FG Münster, Urteil vom 25.06.2020 - 3 K 13/20 F
Fundstelle
openJur 2020, 32007
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob zur Erfüllung des Betriebes der Klägerin, der in der Vermietung von Wohnungen bestand, ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb erforderlich war (§13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG).

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der X-GmbH & Co. KG (nachfolgend auch als „KG“ bezeichnet).

Im Feststellungszeitpunkt, dem Todestag der Erblasserin Frau B. S. am 1.4.2012, war die I. S. Wohnungsverwaltungsgesellschaft mbH alleinige Komplementärin der KG; nur sie war zur Geschäftsführung der KG befugt. Deren Gesellschafter waren die Kläger zu 2.) und zu 3.). Alleinige Kommanditistin war Frau B. S.. Ihre Anteile an der KG wurden von Todes wegen zu drei Vierteln auf ihren Sohn X. S., den Kläger zu 3.), und zu einem Viertel auf ihren Sohn I. S., den Kläger zu 2.), übertragen.

Die KG gehörte zum Firmenverbund der Familie S., der mehrere Hundert Mietwohnungen innehat und verwaltet. Die KG selbst hatte zum Feststellungszeitpunkt auf vier Grundstücken in C-Stadt etwa 40 Mietwohnungen zzgl. Garagen. Sie beschäftigte zum 31.12.2011 und im Kalenderjahr 2012 keine eigenen Arbeitnehmer. Zur Firmengruppe gehörte u. a. die S-GbR. Nach den Feststellungen des Beklagten befand sich der überwiegende Teil der Wohnungen dieses Firmenverbundes im Feststellungszeitpunkt im Eigentum der S-GbR. Diese hatte im Jahr 2012 50 Arbeitnehmer, der erfasste Lohnaufwand betrug über 540.000 EUR. Die S-GbR verwaltete die Wohnungen der KG und führte hierzu gehörende Nebentätigkeiten aus.

Zum 1.1.2018 wurde die KG auf die Klägerin zu 1.) verschmolzen, welche ebenfalls zum Firmenverbund der S-Gruppe gehört.

Im August 2013 ging die Erklärung zur Feststellung des Wertes des Anteils am Betriebsvermögen der KG auf den 1.4.2012 beim Finanzamt C-Stadt ein. Die Erbschaft-/Schenkungsteuerstelle des Finanzamts C-Stadt forderte daraufhin am 29.8.2013 beim Beklagten auf den Bewertungsstichtag 1.4.2012 die gesonderte Feststellung für den Wert des Anteils am Betriebsvermögen (§ 97 Abs. 1a Bewertungsgesetz –BewG–, § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG), die Summe der gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens (§ 13b Abs. 2a Erbschaftsteuergesetz –ErbStG–), die Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des jungen Verwaltungsvermögens (§ 13b Abs. 2a ErbStG) und die Zahl der Beschäftigten und die Ausgangslohnsumme (§ 13a Abs. 1a ErbStG) an, bezogen auf die KG. Am 1.4.2012 seien von Todes wegen Anteile der verstorbenen Frau B. S. auf die Erwerber X. S. und I. S. übertragen worden. Zusätzlich wies das Finanzamt C-Stadt u. a. darauf hin, dass das Vermögen als begünstigtes Vermögen i. S. des § 13a ErbStG deklariert worden sei. Es seien der Verschonungsabschlag und der Abzug nach § 13a ErbStG gewährt worden. Soweit der Beklagte feststellen sollte, dass kein bzw. nur teilweise begünstigtes Vermögen vorliege, bat es um Mitteilung und konkrete Benennung des Umfangs. Die KG übersandte dem Beklagten im März 2014 ergänzend zur im August 2013 eingereichten Erklärung weitere Angaben; u. a. bezifferte sie in Zeile 34 bzw. 38 der Anlage zur Ermittlung des Substanzwerts zur Feststellungserklärung den Wert der inländischen Betriebsgrundstücke nach dem BewG mit 1.365.189 EUR.

Mit Bescheid über die gesonderte Feststellung des Werts des Anteils am Betriebsvermögen (§ 97 BewG) auf den 1.4.2012 für Zwecke der Erbschaftsteuer nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG, die gesonderte Feststellung des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2a ErbStG, die gesonderte Feststellung der Ausgangslohnsumme und der Anzahl der Beschäftigten nach § 13a Abs. 1a ErbStG vom 25.4.2014 stellte der Beklagte – Bezug nehmend auf die Wertermittlung in der Anlage zum Bescheid – den Wert des Anteils am Betriebsvermögen auf 1.368.132 EUR und die Summe der gemeinen Werte des Verwaltungsvermögens auf 1.369.738 EUR fest. Dieser Betrag war identisch mit dem vom Beklagten ermittelten Substanzwert der vier inländischen Betriebsgrundstücke (K-Str. 5 und 9 sowie T-Str. 45 und 47, alle in C-Stadt). In den Erläuterungen führte der Beklagte aus, die zum Betriebsvermögen der KG gehörenden Grundstücke zählten zum Verwaltungsvermögen, da der Hauptzweck des Betriebes keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i. S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG erfordere.

Im Einspruchsverfahren legte die Wohnungs GmbH & Co. KG dar, nach dem Gesellschaftsvertrag sei ihr Hauptzweck die Vermietung von Wohneinheiten. Dieser Unternehmensgegenstand bringe eine Vielzahl von Tätigkeiten mit sich, welche den ganz erheblichen Einsatz von Personal und umfangreiche Verwaltungstätigkeiten zur Folge hätten. Die Verwaltung der Wohnungen sowie Nebentätigkeiten wie z. B. Hausreinigung, Hausmeistertätigkeiten und Winterdienste sowie kleinere Handwerkerleistungen würden durch die S-GbR, an der die Kläger zu 2.) und zu 3.) zu jeweils 50 v. H. beteiligt seien, durchgeführt und der KG in Rechnung gestellt. Im Einzelnen handele es sich folgende Tätigkeiten:

- Erstellung der Mietverträge durch das eigene Personal,

- Einstellen von Mietinseraten für zu vermietende Wohnungen in Zeitungen und Internetportalen,

- Übergabe der Wohnungen bei Ein- und Auszug,

- Erstellung der Übergabeprotokolle und Abnahme der Wohnungen durch die entsprechenden Mitarbeiter,

- Einzug der Mietzahlungen und Kontrolle der Zahlungseingänge,

- Erstellung der jährlichen Betriebskostenabrechnungen für die einzelnen Mietparteien,

- Wartungsarbeiten an und in den Vermietungsobjekten selbst durch das eigene Personal (z. B. Treppenhausreinigung, Winterdienst, Gartenarbeiten, kleinere Reparaturen),

- Besichtigungstermine bei Neuvermietungen,

- Besichtigungen der Wohneinheiten bei Mängeln oder Instandhaltungsarbeiten,

- Koordinierung der Instandhaltungsarbeiten,

- umfangreiche Führung der Geschäftsbücher auf Grund der Abgrenzungen der Mietzahlungen von Betriebskostenvorauszahlungen.

Auf Grund des Umfangs dieser Tätigkeiten sei ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nach § 14 Abgabenordnung (AO) zwingend notwendig gewesen.

Zum Einspruchsverfahren der Klägerin zu 1.) waren die Kläger zu 2.) und 3.) hinzugezogen. Mit Einspruchsentscheidung vom 6.12.2019 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zutreffend sei das Verwaltungsvermögen mit 1.369.738 EUR festgestellt worden. Die für Wohnungsunternehmen geltende Ausnahmevorschrift des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG, bei deren Vorliegen die betreffenden Wirtschaftsgüter nicht dem Verwaltungsvermögen zuzurechnen seien, greife im Streitfall nicht ein. Denn im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin habe der Betrieb der KG keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfordert. Feststellungsgegenstand sei ausschließlich das der KG zuzurechnende Verwaltungsvermögen. Entsprechend der Richtlinien R E 13b.13 Abs. 2 S. 4 Erbschaftsteuer Richtlinien –ErbStR– 2011 sei die Prüfung der Voraussetzungen betriebsbezogen vorzunehmen; deshalb sei lediglich auf die Verwaltung der 40 Wohnungen abzustellen. Art und Umfang der Tätigkeiten, um 40 Wohnungen zu verwalten, benötigten keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Die KG habe im maßgeblichen Zeitraum keine eigenen Arbeitnehmer beschäftigt. Die Durchführung von Nebentätigkeiten und die Verwaltung der Wohnungen durch die bei der S-GbR beschäftigten Arbeitnehmer könnten der KG nicht als eigene Tätigkeiten zugerechnet werden. Die Verhältnisse bei den anderen Gesellschaften des Familienunternehmens, insbesondere die Beteiligungsstrukturen im Unternehmensverbund und die Umstände der unternehmensinternen Willensbildung, seien nicht relevant.

