OLG Naumburg, Urteil vom 25.01.2016 - 1 U 4/15
Fundstelle
openJur 2020, 27804
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 17. Dezember 2014 verkündete Urteil des Landgerichts Stendal wird zurückgewiesen.

Die Kosten ihres Rechtsmittels tragen die Kläger.

Dieses wie auch das angefochtene Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Am 6.3.2008 stellte sich die Klägerin erstmals beim Beklagten vor, der eine zweieiige Zwillingsschwangerschaft feststellte. Noch Ende März 2008 veranlasste der Beklagte zum Zwecke der Schonung der Klägerin ein Beschäftigungsverbot. Die weiteren, dem medizinischen Standard entsprechend vom Beklagten durchgeführten oder eingeleiteten Untersuchungen der Klägerin zeigten in der Folgezeit eine intakte vitale Schwangerschaft ohne Anlass zur Sorge.

Anlässlich einer routinemäßigen Untersuchung der Klägerin durch den Beklagten ergab sich am 25.6.2008 eine Zervixlänge von ca. 31 mm. Die Palpation bestätigte einen derben fest verschlossenen Muttermund. Im Vergleich zur Untersuchung vom 23.5.2008 (36,52 mm) hatte sich eine Verkürzung ergeben. Zur Prophylaxe durch Entlastung der Zervix riet der Beklagte zum Einsetzen eines sog. Mutterrings. Nach dem Einsetzen des Ringes prüfte der Beklagte dessen ordnungsgemäßen Sitz. Der Ring bereitete der Klägerin keine Beschwerden. Als nächster Untersuchungstermin wurde der 30.7.2008 vereinbart.

Am 15.7.2008 suchte die Klägerin mit Bauchschmerzen und leichten Blutungen die Entbindungsstation des A.-Klinikums G. auf. Dort stellte man eine vollständige Eröffnung des Muttermundes fest. Die Klägerin wurde von den Zwillingen entbunden. Beide Kinder kamen mit erheblichen Defiziten zur Welt, die ihrer zu frühen Geburt geschuldet waren. Der Junge (A.) verstarb kurz nach der Entbindung. Das Mädchen, die vormalige Klägerin zu 1. A. O., trug schwere Hirnschäden davon und verstarb am 21.12.2013. Sie wurde von den Klägern beerbt.

Die Kläger haben den Beklagten für die Frühgeburt verantwortlich gemacht und hierzu behauptet; die Klägerin sei vom Beklagten nicht auf das notwendige Verhalten während der Schwangerschaft, wie beispielsweise eine körperliche Schonung, hingewiesen worden. Dies gelte auch für die Notwendigkeit des Mutterrings und den Umgang mit diesem. Insoweit habe es schon an der notwendigen Aufklärung, vor allem über die Risiken (Reizungen, Infektionen), gefehlt. Der Beklagte habe die Situation nicht als normal geschildert, sondern das Einsetzen des Ringes zur Vermeidung einer Frühgeburt empfohlen. Es sei der Eindruck einer behandlungsbedürftigen Verkürzung des Gebärmutterhalses erweckt worden. Tatsächlich sei der Ring nicht indiziert gewesen. Es habe sich wegen des Infektionsrisikos jede nicht unbedingt notwendige Manipulation in der Scheide verboten. Als bloße Prophylaxe hätte die Klägerin das Einsetzen des Ringes nicht gebilligt.

Die Klägerin habe strenge Ruhe halten müssen, was der Beklagte ihr aber nicht gesagt habe. Fehlerhaft habe der Beklagte trotz der Risikoschwangerschaft von der Betreuung durch die Universitätsklinik abgeraten, die Frage der Klägerin nach Lungenreifespritzen abgetan und mit der Klägerin einen viel zu späten Wiedervorstellungstermin vereinbart. Tatsächlich habe die Klägerin vor dem 15.7.2008 stationär behandelt werden müssen.

Beim Einsetzen des Mutterrings habe der Beklagte hygienische Grundprinzipien verletzt, indem er den nicht desinfizierten Ring zuvor mit Leitungswasser abgespült habe. Außerdem sei es unterlassen worden, vor der Einlage des Pessars eine Scheideninfektion auszuschließen und die hierzu vom Hersteller des Mutterrings gegebenen Hinweise (kumulativ vaginale pH-Wert-Messung, mikroskopische Beurteilung der Vaginalflora und Anlegen einer bakteriellen Kultur) zu beachten. Schon die Verkürzung der Zervix um nahezu 6 mm sei ein Indiz für das Vorliegen einer Infektion gewesen. Deshalb habe der Beklagte die Infektion definitiv ausschließen müssen.

Der Mutterring habe durch seine reizende Wirkung bzw. durch die auf ihn zurückgehende Amnioninfektion den Geburtsvorgang früher ausgelöst. Insgesamt habe die fehlerhafte Behandlung des Beklagten zu der Frühgeburt geführt.

