VG Halle, Urteil vom 11.11.2010 - 3 A 156/09
Fundstelle
openJur 2020, 27455
  • Rkr:
Tenor

Unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 02. April 2009 wird festgestellt, dass die Klägerin für die beantragte Tätigkeit keiner Erlaubnis bedarf.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin, ein Großbritannien ansässiges und gegenwärtig in der Rechtsform einer englischen Private Company Limited (Ltd.) geführtes Unternehmen, befasst sich in Großbritannien u. a. mit der Veranstaltung von Glücksspielen, die sich teilweise an die des Deutschen Lotto- und Toto-Blocks insofern anlehnen, als sie die Ergebnisse der staatlichen Glücksspiele für sich übernimmt und dementsprechend auch Gewinne an die bei ihr mitspielenden Kunden auskehrt. Sie begehrt die Feststellung, dass sie für die darüber hinaus beabsichtigte gewerbliche Vermittlung solcher Glücksspiele im Land Sachsen-Anhalt, einschließlich in der Form der Vermittlung über das Internet, keiner Genehmigung des Beklagten bedarf.

Unter dem 29. Dezember 2008 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Erteilung einer Erlaubnis für die gewerbliche Vermittlung der Lotterien "Lotto 6 aus 49" mit Zusatzlotterien, "Spiel 77", "Super Sechs", "Glücksspirale", "ARD-Fernseherlotterie", "Norddeutsche Klassenlotterie" und "Süddeutsche Klassenlotterie" an die Lotterie-Gesellschaften bzw.-Veranstalter der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und das Saarland entsprechend dem Glücksspielstaatsvertrag ab dem 1. Januar 2009. Außerdem beantragte sie zusätzlich die Erlaubnis zur Vermittlung der staatlichen Glücksspiele von "ODDSET", "Sportwette", "KENO" und von "Rubbellosen", soweit diese von den genannten Lotterieveranstaltern angeboten werden.

Darüber hinaus begehrte sie vom Beklagten die Erteilung einer Vermittlungserlaubnis für das jedenfalls damals von den Landeslotterien geplante so genannte "Euro"- und "Extra Lotto", sofern die Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt dafür jeweils die Veranstaltererlaubnis erhalte. Soweit Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages in Bezug auf die hier gegenständliche Vermittlungstätigkeit ein repressives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt enthielten und damit der Erteilung der begehrten Genehmigung entgegenstünden, sei dies, wie die Klägerin seinerzeit ausführte, nicht zu beachten. Denn diese Vorschriften seien verfassungswidrig und würden auch gegen das europäische Gemeinschaftsrecht verstoßen. Diese Rechtsauffassung führte sie in dem Antrag näher aus.

Mit Schreiben vom 18. Februar 2009 hörte der Beklagte die Klägerin zu der von ihm beabsichtigten Ablehnung der gestellten Anträge an. Nachdem diese hierzu unter dem 12. März 2009 unter Mitteilung ihrer gegenteiligen Rechtsansichten Stellung genommen hatte, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 02. April 2009 sämtliche gestellten Anträge der Klägerin ab.

Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin zwar die entsprechenden Anträge stellen könne. Sie habe allerdings keinen Anspruch auf positive Bescheidung. Abgesehen davon, habe die Ablehnung bereits deshalb zu erfolgen, weil wesentliche Voraussetzungen nach dem Glücksspielgesetz des Landes Sachsen-Anhalt nicht erfüllt seien.

Die Lotterie "Extra Lotto" sei bereits im Dezember 2008 veranstaltet und abgeschlossen worden. Die Veranstaltung der Lotterie "Eurolotto" sei im Land Sachsen-Anhalt nicht erlaubt. Da es die Lotterie "Extra Lotto" nicht mehr gebe, fehle der Klägerin insoweit das Bescheidungsinteresse. Im Hinblick auf die Veranstaltung der Lotterie "Eurolotto" gelte dasselbe, da bislang noch kein Veranstalter einen entsprechenden Zulassungsantrag gestellt habe. Die Lose der Klassenlotterien könnten nur durch Lotterieeinnehmer vermittelt werden, die in die Vertriebsorganisation der Veranstalter eingegliedert seien. Außerdem kämen für den Vertrieb nur die von den Lotterieeinnehmern errichteten Verkaufsstellen in Betracht. All dies treffe auf die Klägerin nicht zu.

Im Hinblick auf die übrigen Lotterien scheide die Erteilung einer Erlaubnis auf der Grundlage des Glücksspielstaatsvertrages und des zur landesrechtlichen Umsetzung hierzu erlassenen Glücksspielgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt aus. Zur Kanalisierung des Spieltriebes der Bevölkerung reichten die bestehenden Vermittlungswege vollkommen aus.

