Saarländisches OLG, Urteil vom 29.03.2017 - 1 U 82/16
Fundstelle
openJur 2020, 80791
  • Rkr:

1. Zur Einlagepflicht des Kommanditisten einer Massenkommanditgesellschaft im Liquidationsstadium.

2. Der Liquidator einer aufgelösten KG hat im Rahmen seiner Aufgabe, die Aktiv- und Passivsalden unter den Gesellschaftern auszugleichen, das Recht und die Pflicht, im Namen der Gesellschaft die noch ausstehenden Einlagen, soweit zur Kompensation erforderlich, einzuziehen. Eine solche Einziehung kommt aber grundsätzlich erst in Betracht, wenn und soweit ein im Rahmen der Auseinandersetzungsrechnung zu erstellender Ausgleichsplan einen Passivsaldo zulasten des in Anspruch genommenen Gesellschafters aufweist.

Tenor

I. Die Erstberufung der Klägerin gegen das am 09. Juni 2016 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 3 O 243/15 - wird zurückgewiesen.

Auf die Zweitberufung des Beklagten wird das vorbezeichnete Urteil im Feststellungsausspruch zu Ziffer 1 des Urteilstenors aus Klarstellungsgründen wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass in die Abfindungsrechnung der Parteien als unselbständiger Abrechnungsposten zugunsten der Klägerin eine Einlageforderung von 8.960 Euro einzustellen ist.

Im Übrigen wird die Zweitberufung zurückgewiesen.

II. Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.

III. Das Urteil ist ebenso wie das angefochtene Urteil vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Die Parteien streiten um eine Beteiligung des Beklagten an der Klägerin, die als geschlossener Leasingfonds in Form einer Publikumskommanditgesellschaft am Markt tätig war.

Der Beklagte hat sich als Treugeber-Kommanditist an der Klägerin mit Erklärung vom 09.01.2009 (Anl. K1; Bl. 29 ff. d.A.) mit einer Zeichnungssumme von 19.200 Euro zzgl. Agio in Höhe von 6 % (1.152 Euro) in der Weise beteiligt, dass er sich zur Leistung einer Kontoeröffnungszahlung in Höhe von 4.800 Euro nebst monatlichen Raten in Höhe von 160 Euro zum jeweils 1. eines Monats verpflichtete. Bezüglich der monatlichen Raten ermächtigte er den Treuhänder B. zur Lastschrift von seinem Bankkonto (Anl. K2; Bl. 33 d.A.). In der Beitrittserklärung war ein Risikohinweis enthalten, dass es sich nicht um eine sog. mündelsichere Anlage handele und eventuell ein Totalverlust der Anlage drohe. Ein entsprechendes Beratungsprotokoll hat der Beklagte unterzeichnet (Anl. K9; Bl. 158 d.A.).

Der Beklagte zahlte neben dem Kontoeröffnungsbetrag nebst Agio die vereinbarten Raten bis einschließlich Oktober 2011 in Höhe von insgesamt 5.440 Euro.

Durch Bescheid der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen) vom 06.10.2011 (Anl. K3; Bl. 28 ff. d.A.) wurde der Klägerin die Erlaubnis, Finanzdienstleistungen zu erbringen, entzogen und die Abwicklung der Klägerin verfügt. Seitdem befindet sich die Klägerin in der Liquidation.

Am 20.12.2011 kündigte der Beklagte seine Beteiligung aus wichtigem Grund (Anl. B2; Bl. 84 d.A.). Mit Schriftsatz vom 31.07.2015, zugegangen den Klägervertretern am 17.08.2015 (Bl. 102 d.A.), erklärten seine Prozessbevollmächtigten den Widerruf der Beitrittserklärung (Bl. 102 d.A.). Der vormalige Treuhänder Rechtsanwalt B. sowie die nachfolgende Treuhandgesellschaft ... pp. haben ihre Ansprüche wegen etwaiger Einlageforderungen des Treuhänders gegenüber ratenzahlenden Anlegern an die Klägerin abgetreten (Anl. K6; Bl. 52 d. A.).

Mit vorliegender Klage hat die Klägerin den Beklagten auf Zahlung rückständiger monatlicher Raten in Höhe von aufaddiert 6.880 Euro nebst Zinsen für den Zeitraum Dezember 2011 bis Mai 2015 sowie zur Zahlung weiterer 13 ab Juni 2015 fällig werdender Raten in Höhe von 160 Euro monatlich bis Mai 2016 in Anspruch genommen. Hilfsweise hat sie die Feststellung begehrt, dass in die Abfindungsrechnung der Parteien als unselbständiger Rechnungsposten zugunsten der Klägerin eine Einlageforderung von 8.960 Euro nebst Zinsen eingestellt wird.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass eine Beendigung der Klägerin als Publikumsgesellschaft nur dann gewährleistet werden könne, wenn die Klägerin im Interesse sämtlicher Anleger die rückständigen und fälligen Einlageforderungen gegenüber den Ratenzahlern geltend mache. Bei den rückständigen Einlageforderungen handele es sich um rückständige Sozialansprüche, deren Einforderung Voraussetzung für den Ausgleich der Gesellschafter untereinander sei. Aus dem Gesellschaftsvertrag folge die Verpflichtung des Beklagten, das negative Saldo seines Kapitalkontos bis zur Höhe der Einlagesumme durch rückständige Raten zu leisten bzw. zukünftig fällig werdende Leistungen zu erbringen.

