AG Stendal, Urteil vom 05.10.2010 - 3 C 390/10
Fundstelle
openJur 2020, 28846
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 383,46 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.01.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu 64 % und der Kläger zu 36 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf bis zu 600,- € festgesetzt.

Tatbestand

Auf die Erstellung des Tatbestandes wird nach § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO verzichtet.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache teilweise Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagten dem Grunde nach aus § 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG ein Schadenersatzanspruch aus dem Verkehrsunfall vom 27.07.2009 in S... U... Weg, zu. Das Fahrzeug des Klägers, das Motorrad mit dem amtlichen Kennzeichen... wurde dabei unstreitig beschädigt. Streitig ist in Bezug auf die Hauptforderung lediglich der Ersatz weiteren Nutzungsausfallschadens. Dieser ist hier überwiegend ersatzfähig.

Grundsätzlich gehört ein Nutzungsausfall für den Zeitraum, für den ein beschädigtes Fahrzeug nicht genutzt werden kann, zum ersatzfähigen Schaden (vgl. BGH VersR 2008, 1086). Zu ersetzen ist der Nutzungsausfallschaden für die notwendige Ausfallzeit (BGH Versicherungsrecht 2004, 1575). Erforderlich ist ein hypothetischer Nutzungswille des Geschädigten (BGH NJW 2009, 1663 f), der grundsätzlich zu vermuten ist (AG Gifhorn, DAR 2007, 91 f). Die Dauer der Ersatzteilbeschaffung ist bei einer erfolgten Reparatur des Fahrzeuges in den entschädigungspflichtigen Zeitraum einzubeziehen (OLG Köln, MDR 99, 157). Verzögert sich die Ersatzteilbeschaffung aufgrund von Lieferschwierigkeiten, ist dies Risiko des Schädigers und führt zu Verlängerung des entschädigungspflichtigen Zeitraums (AG Gifhorn DAR 2007, 91 f). Hier hat der Kläger nachgewiesen, dass er nach der Erstellung des Gutachtens am 11.08.2009 die Reparatur in Auftrag gegeben hat, welche wegen schwieriger Ersatzteilbeschaffung bis zum 10.11.2009 dauerte. Ein Beweis gilt als erbracht, wenn das Gericht von der Richtigkeit der aufgestellten Behauptung überzeugt ist. Es genügt eine persönliche Gewissheit, wobei jeder vernünftige, nicht jedoch jeder denkbare Zweifel, auszuschließen ist (§ 286 ZPO; vgl. Zöller / Greger, ZPO, 28. Auflage, § 286 Rn. 19). Erforderlich ist eine persönliche Gewissheit des Richters (vgl. BGH NJW 1993, 935 ff). Bei der Beweiswürdigung ist der gesamte Inhalt der Verhandlungen einschließlich der eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen maßgebend (§ 286 ZPO; vgl. Zöller / Greger, ZPO, 28. Auflage, § 286 Rn. 14 m.w.N.). Im Ergebnis der Beweisaufnahme steht hier für das Gericht fest, dass die verzögerte Reparatur allein auf Grund einer schwierigen Ersatzteilbeschaffung erfolgte. Der Zeuge ... hat hierzu nachvollziehbar angegeben, dass es sich bei dem nicht europäischen Klägerfahrzeug um ein älteres Fahrzeug Baujahr 1988 handelte, bei dem normale Ersatzteile nicht mehr vom Händler innerhalb von wenigen Tagen zu beschaffen sind. Nach seinen Angaben hat er unverzüglich nach Erhalt des Fahrzeugs im August 2009 mit der Reparatur begonnen und entsprechende Ersatzteile bestellt. Dies hat jedoch - insbesondere in Bezug auf den Steuerkopf - ca. 2 Monate gedauert. Allein darauf ist nach seinen Angaben die Verzögerung bei der Reparatur zurückzuführen. Die Angaben des Zeugen sind in sich schlüssig und glaubhaft. Es ist dabei nicht erforderlich, dass er im Einzelnen die Daten der Ersatzteilbeschaffung belegt. Ausreichend für die Überzeugungsbildung hier die Gesamtwürdigung der Angaben des Zeugen, der vorgelegten Rechnung und dem unstreitigen Alter des beschädigten Fahrzeugs, mit dem sich die schwierige Ersatzteilbeschaffung erklären lässt. Daraus ergibt sich in jedem Fall der Beweis für die erheblich verzögerte Reparatur, welche nicht in der Risikosphäre des Klägers lag. Ausreichend widerlegt haben die Beklagten dies nicht.

Der hypothetische Nutzungswille besteht bis zum Ende Oktober 2009. Insoweit hat die Beklagtenseite substantiiert bestritten, dass nachfolgend ein Nutzungswille zum einen daran scheitert, dass im Winter üblicherweise Motorräder nicht mehr genutzt werden. Zum anderen hat dem Kläger nach eigenen Angaben unstreitig im November ein Fahrzeug erworben, welches nutzbar war. Dies widerlegt zumindest die Vermutung. Gegenteiliges hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen. Allein die Zulassung des erworbenen Fahrzeugs am 17.11.2009 ist insoweit unerheblich, da daraus nicht hervorgeht, ab wann das Fahrzeug dem Kläger zur Verfügung stand. Dies muss nicht mit dem Datum der Zulassung identisch sein. Weiters hat der Kläger hierzu nicht vorgetragen, so dass für ihn ein Nutzungsausfall nur für die Zeit vom 27.07.2010 bis 31.10.2010 (97 Tage á 4,62 € = 448,14 €) zuzustehen ist. Abzüglich der geleisteten Zahlung von 64.68 € ergibt sich die Restforderung, die austenoriert wurde.

Die restlichen vorgerichtlichen Anwaltskosten sind nach §§ 280, 286 BGB zu ersetzen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. Der Streitwert wurde nach §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO festgesetzt. Gründe für eine Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 ZPO sind nicht ersichtlich und von den Beklagten auch nicht dargetan.