Die Kläger haben zuletzt als Erben von A. ein Schmerzensgeld, eine Schmerzensgeldrente sowie die Feststellung der weiteren Ersatzpflicht des Beklagten begehrt. Darüber hinaus haben sie die Entschädigung eigener immaterieller Nachteile verlangt.

Der Beklagte hat jeglichen Zusammenhang zwischen seiner Behandlung und der Frühgeburt bestritten. Die Schwangerschaft habe einen schicksalhaften Verlauf genommen. Eine Frühgeburt sei gerade bei Zwillingen nicht immer zu verhindern. Sie könne die verschiedensten Ursachen (genetische, Erkrankungen des Kindes, Plazentainsuffizienz) haben. Während seiner Behandlung habe es jedenfalls keine auf eine vorzeitige Geburt hindeutenden Umstände gegeben. Es habe sich das Bild einer intakten Zwillingsschwangerschaft ohne Auffälligkeiten oder pathologische Befunde gezeigt, was zwischen den Parteien unstreitig ist. Deshalb habe auch kein Grund für eine Lungenreifebehandlung bestanden. Selbst unter Berücksichtigung der nicht pathologischen Verkürzung der Zervix seien strenge Ruhe, kürzere Untersuchungsintervalle oder gar einer stationäre Aufnahme nicht notwendig gewesen. Eine Überprüfung des Sitzes des Mutterrings sei nur bei Beschwerden erforderlich. Ein Wechsel komme allenfalls nach sechs Wochen in Betracht. All dies hätte aber sowieso zu keinem anderen Verlauf geführt.

Angesichts der festgestellten Zervixverkürzung habe unter Berücksichtigung der Zwillingsschwangerschaft rechtzeitig einer Zervixinsuffizienz vorgebeugt werden müssen. Das Stützpessar sei gerade das Hilfsmittel zur Stabilisierung der Zervix und wirke so einer Frühgeburt entgegen. Frühgeburtsauslösende Wirkungen seien weder zu erwarten gewesen, noch im vorliegenden Fall wirksam geworden.

Eine Infektion habe zur Zeit des indizierten Einsetzens des Mutterringes nicht bestanden und sei auch nicht durch den Mutterring verursacht oder begünstigt worden. Die Ringe würden einzeln verpackt und dampfsterilisiert verwendet, so sei es auch hier geschehen. Vor dem Einsetzen habe der Beklagte eine Infektion der Scheide mikroskopisch mit Hilfe eines Nativpräparates ausgeschlossen. Die Untersuchung der Vaginalflora mit Hilfe eines Phasenkontrastmikroskops sei ausreichend und der Messung des pH-Wertes überlegen. Das Untersuchungsergebnis habe der Beklagte mit "Mischflora" in den Unterlagen dokumentiert, was für sich unstreitig ist. Da der Beklagte hierbei keine pathologischen Verhältnisse vorgefunden habe, sei das Anlegen einer bakteriellen Kultur entbehrlich gewesen.

Der Beklagte habe mit der Klägerin neben der nicht pathologischen Zervixlänge die vorbeugende Wirkungsweise des Rings und das damit verbundene Verhalten besprochen. Spezielle Risiken habe das Einsetzen des Ringes nicht mit sich gebracht. Es sei von ihm zum Unterlassen von Geschlechtsverkehr und schwerem Heben oder Tragen geraten worden. Der Beklagte habe ausdrücklich erklärt, dass sich die Klägerin bei etwaigen Beschwerden, wie vermehrtem Ausfluss, Schmerzen, Wehen, Blutungen, Problemen beim Wasserlassen oder beim Stuhlgang, sofort in die Praxis oder in eine Klinik begeben solle.

Natürlich habe der Beklagte der Klägerin die im Zusammenhang mit der Schwangerschaft notwendigen Informationen zukommen lassen. Die Klägerin sei bei mehreren Gelegenheiten ausführlich beraten und mit ihr die Lebensführung während der Schwangerschaft erörtert worden. Dazu habe auch die Aufforderung zu zurückhaltender körperlicher Belastung gehört. Nicht umsonst habe der Beklagte das Beschäftigungsverbot veranlasst. Es sei zudem nicht vorgetragen, welche konkrete Information die Klägerin vermisst und wie sich dies auf das Schwangerschaftsgeschehen ausgewirkt habe.

Das durch die Sachverständigen Dr. med. H. und Prof. Dr. med. St. beratene Landgericht hat im Ergebnis seiner Beweiserhebungen die Klage abgewiesen. Im Urteil vom 17.12.2014, auf das ergänzend wegen der dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Kammer ausgeführt:

Indikation:

Der Beklagte habe nach den übereinstimmenden Feststellungen der Sachverständigen den Mutterring einsetzen dürfen, weil dieser keine schwangerschaftsbeendende Wirkung habe, den Geburtsvorgang nicht fördere und auch keine Infektion begünstige. Das Pessar sei unter Berücksichtigung des Erkenntnisstandes im Jahre 2008 vielmehr eine Möglichkeit, den Gebärmutterhals bei einer Mehrlingsschwangerschaft zu stabilisieren. Es werde damit sogar das Aufsteigen einer Infektion verhindert.

