KG, Beschluss vom 06.05.2008 - 1 W 319/06
Fundstelle
openJur 2012, 8640
  • Rkr:
Tenor

Die weitere Beschwerde wird gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 GBO dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

Gründe

I.

Die Beteiligte erwirkte, vertreten durch ihre jetzigen Verfahrensbevollmächtigten, am 28. November 2005 zum Aktenzeichen 11.0.167/05 ein Versäumnisurteil gegen die eingetragene Eigentümerin zu 1) und W. M. auf Zahlung von 40.157,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5. Januar 2005 als Gesamtschuldner. Unter dem 22. Juni 2006 beantragten die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu dem im Beschlusseingang genannten Grundbuchblatt im Wege der Zwangsvollstreckung die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek für die Beteiligte, vertreten durch ihren geschäftsführenden Gesellschafter H. P., auf dem Anteil der eingetragenen Eigentümerin zu 1) für die Forderung aus dem Versäumnisurteil des Landgerichts Berlin vom 28. November 2005 sowie aus dem hierzu ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 7. Dezember 2005 in Höhe von 3.070,88 EUR nebst Zinsen. Dem Antrag waren die vollstreckbaren Ausfertigungen der beiden vorgenannten Entscheidungen beigefügt. Das Grundbuchamt hat den Antrag mit Beschluss vom 27. Juni 2006 zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten hat das Landgericht mit Beschluss vom 10. August 2006 zurückgewiesen.

Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Beteiligte als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) könne nicht als Berechtigte eines dinglichen Rechts im Grundbuch eingetragen werden. Dem stehe die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Rechtsfähigkeit der GbR nicht entgegen. Denn die für die Eintragung erforderliche Vertretungsbefugnis könne bei der GbR nicht durch öffentliche Urkunden im Sinne des § 29 GBO nachgewiesen werden, da es eine Eintragung in ein öffentliches Register, aus dem sich die Vertretungsbefugnis ergebe, bei der BGB-Gesellschaft nicht gebe. Die fehlende Grundbuchfähigkeit führe nicht nur dazu, dass die GbR nicht als Eigentümerin in Abt. I des Grundbuchs eingetragen werden könne. Das Erfordernis der Verkehrsfähigkeit von Rechten gelte auch für die übrigen Abteilungen des Grundbuchs.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten:

II.

Die weitere Beschwerde ist gemäß §§ 71 Abs. 1, 78, 80 Abs. 1 GBO zulässig. Der Senat hält sie auch für begründet, weil seiner Ansicht nach die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 27 FGG). Er möchte hiernach unter Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen dem Antrag entsprechen, sieht sich jedoch durch oberlandesgerichtliche Entscheidungen, in denen die hier maßgebliche Rechtsfrage anders beurteilt wird, daran gehindert und legt die Sache deswegen dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vor, § 79 Abs. 2 Satz 1 GBO.

1. Ob eine GbR als Träger von Rechten und Pflichten in das Grundbuch eingetragen werden kann, ist in Rechtsprechung und Schrifttum stark umstritten. Auch nach Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der GbR durch den Bundesgerichtshof (BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 ff.) wird die Grundbuchfähigkeit der GbR - im Sinne der Fähigkeit, „als solche“ mit ihrem Namen im Grundbuch als Berechtigte eingetragen zu werden (vgl. Ott, NJW 2003, 1223, OLG Stuttgart, FGPrax 2007, 66) - von der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum verneint (BayObLGZ 2002, 330 ff.; Rpfleger 2004, 93 ff.; FGPrax 2004, 269 = MittBayNot 2005, 143; OLG München DB 2005, 1621; OLGR Celle, 2006, 309; OLG Schleswig, NJW 2008, 306 f. = FGPrax 2008, 54; Demharter, GBO, 25. Aufl., § 19 Rn. 108; Bauer/von Oefele/Wilke, GBO, 2. Aufl., § 13 Rn. 34; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rn. 240 c und Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 867 Rn. 8 c; Hügel/Holzer, GBO, § 1 Rn. 55; Meikel/Ebeling, Grundbuchrecht, 9. Aufl., § 15 GBV Rn. 30 e; a.A. OLG Stuttgart a.a.O., obiter dictum; Dümig in KEHE, Grundbuchrecht, 6. Aufl., Einleitung B 59 ff., sowie Rpfleger 2007, 24; Ott a.a.O.; Nagel, NJW 2003, 1646; Knöfel, ZfIR 2006, 428 ff.; Tavakoli/Fehrenbacher, DB 2007, 382 ff.; Bielicke, Rpfleger 2007, 441 ff.; Behrens, ZfIR 2008, 1 ff.). Teilweise wird gegen die Grundbuchfähigkeit der GbR vorgebracht, dass nach § 15 Abs. 1 GBV nur natürliche Personen sowie juristische Personen, Handelsgesellschaften und Partnergesellschaften im Grundbuch eingetragen werden können, während die gesamthänderische Verbundenheit der Mitglieder der GbR nach § 47 GBO zu kennzeichnen ist. Dem ist entgegenzuhalten, dass bei Erlass der Vorschrift des § 15 GBV die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Teilrechtsfähigkeit der GbR noch nicht bekannt war (vgl. OLG Stuttgart a.a.O.; Behrens a.a.O.; Schöner/Stöber a.a.O., Rn. 240 a). Kernargument für die Verneinung der Grundbuchfähigkeit der GbR sind die Probleme beim Nachweis der Vertretungsbefugnis. Denn nach § 29 GBO sollen die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Bei Handelsgesellschaften kann der Nachweis der Vertretungsbefugnis über § 32 GBO durch ein Zeugnis des Registergerichts geführt werden. Diese Möglichkeit besteht bei der GbR mangels Eintragung in ein Gesellschaftsregister nicht. Die Vorlage des Gesellschaftsvertrages in der Form des § 29 GBO reicht grundsätzlich nicht zum Nachweis der Vertretungsbefugnis, da aus ihm nicht hergeht, dass der Gesellschaftsvertrag zwischenzeitlich nicht geändert wurde. Einen dahingehenden Rechtsschein begründet die Satzungsurkunde im Unterschied zur Vollmachtsurkunde (§§ 172 ff. BGB) nicht. Hieraus wird hergeleitet, die Rechtssicherheit im Grundbuchverkehr sei nicht gewährleistet, wenn eine GbR unter ihrem Namen mit Angabe lediglich des gesetzlichen Vertreters im Grundbuch eingetragen werde.

