OLG Hamm, Beschluss vom 24.03.2020 - 21 W 11/20
Fundstelle
openJur 2020, 31398
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 7.1.2020 in der Fassung des Beschlusses vom 10.2.2020, wonach die Antragsteller die Kosten der Streithelfer im selbständigen Beweisverfahren 6 OH 25/17 zu tragen haben, aufgehoben.

Der Antrag der Streithelfer, den Antragstellern gem. § 494a II ZPO die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Streithelfer als Beschwerdegegner.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführer leiteten als Antragsteller ein selbständiges Beweisverfahren beim Landgericht Essen gegen die Antragsgegner ein. Die Antragsgegnerin zu 1) war beim verfahrensgegenständlichen Bauvorhaben mit dem Gewerk Garten- und Landschaftsbau beauftragt. Der Antragsgegner zu 2) war als Generalplaner tätig und bediente sich der Fa. H GbR als Subunternehmerin zur Erbringung von Planungsleistungen bezüglich der Außenanlagen.

Gegenstand der Begutachtung im selbständigen Beweisverfahren waren von den Antragstellern gerügte Staunässe und deren Ursachen. Der Antragsgegner zu 2) verkündete der H GbR und deren geschäftsführenden Gesellschaftern den Streit. Die Streitverkündeten traten daraufhin dem selbständigen Beweisverfahren auf Seiten der Antragsgegner bei und haben nach Abschluss der Begutachtung mit Schriftsatz vom 14.10.2019 beantragt, den Antragstellern gem. § 494a I ZPO aufzugeben, binnen einer vom Gericht bestimmten Frist Klage gegen die Antragsgegner zu 1) und 2) zu erheben, und im Fall unterbliebener Klageerhebung ihnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (Bl. 292). Mit Beschluss vom 19.11.2019 hat die Kammer den Antragstellern eine entsprechende Frist zur Klageerhebung gesetzt (Bl. 298).

Mit Beschluss vom 7.1.2020 hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen den Antragstellern dann die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens 6 OH 25/17 gem. § 494a II ZPO auferlegt (Bl. 310-312).

Gegen diesen ihnen am 16.1.2020 zugestellten Beschluss haben sich die Antragsteller mit ihrer sofortigen Beschwerde vom selben Tag gewandt und auf ihre unstreitig bereits am 27.12.2019 gegen die Antragsgegner erhobene Klage (9 O 297/19) verwiesen.

Das Landgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 10.2.2020 teilweise abgeholfen, indem es seine Kostenentscheidung dahin abgeändert hat, dass die Antragsteller die Kosten der Streithelfer der Antragsgegner zu tragen hätten, weil gegen diese kein Hauptsacheverfahren anhängig gemacht sei, in dem über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens mitentschieden würde.

Dagegen wenden sich die Beschwerdeführer mit ihrem aufrecht erhaltenen Rechtsmittel. Sie meinen, dass die Streithelfer mit einem Antrag gem. § 494a ZPO keine Klage gegen sich erzwingen könnten, sondern nur gegen die Antragsgegner.

II.

Die gem. § 494a II S. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist in der Sache begründet. Die Voraussetzungen einer Kostenentscheidung zu Lasten der Antragsteller gem. § 494a II ZPO sind nicht erfüllt, da diese Klage in der Hauptsache erhoben haben.

Die angefochtene Entscheidung der Kammer, die, soweit darin die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde formuliert ist, dahin auszulegen ist, dass der Beschwerde insofern nicht abgeholfen werde, weist gravierende Rechtsfehler auf.

Im selbstständigen Beweisverfahren ergeht grundsätzlich keine Kostenentscheidung zu Gunsten oder zu Lasten der Parteien. Die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens sind vielmehr Kosten des Hauptsacheverfahrens, über die grundsätzlich in diesem entschieden wird (BGH NJW 2009, 3240, 3241). Die Möglichkeit einer Entscheidung über die Kosten gem. § 494a ZPO ist die Ausnahme. Der Tatbestand ist dementsprechend eng auszulegen.

Rechtzeitige Klageerhebung im Sinne von § 494a ZPO setzt Identität der Parteien und des Streitgegenstandes von selbständigem Beweisverfahren und Hauptprozess voraus, also dass derjenige Anspruch eingeklagt wird, zu dessen Vorbereitung oder Abwehr selbständig Beweis erhoben wurde (BGH NJW 2007, 1279, 1281; Huber in Musielak/Voit, ZPO, 16. Aufl., § 494a Rn. 5). Die Beweiserhebung diente hier der Geltendmachung werkvertraglicher Gewährleistungsrechte gegen die Antragsgegner, mit denen die Antragsteller vertraglich verbunden waren, so dass Identität von Parteien und Streitgegenstand mit dem eingeleiteten Klageverfahren unstreitig gegeben ist. Ein Vertragsverhältnis der Antragsteller zu den Streithelfern bestand hingegen nicht, und die Geltendmachung eigener Ansprüche gegen sie war dementsprechend nicht beabsichtigt. Bei einer gegen die Streithelfer gerichteten Klage, die mangels Passivlegitimation keine Erfolgsaussicht hätte, wäre keine Identität gegeben. Eine Klage der Antragsteller gegen die Streithelfer hätte daher keinerlei Sinn ergeben und war auch nach der Systematik des Gesetzes nicht zu erwarten.

Daraus folgt, dass zugunsten eines Streithelfers bei einem Beitritt auf Seiten des später verklagten Antragsgegners keine Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren möglich ist (BGH NJW 2009, 3240, 3241; Huber, a.a.O., Rn. 5a). Denn in diesem Fall gilt der Grundsatz, dass die Kosten der Beweisaufnahme, die gem. § 493 ZPO als solche vor dem Prozessgericht gilt, Bestandteil der Kosten des Hauptsacheverfahrens sind (Sacher in Kniffka/Koeble,/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., 18. Teil Rn. 64). Daraus erwächst den Streithelfern, die hier selbst ausdrücklich nur eine Fristsetzung zur Erhebung der Klage gegen die Antragsgegner zu 1) und 2) beantragt hatten, kein Nachteil. Eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren über die Kosten eines im selbständigen Beweisverfahren beigetretenen Streithelfers hat nämlich von Amts wegen zu ergehen und setzt dessen Beitritt im Hauptsacheverfahren nicht voraus (BGH BauR 2014, 585, 586; Sacher, a.a.O., Rn. 65).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I ZPO. Die Beschwerdegegner haben sich, soweit sie ein eigenes, ausnahmsweise gegebenes Antragsrecht aus § 494a ZPO in Anspruch genommen haben, in die Parteirolle begeben, so dass sie auch die mit dieser Antragstellung verbundene Kostenlast zu tragen haben.

Die Voraussetzungen einer Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 574 II ZPO liegen nicht vor.