OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23.11.2011 - 3 L 32/09
Fundstelle
openJur 2020, 29138
  • Rkr:

Wegeflächen, die nicht eine Verbindung zu anderen Grundstücken zu schaffen, sondern ausschließlich dazu dienen, Flächen auf dem Grundstück selbst zu erschließen, wie dies typischerweise bei Grundstückszufahrten oder bei Fußwegen zwischen der Grenze zum öffentlichen Straßenraum und den auf dem Anliegergrundstück aufstehenden Gebäuden der Fall ist, sind keine öffentlichen Wege i. S. d. § 3 Abs. 2 Satz 1 StrVO DDR 1957 gewesen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die westlich seines mit einem Wohnhaus und Nebengelassen bebauten Grundstücks (Flurstücke 1/8 und - östlich anschließend - 1/3 der Flur A) verlaufende Wegefläche (Flurstück 595 der Flur A) kein öffentlicher Weg ist. Die etwa 3 m breite Wegefläche verläuft abzweigend vom D-Weg, an den auch das Grundstück des Klägers angrenzt, auf einer Länge von etwa 45 m in nordnordwestlicher Richtung und endet an der südlichen Grenze des Flurstück 345/1 der Flur A, das auch den nördlichen Abschluss des Grundstücks des Klägers bildet. An die westliche Grenze des Wegeflurstücks schließt sich vom D-Weg nordnordwestlich bis zu einer Tiefe von etwa 20 m das mit einem Wohngebäude bebaute Flurstück 1/2 der Flur A und im Anschluss bis zur südlichen Grenze des Flurstücks 354/1 das Flurstück 596 an, das ursprünglich gemeinsam mit der Wegefläche und dem Flurstück 1/8 das hammerförmige einheitliche Flurstück 1/7 bildete. Das Flurstück 1/7 wurde nach Veräußerung der Teilfläche östlich des Weges (Flurstück 1/8) an den Kläger in den 90-iger Jahren zerlegt in die Flurstücke 1/8 und 1/9. Aus dem Flurstück 1/9 wurden sodann die Flurstücke 595 (Wegefläche) und 596 gebildet.

Nachdem mit dem Ausbau des D-Weges Leitungen in der Wegefläche des Flurstücks 595 verlegt worden waren, stellte die Gemeinde fest, dass dieser "Stichweg" nicht in das Straßenverzeichnis eingetragen war. Am 02. April 2003 und erneut am 23. Februar 2004 beschloss der Gemeinderat der Gemeinde A-Stadt die Aufnahme des auf dem Flurstück 595 befindlichen Weges in das Straßenbestandsverzeichnis und legte dieses vom 18. März bis zum 29. September 2004 öffentlich aus und wies auf die Auslegung durch Aushang vom 02. bis zum 25. März 2004 hin.

Am 19. April 2007 erhob der Kläger Widerspruch gegen eine etwaige Widmung zum Zwecke des öffentlichen Verkehrs.

Mit der am 23. Juli 2008 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, eine Widmung sei nicht erfolgt. Die Gemeinde A-Stadt sei nicht Eigentümer des Grundstücks gewesen. Vielmehr sei ihm von den Eigentümern eine Grunddienstbarkeit eingeräumt. Die Eigentümer hätten ferner eine Baulast mit der Verpflichtung übernommen, das Grundstück zugunsten des Grundstücks des Klägers als Zuwegung zur Verfügung zu stellen und von Bebauung frei zu halten. Vor dem Inkrafttreten der Straßenverordnung der DDR am 31. Juli 1957 sei auf dem Grundstück keine Straße angelegt worden.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass der über das Flurstück 595/0 der Flur A Gemarkung A-Stadt verlaufende Weg kein öffentlicher Weg im Sinne des Landesstraßengesetzes ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Verkehrsfläche habe bereits vor dem 31. Juli 1957 als Zuwegung für Anlieger gedient.

Das Verwaltungsgericht Magdeburg - 1. Kammer - hat Beweis erhoben über die Benutzung des Wegegrundstücks Flurstück 595 der Flur A in der Gemarkung A-Stadt im Jahre 1957 durch Vernehmung der Zeugen D. S. sowie H. und A. B. . Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15. Dezember 2008 verwiesen.

