LG Essen, Beschluss vom 06.08.2019 - 7 T 77/19 und 7 T 81/19
Fundstelle
openJur 2020, 31351
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Gründe

Die zulässigen Beschwerden haben in der Sache keinen Erfolg.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW-RR 2016, 643) ist der Betreuer, der in Unkenntnis des Todes der Betroffenen zunächst weiter tätig wurde, in analoger Anwendung von § 6 Satz 1 VBVG zu entschädigen.

Abrechenbar sind nur solche Tätigkeiten, die zur Wahrnehmung der dem Betreuer übertragenen Aufgaben erforderlich sind. Maßgebend ist nicht, ob die einzelne Tätigkeit des Betreuers ex post betrachtet zur Erfüllung dieser Aufgabe erforderlich war; entscheidend ist vielmehr die Lage, wie sie sich dem Betreuer - bei Beachtung der ihm nach § 1833 BGB obliegenden Sorgfalt - im Zeitpunkt seines Tätigwerden darstellen musste. Das ist nicht anders bei den Aufwendungen (Fröschle in Münchener Kommentar zum BGB 7. Auflage 2017 § 1836 Rn. 19). Die für unnötige oder vorhersehbar nutzlose Tätigkeiten abgerechnete Zeit kann das Gericht grundsätzlich in Abzug bringen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann der Betreuer aus den zutreffenden Erwägungen des Amtsgerichts in der angefochten Entscheidung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, für seine Tätigkeit nach dem Tod der Betroffenen spätestens am 16.03.2018 nur den Zeitaufwand und die Fahrkosten für zwei Hausbesuche am 28.03.2018 und 11.04.2018 sowie den Anruf beim behandelnden Psychiater am 10.04.2018 abrechnen. Persönliche Kontakte mit der Betreuten sind als Teil der umfassenden Personensorge grundsätzlich vergütungsfähig. Auch der Anruf beim behandelnden Arzt gehörte zu seinen übertragenen Aufgaben im Bereich der Gesundheitsfürsorge. Der Betreuer konnte aber nach dem zweiten vergeblichen Hausbesuch und dem Anruf bei dem Psychiater Dr. Q am 10.04.2018, der angab, die Betroffene zuletzt am 16.10.2017 gesehen zu haben, nicht mehr erwarten, dass ihm die Betroffene bei weiteren Hausbesuchen die Tür öffnete. Vielmehr hätte der Betreuer umgehend weitere Ermittlungen anstellen und ggf. die Tochter, die einen Wohnungsschlüssel hatte, oder die Polizei verständigen müssen, da Anlass zur Besorgnis bestand, dass die Betroffene sich in einer Notlage befindet. Die Betroffene hatte keine sozialen Kontakte. Vor dem 15.01.2018 hatte sie den Betreuer bei drei Hausbesuchen im Jahr 2017 immer in ihrer Wohnung empfangen. Der Betreuer wusste bereits aus dem Telefonat vom 15.01.2018, dass die Betroffene keine Medikamente nimmt und auch nicht in ärztlicher Behandlung war. Sie versprach ihm kurzfristig einen Termin bei Dr. Q, ihrem Psychiater, zu vereinbaren. Dennoch hatte sie sich bis zum 10.04.2018 nicht bei ihrem Psychiater gemeldet. Der Betreuer hatte seit dem 15.01.2018 zwei- bis dreimal im Monat vergeblich versucht, die Betroffene telefonisch zu erreichen. Bei dieser Sachlage musste der Betreuer spätesten nach dem zweiten vergeblichen Hausbesuch am 11.04.2018 in Erwägung ziehen, dass der Betroffenen etwas zugestoßen sein könnte.

Die Kammer hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist im vorliegenden Fall zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erforderlich (§ 70 FamFG).