LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.10.2018 - 5 Sa 77/16
Fundstelle
openJur 2020, 27752
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 26.01.2016 (Az.: 1 Ca 1412/15 HBS) wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufung noch über Urlaubsabgeltungsansprüche des Klägers für die Kalenderjahre 2011 - 2013 in der Gesamthöhe von 8.928,80 € brutto.

Der Beklagte ist einer von ca. 70 Bürgersendern in Deutschland. Er wird u. a. unterstützt von der Medienanstalt Sachsen-Anhalt. Das Programm des Beklagten wird nicht von bezahlten Redakteuren gemacht, sondern von den Bürgerinnen und Bürgern selbst.

Der am ... geborene Kläger war bei dem Beklagten seit 2005 beschäftigt. Unter dem 01.01.2012 schlossen die Parteien einen befristeten Arbeitsvertrag vom 01.01.2012 bis zum 31.12.2012. Der Kläger wurde als Geschäftsführer/Leiter der Geschäftsstelle eingesetzt. Als Arbeitsvergütung wurden monatlich 2.568,80 € brutto vereinbart. Nach § 6 des Arbeitsvertrages betrug der Urlaubsanspruch des Klägers 34 Arbeitstage im Kalenderjahr (Wegen des weiteren Inhalts des Arbeitsvertrages vom 01.01.2012 wird auf Blatt 11, 12 der Akte Bezug genommen).

Der Kläger hat gegen die Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses aufgrund Zeitablaufs erfolgreich Entfristungsklage erhoben. Die hiergegen von dem Beklagten eingereichte Berufung blieb erfolglos (LAG Sachsen-Anhalt vom 03.02.2015 - 6 Sa 480/13 -).

Während des Rechtsstreites betreffend der Wirksamkeit der Befristung vom 01.01.2012 bot der Beklagte dem Kläger ein Prozessrechtsarbeitsverhältnis an. Mit Schreiben vom 01.10.2013 erklärte der Kläger die Annahme des Angebots zum Abschluss dieses Prozessrechtsarbeitsverhältnisses. Zugleich hat sich der Kläger jedoch auf ein Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitsleistung berufen.

Zu einer Arbeitsaufnahme des Klägers nach dem 01.10.2013 für den Beklagten kam es nicht. Der Kläger ist seit dem 01.01.2014 in einem anderen Arbeitsverhältnis tätig.

Mit seiner 07.05.2013 beim Arbeitsgericht Magdeburg eingegangenen Klage und mit mehreren Klageerweiterungen begehrte der Kläger Annahmeverzugslohn für das 2013 unter Anrechnung des dem Kläger für dieses Jahr gezahlten Arbeitslosengeldes sowie Zahlung einer Urlaubsabgeltung für einen Resturlaub aus dem Kalenderjahr 2011 sowie für den gesamten Jahresurlaub in den Jahren 2012 und 2013, wobei die klageweise Geltendmachung der Urlaubsabgeltung für das Kalenderjahr 2013 mit Klageerweiterung vom 27.05.2015 erfolgte.

Der Kläger hat hinsichtlich der Urlaubsabgeltung die Ansicht vertreten, er sei aufgrund des Abschlusses eines neuen Arbeitsverhältnisses ab dem 01.01.2014 gehindert gewesen, die ihm bis einschließlich 2013 noch zustehenden Urlaubsansprüche in natura zu nehmen. Daher stünde ihm nun eine Abgeltung dieser nicht genommenen Urlaubsansprüche zu.

Der Kläger hat beantragt:

1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 30.825,60 € abzüglich auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangenen Ansprüche in Höhe von insgesamt 12.951,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den um das Arbeitslosengeld verminderten Betrag in Höhe von 1559,00 € seit dem 1.2.2013, auf weitere 1529,00 € seit dem 1.3.2013, auf weitere 1358,84 € seit dem 1.4.2013, auf weitere 1540,58 € seit dem 1.5.2013, auf weitere 1503,63 € seit dem 1.6.2013, auf weitere 1568,01 € seit dem 1.7.2013, auch weitere 1444,10 € seit dem 1.8.2013, auf weitere 1519,08 € seit dem 1.9.2013, auf weitere 1499,00 € seit dem 1.10.2013, auf weitere 1444,10 € seit dem 1.11.2013, auf weitere 1444,10 € seit den 1.12.2013 und auf weitere 1514,30 € seit dem 1.1.2014 zu zahlen,

2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger weitere 4779,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. den Beklagten zu verurteilen, weitere 4149,60 € nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen.

