LG Halle, Urteil vom 09.01.2012 - 3 O 1482/11
Fundstelle
openJur 2020, 28362
  • Rkr:

Hat sich der Mieter von Flächen eines Einkaufszentrums durch eine unwirksame Klausel in Allgemeine Geschäftsbedingungen verpflichtet, einer Werbegemeinschaft beizutreten, so ist auch die im zeitlichen Zusammenhang mit dem Mietvertragsschluss abgegebene Beitrittserklärung selbst unwirksam.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 3.528,27 Euro nebst Zinsen

- in Höhe von 9 % aus 2.391,23 EUR seit dem 09.11.2010 und aus 1.364,45 Euro seit dem 03.01.2011

sowie

- in Höhe von 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 17,85 EUR seit dem 03.07.2010, dem 03.08.2010, dem 03.09.2010, dem 03.10.2010, dem 03.11.2010, dem 03.12.2010, dem 03.01.2011 und dem 03.02.2011

zu zahlen.

3. Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger verlangt die Rückzahlung von Beiträgen, die er an die Beklagte, eine Werbegemeinschaft in der Form einer GbR, gezahlt hat; die Beklagte verlangt ihrerseits widerklagend rückständige Beiträge für das Jahr 2010.

Der Kläger betreibt im Einkaufszentrum N in H eine chemische Reinigung. Noch vor Errichtung des Einkaufszentrums, nämlich am 14.03.2000, unterzeichnete der Kläger einen Mietvertrag, mit dem er von der Stadtteil-Zentrum H GmbH & Co. KG in H (im Folgenden: Vermieterin) Mieträumlichkeiten anmietete. Gemäß § 9.1 des Mietvertrages wurden die Allgemeinen Mietbedingungen als Teil B Bestandteil des Vertrages. In Ziffer 7.4 dieser Allgemeinen Mietbedingungen heißt es:

Für das EKZ besteht eine durch besonderen Gesellschaftsvertrag begründete Werbegemeinschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. ...

Der Mieter ist zum Beitritt in diese Werbegemeinschaft ab Beginn des Mietverhältnisses und auf dessen Dauer verpflichtet. Er hat die von der Gemeinschaft festgesetzten Beiträge incl. eines Sonderbeitrags für die Eröffnungswerbung zu leisten.

Bei Nichterfüllung der Verpflichtung aus dem Gesellschaftsvertrag ist der Vermieter berechtigt, das Mietverhältnis nach vorheriger Abmahnung fristlos zu kündigen.

Als Anlage III zum Mietvertrag war der Gesellschaftsvertrag der Beklagten beigefügt. Wegen des Wortlautes wird auf Anlage B2 verwiesen.

Wegen des vollständigen Wortlautes des Mietvertrages wird auf Anlage B6 Bezug genommen (Anlagenband).

Am selben Tage, am 14.03.2000, unterzeichnete der Kläger auch ein Schriftstück, mit der er seinen Beitrag zu der Beklagten erklärte und sich zur Zahlung näher aufgeschlüsselter Beiträge verpflichtete. Insoweit wird auf Anlage B1 Bezug genommen. Hinsichtlich der Entwicklung der einzelnen Zahlungsverpflichtungen wird auf den Beklagtenvortrag Blatt 12 ff samt Anlagen verwiesen.

In der Folgezeit legte die Beklagte Beitragsrechnungen über einen Gesamtbetrag in Höhe der Klagesumme, die der Kläger bezahlte. Wegen des Inhaltes der Rechnungen wird auf Blatt 12 ff, wegen der Überweisungsbelege auf Blatt 28 ff Bezug genommen. Der Kläger nahm in der Folgezeit regelmäßig an Sitzungen der Beklagten teilgenommen und seine Mitgliederrechte ausgeübt.

Mit Schreiben vom 29.05.2011 verlangte der Kläger von der Beklagten die Rückzahlung der bislang geleisteten Beiträge. Wegen des Wortlautes dieses Schreibens wird auf Anlage 4 zur Klageschrift Bezug genommen.