Das Guthaben der Klägerin betrage derzeit rund 2,8 Mio. Euro. Verbindlichkeiten existierten nicht mit Ausnahme der laufenden Kosten. Diese resultierten vor allem aus noch laufenden Rechtsstreitigkeiten, die einerseits mit den Anlegern und andererseits mit Leasingnehmern geführt würden. Da sich aus der im März 2015 zum Stichtag 06.10.2011 erstellten Liquidationsbilanz eine Unterdeckung der Gesellschaft in Höhe von 243.000 Euro ergebe, sei die Einziehung der Einlageraten auch gerechtfertigt. Außerdem lägen zwei Güteanträge einer Interessengemeinschaft von Anlegern vor, mit der Schadensersatzansprüche von 1,8 Mio. Euro geltend gemacht würden. Auch wenn diese sich nicht unmittelbar gegen die Klägerin richteten, bestünde die Gefahr von Antragserweiterungen und Regressen.

Da der Vertrieb der Anlage durch die LMVO GmbH durchgeführt worden sei, die ihrerseits eigene Vertragspartner beauftragt habe, hafte sie zudem nicht für etwaige Beratungsfehler beim Vertrieb der Anlage. Dem Widerruf des Vertrages wie auch der Kündigung aus wichtigem Grund stehe bereits die Durchsetzungssperre für Einzelansprüche des Gesellschafters entgegen.

Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat seine Passivlegitimation mit der Begründung bestritten, dass die Abtretung des/r Treuhänders/-in unbestimmt und daher unwirksam sei. Ein Direktanspruch stehe der Klägerin nicht zu, weil der Gesellschaftsvertrag ihm im Innenverhältnis nicht die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters einräume. Aufgrund von Prospektfehlern und mangelhafter Aufklärung durch den Vermittler, die die Klägerin sich zurechnen lassen müsse, stünden ihm Schadensersatzansprüche zu, mit denen er gegen die Klageforderung aufrechne.

Offene Einlagenforderungen stellten wegen der Durchsetzungssperre im Rahmen der Auseinandersetzungsrechnung lediglich unselbstständige Rechnungsposten dar. Daher müsse zunächst eine Auseinandersetzungsbilanz erstellt werden, die zur Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens der Anleger führe. Er stellt die Erforderlichkeit der Einforderung der Einlagen für die Liquidation sowie die Richtigkeit der angegebenen Rückstellungen in Abrede. Da die Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß gewesen sei, sei ihm ein Widerruf seiner Beitrittserklärung auch noch möglich gewesen.

Durch das angefochtene Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 09.06.2016 (Bl. 305 ff. d.A.), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen vollumfänglich gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht auf den Hilfsantrag der Klägerin festgestellt, dass in die Abfindungsabrechnung der Parteien als unselbständiger Abrechnungsposten zugunsten der Klägerin eine Einlagenforderung von 9.440 Euro einzustellen ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Nach der Rechtsauffassung des Landgerichts scheitert der Anspruch der Klägerin auf Ausgleich der Einlageraten an der fehlenden Fälligkeit. Denn es liege noch keine Auseinandersetzungsrechnung entsprechend der Regelung des § 17 des Gesellschaftsvertrages (fortan: GV) vor. Allein die Vorlage der Liquidationsbilanz und der Jahresabschlusswerte seien zur Darlegung der Verhältnisse der Gesellschaft und der Erforderlichkeit der Einziehung der Einlagen im Rahmen der Liquidation nicht ausreichend. Abgesehen davon, liege ein wirksamer Widerruf des Beklagten unter dem Aspekt des Haustürgeschäfts mit Wirkung per September 2015 vor, denn die Klägerin habe nicht beweisen können, dass der Beklagte eine Beratung über die konkrete Anlage bestellt habe. Allein die Übergabe des Prospekts belege noch nicht, dass die Kontaktaufnahme auf Bestellung des Verbrauchers, nämlich des Kunden, stattgefunden habe. Die Abwicklungsanordnung der BaFin vom 06.10.2011 berühre das Ausscheiden des Beklagten mit Zugang der Widerrufserklärung nicht.

Gegen diese Entscheidung haben die Klägerin und der Beklagte Berufung eingelegt, mit der die Klägerin ihren Hauptantrag und der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung des Feststellungsantrages weiter verfolgen.

Zur Begründung ihrer Erstberufung macht die Klägerin geltend, die Annahme des Landgerichts, der Beitritt sei im Rahmen einer Haustürsituation erfolgt, sei unzutreffend. Das Beratungsprotokoll vom 09.01.2009 weise die vorherige Prospektübergabe am 14.12.2008 aus. Letzteres folge auch aus der unterzeichneten Beitrittserklärung. Diese von der Beklagten unterzeichneten Urkunden würden, was das Landgericht verkannt habe, gemäß §§ 416, 440 Abs. 2 ZPO den vollen Beweis dafür erbringen, dass der Beklagte die darin enthaltenen Erklärungen abgegeben hat.

Das Landgericht habe sich daher mit dem Einwand der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 05.09.2015 befassen müssen, wonach eine Überrumpelungssituation aufgrund der beiden persönlichen Beratungstermine und der umfassenden Risikobelehrung und Beratung im Zeitpunkt der Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung knapp einen Monat nach der Prospektübergabe nicht mehr vorgelegen habe. Abgesehen davon sei aufgrund der Abwicklungsanordnung der BaFin vom 06.10.2011 und der Liquidation der klägerischen Publikumsgesellschaft ein Widerruf mit dem Ziel des Ausscheidens während der laufenden Liquidation nicht möglich. Ein derartiges Ausscheiden würde eindeutig der Regelung des § 155 HGB zuwiderlaufen.