Infektionsuntersuchung:

Der Beklagte habe die Klägerin auf das Vorliegen einer Infektion untersucht. Hierfür sei es nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. St. ausreichend, ein Nativpräparat mikroskopisch zu betrachten, wie es der Beklagte ausweislich der Dokumentation ("mikroskopisch Mischflora") getan habe.

Hygiene:

Ein Hygienefehler, insbesondere das Abspülen des Mutterringes mit Leitungswasser, könne dem Beklagten nicht nachgewiesen werden. Insoweit stünden die Aussagen der Zeuginnen K. und V. der Einlassung der Klägerin entgegen.

Lungenreifespritze:

Allein die Zwillingsschwangerschaft sei nach den Feststellungen der Sachverständigen kein Grund, ohne auf eine Frühgeburt hindeutende klinische Zeichen rein prophylaktisch eine Lungenreifebehandlung vorzunehmen. Die Frühgeburt sei dadurch sowieso nicht zu verhindern.

Schwangerschaftsmanagement:

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei auch unter Berücksichtigung des Risikos einer Zwillingsschwangerschaft ein Fehler nicht festzustellen.

Aufklärung:

Der Mutterring sei angesichts seiner prophylaktischen Einbringung nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. St. nur relativ indiziert. Von ihm gingen aber keine bedeutsamen Risiken aus. Selbst wenn der Beklagte dennoch nicht ausreichend aufgeklärt habe, sei hieraus jedenfalls kein Schaden entstanden.

Die schwere Schädigung der Kinder beruhe nicht auf Behandlungs- oder Aufklärungsfehlern des Beklagten, was zu Lasten der beweispflichtigen Kläger ginge. Ein grober Behandlungsfehler liege nicht vor. Der tragische Verlauf der Schwangerschaft könne viele Ursachen haben. Eine frühe Geburt gehe stets auf mehrere Faktoren zurück. Worauf die Wehen und die Eröffnung des Muttermundes zurückzuführen seien, lasse sich nicht mehr klären. Damit bliebe offen, ob der Mutterring von Einfluss gewesen sei. Dies habe selbst unter Berücksichtigung potentieller Hygienefehler des Beklagten zu gelten, da die Vagina sowieso nicht keimfrei sei.

Gegen diese Entscheidung wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung. Sie rügen eine fehlerhafte Beweiswürdigung der Kammer. Bei den Erwägungen zur Infektionsuntersuchung blieben die Angaben der Kläger unberücksichtigt. Es werde nach wie vor bestritten, dass ein Abstrich erfolgt sei.

Außerdem gäbe es nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. St. keine sichere Methode zum Ausschluss einer Infektion. Der Beklagte habe einen solchen sicheren Ausschluss auch nicht einmal versucht.

Wie aus den sich teilweise widersprechenden erstinstanzlich eingeholten Gutachten folge, handele es sich bei dem Einsetzen des Mutterrings um eine rein prophylaktische Maßnahme. Diese habe das Risiko des Keimeintrags und der Bildung eines Biofilms mit sich gebracht. Deshalb sei die vom Beklagten eingeleitete Maßnahme auch im Jahre 2008 nur im Falle einer Indikation zulässig gewesen. Die rein prophylaktische Verabreichung sei nutzlos und gefährlich und damit grob fehlerhaft. Dies gelte vor allem vor dem Hintergrund einer nicht auszuschließenden und ausgeschlossenen Infektion.

Daraus folge auch, dass die Kläger hätten aufgeklärt werden müssen.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Landgerichts Stendal vom 17.12.2014 abzuändern und

1.

den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger als Rechtsnachfolger ihrer am 23.12.2013 verstorbenen Tochter A. ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen;

2.

den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger als Rechtsnachfolger ihrer am 23.12.2013 verstorbenen Tochter A. ab dem 1.8.2011 bis zum 21.12.2013 eine monatliche Schmerzensgeldrente von 1.000 EUR zu zahlen;

3.

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern als Rechtsnachfolger ihrer am 23.12.2013 verstorbenen Tochter A. sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden aus der Fehlbehandlung im Zusammenhang mit der Geburt des Kindes zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen;

4.

den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger jeweils ein angemessenes Schmerzensgeld von 10.000 EUR zu zahlen;

hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Landgericht Stendal zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nach seiner Auffassung beruht die angefochtene Entscheidung nicht auf dem gerügten Verfahrensfehler. Die Kläger würden bereits übersehen, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. St. nur das Ergebnis der Untersuchung zu dokumentieren gewesen sei. Aus dem dokumentierten Ergebnis sei zwingend der Schluss auf ein Stattfinden der Untersuchung zu ziehen. Außerdem habe die Zeugin V. den Abstrich und dessen mikroskopische Untersuchung bestätigt.

