VG Düsseldorf, Urteil vom 26.05.2020 - 22 K 12322/17.A
Fundstelle
openJur 2020, 31750
  • Rkr:

1. Überstellung, Wiedereinreise und ein danach eingetretener Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte nach der Dublin III-VO führen sämtlich nicht zur Erledigung einer Unzulässigkeitsentscheidung gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, wenn diese mit einem Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG verbunden ist.

2. Im Falle der Überstellung und Wiedereinreise des betreffenden Ausländers ist für die rechtliche Überprüfung der Unzulässigkeitsentscheidung und der damit einhergehenden Regelungen die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Überstellung maßgeblich.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der am 00.00.1970 geborene Kläger zu 1. und die am 00.00.1978 geborene Klägerin zu 2. sind die Eltern des am 00.00.2001 geborenen Klägers zu 3. und des am 00.00.2007 geborenen Klägers zu 4. Alle Kläger sind iranische Staatsangehörige.

Ihren Angaben zufolge reisten die Kläger am 4. April 2017 aus dem Iran aus und am 7. April 2017 in die Bundesrepublik ein. Sie meldeten sich am 18. April 2017 (unter anderen Namen) als Asylsuchende und stellten am 20. April 2017 förmliche Asylanträge.

Ausweislich der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) am 20. April 2017 eingeholten Auszüge aus dem Visainformationssystem wurde den Klägern zu 1. bis 3. am 00.00.2017 von der französischen Auslandsvertretung in Teheran ein Schengen-Visum mit Gültigkeit vom 20. März 2017 bis zum 14. April 2017 erteilt. Noch am gleichen Tag richtete das Bundesamt Aufnahmegesuche an Frankreich bezüglich aller vier Kläger, die von der französischen Dublin-Behörde mit Schreiben vom 23. Juni 2017 angenommen wurden.

Mit Bescheid vom 29. Juni 2017 lehnte das Bundesamt die Asylanträge der Kläger gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung der Kläger nach Frankreich an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 9 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4). Auf die Gründe des Bescheides wird verwiesen. Der Bescheid wurde den Klägern am 3. Juli 2017 zugestellt.

Die Kläger haben am 7. Juli 2017 Klage erhoben. Am gleichen Tag haben die Kläger einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt (22 L 3424/17.A), den das Gericht mit Beschluss vom 31. Juli 2017 abgelehnt hat.

Am 30. November 2017 sind die Kläger nach Frankreich (Ankunftsflughafen: Nizza) überstellt worden. Nach anschließender Wiedereinreise in das Bundesgebiet haben sie sich am 7. Dezember 2017 bei der Stadt F. gemeldet. Das Bundesamt hat am 5. Januar 2018 erneut Frankreich um Übernahme der Kläger ersucht. Diesem Ersuchen hat Frankreich am 9. Januar 2018 zugestimmt. Mit Bescheid vom 18. April 2018 (Gz. 0000000-439) hat das Bundesamt erneut die Abschiebung der Kläger nach Frankreich angeordnet und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG nunmehr auf 18 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Gegen diesen Bescheid haben die Kläger am 27. April 2018 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage erhoben (22 K 3866/18.A). Mit Schriftsatz vom 28. September 2018 hat die Beklagte den Bescheid vom 18. April 2018 (Gz. 0000000-439) aufgehoben, da die Überstellungsfrist nach Art. 29 Dublin III-VO abgelaufen sei. Daraufhin haben die Beteiligten das gegen jenen Bescheid gerichtete Klageverfahren durch übereinstimmende Erledigungserklärung im November 2018 beendet.

Eine Aufhebung des im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Bescheides hat die Beklagte ausdrücklich abgelehnt, jedoch mit Schriftsatz vom 28. September 2018 versichert, dass es zu keiner erneuten Vollstreckung aus diesem Bescheid kommen werde.

Zur Begründung der Klage machen die Kläger im Wesentlichen geltend:

Der hier streitgegenständliche Bescheid, aus dem die Beklagte nicht vollstrecken könne und dies auch nicht wolle, sei schon mangels Durchsetzbarkeit rechtswidrig.

Davon abgesehen sei der Bescheid aufzuheben, weil den Klägern im Falle einer Abschiebung nach Frankreich eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung drohe. Dies zeige sich schon an ihren Erfahrungen nach ihrer Überstellung nach Frankreich am 30. November 2017. Sie hätten sich am 1. Dezember 2017 in Paris bei den Asylbehörden gemeldet und ihnen sei ein Termin am 12. Januar 2018 zwecks Registrierung und Asylantragstellung genannt worden. Eine soziale Absicherung habe es nicht gegeben. Sie seien in Paris auf sich allein gestellt gewesen. Ihnen seien weder eine Unterkunft noch Lebensmittel zur Verfügung gestellt worden. Bei eisiger Kälte habe ihnen bis zum 12. Januar 2018 in Paris Obdachlosigkeit und Hunger gedroht. Ihnen hätten eigene Mittel lediglich in Höhe von 50,00 Euro zur Verfügung gestanden, was weder für ein Hotel noch für Essen ausgereicht habe. Sie hätten eine Nacht auf der Straße übernachten müssen und seien am Folgetag von Paris aus mit dem Zug wieder in das Bundesgebiet eingereist.

Die Kläger haben hierzu zwei am 1. Dezember 2017 in Nizza durch das dortige "Centre Administratif Départemental" ausgestellte Bescheinigungen vorgelegt, mit denen sie für den 12. Januar 2018 um 9.00 Uhr zur Registrierung ihrer Asylanträge bei der Präfektur Nizza geladen wurden.

Die Klägerin zu 2. leide zudem unter psychischen Störungen. Die hohen Belastungen und der Druck der letzten Jahre hätten bei ihr u.a. zu einer Essstörung geführt; sie habe zudem suizidale Gedanken. Eine weitere Abschiebung / Ungewissheit werde ihren Gesundheitszustand erheblich verschlimmern.