Entgegen der Rechtsansicht des Landgerichts sei die Erforderlichkeit des Einzugs ausstehender Einlagen auf der Grundlage der Jahresabschlussbilanz zum 31.12.2012 ausreichend vorgetragen und nachgewiesen. Die Frage, ob sie wirtschaftlich zur Durchführung der Abwicklung benötigt würden, könne der Abwickler zunächst nur aufgrund der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung herrschenden Vermögenslage beantworten. Aufgrund sich ständig ändernder Vermögensverhältnisse seien andernfalls das Prozessrisiko für die Geltendmachung der Ansprüche und die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels nicht mehr kalkulierbar. Ausweislich der uneingeschränkt testierten Bilanz überstiegen die Rückstellungen von 3.278.183,31 Euro die Aktiva in Form von Forderungen an Kreditinstitute in Höhe von 2.299.710,37 Euro deutlich. Die Liquidationsbilanz zum 06.10.2011 stelle eine zutreffende Grundlage für die Klärung der Erforderlichkeit des Einzugs ausstehender Einlageforderungen dar.

Eine Auseinandersetzungsrechnung gemäß § 17 GV könne zum derzeitigen Zeitpunkt nicht gefordert werden, denn erst nach Befriedigung der Gläubiger lasse sich zuverlässig feststellen, wieviel Kapital zur Ausschüttung an die Gesellschafter letztlich verbleibe. Eine möglichst schnelle Beitreibung ausstehender Einlagen vermeide eine Verzögerung der Abwicklung und daher auch weitere Kosten, die letztlich von allen Anlegern als Mitglieder der Publikumsgesellschaft getragen werden müssten. Aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht (§ 53a AktienG) folge das Gebot, die Gesellschafter auch im mitgliedschaftlichen Bereich gleich zu behandeln, wozu der Einzug ausstehender Einlagen zähle.

Die Klägerin beantragt (Bl. 355-357, 441, 581 d.A.),

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 09.06.2016 zu Az. 3 O 243/15 wie folgt zu erkennen:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 8.960 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

aus 160 Euro seit dem 02.11.2011

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.12.2011

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.01.2012

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.02.2012

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.03.2012

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.04.2012

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.05.2012.

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.06.2012

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.07.2012

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.08.2012

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.09.2012

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.10.2012

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.11.2012

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.12.2012

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.01.2013

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.02.2013

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.03.2013

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.04.2013

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.05.2013

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.06.2013

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.07.2013

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.08.2013

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.09.2013

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.10.2013

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.11.2013

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.12.2013

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.01.2014

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.02.2014

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.03.2014

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.04.2014

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.05.2014

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.06.2014

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.07.2014

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.08.2014

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.09.2014

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.10.2014

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.11.2014

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.12.2014

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.01.2015

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.02.2015

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.03.2015

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.04.2015

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.05.2015

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.06.2015

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.07.2015

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.08.2015

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.09.2015

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.10.2015

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.11.2015

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.12.2015

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.01.2016

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.02.2016

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.03.2016

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.04.2016

aus weiteren 160 Euro seit dem 02.05.2016

auf die Beteiligung mit der Vertragsnummer 3635 zu zahlen.

2. Die Zweitberufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Beklagte beantragt (Bl. 352, 404, 582 d.A.),

1. die Erstberufung der Klägerin zurückzuweisen;

2. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 09.06.2016, Az. 3 O 243/15, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte tritt der Erstberufung entgegen und trägt unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Rechtsstandpunktes Folgendes vor:

Die Klägerin habe schon deshalb keinen Anspruch auf Einstellen der Einlagenforderung in die Abfindungsrechnung, weil der Beklagte als Treugeber nicht passivlegitimiert sei. Insoweit habe das Landgericht übersehen, dass der Treugeber andere Rechte als das Kontrollrecht gegenüber der Gesellschaft gerade nicht unmittelbar ausüben könne. Ab der Abwicklungsentscheidung der BaFin habe die Klägerin auch nicht mehr kapitalwerbend tätig sein und Einlagen entgegen nehmen dürfen. Die nunmehr eingeklagten Beiträge müssten zur Begründung neuer Kommanditeinlagen verwandt werden, was der Klägerin verboten sei. Da die Gegenleistung für die Zahlung der rückständigen Beiträge der Klägerin somit unmöglich sei, sei auch der Beklagte von seiner Leistungspflicht gegenüber dem Treuhänder freigeworden.

Das Interesse des Anlegers, aus einer Gesellschaft auszuscheiden, die auf einem unseriösen Geschäftsmodell beruhe, und dieser keine weiteren Einlagen mehr zur Verfügung stellen zu müssen, sei allein mit der Anordnung der Liquidation nicht erloschen. Im Hinblick darauf müsse dem Beklagten ein Kündigungsrecht weiter zustehen, zumal diese auf eine Täuschung bei Abschluss der Anlage durch den Vermittler der Klägerin gestützt werde. Fehlerhaft habe das Landgericht das Schreiben des Beklagten vom 20.12.2011 nicht bereits als Widerruf ausgelegt, obwohl mit diesem insgesamt eine vollständige Rückabwicklung des Vertrages verlangt worden sei. Die ausdrückliche Bezeichnung als "Widerruf" sei nicht erforderlich. Von einer ordnungsgemäßen Aufklärung durch das Prospekt könne nicht ausgegangen werden. Vielmehr habe der Vermittler die Anlage stets als sichere Rentenvorsorge und als absolut sichere Anlage mit guter Rendite dargestellt, ohne auf die Möglichkeit eines Totalverlusts hinzuweisen, was die Klägerin sich anrechnen lassen müsse und wofür Beweis durch Parteivernehmung des Beklagten angeboten worden sei, der die Klägerin nicht widersprochen habe. Zumindest habe der Beklagte aber zu der fehlenden Risikobelehrung angehört werden müssen.

Auch die gerügten Prospektfehler, die einen Schadensersatzanspruch des Beklagten begründeten, habe das Landgericht nicht ausreichend gewürdigt. Ein weitergehender Sachvortrag hierzu sei nicht möglich gewesen, da dem Beklagten das Prospekt niemals übergeben worden sei und die Klägerin dies auch trotz Aufforderung des Landgerichts vom 29.02.2016 nicht vorgelegt habe.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 15.03.2017 (Bl. 581 ff. d.A.) Bezug genommen.

