LG Hamburg, Urteil vom 12.09.2019 - 327 O 233/19
Fundstelle
openJur 2020, 31556
  • Rkr:
Tenor

I. Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 05.07.2019 wird bestätigt.

II. Die Antragsgegnerin hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Gegenstand des Rechtsstreits sind von der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung geltend gemachte patentrechtliche Unterlassungs- und Auskunftserteilungsansprüche.

Die Antragstellerin geht gegen die Antragsgegnerin aus dem deutschen Teil ihres europäischen Patents EP [...] betreffend „Formulierungen enthaltend Triazinone und Eisen" (vgl. Anlagen ASt 13 bis ASt 15; im Folgenden das „Verfügungspatent") vor.

Die Ansprüche 1 und die Unteransprüche 8, 9, 10, 11, 13 und 14 des Verfügungspatents lauten wie folgt:

1. Formulierung enthaltend Triazinone der Formeln (I) oder (II)

oder

worin

R1 für R3-SO2- oder R3-S- steht,R2 für Alkyl, Alkoxy, Halogen or [sic] SO2N(CH3)2 steht undR3 für Halogenalkyl stehtR4 und R5 unabhängig voneinander für Wasserstoff oder Chlor stehen and [sic]R6 für Fluor oder Chlor steht,

oder ihre physiologisch verträglichen Salze,

und

polynuklearen Eisen(III)-polysaccharid-Komplexverbindungen.

[...].

8. Formulierung gemäß einem der vorstehenden Ansprüche enthaltend eine polynukleare Eisen(III)-polysaccharid-Komplexverbindung deren polynuklearer Eisenkern aus ß-FeO(OH)-Einheiten besteht und welche Polysaccharidmoleküle in der weiteren Koordinationsphäre enthält.

9. Formulierung gemäß Anspruch 8, enthaltend eine polynukleare Eisen(III)-polysaccharid-Komplexverbindung ausgewählt aus: Eisen(III)-Dextran, Eisen(III)-hydroxy-polymaltose / Eisen(III)-Dextrin und einer nicht-stöchiometrischen Verbindung aus polynuklearem ß-FeO(OH) und Saccharose und Oligosacchariden.

10. Formulierung gemäß einem der vorstehenden Ansprüche enthaltend als Triazinon ein Triazintrion.

11. Formulierung gemäß einem der vorstehenden Ansprüche, worin das Triazinon Toltrazuril und die polynukleare Eisen(III)-polysaccharid-Komplexverbindung Eisen(III)-Dextran ist.

[...].

13. Verwendung der Formulierungen gemäß einem der vorstehenden Ansprüche zur Herstellung von Arzneimitteln.

14. Verwendung gemäß Anspruch 13 zur Herstellung von Arzneimitteln zur gleichzeitigen Behandlung von Coccidien-Infektionen und Eisenmangelzuständen.

Der B.-[...]-Bereich des B.-Konzerns entwickelte unter Nutzung des Verfügungspatents das Tierarzneimittel „B.“ mit den Wirkstoffen Toltrazuril und Eisen(NI) als Gleptoferron. Die Lizenznehmerin B. [...] GmbH der Antragstellerin vermarktet jenes Produkt, das am 20.05.2019 zugelassen und seit dem 04.06.2019 in Deutschland verfügbar ist, in Deutschland (vgl. Anlagen ASt 1 und ASt 2).

Die Antragsgegnerin ist Teil des französischen Tierarzneimittelkonzerns um die C. S. A..

In der Zeitschrift „t.“ 6/2019 bewarb die Antragsgegnerin ein „neues Kombipräparat gegen Eisenmangelanämie und Kokzidiendurchfall bei Saugferkeln“, das in einer Spritze verabreicht werde und „aus einer Kombination aus Eisen (Gleptoferron) und dem Kokzidienwirksamen Toltrazuril“ bestehe (vgl. Anlage ASt 4). Damit war das Produkt „F.“ der C. S. A. gemeint, das am 23.04.2019 eine zentrale europäische Zulassung erhielt (vgl. Anlagen ASt 5 bis ASt 7).

Im April/Mai 2019 lieferte die C. S. A. eine Menge des Produkts „F.“ an die W. KG in Münster, ein Kontraktlogistikunternehmen, wobei als Rechnungsadresse die Antragsgegnerin angegeben wurde (vgl. Anlagen ASt 10 und ASt 11).

Auf eine Abmahnung durch die Antragstellerin gab die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 04.06.2019 eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung ab (vgl. Anlagenkonvolut ASt 9), die die Antragstellerin nicht an-, sondern nur zur Kenntnis nahm.