2. Aus ähnlichen Gründen hat der BGH daran festgehalten, dass die GbR trotz Anerkennung der Rechtsfähigkeit nicht Verwalter nach dem WEG sein könne (NJW 2006, 2189).

Zur Eintragung der Wohnungseigentümergemeinschaft als Gläubiger einer Zwangshypothek hat der 5. Zivilsenat des BGH im Grundsatzurteil BGHZ 164, 155 ff. = NJW 2005, 2061/2065 ausgeführt: Mit der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft seien Erleichterungen bei dieser Form der Durchsetzung von Beitragsforderungen verbunden, was einem praktischen Bedürfnis entspreche. - Im Urteil vom 25.1.2008 - V ZR 63/07 - (ZIP 2008, 501 ff. = NJW 2008, 1378) hat der 5. Zivilsenat die Frage der Grundbuchfähigkeit der GbR offengelassen und zur Frage, ob die - nach § 894 ZPO fingierte - Bewilligung einer Grunddienstbarkeit durch eine GbR erfolgen könne, die als Eigentümerin des Grundstücks zur Abgabe der Erklärung verurteilt werde, ausgeführt: Die Teilrechtsfähigkeit der GbR umfasse die Fähigkeit, Eigentümer von Grundstücken zu sein. Das Verfahrensrecht sei an das geänderte Verständnis des Wesens der GbR anzupassen. Dass diese dem Gesetzgeber vorbehaltene Anpassung bisher nicht erfolgt sei, schließe den Erwerb von Eigentum an Grundstücken durch eine GbR nicht aus, sondern erschwere nur den zum Vollzug von Verfügungen der Gesellschaft im Grundbuch notwendigen Nachweis der Befugnis der Gesellschafter zur Vertretung der Gesellschaft.

3. Nach Ansicht des Senats ist im vorliegenden Fall, in dem es um die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek zugunsten der im Vollstreckungstitel bezeichneten GbR geht, der Verwirklichung des Rechts Vorrang vor den aus dem Verfahrensrecht hergeleiteten Bedenken zu geben. Einer dem Gesetzgeber vorbehaltenen Änderung des Grundbuchverfahrensrechts bedarf es nicht.

a) Soweit die vorzitierten Entscheidungen aus der Verneinung der Grundbuchfähigkeit der GbR herleiteten, diese könne auch nicht als Berechtigter einer Sicherungshypothek gemäß § 867 ZPO eingetragen werden (BayObLG FGPrax 2004, 269; OLG Schleswig a.a.O.), kann der Senat sich ihnen nicht anschließen. Die Rechtspositionen der GbR als Gläubiger eines vollstreckbaren Titels wird von dieser Auffassung nicht hinreichend beachtet. Deren Recht, nach Maßgabe des 8. Buches der ZPO aus dem Titel in das der Vollstreckung unterliegende Vermögen des Schuldners zu vollstrecken, ist verfassungsrechtlich geschützt (Art. 14 GG, Art. 19 Abs. 4 GG; vgl. BGH NJW 2007, 3719, NJW 2008, 586). Die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück erfolgt nach § 866 Abs. 1 ZPO durch Eintragung einer Sicherungshypothek. Die im Urteil oder in der Klausel namentlich bezeichnete Person (§ 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO) muss mit dem Vollstreckungsgläubiger identisch sein (BGH Rpfleger 2007, 479), was dazu führt, dass als Gläubiger einer Zwangshypothek nur derjenige eingetragen werden darf, der im Vollstreckungstitel namentlich als Vollstreckungsgläubiger genannt ist (Demharter, Anm. zu BGH a.a.O.). Nach Anerkennung der Parteifähigkeit der GbR muss dies auch für die im Titel als Gläubiger bezeichnete GbR geltend. Der vom OLG Schleswig (a.a.O.) gewiesene Weg einer Eintragung „in der herkömmlichen Weise“ durch Eintragung der einzelnen Gesellschafter mit dem Zusatz „als GbR“ (ebenso Schöner/Stöber a.a.O., Rn. 2162 i.V.m. Rn. 240 c; Kesseler, Anm. zu OLG Stuttgart ZIP 2007, 421/423), erscheint dem Senat nicht gangbar. Denn der Titel bezeichnet nicht die einzelnen Gesellschafter der GbR als Gläubiger, sondern die GbR; statt des aktuellen Bestandes der Gesellschafter ist ihr gesetzlicher Vertreter anzugeben, § 313 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Dem Grundbuchamt obliegt es nicht, die Bezeichnung im Titel zu ergänzen (BGH a.a.O.; Demharter a.a.O.). Eine Rubrumsberichtigung gemäß § 319 ZPO kommt bei zutreffender Bezeichnung der GbR im Urteil nicht in Betracht, ein Fall der Rechtsnachfolge gemäß § 727 ZPO liegt nicht vor. Der von der GbR erwirkte Titel wäre, wenn andere Vollstreckungsmöglichkeiten fehlen, wertlos (Lautner, MittBayNot 2005, 93/99).