Hierzu haben die Kläger einen Psychologischen Bericht des Psychologischen Psychotherapeuten Dr. S. T. aus N. vom 4. August 2017 vorgelegt. Aus diesem geht hervor, dass sich die Klägerin zu 2. seit dem 4. Mai 2017 wegen mittelgradiger depressiver Episode (F32.1) bei zugrundeliegender schwerer posttraumatischer Belastungsstörung (F43.1) in psychotherapeutischer Behandlung befinde (verhaltenstherapeutische Sitzungen). Sie sei im Iran mit Antidepressiva (Citalopram) behandelt worden und habe seit Jahren Magenbeschwerden. Im Falle einer Abschiebung nach Frankreich sei mit einer erheblichen Verschlechterung der Erkrankung und einem Suizid der Patientin zu rechnen. Sie sei wegen ihrer hohen Belastung stark suizidgefährdet.

Die Kläger beantragen schriftsätzlich,

den Bescheid des Bundesamtes vom 29. Juni 2017 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung.

Der Rechtsstreit ist mit Beschluss der Kammer vom 27. April 2020 auf die Vorsitzende als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen worden.

Zur mündlichen Verhandlung sind die Beteiligten nicht erschienen

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Gerichtsakten des Verwaltungsgericht Düsseldorf zu den Aktenzeichen 22 L 3424/17.A und 22 K 3866/18.A und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Entscheidung ergeht gemäß § 76 Abs. 1 AsylG durch die Einzelrichterin.

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Beteiligten zum Termin der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, da die Beteiligten hierauf in der ordnungsgemäßen Ladung hingewiesen wurden, § 102 Abs. 1 und 2 VwGO.

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klage ist zulässig.

Insbesondere ist sie als Anfechtungsklage statthaft.

Vgl. im Einzelnen: BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 -, Rdn. 13 ff., juris, und vom 14. Dezember 2016 - 1 C 4.16 -, Rdn. 16 f. (in Bezug auf eine Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG), juris; OVG NRW, Urteile vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, Rdn. 28 ff., und vom 16. September 2015 - 13 A 800/15.A -, Rdn. 22 ff. m.w.N., juris.

Die isolierte Aufhebung der angefochtenen Regelungen führt auf die weitere Prüfung der von den Klägern im April 2017 im Bundesgebiet gestellten Asylanträge durch die Beklagte und damit zu dem erstrebten Rechtsschutzziel. Denn mit der Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids wird das Verwaltungsverfahren in den Verfahrensstand zurückversetzt, in dem es vor Erlass der streitgegenständlichen Regelungen war. Das Bundesamt ist im Falle einer Aufhebung des Bescheides gemäß §§ 24, 31 AsylG gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren weiterzuführen.

Es fehlt den Klägern auch nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Die Regelungen des streitgegenständlichen Bescheides haben sich nicht erledigt. Dies gilt auch in Ansehung der Tatsache, dass die Abschiebungsanordnung vollzogen wurde, die Kläger anschließend wieder in das Bundesgebiet eingereist sind und die Beteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass mittlerweile eine Überstellung der Kläger nach Frankreich auf der Grundlage der Dublin III-VO nicht mehr in Betracht kommt.

Die Erledigung eines Verwaltungsaktes tritt erst ein, wenn dieser nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist,

BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 - 1 C 11/15 -, Rn. 29, juris m.w.N..

Eine Erledigung ist nur anzunehmen, wenn von dem Verwaltungsakt sowohl unmittelbar als auch mit Blick auf darauf aufbauende Rechtsfolgen keine rechtlichen Wirkungen mehr ausgehen,

vgl. zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG bei bereits erfolgter Abschiebung: BVerwG, Urteil vom 27. März 2018 - 1 A 4/17 -, Rn. 15, juris.

Diese Voraussetzungen für eine Erledigung sind hier bei keiner der Regelungen des streitgegenständlichen Bescheides erfüllt. Vielmehr sind diese sämtlich weiterhin geeignet, die Kläger belastende rechtliche Wirkungen zu entfalten.

Zwar dürfte den Klägern keine erneute Abschiebung auf der Grundlage des streitgegenständlichen Bescheides drohen. Denn die Wiedereinreise eines zuvor nach der Dublin III-VO überstellten Asylantragstellers hat nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Folge, dass eine neue Überstellung erst erfolgen darf, wenn überprüft wurde, ob die Zuständigkeit zur asylrechtlichen Prüfung nach der Überstellung nicht auf einen anderen Mitgliedstaat übergegangen ist,

vgl. EuGH, Urteil vom 25. Januar 2018 - C-360/16 -, Rn. 41 ff., juris; VG Trier, Urteil vom 3. April 2019 - 7 K 5601/18.TR -, Rn. 25, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. April 2018 - 12 L 950/18.A -, Rn. 25 ff, juris; VG Gießen, Beschluss vom 20. März 2018 - 6 K 4516/17.GI.A -, Rn. 2, juris.

Die Beklagte geht auch selbst nicht davon aus, dass der streitgegenständliche Bescheid als Rechtsgrundlage für eine erneute Überstellung der Kläger taugt. Vielmehr hat das Bundesamt mit dem Bescheid vom 18. April 2018 eine neue Abschiebungsanordnung erlassen und darüber hinaus im vorliegenden Verfahren ausdrücklich erklärt, dass eine weitere Überstellung auf Grundlage der hier streitgegenständlichen Abschiebungsanordnung nicht erfolge.

In den Blick zu nehmen, sind jedoch auch mittelbare Rechtswirkungen des streitgegenständlichen Bescheides, das heißt solche, die auf der Rechtmäßigkeit des Bescheides aufbauen, wie etwa die Haftung des betreffenden Ausländers für die durch seine Abschiebung entstandenen Kosten

vgl. in Bezug auf eine Abschiebungsanordnung gemäß § 58a AufenthG nach vollzogener Abschiebung: BVerwG, Urteil vom 27. März 2018 - 1 A 4/17 -, Rn. 15, juris.