Die Untersuchung des Beklagten habe keine Infektion ergeben und damit keine Bedenken gegen den Mutterring aufkommen lassen. Keimfreiheit könne in der Scheide ohnehin nicht erwartet werden. Damit habe keine Kontraindikation vorgelegen. Für die Verwendung des Mutterringes sei es nach den Feststellungen der Sachverständigen gerade nicht erforderlich, eine Infektion zu 100% auszuschließen. Prophylaxe bedeute zudem immer Verringerung eines Risikos. Sie sei also nie sinnlos.

Die Benutzung eines Pessars sei medizinisch allgemein anerkannt und werde auch in den Leitlinien erwähnt. Selbst wenn die Sachverständigen zur heute vorherrschenden Auffassung in Bezug auf die Verwendung eines Mutterrings unterschiedlicher Meinung gewesen seien, ließe sich ihren Feststellungen übereinstimmend entnehmen, dass die Verwendung des Stützpessars im Jahr 2008 kein Fehler gewesen sei. Die Biofilmproblematik habe der Beklagte im Jahr 2008 noch nicht gekannt.

Keiner der Sachverständigen habe angenommen, das Einsetzen des Mutterrings rufe das Risiko der Frühgeburt hervor oder erhöhe es. Es habe sich auch kein theoretisch mit dem Pessar verbundenes Risiko realisiert. Eine Amnioninfektion sei nicht nachgewiesen. Außerdem fehle der Nachweis, dass der Mutterring Ursache einer etwaigen Infektion gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze sowie die Sitzungsniederschriften beider Instanzen Bezug genommen.

Der Senat hat ergänzende Stellungnahmen der Sachverständigen Dr. H. und Prof. Dr. St. eingeholt und die Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung ihrer Gutachten geladen. Darüber hinaus wurde die Zeugin S. V. erneut vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Stellungnahmen vom 8.11. (III/142-146) und 10.12.2015 (III/163-164) sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung des Senats vom 11.1.2016 (III/173-184) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil des Landgerichts beruht auf keiner Rechtsverletzung, weil die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen keine andere Entscheidung rechtfertigen (vgl. § 513 I ZPO). Im Ergebnis der nach § 529 I Nr. 1 ZPO gebotenen erneuten Feststellungen des Senats lassen sich die gesundheitlichen Befindlichkeiten von Mutter und Kindern vom 15.7.2008 sowie die Frühgeburt selbst mit keiner Phase der Behandlung des Beklagten in Zusammenhang bringen. Außerdem ist dem Beklagten kein Behandlungsfehler unterlaufen. Ob es bei der Verwendung des Mutterrings Aufklärungsdefizite gab, kann danach offen bleiben. Eine Haftung des Beklagten auf vertraglicher Grundlage oder aus unerlaubter Handlung nach §§ 280 I; 823 I; 249 I, II 1; 253 II BGB kommt ohne Behandlungsfehler und haftungsbegründende Kausalität nicht in Betracht.

1. Nach dem Inhalt der Berufungsbegründung konzentriert sich der Rechtsstreit in zweiter Instanz auf das Einsetzen des Mutterrings und die in diesem Zusammenhang beanstandete Aufklärung der Klägerin. Soweit die Kläger vor dem Landgericht eine unzureichende therapeutische Aufklärung und Schwangerschaftsbetreuung durch den Beklagten rügten, kommt das Rechtsmittel hierauf nicht mehr zurück. Nach den Feststellungen des Landgerichts und dem Beweisergebnis der ersten Instanz schließt der Senat diesbezügliche schadensursächlich gewordene Behandlungsfehler des Beklagten aus. Das gilt insbesondere für die Beratung der Klägerin über das Verhalten während der Schwangerschaft, die Wiedervorstellungsintervalle sowie ein Unterlassen der Krankenhauseinweisung und der Lungenreifebehandlung.

Nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. St. entsprach die Betreuung der Klägerin durch den Beklagten dem medizinischen Standard. Bettruhe, engmaschigere Kontrollen oder gar eine stationäre Behandlung waren selbst im Juni 2008 keine medizinische Option. Der normale und problemlose Verlauf der Zwillingsschwangerschaft bis zum 25.6.2008 ist zwischen den Parteien nicht streitig. Die zur Risikobeurteilung bei Mehrlingsschwangerschaften üblichen und geforderten Maßnahmen leitete der Beklagte nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. St. regelgerecht ein. Zusammenfassend führte der Sachverständige in erster Instanz im schriftlichen Gutachten vom 19.6.2014 aus, keine medizinischen Defizite bei der vorgeburtlichen Kontrolle durch den Beklagten erkennen zu können. Bei der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens vor dem Landgericht vom 2.12.2014 bezeichnete der Sachverständige das Schwangerschaftsmanagement des Beklagten sogar als vorbildlich. Der Beklagte habe die ihm zur Verfügung stehenden medizinischen Maßnahmen eingeleitet.