Der Kläger meint, ihm stehe hinsichtlich der an die Beklagte geleisteten Beiträge ein Rückforderungsanspruch zu, weil die Mietvertragsklausel, mit der er sich zum Beitritt zur Beklagten verpflichtete, wegen eines Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sei; diese ergebe sich aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs 12.07.2006 (XII ZR 39/04). Diese Unwirksamkeit der Verpflichtung zum Beitritt führe auch zur Unwirksamkeit der Beitrittserklärung, weil sonst der in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs dargestellte Schutzzweck nicht erreicht werden könne.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht nach der Lehre von der faktischen Gesellschaft, da die nach dieser Lehre tragenden Gründe des Gläubigerschutzes im vorliegenden Falle gerade nicht überwiegen, überwiegend sei vielmehr das Interesse des Klägers daran, der vom Bundesgerichtshof für entscheidend gehaltenen unbegrenzten Haftung als BGB-Gesellschafter zu entgehen. Ohnehin komme der Beitritt zur Beklagten im Verhältnis zum Mietvertrag kein eigenständiger Erklärungswert zu, wegen des Gleichlaufs von Mietvertragsabschluss und Beitrittserklärung sei der Beitrittsakt nur noch "deklaratorisch" (Bl. 19), ein eigenständiger Entschluss liege dem nicht mehr zugrunde.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass er jahrlang an den Aktivitäten der Beklagten mitgewirkt und seine Rechte als Gesellschafter wahrgenommen habe, denn dies sei in Unkenntnis des Umstandes erfolgt, dass er gar nicht verpflichtet gewesen sei, der Beklagten beizutreten.

Aber selbst wenn man den Beitritt für wirksam halte, stehe ihm gegen die Beklagte ein Schadenersatzanspruch zu, der darauf gerichtet sei, ihn so zu stellen, als sei er nicht beigetreten. Ein haftungsbegründender Pflichtverstoß sei die Verwendung der unwirksamen Klausel gewesen - das diesbezügliche Verschulden des Vermieters habe sich die Beklagte zurechnen zu lassen, da sie sich seiner bedient habe. Weitere Nebenpflichten habe die Beklagte dadurch verletzt, dass sie nicht auf die im Jahre 2006 ergangene BGH-Entscheidung hingewiesen sondern weiter Rechnungen gestellt habe. Zum Hinweis sei sie wegen des erheblichen Gewichtes dieses Umstandes für ihre Mitglieder sowie wegen des vorhandenen Wissensgefälles verpflichtet gewesen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zur Zahlung von EUR 6.741,40 zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04. Juni 2011 an den Kläger zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend beantragt sie,

den Kläger und Widerbeklagten zu verurteilen, an die Beklagte EUR 3.898,48 nebst Zinsen

¾

in Höhe von 9 % aus EUR 2.391,23 seit dem 09.11.2010 und aus EUR 1.364,45 seit dem 03.01.2011

¾

in Höhe von 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 17,85 seit dem 03.07.2010, dem 03.08.2010, dem 03.09.2010, dem 03.10.2010, dem 03.11.2010, dem 03.12.2010, dem 03.01.2011 und dem 03.02.2011 zu zahlen.

Insoweit beantragt der Kläger,

die Widerklage abzuweisen.

Sie meint, es gebe keinen Anlass für die Annahme, die Beitrittserklärung sei unwirksam. Die Unwirksamkeit der Verpflichtung zum Beitritt habe keine Auswirkungen auf die Beitrittserklärung selbst.

Mit der Widerklage macht sie unstreitig ausstehende Beitragsrückstände geltend, außerdem unstreitig gebliebene Zinsen auf verspätete Mietzinsforderungen (vgl. Bl. 15 f)

Wegen des vollständigen Klägervortrags wird auf Blatt 1 ff, 18 ff, wegen des Beklagtenvortrags auf Blatt 10 ff Bezug genommen.

Gründe

A.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Der geltend gemachte Anspruch steht dem Kläger nicht aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 BGB zu, denn die Beitragsleistungen an die Beklagte erfolgten nicht ohne Rechtsgrund. Der Rechtsgrund, nämlich die Mitgliedschaft des Klägers in der Beklagten, ist für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht entfallen.

1.