Vorliegend scheidet eine fortdauernde Rechtswirkung des streitgegenständlichen Bescheides im Hinblick auf eine Haftung für Abschiebungskosten aus, da die Kläger gemäß Art. 30 Abs. 3 Dublin III-VO für die Kosten ihrer Überstellung nach Frankreich nicht in Anspruch genommen werden können,

ebenso: VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. April 2018 - 12 L 950/18.A -, Rn. 29 - 42, juris.

Auch vermag der streitgegenständliche Bescheid keine Wirkungen mehr mit Blick darauf zu entfalten, dass er einem etwaigen Folgenbeseitigungsanspruch der Kläger (vgl. Art. 29 Abs. 3 und 30 Abs. 2 Dublin III-VO) entgegenstehen könnte. Denn für einen Folgenbeseitigungsanspruch der Kläger ist kein Raum mehr, nachdem sie mit ihrer Wiedereinreise in das Bundesgebiet die Überstellung faktisch rückgängig gemacht haben,

ebenso: VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. April 2018 - 12 L 950/18.A -, Rn. 23 - 25, juris.

Darüber hinaus entfaltet der streitgegenständliche Bescheid im vorliegenden Fall auch keine belastenden Wirkungen mehr im Hinblick auf die Bestimmung des für die Prüfung von Asylanträgen der Kläger nach der Dublin III-VO zuständigen Staates. Denn es ist im Einklang mit der übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten davon auszugehen, dass mittlerweile die Zuständigkeit für die Prüfung von Asylanträgen der Kläger auf die Beklagte übergegangen ist, nachdem die Überstellungsfrist in dem nach der Wiedereinreise der Kläger durchgeführten Zuständigkeitsbestimmungsverfahren fruchtlos verstrichen ist. Dies hat zur Aufhebung des (hier nicht streitgegenständlichen) Bescheides des Bundesamts vom 18. April 2018 durch Schriftsatz der Beklagten vom 28. September 2018 zum Verfahren 22 K 3866/18.A geführt. Ob die Beklagte aus hier streitgegenständlichen Gründen für die Prüfung zuständig ist, ob den Klägern Asyl und / oder internationaler Schutz zu gewähren ist, hat bei dieser Sachlage keine rechtlichen Wirkungen mehr.

Anders in Fällen, in denen die Beklagte weiterhin von einer Zuständigkeit des im streitgegenständlichen Bescheid genannten anderen Mitgliedstaats ausgeht: VG Düsseldorf, Urteil vom 28. November 2019, - 12 K 14671/17 -, Rn. 30 - 35. juris.

Denn den Klägern ist wegen des eingetretenen Zuständigkeitsübergangs auf die Beklagte Gelegenheit zur Stellung neuer Anträge auf internationalen Schutz zu geben, die sodann von der Beklagten zu prüfen sind,

vgl. EuGH, Urteil vom 25. Januar 2018 - C-360/16 -, Rn. 77, juris.

Gleichwohl entfaltet der streitgegenständliche Bescheid hier noch (mittelbare) belastende Wirkungen. Dies folgt aus den fortdauernden Wirkungen des in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheides bestimmten Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 AufenthG, das auf der Rechtmäßigkeit der Regelungen in Ziffern 1 bis 3 des Bescheides aufbaut,

vgl. zur Berücksichtigung dieser fortdauernden Wirkung im Fall einer Abschiebungsandrohung: VG Bremen, Gerichtsbescheid vom 9. April 2020 - 4 K 3025/18 -, Rn. 50, juris; nicht angesprochen von VG Gießen, Beschluss vom 20. März 2018 - 6 K 4516/17.GI.A -, juris sowie VG Düsseldorf, Urteil vom 28. November 2019 - 12 K 14671/17.A -, juris.

Die die Kläger belastende Wirkung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes begann mit ihrer Abschiebung nach Frankreich am 30. November 2017 und dauert fort. Insbesondere ist die in Ziffer 4 des Bescheides bestimmte Frist von 9 Monaten nicht abgelaufen. Denn diese wurde mit Wiedereinreise der Kläger in das Bundesgebiet Anfang Dezember 2017 gehemmt, § 11 Abs. 9 Satz 1 AufenthG. Bis zum Ablauf der Frist dürfen die Kläger (nach einer Ausreise) nicht wieder in das Bundesgebiet einreisen und ihnen darf auch bei einem fortdauernden Aufenthalt im Bundesgebiet kein Aufenthaltstitel nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt werden, selbst wenn sie im Übrigen die Voraussetzungen für einen hierauf gerichteten Anspruch erfüllen, § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG.

Der fortdauernden Beschwer der Kläger mit dem in Ziffer 4 des Bescheides ausgesprochenen Einreise- und Aufenthaltsverbot steht auch nicht entgegen, dass gemäß § 11 Abs. 4 AufenthG eine nachträgliche Verkürzung oder Aufhebung der Frist unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht kommt. Denn dies eröffnet nur die rechtliche Möglichkeit, die Wirkungen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die Zukunft zu beseitigen. Es bliebe auch in einem solchen Fall bei den Rechtswirkungen des Einreise- und Aufenthaltsverbotes zum Zeitpunkt der Wiedereinreise der Kläger in das Bundesgebiet, so dass ihnen auch zukünftig entgegengehalten werden könnte, ihre Wiedereinreise sei im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG illegal gewesen oder habe gar den Straftatbestand des § 95 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG erfüllt. Belastende Folgerungen erheben sich daraus, dass dies ein Ausweisungsinteresse begründen würde, das gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG regelmäßig der Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegensteht oder im Rahmen einer Ausweisung nach § 53 AufenthG berücksichtigt werden könnte.