Nach Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung durch die Antragsgegnerin und zwischen den Parteien im Einzelnen streitiger telefonischer Korrespondenz zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien lieferte die W. KG eine bei ihr befindliche Menge des Produkts „F.“ für die Antragsgegnerin mithilfe der Spedition t. GmbH an die R. AG in Österreich (vgl. Anlage ASt 12). Die die für die Antragsgegnerin erfolgten Lieferungen der W. KG an die R. AG betreffenden Rechnungen der Antragsgegnerin, in der die R. AG als „KONSIGNATIONSLAGER“ bezeichnet wird und die jeweils Rechnungsbeträge in Höhe von 0,00 € aufweisen, liegen in Anlage AG 14 vor (vgl. dazu auch Anlage AG 23).

Eine Abmahnung durch die Antragstellerin (Anlage ASt 19) beantwortete die R. AG unter dem 11.07.2019 mit der Auskunft, sie sei von der Antragsgegnerin „ausschließlich mit der Erbringung von Lagerdienstleistungen beauftragt“ worden, die Antragsgegnerin habe diese Lagerdienstleistungen „bereits gekündigt“ und die bei der R. AG gelagerten Bestände an „F.“ befänden sich mittlerweile nicht mehr im Besitz der R. AG (vgl. Anlagenkonvolut ASt 20). Auf die Abmahnung gemäß Anlage ASt 19 hatte die R. AG für den C.-Konzern die bei ihr gelagerten Bestände an „F.“ an die C. S. A. in Frankreich weitergeliefert (vgl. Anlagen AG 24_1 und AG 24_2).

Unter dem 16.07.2019 wies das Europäische Patentamt einen Einspruch der C. S. A. gegen das Verfügungspatent erstinstanzlich zurück (vgl. Anlagen ASt 16 und AG 15). Gegen die Entscheidung des Europäischen Patentamts (Einspruchsabteilung) ist die Beschwerde anhängig.

In Anlage ASt 18 liegt eine von der Antragstellerin gegen die C. S. A. und die C. S. A. U., in Spanien (Barcelona Commercial Court No. 4) erwirkte einstweilige Verfügung vom 17.07.2019 in englischsprachiger Übersetzung vor, ausweislich derer der Barcelona Commercial Court No. 4 das Verfügungspatent dahingehend auslegte, dass die Formulierungen gemäß den Verfügungspatentansprüchen 1, 8, 9, 10, 11, 13 und 14 auch parenterale Formulierungen umfassten und nicht auf eine orale Gabe beschränkt seien, und der C. S. A. und der C. S. A. U. u. a. die Herstellung und das Angebot von „F. [...]“ verbot.

In den Anlagen AG 31/1 bis AG 31/3 liegen ein Urteil des Tribunal de Grande Instance de Paris vom 11.09.2019 im Prozessrechtsverhältnis zwischen der Antragstellerin und der B. [...] GmbH einerseits und der C. S. A. andererseits im Original, in englischsprachiger Übersetzung und in deutschsprachiger Teilübersetzung vor, ausweislich dessen es nach der Auffassung des Tribunal de Grande Instance de Paris unter Berücksichtigung von Art. 1 des Protokolls über die Auslegung des Art. 69 EPÜ „hinreichend ernst“ erscheine, „dass sich der durch das [Verfügungspatent] gewährte Schutzumfang nicht auf eine durch Injektion verabreichte Kombination“ erstrecke, und mit dem ein Verbotsanspruch aus dem Verfügungspatent in Bezug auf das Produkt „F.“ abgelehnt wurde.

Mit Beschluss vom 05.07.2019 hat die Kammer der Antragsgegnerin auf Antrag der Antragstellerin zu Ziff. I des Tenors des Beschlusses vom 05.07.2019 bei Vermeidung der gesetzlich vorgesehen Ordnungsmittel verboten,

1. in der Bundesrepublik Deutschland Formulierungen enthaltend Triazinone der Formel (I)

worin

R1 für R3-SO2- oder R3-S- steht,R2 für Alkyl, Alkoxy, Halogen oder SO2N(CH3)2 steht undR3 für Halogenalkyl stehtR4 und R5 unabhängig voneinander für Wasserstoff oder Chlor stehen undR6 für Fluor oder Chlor steht,

oder ihre physiologisch verträglichen Salze, und polynuklearen Eisen(NI)-polysaccharid-Komplexverbindungen,

- EP 2 164 496 B1, Anspruch 1 -

anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder für diese Zwecke einzuführen und/oder zu besitzen,

insbesondere wenn die Formulierungen eine polynukleare Eisen(III)-polysaccharid-Komplexverbindung enthalten, deren polynuklearer Eisenkern aus ß-FeO(OH)-Einheiten besteht und welche Polysaccharidmoleküle in der weiteren Koordinationsphäre enthalten,

- EP 2 164 496 B1, Anspruch 8 -

und/oder die Formulierungen eine polynukleare Eisen(NI)-polysaccharid-Komplexverbindung enthalten ausgewählt aus: Eisen(III)-Dextran, Eisen(III)-hydroxy-polymaltose / Eisen(III)-Dextrin und einer nicht-stöchiometrischen Verbindung aus polynuklearem ß-FeO(OH) und Saccharose und Oligosacchariden,