Mit dem auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2008 ergangenen Urteil vom 19. Dezember 2008 hat das Verwaltungsgericht Magdeburg - 1. Kammer - die Klage abgewiesen. Die zulässige Feststellungsklage sei unbegründet, weil die Vermutung der Widmung nicht widerlegt sei. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass auf dem heutigen Flurstück 595 bereits im Jahre 1957 ein Trampelpfad verlaufen sei, der von jedermann habe benutzt werden können. An dem Weg habe sich vor dem zweiten Weltkrieg ein Steinbruch, ab Ende der 40-iger Jahre ein Holzlagerplatz und in den 60-iger Jahren eine Abfallgrube für Bauschutt befunden. Die Bewohner aus der näheren Umgebung hätten dieses Grundstück mit Fuhrwerken und Kraftfahrzeugen über den Stichweg angefahren.

Mit der vom Senat mit Beschluss vom 04. April 2011 zugelassenen Berufung trägt der Kläger vor, es sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu vermuten, dass die Widmung wirksam vollzogen sei, weil die Eintragung des Weges in das Straßenverzeichnis entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht wirksam bekanntgemacht sei. Denn der Standort des Schaukastens vor dem Gebäude der Gemeindeverwaltung in der Dorfstraße 13 sei im Zuge der Veräußerung der Liegenschaft im Jahre 2002 um 40 bis 50 m hinter die Bushaltestelle am Friedhof versetzt worden. Die Änderung der Hauptsatzung, die der tatsächlichen Änderung der Verhältnisse habe Rechnung tragen sollen, sei indes erst nach der Bekanntmachung des Hinweises auf die Änderung des Straßenbestandsverzeichnisses erfolgt. Im Übrigen sei das Wegeflurstück im Jahre 1957 nicht als öffentlicher Weg genutzt worden. Es habe nur zur Erschließung des als Holzlagerplatz genutzten Flurstücks 596 gedient, das ungeachtet dessen auch über die westlich verlaufende Hauptstraße erschlossen gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 1. Kammer - vom 15. Dezember 2008 abzuändern und festzustellen, dass der über das Flurstück 595 der Flur A in der Gemarkung A-Stadt verlaufende Weg keine öffentliche Straße ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, das Straßenverzeichnis sei entgegen der Auffassung des Klägers ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Der neue Standort des Schaukastens sei entgegen der Behauptung des Klägers von dem alten Standort erkennbar. Ungeachtet dessen handele es sich um einen öffentlichen Weg, weil dieser von jedermann habe genutzt werden können. Über den Weg habe ein Massensilo und ein Holzschuppen erreicht werden können. Das Grundstück habe auch nicht nur als Holzlagerplatz gedient. Da durch den vormaligen Steinbruch ein Loch entstanden und deshalb eine Zufahrt von der Hauptstraße nicht mehr möglich gewesen sei, habe der ehemalige Steinbruch als sog. Pottkuhle zur Ablagerung von Asche gedient. Zudem habe das Grundstück auch zum Gänsehüten gedient. Ferner hätten sich darauf ein Holzschuppen und ein Massensilo befunden, so dass der Weg zu unterschiedlichem Ziel- und Quellverkehr gedient habe. Der Weg habe auch dazu gedient, das sich nördlich anschließende Flurstück 354/1 zu erreichen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist begründet.

Das Bestehen oder Nichtbestehen einer öffentlichen Straße stellt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar. Bei der Öffentlichkeit einer Verkehrsfläche handelt es sich zwar grundsätzlich nur um eine Eigenschaft, die eine Vorfrage für weitere Verwaltungsakte oder schlichtes Verwaltungshandeln darstellt. Derartige Eigenschaften begründen aber ausnahmsweise dann bereits selbst ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis, wenn mit ihnen Statusrechte oder andere Rechtsbeziehungen unmittelbar einhergehen.

Die Feststellungsklage ist auch begründet. Bei der streitgegenständlichen Grundstücksfläche handelt es sich nicht um eine öffentliche Verkehrsfläche im Sinne der Vorschriften des Straßengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (StrG LSA) vom 06. Juli 1993 (GVBl. LSA S. 334), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2004 (GVBl. LSA S. 856).