Der Kläger ist des Weiteren der Meinung, nach Aufgabe der Surogatstheorie durch das Bundesarbeitsgericht dürfte der mit dieser Klage geltend gemachte Zahlungsanspruch weiterhin Bestand haben.

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 26.01.2016 zu Az.: 1 Ca 1412/15 HBS, zugestellt unter dem 03.02.2016, wird abgeändert und der Beklagte verurteilt, 8.928,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Der Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, die geltend gemachten Urlaubsabgeltungsansprüche bestünden bereits deshalb nicht, weil die jeweiligen Urlaubsansprüche für die Kalenderjahre 2011 bis 2013 verfallen seien. In dem Schriftsatz vom 28.09.2015 habe der Kläger auch keine wirksame Eigenkündigung erklärt.

Wegen den Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufung wird auf ihre in der zweiten Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

I.

Die statthafte (§§ 8, 64 Abs. 1 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 64 Abs. 2 b, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG; §§ 519 Abs. 2, 520 ZPO).

II.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage auf Zahlung der Urlaubsabgeltung abgewiesen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abgeltung des Resturlaubes für das Kalenderjahr 2011 sowie des Urlaubes für die Kalenderjahre 2012 und 2013 aus § 7 Abs. 4 BUrlG.

Nach § 7 Abs. 4 BUrlG ist der Urlaub abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden konnte. Nur bestehende Urlaubsansprüche können sich in einen Zahlungsanspruch (Urlaubsabgeltung) umwandeln.

Zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung des Klägers vom 29.03.2016 zum 31.07.2016 waren die Urlaubsansprüche für die Kalenderjahre 2011, 2012 und 2013 verfallen.

Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann die Erklärung des Klägers in dem Schriftsatz vom 28.09.2015 nicht als Eigenkündigung ausgelegt werden. Auch die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils des Arbeitsgerichts auf Seite 14 wird verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG. Die Erklärung in dem Schriftsatz vom 28.09.2015 könnte als Erklärung nach § 12 Satz 1 KSchG ausgelegt werden. Der Kläger hat jedoch Entfristungsklage und keine Kündigungsschutzklage erhoben. Nach § 17 Satz 2 TzBfG gelten die §§ 5-7 des KSchG entsprechend, also nicht § 12 KSchG. Aufgrund dieser eindeutigen Regelung scheidet auch eine entsprechende Anwendung des § 12 KSchG auf eine erfolgreiche Entfristungsklage aus.

Zudem wäre auch die Wochenfrist des § 12 Satz 1 KSchG nicht gewahrt.

Der Urlaubsanspruch hinsichtlich der Resttage für 2011 ist spätestens mit Ablauf des 31.03.2013, die Urlaubsansprüche für 2012 spätestens am 31.03.2014 und der Urlaubsanspruch für 2013 spätestens am 31.03.2015 verfallen.

Nach § 7 Abs. 3 BUrlG muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden.

Seit der Entscheidung des EuGH vom 20.01.2009 in der Sache Schultz-Hoff erfolgt eine Auslegung der Befristungsregelung des § 7 Abs. 3 BUrlG anhand Artikel 7 Abs. 1 und 2 der AZRL 2003/88/EG. Soweit der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch nicht im Kalenderjahr "ausüben" konnte, insbesondere wenn er arbeitsunfähig erkrankt war, verfällt dieser nicht zum Ende des Urlaubsjahres bzw. zum Übertragungszeitpunkt des nächsten Jahres, sondern erst nach Ablauf von 15 Monaten nach Ablauf des Urlaubsjahres. Eine darüber hinausgehende Übertragungsmöglichkeit besteht jedoch nicht (EuGH 22.11.2011, Sache: KHS, NZA 2011, 1333; BAG 7.8.2012, NZA 2012, 1216; Erf.Kommentar/Gallner, 18. Auflage, 2018, § 7 BUrlG, Rndr.42 ff.)

Die Voraussetzungen für einen gegebenenfalls in Betracht kommenden Schadensersatzanspruch hat der Kläger trotz des Hinweises des Gerichts im Beschluss vom 28.12.2017 nicht dargelegt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

IV.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG bestanden nicht.

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