- EP 2 164 496 B1, Anspruch 9 -

und/oder die Formulierungen als Triazinon ein Triazintrion enthalten,

- EP 2 164 496 B1, Anspruch 10 -

und/oder das Triazinon Toltrazuril und die polynukleare Eisen(III)-polysaccharid-Komplexverbindung Eisen(III)-Dextran ist,

- EP 2 164 496 B1, Anspruch 11 -

2. in der Bundesrepublik Deutschland Arzneimittel zu deren Herstellung Formulierungen gemäß Ziffer I.1. verwendet wurden

anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder für diese Zwecke einzuführen und/oder zu besitzen,

- EP 2 164 496 B1, Anspruch 13 -

insbesondere wenn die Arzneimittel zur gleichzeitigen Behandlung von Coccidien-Infektionen und Eisenmangelzuständen hergestellt wurden

- EP 2 164 496 B1, Anspruch 14 -

und zu Ziff. II des Tenors des Beschlusses vom 05.07.2019 aufgegeben,

schriftlich darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 12. April 2017 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren, sowie

c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse.

Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrem Widerspruch.

Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, es fehle an einer Patentverletzung, da die Verfügungspatentansprüche nur eine orale Gabe der geschützten Formulierungen enthaltend Triazinone und Eisen schützten, „F." aber in einer Spritze verabreicht werde, und da die von der Antragstellerin angegriffene Lieferung durch die W. KG an die R. AG rein konzernintern und nach Rücksprache zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien erfolgt sei sowie nur zu dem Zweck, die Produkte sicher und stabil zu lagern, bis die Auseinandersetzung zwischen den Parteien entschieden sei, mithin ohne eine Vertriebsabsicht. Vor dem Hintergrund der vorangegangenen Gespräche zwischen den Parteien sei der auf die angegriffene Lieferung durch die W. KG an die R. AG gestützte Verfügungsantrag auch treuwidrig. Die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Auskunftserteilung sei unverhältnismäßig. Schließlich fehle es an der Dringlichkeit und bestünden ernstliche Zweifel am Rechtsbestand des Verfügungspatents.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 05.07.2019, Az. 327 O 233/19 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die einstweilige Verfügung der Kammer vom 05.07.2019 zu bestätigen.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, „F." verwirkliche die hier in Rede stehenden Ansprüche des Verfügungspatents wortsinngemäß, da eine Beschränkung der hier geltend gemachten Verfügungspatentansprüche auf eine orale Gabe der geschützten Formulierungen enthaltend Triazinone und Eisen nicht ersichtlich sei und da u. a. die Lieferung durch die W. KG an die R. AG eine Exporthandlung dargestellt habe. Auch ein Verfügungsgrund liege - sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in Bezug auf einen hinreichend gesicherten Rechtsbestand des Verfügungspatents - vor.

Mit Beschlüssen vom 25.07.2019 und vom 02.08.2019 hat die Kammer die Anträge der Antragsgegnerin auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss der Kammer vom 05.07.2019 zurückgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.09.2019 verwiesen (§ 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

Gründe

Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 05.07.2019 war auch unter Berücksichtigung des Widerspruchsvorbringens der Antragsgegnerin zu bestätigen.

I.

Die Antragstellerin kann von der Antragsgegnerin aus Art. 64 Abs. 1 und 3 EPÜ i. V. m. den §§ 139 Abs. 1, 140b Abs. 1, 3 und 7 PatG die begehrte - und von der Kammer zu den Ziff. I und II des Beschlusses vom 05.07.2019 tenorierte - Unterlassung und Auskunftserteilung verlangen (Verfügungsanspruch).

1.

Überwiegend wahrscheinlich verwirklicht das Produkt „F." der C. S. A. wortsinngemäß die Merkmale der Verfügungspatentansprüche 1, 8-11, 13 und 14, jeweils bezogen auf Formel (I) des Verfügungspatentanspruchs 1, und hat in der für die Antragsgegnerin erfolgte Lieferung jenes Produkts durch die W. KG an die R. AG eine schutzrechtsverletzende (Export-) Handlung der Antragsgegnerin gelegen.

a.

Die Erfindung betrifft Formulierungen enthaltend Triazinone und Eisen-Verbindungen (Salze und Komplexverbindungen des Eisens) gemäß dem Verfügungspatentanspruch 1, die sich für die gleichzeitige Bekämpfung von Coccidiosen und Eisenmangelzuständen bei Tieren eignen [0001].