Öffentliche Straßen sind gemäß § 2 Abs. 1 StrG LSA Straßen, Wege und Plätze, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind.

Zwar bestimmt § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA, dass die Eintragung einer Straße im Bestandsverzeichnis die Vermutung begründet, dass die Widmung vollzogen ist. Diese Vermutung ist indes widerlegt.

Dass die Gemeinde den Weg auf dem Flurstück 595 bestandskräftig gewidmet hätte, macht die Beklagte nicht geltend. Der Prozessbevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zwar erklärt, der Weg sei nunmehr im Jahre 2011 gewidmet worden. Dagegen hätten die Kläger indes Widerspruch erhoben.

Das Flurstück ist auch nicht eine Gemeindestraße i. S. d. § 51 Abs. 3 StrG LSA. Nach § 51 Abs. 3 StrG LSA sind die bisherigen Stadt- und Gemeindestraßen Gemeindestraßen im Sinne des § 3 Abs 1 Nr. 3 StrG LSA. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d der Verordnung über das Straßenwesen (im Folgenden: StrVO 1957) vom 18. Juli 1957 (GBl. DDR I S. 377) unterfielen Stadt- und Gemeindestraßen, -wege und -plätze dem Begriff der kommunalen Straßen. Sie waren gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 StrVO 1957 öffentlich, wenn bisher ihrer Benutzung durch die Verkehrsteilnehmer seitens der Rechtsträger bzw. Eigentümer nicht widersprochen worden war, und sie wurden gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 StrVO 1957 öffentlich, wenn die Räte der Städte und Gemeinden sie nach Zustimmung der Rechtsträger oder Eigentümer dem öffentlichen Verkehr freigaben. Die Öffentlichkeit der kommunalen Straßen und Plätze war demnach von dem tatsächlichen Vorgang des allgemeinen Verkehrs und dessen Duldung durch den Rechtsträger oder Eigentümer des Straßenlandes abhängig (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 10.11.1997 - A 4 S 241/97 - JMBl. LSA 1998, 244). Entscheidungen der Räte der Bezirke und Kreise über die Öffentlichkeit einer Straße waren nur im Falle von Unklarheiten oder Streitigkeiten vorgesehen (§ 4 StrVO 1957). Die am 01. Januar 1975 in Kraft getretene Straßenverordnung der DDR vom 22. August 1974 (GBl. DDR I, S. 515, StrVO 1974) knüpfte im Bestand an diese Lage an. Danach waren öffentliche Straßen alle Straßen, Wege und Plätze, die der öffentlichen Nutzung durch den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr dienen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StrVO 1974).

Entscheidend für die Einstufung als öffentliche Straße war somit die zugelassene, gebilligte oder geduldete tatsächliche Nutzung der Straße für den öffentlichen Verkehr bei Inkrafttreten der StrVO 1957 am Tag der Verkündung (§ 26 Abs. 1 StrVO 1957), dem 31. Juli 1957 (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 10.11.1997, a. a. O.; Sauthoff, Öffentliche Straßen, 2. Aufl. 2010, Rdnr. 126 f.).

Straßen, Wege und Plätze i. S. des § 1 StrVO 1957 sind Anlagen, die dem Fahrzeug- oder Fußgängerverkehr dienen, es sei denn, dass sie ausschließlich für den schienengebundenen Fahrzeugverkehr bestimmt sind. Der Verlauf einer Straße, eines Weges oder einen sonstigen Verkehrsfläche als räumlich-begrenztes Gebilde muss zudem äußerlich als Wegeanlage erkennbar und feststellbar sein (vgl. OVG LSA, Urt. v. 14.11.2002 - 1 L 153/02 - juris, VGH Mannheim, Urt. v. 26.07.1961 - IV 825/60 - ESVGH 12, 32). Ferner ist eine Verkehrsfläche dann öffentlich und damit dem allgemeinen Verkehr zugänglich, wenn sie entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten tatsächlich für jedermann ohne Beschränkung auf einen abgegrenzten, durch persönliche Beziehungen verbundenen Personenkreis zur Benutzung zugelassen ist und auch so genutzt wird (vgl. Herber in Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, Kapitel 5 Rdnr. 19). Der Öffentlichkeit der Verkehrsfläche steht dabei nicht entgegen, wenn sich die Bestimmung der Fläche auf einzelne Verkehrsarten (etwa Fußgänger- oder Radverkehr) oder auf einzelne Verkehrszwecke (Weg zu einer Schule oder sonstigen öffentlichen bzw. privaten Einrichtung) beschränkt, sofern die Verkehrsfläche zumindest in der einen oder anderen Weise jedermann offen steht. Eine rechtlich nichtöffentliche Straße liegt demgegenüber vor, wenn der Verfügungsberechtigte wirksame Vorsorge getroffen hat, dass nur Personen Zutritt erhalten, die in engen persönlichen Beziehungen zum Eigentümer des Straßengrundes stehen oder in eine solche treten wollen (OVG LSA, Urt. v. 19.05.2010 - 3 L 465/08 - UA S. 9).

