LG Dessau-Roßlau, Urteil vom 24.11.2017 - 3 O 32/17
Fundstelle
openJur 2020, 28723
  • Rkr:
Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt,

es bei Meidung eines Ordnungsgeldes in durch das Gericht festzusetzender Höhe, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten,

zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr selbst oder durch Dritte am Hotelbetrieb, in gedruckten Werbeunterlagen, im Internet oder sonst werblich für sein Hotel mit Hinweisen auf eine Sterneklassifizierung zu werben, sofern dem keine aktuelle Zertifizierung nach Maßgabe der Deutschen Hotelklassifizierung zugrunde liegt, wenn dies geschieht wie in Anlage K 1, K 3 und K 4.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 267,50 € nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.08.2017 zu zahlen.

3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 € abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 10.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, der unter anderem die Aufgabe verfolgt, einen funktionierenden Wettbewerb zu erhalten und Wettbewerbsverstöße zu verfolgen.

Der Beklagte betreibt in B. das Hotel mit dem Namen "Hotel ...". Im Rahmen des Hotellogos wirbt der Beklagte in seinem Internetauftritt mit der Darstellung von vier nebeneinander angeordneten Symbolen, die sich rechts neben dem Schriftzug "Hotel" und über dem Schriftzug ... befinden, gut sichtbar angeordnet sind (Anlage K 1). Auf Visitenkarten und Werbeflyern wirbt der Beklagte mit der Darstellung von vier nebeneinander angeordneten Sternen, die sich über dem Schriftzug "Hotel" befinden (Anlage K 3 und K 4).

Der Kläger hat den Beklagten mit Schreiben vom 08.06.2017 abgemahnt und aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Der Beklagte hat auf das Schreiben mit Schriftsatz vom 15.06.2017 reagiert, jedoch keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Der Kläger wiederholte seine Aufforderung mit Schreiben vom 20.06.2017. Darauf erfolgte keine Reaktion des Beklagten.

Der Kläger verfolgt seine Unterlassungsansprüche weiter.

Er meint, er sei zur Klage befugt. Aufgrund seiner Mitgliederstruktur habe der Kläger eine umfassende Verbandsklagebefugnis für das gesamte Bundesgebiet. Ihm gehörten über 2.000 Mitglieder an, davon ca. 1.200 Unternehmen und ca. 800 Verbände, darunter alle Industrie- und Handelskammern - mit Ausnahme der Industrie- und Handelskammer zu A.. Aus der Mitgliedschaft aller Industrie- und Handelskammern ergebe sich die Anspruchsberechtigung. Über die unmittelbare Zugehörigkeit aller Industrie- und Handelskammern seien alle tatsächlichen und potentiellen Mitbewerber des Beklagten unmittelbar dem Klägerverband zugehörig.

Der Kläger hält die Werbung des Beklagten für wettbewerbswidrig, weil sie irreführend sei. Durch die bildliche Darstellung von vier zumindest "sternenähnlichen Sonnen" im Logo des Hotelbetriebes auf dem Internetauftritt und der Darstellung von vier Sternen auf den Visitenkarten und Werbeflyern werde bei dem angesprochenen Verkehrskreis der Eindruck erweckt, es handele sich um ein klassifiziertes Hotel der Kategorie "Vier Sterne". Über eine solche Klassifizierung zur Gütesicherung verfüge der Beklagte unstreitig nicht, deshalb sei sein Werbeauftritt wettbewerbswidrig. Die Werbung sei irreführend, weil sie mit einem Hinweis auf tatsächlich nicht vorhandene Auszeichnungen und Eigenschaften erfolge. Der Name des Hotels sei mit den Symbolen und dieser Darstellung verbunden, der Verkehrskreis gewinne daraus den Eindruck, sie charakterisierten das Hotel und dessen Qualitätsstandard. Das werde so aufgefasst, als sei das Hotel ein "Vier-Sterne-Hotel" und von einer neutralen Stelle als solches klassifiziert, was jedoch tatsächlich nicht zutreffe.

