AG Stendal, Beschluss vom 31.08.2012 - 7 IN 164/12
Fundstelle
openJur 2020, 28672
  • Rkr:
Tenor

In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der ... wird heute, am 31.08.2012 um 10:00 Uhr das Insolvenzverfahren gemäß §§ 2, 3, 11, 16 ff. Insolvenzordnung (InsO) eröffnet.

Gründe

Die Schuldnerin ist zahlungsunfähig und überschuldet.

Auf das Sachverständigengutachten vom 30.08.2012 wird Bezug genommen.

Es wird Eigenverwaltung der Schuldnerin angeordnet.

Die Schuldnerin ist berechtigt, unter Aufsicht des Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen (§ 270 Abs. 1 InsO).

Verfügungen über die Geschäftskonten sowie Geld- und Kassengeschäfte dürfen nur von dem Sachwalter vorgenommen werden.

Folgende Rechtsgeschäfte bedürfen zur Wirksamkeit der Zustimmung des Sachwalters:

- Rechtsgeschäfte mit vormaligen oder gegenwärtigen Gesellschaftern oder Geschäftsführern der Schuldnerin oder die Erfüllung von rechtsgeschäftlichen oder sonstigen Verpflichtungen zwischen der Schuldnerin und ihren vormaligen oder gegenwärtigen Gesellschaftern oder Geschäftsführern;

- Abschluss von Beraterverträgen sowie Verträgen mit externen Dienstleistern und Hilfskräften zur Erfüllung steuerlicher, betriebswirtschaftlicher und insolvenzspezifischer Aufgaben;

- Begründung von Masseverbindlichkeiten mit einem Umfang von über 50.000,00 € im Einzelfall;

- In - Sich - Geschäfte nach § 181 BGB;

- Geschäftsanteilskauf- und / oder -abtretungsverträge;

- Grundstücksgeschäfte einschließlich der Belastung von Grundstücken;

- Geschäfte zur Veräußerung des Betriebes oder von Betriebsteilen;

- Abschluss von Erlass- und Stundungsvereinbarungen;

- Verträge über das Recht an immateriellen Vermögenswerten der Schuldnerin;

- Geschäfte mit nahestehenden Personen im Sinne des § 138 InsO;

- Aufnahme von Darlehen;

- Prozesshandlungen im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 3 InsO.

Die Anordnung der Eigenverwaltung beruht auf § 270 InsO. Die Voraussetzungen von § 270 Abs. 2 InsO liegen vor. Die Schuldnerin hat dies beantragt. Bisher sind keine Umstände bekannt, aus denen sich ergibt, dass durch die Anordnung der Eigenverwaltung Nachteile für die Gläubiger drohen. Der vorläufige Gläubigerausschuss hat der Eigenverwaltung zugestimmt (§ 270 Abs. 3 Satz 2 InsO). Anträge nach § 272 Abs. 1 Nr. 2, 3 InsO, die schon jetzt zur Ablehnung der Eigenverwaltung führen könnten, liegen nicht vor. Die Investitionsbank Sachsen -Anhalt hat den dahingehenden Antrag zurückgenommen, so dass es auf deren tatsächliche Gläubigerstellung nicht ankommt. Dass die Gläubigerversammlung aller Voraussicht nach die Eigenverwaltung nach § 272 Abs. 1 Nr. 1 InsO ablehnen wird, ist derzeit nicht ersichtlich.

Zum Sachwalter wird bestellt:

...