Auf der anderen Seite ist nicht jede der Öffentlichkeit ohne Barriere zugängliche Fläche eine Verkehrsfläche. Der Straße eigen ist, dass sie verkehrsbezogenen Aufgaben dient, die nach ihrer Raumfunktion (Sauthoff, Öffentliche Straßen, 2. Auflage 2010 § 3 Rdnr. 8) in der Erschießung von Grundstücken liegt. Es genügt für sich besehen nicht, wenn Verkehrsanlagen auf einem örtlich begrenzten Teil der Erdoberfläche ohne Widerspruch durch Dritte genutzt werden können. Öffentliche Straßen und Wege i. S. d. §§ 51 Abs. 3 StrG LSA, 3 StrVO 1957 sind vielmehr nur die Anlagen, die dazu geeignet sind, die Anbindung einer Mehrzahl von Grundstücken an das Straßennetz zu gewährleisten und die in dieser Weise genutzt worden sind. Auch § 3 Abs. 2 Satz 1 StrVO 1957 diente nicht dazu, Flächen, auf denen Fahrzeug- oder Fußgängerverkehr stattfand, in den Bestand öffentlicher Straßen und Wege zu überführen, wenn sie nicht dazu dienten, eine Verbindung zu anderen Grundstücken zu schaffen, sondern ausschließlich dazu, Flächen auf dem Grundstück selbst zu erschließen, wie dies typischerweise bei Grundstückszufahrten oder bei Fußwegen zwischen der Grenze zum öffentlichen Straßenraum und den auf dem Anliegergrundstück aufstehenden Gebäuden der Fall ist. Diese Wegeflächen dienen ausschließlich der inneren Erschließung des Anliegergrundstücks. Sie dienen dazu, eine Verbindung der Flächen auf dem Grundstück mit der Anliegerstraße zu schaffen. Damit werden sie allerdings nicht selbst zum öffentlichen Weg.

Anhaltspunkte für die Beantwortung der Frage, ob die Fläche auf dem heutigen Flurstück 595 am maßgeblichen Stichtag, dem 31. Juli 1957, tatsächlich als öffentliche Verkehrsfläche genutzt wurde, können sich aus der Ausübung der Wegeaufsicht, Eintragungen in Karten, Plänen und Katastern, der Beschaffenheit und der Funktion (dem Zweck) der (Wege-)Fläche sowie den Aussagen von Zeugen ergeben (vgl. OVG LSA, Urt. v. 19.05.2010 - 3 L 465/08 - juris; VGH Mannheim, Urt. v. 17.12.1992 - 5 S 315/90 - juris).

Nach dieser vorzunehmenden Gesamtwürdigung war das streitige Grundstücksteil zum maßgeblichen Zeitpunkt keine öffentliche Verkehrsfläche im vorgenannten Sinne.

Es gibt weder Katasterunterlagen oder sonstige Urkunden oder Schriftstücke, die eine Nutzung der Wegefläche als öffentliche Straße bereits in den 50-iger Jahren belegen. Nach den bei den Akten befindlichen Katasterunterlagen sind die Flurstücke 595 und 596 aus der im Jahr 2005 erfolgten Zerlegung des Flurstücks 1/9 hervorgegangen. Das Flurstück 1/9 seinerseits ging hervor aus dem ehemaligen Flurstück 1/7, aus dem die Teilfläche östlich der Wegefläche als Flurstück 1/8 hervorging. Eine besondere Wegefläche ist in den Katasterunterlagen bis dahin nicht ausgewiesen.