Der Kläger beantragt,

1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meldung eines Ordnungsgeldes in durch das Gericht festzusetzender Höhe, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr selbst oder durch Dritte am Hotelbetrieb, in gedruckten Werbeunterlagen, im Internet oder sonst werblich für sein Hotel mit Hinweisen auf eine Sterneklassifizierung zu werben, sofern dem keine aktuelle Zertifizierung nach Maßgabe der Deutschen Hotelklassifizierung zugrunde liegt, wenn dies geschieht wie in Anlage K 1, K 3 und K 4.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 267,50 € nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.08.2017 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte rügt die Aktivlegitimation des Klägers.

Er meint, in der streitgegenständlichen Darstellung auf der Internetseite sei eine Deklaration von Sternen im Sinne der Einstufung in das System der Hotelklassifizierung nicht zu erkennen, es seien Sonnen dargestellt. Die Farbe und Form der Gestaltung sei stark abweichend von denen der Klassifizierung. Und sie dienten in der Anordnung über dem Hotelnamen dazu, einen Bezug zum gleichfarbigen Bernstein und damit zum Namen des Hotels herzustellen. Die Darstellung auf den Flyern und auf der Visitenkarte sei bereits seit 2015 entfernt worden, hier sei mit einer Wiederholungsgefahr nicht zu rechnen, es werden seit 2015 neue Visitenkarten verwendet, auf denen die Sonnen abgebildet seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig.

1. Der Kläger ist klagebefugt gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG.

Die insoweit vom Beklagten erhobene Rüge der Aktivlegitimation greift nicht durch. Denn durch die Rechtsprechung ist allgemein anerkannt, dass dem Kläger aufgrund seiner Mitgliederstruktur die umfassende Verbandsklagebefugnis gebührt (vgl. hierzu anstelle vieler: BGH, Urteil vom 29.09.1994, I ZR 138/92; Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 8 Rn. 3.43 sowie UWG-Einleitung Rn. 2.29).

Die Klagebefugnis eines Verbandes, wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend zu machen, liegt immer dann vor, wenn dem Verband eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Dabei können auch solche Unternehmer berücksichtigt werden, die Mitglied in einem Verband sind, der seinerseits Mitglied des klagenden Verbandes ist. Mitglieder des Klägers sind - mit Ausnahme der Industrie- und Handelskammer zu A. - alle Industrie- und Handelskammern des Bundesgebietes. Durch die Mitgliedschaft dieser Industrie- und Handelskammer wird zugleich die Mitgliedschaft der in den Industrie- und Handelskammern organisierten tatsächlichen und potentiellen Mitbewerber vermittelt. Diese sind mittelbar dem Kläger als verbandszugehörig anzusehen. Daher ist der Kläger stets anspruchsberechtigt, wenn ihm Industrie- und Handelskammern angehören.

Der Kläger hat dies durch Vorlage des Mitgliederverzeichnisses ausreichend belegt. Die dagegen erhobenen Einwendungen des Beklagten, die Vorlage einer solchen Mitgliederliste reiche nicht aus, geht nach Ansicht des Gerichts über die Substantiierungsanforderungen für die Darlegung der Klagebefugnis hinaus.

Einen anderen Nachweis als durch Vorlage der Mitgliederliste vermag der Kläger nicht zu führen.

Die Klagebefugnis liegt vor.

2. Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten zu, §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3, 3 Abs. 1 Nr. 5, 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 3, 3 Abs. 3 UWG i. V. m. Anhang Nr. 2.

Die Werbung des Beklagten, insbesondere auf den Visitenkarten und Flyern ist irreführend und damit wettbewerbswidrig. Denn auf diesen Visitenkarten und Flyern (Anlage K 3 und K 4) wirbt der Beklagte unter der Verwendung von 4 Sternen. Damit wird der Eindruck erweckt, dass der Beklagte in entsprechender Weise durch einen zuständigen Verband klassifiziert ist und sein Hotel der Klassifizierung eines "Vier-Sterne-Hotels" entspricht. Unstreitig ist jedoch, dass dem Beklagten für sein Hotel eine solche Klassifizierung nicht erteilt worden ist. Die Werbung mit Sternen ist ihm das angesichts fehlender Klassifizierung verboten.

Eine solche verbotene Werbung ist unlauter und damit wettbewerbswidrig.

Im Übrigen enthält die Werbung des Beklagten auf seiner Internetseite Symbole, die bei sehr genauer Betrachtung als Sonnen und nicht als Sterne identifiziert werden können.

Bei der Beurteilung, ob eine Werbung irreführend ist, kommt es auf den Gesamteindruck an, den die werbliche Gestaltung vermittelt (BGH, in GRUR 2015, 906). Sie ist irreführend, wenn das Verständnis, das sie vermittelt, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Die räumliche Verbindung der Symbole mit dem Namen des Hotels wird für den Verbraucher suggerieren, dass das Hotel in einer bestimmten Komfort- und Qualitätskategorie klassifiziert ist, was aber tatsächlich nicht der Fall ist. Damit ist die Werbung irreführend.

Aus der Aufmachung der Werbung, insbesondere des Erscheinungsbildes im Hinblick auf Form und Farbe dieser Symbole und der gewählten Anordnung der Symbole, kommt diese einer Sterneklassifizierung recht nahe. Denn sie sind direkt über dem Namen "Hotel" angeordnet und lassen keinesfalls, wie der Beklagte behauptet, eine Beschreibung des in der Nähe befindlichen Sees als naheliegend erscheinen. Die Symbole sind in waagerechter Weise zahlenmäßig und symbolhaft dargestellt. Sie befinden sich, wie bei klassifizierten Hotels üblich, direkt neben dem Hotellogo. Die Gesamtdarstellung ist geeignet, beim Verbraucher den Eindruck zu erwecken, es handele sich um klassifiziertes Hotel. Denn einem flüchtigen Betrachter wird nicht ohne weiteres schnell deutlich, dass es sich "nur" um Sonnen handelt. Er wird, ausgehend von der Anordnung und der bildhaften Darstellung diese Symbole eher als Sterne wahrnehmen und daraus auf die Hotelklassifizierung schließen. Gerade darin aber liegt der irreführende Charakter der Werbung. Der Rückschluss, dass sie einen Bezug zum Leuchten eines Bernsteins beinhalten solle, drängt sich bei der Betrachtung nicht ohne weiteres auf.

Auf die Ausführungen des Beklagten zum Markenrecht (und zu Kennzeichnung einer Klassifizierung mittels Metallschild) kommt es bezüglich der streitgegenständlichen Werbung nicht an.

3. Soweit der Beklagte erklärt hat, mit den Flyern und Visitenkarten seit 2015 nicht zu arbeiten, beseitigt das die Wiederholungsgefahr nicht. Denn nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung kann die Wiederholungsgefahr beseitigt werden. Der diesbezüglichen Rechtsprechung schließt sich das Gericht an. Deshalb ist der Beklagte insgesamt zu verurteilen, die inkriminierte Werbung zu unterlassen.

4. Der Kläger hat einen Anspruch auf Aufwendungsersatz in der geltend gemachten Höhe, § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Die Abmahnung des Klägers war berechtigt. Als Verband zur Förderung gewerblicher Interessen kann der Kläger den anteiligen Ersatz der Personal- und Sachkosten in Form einer Kostenpauschale verlangen, die in der angegebenen Höhe mit 267,50 € nach Ansicht des Gerichts üblich und angemessen ist. Ab Rechtshängigkeit sind auf diesen Betrag Zinsen zu zahlen, § 291 BGB.

5. Der Beklagte hat als unterliegende Prozesspartei die Kosten des Verfahrens zu tragen § 91 ZPO.

Bei der Festsetzung des Streitwertes ist das Interesse des Klägers an der Verfolgung des Wettbewerbsverstoßes maßgeblich. Es ist mit 10.000,00 € an der unteren Grenze der für Wettbewerbsstreitigkeiten angenommenen Streitwerte bemessen und deshalb mangels anderer Anhaltspunkte vom Gericht auf diesen Betrag festgesetzt worden.