Die dargestellte fortdauernde rechtliche Belastung der Kläger mit dem in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheides ausgesprochene Einreise- und Aufenthaltsverbot baut auf der Rechtmäßigkeit sämtlicher Regelungen des Bescheides auf. Denn die Zuständigkeit des Bundesamtes für die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots besteht nach der insoweit allein in Betracht kommenden Zuständigkeitszuweisung in § 75 Nr. 12, 2. Alt. AufenthG in Fällen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AufenthG. Wäre diese (Ziffer 3 des Bescheides) rechtswidrig, so wäre auch die Regelung in Ziffer 4 des Bescheides aufzuheben. Die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung nach § 34a AufenthG baut wiederum auf der Rechtsmäßigkeit der Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 sowie der Negativ-Feststellung zu Abschiebungsverboten in Ziffer 2 des Bescheides auf. Denn die hier vorliegende Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AufenthG nach Frankreich knüpft an die Zuständigkeit Frankreichs für die Durchführung des Asylverfahrens der Kläger an und setzt voraus, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann, also kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegt.

Bei dieser Sachlage ist auch die Steuerungsfunktion, die dem streitgegenständlichen Bescheid ursprünglich innewohnte, nämlich die Verweisung der Kläger auf die Durchführung ihrer Asylverfahren in Frankreich bei gleichzeitiger Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots für das Bundesgebiet, nicht gänzlich entfallen. Denn selbst im Falle eines nachträglichen asylrechtlichen Zuständigkeitsübergangs auf die Beklagte bleibt es bei der oben dargelegten ausländerrechtlichen Steuerungsfunktion des Einreise- und Aufenthaltsverbots.

Offen bleiben kann, ob diese ausländerrechtliche Steuerungsfunktion so weit geht, dass der Verstoß gegen eine Einreisesperre nach einer Dublin-Überstellung auch einem Anspruch auf Ausbildungsduldung entgegensteht, so OVG Saarland, Beschluss vom 26. September 2017 - 2 B 467/17 -, Rn. 9, juris.

Die Klage wurde im Übrigen auch fristgerecht gemäß § 74 Abs. 1, 2. Alt. AsylG i.V.m. § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG erhoben.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Die Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides ist nicht rechtswidrig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Abweichend von § 77 Abs. 1 AsylG ist für die rechtliche Bewertung auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Überstellung, das heißt hier auf den 30. November 2017 abzustellen. Dies beruht auf folgenden Überlegungen:

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs,

vgl. Urteil vom 25. Januar 2018 - C-​360/16 -, Rn. 54, juris.

sind in dem (neuen) Zuständigkeitsbestimmungsverfahren, das nach der Rückkehr des Asylantragstellers in den überstellenden Mitgliedstaat einzuleiten ist, nur Änderungen zu berücksichtigen, die seit dem Erlass der vorangegangenen Überstellungsentscheidung eingetreten sind. Diesen Ausführungen lässt sich im Umkehrschluss entnehmen, dass im vorangegangenen Zuständigkeitsbestimmungsverfahren lediglich die Umstände zu berücksichtigen sind, die vor dem Erlass der dieses Verfahren abschließenden Überstellungsentscheidung eingetreten sind.

Vgl. VG Osnabrück, Urteil vom 15. April 2019 - 5 A 427/17 -, Rn. 25, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 28. November 2019 - 12 K 14671 -, Rn. 31 - 34, juris.

Dabei meint die Formulierung "Überstellungsentscheidung" in diesem Zusammenhang nicht die Bekanntgabe des Bescheides im vorangegangenen Zuständigkeitsbestimmungsverfahren des überstellenden Mitgliedstaates, sondern die endgültige Entscheidung des überstellenden Mitgliedstaates, den Antragsteller tatsächlich in den zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen, mithin den Vollzug der Überstellung. Dies ergibt sich aus den vorangestellten Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs im Urteil vom 25. Januar 2018, a.a.O., Rn. 53, nach denen eine erneute Überstellung erst in Betracht kommt, wenn die Situation des Antragstellers überprüft wurde, um zu klären, ob die Zuständigkeit nicht "nach ihrer Überstellung" auf einen anderen Mitgliedstaat übergegangen ist und wird auch durch die dortige Bezugnahme auf die Erwägungen in den Randnummern 35-​39 des genannten Urteils deutlich, die sämtlich den Zeitpunkt des Vollzugs der Überstellung betreffen.

VG Osnabrück, Urteil vom 15. April 2019 - 5 A 427/17 -, Rn. 26, juris.

Nach dieser Systematik sind in dem gerichtlichen Verfahren gegen die Rechtsgrundlage der Überstellung ausschließlich diejenigen Umstände zu berücksichtigen, die bereits im Zeitpunkt dieser Überstellung vorlagen. Danach eintretende Umstände sind in einem in dem überstellenden Mitgliedstaat nach der Rückkehr des Antragstellers einzuleitenden weiteren behördlichen Verfahren zu beachten und unterliegen in einem gegen die dort getroffene Entscheidung vom Antragsteller eingeleiteten Rechtsbehelfsverfahren einer gerichtlichen Kontrolle. Diese strikte Aufteilung des Streitstoffes bei der gerichtlichen Überprüfung der behördlichen Entscheidungen vermeidet sich überschneidende Prüfbereiche in den einzelnen Zuständigkeitsbestimmungsverfahren und damit divergierende gerichtliche Entscheidungen.

Vgl. VG Osnabrück, Urteil vom 15. April 2019 - 5 A 427/17 ,- Rn. 23 f., juris.