Die Zeugenaussagen im Verhandlungstermin vor dem Verwaltungsgericht machen zur Überzeugung des Senats deutlich, dass die Wegefläche auf dem heutigen Flurstück 595 ausschließlich dazu diente, Flächen auf den heutigen Flurstücken 596 und 1/8 zu erschließen. Der Zeuge H. B hat bei seiner Vernehmung im erstinstanzlichen Verfahren ausgesagt, die Wegefläche habe dazu gedient, die auf dem Grundstück vorhandene Holzlagerstätte erreichen zu können. Ferner sei auf dem Grundstück in dem dort vorhandenen ehemaligen Steinbruch Bauschutt abgelagert worden. Ferner habe sich auf dem Grundstück ein Holzschuppen befunden, in dem Landmaschinen untergebracht worden seien. Schließlich seien auf dem Grundstück auch Gänse gehütet worden. Diese Aussage wird gestützt durch die Aussagen seiner Ehefrau, Frau A. B. und des Zeugen S.. Letzterer indes hat aus eigener Erinnerung Angaben erst machen können für die Zeit ab Beginn der 60-iger Jahre. Dass der Weg nur von einem bestimmten Kreis von Anliegern genutzt worden ist, steht der Annahme eines öffentlichen Weges nicht entgegen. Entscheidend gegen die Annahme eines öffentlichen Weges indes spricht, dass der Zeuge H. B. weiter erklärt hat, der Weg habe an einem Ackergrundstück geendet. Der Bauer, ein Herr B., habe das Ackergrundstück nicht über den Stichweg erreicht. Er sei vielmehr "mit seinen Pferden hintenrum gekommen". Damit wird deutlich, dass der Weg im Jahr 1957 nicht der Erschließung des sich nördlich an die Flurstücke 595 und 596 anschließenden damals unbebauten Flurstücks 354/1 gedient hat. Der Einwand der Beklagten in der Verhandlung vor dem Senat, die Aussage des Zeugen H. B. schließe nicht aus, dass das damalige Ackergrundstück nicht doch von dem Landwirt oder Dritten über die Fläche des heutigen Flurstücks 595 angefahren worden sei, rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht. Zwar hat der Zeuge erklärt, das Grundstück sei zu der nördlich anschließenden Ackerfläche nicht durch einen Zaun abgetrennt gewesen. Gleichwohl lässt sich der Aussage des Zeugen H. B. nichts anderes entnehmen, als dass die auf dem Flurstück vorhandene Wegefläche als Verbindung zu der Ackerfläche tatsächlich nicht genutzt worden ist. Fehlte zwischen den Flurstücken ein Zaun, so begründet dies nur die abstrakte Möglichkeit der Nutzung einer Wegefläche als Verbindung zu dem anderen Grundstück. Das rechtfertigt indes noch nicht für die Annahme, der Weg sei vor Inkrafttreten der StrVO 1957 tatsächlich in dieser Weise genutzt worden.

Die Wegefläche diente auch nicht als zusätzliche Erschließung der über den D-Weg erschlossenen Flurstücke 1/2 und 1/3. Die Zeugin A. B. hat erklärt, die Gänse hätten "überall auf dem Weg laufen und auch überall auf dem eingezäunten Grundstück fressen" können. Bestätigt wird dies durch die Aussage des Zeugen H. B. . Er hat ausgesagt, dass das "vordere Grundstück auf der linken Seite, das Herrn K." und "das Grundstück auf der linken Seite des Stichweges, dass Herrn K. W. gehörte, ... eingezäunt" waren. Da der Zeuge zuvor ausgesagt hatte, dass dem Herrn W. das Grundstück "rechts von dem Weg" gehört habe, ist davon auszugehen, dass die an die Wegefläche 595 angrenzenden Flurstücke 1/2 und 1/3 durch Zäune getrennt gewesen sind. Ungeachtet dessen hat keiner der Zeugen ausgesagt, dass die Eigentümer der benachbarten Flurstücke 1/2 und 1/3 das Wegeflurstück 595 genutzt haben, um dem D-Weg nicht zugewandte Grundstücksteile zusätzlich für Zwecke des Fahrzeug- oder Fußgängerverkehrs zu erschließen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.