B.

Die form- und fristgerecht eingelegten sowie ordnungsgemäß begründeten Rechtsmittel der Klägerin und des Beklagten sind nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO zulässig.

Die Erstberufung der Klägerin (I.) wie auch die Zweitberufung des Beklagten (II.) bleiben im Ergebnis ohne Erfolg. Der Feststellungstenor in Ziffer 1 des angefochtenen Urteils bedurfte allerdings der klarstellenden Korrektur.

I.

Der zulässige, auf Zahlung offener Einlageraten bis Mai 2016 gerichtete Hauptantrag in Höhe von insgesamt 8.960 Euro (56 x 160 Euro) ist unbegründet.

Die Klägerin hat weder die Voraussetzungen hinreichend dargelegt, unter denen die Einziehung rückständiger Einlagen zum Zwecke der Befriedigung von Gläubigern im Rahmen der Liquidation zulässig ist (1.) noch ist ein Zahlungsanspruch der Klägerin zum Zwecke des endgültigen Ausgleichs unter den Gesellschaftern auf der Grundlage des § 17 des Gesellschaftsvertrages gegeben (2.).

1. Die Voraussetzungen, unter denen die Einziehung rückständiger Einlagen zum Zwecke der Befriedigung von Gläubigern im Rahmen der Liquidation zulässig ist, liegen nach derzeitigem Stand nicht vor, §§ 149, 161 Abs. 2 HGB.

a) Ein Zahlungsanspruch der Klägerin nach § 5 des Treuhandvertrages i. V. m. der Beitrittserklärung samt Zusatzvereinbarung besteht entgegen der Auffassung der Erstberufung nicht mehr.

aa) Der Liquidator ist nach § 149 HGB befugt, rückständige Kommanditeinlagen einzuziehen. Ausstehende Einlagen dürfen im Rahmen einer Fondsgesellschaft grundsätzlich aber nur dann gefordert werden, wenn und soweit sie für die Abwicklung tatsächlich benötigt werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie für die Tätigkeit der Gesellschaft im Rahmen des Liquidationszwecks oder für die Befriedigung der Gläubiger erforderlich sind (vgl. Habersack in Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, § 149 Rdnr. 23; Karsten Schmidt in Münchener Kommentar zum HGB, 2. Aufl. 2006, § 149 Rdnr. 19 jeweils m.w.N.). Hierbei ist ein Liquidator nicht verpflichtet, den zur Abwicklung der Gesellschaft benötigten Betrag in der Weise von den Gesellschaftern einzufordern, dass alle gleichmäßig belastet sind; vielmehr steht die Entscheidung, ob und in welchem Umfang er gegenüber den einzelnen Gesellschaftern rückständige Einlageforderungen geltend macht, in seinem pflichtgemäßen Ermessen (vgl. BGH, NJW 1980, 1522, 1524; OLG Frankfurt, Urteil vom 07.11.2012 - 1 U 64/12, juris Rdnr. 18). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der eingeforderte Betrag für die Durchführung der Abwicklung nicht mehr benötigt wird, trifft grundsätzlich den Gesellschafter. Andererseits darf dem in Anspruch genommenen Gesellschafter nicht die Möglichkeit genommen werden, nachzuweisen, dass die Erreichung des Abwicklungszwecks auch ohne die von ihm zu erbringende Leistung gewährleistet ist. Zu diesem Nachweis wird er im Regelfall aber nur dann in der Lage sein, wenn der Abwickler die Verhältnisse der Gesellschafter darlegt. Daraus folgt, dass der Abwickler zur Darlegung verpflichtet ist, soweit er dazu imstande ist. Dabei reicht das pauschale Vorbringen, zur ordnungsgemäßen Abwicklung würden entsprechende Mittel benötigt, hierzu in der Regel nicht aus (BGH, Urteil vom 03.07.1978 - II ZR 54/77; BGH, Urteil vom 05.11.1979 - II ZR 145/78).

bb) Unter Anwendung dieser Grundsätze kann die Klägerin die Zahlung rückständiger Einlageraten nicht fordern.

Die Klägerin hat zunächst zum Beleg des Liquiditätsbedarfs der Klägerin die Liquidationsbilanz von März 2015 zum Stichtag 06.10.2011 sowie die Jahresabschlüsse 2012 und 2013 vorgelegt (Bl. 54 ff., 255 ff. d.A.). Aus dem Lagebericht 2013 (Bl. 259 ff. d.A.) folgt, dass die "laufende Liquidität genügt, um alle laufenden Verbindlichkeiten zu bedienen". Es standen liquide Mittel von knapp 2,8 Millionen Euro zur Verfügung. Darüber hinaus wurde das aktive Leasingportfolio zum Stichtag 30.11.2014 an einen Wettbewerber ohne größere Verluste verkauft und die hierfür getätigte Rückstellung für Verluste damit nicht realisiert. Auch in dem aus dem Bundesanzeiger ersichtlichen Jahresabschluss für 2014 ist festgehalten, dass "die laufende Liquidität genügt, um alle laufenden Verbindlichkeiten zu bedienen".