Dieser Trennung der Prüfbereiche steht auch die Regelung des § 77 AsylG nicht entgegen, nach der das Gericht in Streitigkeiten nach dem Asylgesetz auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abstellt. Diese Vorschrift ist im Lichte der vorzitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den Regelungen der Dublin III-​VO dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass sie im Fall einer Rückkehr des überstellten Antragstellers in den überstellenden Mitgliedstaat vor einer erstinstanzlichen Gerichtsentscheidung dieses Mitgliedstaates über die Überstellungsentscheidung keine Anwendung findet, weil sie in dieser Konstellation den ihr zugedachten Zweck aufgrund europarechtlicher Vorgaben nicht erreichen kann. So soll die Regelung nach der Gesetzesbegründung (BT-​Drucks. 12/2062, S. 41) dazu beitragen, den Streit über das Asyl- und Bleiberecht des Ausländers umfassend zu beenden und neue Verwaltungsverfahren möglichst zu vermeiden. Dieser Zweck kann im Fall der Rückkehr eines überstellten Antragstellers in den überstellenden Mitgliedstaat vor der erstinstanzlichen Gerichtsentscheidung aber nicht erfüllt werden, da in dieser Situation nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs,

Urteil vom 25. Januar 2018 - C-​360/16 -, Rn. 41 ff., juris,

zu den europarechtlichen Regelungen des Zuständigkeitsbestimmungsverfahrens in der Dublin III-​VO zwingend in diesem Mitgliedstaat ein neues behördliches Verfahren vor einer erneuten Überstellung durchzuführen ist, es also zwangsläufig - auch bei Abstellen auf den Zeitpunkt der Entscheidung - zu einem weiteren Asylverfahren käme. Die teleologische Reduktion im hiesigen Verfahren steht auch im Einklang mit den Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs,

Urteil vom 25. Januar 2018 - C-​360/16 -, Rn. 27 ff., juris,

zu der die Regelung des § 77 AsylG betreffenden Vorlagefrage 1 a), nach denen sich der Antragsteller auch auf Umstände berufen können muss, die nach Erlass der Überstellungsentscheidung oder auch erst nach der Überstellung eingetreten sind, da der Antragsteller bis zur Überstellung eintretende Umstände im hiesigen und danach eintretende Umstände in einem weiteren Rechtsbehelfsverfahren gegen die erneute behördliche Entscheidung einer gerichtlichen Überprüfung zuführen kann, ihm mithin ein wirksamer Rechtsschutz im Sinne der europarechtlichen Vorgaben sowie der grundgesetzlichen Gewährleistungen gem. Art. 19 Abs. 4 GG zur Verfügung steht.

VG Osnabrück, Urteil vom 15. April 2019 - 5 A 427/17 -, Rn. 27, juris.

Dass es für die rechtliche Überprüfung auf den Zeitpunkt der Überstellung der Kläger nach Frankreich ankommt, steht zudem im Einklang damit, dass die hier allein noch fortbestehenden (mittelbaren) rechtlichen Wirkungen der Unzulässigkeitsentscheidung davon abhängen, dass diese gerade zum Zeitpunkt der Abschiebung der Kläger rechtmäßig war. Denn nur wenn die Unzulässigkeitsentscheidung (schon) zum Zeitpunkt der Überstellung rechtswidrig war, schlägt dies auf die (damalige) Rechtmäßigkeit der weiteren Regelungen im streitgegenständlichen Bescheid und damit letztlich auf die Rechtmäßigkeit der Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch, gegen das die Kläger bei ihrer Wiedereinreise Anfang Dezember 2017 verstoßen haben könnten.

Bezogen auf den nach alledem entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Überstellung der Kläger nach Frankreich am 30. November 2017 findet die Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides ihre Ermächtigungsgrundlage in der zum Zeitpunkt der Überstellung der Kläger gültigen und bis heute in unveränderter Fassung fortgeltenden Regelung des § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) AsylG. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Die Dublin III-VO findet gemäß ihres Art. 49 Unterabs. 2 Satz 1 auf Schutzgesuche Anwendung, die nach dem 31. Dezember 2013 gestellt werden, mithin auch auf den vom Kläger im April 2017 gestellten Asylantrag.

Nach Art. 12 Abs. 4 der Dublin III-VO ist Frankreich für die Prüfung des Asylantrages der Kläger zu 1. bis 3. zuständig. Nach Art. 12 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz Dublin III-VO ist in den Fällen, in denen der Antragsteller ein gültiges Visum besitzt, der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig, der das Visum erteilt hat. Dies gilt gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO auch, wenn das Visum, aufgrund dessen ein Antragsteller in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, bei Stellung des Asylantrages (vgl. Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO) zwar nicht mehr gültig ist, aber seit weniger als sechs Monaten abgelaufen ist, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat. So liegt der Fall hier. Die Gültigkeit des den Klägern zu 1. bis 3. erteilten Visums, aufgrund dessen die Kläger in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates einreisen konnten, war bei förmlicher Asylbeantragung am 20. April 2017 noch weniger als sechs Monate abgelaufen, und die Kläger hatten nach eigenem Vortrag das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten seither nicht verlassen.

Offen bleiben kann, ob auch für den Kläger zu 4. eine Zuständigkeit Frankreichs nach Art. 12 Abs. 4 der Dublin III-VO gegeben ist. Dem Verwaltungsvorgang des Bundesamtes lässt sich nicht entnehmen, ob auch diesem ein Schengen-Visum durch eine französische Auslandsvertretung ausgestellt wurde. Sollte dies nicht der Fall sein, ergibt sich die Zuständigkeit Frankreichs für die Prüfung des Asylgesuchs des Klägers zu 4. aus Art. 11 Buchst. a) Dublin III-VO. Die Kläger sind Familienangehörige im Sinne der Dublin III-VO und haben gemeinsam einen Asylantrag gestellt. Zur Vermeidung einer Trennung der Familienangehörigen ist daher der Mitgliedstaat für die Prüfung des Schutzgesuchs sämtlicher Familienangehörigen zuständig, der für die Aufnahme des größten Teils von ihnen zuständig ist. Dies ist hier Frankreich aufgrund der Zuständigkeit nach Art. 12 Abs. 4 der Dublin III-VO für die Kläger zu 1. bis 3.