Der Beitritt des Klägers zur Beklagten ist nicht schon wegen einer Anfechtung der Beitrittserklärung unwirksam.

a)

Dabei kann dahinstehen, ob das Schreiben vom 29.05.2011 (Bl. 37) als Anfechtungserklärung ausgelegt werden kann.

b)

Jedenfalls fehlt es nämlich an einem Anfechtungsgrund.

aa)

Eine arglistige Täuschung bei Abschluss des Vertrages über die Unwirksamkeit von Mietvertragsklauseln, die zum Beitritt in eine als GbR geführte Werbegemeinschaft geführt werden, kommt nicht in Betracht, denn zum damaligen Zeitpunkt gab es noch keine diesbezügliche Rechtsprechung, ein diesbezüglicher Wissensvorsprung der Beklagten bzw. der Vermieterin ist nicht erkennbar.

bb)

Ein Irrtum des Klägers über die Rechtswirksamkeit der Verpflichtung zum Beitritt stellt allenfalls einen Motivirrtum dar, der nicht zur Anfechtung berechtigt.

2.

Die Unwirksamkeit der Beitrittserklärung ergibt sich jedoch aus § 307 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 306a BGB.

a)

Allerdings ergibt sich die Unwirksamkeit der Beitrittserklärung auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.07.2006 (XII ZR 39/04) nicht unmittelbar aus § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Nach der genannten Entscheidung sind nur formularmäßige Verpflichtungen in einem Mietvertrag unwirksam, mit denen der Mieters in einem Einkaufszentrum verpflichtet wird, einer Werbegemeinschaft in Form einer GbR beizutreten. Über die Wirksamkeit einer aufgrund der unwirksamen Verpflichtungserklärung abgegebenen Beitrittserklärung sagt die Entscheidung des Bundesgerichtshofs nichts, diese ergibt sich auch nicht unmittelbar aus § 307 BGB, denn Rechtsfolge dieser Vorschrift ist zunächst nur die Unwirksamkeit der jeweiligen benachteiligenden Klausel, nicht auch die Unwirksamkeit etwaiger Folgeerklärungen.

b)

Die getrennt vom Mietvertrag abgegebene Beitrittserklärung ist aber gleichwohl unter dem Gesichtspunkt des Umgehungsgeschäftes unwirksam.

aa)

Ein Verstoß gegen das Umgehungsverbot des § 306 a BGB liegt vor, wenn eine als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksame Regelung bei gleicher Interessenlage durch eine andere rechtliche Gestaltung erreicht werden soll, die nur den Sinn haben kann, dem gesetzlichen Verbot zu entgehen (vgl. BGH, Urteil vom 08.03.2005, XI ZR 154/04, BGHZ 162, 294).

Eine solche als Umgehung anzusehende "andere rechtliche Gestaltung" kann auch darin liegen, dass eine Erklärung, die im Zusammenhang mit einem Vertrage unwirksam wäre, herausgelöst und in einen getrennten Vertrag übertragen wird. Eine solche Aufspaltung von zwei zusammengehörigen Vertragsgegenständen in zwei unabhängige Verträge kann - jedenfalls unter bestimmten Umständen als Umgehungsgeschäft angesehen werden (vgl. LG Würzburg, Beschluss vom 11.11.2008, 42 S 1527/08, noch offen gelassen von OLG Frankfurt, Urteil vom 31.03.2005, 1 U 230/04).

bb)

Im vorliegenden Falle liegen die Voraussetzungen vor, unter denen der Sache nach zwischen der Beitrittsverpflichtung und der Beitrittserklärung ein so enger Zusammenhang besteht, dass eine Aufspaltung in zwei Verträge als "unnatürlich" (vgl. LG Würzburg, a.a.O.) anzusehen ist:

Beide Erklärungen wurden in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang abgegeben, sozusagen "in einem Zuge". Für den Kläger stellte sich deshalb die Beitrittserklärung nicht als Erfüllung einer zuvor schuldrechtlich übernommenen Verpflichtung dar, vielmehr musste er beide Erklärungen als Einheit ansehen.

Diese Einheit bestand nicht nur hinsichtlich der genannten äußeren Umstände der Vertragsunterzeichnungen - Vermieter und Werbegemeinschaft wurden im übrigen bei der späteren Gegenzeichnung jeweils durch die M KG vertreten.