Nichts anderes folgt aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. H., soweit dort auf die allgemeine Schwangerschaftsbetreuung und die von der Klägerin als einzuhalten behauptete Ruhe bzw. Schonung sowie die Lungenreifebehandlung eingegangen wird.

Die Nachfragen der Klägerseite im Senatstermin vom 11.1.2016 haben diese Sicht des Behandlungsgeschehens bestätigt. Der am 25.6.2008 vereinbarte Wiedervorstellungstermin Ende Juli 2008 genügte nach den Feststellungen der Sachverständigen, soweit es, wie hier, an Beschwerden fehlte.

Zutreffend hat der Beklagte aber auch auf die fehlende Schlüssigkeit des Vorbringens der Kläger hingewiesen. Es ist nicht behauptet, dass all die von den Klägern eher allgemein geschilderten Mängel irgendeinen konkreten Einfluss auf den Verlauf der Schwangerschaft und damit auf die Frühgeburt hatten. Hierauf kommt es aber an, weil nach den Feststellungen der Sachverständigen die frühe Geburt für die Unterentwicklung der Kinder und letztlich für deren Tod ursächlich war. So hat beispielsweise der Sachverständige Dr. H. bei der Erläuterung seines Gutachtens am 24.4.2013 festgestellt, es sei kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die erforderliche Schonung unterblieben sei (so auch der Sachverständige Prof. Dr. St. während der Erläuterung seines Gutachtens vor dem Landgericht). Soweit die Klägerin behauptet, nicht darüber aufgeklärt worden zu sein, sich bei Beschwerden in die Praxis oder in eine Klinik zu begeben, ist nicht dargelegt, trotz Beschwerden vom Aufsuchen eines Arztes abgesehen zu haben. Im Gegenteil, die Klägerin hat sich angesichts aufgetretener Beschwerden in das Krankenhaus in G. begeben. Damit hätte sich das Aufklärungs- bzw. Beratungsdefizit gerade nicht schadensursächlich ausgewirkt. Der Patient muss darlegen und beweisen, dass ein medizinisch erforderlicher therapeutischer Hinweis nicht erteilt wurde und er hierdurch einen Körper- oder Gesundheitsschaden erlitten hat (vgl. bspw. Martis MDR 2009, 1082 m.w.N.).

Im Übrigen sind die Ausführungen hierzu im angefochtenen Urteil richtig. Der Senat nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

2. Wie den Parteien in der Verfügung vom 7.9.2015 mitgeteilt wurde, war der Senat zu eigenen Feststellungen angehalten, weil die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Behandlungsfehler im Zusammenhang mit dem Einsetzen des Mutterrings Unvollständigkeiten aufweist (Verstoß gegen § 286 I ZPO). Damit entfiel die Bindung an die erstinstanzlichen Feststellungen in Gänze (BGH, Urteil vom 25.10.2013 - V ZR 147/12).

3. Wie bereits unter Ziff. 1. dargelegt, tragen die Kläger die Beweislast für die haftungsbegründende Kausalität zwischen dem behaupteten Behandlungs- oder Aufklärungsfehler und der Belastung der gesundheitlichen Befindlichkeit von Mutter und/oder Kindern. Wie das Landgericht richtig angenommen hat, ist dieser Beweis nicht geführt bzw. nicht zu führen.

Ausgangspunkt der Schadensersatzforderung der Kläger sind der defizitäre Entwicklungszustand, in welchem ihre Kinder zur Welt kamen, sowie die damit im Zusammenhang stehenden Todes- und gesundheitlichen Folgen. Nach den Feststellungen der Sachverständigen geht all dies auf die Frühgeburt zurück. Die Frühgeburt wiederum lässt sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in beiden Instanzen nicht mit der Behandlung des Beklagten in Verbindung bringen.

Schon die Ursache der Frühgeburt ist, so die Sachverständigen, unklar. Zwillingsschwangerschaften sind für sich gesehen mit einem erhöhten Frühgeburtsrisiko versehen (vgl. u.a. schriftliches Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. St. vom 19.6.2014). Warum das so ist, weiß man nicht genau. Der Sachverständige Dr. H. stellte fest, manche hierzu hergestellten Zusammenhänge hätten spekulativen Charakter. Im Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. St. vom 19.6.2014 heißt weiter, das primäre zur Eröffnung des Muttermundes führende Ereignis lasse sich retrospektiv nicht ermitteln. Damit ist aus Sicht der Sachverständigen nicht nur alles offen. Der Sachverständige Prof. Dr. St. hat in erster Instanz im Gutachten vom 19.6.2014 sogar festgestellt, die Maßnahmen des Beklagten seien für die extrem frühe Geburt nicht ursächlich geworden. Daran hat er während der mündlichen Erläuterung des Gutachtens am 2.12.2014 ausdrücklich festgehalten, indem er ausführte, der Beklagte habe die Prognose der Schwangerschaft nicht verschlechtert. Dem Senat gegenüber hat der Sachverständige dies wiederholt und erklärt, die Betreuung der Klägerin durch den Beklagten habe auf keinen Fall zu einer Steigerung des Frühgeburtsrisikos beigetragen. Dem ist der Sachverständige Dr. H. ausdrücklich beigetreten.

