OLG Naumburg, Urteil vom 18.10.2017 - 5 U 68/17
Fundstelle
openJur 2020, 28716
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 12. Mai 2017 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Halle unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 49.666,36 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2013 zu zahlen.

Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v. H. des beizutreibenden Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 49.666,36 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 49.666,36 € an die Insolvenzmasse.

Wegen der im ersten Rechtszug festgestellten Tatsachen und der durch die Parteien gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bd. I, Bl. 163 - 165 d. A.) in der gemäß Beschluss des Landgerichts vom 19. Juli 2017 (Bd. I, Bl. 189 f. d. A.) berichtigten Fassung Bezug genommen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger könne die Zahlung des Betrages von 49.666,36 € von der Beklagten nicht beanspruchen, weil die durch ihn angefochtenen Zahlungen jeweils keine nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbaren Rechtshandlungen der Schuldnerin dargestellt hätten. Für diese Beurteilung könne es dahinstehen, ob die Schuldnerin - wie durch den Kläger behauptet - in den Zeitpunkten der Vornahme der angefochtenen Zahlungen jeweils i. S. v. § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO zahlungsunfähig gewesen sei oder ihre Zahlungen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO eingestellt habe. Der Kläger habe jedenfalls die bestehende Kenntnis der Beklagten von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht hinreichend dargetan. Soweit das durch die Beklagte beauftragte Inkassounternehmen, die ... Wirtschaftsinformationen Vertriebsgesellschaft mbH, gegenüber der Schuldnerin mit Schreiben vom 1. Juli 2011 (Anlage K59) zum Ausdruck gebracht habe, im Falle des Ausbleibens von Zahlungen oder einer Rückäußerung werde sie ihrer Mandantschaft die Prüfung anraten, ob die Stellung eines Insolvenzantrages in Betracht komme, sei es bereits zweifelhaft, ob die vage und allgemein gehaltene Drohung geeignet gewesen sei, bei der Schuldnerin eine Drucksituation auszulösen. Zweifelhaft sei zudem, ob die Schuldnerin die in der Folgezeit geleisteten Zahlungen in einer durch das vorgenannte Schreiben hervorgerufenen Drucksituation vorgenommen habe und die Zahlungen deshalb inkongruent seien. Die Zahlung in Höhe von 31.858,00 € sei vertragsgemäß erfolgt, nachdem die Beklagte zuvor die Gewährleistungsbürgschaft übergeben habe. Im Übrigen sei hinsichtlich dieser Zahlung die Tatsache zu berücksichtigen, dass die Schuldnerin diese zwölf Tage vor Ablauf der ihr gesetzten Zahlungsfrist erbracht habe. Ein Zusammenhang zwischen der Zahlung und der Drucksituation erschließe sich deshalb nicht. Den weiteren Betrag von 10.000,00 € habe die Schuldnerin geleistet, nachdem sie ein Zurückbehaltungsrecht wegen ihr vorenthaltener Dokumente nicht mehr aufrechterhalten habe. Die weitere Zahlung über 7.808,36 € habe die Schuldnerin zeitnah nach Abschluss eines Vergleiches geleistet, der der Beilegung eines zwischen ihr und der Beklagten schwebenden Streites über die Berechtigung einer Schlussrechnung gedient habe. Eine Würdigung sämtlicher Umstände rechtfertige daher nicht den Schluss auf eine Kenntnis der Beklagten von einer in der Person der Schuldnerin bestehenden drohenden Zahlungsunfähigkeit.

Wegen weitergehender Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe (Bd. I, Bl. 165 - 167 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger, dem das erstinstanzliche Urteil am 23. Mai 2017 zugestellt worden ist, hat gegen die Entscheidung am 15. Juni 2017 Berufung eingelegt, die er am 18. Juli 2017 begründet hat.