Des Weiteren beschreibt der vorgelegte Statusbericht zum 30.06.2015 (Bl. 142 ff. d.A.) für 2015 eine Liquidität von 2.338.225 Euro. Unter Berücksichtigung sämtlicher Kosten bis zum voraussichtlichen Ende der Liquidation am 31.12.2018 verbleibt bei der Klägerin ausweislich der dortigen Liquiditätsvorausschau eine Liquidität in Höhe von 779.749 Euro. Diese Vorausschau geht von der am 30.06.2015 vorhandenen Liquidität und den danach voraussichtlich noch anfallenden Kosten aus. Zahlungen von Anlegern sind berücksichtigt, soweit sie am 30.06.2015 als Liquidität tatsächlich vorhanden waren, was bedeutet, dass zu dieser Position keine Verschlechterung, sondern allenfalls noch eine Verbesserung der Einnahmesituation durch spätere Zahlungseingänge aus Einlagen eintreten kann. Dass aus sonstigen, nach dem letzten Statusbericht eingetretenen Umständen weitere, bislang nicht berücksichtigte Unkosten angefallen sind oder anfallen werden, hat die Klägerin selbst weder behauptet noch durch Vorlage weiterer Statusberichte belegt.

Damit steht fest, dass nach derzeitigem Erkenntnisstand für die Liquidation der Klägerin die Einziehung rückständiger Einlagen nicht mehr erforderlich ist.

b) Soweit die Klägerin gestützt auf Entscheidungen des OLG Stuttgart (Urteile vom 19.04.2016 - 6 U 155/15 und vom 06.04.2016 - 14 U 2/15) dahingehend argumentiert, dass eine Verbesserung der Liquidität im Verlauf des Rechtsstreits durch die Zahlungen anderer Gesellschafter nicht dazu führt, dass die Klage gegen den Beklagten unbegründet wird, zumindest solange nicht feststeht, dass seine rückständige Einlage vollständig an ihn zurückzuzahlen wäre, kann dem nicht gefolgt werden. Diese Ansicht befindet sich im Widerspruch mit der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass Einlagen nicht mehr geschuldet sind, wenn sie zur Abwicklung nicht mehr benötigt werden. Dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall (Urteil vom 05.11.1979 - II ZR 145/78), auf den die Klägerin verweist, lagen andere Umstände zugrunde. Dort hatten sich während des Liquidationsverfahrens gerade keine ins Gewicht fallenden Veränderungen im Liquiditätsstatus der Klägerin ergeben. Der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass unter besonderen Umständen auch etwas anderes gelten könne.

Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liegt ebenfalls nicht vor, auch wenn es Anlieger gibt, die ihre Einlage bereits vollständig erbracht oder nach Oktober 2011 weitere Raten gezahlt haben. Zum einen ist der Liquidator gerade nicht verpflichtet, den zur Abwicklung benötigten Bedarf auf alle Gesellschafter gleichmäßig zu verteilen und alle gleichmäßig zu belasten (BGH, Urteil vom 05.11.1979 - II ZR 145/78). Zum anderen ändert der Wegfall der Zahlungspflicht zum Zwecke der Abwicklung nichts daran, dass noch ein Ausgleich unter den Gesellschaftern durchzuführen ist und dadurch die Gleichbehandlung der Gesellschafter gesichert wird. Maßgeblich ist stets der Sachstand zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung. Der negativen Kostenfolge könnte der Liquidator - wie bei anderen Verfahren auch - durch eine Erledigungserklärung entgehen.

2. Die Zahlungsklage kann auch nicht deshalb ein Erfolg beschieden sein, weil die Einlage zum endgültigen Ausgleich unter den Gesellschaftern benötigt wird.

a) Grundsätzlich sind Liquidatoren nicht berechtigt, zwecks Beschaffung der für den endgültigen Ausgleich unter den Gesellschaftern benötigten Mittel rückständige Einlagen einzuziehen; insoweit handelt es sich nach h.A. nicht um ein typisches Abwicklungsgeschäft, das nicht zum Aufgabenkreis der Liquidatoren gehört, es sei denn, diese Tätigkeit ist ihnen zusätzlich übertragen worden (BGH, Urteil vom 21.11.1983 - II ZR 19/83, beck-online, Tz. III.1; BGH, Urteil vom 14.11.1977 - II ZR 183/75, beck-online, Tz II.2; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. 2014, § 149 Rdnr. 11). Der endgültige Ausgleich unter den Gesellschaftern ist grundsätzlich Sache der Gesellschafter nach Beendigung der Liquidation (Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl., § 149 Rz. 3 m.w.N.). Ob für die Liquidation einer Publikumsgesellschaft per se etwas anderes gilt, hat der Bundesgerichtshof bislang offengelassen (BGH, Urteil vom 14.11.1977 - II ZR 183/75; Urteil vom 03.07.1978 - II ZR 54/77; Urteil vom 11.10.2011 - II ZR 242/09).

b) Auch wenn aber zugunsten der Klägerin vorliegend davon auszugehen wäre, dass ihr Abwickler berechtigt wäre, auch rückständige Einlagen zum Zwecke des endgültigen Ausgleichs unter den Gesellschaftern einzufordern, so hat die Klägerin zur Rechtfertigung ihres Zahlungsbegehrens unter diesem Aspekt keine ausreichenden Darlegungen zu einem nach § 17 GV zu erstellenden Auseinandersetzungsplan unterbreitet. Eine Einziehung rückständiger Einlagen zum Ausgleich unter den Gesellschaftern setzt voraus, dass ein im Rahmen der Auseinandersetzung zu erstellender Ausgleichsplan einen Passivsaldo zu Lasten des in Anspruch genommenen Gesellschafters aufweist (BGH, Urteil vom 14.11.1977 - II ZR 183/75; BGH, Urteil vom 21.11.1983 - II ZR 19/83). Ausnahmsweise kann die rückständige Einlage auch bei Fehlen einer derartigen Auseinandersetzungsrechnung eingezogen werden, wenn ohne eine solche festgestellt werden kann, dass ein Passivsaldo besteht, also der Gesellschafter in jedem Fall noch einen bestimmten Betrag zum Zwecke des Ausgleichs unter den Gesellschaftern leisten muss (BGH, Urteil vom 21.11.1983 - II ZR 19/83; BGH, Urteil vom 14.11.1977 - II ZR 183/75).