Die damit nach Art. 12 Dublin III-VO für Frankreich anzunehmende Zuständigkeit war bis zum Zeitpunkt der Überstellung der Kläger nach Frankreich am 30. November 2017 auch nicht entfallen.

Das Bundesamt hat innerhalb der in Art. 21 Abs. 1 Dublin III-VO genannten Frist am 20. Juni 2017 ein Aufnahmegesuch an Frankreich gerichtet, das von der französischen Dublin-Behörde mit Schreiben vom 23. Juni 2017 angenommen wurde.

Ferner ist die Zuständigkeit auch nicht gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO auf die Beklagte übergegangen. Nach dieser Vorschrift ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über, wenn die Überstellung nicht innerhalb der in Art. 29 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Dublin III-VO genannten Frist von sechs Monaten, die unter bestimmten Voraussetzungen auf höchstens 18 Monate verlängert werden kann, durchgeführt wird. Die sechsmonatige Frist beginnt nach Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO mit der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf, wenn dieser gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat.

Die Frist begann nach diesen Maßstäben hier mit der Annahme des Übernahmeersuchens durch Frankreich am 23. Juni 2017. Die Frist wurde durch den fristgerechten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung vom 10. Juli 2017 (22 L 3424/17.A) unterbrochen und mit Bekanntgabe des ablehnenden Eilbeschlusses vom 31. Juli 2017 am 2. August 2017 neu in Lauf gesetzt,

vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2016 - 1 C 15.15 -, Rdn. 11, juris.

Bei Überstellung der Kläger nach Frankreich am 30. November 2017 waren seit dem 2. August 2017 noch nicht sechs Monate vergangen.

Eine Zuständigkeit der Beklagten - anstelle der Republik Frankreich - ergibt sich schließlich auch nicht aus Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin III-VO. Denn die Beklagte war nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO gehindert, die Kläger nach Frankreich zu überstellen.

Nach dieser Vorschrift steht es der Überstellung eines Antragstellers in den zunächst als zuständig bestimmten Staat entgegen, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufwiesen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GRCh) bzw. Art. 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) mit sich bringen. Die Voraussetzungen, unter denen dies nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofs,

EuGH, Urteile vom 19. März 2019, Jawo, C-163/17, EU:C:2019:218, Rn. 87 und vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 et al. -, juris, Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 -, NVwZ 2011, 413,

der Fall wäre, liegen hier nicht vor.

Zwar bezieht sich Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-Verordnung nur auf die Situation, in der sich die tatsächliche Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GRCh aus systemischen Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Personen, die internationalen Schutz beantragen, in dem Mitgliedstaat ergibt, der nach dieser Verordnung als für die Prüfung des Antrags zuständig bestimmt ist. Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sowie aus dem allgemeinen und absoluten Charakter des Verbots in Art. 4 EU-GRCh geht jedoch hervor, dass die Überstellung eines Antragstellers in diesen Mitgliedstaat in all jenen Situationen ausgeschlossen ist, in denen ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass der Antragsteller bei seiner Überstellung oder infolge seiner Überstellung eine solche Gefahr laufen wird.

Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019, Jawo, C-163/17, EU:C:2019:218, Rn. 87.

Dabei ist für die Anwendung von Art. 4 GRCh gleichgültig, ob es zum Zeitpunkt der Überstellung, während des Asylverfahrens oder nach dessen Abschluss, das heißt im Falle der Gewährung internationalen Schutzes, dazu kommt, dass die betreffende Person aufgrund ihrer Überstellung an den zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Dublin III-Verordnung einem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erfahren.

Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019, Jawo, C-163/17, EU:C:2019:218, Rn. 88, 76.

Insoweit ist das mit einem Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung befasste Gericht in dem Fall, dass es über Angaben verfügt, die die betreffende Person zum Nachweis des Vorliegens eines solchen Risikos vorgelegt hat, verpflichtet, auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen.

Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019, Jawo, C-163/17, EU:C:2019:218, Rn. 90, unter Bezugnahme auf Urteil vom 5. April 2016, Aranyosi und Căldăraru, C-404/15 und C-659/15 PPU, EU:C:2016:198, Rn. 89.

Schwachstellen fallen nur dann unter Art. 4 EU-GRCh, der Art. 3 EMRK entspricht und nach Art. 52 Abs. 3 EU-GRCh die gleiche Bedeutung und Tragweite hat, wie sie ihm in der EMRK verliehen wird, wenn sie eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen, die von sämtlichen Umständen des Falles abhängt.

Vgl. EGMR, 21. Januar 2011, M.S.S./Belgien und Griechenland, CE:ECHR:2011:0121JUD003069609, § 254.

Denn im Kontext des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und insbesondere der Dublin III-VO, die auf dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens beruht und durch eine Rationalisierung der Anträge auf internationalen Schutz deren Bearbeitung im Interesse sowohl der Antragsteller als auch der teilnehmenden Staaten beschleunigen soll, gilt die Vermutung, dass die Behandlung dieser Antragsteller in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der EU-GRCh, der GFK und der EMRK steht.

Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011, N. S. u. a., C-411/10 und C-493/10, EU:C:2011:865, Rn. 78 bis 80.

Diese besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit wäre erreicht, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre. Diese Schwelle ist daher selbst in durch große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person gekennzeichneten Situationen nicht erreicht, sofern sie nicht mit extremer materieller Not verbunden sind, aufgrund deren sich diese Person in einer solch schwerwiegenden Lage befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden kann.

Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019, Jawo, C-163/17, EU:C:2019:218, Rn. 89 ff.; unter Bezugnahme auf EGMR, 21. Januar 2011, M.S.S./Belgien und Griechenland, CE:ECHR:2011:0121JUD003069609, §§ 252 bis 263.