Sie setzt sich auch hinsichtlich der inhaltlichen Vertragsgestaltung fort: Einerseits ist der Bestand des Mietvertrages gefährdet, wenn der Mieter seine Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag nicht erfüllt, denn dann steht dem Vermieter nach dem Vertragstext ein Recht zur fristlosen Kündigung des Mietvertrages zu (Ziff. 7.4 von Teil B des Mietvertrages, Anlage B6). Andererseits enthält der Gesellschaftsvertrag keine Möglichkeit des Gesellschafters, während der Laufzeit des Mietvertrages durch Kündigung aus der Gesellschaft auszuscheiden - eine solche Kündigungsmöglichkeit ist nach Ziff. 3 des Vertrages (Anlage B1) nur für Nicht-Mieter vorgesehen, Mieter scheiden erst mit der tatsächlichen Beendigung des Mietvertrages aus. Lediglich das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt - zwangsläufig - unberührt, was aber angesichts des Regelungskontextes mit Blick auf § 314 BGB - nicht dahingehend ausgelegt werden kann, dass ein bloßer Interessefortfall während des laufenden Mietverhältnisses als wichtiger Grund angesehen werden kann.

Sowohl inhaltlich als auch formal stellen sich somit die mietvertragliche Verpflichtung zum Beitritt zur Werbegemeinschaft einerseits und die eigentliche Beitrittserklärung andererseits als einheitliche, einander bedingende Rechtsakte dar, von denen keiner weggedacht werden könnte, ohne dass der Bestand des anderen ebenfalls gefährdet ist. Die Frage, ob ein derartige einheitliche Regelung in einem oder in zwei Verträgen getroffen wird, ist daher rein rechtstechnischer Art. Wird durch die eine oder andere rechtstechnische Gestaltung der Schutz der §§ 305 ff BGB umgangen, stellt sich diese Gestaltung als Umgehungsgeschäft im Sinne des § 306a BGB dar mit der Folge, dass die beiden Rechtakte als Einheit angesehen werden und die "ausgelagerte" Beitrittserklärung das Schicksal der mietvertraglichen Klausel teilt.

cc)

Es kommt auch nicht darauf an, dass die Beklagte bzw. die Vermieterin die vorliegende Gestaltung ersichtlich nicht in der subjektiven Absicht gewählt haben, die Folgen aus der Jahre später ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.07.2006 zu umgehen.

Für die Unwirksamkeit einer Klausel unter dem Gesichtspunkt des Umgehungsgeschäftes kommt es nicht darauf an, ob die vertragsschließenden Parteien eine Umgehungsabsicht hatten (vgl. H. Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Auflage, § 306a BGB Rn. 4 (Hinweise in Fußnote 9)).

c)

Die Unwirksamkeit der Beitrittserklärung führt indes nicht dazu, dass die gesellschaftsrechtlichen Pflichten des Klägers rückwirkend entfielen.

Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft ist nämlich eine fehlerhaft gegründete Gesellschaft oder ein fehlerhaft vollzogener Beitritt zu einer Gesellschaft regelmäßig nicht von Anfang an unwirksam, sondern wegen des Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrundes nur mit Wirkung für die Zukunft vernichtbar (vgl. BGH, Urteil vom 27.06.2000, XI ZR 174/99, NJW 2000, 3558, mit Nachweisen zur ständigen Rechtsprechung).

Entgegen der Auffassung des Klägers sind diese Grundsätze im Streitfalle auch nicht etwa deshalb unanwendbar, weil Fragen des Gläubigerschutzes vorliegend nicht berührt sind. Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft bzw. der faktischen Gesellschaft stützt sich nämlich nicht nur auf Gründe des Verkehrsschutzes für Dritte, sondern auch auf Gründe des Bestandsschutzes für die Gesellschafter (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 71. Aufl., § 705 Rn. 18). Gerade mit dieser Begründung hat der Bundesgerichtshof etwa ein seiner Entscheidung vom 07.12.2010 (XI ZR 53/08) erneut die Rückabwicklung eines Anlagegeschäftes auf der wegen eines fehlerhaften Fondsbeitritts abgelehnt.

Danach konnte erst die eine als Kündigung auszulegende Erklärung des Klägers dessen Stellung als Gesellschafter der Beklagten beenden. Eine solche Erklärung ist erst mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 29.05.2011 abgegeben worden, bis zu diesem Zeitpunkt bleib der Kläger somit als faktischer Gesellschafter verpflichtet, die Beiträge zu entrichten.

II.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht, weil die Beklagte dem Kläger zum Schadenersatze verpflichtet wäre.

1.

