AG Halle (Saale), Urteil vom 01.12.2011 - 93 C 1919/10
Fundstelle
openJur 2020, 28414
  • Rkr:
Tenor

1.) Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 316,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. April 2010 zu bezahlen.

2.) Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.)

Gründe

Die Klage ist begründet. Anspruchsgrundlage ist § 535 Abs. 2 BGB.

Die Beklagten haben unstreitig die vertraglich vereinbarte Miete unter Berufung auf eine Mietminderung teilweise nicht bezahlt. Hierbei kann es dahinstehen, ob die Beklagten die Miete im August 2009 nicht bezahlt haben (wie die Klägerin meint) oder ob die Beklagten die Miete für Mai 2009 unter Verrechnung mit der Mietminderung in den Monaten Januar bis Mai 2009 teilweise nicht bezahlt haben (wie die Beklagten nunmehr meinen). Dass die Beklagten bei der Klägerin einen durch die Berufung auf eine Mietminderung entstandenen Mietrückstand haben, ist jedenfalls unstreitig. Wie die Zahlungen auf welchen Monat zu verrechnen sind, ist unerheblich. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist Streitgegenstand nicht die offene Miete für August 2009, sondern die unstreitige von den Beklagten vorgenommene Mietminderung und ein hierdurch entstandener Mietrückstand in von der Klägerin behaupteter Höhe von 316,29 €.

Der Streitgegenstand wird durch den Klageantrag bestimmt, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und dem Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGH, Urteil vom 3. April 2003, Az. I ZR 1/01, zitiert nach juris). Zwar ist es richtig, dass in der Anspruchsbegründung vom 14. Juni 2010 die Klägerin ausführt, dass sich die Klageforderung aus dem Mietrückstand für August 2009 und eine Lastschriftgebühr im Mai 2009 abzüglich einer Überzahlung für Mai 2009 und eine Gutschrift für Betriebskosten 2008 ergebe. Andererseits macht aber die Klägerin schon in der Anspruchsbegründung Ausführungen zu der Schimmelbildung, die die Beklagten ab 4. Januar 2009 angezeigt haben. Der Anspruchsbegründung war auch ein Schreiben des Rechtsanwalts der Beklagten vom 7. April 2009 beigefügt, in welchem dieser erklärte, dass die Beklagten wegen der Schimmelbildung die Miete ab Januar 2009 um 15 % mindern werden und bereits gezahlte Miete zurückfordern, indem sie diese Rückforderungen mit laufenden Mieten verrechnen. Bereits hiermit war klar, dass zu dem von der Klägerin vorgetragenen Lebenssachverhalt die von den Beklagten vorgenommene Mietminderung gehört. In der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2010 haben die Beklagten im übrigen, insoweit den Vortrag der Klägerin bestätigend, wenn auch im Widerspruch zu den jetzt vorgelegten Kontoauszügen, ausdrücklich erklärt, dass sie die Mietminderung von der "Augustmiete" abgezogen hätten.

Die Beklagten haben sich in der Klageerwiderung vom 27. August 2010 auch nicht etwa damit verteidigt, dass die allein streitgegenständliche Miete für August 2009 bezahlt sei. Vielmehr haben die Beklagten ihren Antrag auf Klageabweisung damit begründet, dass sie wegen Schimmelbildung zu einer Mietminderung von 15 % berechtigt gewesen seien. Diese Ausführungen sind zusätzlich heranzuziehen bei der Beantwortung der Frage, welchen Lebenssachverhalt die Klägerin zur Entscheidung durch das Gericht gestellt hat. Es war beiden Parteien klar, dass der vorliegende Rechtsstreit allein um die Frage geführt wird, ob die Beklagten zur Mietminderung wegen der Schimmelbildung berechtigt waren. Deshalb ist ja in der mündlichen Verhandlung am 16. Dezember 2010 auch allein die Problematik der Schimmelbildung erörtert worden. Soweit ersichtlich, haben die Beklagten sonst auch keine weiteren Rückstände bei der Klägerin, sodass für die Beklagten keinerlei Zweifel daran bestehen konnte, um welche Forderungen hier gestritten wird. Vorliegend geht es, wie mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung am 10. November 2011 auch ausführlich erörtert, nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien in Anspruchsbegründung vom 14. Juni 2010, Klageerwiderung vom 27. August 2010 und Replik der Klägerin vom 21. Oktober 2010 nicht darum, welche Zahlung der Beklagten auf welche Monate zu verrechnen ist, sondern allein darum, ob die Beklagten wegen Schimmelbildung zur Mietminderung berechtigt waren.