Die Behandlung und Therapie der Coccidiose waren im Stand der Technik unzureichend gelöst (vgl. [0004]). Ein Beispiel für einen Mangelzustand ist ein Defizit an Eisen bei neugeborenen Ferkeln [0005]. Coccidiose kann durch Verabreichung von Wirkstoffen aus der Gruppe der Triazinone erfolgreich bekämpft werden [0007]. Insbesondere Toltrazuril, Ponzazuril oder Diclazuril, sowie ihre Wirkung gegen Coccidien waren im Stand der Technik aus einer Reihe von Veröffentlichungen bekannt (vgl. [0007]). Bekannt war auch, dass insbesondere Toltrazuril zur Behandlung der Coccidiose (z. B. Isospora suis) in Schweinen geeignet ist (vgl. [0007]). Bekannt waren insoweit vorwiegend Präparate zur oralen Anwendung. Nachteilig ist der relativ hohe Arbeitsaufwand bei der oralen Verabreichung der erwähnten Anticoccidia, da die Ferkel dazu eingefangen werden müssen und das Produkt mit Hilfe eines Applikators oder einer Drenchpistole in den Schlund verabreicht bekommen, wodurch ein nicht unbeträchtlicher Stress für die Ferkel verursacht wird (vgl. [0012]).

Zur Vorbeugung der Eisenmangelanämie standen im Stand der Technik eine Reihe recht unterschiedlicher Eisenpräparate zur Verfügung, die sich sowohl im Verbindungstyp als auch in der Applikationsweise und der Bioverfügbarkeit unterschieden (vgl. [0013]). Man unterscheidet (I) einfache anorganische Fe(2+)Salze, (IIa) Komplexverbindungen des Fe(2+) mit organischen Liganden, z. B. mit Milchsäure, oder (IIb) des Fe(3+), z.B. mit Zitronensäure, und (III) polymerartige Komplexverbindungen eines Fe(3+)-oxo-hydroxo-komplexes ß-FeO(OH) vom Akaganeit-Typ mit Kohlenhydraten/Polysacchariden, speziell mit oligomeren oder polymeren Kohlenhydratverbindungen, wie z. B. mit Dextran oder mit Dextrin/Polymaltose [0013]. In Bezug auf Fe(3+)-Verbindungen im Allgemeinen und insbesondere polynukleare Verbindungen wie Eisen(III)-Dextran war die Lehrmeinung entstanden, dass diese nicht für die orale Applikation geeignet seien (vgl. [0019]). Ein weiterer Grund für die Skepsis gegenüber der oralen Verwendung von polynuklearen Fe(3+)Komplexen, insbesondere Eisen(III)-Dextran, war der spezielle Aufnahmeweg der ß-FeO(OH)-Komplexe im Intestinaltrakt; diese Verbindungen, die recht stabil sind und deren Bioverfügbarkeit daher im weiteren Verlauf vom Metabolismus und enzymatischen Abbau der Komplexe mit lysosomalen Enzymen abhängt, werden durch Pinocytose in die Epithelzellen der Darmschleimhaut aufgenommen und müssen dann an den Organismus über die Lymphbahnen abgegeben, in den Lymphknoten gespeichert und schließlich in die Blutbahn weiter transportiert werden (vgl. [0020]). Im Stand der Technik war ferner bekannt, dass bei Saugferkeln die Aufnahme dieser Polymerkomplexe durch die Pinocytose über die Epithelzellen des Zwölffingerdarms und des oberen Dünndarms in den ersten Lebenstagen erfolgen kann, und dass dieser Übergang hochmolekularer Verbindungen von den Mucosazellen in die Lymph- und Blutbahnen der Ferkel nur unmittelbar nach der Geburt ungehindert möglich ist (vgl. [0020]). Insoweit war im Stand der Technik allgemein medizinisch anerkannt und Stand des Wissens, dass eine ausreichende Versorgung von Ferkeln mit hochmolekularen Eisen-Komplexen auf dem oralen Wege nur in den ersten Stunden nach der Geburt sinnvoll möglich ist, wenn man Mehrfachapplikationen vermeiden möchte (vgl. [0020]). Dabei wurde von einer deutlich verminderten Wirksamkeit berichtet, falls das Eisen(III)-Dextran 24 bis 72 Stunden nach der Geburt gegeben werde, sowie, dass - abhängig von Haltungs- und Fütterungsbedingungen - auch eine Gabe am zweiten Lebenstag noch ausreichend gute Ergebnisse erzielen könne und bei einer Gabe des EisenDextrans 72 bis 96 Stunden nach der Geburt die Effektivität demgegenüber bereits stark reduziert sei (vgl. [0020]). Um die Unwägbarkeiten bei einer oralen Applikation zu umgehen, war es in der Schweinezucht üblicher, polynukleare Eisen(III)-Komplexe per Injektion von 100-200 mg aktiven Eisens am dritten Tag nach der Geburt intramuskulär zu verabreichen (vgl. [0022]).