b) Auf der anderen Seite stehen der Eintragung der GbR als Gläubiger der Zwangshypothek unter ihrer namentlichen Bezeichnung im Urteilsrubrum keine zwingenden Vorschriften des Grundbuchrechts entgegen. Zwar ist die Eintragung der GbR als Berechtigte in § 15 Abs. 1 GBV nicht vorgesehen; vielmehr geht § 15 Abs. 3 GBV davon aus, dass die Gesellschafter gemäß § 47 GBO als Berechtigte einer Gesamthandsgesellschaft eingetragen werden. Das schließt es aber nicht aus, jedenfalls die nach § 867 ZPO zu vollziehende Eintragung nach Maßgabe der §§ 313 Abs. 1 Nr. 1, 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorzunehmen; denn die GBO regelt den Fall der Zwangsvollstreckung nicht.

c) Der Einwand, durch die Eintragung einer GbR unter ihrem Namen als Berechtigte eines dinglichen Rechts im Grundbuch entstehe der Sache nach ein nicht verkehrsfähiges und daher nicht eintragungsfähiges Recht, trifft im Falle der Eintragung einer Zwangssicherungshypothek gemäß §§ 866 Abs. 1, 867 ZPO nicht zu. Mit deren Eintragung erlangt der Gläubiger eine Sicherungshypothek nach § 1184 BGB (vgl. Zöller/Stöber a.a.O. § 866 Rn. 3). Bei dieser bestimmt sich das Recht des Gläubigers aus der Hypothek nur nach der Forderung, sie kann nur zusammen mit der Forderung auf einen neuen Gläubiger übergehen (§ 1153 Abs. 2 BGB). Da die zugrundeliegende Forderung im Fall der Zwangssicherungshypothek nach §§ 866 f. ZPO tituliert ist, wird der Rechtsübergang durch eine Titelumschreibung nach § 727 ZPO nachgewiesen. Dies gilt sowohl im Fall der Abtretung als auch des gesetzlichen Forderungsübergangs oder der Gesamtrechtsnachfolge. Der umgeschriebene Titel genügt den Anforderungen des § 29 GBO an den Nachweis der Verfügungsberechtigung. Die Vollmacht zu Prozesshandlungen im Rahmen der Zwangsvollstreckung, damit auch zur Antragstellung und Löschungsbewilligung nach §§ 13 Abs. 1, 19 GBO, ergibt sich im übrigen ebenfalls aus dem Titel, § 81 ZPO. Vom Fortbestand des Titels hängt auch der rechtliche Bestand der eingetragenen Zwangshypothek ab (§ 868 ZPO), so dass es materiell-rechtlicher Nachweise für eine Grundbuchberichtigung nicht bedarf.

Damit ist die Verkehrsfähigkeit des Rechts entsprechend den praktischen Bedürfnissen gegeben. Die von Lautner (a.a.O.) befürchtete Gefährdung der Interessen des Schuldner-Eigentümers oder nachrangiger Vollstreckungsgläubiger ist nicht erkennbar, rechtfertigt es nach Ansicht des Senats jedenfalls nicht, der GbR die Vollstreckung aus dem Titel in den Grundbesitz des Schuldners zu versagen.

4. Der Senat würde daher der weiteren Beschwerde stattgeben und das Grundbuchamt anweisen, nach Vorlage der vollstreckbaren Schuldtitel, auf denen die Eintragung zu vermerken ist (§ 867 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz ZPO), sowie der Zustellungsnachweise Blatt 151 ff. d. A. im Original die Sicherungshypothek, wie beantragt, zugunsten der in den Titeln bezeichneten Klägerin einzutragen.

Da der Senat damit von den zu 3. a) zitierten Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des OLG Schleswig, die die Eintragungsfähigkeit der GbR als Vollstreckungsgläubiger einer Zwangssicherungshypothek verneinen, abweichen würde, ist die Sache gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 GBO dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen.