LG München I, Endurteil vom 08.03.2018 - 41 O 3017/15
Fundstelle
openJur 2020, 80615
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.451.313,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 1.803.988,34 € seit dem 20.12.2014 bis zum 30.11.2016 und aus 19.469,13 € vom 12.03.2015 bis zum 30.11.2016 sowie aus einem Betrag in Höhe von 1.451.313,44 € seit dem 01.12.2016 zu bezahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Es wird festgestellt, dass sich der Rechtsstreit in Höhe von 371.854,18 € erledigt hat.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner 83 % und die Klägerin 17 %

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Grundstückskaufvertrag.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks ...und ... in .... Dieses mit einem aufstehenden Wohnhochhaus bebaute Grundstück hat sie mit Kaufvertrag vom 12.06.2013 von der Beklagten zu 1) gekauft, deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte zu 2) ist.

Die Beklagte zu 3) hat in § 20 dieses Vertrags eine Garantie gegenüber der Käuferin wegen sämtlicher Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag übernommen. In § 21.1 des Vertrags wurde als Gerichtsstand München vereinbart und für das Rechtsverhältnis zwischen Klägerin und Beklagten zu 3) die Anwendung deutschen Rechts vereinbart.

Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen einer behaupteten Asbestbelastung. Insoweit enthält der Vertrag (vgl. Anlage K1) folgende Regelungen.

In § 5 ("Allgemeine Bestimmungen über Sach- und Rechtsmängel") wird in Absatz 1 vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen die Gewährleistung ausgeschlossen. In § 5.2 heißt es im Satz 3: "Garantien des Verkäufers sind - vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen in diesem Vertrag - solche gemäß § 443 BGB und führen bei ihrer Nichteinhaltung zu den gesetzlichen Mängelrechten und einer verschuldensunabhängigen Schadensersatzhaftung des Verkäufers."

In § 8 ("Umweltschäden/Bodendenkmäler") heißt es in Absatz 2 (8.2.): "Der Verkäufer und der Garant garantieren, dass die Gebäude, die Bestandteil des Kaufgegenstandes sind, mit Fassaden aus Faserzementbauteilen ausgestattet sind und diese Faserzementbauteile kein Asbest enthalten; enthalten Fassadenelemente Asbest, dann ist der Verkäufer verpflichtet, die Kosten des Auswechselns der Fassadenelemente an den Käufer zu erstatten, wobei anderweitige Ansprüche unberührt bleiben".

Gegenstand des Rechtsstreits sind auch Gegenansprüche der Beklagtenseite aus einem Kaufpreiseinbehalt. Insoweit enthält der Vertrag u.a. folgende Regelungen.

Gemäß § 4 (4.1) beträgt der Kaufpreis 11.100.000 €.

In § 4 (4.2) wurde zur Absicherung sämtlicher Vertragspflichten des Verkäufers gegenüber dem Käufer ein Sicherheitseinbehalt in Höhe von 600.000 € vereinbart.

Die Beklagten haben in § 6.5.2 für einen Zeitraum von drei Jahren ab Besitzübergang, der am 01.12.2013 stattfand, eine Garantie dafür übernommen, dass für näher definierte Mietverhältnisse und Sachverhalte die Zahlung der vertraglich geschuldeten monatlichen Mieten und Heiz- und Nebenkostenvorauszahlungen fristgerecht eingeht. Die Klägerin soll berechtigt sein, am Ende des Monats, in dem die jeweils fällige Zahlung nicht erfolgt ist, eine jeweilige Ausgleichzahlung zu verlangen. Hierbei hat sie eine prüfbare Abrechnung vorzulegen und den Sachverhalt, dass der Rückstand aus einem der definierten Mietverhältnisse stammt, darzulegen. Nach Ablauf des dreijährigen Garantiezeitraums soll eine Endabrechnung stattfinden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Regelung unter § 6.5.2 verwiesen.

Die Klägerin behauptet unter Vorlage eines vorgerichtlichen Gutachtens des Dipl. Ingenieur. (FH) ...(Anlage K3), die Fassadenzementplatten würden Asbest enthalten.

Sie steht auf dem Standpunkt, dass sie deshalb die Kosten für eine Fassadensanierung einschließlich der Planungsleistungen verlangen könne. Ziff. 8.2 des Vertrags begründe nämlich eine verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch mit Ersetzungsbefugnis und keinen erst nach durchgeführter Sanierung entstehenden Kostenerstattungsanspruch.

Ein Abzug Neu für Alt sei nicht vorzunehmen.

Nach Sinn und Zweck der für die Asbestfreiheit abgegebenen Garantie seien ohne schadensrechtliche Vorteilsausgleichung vielmehr alle Kosten zu ersetzen, die infolge des Auswechselns der Fassadenplatten anfallen, einschließlich der Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass die Klägerin dann die Fassadendämmung entsprechend den geänderten Standards nach § 9 Abs. 1 EnEV 2014 auszuführen hat. Die Grundsätze über die schadensrechtliche Vorteilsausgleichung seien auf die streitgegenständliche Garantieerklärung nicht anzuwenden.

Wertungsmäßig scheide ein Abzug neu für alt auch deshalb aus, weil die Beklagte zu 2) die Asbestfreiheit ohne zuverlässige Beurteilungsgrundlage ins Blaue hinein und damit arglistig garantiert habe.

Ein auszugleichender Vorteil liege auf ihrer Seite nicht vor. Der Wert der Immobilie würde sich durch die Sanierung nicht erhöhen, weil er sich bei dem Renditeobjekt nicht nach dem Verkehrswert, sondern nach dem Ertragswert richte.

Die Einhaltung der Wärmeschutz- und Energiestandards der EnEV 2014 würden ihr im Rahmen einer Sanierung aufgezwungen und brächten für sie keine Vorteile, sondern im Gegenteil Mietminderungen.

Durch die Erneuerung der Fassade durch eine erneuerte Fassadenkonstruktion und Dämmung würde die Lebensdauer des Bauwerks als Sachgesamtheit insgesamt auch nicht erhöht. Selbst wenn sich die Langlebigkeit erhöhen würde, hätte dies keinen Einfluss auf den Ertragswert.

Die Klägerin hat auf der Grundlage eine Kostenschätzung des Dipl. Ingenieur. (FH) ... (Anlage K4) die Kosten für die Fassadensanierung auf 1.987.686,33 € geschätzt und diesen Hauptsachebetrag zuzüglich Verzugszinsen eingeklagt. Hierbei hatte sie noch von einem Abzug des Kaufpreiseinbehalts oder eine Teils davon abgesehen, weil der hierauf gerichtete Anspruch der Beklagtenseite vor Ablauf des Mietgarantiezeitraums am 01.12.2016 noch nicht fällig war.

Mit Schriftsatz vom 30.10.2016 hat die Kläger ihre Klage erweitert und hilfsweise für den Fall, dass der Zahlungsantrag als unbegründet angesehen werden sollte, die Feststellung begehrt, dass die Beklagte als Gesamtschuldner die tatsächlich angefallenen Kosten zu erstatten hätten.

Mit Schriftsatz vom 26.10.2017 behauptet sie auf der Grundlage der inzwischen erfolgen Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen, die zu sanierende Gesamtfläche belaufe sich auf 11.730,62 m², was zu einem höheren Schadensersatzanspruch wegen der Sanierungskosten in Höhe von 2.169.771,40 € führe. Insoweit verweist sie auf eine neue Kostenschätzung ihres Gutachters ...(Anlage K29).

Von diesem Forderungsbetrag hat sie nach Ablauf des Garantiezeitraums ein zu verrechnendes Guthaben der Beklagtenseite aus den einbehaltenen 600.000 € in Höhe von 371.854,18 € abgezogen, so dass sich eine zu zahlende Hauptsacheforderung in Höhe von 1.797.917,22 € ergebe.

Wegen der Höhe des abzuziehenden Betrags verweist sie auf ihre Endabrechnung (Anlage K30): Demnach hat sie Forderungen gemäß den §§ 6.5.2., 6.3.2 und 6.5.3 in Höhe von insgesamt 226.769,53 € vom Kaufpreiseinbehalt abgezogen und den Resteinbehalt in Höhe von 373.230,47 € wegen der unter den Vertragsparteien zu teilenden, inzwischen negativen Guthabenzinsen auf einen Restbetrag in Höhe von 371.854,18 € reduziert. Wegen dieses Betrags habe sich die Hauptsache teilweise erledigt.

Sie beantragt daher zuletzt gemäß Schriftsatz vom 26.10.2017

I. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.797.917,22 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz - aus einem Betrag von 1.803.988,34 € seit dem 12.12.2014 bis einschließlich zum 30.11.2016, aus einem Betrag von 183.698,49 € seit Rechtshängigkeit bis einschließlich zum 30.11.2016, aus einem Betrag von 1.615.832,65 € seit dem 01.12.2016 und aus einem Betrag von 182.084,57 € seit Rechtshängigkeit der Klageerhöhung - zu zahlen.

II. Hilfsweise, für den Fall, dass der Klageantrag zu I. vom Gericht wider Erwarten als unbegründet angesehen werden sollte, wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, die Kosten des Auswechselns der Fassadenelemente an die Klägerin zu erstatten, sofern diese tatsächlich angefallen sind.

III. Es wird festgestellt, dass der der Rechtsstreit in Höhe von 371.854,18 € erledigt hat.

Die Beklagten beantragen zuletzt gemäß Schriftsatz vom 21.01.2018,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreiten den Asbestbefall der Fassadenelemente.

Selbst wenn ein solcher vorläge, könnte die Klägerin keine Zahlung verlangen. Die Beklagten sind der Auffassung, dass nach dem klaren Wortlaut der Regelung nur eine Kostenerstattung geschuldet werde, was die Durchführung einer Sanierung voraussetze. Außerdem greife die Garantie nur dann ein, wenn sich eine Sanierung nach den technischen Regeln als notwendig erweise. Wie sich aus einer Betrachtung der beiden Absätze des § 8 ergebe, sollte die Käuferin lediglich davor geschützt werden, dass die Fassadenelemente wegen Asbestbefalls aufgrund behördlicher Anordnung zu beseitigen seien oder dies zumindest zu befürchten sei, was unstreitig nicht der Fall ist. Sollten die Platten überhaupt Asbest enthalten, so sei er fest gebunden, so dass keinerlei Gefahr hiervon ausgehe.

Die Beklagten bestreiten die Höhe der Sanierungskosten und insbesondere die Größe der behaupteten Fassadenfläche. Auch seien sie nicht verpflichtet, im Falle eines Austauschs die vorhandene Dämmung und Unterkonstruktion zu entfernen, da sie allenfalls für den Austausch der Faserzementplatten einzustehen hätten.

Die Beklagten schuldeten auch keinen Ersatz für Sanierungskosten, die im Zusammenhang stehen mit der erst nach Abschluss des Kaufvertrags in Kraft getretenen EnEV mit erhöhten Standards hinsichtlich der Wärmedämmung.

Da die im Jahr 1972 errichtete Fassade eine bauliche Lebensdauer von 40 Jahren habe, die bereits überschritten sei, bestehe auch bereits unter dem rechtlichen Gesichtspunkt neu für alt kein Ersatzanspruch.

Die Erneuerung der Fassade führe zu einer erheblichen Wertsteigerung der Wohnanlage, die einen Betrag von 2 Millionen übersteige, diese habe sich die Klägerin anrechnen zu lassen. Die Lebenserwartung des gesamten Gebäudekomplexes würde hierdurch erheblich erhöht.

Vorsorglich hat die Beklagte die Aufrechnung erklärt, mit einem Anspruch auf Zahlung des noch offenen Restkaufpreises in Höhe von 600.000 €. Die Klägerin sei ihrer Verpflichtung, monatlich eine prüfbare Abrechnung der vereinnahmten Nettokaltmieten und der Heiz- und Nebenkostenvorauszahlungen vorzulegen, nicht nachgekommen. Auch fehlten Erklärungen darüber, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Außenstände welchem Mietverhältnis zuzuordnen seien. Die Klägerin habe ihr vielmehr eine Nachprüfung mangels Vorlage aussagekräftiger Dokumente verwehrt.

Außerdem hat die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung erklärt mit einem Rückzahlungsanspruch wegen einer zusätzlichen Kaufpreissicherheit in Höhe von 80.000 €, deren Zweck nach erfolgter Löschung von Zwangssicherungshypotheken weggefallen sei.

Hierauf erwidert die Klägerin:

Die monatliche Mietgarantieabrechnung, die sich exemplarisch aus der für den Monat April 2015 vorgelegten Abrechnung ergebe (Anlage K12) und die für alle übrigen Monate nach der gleichen Methodik erfolgt sei, entspreche den vertraglichen Anforderungen. Insbesondere wiesen die beigefügten Tabellen sämtliche erforderlichen Informationen auf. Darüber hinaus sei die Klägerin überobligatorisch auch bereit gewesen, der Beklagten zu 2) noch weitere Auskünfte im Zusammenhang mit den Mietgarantieforderungen und Einblick in das eingerichtete Mahnwesen zu geben.

Wegen des weiteren Einbehalts von 80.000 € trägt die Klägerin vor, dass sie gemäß Schreiben vom 28.04.2014 (Anlage K14) die Aufrechnung erklärt hat mit einer ihr gemäß § 10.4 des Vertrags zustehenden Garantieforderung in Höhe von 50.000 €, weil ihr die Beklagte zu 1) nicht innerhalb der vertraglichen Frist sämtliche Bestandsunterlagen übergeben hatte. Außerdem hat sie die Aufrechnung erklärt mit einer weiteren Forderung in Höhe von 552,60 € gemäß Schreiben vom 23.03.2014 (Anlage K17). Den Restbetrag in Höhe von 29.442,40 € habe sie überwiesen.

Wegen weiterer Einzelheiten der Verteidigung der Klägerin gegen die Hilfsaufrechnungen wird auf ihren Vortrag im Schriftsatz vom 18.09.2015 (S. 2-7) verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 12.10.2015 durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.Ing. ..., welches dieser am 20.5.2016 erstattete (93/116 d.A.) und am 04.05.2017 und am 01.09.2017 schriftlich ergänzte (Blatt 149/160 und 184/189 d.A.). Schließlich wurde er am 13.10.2017 mündlich angehört (Blatt 199/205).

Die Parteien haben sich mit Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Gründe

Die zulässige Klage hat weitgehend Erfolg.

I.

Der Zahlungsantrag Ziff. I. ist nach zulässiger Klageerhöhung bei gleichzeitiger Klageänderung wegen Teilerledigung überwiegend begründet. Im Übrigen war die Klage abzuweisen

Der Klägerin steht gegenüber den Beklagten ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.823.167,62 € zu, der sich nach Verrechnung des Guthabenbetrags in Höhe von 371.854,18 € auf einen zu zahlenden Betrag in Höhe von 1.451.313,44 € reduziert. Die darüber hinausgehenden Hilfsaufrechnungen der Beklagten zu 1) mit einen Gesamtbetrag von 308.145,82 € (680.000 € abzüglich 371.854,18 €), bleiben dagegen erfolglos, weil ihr keine weitergehenden Ansprüche aus den Kaufpreiseinbehalten zustehen.

Anspruchsgrundlage für den Anspruch gegen die Beklagte zu 1) ist eine nach dem gesetzlichen Leitbild des § 443 BGB in den §§ 5.2 und 8.2 vereinbarte verschuldensunabhängige Schadensersatzhaftung des Verkäufers wegen Fehlens der garantierten, aber nicht eingehaltenen Beschaffenheit asbestfreier Faserzementplatten. Die Haftung der Beklagten zu 2) ergibt sich aus § 128 Abs. 1 HGB, der Beklagten zu 3) aus § 20 und § 8.2 des Vertrags.

A.

Ein zum Schadensersatz verpflichtender Garantiefall ist eingetreten. Als Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass die Faserzementbauteile der Fassaden allesamt asbesthaltig sind (unter 1).

Wie eine Auslegung der vertraglichen Regelungen ergibt, löst allein diese Tatsache bereits den Garantiefall aus, weil Schadensersatz in der Form des erforderlichen Herstellungsaufwands geschuldet wird und eine bereits durchgeführte oder nach öffentlich rechtlichen Vorschriften gebotene Sanierung keine weitere Voraussetzung des Anspruchs ist (unter 2).

1. Aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen ... steht fest, dass sämtliche Fassadenplatten Chrysotilasbest enthalten. Dies ergibt sich aus seinem schriftlichen Gutachten, das der Sachverständige bei seiner persönlichen Anhörung noch eingehend erläutert hat. Dessen Sachkunde als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Asbest im Hochbau steht außer Zweifel. Wie er erläuterte, hat er an sieben unterschiedlichen Stellen des Hochhauskomplexes Hausnummern 114 und 114 a Materialproben entnommen, die einen Masseanteil von Asbest in Höhe von 1 % bis 15 % aufweisen. Darüber hinaus führte er eine Sichtkontrolle durch. Hierbei stellte er fest, dass sämtliche Fassadenplatten, abgesehen von der Verwendung von zwei verschiedenen Farbvarianten, gleich sind und offensichtlich aus demselben Herstellungsprozess und Herstellungsjahr stammen, und später auch nicht teilweise ausgetauscht wurden. Das Gericht schließt sich daher seinem technischen Urteil an, dass die genommenen Proben repräsentativ sind und in Zusammenschau mit dem Ergebnis der Sichtkontrolle die zweifelsfreie Schlussfolgerung erlauben, dass sämtliche Fassadenplatten Asbest enthalten.

2. Weist die Immobilie somit die vereinbarte Beschaffenheit einer asbestfreien Fassade nicht auf, so ist der Garantiefall eingetreten. Dessen Rechtsfolge ist, dass die Klägerin die erforderlichen Sanierungskosten als Schadensersatz im Sinne eines Herstellungsaufwands verlangen kann.

Zwar spricht der bloße Wortlaut der Regelung in 8.2 eher dafür, dass nicht die Zahlung des erforderlichen Herstellungsaufwands, sondern nur die Erstattung der verauslagten Sanierungskosten verlangt werden können, weil das Verb "erstatten" sich in seinem allgemeinen Sprachgebrauch nicht generell auf einen Vermögensnachteil, sondern speziell auf entstandene Kosten und Auslagen bezieht. Es handelt sich hierbei aber jedoch um keinen feststehenden Rechtsbegriff. Die Regelung ist daher nicht eindeutig und gemäß §§ 157, 133 BGB einer Auslegung bedürftig (Palandt-Ellenberger 77. A. § 133 BGB Rn. 6).

Legt man die Regelung gemäß den §§ 157, 133 BGB unter Berücksichtigung ihrer Entstehungsgeschichte, ihres Zwecks und ihrer Systematik aus, so ist sie im Sinne eines erforderlichen Herstellungsaufwands zu verstehen. Die Annahme eines nachträglichen Kostenerstattungsanspruchs würde die erkennbaren Interessen der Klägerin nicht berücksichtigen und auch dem Bedeutungsgehalt einer Garantie als Erweiterung der gesetzlichen Gewährleistungsansprüche nicht gerecht.

Wie sich aus den durch die E-mail vom 30.04.2016 (Anlage K26) dokumentierten Vertragsverhandlungen ergibt, legte die Klägerin erkennbaren Wert darauf, die Immobilie mit einer asbestfreien Fassade zu erwerben. Es lag auf der Hand, dass sich ein bestehendes Asbestrisiko oder sogar eine feststehende Asbesthaltigkeit wegen der aufwändigen Sanierungskosten in erheblichen Umfang auf die Höhe des Kaufpreises und die Kaufentscheidung der Klägerin ausgewirkt hätte. Dies gilt auch dann, wenn, wie vom Sachverständigen ... festgestellt, die Faserzementbauteile alle beschichtet und intakt sind und derzeit daher kein konkreter oder gar dringender Sanierungsbedarf besteht. Mittelfristig, nach Ablauf der Restlebensdauer der Fassade, die der Sachverständige auf 15 bis 20 Jahre geschätzt hat, kommt in jedem Falle ein Sanierungsbedarf auf die Erwerberin zu, der bei Asbesthaltigkeit mit hohen Entsorgungskosten verbunden ist. Wenn die Beklagten die Asbestfreiheit daher verschuldensunabhängig garantiert haben, so war für sie erkennbar, dass diese Garantie eine Kompensation bewirken sollte für einen Kaufpreis, bei dessen Bildung die Parteien übereinstimmend von einer Asbestfreiheit als wertbildenden Faktor ausgegangen sind.

Vor diesem Hintergrund würde eine Beschränkung der Garantierechte auf einen Anspruch auf Erstattung bereits angefallener Sanierungskosten keinen angemessenen Ausgleich darstellen. Vielmehr wäre die Klägerin verpflichtet in Vorleistung zu gehen und die hohen Sanierungskosten auszulegen, ehe sie bei den Beklagten Regress nehmen kann. Dass die Klägerin ein derartiges Forderungsausfallrisiko auf sich nehmen wollte, konnte und durfte die Beklagte zu 2) nach Treu und Glauben nicht annehmen, zumal die Verkäuferseite damals eine Bonitätsschwäche hatte und das Vertragsobjekt unter Zwangsverwaltung stand.

Auch das terminologische Verständnis einer kaufrechtlichen Garantie und die systematische Stellung der Regelung in § 8.2 zu der allgemeinen Garantieregelung unter § 5.2. Satz 3 spricht für die Annahme eines sich am erforderlichen Herstellungsaufwand orientierenden Schadensersatzanspruchs. In der allgemeinen Regelung unter § 5.2 wurde bestimmt, dass Garantien des Verkäufers im Sinne des § 443 BGB bei ihrer Nichteinhaltung zu den gesetzlichen Mängelrechten und zu verschuldensunabhängigen Schadensersatzansprüchen führen solle. Entsprechend dem gesetzlichen Begriffsverständnis der kaufvertraglichen Garantie in der Vorschrift des § 443 BGB ("zusätzlich", vgl. Palandt-Weidenkaff § 443 BGB Rn. 1), sollte daher gegenüber den gesetzlichen Gewährleistungsansprüchen die Haftung erweitert werden.

Würde man die Rechtsfolgenseite des Garantiefalls nach § 8.2 2. Halbsatz auf einen Anspruch auf Erstattung entstandener Sanierungskosten beschränken, so wäre dies zwar insoweit eine Erweiterung gegenüber einem gesetzlichen Schadensersatzanspruch nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB, als die Garantie verschuldensunabhängig ist, während der Schadensersatzanspruch nach gesetzlichem Gewährleistungsrecht ein Vertretenmüssen hinsichtlich der fehlenden Beschaffenheit voraussetzt (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Auf der anderen Seite käme es aber auf der Rechtsfolgenseite zu einer erheblichen Einschränkung der Garantie gegenüber einem gewährleistungsrechtlichen Schadensersatzanspruch, weil dieser als erstattungsfähigen Mangelschaden den für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Herstellungsbetrag umfasst (Palandt-Weidenkaff § 437 BGB Rn. 34) und daher keine durchgeführte Reparatur voraussetzt. (Der klägerseits verwendete Begriff Ersetzungsbefugnis ist nicht korrekt, weil auf einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung die Regelung des § 249 BGB nicht anwendbar ist.) Bei wertender Betrachtung käme es daher zu einer erheblichen Einschränkung der Rechte aus der Garantie gegenüber den Gewährleistungsansprüchen. Dies wäre mit dem terminologischen Verständnis einer Garantie nur schwer zu vereinbaren. Vor diesem Hintergrund ist die Regelung unter § 8.2 2. Halbssatz nicht als einschränkende Sondervorschrift zu der allgemeinen Regelung in § 5.2. Satz 2 zu verstehen, sondern im Lichte der allgemeinen Statuierung einer uneingeschränkten Schadensersatzhaftung auszulegen. Dass dann die Regelung im 2. Halbsatz an sich überflüssig ist, spricht nicht gegen dieses Auslegungsergebnis, weil es den Parteien unbenommen blieb, diese bedeutsame Rechtsfolge nochmals zu beschreiben.

Es ergeben sich auch weder aus dem Wortlaut noch aus einer Gesamtbetrachtung der Regelung in § 8 des Vertrags Anhaltspunkte dafür, dass die Käuferin nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien lediglich davor geschützt werden sollte, dass sie die Fassadenelemente wegen Asbestbefalls aufgrund einer behördlicher Anordnung zu beseitigen habe oder eine solche zumindest zu befürchten sei. Vielmehr wird im 2. Halbsatz des § 8.2 die Erstattungspflicht nur davon abhängig gemacht, dass die Fassadenelemente Asbest enthalten. Dies ist die einzige Tatbestandsvoraussetzung. Auch der oben beschriebene Zweck der Regelung, für den wertmindernden Faktor einer Asbesthaltigkeit durch die Garantie eine Kompensation zu erhalten, spricht dagegen, noch zusätzlich einen öffentlich-rechtlich begründeten Handlungsbedarf zu verlangen.

Soweit die Beklagte behaupten sie hätten die Reglung anders aufgefasst, so kommt es bei der Auslegung nicht auf das interne Verständnis der Parteien an. Entscheidend für die Auslegung ist vielmehr nur, was die Parteien bei Vertragsschluss miteinander kommuniziert hatten.

Dieses Auslegungsergebnis ist auch so klar, dass konkrete Zweifel nicht bleiben und die Unklarheitenregel auch bei einer gegenüber einem wirtschaftlich unterlegenen Vertragspartei gestellten Individualvereinbarung nicht zur Anwendung kommt (vgl. Palandt-Grüneberg § 305 c BGB Rn. 15, § 133 BGB Rn. 23).

B.

Die Beklagten sind verpflichtet, gemäß § 280 BGB Schadensersatz statt der Leistung in Höhe des erforderlichen Sanierungsaufwands zu entrichten und die Klägerin hierbei so zu stellen, wie wenn die Garantie erfüllt worden wäre (vgl. Palandt-Grüneberg § 280 BGB Rn. 18). Aus technischer Sicht beläuft sich dieser erforderliche Sanierungsaufwand auf netto 1.823.167,62 € (unter 1). Dieser Betrag ist im vollen Umfang auch rechtlich erstattungsfähig. Abzüge wegen neu für alt oder wegen einer Vorteilsausgleichung sind nicht vorzunehmen (unter 2.).

1. Ausgangspunkt für die Höhe des Sanierungsaufwands ist die Kostenschätzung, die der Sachverständige... in seinem schriftlichen Gutachten vom 20.5.2016 auf den Seiten 14/15 (Blatt 106/107 d.A.) aufgestellt und die er bei seiner mündlichen Anhörung vom 13.10.2017 noch erläutert hat. Bei Schätzung des Sanierungsumfangs hat das Gericht jedoch nicht die von ihm ursprünglich als unstreitig behandelte Fassadenfläche von 10.670,00 m² zugrunde gelegt, sondern die von ihm im Ergänzungsgutachten vom 04.05.2017 ermittelte Fassadenfläche von 11.730,62 m².

Schreibt man die Kostenschätzung im Gutachten vom 20.05.2016 mit diesen höheren Masse-Faktor fort, so ergibt sich ein Sanierungsaufwand in Höhe von netto 1.823.167,62 €. Die von der Klagepartei insoweit angestellte Neuberechnung gemäß Anlage K 29 ist rechnerisch grundsätzlich richtig, allerdings betragen die Nettobaukosten für die Bemessung der Planungsleistung 1.642,796 € (469.431,36 € für Rückbau und 1.173.062,00 € für Neufassade). Im Übrigen wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 26.01.2017 angeführten "fortgeschriebenen" Sanierungskosten nach dem Sachverständigengutachten in Höhe von 2.165.682,10 € den Bruttobetrag betreffen, der daher nicht nahezu identisch ist mit der als Anlage K28 vorgelegten neuen Kostenschätzung durch den Privatgutachter ...in Höhe von 2.169,771,40 € netto, die die Klägerin der Berechnung ihrer Klageforderung gemäß zuletzt gestellten Antrag zugrunde gelegt hat.

Bei dieser Feststellung eines Sanierungsaufwands von netto 1.823.167,62 € wurden insbesondere folgende Ergebnisse der Beweisaufnahme berücksichtigt:

Die Fassadenfläche beträgt 11.730,62 m².

Wie der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung (Protokoll S. 3 unten) näher ausführte, hat er die Gebäudemaße, soweit möglich und zugänglich, vor Ort nachgemessen. Im Übrigen hat er sie aus den ihm zur Verfügung stehenden Plänen entnommen und die aus den Plänen entnommenen Maße vor Ort auf ihre Plausibilität hin überprüft. Dies ist nach Auffassung des Gerichts eine zulässige Methode, das Aufmaß zutreffend festzustellen.

Das Gericht erachtet es im Rahmen einer Schätzung nach § 287 ZPO es auch für zulässig, wenn der Sachverständige bei seiner Berechnung die Fensterflächen nicht herausgerechnet, sondern sozusagen "übermessen" hat. Die "Demontage" - Positionen Nr. 12-14 betreffen zwar unmittelbar nicht die Fensterflächen, weil es in deren Bereich nichts zu demontieren gibt. Auf der anderen Seite kommt es im dortigen Bereich wegen der Fensterlaibungen und auch an bei den Rückseiten der Balkone zu einem entsprechenden Mehraufwand, den der Sachverständige bei seinen Berechnungen nicht berücksichtigt hat. Es stellt daher eine sachgerechte und im Ergebnis fundierte Schätzung nach § 287 ZPO dar, wenn der Sachverständige dafür die Fensterflächen nicht herausgerechnet hat.

Der Sachverständige hat die Kosten der Demontage einschließlich der Entsorgung nachvollziehbar und zutreffend auf 469.431,36 € netto geschätzt (vgl. S. 1 unten der von der Klagepartei wegen der Aufmaßmehrung arithmetisch fortgeschriebenen Neuberechnung K29). Insbesondere hat der Sachverständigen hierzu bei seiner Anhörung den Aufbau der vorhandenen Fassade mit Unterkonstruktion (Position Nr. 13) und Isolierung (Nr. 14) anhand der Bilder erläutert (Protokoll S. 3) und darauf hingewiesen, dass die Wolle der Dämmschicht krebserregend ist und daher nicht mehr verwendet werden darf. Außerdem ist die vorhandene Unterkonstruktion mit einer Dämmschicht von 6 cm nicht mehr ausreichend, bei einer Sanierung somit nicht wiederverwendbar und daher ebenso zu demontieren (Protokoll S. 5 oben). Weitere (aufwändige) Feststellungen zu einer Asbesthaltigkeit des verwendeten Klebers hat der Sachverständige nicht getroffen, weil die Klagepartei hierauf im Schriftsatz vom 26.10.2017 ausdrücklich verzichtet hat und etwaige Mehrkosten nicht Gegenstand der Schätzung sind.

Die Kosten für die neue Fassade werden gemäß § 287 ZPO auf Grund der Feststellungen des Sachverständigen auf 1.173.062,00 € netto geschätzt (vgl. wiederum die fortgeschriebene Anlage K 29 seiner Schätzung auf Seite 2). Insoweit hat er bei seiner Anhörung überzeugend die einzelnen Sanierungsschritte und den Aufbau eines Wärmeverbundsystems (Positionen 18-22) erläutert (S. 4 unten) und plausibel erklärt, dass es nicht möglich und zulässig wäre, auf die vorhandene Unterkonstruktion einfach asbestfreie Platten anzubringen. Auch die Dämmwolle kann nicht wieder verwendet werden, weil sie krebserregend ist. Aus technischer Sicht ist es daher für die Herstellung einer asbestfreien Fassade nicht getan, diese herunterzunehmen. Da der Unterbau nicht wieder verwendbar ist, muss aus technischer Sicht auch dieser entsprechend den geltenden Vorgaben der EnEv 2014 erneuert werden. Dies ist erforderlicher Teil des Herstellungsaufwands.

Das Gericht hat trotz der vom Sachverständigen im Anhörungstermin angesprochenen inzwischen eingetretenen Preissteigerung die Einheitspreise für das Jahr 2016 zugrunde gelegt, weil die Klägerin insoweit für diese Instanz ausdrücklich auf weitere Feststellungen verzichtet hat (Schriftsatz 26.01.2017 S. 3 oben)

Der Sachverständige hat am Ende seiner Anhörung auch nachvollziehbar die Kosten für Planung und Bauleitung erläutert. Das Gericht folgt rechtlich seiner Einschätzung, dass der unterste Wert Honorarzone III (durchschnittliche Anforderungen) nach § 35 HOAI zugrunde zu legen ist, mithin 11 % der Nettobaukosten, was bei einem Bemessungsbetrag in Höhe von 1.642.493,36 € einen Nettobetrag in Höhe von 180.674,26 € ergibt.

Insgesamt belaufen sich daher aus technischer Sicht die erforderlichen Sanierungskosten auf 1.823.167,62 €.

2. Bei diesen aus technischer Sicht anfallenden Sanierungskosten handelt es sich um den auch rechtlich erstattungsfähigen Herstellungsaufwand, der als Schadensersatz statt der (Garantie-)Leistung gemäß § 280 BGB erforderlich ist. Eine Minderung dieses Anspruchs unter den rechtlichen Gesichtspunkten einer Vorteilsausgleichung, eines Abzugs neu für alt oder des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots ist nicht veranlasst.

a) Hierbei lässt sich das Gericht von folgenden Grundsätzen leiten.

Die geschuldete Ersatzleistung kann insbesondere bei der Verpflichtung zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands (§ 249 BGB) häufig über die Beseitigung des effektiv verursachten Schadens hinausgehen und zu ausgleichsbedürftigen Wertzuwächsen bei dem Geschädigten führen. Solche, infolge der Art des Ausgleichs entstehende Vorteile werden durch einen Abzug "neu für alt" und eine Vorteilsausgleichung im weiteren Sinne berücksichtigt. Diese zur Naturalrestitution nach § 249 BGB entwickelten Wertungsgesichtspunkte sind auch auf einen vertraglichen Schadensersatzanspruch statt der Leistung (früher wegen Nichterfüllung) zu übertragen (BGH, Urteil vom 07. Mai 2004 - V ZR 77/03 NJW 2004, 2526 Tz. 15 und 16).

Sofern die zur Behebung des Mangels erforderlichen Arbeiten von den Käufern auch bei einer mangelfreien Leistung durchgeführt worden wären, so ist dies unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung grundsätzlich ebenso zu berücksichtigen wie der Eintritt einer sonstigen Vermögensmehrung, die sich wirtschaftlich günstig auf den Käufer auswirkt. Nach dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot soll der Geschädigte nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Im Kaufrecht führt dies dazu, dass der Käufer einer mangelhaften Sache grundsätzlich nicht besser stehen darf, als er bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung stünde. Schadensmindernd zu berücksichtigen sind jedoch nur solche Vorteile, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt, so dass sie dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unbillig entlastet. Vor- und Nachteile müssen bei wertender Betrachtung gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden sein (vgl. Palandt-Grüneberg Vorb. vor § 249 BGB Rn. 93, 96-99, BGH NJW 2015, 468). Eine Vorteilsausgleichung im weiteren Sinne und ein Abzug neu für alt kommen grundsätzlich auch bei einem Schadensersatzanspruch wegen Fehlens einer garantierten Beschaffenheit in Betracht (BGH a.a.O).

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den streitgegenständlichen Fall sind eine Vorteilsausgleichung und ein Abzug neu für alt aber abzulehnen.

Wie der Sachverständige überzeugend dargelegt hat, beträgt die restliche Lebensdauer der Fassade noch 15 bis 20 Jahre. Eine greifbare und messbare Vermögensmehrung kann daher nicht darin gesehen werden, dass die Käuferin die Fassade in den nächsten Jahren unabhängig von ihrer Asbesthaltigkeit hätte ohnehin erneuern und hierbei die Fassadendämmung entsprechend den Standards nach § 9 Abs. 1 EnEV 2014 hätte ausführen müssen. Auf mittlere Sicht bestand bei einer asbestfreien Fassade kein Renovierungsbedarf. Die Klägerin hat sich somit mittelfristig keine Aufwendungen erspart.

Ein Abzug neu für alt kann auch nicht damit begründet werden, dass es bei einer Sanierung der asbesthaltigen Fassade zu einem messbaren Wertzuwachs der Immobilie käme, weil die neue Fassade nach Feststellungen des Sachverständigen eine Lebensdauer von 30 bis 40 Jahren hat und die Fassade dann eine Wärmedämmung mit einer günstigeren Energiebilanz erhält, während sie bislang nicht in dem Maße sondern mit dem Stand der 70er Jahre gedämmt ist. Die längere Lebensdauer der neuen, gedämmten Fassade gegenüber der bestehenden, mag zwar den Verkehrswert der Immobilie erhöhen. Da die Klägerin sie aber als reines Renditeobjekt erworben hat, ist nach deren maßgeblichen, wirtschaftlichen Sicht auf den Ertragswert abzustellen. Es ist von der Beklagten nicht dargetan oder ersichtlich, dass eine Sanierung des Objekts mit einen verbesserten Wärmedämmschutz mittelfristig zu einer merklichen Steigerung der erzielbaren Renditen führen würde. Etwaigen modernisierungsbedingten Mieterhöhungen, soweit überhaupt zulässig und durchführbar, würden Mietminderungen während der Sanierungsphase entgegenstehen.

Bei wertender Betrachtung erscheint es auch zumutbar, dass nicht die Klägerin, sondern die Beklagtenseite für die zusätzlichen Kosten aufzukommen hat, die durch die zusätzlichen Anforderungen an die Dämmung und Unterkonstruktion nach der EnEV 2014 entstehen. Die Beklagten zu 1) und 3) haben - offensichtlich ohne tragfähige Grundlage und damit ins Blaue hinein - für die Asbestfreiheit der Fassade garantiert. Dann liegt es ausschließlich in ihrem Risikobereich, wenn aufgrund der verschärften Anforderungen an den Wärmedämmschutz die Sanierung aufwendiger wird, als es vor Änderung der Rechtslage anzunehmen war. Sie haben sich für die Asbestfreiheit der Fassade stark gemacht, so dass es angemessen ist, dass die zur Herbeiführung dieses Erfolgs erforderlichen Kosten von ihnen zu tragen sind.