Die im Stand der Technik am Markt verfügbaren Methoden der Anämieprophylaxe bei Saugferkeln wiesen im Ergebnis jeweils eine Reihe von Nachteilen auf (vgl. [0024]):

1. Bei oraler Anwendung von Fe(II)-Verbindungen des Typs (I) und (II) war laut Literatur meist eine deutlich geringere Bioverfügbarkeit zu beobachten und wurde empfohlen, diese Präparate mehrmals zu verabreichen, was bei der intensiven Tierhaltung personalaufwändig ist und einen wirtschaftlichen Nachteil darstellt.

2. Eine orale Anwendung polynuklearer Fe(III)-Verbindungen des Typs (III), insbesondere Eisen(III)-Dextran, führte zwar zu besseren Ergebnissen und eine einmalige Dosierung von etwa 200 mg aktiven Eisens reichte in der Regel aus, um eine ausreichende Eisenversorgung der Ferkel zu gewährleisten, eine ausreichende Wirksamkeit war nach der Lehrmeinung im Stand der Technik aber nur dann zu erzielen, wenn den Ferkeln das Eisen(III)-Dextran innerhalb der ersten 8 bis 10 Lebensstunden verabreicht werden kann. Dies wäre nur bei einer durchgängigen Geburtenüberwachung in den Zuchtbetrieben zu gewährleisten, die wegen des großen Personalbedarfs häufig nicht möglich ist.

3. Die intramuskulär zu verabreichenden Eisen-Präparate waren vorteilhafter in der Anwendung, da eine Applikation im Zeitraum von Tag 1 bis Tag 3 nach der Geburt zu sehr guten Ergebnissen führte. Von Nachteil war jedoch deren Potential zur Schädigung der Ferkel durch toxische Nebenwirkungen und eine kurzzeitige Schwächung des Immunsystems. Orale Präparate zeigten diesen Nachteil nicht.

4. Berücksichtigte man weiter die häufig notwendige Coccidiose-Behandlung, beispielsweise mit Toltrazuril oder ähnlichen Verbindungen, wurde deutlich, dass für eine erfolgreiche Ferkelzucht sehr häufig zwei Arbeitsgänge - (1) Einfangen der Ferkel am Tag 1 nach der Geburt und Gabe von z. B. Eisen(III)-Dextran, weiteres Einfangen der Ferkel am Tag 3 und orale Gabe einer handelsüblichen Suspensionsformulierung von Toltrazuril oder (2) Einfangen der Ferkel am Tag 3 und getrennte Gabe der handelsüblichen Toltrazuril Suspension zur oralen Applikation sowie einer Injektionsformulierung von Eisen(III)-Dextran - nötig waren.

Es sei daher von großem Vorteil, stünden Präparate zu Verfügung, die es ohne die beschriebenen Nachteile, d. h. ohne schädliche Nebenwirkungen bei zuverlässiger und hoher Wirksamkeit, möglich machen würden, beide Arbeitsgänge zu vereinen, wobei ein geeignetes Präparat zum Beispiel eine Formulierung des Wirkstoffs Toltrazuril und des Eisen(III)-Dextrans zur oralen Verabreichung an Ferkeln im Lebenszeitraum des ersten bis dritten Tages nach der Geburt sein könne (vgl. [0025]). Die Kombination von Triazinonen und Eisenpräparaten in einer geeigneten Formulierung war im Stand der Technik noch nicht beschrieben worden (vgl. [0026]).

Die verfügungspatentgemäße Erfindung betrifft daher (vgl. [0027]):

1. Mittel enthaltend Triazinone der Formeln (I) oder (II) (s. o.) oder worin

R1 für R3-SO2- oder R3-S- steht,R2 für Alkyl, Alkoxy, Halogen oder SO2N(CH3)2 steht undR3 für Halogenalkyl stehtR4 und R5 unabhängig voneinander für Wasserstoff oder Cl stehen undR6 für Fluor oder Chlor stehtoder ihre physiologisch verträglichen Salze

und

polynukleare Eisen(III)-polysaccharid-Komplexverbindungen.

Für Tiere geeignete Zubereitungen der erfindungsgemäßen Formulierungen sind vorzugsweise Lösungen, Suspensionen, Pasten oder Gele; Suspensionen oder Pasten sind bevorzugt, wobei bei den Pasten niedrigviskose bevorzugt sind, es sich bei diesen üblicherweise um Suspensionen mit entsprechend höherer Viskosität handelt und die Suspensionen und Pasten vorzugsweise oral verabreicht werden (vgl. [0040] und [0043]). Besonders bevorzugt ist die Anwendung bei Schweinen [0066]. Die Anwendung der erfindungsgemäßen Formulierungen erfolgt bevorzugt bei Jungtieren, insbesondere kurz nach der Geburt, bevorzugt bei Saugferkeln [0067]. Üblicherweise werden die erfindungsgemäßen Formulierungen (Kombinationspräparat Eisen/Triazinon) nur einmal appliziert [0067]. Besonders bevorzugte erfindungsgemäße Formulierungen erlauben eine orale Behandlung von Ferkeln dergestalt, dass eine ausreichende Versorgung der Ferkel mit Eisen in den ersten vier Lebenswochen mit einer einzigen oralen Gabe von 0,7 ml bis 1,3 ml, bevorzugt 0,7-1,0 ml der Formulierung, auch noch am dritten Tag nach der Geburt erreicht werden kann, wobei als Indikator für die ausreichende Versorgung ein Hämoglobinwert von mindestens 8 g/100 ml Blut, vorzugsweise von mehr als 9 g/100 ml Blut, angesehen werden kann (vgl. [0067]). Zusätzlich soll durch den Triazinonanteil eine wirksame Bekämpfung der Coccidien erreicht werden [0067].