Die Kläger zu 1.) bis 3.) haben am 3.1.2020 Klage erhoben.

Die Kläger bringen vor, ihr Fall sei gleich gelagert wie derjenige, den der BFH mit Urteil vom 24.10.2017 II R 44/15 entschieden habe, und wiederholen und ergänzen im Übrigen den Vortrag aus dem Einspruchsverfahren. Die Komplementär-GmbH sei für insgesamt drei Kommanditgesellschaften geschäftsführend tätig gewesen, in denen sich insgesamt 191 Wohnungen zzgl. Garagen befunden hätten. Wegen der Beteiligungsstruktur der Gesellschafter habe unweigerlich eine einheitliche Willensbildung vorgelegen. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb sei durch diesen Unternehmensverbund und die Gesellschafteridentität innerhalb der Familie S. vorhanden und auf Grund der Anzahl der Wohneinheiten auch erforderlich gewesen. Auf der Ebene der S-GbR sei ein Kostenpool gebildet worden, von dem aus die anfallenden Aufwendungen an die einzelnen Gesellschaften mit einem Umlageschlüssel weitergegeben worden seien. Von der Erforderlichkeit eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes sei auch deshalb auszugehen, weil die Verwaltung sämtlicher Wohnungen mit einem erheblichen Personalaufwand verbunden sei und die Klägerin zu 1.) einen kaufmännisch eingerichteten Geschäfts- bzw. Gewerbebetrieb im Sinne des § 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) unterhalte.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Werts des Anteils am Betriebsvermögen (§ 97 BewG) auf den 1.4.2012 für Zwecke der Erbschaftsteuer nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG, die gesonderte Feststellung des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2a ErbStG, die gesonderte Feststellung der Ausgangslohnsumme und der Anzahl der Beschäftigten nach § 13a Abs. 1a ErbStG vom 25.4.2014 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 6.12.2019 dahingehend zu ändern, dass die Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2a ErbStG mit 0 EUR festgestellt wird,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Zur Begründung verweist er auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und den Nichtanwendungserlass vom 23.4.2018 zum BFH-Urteil vom 24.10.2017 II R 44/15.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.6.2020 sowie auf die gewechselten Schriftsätze, die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

1. Der angefochtene Bescheid vom 25.04.2014 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 6.12.2019 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Der Beklagte hat zu Recht die Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens gemäß § 13b Abs. 2a ErbStG i. V. m. § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ErbStG mit 1.369.738 EUR festgestellt. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i. S. des §13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG lag im Feststellungszeitpunkt bei der Klägerin zu 1.) weder vor noch war er erforderlich.

a. Gemäß § 13b Abs. 2a Satz 1 ErbStG hat das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit – hier des Anteils an der KG – örtlich zuständige Finanzamt – hier der Beklagte – die Summen der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 5 ErbStG gesondert festzustellen. Zum Verwaltungsvermögen gehören Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke und Grundstücksteile (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStG), also z. B. an Dritte vermietete Wohnungen und Garagen. Eine Nutzungsüberlassung an Dritte ist nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG nicht anzunehmen, wenn die überlassenen Grundstücke und Grundstücksteile zum gesamthänderisch gebundenen Betriebsvermögen einer Personengesellschaft gehören und der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen i. S. des § 181 Abs. 9 BewG besteht, dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) erfordert. Liegen diese Voraussetzungen beim Erwerb von Betriebsvermögen vor, ist trotz der Vermietung von Wohnungen nicht von Verwaltungsvermögen auszugehen.

Der für die Annahme von Vermögen i. S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG erforderliche wirtschaftliche Geschäftsbetrieb liegt vor, wenn die Gesellschaft neben der Überlassung der Wohnungen Zusatzleistungen erbringt, die das bei langfristigen Vermietungen übliche Maß überschreiten und der Vermietungstätigkeit einen originär gewerblichen Charakter i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG verleihen. Es genügt nicht, dass sich die Wohnungen im Betriebsvermögen der Gesellschaft befinden.

Nach § 14 Satz 1 AO ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Eine Vermögensverwaltung liegt in der Regel vor, wenn Vermögen genutzt, z. B. Kapitalvermögen verzinslich angelegt oder unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird (§14 Satz 3 AO).

Aus der gesetzlichen Definition ergibt sich, dass ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb in der Regel durch die Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb i. S. des § 15 EStG begründet wird. Denn dabei ist begrifflich auch der Rahmen einer Vermögensverwaltung i. S. des § 14 Satz 3 AO überschritten (vgl. BFH-Urteile vom 27.03.2001 I R 78/99, BFHE 195, 239, BStBl II 2001, 449, und vom 25.05.2011 I R 60/10, BFHE 234,59, BStBl II 2011, 858). Dies gilt ebenso für die Beteiligung an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft, bei der der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist; die daraus bezogenen Gewinnanteile stellen Einkünfte des Gesellschafters aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dar. Einkünfte aus Gewerbebetrieb und Vermögensverwaltung schließen einander im Grundsatz aus (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3.07.1995 GrS1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, und BFH-Urteil vom 25.05.2011 IR60/10, BFHE 234, 59, BStBl II 2011, 858).

Eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i. S. des §15 Abs.3 Nr.2 Satz1 EStG, die keine originär gewerbliche Tätigkeit i. S. des §15 Abs.1 Satz1 Nr.1 EStG ausübt, sondern lediglich vermögensverwaltend tätig ist, unterhält keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i. S. des §14 Satz1 AO, auch wenn sie ertragsteuerrechtlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt und buchführungspflichtig ist (BFH-Urteil vom 24.10.2017 II R 44/15, BFHE 260, 363, BStBl II 2018, 358).

Für die im Rahmen des §13b Abs.2 Satz2 Nr.1 Satz2 Buchst.d ErbStG vorzunehmende Prüfung, ob die Vermietung von Wohnungen einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfordert, sind die ertragsteuerrechtlich maßgebenden Abgrenzungskriterien zur Einstufung einer Vermietungstätigkeit als private Vermögensverwaltung oder als gewerbliche Tätigkeit heranzuziehen. Ist die Wohnungsvermietung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse als private Vermögensverwaltung einzustufen, liegt kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor. Ist dagegen eine gewerbliche Wohnungsvermietung gegeben, ist auch davon auszugehen, dass hierfür ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb erforderlich ist.

Die Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (z. B. durch Selbstnutzung oder Vermietung) ist im Regelfall private Vermögensverwaltung und kein Gewerbebetrieb (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3.07.1995 GrS1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617). Dies gilt gleichermaßen für das Ertragsteuerrecht wie für §14 AO.

Die Vermietung von Grundstücken oder Grundstücksteilen wie etwa Wohnungen ist danach regelmäßig bloße Vermögensverwaltung im Sinne einer Fruchtziehung. Dies gilt auch, wenn es sich um einen großen Wohnungsbestand handelt, dessen Vermietung einen erheblichen Einsatz von Arbeitskraft mit sich bringt, die Bautätigkeit des Vermieters einen großen Umfang annimmt, der Vermieter beispielsweise als Architekt oder Bauunternehmer über eine besondere Sachkunde verfügt und erhebliches Fremdkapital in Anspruch nimmt. Die Vermietung von Grundbesitz bleibt auch Vermögensverwaltung, wenn an eine Vielzahl von Mietern vermietet und zur Verwaltung ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb i. S. des § 1 HGB unterhalten wird (vgl. BFH-Urteile vom 6.03.1997 IVR21/96, BFH/NV 1997, 762, und vom 18.04.2000 VIIIR68/98, BFHE 192, 100, BStBl II 2001, 359). Entscheidend ist der Zweck, der in der Einkünfteerzielung in Form von Vermögensanlage und -nutzung liegt (BFH-Urteil vom 12.03.1964 IV136/61S, BFHE 79, 366, BStBl III 1964, 364).