Bei der Bestimmung des Sachwalters folgt das Gericht nicht dem Vorschlag der Beschlussfassung des vorläufigen Gläubigerausschusses nach § 56 a Abs. 2 InsO. Das Gericht hält den vorgeschlagenen Sachwalter für nicht geeignet. Nach §§ 274 Abs. 1, 56 Abs. 1 Satz 1 InsO hat der Sachwalter von der Schuldnerin und den Gläubigern unabhängig zu sein. Insbesondere diese Unabhängigkeit ist bei der Eignungsprüfung durch das Gericht besonders akribisch zu prüfen (vgl. Hamburger Kommentar zur InsO, 4. Auflage, § 56 a Rn. 25 m.w.N.) Daran hat das Gericht hier erhebliche und begründete Zweifel. Der Vorgeschlagene hat nach den im Verfahren nach § 270 b InsO gewonnenen Erkenntnissen in der Vorzeit mit dem Geschäftsführer ... der Schuldnerin in mehreren Verfahren gemeinsam Unternehmenssanierungen durchgeführt. Dies betrifft beispielsweise die Sanierung der ..., in welcher beide als Geschäftsführer tätig waren. Dies betrifft beispielsweise auch das Insolvenzplanverfahren über die ... im Jahre 2005. Weiterhin war der Geschäftsführer ... lange Zeit Geschäftsführer der ..., mit welcher wiederum auch der Vorgeschlagene gemeinsam Sanierungen in der Vorzeit durchgeführt hat. Gleiches gilt für die ... . Diese umfangreiche frühere Geschäftsverbindung hat der Vorgeschlagene auf Befragung teilweise zwar eingeräumt, nicht jedoch selbst angezeigt. Daneben sollen diese Geschäftsverbindungen nach seinen Angaben zwar seit Längerem beendet sein. Daran hat das Gericht allerdings schon deshalb erhebliche Zweifel, weil der Geschäftsführer ... erst unmittelbar vor der hier streitgegenständlichen Insolvenzantragstellung - eingesetzt von der ... - zum Sanierungsberater und Geschäftsführer der Schuldnerin bestellt wurde. Dessen Bestellung steht demnach im Zusammenhang mit der beabsichtigten Sanierung. Nachfolgend hat nunmehr genau der neue Geschäftsführer ... den Vorschlag für die Person des Sachwalters unterbreitet. Dies ergibt sich sämtlichst aus den mündlichen Angaben des weiteren Geschäftsführers ... bei der Antragstellung am 14.06.2012, welche protokolliert wurden. Diese Tatsache begründet für das Gericht den maßgeblichen Anschein einer weiter bestehenden Verbindung zwischen diesen Personen und steht der Unabhängigkeit des Vorgeschlagenen entscheidungserheblich entgegen.

Das Gericht deshalb ... zum Sachwalter bestellt. Dieser wurde vom Gericht in einer Vielzahl von Verfahren - auch Großverfahren - eingesetzt. An dessen Eignung nach § 56 Abs. 1 InsO bestehen für das Gericht keine Zweifel.

Der Sachwalter wird mit der Durchführung der Zustellung gemäß § 8 Abs. 3 InsO beauftragt.

Die Gläubiger werden aufgefordert:

a) Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) bei dem Sachwalter schriftlich und unter Beachtung des § 174 InsO anzumelden bis: 29.10.2012,

b) dem Sachwalter unverzüglich mitzuteilen, welche Sicherungsrechte sie an beweglichen Sachen oder an Rechten der Schuldnerin in Anspruch nehmen. Der Gegenstand, an dem das Sicherungsrecht beansprucht wird, die Art und der Entstehungsgrund des Sicherungsrechts sowie die gesicherte Forderung sind zu bezeichnen. Wer die Mitteilung schuldhaft unterlässt oder verzögert, haftet für den daraus entstehenden Schaden (§ 28 Abs. 2 InsO).

Personen, die Verpflichtungen gegenüber der Schuldnerin haben, werden aufgefordert, nicht mehr an die Schuldnerin, sondern an den den Sachwalter zu leisten. (§§ 28 Abs. 3, 275 Abs. 2 InsO).

Vor dem Insolvenzgericht wird am Montag, 26.11.2012, 11:00 Uhr. Saal 102, Justizzentrum "Albrecht der Bär", Scharnhorststraße 40, 39576 Stendal ein Berichts- und Prüfungstermin zur Durchführung einer Gläubigerversammlung mit folgender Tagesordnung abgehalten:

1. Prüfung der angemeldeten Forderungen.

Hinweis: Gläubiger, deren Forderungen festgestellt worden sind, werden nicht benachrichtigt.

2. gegebenenfalls: Beschlussfassung über die eventuelle Wahl eines anderen Sachwalters sowie über die in den §§ 35 Abs. 2, 66, 68, 149, 157, 159-163 Abs. 2, 207. 271 InsO bezeichneten Angelegenheiten; Rechnungs- bzw. Zwischenrechnungslegung des Sachwalters gegenüber der Gläubigerversammlung (§ 66 InsO), Beibehaltung und Besetzung des Gläubigerausschusses (§ 68 InsO); Hinterlegung oder Anlegung von Wertgegenständen (§ 149 InsO), Fortsetzung oder Stilllegung des Schuldnerunternehmens oder Insolvenzplanerstellung (§ 157 InsO), Verwertung der Insolvenzmasse (§ 159 InsO), Zustimmung zu besonders bedeutsamen Rechtshandlungen des Sachwalters, insbesondere zu der Verwertung von Grundbesitz, einer Betriebsveräußerung an besonders Interessierte oder einer Betriebsveräußerung unter Wert (§§ 160 bis 163 InsO), Einstellung mangels Masse (§ 207 InsO), Aufhebung der Eigenverwaltung (§§ 221, 272, 277 InsO).

Ein Gläubigerausschuss wird gemäß § 67 Abs. I InsO eingesetzt. Dieser besteht aus folgenden Mitgliedern: ...

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