Ein solcher endgültiger Passivsaldo zu Lasten des Beklagten im Rahmen der Auseinandersetzung der Gesellschafter untereinander lässt sich jedoch nicht feststellen. In diesem Zusammenhang trifft nicht den Gesellschafter die Darlegungs- und Beweislast, dass ein Ausgleichsanspruch nicht besteht. Vielmehr muss der Liquidator den geltend gemachten Ausgleichsanspruch dartun und beweisen (BGH, Urteil vom 21.11.1983 - II ZR 19/83).

II.

Soweit der Beklagte sich gegen die auf den Hilfsantrag erfolgte Feststellung wendet, hat sein Rechtsmittel nach der Klarstellung der Klägerin, ihr erstinstanzliches Feststellungsbegehren lediglich über einen Abrechnungsposten von 8.960 weiterzuverfolgen, auch keinen teilweisen Erfolg.

1. Zunächst ist das rechtliche Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung zu bejahen.

Nach § 155 Abs. 1 HGB kommt dem Liquidator die Aufgabe zu, das nach Berichtigung der Schulden verbleibende Vermögen der Gesellschaft nach dem Verhältnisse seiner Kapitalanteile, wie sie sich auf Grund der Schlussbilanz ergeben, unter die Gesellschafter zu verteilen. Nach dem Gesellschaftsvertrag werden daher für jeden Kommanditisten Kapitalkonten geführt, deren Saldo in die Schlussrechnung miteinzubeziehen ist. Ist ein Gesellschafter zur Erbringung eines noch offenen Betrages nicht verpflichtet, so ist dies in der Schlussrechnung miteinzubeziehen. Der Anspruch des Gesellschafters auf das anteilige Auseinandersetzungsguthaben vermindert sich um den Betrag der nicht erfüllten Beitragsverpflichtung (Staub/Habersack, HGB, 5. Aufl., § 149 Rz. 28). Dem entspricht es, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls bei der Publikumsgesellschaft bürgerlichen Rechts in die von den Abwicklern zu erstellende Auseinandersetzungsbilanz auch ohne besondere Regelung im Gesellschaftsvertrag die zu unselbständigen Rechnungsposten gewordenen, auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhenden Ansprüche der Gesellschafter untereinander und gegen die Gesellschaft einzustellen sind (BGH, Urteil vom 15.11.2011 - II ZR 288/09 -, BGHZ 191, 293).

An einer derartigen Feststellung hat auch die Klägerin als Publikumsgesellschaft im Liquidationsstadium ein rechtliches Interesse, um so die Klarstellung streitiger Einzelposten der Schlussbilanz herbeizuführen (BGH, Urteil vom 19.12.1983 - II ZR 40 40/83).

2. Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten ist der von der Klägerin erstinstanzlich lediglich über einen Betrag von 8.960 Euro gestellte Feststellungsantrag in dieser Höhe auch begründet.

a) Im Streitfall hat das Landgericht allerdings mehr zugesprochen - Feststellung über einen Abrechnungsposten in Höhe von 9.440 Euro - als die Klägerin beantragt hat, und damit gegen § 308 Abs. 1 ZPO verstoßen, was ohne Rüge von Amts wegen zu prüfen ist (BGH NJW 93, 928; NJW-RR 1990, 1096; BGH NJW-RR 2002, 257). Eine nachträgliche Genehmigung durch die Klägerin, durch die der Mangel geheilt und in der eine noch in der Berufungsinstanz mögliche Klageerweiterung gesehen werden könnte (vgl. hierzu BGHZ 111, 161; 124, 370; NJW-RR 91, 1127; MDR 2005, 645; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 308 Rz. 7), liegt jedoch nicht vor. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt (Bl. 582, 583 d.A.), dass der Feststellungsantrag zweitinstanzlich ebenfalls lediglich in Höhe von 8.960 Euro verfolgt und die Entscheidung des Landgerichts, soweit mit dieser unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO mehr zugesprochen wurde, nicht genehmigt werde.

b) Die für die Feststellung erforderliche Aktivlegitimation der Klägerin/Passivlegitimation des Beklagten unterliegt keinen Bedenken. Die Annahme des Beklagten, der Beklagte müsse im Innenverhältnis mangels Gesellschafterstellung für einen - zugunsten der Klägerin zu unterstellenden - Liquidationsfehlbetrag in Höhe seiner gesellschafterlichen Beteiligung nicht haften, beruht auf einer fehlerhaften Auslegung des Gesellschafts- und Treuhandvertrages

Der Beklagte haftet gegenüber der Klägerin wie ein unmittelbarer Gesellschafter (aa), zudem wäre die Abtretung wirksam (bb).