Zur üblichen Vermietungstätigkeit, die die Grenze der bloßen Vermögensverwaltung nicht überschreitet, gehören die Verwaltung der Wohnungen und deren Bewirtschaftung. Die Wohnungsverwaltung umfasst die Suche nach dem passenden Mieter durch Anzeigen in Portalen, die Erstellung des Mietvertrags, die Wohnungsübergabe, den Einzug von Mietzahlungen, den Kontakt mit den Mietern während des laufenden Mietverhältnisses, das Abfassen von Betriebskostenabrechnungen, die Sauberhaltung der gemeinschaftlich genutzten Räumlichkeiten, die Gestaltung und Pflege der Außenanlagen sowie die Erfüllung der Räum- und Streupflicht. Die Verwaltungstätigkeit beinhaltet außerdem die Instandsetzung und Instandhaltung der Wohnungen sowie die Beauftragung der entsprechenden Handwerker, deren Überwachung und Kontrolle und deren Bezahlung. Zur Bewirtschaftung von Wohnungen gehören u. a. die Versorgung mit Strom, Heizkraft und Wasser und der Kontakt sowie die Abwicklung der Aufträge mit den entsprechenden Lieferfirmen einschließlich der Kontrolle und Bezahlung von Rechnungen.

Der Vermieter kann die Vermietungstätigkeit und die damit in Zusammenhang stehenden Arbeiten entweder selbst, ggf. unter Einsatz eigener Mitarbeiter, übernehmen oder diese ganz oder teilweise auf selbständig tätige Dritte (z. B. eine Hausverwaltung) übertragen. Der eigene Einsatz des Vermieters bei der Vermietungstätigkeit kann sehr hoch sein und einer Vollzeittätigkeit entsprechen. Bei der Wohnungsvermietung steht der Gedanke der Fruchtziehung im Vordergrund, während die dabei entfaltete Tätigkeit zurücktritt, die bei anderen Einkunftsarten, darunter den Einkünften aus Gewerbebetrieb, ausschlaggebend ist. Je größer der vermietete Besitz wird, umso umfangreicher wird zwar die mit der Verwaltung verbundene Tätigkeit. Die die Einkunftsart charakterisierende Relation zwischen Vermögen und Tätigkeit bleibt aber erhalten.

Die Grundstücksvermietung hat dagegen einen gewerblichen Charakter, wenn besondere Umstände gegeben sind. Solche besonderen Umstände liegen vor, wenn bei der Vermietung eine Tätigkeit entfaltet wird, die über das normale Maß einer Vermietertätigkeit hinausgeht.

Von einer gewerblichen Vermietungstätigkeit ist auszugehen, wenn der Vermieter bestimmte ins Gewicht fallende, bei der Vermietung von Räumen nicht übliche Sonderleistungen – wie z. B. die Übernahme der Reinigung der vermieteten Wohnungen oder der Bewachung des Gebäudes – erbringt oder wegen eines besonders schnellen, sich aus der Natur der Vermietung ergebenden Wechsels der Mieter oder Benutzer der Räume eine Unternehmensorganisation erforderlich ist. Sonderleistungen des Vermieters liegen beispielsweise vor, wenn die Räume in der mit dem Mieter vereinbarten Weise ausgestattet werden, Bettwäsche überlassen und monatlich gewechselt wird, ein Aufenthaltsraum mit Fernsehapparat und ein Krankenzimmer bereitgehalten werden sowie ein Hausmeister bestellt wird. Auf die Zahl der vermieteten Wohnungen kommt es nicht an (BFH-Urteil vom 24.10.2017 II R 44/15, BFHE 260, 363, BStBl II 2018, 358).

b. Bei Anlegung dieser Maßstäbe vermietete die KG zum maßgeblichen Feststellungszeitpunkt, dem 1.4.2012, ihre Wohnungen nicht im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, sondern es lag eine private Vermögensverwaltung vor. Weder hat die KG selbst noch die S-GbR für die KG gegenüber den Mietern Sonderleistungen erbracht, die zu einem originär gewerblichen Charakter der Vermietung führen würden. Die von den Klägern im Einzelnen benannten Tätigkeiten bewegten sich sämtlich im Rahmen einer üblichen Vermietungstätigkeit, die die Grenze der bloßen Vermögensverwaltung nicht überschritt. Auf den zeitlichen und organisatorischen Umfang dieser Tätigkeiten kommt es nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BFH, insbesondere dem BFH-Urteil vom 24.10.2017 II R 44/15, BFHE 260, 363, BStBl II 2018, 358, ebenso wenig an wie auf die Anzahl der vermieteten Wohnungen.

