AG Halle (Saale), Urteil vom 22.11.2012 - 96 C 2028/12
Fundstelle
openJur 2020, 28654
  • Rkr:
Tenor

1.) Die Klage wird abgewiesen.

2.) Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert wird auf 3.729,96 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien schlossen am 04.09.2009 einen Mietvertrag über eine in der F.straße ... in Halle (Saale) gelegene Wohnung. Die Nettomiete wurde mit einem Betrag von 340,00 € monatlich vereinbart. In § 1 des Mietvertrages heißt es u.a.: "Die Wohnfläche beträgt 81,36 m², die hiermit als vereinbart gilt. ...".

In der Folgezeit wurde durch die vermietende Klägerin festgestellt, dass die Wohnfläche 143,48 m² beträgt.

Mit Schreiben vom 21.03.2012 bat die Klägerin die Beklagte um Zustimmung zur Mieterhöhung ab 01.06.2012 von 4,18 €/m² auf 5,01 €/m² unter Bezugnahme auf den Mietspiegel der Stadt Halle (Saale) 2010. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Wohnfläche errechnete die Klägerin eine monatliche Miete von 718,83 €. Wegen der weiteren Einzelheiten des Erhöhungsverlangens wird auf die Anlage 5 Bezug genommen.

Die Beklagte ließ mit Schreiben vom 31.05.2012 die Teilzustimmung zur Mieterhöhung in Höhe von 68,00 € monatlich erklären.

Die Klägerin meint, einen Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung von 408,00 € netto monatlich auf 718,83 € netto monatlich ab dem 01.06.2012 zu haben. Sie ist der Auffassung, bei der Bestimmung der Kappungsgrenze von 20 % sei zunächst aufgrund der vertraglich vereinbarten Mietfläche von einer vereinbarten Miete von 4,18 €/m² auszugehen. Dieser Betrag bilde sodann unter Berücksichtigung der tatsächlichen Wohnfläche die Grundlage, die maßgebliche Ausgangsmiete für die Errechnung der Kappungsgrenze zu bestimmen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, einer Erhöhung der Kaltmiete für die Wohnung im Dachgeschoss in der F.straße ... in ... Halle (Saale) um monatlich 310,83 € von 408,00 € auf 718,83 € ab dem 01.06.2012 zuzustimmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen des weiteren Sachvortrages der Parteien und der vertretenen Auffassungen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zustimmung zur begehrten Mieterhöhung gemäß § 558 BGB.

Für die Entscheidung ist es unerheblich, wie das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23.05.2007, Az. VIII ZR 138/06, in Bezug auf die Flächenabweichung verstanden wird.

Entscheidend ist, dass gemäß § 558 Abs. 3 BGB die Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete die Kappungsgrenze von 20 % nicht überschreiten darf. Dabei wird die Kappungsgrenze entgegen der Ansicht der Klägerin nicht fiktiv berechnet. Vielmehr ist bei der Berechnung der Kappungsgrenze die drei Jahre vor Wirksamwerden des Erhöhungsverlangens geltende Ausgangsmiete zugrunde zulegen. Eine andere Beurteilung würde dem Gesetzeszweck widersprechen. Mit der Kappungsgrenze soll verhindert werden, dass die Mietsteigerungen für den Mieter innerhalb einer zu kurzen Zeit zu groß werden.

Die Bewertung des Gerichts widerspricht der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht. Der Bundesgerichtshof hatte nicht zu entscheiden, wie im Fall der Überschreitung der tatsächlichen Wohnfläche die gesetzlich normierte Kappungsgrenze zu berücksichtigen ist. Mit der Formulierung im vorgenannten Urteil, dass der Vermieter im Fall der Flächenüberschreitung berechtigt ist, einem die gesetzlichen Fristen nach § 558 Abs. 1 BGB wahrenden Mieterhöhungsverlangen die tatsächliche Wohnfläche zugrunde zu legen, ist eine Reduzierung der Voraussetzungen für eine zulässige und begründete Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete nicht erfolgt. Die Frage der Berücksichtigung der Kappungsgrenze stellte sich für den Bundesgerichtshof nach dem Sachverhalt nicht, weil bei diesem die Kappungsgrenze nicht erreicht wurde und der Bundesgerichtshof wegen seiner klageabweisenden Entscheidung das Vorliegen weiterer Voraussetzungen für die Mieterhöhung nicht geprüft hat.

Unter Berücksichtigung der vor dem Erhöhungsbegehren geltenden Miete von 340,00 € ergibt sich nach § 558 Abs. 3 BGB eine nicht zu übersteigende Erhöhung auf eine monatliche Nettomiete von 408,00 €. Diesem Erhöhungsbegehren um 68,00 € monatlich hat die Beklagte bereits vorprozessual ausdrücklich zugestimmt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckung beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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