aa) Es entspricht seit der Entscheidung vom 13.05.1953 (II ZR 157/52, BGHZ 10, 44, 49 f.) der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe nur BGH, Urteil vom 30. März 1987 - II ZR 163/86, ZIP 1987, 912, 913; Urteil vom 2. Juli 2001 - II ZR 304/00, BGHZ 148, 201, 205; Urteil vom 23. Juni 2003 - III ZR 46/02, ZIP 2003, 1702, 1703; Urteil vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04, ZIP 2006, 1631 Rn. 10; Urteil vom 11. November 2008 - XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 Rn. 20), dass im Falle einer so genannten offenen oder qualifizierten Treuhand, gerade bei der treuhänderischen Zusammenfassung zahlreicher Geldgeber, die an der Gesellschaft Beteiligten ihr gesellschafterliches Innenverhältnis so gestalten können, als ob die Treugeber selbst Gesellschafter wären. Durch eine solche Regelung besteht für die Beteiligten die Möglichkeit, ihre Rechtsbeziehungen untereinander der wirklichen Sachlage anzupassen; in dieser Hinsicht, d.h. bezogen auf das Innenverhältnis, sind sie durch zwingendes Recht nicht eingeschränkt, da die Gestaltung ihrer internen Rechtsbeziehungen im allgemeinen einer freien vertraglichen Vereinbarung zugänglich ist (BGH, Urteil vom 13. Mai 1953 - II ZR 157/52, BGHZ 10, 44, 49 f. m.w.N.). Ein solches Vertragsverhältnis mit den Gesellschaftern ist regelmäßig anzunehmen, wenn - wie bei Publikumsgesellschaften häufig - die mittelbare Beteiligung erst noch zu werbender Anleger und damit eine Verzahnung von Gesellschaft und Treuhand im Gesellschaftsvertrag von vornherein vorgesehen ist und im Hinblick darauf bestimmte Rechte und Pflichten der Anleger schon im Gesellschaftsvertrag geregelt sind. Eine solche Regelung ist rechtlich unbedenklich. Sollen im Einzelfall die Treugeber Rechte ausüben dürfen, die, wie z. B. das Stimmrecht, von der Mitgliedschaft des Treuhänders grundsätzlich nicht abgespalten werden können, ist das ausnahmsweise zulässig, weil dem alle Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag zugestimmt haben. Der Anleger muss die ihn betreffenden Regelungen des Gesellschaftsvertrages, auf den er bei seinem Beitritt Bezug nimmt, regelmäßig so verstehen, dass die Gesellschafter damit schlüssig den Treuhandgesellschafter, mit dem er unmittelbar abschließt, bevollmächtigt haben, ihn wie einen Gesellschafter in das Gesellschaftsverhältnis einzubeziehen, soweit seine Rechtsstellung im Gesellschaftsvertrag angesprochen ist (BGH, Urteil vom 30. März 1987 - II ZR 183/86, ZIP 1987, 912, 913; Tebben, ZGR 2001, 586 ff.; MünchKommBGB/Ulmer, 5. Aufl., § 705 Rn. 91 ff.).

Aufgrund der vertraglichen Bestimmungen, insbesondere der Verzahnung von Gesellschafts- und Treuhandvertrag, hat der Beklagte im Innenverhältnis zur Klägerin die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters erlangt (Quasi-Gesellschafter).

Nach dem Inhalt des Gesellschaftsvertrages, der auszulegen ist, (st. Rspr., siehe BGH, Urteil vom 16. Dezember 1991 - II ZR 58/91, BGHZ 116, 359, 364; Urteil vom 19. März 2007 - II ZR 73/06, ZIP 2007, 812 Rn. 18, jeweils m.w.N.), und unter Berücksichtigung des Treuhandvertrages und der Beitrittserklärung des Beklagten handelt es sich bei dem Verhältnis zwischen der Gesellschaft einerseits und den Treugebern andererseits nicht um ein einfaches Treuhandverhältnis, sondern um eine von gesellschaftsrechtlichen Bindungen überlagerte Treuhandbeziehung.

Zwar hat der Treugeber nach § 1 des Treuhandvertrags (Anl. K8; Bl. 46 ff. d.A.) die Beteiligungssumme an den Treuhänder zu leisten. Dieser erhöht im Auftrag des Treugebers treuhänderisch im eigenen Namen seinen Anteil (§ 2 des Treuhandvertrags). Im Außenverhältnis handelt es sich um einen einheitlichen Gesellschaftsanteil des Treuhänders, dies gilt auch im Verhältnis zur Gesellschaft (§ 3 des Treuhandvertrags). Allerdings stellt der Gesellschaftsvertrag selbst die Treugeber dem Treuhänder gleich. Nach § 4 des Gesellschaftsvertrags (K 5) gelten die im Gesellschaftsvertrag getroffenen Regelungen analog auch für Anleger, die sich als Treugeberkommanditisten mittelbar an der Gesellschaft beteiligen. Die Gesellschaft muss nach § 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags den Beitritt eines solchen Gesellschafters annehmen. Die Regelung in § 5 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags gilt auch für Treuhand-Kommanditisten. Zwar hat der Treugeber nach § 5 Abs. 1 des Treuhandvertrags die in der Beitrittserklärung vereinbarte Einzahlung auf das Konto des Treuhänders zu zahlen. Dieser leitet die vereinbarte Einlage unter Einhaltung der Regularien an die Gesellschaft weiter (§ 5 Abs. 1 Satz 2 des Treuhandvertrags). Diese Regularien sind jedoch nicht weiter definiert, insbesondere ist die Weiterleitung der Einlage nicht von bestimmten Prüfpflichten des Treuhänders oder bestimmten Mittelfreigabekriterien abhängig gemacht. Nach § 6 des Treuhandvertrags stellt der Treugeber den Treuhänder bis zur Höhe der gezeichneten Einlage von allen Verbindlichkeiten frei, die der Gesellschaft entstehen. Das heißt, dass der Treugeber bei wirtschaftlicher Betrachtung unmittelbar gegenüber der Gesellschaft haftet. Nach den Regelungen im Treuhandvertrag kann der Treugeber die Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung selbst ausüben. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 des Treuhandvertrags erteilt der Treuhänder dem Treugeber Vollmacht zur Wahrnehmung des Stimmrechts und aller weiteren Verwaltungsrechte eines Kommanditisten im Umfang des auf den Treugeber entfallenden Anteils an der Kommanditbeteiligung. Das Landgericht stellt in seiner Entscheidung darauf ab, dass der Treugeber sich nach dem Gesellschaftsvertrag erst vom Treuhänder bevollmächtigen lassen müsse, weshalb das Landgericht hier eine qualifizierte Treuhand ablehnt. Dies vermag jedoch nicht zu überzeugen, denn der Treuhänder hat hier keinen Ermessensspielraum. Der Treuhänder kann nicht verhindern, dass der Treugeber seine Gesellschafterrechte selbst ausübt. Durch die Erteilung der Vollmacht wird letztlich nur sichergestellt, dass die Gesellschaftsanteile nicht doppelt vertreten sind.

bb) Darüber hinaus hat der Treuhänder seine etwaigen Ansprüche aber auch wirksam unter dem 27./28.11.2014 an die Klägerin abgetreten (Anl. K 6; Bl. 52 d.A.).