Die Kläger behaupten, eine Infektion habe zur Frühgeburt geführt. Schon das ist nicht belegt. Der Sachverständige Dr. H. hat hierzu in seinem schriftlichen Gutachten vom Juni 2012 festgestellt, es müsse nicht einmal ein Zusammenhang mit einer Infektion der Scheide bestehen. Der Sachverständige Prof. Dr. St. sieht eine Amnioninfektion zwar als die wahrscheinlichste Ursache an. Es lasse sich, so der Sachverständige vor dem Senat, aber nicht einmal diese Infektion nachweisen.

Hinzu kommt, dass wiederum die Infektion auf die Behandlung des Beklagten zurückgeführt werden muss. Auch diesen Zusammenhang haben die Sachverständigen, zuletzt vor dem Senat, verneint. Die Scheide und der weibliche Körper sind für sich nicht keimfrei. Schon aus diesen natürlichen Verhältnissen heraus kann sich ohne Mitwirkung des Beklagten eine Infektion entwickelt haben. Außerdem sehen die Sachverständigen in der Behandlung des Beklagten keine Anhaltspunkte für das Einbringen krankhafter Bakterien. Das gilt insbesondere für das Einsetzen des Mutterrings, welcher nach den Feststellungen der Sachverständigen keine vaginale oder aufsteigende Infektion unterstützt oder verursacht.

Im Ergebnis weist die für einen Anspruch der Kläger notwendige Kausalkette derart viele Lücken auf, dass die Sachverständigen abschließend festgestellt haben, jeder haftungsbegründende Ursachenzusammenhang zwischen der Behandlung der Klägerin durch den Beklagten und der Frühgeburt sei äußerst unwahrscheinlich. Mit Rücksicht darauf kann es sogar offen bleiben, ob dem Beklagten ein grober Behandlungsfehler oder ein ebenfalls zur Beweislastumkehr zur haftungsbegründenden Kausalität führender Befunderhebungsfehler (vgl. hierzu bspw. BGH, Urteil vom 7.6.2011 - VI ZR 87/10) unterlaufen sein könnte. Ist jeder Ursachenzusammenhang zwischen der ärztlichen Behandlung und dem behaupteten Körper- oder Gesundheitsschaden äußerst unwahrscheinlich, kann sich der klagende Patient auf keine Beweiserleichterung stützen (vgl. BGH NJW 2012, 2653; Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 630f Rdn. 10, 12; Greiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., Rdn. B249 f.).

4. Im Ergebnis seiner Beweisaufnahme sieht der Senat nicht einmal einen Behandlungsfehler des Beklagten.

a) Der Beklagte durfte den Mutterring einsetzen. Die Behandlung war angesichts der Zwillingsschwangerschaft und der am 25.6.2008 im Vergleich zur Voruntersuchung eingetretenen Zervixverkürzung nach den vom Senat geteilten Feststellungen der Sachverständigen zumindest relativ indiziert. Insbesondere nach den vom Sachverständigen Dr. H. unwidersprochenen Erläuterungen des Sachverständigen Prof. Dr. St. war und ist das Einsetzen des Mutterrings eine in der medizinischen Praxis übliche Maßnahme zur Verlängerung der Schwangerschaft, die die Situation verbessert. Andere Möglichkeiten nennenswerter Zahl stehen dem Arzt nicht zur Verfügung, um dem mit einer Zervixverkürzung potentiell verbundenen Frühgeburtsrisiko zu begegnen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. St. hätte der Beklagte nur noch weiter beobachten oder den operativen Verschluss des Muttermundes in Erwägung ziehen können. Im Vergleich dazu war das Vorgehen des Beklagten der klinischen Situation der Klägerin angemessen, vertretbar und nachvollziehbar. Vom Mutterring gehen, so der Sachverständige, im Falle der richtigen Anwendung keine Risiken aus. Es werde sogar das Aufsteigen einer sich später entwickelnden Infektion erschwert.

Dies überzeugt den Senat. Denn auch die von der Klägerin in erster Instanz vorgelegte Publikation von Saling besagt nichts Gegenteiliges. Es wird vielmehr gerade hervorgehoben, dass Untersuchungen den identischen Behandlungserfolg der operativen Cerclage und der Einlage eines Stützpessars zeigten und die Behandlung mittels Pessar sogar Vorteile aufweist. Der Beklagte hat damit augenscheinlich eine standardgerechte Methode angewandt, um auf die Zervixverkürzung zu reagieren, also etwas zu tun. Der medizinische Standard repräsentiert den Stand der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse und der ärztlichen Erfahrung, der zur Erreichung des Behandlungszieles erforderlich ist und sich in der Erprobung bewährt hat (BGH, Urteil vom 24.2.2015 - VI ZR 106/13).

