraglichen Zweckrichtung, wonach die Zulage allein der regionalen Differenzierung, der Deckung des Personalbedarfs oder zur Bindung von qualifizierten Fachkräften dient) ein „verkapptes“ Leistungsentgelt wegen besonders hervorragender Leistungen zu gewähren beabsichtigt(e), würde es sich nach dem soeben Gesagten allenfalls um eine Leistungszulage, nicht aber um eine Leistungsprämie handeln.

cc) Die Frau ... gewährte Zulage ist schließlich keine „Belohnung“ im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 HmbPersVG. Auch der Begriff der „Belohnung“ wird weder durch das Hamburgische Personalvertretungsgesetz noch in den diesbezüglichen Gesetzesmaterialien definiert. Nach Auffassung der Fachkammer wird der Begriff „Belohnung“ herkömmlich verstanden als ein einmalig gewährter Vorteil für einen erzielten Erfolg bzw. eine erbrachte Leistung. In diesem Sinne dürfte auch die Kommentierung zum Hamburgischen Personalvertretungsgesetz aus dem Jahr 1974 zu verstehen sein, wonach Belohnungen (in Abgrenzung zu Prämien) sonstige Vorteile und Auszeichnungen – die Kommentierung nennt als (einziges) Beispiel die Erteilung von Bewährungspunkten an Polizeivollzugsbeamte – sein sollen, die gewährt werden, weil sich ein Angehöriger des öffentlichen Dienstes besonders beispielhaft verhalten hat oder sonst durch eine besondere Leistung hervorgetreten ist (Hohmann/Matthiessen, HmbPersVG, 1974, § 88 Rn. 16).

Diesem herkömmlichen Verständnis widerspricht es, die Gewährung einer Zulage zur Bindung einer qualifizierten Fachkraft als „Belohnung“ (für das Verbleiben in der Dienststelle) anzusehen.

Auch wenn unterstellt wird, dass die Frau ... gewährte Zulage in Wahrheit eine „verkappte“ Leistungszulage aufgrund der guten Leistungen von Frau ... darstellt, würde sie sich nach Auffassung der Fachkammer nicht als „Belohnung“ im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 HmbPersVG darstellen. Bei einer Leistungszulage steht anders als bei der Prämie nicht die Belohnungsfunktion im Vordergrund, sondern die Anreizfunktion: der oder die Beschäftigte soll nicht eine Belohnung für eine erbrachte Leistung erhalten, sondern in Erwartung weiterhin überdurchschnittlicher Leistungen ein diesen überdurchschnittlichen Leistungen Rechnung tragendes zusätzliches Entgelt.

Dafür, dass der Gesetzgeber vom Begriff der „Belohnung“ (entgegen dem herkömmlichen Verständnis, s.o.) auch wiederkehrende, wegen (weiterhin erwarteter) besonderer Leistungen gewährte Bezüge erfasst wissen wollte, gibt es nach Auffassung der Fachkammer keine hinreichenden Anhaltspunkte.

c) Weitere Mitbestimmungstatbestände, auf die sich der Antragsteller berufen könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere kommt § 87 Abs. 1 Nr. 5 HmbPersVG als Mitbestimmungstatbestand nicht in Betracht, wonach der Personalrat mitbestimmt bei Fragen der Lohngestaltung, insbesondere Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen, Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden und deren Änderung sowie Festsetzung von Akkord- und Prämiensätzen und vergleichbaren leistungsbezogenen Entgelten einschließlich der Geldfaktoren. Die Mitbestimmung des Personalrats nach dieser Vorschrift bezieht sich ausschließlich auf die Aufstellung von abstrakt-generellen Regelungen auf dem Gebiet der Lohngestaltung. Die Gewährung von Leistungen bzw. Zulagen im Einzelfall wird von § 87 Abs. 1 Nr. 5 HmbPersVG nicht erfasst (vgl. zu § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG BVerwG, Beschl. v. 26.07.1979, 6 P 44/78, juris, Rn. 26; zu § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BaWüPersVG BVerwG, Beschl. v. 28.05.2009, 6 PB 5/09, juris, Rn. 9).

Einer Mitbestimmung nach § 80 Abs. 1 S. 1 HmbPersVG (innerdienstliche Allzuständigkeit) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Dem steht bereits § 88 Abs. 2 S. 2 HmbPersVG entgegen, wonach (u.a.) Einzelfallentscheidungen bei der Festsetzung von Vergütung, Lohn oder Entgelt von der Mitbestimmung ausgenommen sind, soweit sie nicht von § 88 Abs. 1 HmbPersVG erfasst sind.

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