Mit seinem Rechtsmittel wendet sich der Kläger gegen die durch das Landgericht getroffene rechtliche Beurteilung. In diesem Zusammenhang beanstandet er eine nur unzureichende Würdigung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes durch das Gericht erster Instanz.

Der Kläger meint, soweit das Landgericht die bestehende Kenntnis der Beklagten von dem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin verneint habe, habe es die Anforderungen an die ihn treffende Darlegungslast überspannt. Die im Jahre 2011 bestehende finanzielle Krisensituation der Schuldnerin und die Tatsache, dass sie die angefochtenen Zahlungen letztlich in einer Drucksituation geleistet habe, habe das Landgericht bei seiner Entscheidung nicht ausreichend gewürdigt. Die in dem Schreiben des Inkassounternehmens vom 1. Juli 2011 enthaltene Aussage, der Beklagten werde die Prüfung der Stellung eines Insolvenzantrages empfohlen, habe bei der Schuldnerin eine Drucksituation erzeugt, die in ihren Auswirkungen einer in Aussicht gestellten Maßnahme der Einzelzwangsvollstreckung entsprochen habe. Die Schuldnerin habe innerhalb der ihr gesetzten Zahlungsfrist und damit letztlich zur Vermeidung eines angedrohten Insolvenzantrages 41.858,00 € an das Inkassounternehmen geleistet, wodurch die Beklagte eine inkongruente Deckung erhalten habe. Diese inkongruente Deckung wiederum bilde ein starkes Beweisanzeichen für die in der Person der Beklagten bestehende Kenntnis von der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin. Auch die Tatsache, dass die Schuldnerin ihren Zahlungspflichten unmittelbar nach Aufnahme der Geschäftsbeziehung fortwährend nur unzureichend nachgekommen sei, habe der Beklagten Veranlassung gegeben, von deren drohender Zahlungsunfähigkeit auszugehen.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm 49.666,36 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2013 zu zahlen und ihn von einer Forderung seiner Prozessbevollmächtigten auf die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.531,90 €, ausgewiesen in der Kostenberechnung Nr. .../2016 vom 18. Dezember 2016, freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, im Umfang des durch den Kläger weiter verfolgten Anspruches auf Freistellung von der Forderung seiner Prozessbevollmächtigten auf die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten sei die Berufung bereits unzulässig, weil der insoweit gestellte Berufungsantrag von den Berufungsgründen nicht getragen werde. Zudem habe sie sich im Zeitpunkt des Zugangs des Schreibens der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 6. Oktober 2016 (Anlage K61) nicht im Zahlungsverzug befunden.

Im Übrigen verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil, wobei sie ihr erstinstanzliches Vorbringen teilweise wiederholt und vertieft.

II.

Die Berufung des Klägers ist gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen nach §§ 517, 519, 520 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Der Kläger hat sein Rechtsmittel auch im Umfang seines auf die Verurteilung der Beklagten zur Freistellung von der ihm gegenüber geltend gemachten Forderung seiner Prozessbevollmächtigten auf den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichteten Berufungsantrages ausreichend begründet. Die Abweisung dieses Antrages hat das Landgericht in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils nicht erörtert, weil es bereits den Anspruch auf die Hauptforderung als nicht gegeben erachtet hat. Der Kläger konnte sich daher im Rahmen der Begründung der Berufung auf den substantiierten Angriff gegen die Abweisung seines insolvenzrechtlichen Anfechtungsanspruches beschränken, um den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO auch hinsichtlich des Berufungsantrages, mit dem er seinen Freistellungsanspruch weiter verfolgt, gerecht zu werden. Soweit dem Kläger der geltend gemachte Freistellungsanspruch zustehen sollte, könnte die Abweisung der Klage im Umfang desselben keinen Bestand haben. Auch wenn der Kläger seine Berufung nur hinsichtlich eines einzelnen, den Streitstoff nicht erschöpfenden Gesichtspunktes formgerecht begründet hat, ist das Rechtsmittel bezüglich des gesamten, durch beide Berufungsanträge bestimmten Streitgegenstandes zulässig (BGH, Urteil vom 5. Oktober 1983, Az.: VIII ZR 224/82, NJW 1984, S. 177; BGH, Urteil vom 18. März 1992, Az.: IV ZR 101/91, NJW 1992, S. 1898 [1899]).

Die Berufung ist teilweise begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf die Zahlung des Betrages von 49.666,36 € aus §§ 133 Abs. 1, 143 Abs. 1 InsO zu.

Die durch die Schuldnerin an die Beklagte am 6. Juli und 8. September 2011 geleisteten Zahlungen stellten jeweils nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO anfechtbare Rechtshandlungen dar. Die betreffenden Zahlungen hat die Schuldnerin mit dem Vorsatz geleistet, ihre Gläubiger zu benachteiligen. Die Kenntnis der Beklagten als der Anfechtungsgegnerin von dem in der Person der Schuldnerin bestehenden Vorsatz wird nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, denn in den Zeitpunkten der Vornahme der durch den Kläger angefochtenen Zahlungen war ihr bekannt, dass die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zumindest drohte und dass die Zahlungen zu einer Benachteiligung der übrigen Gläubiger führen würden.

Ein Schuldner handelt mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkannt hat und billigt (MünchKommInsO/Kayser, 3. Aufl., § 133, Rn. 13, m. w. Nachw.; BGH, Urteil vom 5. März 2009, Az.: IX ZR 85/07, NJW 2009, S. 1601 [1602], m. w. Nachw.). Vorsatz bedeutet danach - ebenso wie in der in § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB enthaltenen Regelung - das Wissen und Wollen des missbilligten Erfolges. Erforderlich und ausreichend ist das Bewusstsein des Schuldners, durch seine Handlung Gläubiger im Allgemeinen zu benachteiligen, und sein von der Vorstellung, diese Folge herbeizuführen, getragenes Handeln. Es genügt, dass der Schuldner die Benachteiligung seiner Gläubiger im wirtschaftlichen Sinne hinnehmen will. Der rechtlichen Zusammenhänge braucht er sich nicht bewusst zu sein (MünchKommInsO/ Kayser, a.a.O., m. w. Nachw.; BGH, Urteil vom 9. Juni 1959, Az.: VIII ZR 175/58, WM 1959, S. 1007 [1009]). Mithin muss der Schuldner wissen, dass er neben dem Anfechtungsgegner nicht sämtliche Gläubiger in angemessener Zeit befriedigen kann oder sich diese Folge zumindest als möglich vorgestellt, aber in Kauf genommen haben, ohne sich durch die Vorstellung dieser Möglichkeit von seinem Handeln abhalten zu lassen (MünchKommInsO/Kayser, a.a.O., m. w. Nachw.; BGH, Urteil vom 5. März 2009, Az.: IX ZR 85/07, NJW 2009, S. 1601 [1602], m. w. Nachw.).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der der Senat folgt, hat der Schuldner Rechtshandlungen mit Benachteiligungsvorsatz vorgenommen, wenn er im Zeitpunkt ihrer Wirksamkeit (§ 140 InsO) zahlungsunfähig war (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2005, Az.: IX ZR 182/01, zitiert nach juris, Rn. 25, m. w. Nachw.). Der Schuldner ist nach § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes regelmäßig vor, wenn die Liquiditätslücke des Schuldners 10 v. H. oder mehr beträgt, soweit nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass diese Lücke innerhalb von drei Wochen (nahezu) vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein solches Zuwarten zuzumuten ist (BGH, a.a.O., m. w. Nachw.).

Auf eine Zahlungseinstellung, die in der Regel zur Annahme der Zahlungsunfähigkeit führt (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO), kann sowohl aus einem einzelnen als auch aus mehreren Beweisanzeichen geschlussfolgert werden. Sind derartige Indizien vorhanden, bedarf es einer darüber hinausgehenden Darlegung und Feststellung der konkreten Höhe der gegen den Schuldner bestehenden Verbindlichkeiten oder der Feststellung des Bestehens einer Unterdeckung von mindestens 10 v. H. nicht. Vielmehr obliegt es in derartigen Fällen dem Tatrichter, ausgehend von den festgestellten Indizien eine Gesamtabwägung vorzunehmen, ob eine Zahlungseinstellung gegeben ist (BGH, Urteil vom 18. Juli 2013, Az.: IX ZR 143/12, zitiert nach juris, Rn. 10, m. w. Nachw.).

Der Schluss auf eine Zahlungseinstellung seitens der Schuldnerin rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass diese die ihr gegenüber bestehenden Forderungen der Beklagten beginnend ab August 2010 und somit bereits wenige Wochen nach der Begründung der Geschäftsbeziehung nicht mehr vollständig ausglich. Die durch die Schuldnerin bis Ende April 2011 geleisteten Zahlungen führten nicht zu einer nennenswerten Verringerung ihrer gegenüber der Beklagten bestehenden Verbindlichkeiten. Vielmehr bestand seinerzeit ein Zahlungsrückstand von 64.622,86 €, der sich bis zum 6. Mai 2011 auf 68.307,21 € nebst Zinsen erhöhte. Zudem hatte die Schuldnerin ihre Zahlungen gegenüber dem Finanzamt für Körperschaften und gegenüber vier bedeutenden Lieferanten eingestellt (vgl. die Darstellung auf Seiten 30 bis 48 der Klageschrift [Bd. I, Bl. 31 - 49 d. A.]).

Dass die Beklagte in den Zeitpunkten, in denen die Schuldnerin die durch den Kläger angefochtenen Zahlungen leistete, von deren Vorsatz, ihre Gläubiger zu benachteiligen, positive Kenntnis besaß (§ 133 Abs. 1 Satz 1 InsO), lässt sich nicht feststellen. Eine insoweit in der Person der Beklagten bestehende Kenntnis wird jedoch gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, denn in den Zeitpunkten der Vornahme der angefochtenen Zahlungen wusste die Beklagte, dass die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zumindest drohte und dass die durch die Schuldnerin geleisteten Zahlungen die übrigen Gläubiger benachteiligen würden.

Der Beweis einer in der Person der Beklagten bestehenden Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und der von der Vornahme der Zahlungen ausgehenden Gläubigerbenachteiligung obliegt dem Kläger als dem anfechtenden Insolvenzverwalter (MünchKommInsO/Kayser, a.a.O., § 133, Rn. 24b, m. w. Nachw.; BGH, Urteil vom 17. Juli 2003, Az.: IX ZR 272/02, NJW 2003, S. 3560 [3561]). Entsprechend §§ 130 Abs. 2, 132 Abs. 3 InsO besteht eine widerlegliche Vermutung für die Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit im Rechtssinne, wenn der Gläubiger Umstände kennt, die zwingend auf eine solche hindeuten. Obgleich § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO - im Gegensatz zu §§ 130 Abs. 2, 132 Abs. 3, 131 Abs. 2 InsO - keine entsprechende Rechtsvermutung aufstellt, ist es dennoch gerechtfertigt, im Rahmen von § 286 ZPO von einer insoweit bestehenden widerleglichen Vermutung auszugehen (BGH, a.a.O., NJW 2003, S. 3560 [3562]). Von einem Gläubiger, der Umstände kennt, die zwingend auf eine mindestens drohende Zahlungsunfähigkeit schließen lassen, ist deshalb zu vermuten, dass er auch die drohende Zahlungsunfähigkeit selbst kennt (BGH, a.a.O.).

Diese Kenntnis erlangte die Beklagte insbesondere aufgrund der schleppenden Zahlungsweise der Schuldnerin. Bereits wenige Wochen nach der im Juli 2010 erfolgten Begründung der Geschäftsbeziehungen geriet die Schuldnerin in Zahlungsverzug. Am 6. Mai 2011 beliefen sich ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten auf 68.307,21 € zuzüglich aufgelaufener Zinsen. Angesichts des nahezu neun Monate umfassenden Zeitraumes, in dem die Schuldnerin fällige Forderungen fortwährend nur unvollständig beglich, lag es für die Beklagte auf der Hand, dass bei der Schuldnerin nicht nur eine Zahlungsstockung eingetreten war. Da die Schuldnerin unternehmerisch tätig war, hatte die Beklagte zudem Veranlassung davon auszugehen, dass sie gegenüber weiteren Gläubigern Verbindlichkeiten begründet hatte, denn bei unternehmerisch tätigen Personen ist die Entstehung von Verbindlichkeiten regelmäßig unvermeidlich (Ede/Hirte in: Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl., § 133, Rn. 72, mit zahlr. weit. Nachw.). Dass die Beklagte im Mai 2011 selbst von einer ernsten Liquiditätskrise und nicht von einer bloßen Zahlungsstockung der Schuldnerin ausging, wird aus dem Umstand deutlich, dass sie ein Inkassounternehmen, die ... Wirtschaftsinformationen Vertriebsgesellschaft mbH, mit der Durchsetzung ihrer gegenüber der Schuldnerin bestehenden Forderung beauftragte.

Schließlich bildet auch die Tatsache, dass die Beklagte aufgrund der seitens der Schuldnerin am 6. Juli 2011 geleisteten Beträge in Höhe von insgesamt 41.858,00 € eine inkongruente Deckung erlangte, ein Beweisanzeichen für deren Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz. Die Schuldnerin hat die Zahlungen in einem Zeitpunkt geleistet, in dem zumindest aus der Sicht der Beklagten Anlass bestand, an der Liquidität der Schuldnerin zu zweifeln (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012, Az.: IX ZR 117/11, NJW-RR 2013, S. 161, mit zahlr. weit. Nachw.). Die seinerzeit geleisteten Zahlungen waren inkongruent, denn die Schuldnerin verfolgte mit deren Vornahme das Ziel, die durch das im Auftrag der Beklagten tätige Inkassounternehmen mit Schreiben vom 1. Juli 2011 (Anlage K59) in Erwägung gezogene Stellung eines Insolvenzantrages zu vermeiden (Ede/Hirte, a.a.O., Rn. 111, m. w. Nachw.). Nichts deutet darauf hin, dass die Ankündigung der Prüfung des Insolvenzantrags nicht ernst gemeint war und von der Schuldnerin nicht ernst genommen wurde. Schon durch die Einschaltung des Inkassobüros hatte die Beklagte ihren unbedingten Willen zur Durchsetzung ihrer Ansprüche zum Ausdruck gebracht. Wenn sodann das Inkassobüro nach mehreren nicht in vollem Umfang erfolgreichen Zahlungsaufforderungen einen Insolvenzantrag in Aussicht stellte und dies sogar noch durch gesperrte Schrift und eine Unterstreichung besonders hervorhob, musste die Schuldnerin davon ausgehen, dass die Ankündigung mangels Zahlung innerhalb der ihr gesetzten Frist bis zum 6. Juli 2011 wahrgemacht werde. Dementsprechend zahlte sie die Beträge von 31.858 Euro und 10.000 Euro an diesem Tage, obwohl die Beklagte ihr vor dem Schreiben vom 1. Juli 2011 noch mitgeteilt hatte, dass sie die Zahlung der 31.858 Euro bis zum 18. Juli 2011 erwarte. Die Wirkung der Drohung mit einem Insolvenzantrag hielt auch bei der umgehenden Zahlung der Vergleichssumme am 8. September 2011 noch an. Die Indizwirkung der Inkongruenz entfällt nicht deshalb, weil die Zahlung außerhalb des Drei-Monats-Zeitraumes des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO erfolgte (Ede/Hirte, a.a.O.). Die Inkongruenz bildet zudem ein weiteres wichtiges Indiz für die Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Schuldnerin.

Dass sie trotz dieser ihr bekannten Tatsachen nicht den Schluss auf eine zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ziehen musste, hat die Beklagte, die insoweit die Darlegungslast trägt (MünchKommInsO/Kayser, 3. Aufl., § 133, Rn. 24b), nicht hinreichend dargelegt. Die Tatsache, dass die Schuldnerin am 6. September 2011 in Erfüllung eines am 5. September 2011 abgeschlossenen Vergleiches an das Inkassounternehmen eine weitere Teilzahlung in Höhe von 7.808,36 € leistete, rechtfertigte mit Rücksicht auf die Höhe ihrer gegenüber der Beklagten bestehenden Verbindlichkeiten, die sich nach dem Eingang der Zahlung noch auf 12.076,47 € beliefen, nicht den Schluss, die Schuldnerin sei lediglich zahlungsunwillig, nicht jedoch zu einer Erfüllung ihrer laufenden Zahlungspflichten auf Dauer nicht mehr in der Lage.

Die Beklagte hat auch keine Umstände dargelegt, auf Grund derer sie davon ausgehen konnte, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen in einem nach dem 6. Juli 2011 liegenden Zeitpunkt allgemein wieder aufgenommen hatte (MünchKommInsO/Kayser, a.a.O., Rn. 26a, m. w. Nachw.).

Die Schuldnerin hat die durch den Kläger angefochtenen Rechtshandlungen im Zeitraum vom 6. Juli bis zum 8. September 2011 und somit innerhalb des für eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO maßgebenden Zeitraumes von zehn Jahren vor Stellung des Insolvenzantrages vorgenommen.

Die seitens der Schuldnerin am 6. Juli und 8. September 2011 geleisteten Zahlungen haben zu einer objektiven Benachteiligung der übrigen Gläubiger der Schuldnerin geführt (§ 129 Abs. 1 InsO). Deren Vornahme hatte eine Verringerung des Aktivvermögens der Schuldnerin zur Folge, der Zugriff anderer Insolvenzgläubiger auf deren Vermögen wurde verkürzt, die Befriedigungsmöglichkeit der übrigen Gläubiger hätte sich ohne die Rechtshandlungen bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet (Nerlich in: Nerlich/Römermann, InsO, 25. Ergänzungslieferung, Stand: Juli 2013, § 129, Rn. 63, m. w. Nachw.).

Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Freistellung von der ihm gegenüber geltend gemachten Forderung seiner Prozessbevollmächtigten auf den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 249 Abs. 1 BGB zu. Da das an die Beklagte gerichtete Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 6. Oktober 2016 (Anlage K61) den Zahlungsverzug auslöste, sind die dem Kläger entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht als Verzugsschaden ersatzfähig (Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 249, Rn. 56 f.).

Der Zinsanspruch des Klägers ist aus § 143 Abs. 1 Sätze 2 und 3 InsO in Verb. mit §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB und Art. 103j Abs. 2 EGInsO gerechtfertigt. Zinsen schuldet die Beklagte seit dem 1. August 2013 als dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (BGH, Urteil vom 1. Februar 2007, Az.: IX ZR 96/06, NJW-RR 2007, S. 557). Die Rechtshängigkeit ist vor dem 5. April 2017 eingetreten.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Gegen dieses Urteil hat der Senat die Revision nicht gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugelassen, weil der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und eine Entscheidung durch das Revisionsgericht weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

V.

Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes des Berufungsverfahrens folgt aus den §§ 39 Abs. 1, 43 Abs. 1, 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG in Verb. mit § 3 ZPO.