Soweit Saling das prophylaktische Einlegen eines Pessars bei Mehrlingsschwangerschaften als wenig effektiv beschreibt, ist damit ersten keine Kontraindikation zum Ausdruck gebracht und zweitens lag im Falle der Klägerin eine feststellbare Zervixverkürzung vor, die die Sachverständigen im Zusammenhang mit der Zwillingsschwangerschaft als behandlungsbedürftig betrachten.

b) Fehler beim oder im Zusammenhang mit dem Einsetzen des Mutterrings sind dem Beklagten nicht unterlaufen.

aa) Beide Sachverständige sind sich einig, dass der Beklagte vor dem Einsetzen des Ringes eine Infektion auszuschließen hatte. Hierzu musste er eine Untersuchung durchführen, die der Beklagte mit dem Festhalten des Untersuchungsergebnisses dokumentierte. Das aus der Dokumentation der Infektionsuntersuchung folgende Indiz (vgl. bspw. BGH NJW 2014, 1527, 1528) sieht sich durch das weitere Beweisergebnis bestätigt, was insgesamt zur Überzeugung des Senats von der standardgerechten Behandlung der Klägerin führt. Die Kläger bleiben mithin für den von ihnen behaupteten Behandlungsfehler beweisfällig.

Der informatorischen Anhörung der Parteien konnte der Senat nichts für die Richtigkeit der einen oder anderen Behauptung entnehmen. Der Beklagte schilderte die zuvor vom Sachverständigen Dr. H. beschriebene Untersuchung, während die Kläger bereits den erforderlichen Abstrich verneinten. Allerdings wurde mit der Aussage der Zeugin V. klar, dass der Abstrich mit anschließender mikroskopischer Untersuchung des Nativpräparates eine vom Beklagten bei jeder Schwangeren praktizierte Untersuchung war, die anlässlich jedes Wiedervorstellungstermins erneut stattfand. Auch wenn die Zeugin V. sich natürlich nicht mehr an die konkrete Untersuchung der Klägerin erinnern konnte, hat der Senat keinen Zweifel an dieser geübten Praxis, die die Kläger anlässlich der zuvor stattgefundenen Termine auch bestätigen. Findet sich dann das konkrete Untersuchungsergebnis in der Dokumentation, besteht ausreichender Anlass, dem Beklagten zu glauben. Gerade weil der Abstrich die Untersuchung regelmäßig einleitete, hält es der Senat für wahrscheinlich, dass beide Kläger den Handlungen des Beklagten noch keine volle Aufmerksamkeit widmeten, sondern sich zunächst im Behandlungsraum orientierten. Ebenso kann die Erinnerung an Behandlung und Untersuchung von dem Erlebnis des Einsetzens des Mutterrings dominiert sein (der Kläger - "Wir waren da auch in einer absoluten Ausnahmesituation und eh darüber geschockt, dass dieser Ring jetzt eingesetzt werden sollte..."), sodass anderes in Vergessenheit geriet. Die Kläger haben dem Senat gegenüber jedenfalls keine Umstände geschildert, die ihre Erinnerung an die Untersuchung vom 25.6.2008 als besonders zuverlässig erscheinen ließen. Dass zwei Abstriche erinnert werden, der dritte aber nicht, besagt keinesfalls, dass der letzte Abstrich unterblieb.

Der bei der Untersuchung der Klägerin gewonnene Befund des Beklagten "Mischflora" war normal und ließ das Einsetzen des Mutterrings zu. Der notwendige Ausschluss einer Infektion war vollzogen. Dies hatte der Sachverständige Prof. Dr. St. bereits am 2.12.2014 ausgiebig und überzeugend dem Landgericht geschildert.

bb) Mehr Befunde als das mikroskopisch untersuchte Nativpräparat musste der Beklagte nicht erheben. Die Berufung weist zutreffend auf den notwendigen Ausschluss einer bestehenden Infektion vor dem Einsetzen des Mutterrings hin. Es entspricht dem Facharztstandard, einen Mutterring nicht einzusetzen, wenn sich in der Scheide eine Infektion abspielt. Hierauf haben beide Sachverständige schon in erster Instanz hingewiesen.