Gegenstand und erste bevorzugte Ausführungsform der Erfindung ist daher eine Formulierung enthaltend Triazinone der Formeln (I) oder (II) (s. o.) oder worin R1 für R3- SO2- oder R3-S- steht, R2 für Alkyl, Alkoxy, Halogen oder SO2N(CH3)2 steht und R3 für Halogenalkyl steht, R4 und R5 unabhängig voneinander für Wasserstoff oder Cl stehen und R6 für Fluor oder Chlor steht, oder ihre physiologisch verträglichen Salze und polynukleare Eisen(III)-polysaccharid-Komplexverbindungen (vgl. [0071]).

Die in den Abs. [0073] ff. dargestellten sieben Beispiele und weiteren biologischen Beispiele, die sämtlich eine orale Anwendung vorsehen, sollen gemäß Abs. [0072] die Erfindung erläutern, ohne sie jedoch einzuschränken.

b.

Die Merkmale des Verfügungspatentanspruchs 1 können wie folgt gegliedert werden: Formulierung enthaltend

1. Triazinone der Formeln (I) oder (II)

oder

worin

R1 für R3-SO2- oder R3-S- steht,R2 für Alkyl, Alkoxy, Halogen or [sic] SO2N(CH3)2 steht undR3 für Halogenalkyl stehtR4 und R5 unabhängig voneinander für Wasserstoff oder Chlor stehen and [sic]R6 für Fluor oder Chlor steht,oder ihre physiologisch verträglichen Salze,

und

2. polynukleare Eisen(III)-polysaccharid-Komplexverbindungen.

c.

Von der so umschriebenen Lehre des Verfügungspatents und der Verfügungspatentansprüche 1, 8-11, 13 und 14, jeweils bezogen auf Formel (I) des Verfügungspatentanspruchs 1, macht das Produkt „F." wortsinngemäß Gebrauch.

aa.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Auslegung eines Patents nicht die sprachliche oder logisch-wissenschaftliche Bedeutung der im Patentanspruch verwendeten Begriffe maßgeblich, sondern deren technischer Sinn, der unter Berücksichtigung von Aufgabe und Lösung, wie sie sich objektiv aus dem Patent ergeben, zu bestimmen ist (vgl. nur BGH GRUR 2016, 169 ff. (170 m. w. N.)). Maßgeblich sind dabei der Sinngehalt eines Patentanspruchs in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der patentierten Erfindung beitragen (BGH a. a. O. m. w. N.). Aus der Funktion der einzelnen Merkmale im Kontext des Patentanspruchs ist abzuleiten, welches technische Problem diese Merkmale für sich und in ihrer Gesamtheit tatsächlich lösen (BGH a. a. O. m. w. N.).

Dabei wird nach der Vorgabe in Art. 69 Abs. 1 EPÜ der Schutzbereich eines Patents durch die Patentansprüche bestimmt (vgl. BGH GRUR 2011, 701 ff. (703) - Okklusionsvorrichtung). Damit diese Bestimmung so erfolgen kann, dass die Ziele des Art. 1 des Protokolls über die Auslegung des Art. 69 EPÜ erreicht werden, ist zunächst unter Berücksichtigung von Beschreibung und Zeichnungen der technische Sinngehalt zu ermitteln, der dem Wortlaut des Patentanspruchs aus fachmännischer Sicht beizumessen ist (vgl. BGH a. a. O.). Zwar ist ein buchstäbliches Verständnis der Patentansprüche nicht zur Erfassung des geschützten Gegenstands geeignet, andererseits darf der Schutzgegenstand aber auch nicht durch Verallgemeinerung konkreter, im Anspruch angegebener Lösungsmittel erweitert werden (vgl. BGH a. a. O. m. w. N.). Insbesondere darf ein engerer Patentanspruch nicht nach Maßgabe einer weiter gefassten Beschreibung interpretiert werden. Der Patentanspruch hat vielmehr Vorrang gegenüber der Beschreibung (BGH a. a. O. m. w. N.). Was in den Patentansprüchen keinen Niederschlag gefunden hat, kann nicht unter den Schutz des Patents fallen. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind zwar nach Art. 69 Abs. 1 Satz 2 EPÜ zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen, da diese der Erläuterung der Patentansprüche dienen. Beschreibung und Zeichnungen sind mithin heranzuziehen, um den Sinngehalt des Patentanspruchs zu ermitteln. Ihre Heranziehung darf aber weder zu einer inhaltlichen Erweiterung noch zu einer sachlichen Einengung des durch den Wortsinn des Patentanspruchs festgelegten Gegenstands führen (vgl. BGH a. a. O. m. w. N.). Lassen sich die technische Lehre der Beschreibung und die technische Lehre des Patentanspruchs nicht in Einklang bringen, ist der Patentanspruch maßgeblich (vgl. BGH a. a. O. m. w. N.). Bei Widersprüchen zwischen Patentansprüchen und Beschreibung sind solche Bestandteile der Beschreibung, die in den Patentansprüchen keinen Niederschlag gefunden haben, grundsätzlich nicht in den Patentschutz einbezogen (BGH a. a. O.). Die Beschreibung darf somit nur insoweit berücksichtigt werden, als sie sich als Erläuterung des Gegenstands des Patentanspruchs lesen lässt (BGH a. a. O.). Kann der Wortlaut des Patentanspruchs mit einer Beschreibungsstelle nicht in Einklang gebracht werden, kann die Beschreibung nicht zur „Korrektur” des Patentanspruchs herangezogen werden; andernfalls würde gegen den Grundsatz des Vorrangs des Patentanspruchs verstoßen (vgl. BGH a. a. O.).