Die Abtretungserklärung ist hinreichend bestimmt. Sie umfasst die gezeichnete Einlage. Ein vertragliches Abtretungsverbot ist im Treuhandvertrag nicht ersichtlich. Auch die Zweckbindung der Leistung beschränkt die Abtretung hier nicht (vgl. Henze/Notz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Auf. 2014, Anhang B nach § 177a Rdnr. 162; Rohe in Bamberger/Roth, Beck'scher Online-Kommentar BGB, Stand 01.05.2015, § 399 Rdnr. 6; vgl. BGH, Urteil vom 10.06.1991 - II ZR 247/90 - juris, Rdnr. 12, 14). Die gezeichnete Einlage sollte letztlich der Klägerin zufließen, die Weiterleitung an die Gesellschaft nach § 5 Abs. 1 Satz 2 des Treuhandvertrags ist nicht an besondere Voraussetzungen geknüpft (vgl. auch die Präambel des Treuhandvertrags, wonach sich der Treugeber über den Treuhänder an der Klägerin beteiligt).

c) Dem Landgericht ist darin zuzustimmen, dass die seitens des Beklagten erklärte Kündigung vom 20.12.2011 aus wichtigem Grund (Anl. B2; Bl. 84 d.A.), also nach Auflösung der Klägerin (Anl. B2; Bl. 84 d.A.), den Gesellschaftsvertrag nicht wirksam beenden konnte.

Dem durch arglistige Täuschung zum Eintritt in eine Publikumsgesellschaft bewogenen Kommanditisten steht ein Recht zum Ausscheiden durch Kündigung deshalb zu, weil das Interesse der zumeist zahlreichen Mitgesellschafter am Fortbestand ihrer Gesellschaft die dem Getäuschten an sich zustehende Auflösungsklage verbietet, andererseits aber dem Getäuschten nicht zugemutet werden kann, gegen seinen Willen Mitglied einer werbenden Gesellschaft zu bleiben. Das ändert sich grundlegend, wenn die Gesellschaft schon vor der Kündigung aufgelöst wird. Für eine Auflösungsklage ist dann kein Raum mehr. Damit entfällt auch ein rechtfertigender Grund, dem Getäuschten durch ein Kündigungsrecht einen Ersatz hierfür zu geben. Darüber hinaus verbietet es das Interesse an der reibungslosen und zügigen Liquidation, einem einzelnen Gesellschafter ein gesondertes Ausscheiden noch während des Auseinandersetzungsverfahrens zu gestatten (ebenso im Ergebnis OLG Koblenz WM 1978, 856).

d) Die Zahlungspflicht des Beklagten im Rahmen der Auseinandersetzung der Gesellschafter ist entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht aufgrund eines wirksamen Widerrufs im September 2011 oder im Juli 2015 (zugegangen im August 2015) nach den §§ 355, 312 BGB a. F. erloschen.

Abgesehen davon, dass ein Widerrufsrecht aufgrund einer Haustürsituation im Streitfall zweifelhaft ist, ist ein Widerruf nach vom Senat vertretener Auffassung während des Liquidationsverfahrens nicht mehr zulässig (so auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.11.2016 - 14 U 43/15). Wie der BGH zum Fall einer arglistigen Täuschung bereits entschieden hat (BGH, Urteil vom 11.12.1978 - II ZR 41/78), kann ein Anleger mit einer nach Konkurseröffnung erklärten Kündigung seine Zugehörigkeit zur Gesellschaft aus Rechtsgründen nicht mehr beenden. Denn das Interesse an der reibungslosen und zügigen Liquidation verbietet es, einem einzelnen Gesellschafter ein gesondertes Ausscheiden noch während des Auseinandersetzungsverfahrens zu gestatten. Diese zur außerordentlichen Kündigung entwickelten Grundsätze müssen erst recht gelten, wenn es - wie hier - lediglich um einen Widerruf wegen angeblicher Überrumpelung in einer Haustürsituation geht.

Der Widerruf vom 30.09.2011 betraf nach zutreffender Auslegung im Übrigen (§§ 133, 157 BGB) nur den Abbuchungsauftrag.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, wobei die Korrektur des erstinstanzlichen Feststellungstenors sich kostenmäßig nicht auswirkte. Die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da der Rechtsstreit weder von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO ist noch die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO.

Der Umstand allein, dass eine einheitliche Entscheidung des Revisionsgerichts in mehreren denselben Sachverhalt betreffenden Parallelverfahren angestrebt wird, gibt der Sache keine allgemeine, grundsätzliche Bedeutung (BGH, Urteil vom 09.06.2015 - II ZR 227/14). Auch dass ein Oberlandesgericht in einem eine große Anzahl von denselben oder vergleichbaren Fonds betreffenden Einzelverfahren von der Rechtsauffassung anderer Oberlandesgerichte abweicht, rechtfertigt ohne Hinzutreten eines hier nicht ersichtlichen tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gewichts für Allgemeininteressen die Zulassung wegen Divergenz nicht (BGH, a.a.O.; OLG München, Urteil vom 17.01.2017 - 23 U 1843/16).