Allerdings stehen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft einem Anspruch auf Rückgewähr der Einlage dann nicht entgegen, wenn der Vertragspartner des Gesellschafters verpflichtet ist, den Gesellschafter im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen und seine Einlage nicht geleistet.

Demjenigen, der sich aufgrund eines Prospektmangels, einer Verletzung der Aufklärungspflicht oder aus sonstigen Gründen schadensersatzpflichtig gemacht hat, darf es nicht zugute kommen, dass er gleichzeitig auch an dem mit dem geschädigten Anleger geschlossenen Gesellschaftsvertrag beteiligt ist (vgl. BGH, Urteil vom 29.11.2004, II ZR 6/03, ZIP 2005, 254 mit Nachweisen).

2.

Diese Grundsätze sind jedoch auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, denn eine Schadenersatzpflicht der Beklagten ist nicht erkennbar.

a)

Eine Aufklärungspflicht bei Abschluss der Verträge bestand schon deshalb nicht, weil die Unwirksamkeit der verwendeten Klausel bis dahin nicht höchstrichterlich und - soweit erkennbar - auch sonst in keiner Weise festgestellt worden war.

b)

Eine Aufklärungspflicht nach Ergehen der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.07.2006 bestand ebenfalls nicht.

Eine Aufklärungspflicht, also eine Pflicht, den anderen Teil unaufgefordert über entscheidungserhebliche Umstände zu informieren, besteht nach allgemeinen Grundsätzen immer dann, wenn der andere Teil nach Treu und Glauben und den im Verkehr herrschenden Anschauungen redlicherweise Aufklärung erwarten kann (vgl. Palandt/Grünberg, BGB, 71. Aufl., § 242 Rn. 37). Eine solche Aufklärungspflicht besteht nicht nur im Rahmen von Vertragsverhandlungen, sie kann auch während des laufenden Vertragsverhältnisses bestehen.

Im vorliegenden Falle kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger ohne weiteres eine Aufklärung über ein mögliches Kündigungsrecht hätte erwarten können. Selbst wenn man annimmt, dass die mit der Verwaltung des EKZ beauftragte Center-Management-Gesellschaft, die ihrerseits auch Gesellschafterin der Beklagten ist, die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Wirksamkeit von AGB-Klauseln in Gewerbemietverträgen verfolgt, kann nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden, dass sie verpflichtet wäre, die übrigen Gesellschafter darauf hinzuweisen, dass ihnen womöglich ein Kündigungsrecht zusteht. Ein solches Kündigungsrecht des bereits bestehenden Gesellschaftsvertrages ergibt sich nämlich erst dann, wenn man aus der Unwirksamkeit der mietvertraglichen Verpflichtung zum Beitritt zu einer Werbegemeinschaft den Schluss zieht, dass auch ein in Erfüllung dieser Verpflichtung erfolgter Beitritt seinerseits unwirksam ist (vgl. oben unter I. 2.). Diese Auffassung wird indes bislang - soweit erkennbar - weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur vertreten oder auch nur thematisiert. Von der Beklagten konnte also nicht ohne weiteres verlangt werden, selbst diesen Schluss zu ziehen und die Gesellschafter hierüber zu informieren.

III.

Die Stellung des Klägers als faktischer Gesellschafter endete daher erst mit Zugang der Erklärung vom 29.05.2011 - für die Jahre 2010 und 2011 hat er indes keine Beiträge entrichtet, so dass ein Rückforderungsanspruch nicht besteht.

B.

Die Widerklage dagegen ist in weitem Umfange begründet.

I.

Aus den unter A. dargelegten Gründen endete die faktische Mitgliedschaft des Klägers erst mit Ablauf des Monats Mai 2011. Die Beklagte kann also die rückständigen Beiträge für das Jahr 2010 und die anteiligen Beiträge für das erste Halbjahr 2011 (für 5 von 6 Monaten) verlangen.

Auf der Grundlage der Berechnungen auf Blatt 12 ff i.V.m. Anlage B11 vorgelegten Abrechnungsschreibens ergibt sich ein Anspruch auf rückständige Beiträge in Höhe von

748,32 + 1.642,91 + (1.364,45 * 5/6) = 3.528,27 Euro.

II.

Der geltend gemachte Zinsanspruch ist unstreitig geblieben.

C.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 709 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 10.639,88 Euro festgesetzt.