bb.

Zwischen den Parteien ist zu Recht unstreitig, dass das Produkt „F." wortsinngemäß sämtliche Merkmale der Verfügungspatentansprüche 1, 8-11, 13 und 14, jeweils bezogen auf Formel (I) des Verfügungspatentanspruchs 1, verwirklicht. Der diesbezügliche Vortrag der Antragsgegnerin beschränkt sich darauf, eine Patentverletzung liege nicht vor, da die Verfügungspatentansprüche 1, 8-11, 13 und 14 unter Berücksichtigung des Inhalts der Verfügungspatentschrift im Übrigen sowie - entsprechend den Ausführungen des Tribunal de Grande Instance de Paris in dessen Urteil vom 11.09.2019 - von Art. 1 des Protokolls über die Auslegung des Art. 69 EPÜ nur eine orale Gabe schützten, „F." aber parenteral verabreicht werde.

Die Verfügungspatentansprüche 1 (Formel (I)), 8-11, 13 und 14 sind indes nicht auf eine orale Gabe beschränkt. Lediglich die Unteransprüche 15 und 16 des Verfügungspatents betreffen eine Verwendung der Formulierungen zur oralen Behandlung. Die in den Abs. [0073] ff. aufgeführten Beispiele oraler Anwendungen sollen die patentgemäße Erfindung gemäß Abs. [0072] der Verfügungspatentschrift ausdrücklich nicht einschränken, sondern diese lediglich erläutern. Eine Beschränkung der im Wortlaut eindeutig nicht auf eine orale Anwendung beschränkten Verfügungspatentansprüche 1, 8-11, 13 und 14 führte zu einer gegen den Grundsatz des Vorrangs des Patentanspruchs verstoßenden „Korrektur” des Patentanspruchs.

d.

In der für die Antragsgegnerin erfolgten Lieferung von „F." durch die W. KG an die R. AG in Österreich hat auch ohne Weiteres ein schutzrechtsverletzender Akt gelegen.

Jene Lieferung ist als - schutzrechtsverletzende - Exporthandlung zu qualifizieren (vgl. dazu nur Scharen in Benkard, PatG, 11. Auflage 2015, § 9 Rn. 11 m. w. N.; BeckOK PatR/Ensthaler, 13. Ed. 25.07.2019, PatG § 9 Rn. 46 m. w. N.).

Eine rein konzerninterne Lieferung hat bereits aus dem Grunde nicht vorgelegen, dass in den Liefervorgang zwei weitere, mit der Antragsgegnerin oder deren Muttergesellschaft nicht verbundene Unternehmen als Versender und Empfänger der Ware eingebunden waren.

Im Übrigen ist es unerheblich, ob die R. AG Eigentum an den an sie gelieferten „F."-Beständen erworben hat, oder ob die Antragsgegnerin der R. AG - im Innenverhältnis - Verfügungen über jene Produkte untersagt und die R. AG auch nicht mit der Vermarktung und dem Vertrieb von „F." in Österreich beauftragt hat. Maßgeblich ist lediglich, dass - wie vorliegend erfolgt - die Antragsgegnerin der R. AG durch diese Lieferung den Besitz an den „F."-Beständen und die tatsächliche Verfügungsgewalt über die „F."-Bestände verschafft hat (vgl. dazu BeckOK PatR/Ensthalera. a. O., Rn. 44 m. w. N.; Mes, PatG, 4. Auflage 2015, § 9 Rn. 46).

2.