Unter Anwendung dieser Maßstäbe fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen in Frankreich zum maßgeblichen Zeitpunkt der Überstellung der Kläger mit systemischen Mängeln behaftet gewesen wären, die eine beachtliche Gefahr einer den Klägern drohenden unmenschlichen Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GRCh bzw. Art. 3 EMRK zum Zeitpunkt der Überstellung, während des Asylverfahrens oder nach dessen Abschluss hätten nach sich ziehen könnten. Es wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den ablehnenden Eilbeschluss vom 31. Juli 2017 im Verfahren 22 L 3424/17.A verwiesen, an denen das Gericht auch nach dem Maßstab des vorliegenden Klageverfahrens für den entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Überstellung festhält. Etwas anderes folgt auch nicht aus den Angaben der Kläger zu ihren Erfahrungen in Frankreich unmittelbar nach ihrer Überstellung am 30. November 2017. Soweit sie vortragen, sie seien in Paris ohne soziale Absicherung auf sich allein gestellt gewesen, ihnen seien weder eine Unterkunft noch Lebensmittel zur Verfügung gestellt worden und ihnen habe bei eisiger Kälte bis zu dem behördlich benannten Termin am 12. Januar 2018 in Paris Obdachlosigkeit und Hunger gedroht, lässt sich dies schon nicht mit den von ihnen zur Glaubhaftmachung vorgelegten Dokumenten in Einklang bringen. Denn diese beziehen sich auf Kontakte der Kläger zu Behörden in Nizza. Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger aufgefordert worden wären, sich nach Paris zu begeben, oder dies aufgrund eigener Entscheidung getan haben, lässt sich den Dokumenten nicht entnehmen. Zudem ist weder dargelegt noch im Übrigen erkennbar, dass und wie sich die Kläger in Nizza (oder Paris) um eine Versorgung mit Unterkunft und Lebensmitteln bemüht hätten, bevor sie am 2. Dezember 2017 wieder in das Bundesgebiet einreisten.

Sonstige individuelle, in der jeweiligen Person der Kläger liegende besondere Gründe, die eine Überstellung der Kläger am 30. November 2017 als menschenrechtswidrig erscheinen ließen, sind ebenfalls weder substantiiert vorgetragen noch im Übrigen ersichtlich. Insbesondere kann aus den vorgenannten Gründen nicht festgestellt werden, dass die zum Zeitpunkt der Überstellung 15 bzw. 10 Jahre alten Kläger zu 3. und 4. in Frankreich unabhängig vom Willen der Kläger und ihren persönlichen Entscheidungen eine mit ihrem erhöhten Schutzbedarf unvereinbare menschenrechtswidrige Behandlung drohte.

Soweit psychische Beeinträchtigungen der Klägerin zu 2. geltend gemacht wurden, fehlt es auch unter Berücksichtigung des erst im März 2018 zur Gerichtsakte gereichten Psychologischen Berichts des Diplom-Psychologen Dr. T. aus N. vom 4. August 2017 an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen in Frankreich für die Klägerin zu 2. die ernsthafte Gefahr begründete, dass sie wegen einer besonderer Vulnerabilität einer menschenrechtswidrigen Situation ausgesetzt wäre. Denn es lässt sich nicht feststellen, dass ihr eine Fortsetzung der Behandlung in Frankreich nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre. Entsprechendes haben die Kläger nicht dargelegt. Insbesondere lässt sich dem vorgelegten Psychologischen Bericht solches nicht entnehmen. Selbst wenn eine Rückkehr nach Frankreich sich negativ auf die Erkrankung der Klägerin zu 2. auswirken sollte, stünde dies einer Zumutbarkeit der Fortsetzung der Behandlung in Frankreich nicht entgegen. Denn die Klägerin zu 2. kann nicht beanspruchen, sich in dem Land aufzuhalten, in dem die besten Heilungschancen für ihre Erkrankung zu erwarten sind. Im Übrigen haben sich die von Dr.T. im Falle einer Abschiebung der Klägerin zu 2. nach Frankreich befürchteten Gesundheitsverschlechterungen bis hin zu Suizidhandlungen jedenfalls im Zusammenhang mit der Abschiebung im November 2017 nicht realisiert, wobei die Klägerin zu 2. - soweit ersichtlich - auch keine Versuche unternommen hat, eine Gesundheitsverschlechterung durch ärztliche oder psychologische Hilfe in Frankreich abzumildern. Auch aus den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin zu 2. eine zur Vermeidung erheblicher Gesundheitsgefahren erforderliche ärztliche oder psychologische Behandlung in Frankreich nicht gewährt worden wäre. Vielmehr erhielten Asylbewerber im November 2017 in Frankreich eine Gesundheitsversorgung (AME oder PUMA), die sie auch berechtigte, psychiatrische oder psychologische Beratung in Anspruch zu nehmen,

vgl. aida, Länderbericht Frankreich, 2017 update (Stand: 31. Dezember 2017). abrufbar unter: https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/reportdownload/aida_fr_2017update.pdf.

Unter diesen Umständen ist auch die Feststellung in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Hierbei ist aus den vorgenannten Gründen ebenfalls maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Überstellung der Kläger nach Frankreich am 30. November 2017 abzustellen.

Die Feststellung findet ihre Ermächtigungsgrundlage in der zum Zeitpunkt der Überstellung der Kläger gültigen und bis heute in unveränderter Fassung fortgeltenden Regelung des § 31 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 AsylG. Danach ist in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen. Aus den vorgenannten Gründen ist das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen, dass die Asylanträge der Kläger unzulässig sind.

Ob der (Negativ-)Feststellung in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides ein eventueller Anspruch der Kläger auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG (etwa in Bezug auf Frankreich) entgegenstand, ist hier gerichtlich nicht zu prüfen. Denn die Kläger haben im vorliegenden Verfahren nicht (auch nicht hilfsweise) beantragt, die Beklagte zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes zu verpflichten. Ohne einen entsprechenden Antrag ist ein Anspruch, der (im Falle seines Vorliegens) gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO zur Aufhebung der behördlichen Versagungsentscheidung führt, nicht zur gerichtlichen Überprüfung gestellt.