Daraus ergeben sich für den Gynäkologen notwendige Befunderhebungen. Entgegen dem Vorbringen der Kläger sind diese nicht darauf ausgerichtet, mit nahezu 100%iger Sicherheit zum Ausschluss der Infektion zu führen. Die Sachverständigen haben dem Senat gegenüber wiederholt, was der Sachverständige Prof. Dr. St. ebenso in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 15.9.2014 zum Ausdruck brachte. Man kann in der medizinischen Praxis eine Scheideninfektion mit vertretbaren Mitteln nicht mit absoluter Sicherheit ausschließen. Die hierzu notwendigen invasiven Verfahren waren auch im Falle der Klägerin viel zu risikobehaftet. Man nähert sich deshalb dem angestrebten Ausschluss im Rahmen des Möglichen an. Eine Methode dazu ist die mikroskopische Begutachtung des Nativpräparates, wie sie vom Beklagten nach den Feststellungen der Sachverständigen fehlerfrei angewendet wurde. Mehr war danach nicht mehr notwendig, zumal der weiter in Betracht kommende mikrobiologische Abstrich demgegenüber keine Vorteile bot. Auch dies hat der Sachverständige Prof. Dr. St. dem Senat nachvollziehbar und überzeugend vermittelt. Entsprechend hatte er sich vorher am 15.9.2014 und 2.12.2014 geäußert und diese Auffassung auch unter Berücksichtigung der pH-Wert-Messung begründet. Der Sachverständige Dr. H. gelangte im Zusammenhang mit der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens am 24.4.2013 zum gleichen Ergebnis.

Damit lässt sich der von den Klägern behauptete Befunderhebungsfehler zweifelsfrei verneinen. Es kommt nicht darauf an, ob der Beklagte noch weitere Befunde hätte erheben können. Allein maßgeblich sind die nach dem medizinischen Standard notwendigen bzw. gebotenen Befunde (BGH NJW 2011, 1672 f.), wie sie nach den Feststellungen der Sachverständigen vor dem Einsetzen des Pessars vorlagen.

Der Beklagte hat zudem darauf hingewiesen, keine äußeren Infektionsanzeichen bemerkt zu haben, was die Kläger nicht anders vortragen. Danach bestand für ihn kein Anlass, quasi nach einer Infektion zu suchen. Insoweit haben die Sachverständigen auch die festgestellte Verkürzung der Zervix nicht als wegweisend betrachtet.

cc) Soweit die Kläger nach ihrer Anhörung weiter behaupten, der Beklagte habe den Mutterring vor dem Einsetzen mit Leitungswasser abgespült, ergibt sich auch nach der ergänzenden Beweisaufnahme des Senats die vom Landgericht im angefochtenen Urteil dargestellte Beweissituation. Den Bekundungen der Kläger steht die Aussage der Zeugin V. entgegen, welche sich anhand der von ihr in der Praxis des Beklagten geübten Vorgehensweise festlegte, zu keiner Zeit ein Abspülen unter Leitungswasser wahrgenommen zu haben.

Im Ergebnis kommt es hierauf nicht einmal an, sodass der von den Klägern behauptete Fall einer anderen Patientin dahinstehen kann. Beide Sachverständige haben stets betont, dass auch das Abspülen des Mutterrings unter Leitungswasser kein Fehler gewesen wäre, weil der Ring sowieso in kein keimfreies Gebiet gelangt und Leitungswasser nicht unter dem Verdacht steht, verkeimt zu sein (Erläuterung seines Gutachtens durch den Sachverständigen Dr. H. vom 24.4.2013, schriftliches Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. St. vom 19.6.2014, Erläuterung der Gutachten vor dem Senat).

5. Ob im Hinblick auf die nicht oder kaum vorhandenen Risiken des Pessars und dessen durch die Sachverständigen erläuterten medizinischen Nutzen eine weitergehende Aufklärung der Klägerin notwendig war, jedoch pflichtwidrig unterblieb, muss der Senat, wie auch zuvor das Landgericht, nicht abschließend klären.

Der Sachverständige Prof. Dr. St. hat während der Erläuterung seines Gutachtens am 2.12.2014 eine weitergehende Aufklärung zumindest für empfehlenswert gehalten. Sollte dem auch unter Berücksichtigung der lediglich relativen Indikation eine Aufklärungspflicht zu entnehmen sein (vgl. zum Umfang der Aufklärungspflichten Laufs/ Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, 7. Aufl., Rdn. B26, B28), hätte die ohne wirksame Einwilligung vorgenommene Behandlung des Beklagten jedenfalls keinen haftungsbegründenden Schaden verursacht.

Im Falle von Aufklärungsfehlern trägt der Patient die Darlegungs- und Beweislast für den durch die (vertrags- und rechtswidrige) Behandlung hervorgerufen behaupteten Primärschaden (Greiß/Greiner, Rdn. C122, C147). Dieser Beweis ist durch die Kläger nicht zu führen, wie oben dargelegt. Der Mutterring selbst hat bei der Klägerin unstreitig zu keinerlei Beschwerden geführt. Beweiserleichterungen, wie sie im Falle eines groben Behandlungsfehlers zugunsten des Patienten eingreifen, gibt es im Falle von Aufklärungsversäumnissen nicht (Greiß/Greiner, Rdn. C130, C149).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 I; 100 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10; 711 1, 2; 709 2 ZPO.

Die Revision lässt der Senat nicht zu. Die Sache wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf und weder die Fortbildung des Rechts noch die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung verlangen nach einer Entscheidung des Revisionsgerichts.