Vor diesem Hintergrund ist die hier in Rede stehende Patentverletzung überwiegend wahrscheinlich auch offensichtlich im Sinne von § 140b Abs. 7 PatG und nicht unverhältnismäßig im Sinne von § 140b Abs. 4 PatG.

Unter Berücksichtigung der offensichtlichen Patentverletzung sind - geschweige denn überwiegende - Interessen der Antragsgegnerin gegenüber dem Interesse der Antragstellerin, den Verbleib der patentverletzenden Ware aufzuklären und dadurch weitere patentverletzende Handlungen Dritter zu verhindern, nicht ersichtlich.

II.

Die Antragstellerin hat auch das Vorliegen eines Verfügungsgrundes glaubhaft gemacht.

1.

Der Rechtsbestand des Verfügungspatents erscheint hinreichend gesichert.

Das Verfügungspatent hat ein - von der C. S. A. gegen das Verfügungspatent geführtes - erstinstanzliches Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Patentamt (Einspruchsabteilung) überstanden und es ist nicht zu erwarten, dass die von der C. S. A. gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts eingelegte Beschwerde Erfolg haben wird. Überwiegende Zweifel am - von der C. S. A. mit ihrem Einspruch in Abrede genommenen - Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit sind nicht ersichtlich.

Das Europäische Patentamt (Einspruchsabteilung) hat den Einspruch der C. S. A. gegen das Verfügungspatent erstinstanzlich zurückgewiesen und das Verfügungspatent in seiner erteilten Form aufrechterhalten. Dabei hatten die von der Antragsgegnerin als Anlagen AG 16 bis AG 18 vorgelegten Dokumente auch der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts (Einspruchsabteilung) Vorgelegen. Anlage AG 19a ist - wie Anlage AG 16, die der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts Vorgelegen hatte - ein Prospekt zu „B.“. Anlage AG 19b enthält lediglich die Metadaten in Bezug auf Anlage AG 19a. Auch Anlage AG 20 offenbart nicht die gemeinsame Gabe beider Wirkstoffe (Toltrazuril und Eisen(III)) in einer Formulierung, sondern setzt sich lediglich mit der Frage der Vorteilhaftigkeit einer Verabreichung von „B.“ (Toltrazuril) parallel zur Eisenapplikation auseinander.

Im Übrigen kann an der - auch von der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts (vgl. Anlage AG 15, Seite 26) angenommenen - Wirksamkeit der verfügungspatentgemäßen Formulierung zur Vorbeugung der Anämie bereits aufgrund der Zulassungen von - parenteral gegebenem - „B. [...]“ und oralen Kombinationsprodukten mit Toltrazuril und Eisendextran, über die die Antragstellerin unstreitig verfügt und denen Zulassungsstudien vorangegangen sind, unabhängig davon, ob die verfügungspatentgemäße Formulierung parenteral oder oral gegeben wird, kein durchgreifender Zweifel bestehen.

Ferner wird insoweit ergänzend auf die zutreffenden Ausführungen der Antragstellerin in Anlage ASt 31 zu von der Antragsgegnerin vorgelegten weiteren Dokumenten verwiesen. Dabei hatten die von der Antragsgegnerin in den Anlagen AG 27_2 und AG 27_3b vorgelegten Dokumente auch bereits der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts vorgelegen. Die von der Antragsgegnerin vorgelegten Dokumente AG 27_2, AG 27_6, AG 27_7, AG 27_8, AG 27_9 und AG 27_11 betreffen Formulierungen, die kein Eisen-Dextran enthalten. Die von der Antragsgegnerin vorgelegten Dokumente AG 27_1b und AG 27_10 betreffen Formulierungen, die neben Eisen-Dextran noch andere Eisen-Komplexe enthalten.

2.

Auch in zeitlicher Hinsicht besteht in Bezug auf den Exportvorgang an die R. AG ein Verfügungsgrund. Die Antragstellerin hat von jenen Liefervorgängen am 07.06.2019 Kenntnis erlangt. Die Verfügungsantragstellung ist am 03.07.2019 erfolgt.

III.

Schließlich kann der Antragstellerin auch kein treuwidriges Verhalten im Sinne eines venire contra factum proprium vorgeworfen werden, das sie an der Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche zu hindern vermöchte (§ 242 BGB).

Es ist nach Aktenlage - dem Vortrag der Parteien zum Inhalt von Telefonaten zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien - nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin gegenüber der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin das Einverständnis der Antragstellerin in einen Export von „F."-Beständen - geschweige denn in ein durch das Verfügungspatent geschütztes Land - erklärt oder einen solchen gar verlangt und hierdurch einen Vertrauenstatbestand zugunsten der Antragsgegnerin dergestalt geschaffen hat, dass die Antragsgegnerin davon hat ausgehen dürfen, dass die Antragstellerin die für die Antragsgegnerin erfolgte Lieferung von „F." durch die W. KG an die R. AG in Österreich nicht als schutzrechtsverletzenden Akt erachten würde.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

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