Im Übrigen liegen auch keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass in der jeweiligen Person der Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf Frankreich vorlag. Es wird insoweit auf die Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Unzulässigkeitsentscheidung verwiesen.

Die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des Bescheides ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Wegen der allein noch fortbestehenden mittelbaren Rechtswirkungen der Abschiebungsanordnung kommt es auch diesbezüglich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Überstellung der Kläger nach Frankreich am 30. November 2017 an,

vgl. ebenso im Falle einer vollzogenen Abschiebungsandrohung: BayVGH, Beschluss vom 30. Juli 2018 - 10 CE 18.769, 10 CS 18.773 -, Rn. 23, juris.

Inländische Abschiebungshindernisse, die die Rechtswidrigkeit der Abschiebungsanordnung zu begründen vermögen,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris, Rdn. 4; OVG Niedersachsen, Urteil vom 4. Juli 2012 - 2 LB 163/10 -, juris, Rdn. 41; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2012 - OVG 2 S 6.12 -, juris, Rdn. 4 ff.; VGH Bayern, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris, Rdn. 4; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris, Rdn. 7; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011 - A 11 S 1523/11 -, juris, Rdn. 4 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 3. Dezember 2010 - 4 Bs 223/10 -, juris, Rdn. 9 ff.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29. November 2004 - 2 M 299/04 -, juris, Rdn. 9 ff,

können denklogisch nur in Bezug auf die Sach- und Rechtslage geprüft werden, wie sie sich unmittelbar vor der Abschiebung darstellte, als sich der betreffende Ausländer noch im Inland befand.

Die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des hier streitgegenständlichen Bescheides war zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Überstellung der Kläger am 30. November 2017 rechtmäßig.

Sie findet ihre Rechtsgrundlage in der zum Zeitpunkt der Überstellung der Kläger gültigen und bis heute in unveränderter Fassung fortgeltenden Regelung des § 34a Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. AsylG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen waren hier erfüllt.

Frankreich war - wie zuvor ausgeführt - für die Durchführung der Asylverfahren der Kläger zuständig. Es stand auch im Sinne von § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden konnte. Insbesondere standen der Abschiebung der Kläger weder zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote noch inlandsbezogene Vollzugshindernisse entgegen.

Die Anordnung des auf 9 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbotes in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheides ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Es kann offen bleiben, ob insoweit ebenfalls die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Überstellung der Kläger nach Frankreich am 30. November 2017 maßgeblich ist oder mit Blick auf die fortbestehende unmittelbare Wirkung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (auch) die Sach- und Rechtslage zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu beachten ist. Denn die Anordnung ist bezogen auf beide Zeitpunkte rechtlich nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Rechtsgrundlage entweder in § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG in der Fassung des Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015, BGBl. I 1386 (AufenthG a.F.) oder in § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG in der aktuellen Fassung.

Die Zuständigkeit des Bundesamtes ergibt sich aus der im Wesentlichen unverändert gebliebenen Vorschrift des § 75 Nr. 12 AufenthG.

Ferner ist es ungeachtet der Frage, in welcher Gesetzesfassung die Ermächtigungsgrundlage des § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG heranzuziehen ist, unschädlich, dass das Bundesamt seine Ermessensausübung an § 11 AufenthG a.F. orientiert. Denn durch die Neufassung des § 11 AufenthG haben sich die für die behördliche Fristbestimmung zu berücksichtigenden Umstände nicht geändert. Der Gesetzgeber hat lediglich klarstellend die bisherige Rechtslage an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes unionsrechtskonform als behördliche Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbotes zu verstehen ist,

vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Juli 2017 - 1 VR 3/17 -, juris, Rn. 70 ff.,

angepasst.

Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23. April 2020 - 2 L 30/20 -, Rn. 17 m.w.N., juris; VG Karlsruhe, Urteil vom 22. August 2019 - A 19 K 1718/17 -, juris, Rn. 38; VG Düsseldorf, Urteil vom 25. November 2019 - 27 K 1769/18.A -, Rn. 33 - 36, juris

Die Ermessensentscheidung des Bundesamtes begegnet auch im Übrigen keinen Bedenken. Diese ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar, nämlich nur darauf, ob die Behörde das Ermessen in seiner Reichweite erkannt, ihre Erwägungen am Zweck der Ermessensermächtigung ausgerichtet und die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens nicht überschritten hat, § 114 Satz 1 VwGO, § 40 VwVfG. Mit einer Befristung auf 9 Monate ab dem Tag der Abschiebung hat das Bundesamt die Reichweite seines Ermessens nicht überschritten. Aus der Begründung ist zudem erkennbar, dass es seine Erwägungen am Zweck der Ermessensermächtigung ausgerichtet hat, indem es das öffentliche Interesse an dem Verbot einer kurzfristigen Wiedereinreise der Kläger mit deren Interesse an einer erneuten Einreise in das Bundesgebiet abgewogen hat. Dabei hat es mit Hinweis darauf, dass besondere schutzwürdige Interessen der Kläger an einer kurzfristigen Wiedereinreise nicht ersichtlich sind, das öffentliche Interesse in nicht zu beanstandender Weise entsprechend seiner ständigen Verwaltungspraxis für vergleichbare Fälle gewichtet.

Vgl. zur Überprüfung der Ermessensentscheidung nach § 11 Abs. 2 und 3 AufenthG auch: OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 2017 - 11 A 52/17.A -, Rn. 110, juris.

Schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass das Bundesamt diese Abwägung auf der Grundlage eines falschen Sachverhalts vorgenommen hätte oder sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt nachträglich in einer Weise verändert hätte, die eine Ergänzung der Ermessensausübung erfordern würde. Entsprechendes wird von den Klägern auch nicht vorgetragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, §§ 83b, 83c AsylG.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beantragt werden. Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder

2. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

3. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

Der Antrag ist schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) eingereicht werden.

In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen.

Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG -). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.

Die Antragsschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.