Erst nachdem das für sie ungünstige Sachverständigengutachten über die Ursache der Schimmelbildung vorlag und nachdem zunächst die Beklagten ohne Begründung beantragt haben, die Sachverständige zum Termin zu laden, ohne aber Einwände gegen das Gutachten oder Ergänzungsfragen zu formulieren, haben die Beklagten erstmals mit Schriftsatz vom 11. Juli 2011 vorgetragen, dass die angeblich allein streitgegenständliche Miete für August 2009 bezahlt sei und die Klage allein schon deshalb abzuweisen sei. Die Beklagten können aber nicht nachträglich einseitig den zur Entscheidung stehenden Lebenssachverhalt beschränken. Für die Beklagten war klar, dass Streitgegenstand die durch die Berufung der Beklagten auf eine Mietminderung entstandenen Mietrückstände ist. Nur so machte ja auch der Antrag auf Ladung der Sachverständigen zum Termin Sinn.

Die Beklagten waren nicht berechtigt, gemäß § 536 Abs. 1 BGB die Miete wegen Schimmelbildung wie geschehen zu mindern. Auf Grund des nachvollziehbaren und überzeugenden Gutachtens der Sachverständigen Dipl.-Phys. U... J..., gegen welches die Beklagten keine Einwendungen erhoben haben, steht fest, dass die Beklagten die Schimmelbildung allein durch ungeeignetes Heiz- und Lüftungsverhalten (Herstellen eine Raumluftfeuchte von 58 % im Schlafzimmer, obwohl die Raumluftfeuchte 50 % nicht übersteigen darf) verursacht haben und dass Baumängel in Form von Wärmebrücken, an denen der zur Vermeidung von Schimmelbefall erforderliche Mindestwärmeschutz unterschritten wird, ebenso wenig vorhanden sind wie von außen eindringende Feuchtigkeit. Soweit die Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, sie hätten im Schlafzimmer nicht geheizt, weil der Heizkörper "geklopft und gefiept" habe, ist dies unerheblich. Die Beklagten hätten diesbezüglich von der Klägerin Beseitigung des Mangels verlangen können, durften aber nicht deshalb eine zu hohe Raumluftfeuchte herstellen. Die Ausführung, die Wohnung sei "überhaupt nicht richtig warm" geworden, da sie nur mit "Ostheizkörpern" versehen sei, ist unsubstantiiert, zumal auch nicht ersichtlich ist, dass die Beklagten einen derartigen Mangel jemals gerügt haben.

Der mit Schriftsatz vom 20. Mai 2011 gestellte Antrag der Beklagten auf mündliche Erläuterung des Gutachtens durch die Sachverständige ist zurückzuweisen, da dieser rechtsmissbräuchlich gestellt ist. Der Antrag einer Partei auf mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen darf als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen werden, wenn das schriftliche Gutachten vollständig und überzeugungsfähig ist und der Antrag gleichwohl nicht begründet wird (Zöller-Greger, ZPO, 27. Auflage, § 411 Rn. 5a). So liegt der Fall hier. Das Gericht hält das Gutachten für vollständig und überzeugend. Die Beklagten haben auch nicht ausgeführt, wozu die Sachverständige mündlich befragt werden soll.

Nicht zutreffend sind auch die hilfsweise vorgebrachten Erwägungen der Beklagten zur Höhe der Klageforderung: Die Beklagten haben die Miete nicht nur für Januar bis Mai 2009 um insgesamt 300,66 € gemindert (was sie im Schriftsatz vom 11. Juli 2011 einräumen). Vielmehr haben sie die Miete auch für Juni 2009 um 60,13 € gemindert, was sich - worauf die Klägerin schon zu Recht hingewiesen hat - aus dem von den Beklagten selbst vorgelegten Kontoauszug Bl. 122 d. A. (Zahlung vom 27. Mai 2009 in Höhe von 340,75 € an die Klägerin, Verwendungszweck "Miete Juni 2009, Mietminderung") ergibt. Die vertraglich geschuldete Miete von 400,88 € abzüglich des gezahlten Betrages von 340,75 € ergibt genau die Mietminderung von 60,13 €. Insgesamt ergibt sich ein Mietrückstand von 360,79 € (300,66 € im Mai 2009 und 60,13 € im Juni 2009), was abzüglich des Betriebskostenguthabens der Beklagten für 2008 einen Betrag von 313,29 € ergibt. Zuzüglich den von den Beklagten nicht angegriffenen Rücklastschriftgebühren im Mai 2009 in Höhe von 3,00 € ergibt dies exakt die Klageforderung von 316,29 €.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO. Es ist kein Grund zu erkennen, gemäß §§ 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO die Berufung zuzulassen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 316,29 € festgesetzt.