Nicht zu folgen ist der Auffassung der Kläger, nach der sich die Erforderlichkeit eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes aus einer Gesamtbetrachtung ergeben soll, die neben der KG weitere Gesellschaften aus dem Firmenverbund der Familie S. mit einbezieht.

Erstens ist eine solche Gesamtbetrachtung im Wortlaut des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG nicht vorgesehen und findet auch in der Gesetzessystematik keine Stütze. Der Wortlaut der Norm stellt ausdrücklich auf den „Hauptzweck des Betriebes“ ab, „dessen“ Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfordern muss. Der Begriff des „Betriebes“ bzw. des „Betriebsvermögens“ in § 13b ErbStG folgt, wie §13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG zeigt, den einkommensteuerlichen Wertungen. Das bedeutet in letzter Konsequenz, dass bei einer Personengesellschaft wie der Klägerin zu 1.), die als gewerblich geprägte Personengesellschaft i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG strukturiert ist, der ihr zuzuordnende Betrieb nicht weiter zu fassen sein kann als die von ihr selbst unternommene Tätigkeit. Denn der Gewerbebetrieb der Klägerin zu 1.) ist nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG die von eben dieser Personengesellschaft – und nur von dieser – unternommene Tätigkeit. Eine Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung der Tätigkeit weiterer Personen(mehrheiten) findet nicht statt.

Auch die differenzierten Regelungen in den einzelnen Buchstaben zu § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 ErbStG zeigen, dass das ErbStG in diesen Vorschriften klar zum Ausdruck bringt, wenn eine Gesamtbetrachtung bzw. eine Zusammenfassung stattfinden soll. Insbesondere stellt Buchstabe a) auf einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen ab und Buchstabe c) auf Konzernsachverhalte. Da solche Bezugnahmen in dem hier zu betrachtenden Buchstaben d) fehlen, spricht auch die Auslegung anhand der Systematik der Norm gegen eine über den einzelnen Betrieb im einkommensteuerlichen Sinne hinausgehende Ausdehnung des Betriebsbegriffes.

Zweitens wären – selbst wenn man entgegen der vorstehenden Ausführungen eine solche Gesamtbetrachtung vornehmen würde – keine anderen Kriterien zur Abgrenzung zwischen einer vermögensverwaltenden und einer gewerblichen Tätigkeit heranzuziehen als die bereits geschilderten Kriterien, die der Bundesfinanzhof anwendet und denen der erkennende Senat folgt. Nach dem Vortrag der Kläger sind jedoch auch bei einer Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung weiterer Einheiten der Firmengruppe S., insbesondere der S-GbR, keine ins Gewicht fallende Tätigkeiten gegenüber den Mietern erbracht worden, die über typische Vermietungstätigkeiten hinausgehen würden. Selbst wenn man von einem Bestand von ca. 700 Wohnungen in der gesamten Firmengruppe ausgehen würde, würde diese Anzahl nicht dazu führen, dass deren Vermietung als gewerblich zu klassifizieren wäre. RE13b.13 Abs.3 Satz 2 ErbStR 2011, nach der das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes regelmäßig anzunehmen ist, wenn das Unternehmen mehr als 300 eigene Wohnungen hält, ist eine Verwaltungsvorschrift, die die Gerichte nicht bindet (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 28.11.2016 GrS1/15, BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393). Für die vorzunehmende Abgrenzung kommt es, wie bereits dargestellt, bei einer Vermietungstätigkeit nicht auf die Anzahl der vermieteten Wohnungen, sondern darauf an, ob in der Sache eine originär gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird.

Da es im Streitfall bereits an der Erforderlichkeit eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes mangelt, bedarf es vorliegend keiner Entscheidung zu der Frage, ob ein solcher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb direkt bei dem Betrieb vorliegen muss, welcher übertragen wird bzw. an dem eine Beteiligung oder Anteile übertragen werden.

c. Einwendungen, die sich speziell gegen die Höhe des festgestellten Wertes der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2a ErbStG richten würden, haben die Kläger nicht vorgebracht. Der festgestellte Wert entspricht dem – nach Aktenlage ohne erkennbaren Fehler durch den Beklagten ermittelten – Substanzwert der vier inländischen Betriebsgrundstücke der Klägerin zu 1.).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

3. Die Revision wird nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

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