C.

Der Beklagten zu 1) stehen Gegenforderungen wegen Kaufpreiseinbehalte nicht in Höhe des mit den Hilfsaufrechnungen geltend gemachten Gesamtbetrags von 680.000 € zu, sondern nur in Höhe des von der Klägerin mit der Endabrechnung Anlage K 30 festgestellten Guthabensbetrags in Höhe von 371.854,18 € zu.

Was den Einbehalt von 600.000 € betrifft, so haben die Beklagten gegen die Richtigkeit dieser Abrechnung keine Einwendungen, und insbesondere keine konkreter Art, vorgebracht. Hierzu wären sie aber in der Lage gewesen. Wie sie nicht bestritten und damit zugestanden haben, haben sie monatlich eine Abrechnung der Mietgarantieforderung mit beiliegender Tabelle erhalten hat, die methodisch der exemplarisch vorgelegten Anlage K12 entspricht. Damit hat die Klägerin ihre monatliche Abrechnungspflicht gemäß § 6.5.2 des Vertrags (Seite 24 1. Absatz) voll erfüllt. Die Abrechnungen sind prüfbar und legen auch inhaltlich dar, dass der Außenstand aus einem der definierten Mietverhältnisse/Garantiesachverhalte stammt. Das pauschale Bestreiten der Beklagten ist daher gemäß § 138 Abs. 2 ZPO ist unwirksam. Ebenso hat die Klägerin nach Ablauf des Garantiezeitraums die vertraglich geschuldete Endabrechnung vorgelegt, die in Zusammenhang mit den monatlichen Einzelabrechnungen prüfbar ist, und gegen die die Beklagten überhaupt keine Einwendungen mehr erhoben haben. Daher war deren Guthabensbetrag der Entscheidung als nicht wirksam bestritten zugrunde zu legen.

Den Beklagten steht auch kein Anspruch wegen des Einbehalts in Höhe von 80.000 € zu. Sie haben den konkreten Vortrag, aus dem die Klägerin ihre zur vorprozessualen Gegenaufrechnung gestellten Ansprüche in Höhe von 50.000 € und von 552,60 € herleitet, sowie die behauptete Zahlung des Restbetrags nicht mit einer konkreten Erwiderung bestritten (§ 138 Abs. 2 ZPO), so dass auch dieser Sachverhalt der Entscheidung als unstreitig zugrunde zu legen ist. Demnach ist der Anspruch der Beklagten zu 1) durch Aufrechnung und Erfüllung vollends erloschen.

I. a.

Hinsichtlich des Anspruchs auf Verzugszinsen gemäß § 286, 288 Abs. 1 BGB war die Klage teilweise begründet und im Übrigen abzuweisen.

Da keine Entgeltforderung vorliegt, ergibt sich der Zinssatz aus § 288 Abs. 1 S. 2 BGB.

Bis zum Ablauf des Garantiezeitraums (30.11.2016) betrug die Forderung der Klägerin 1.823.167,62 € Vorgerichtlich hatte sie mit Schreiben vom 11.12.2014 (Anlage K6) einen darunterliegenden Betrag in Höhe von 1.803.988,34 € geltend gemacht, wobei Verzugszinsen erst mit Ablauf der darin genannten Zahlungsfrist (bis spätestens 19.12.2014) verlangt werden können. Mit Klageerhebung (Zustellung 11.03.2015) wurde zum vorgerichtlich verlangten Betrag insgesamt weitere 183.698,49 € geltend gemacht. Da die berechtigte Klageforderung ohne Berücksichtigung des Einbehalts aber nur 1.823.167,62 € beträgt, können zusätzliche Zinsen nur aus einem Differenzbetrag vom 1.823.167,62 abzüglich 1.803.698,49 € verlangt werden.

Ab Ablauf des Garantiezeitraums betrug die berechtigte Forderung der Klägerin unter Abzug des Guthabens von 371.854,18 nur noch 1.451.313,44 €. Von da an können Verzugszinsen daher nur noch aus diesem Betrag verlangt werden, weitergehende Zinsen aus geltend gemachten Mehrforderungen stehen der Klägerin dagegen nicht zu.

II.

Über die hilfsweise erhobene Feststellungsklage war nicht zu entscheiden, weil die innerprozessuale Bedingung nicht eingetreten ist. Diese bestand darin, dass der Zahlungsantrag Ziff. I insgesamt als unbegründet abgewiesen werden würde.

III.

Soweit die Klägerin ihren ursprünglichen Zahlungsantrag teilweise in einen Antrag auf Feststellung einer Teilerledigung der Hauptsache wirksam umgestellt hat, war der zulässigen Feststellungsklage stattzugeben. Der Anspruch der Beklagten zu 1) auf Auszahlung des Restguthabens aus dem Kaufpreiseinbehalt war zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht fällig, so dass damals noch keine Aufrechnungslage bestand. Daher hat die Verrechnung der Klageforderung mit dem inzwischen fälligen Auszahlungsanspruch die Hauptsache teilweise erledigt (vgl. Zöller-Althammer 32. A. § 91 a ZPO Rn. 58 Stichwort "Aufrechnung").

IV.

Bei der quotalen Kostenentscheidung nach § 92 ZPO wurde berücksichtigt, dass die Beklagten nicht nur mit dem ausgeurteilten Zahlungsbetrag und dem Feststellungsantrag sondern auch mit den Hilfsaufrechnungen soweit hierüber entschieden wurde unterlegen ist. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus einem gesonderten Beschluss.