Die Erteilung einer Erlaubnis an die Klägerin würde zudem den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages zuwiderlaufen, da hierdurch neue Vertriebswege geschaffen würden. Dies würde zu einer Förderung der Wett- und Spielsucht führen. Denn hierdurch würden sich die Spielaktivitäten wesentlich erhöhen. Zudem sei keine Vermittlungslücke festzustellen. Der von der Klägerin ins Auge gefasste Vermittlungsweg über das Internet sei zudem verboten. Soweit sich die Klägerin auf die Verfassungswidrigkeit der der Erteilung einer Genehmigung entgegenstehenden Bestimmungen des Glücksspielgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt und auf deren Europarechtswidrigkeit berufe, werde diese Auffassung von ihm nicht geteilt. Im Übrigen habe die Klägerin trotz hierzu eröffneter Gelegenheit nicht alle für die Bescheidung ihres Antrages erforderlichen Unterlagen vorgelegt.

Am 15. Mai 2009 hat die Klägerin bei Gericht Klage erhoben.

Sie ist hierzu nunmehr der Auffassung, dass sie für ihre Vermittlungstätigkeit in dem begehrten Umfange überhaupt keiner Erlaubnis bedürfe. Sie habe dieses Geschäftsfeld von der Klägerin des Verfahrens 3 A 158/09 HAL, der in Hamburg ansässigen Tipp24 AG erworben und vorübergehend diese Vermittlung auch vorgenommen. Aus den entsprechenden Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages sowie des Glücksspielgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt folge ein allgemeines repressives Vermittlungsverbot mit Befreiungsvorbehalt, durch das sie in ihrer Berufs- und Dienstleistungsfreiheit unverhältnismäßig beschränkt werde. Die Regelungen seien daher unanwendbar.

Insbesondere sei das Verbot der Vermittlung von Glücksspielen im Internet sowohl verfassungs- als auch gemeinschaftswidrig. Selbst wenn man anderer Auffassung wäre, habe sie jedenfalls einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung. Bei verfassungs- und gemeinschaftskonformer Auslegung der genannten Regelungen sei diese Erteilung dem Beklagten auch ohne weiteres möglich.

Die Klägerin beantragt,

den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 02. April 2009 aufzuheben und festzustellen, dass sie für die beantragte Tätigkeit keiner Erlaubnis bedarf.

Hilfsweise beantragt sie,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 02. April 2009 zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über ihren Erlaubnisantrag neu zu entscheiden, wobei insbesondere die Vermittlung von Lotterien, deren Veranstaltung in anderen Bundesländern zugelassen ist, die Vermittlung im Internet, die Werbung im Internet, die Annahme von Provisionen seitens der Lotteriegesellschaften, auffordernde, anreizende und ermunternde Werbemaßnahmen als solche sowie ein mangelndes Bedürfnis für die Vermittlung oder Veranstaltung der vermittelten Glücksspiele keine Versagungsgründe für die Erlaubnis darstellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wie im Parallelverfahren 3 A 158/09 HAL verteidigt er auch hier die Ablehnung der begehrten Genehmigung und verweist auf die Begründung des hier gegenständlichen Ablehnungsbescheides. Darüber hinaus ist er der Auffassung, dass das Genehmigungsbedürfnis nicht aus verfassungsrechtlichen oder europarechtlichen Gründen entfalle. Die hier zur Anwendung gekommenen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages und des Glücksspielgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt seien insgesamt auf eine Zurückdrängung der Wett- und Spielsucht ausgerichtet. Seine Ablehnungsentscheidung orientiere sich an den gesetzlichen Vorgaben.

Insbesondere ergebe sich aus diesen, dass die Aufhebung seines Ablehnungsbescheides nicht weiterführen würde. Denn aus dem in Landesrecht überführten Glücksspielstaatsvertrag sowie dem in Ausführung dieses Vertrages erlassenen Glücksspielgesetz des Landes Sachsen-Anhalt ergebe sich, dass das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele ohne die entsprechende Erlaubnis verboten sei.

Aber auch abgesehen davon seien die Voraussetzungen für eine solche Erlaubnis im Hinblick auf die Klägerin nicht gegeben. Soweit es um Glücksspielveranstaltungen der Lotteriegesellschaften anderer Bundesländer gehe, folge dies daraus, dass diese Gesellschaften nicht die Erlaubnis besitzen, ihre Glücksspiele auch in Sachsen-Anhalt zu veranstalten. Hier besitze allein die Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt als landeseigenes Unternehmen eine derartige Zulassung.

Außerdem sei er an der Erteilung der begehrten Erlaubnis schon deshalb gehindert, weil diese dem Glücksspielstaatsvertrag zuwiderlaufen würde.

Die Klägerin könne auch nicht geltend machen, dass Verbot und Erlaubnispflichtigkeit im Hinblick auf die gewerbliche Vermittlung der hier gegenständlichen Glücksspiele gegen gegenüber dem deutschen Recht vorrangige europarechtliche Vorgaben, etwa gegen die Dienstleistungsfreiheit, verstoßen.

Die Bundesrepublik Deutschland habe nach europarechtlichen Grundsätzen durchaus die Möglichkeit, private Glücksspielaktivitäten einschließlich der Vermittlung von (staatlich veranstalteten) Glücksspielen zu kontrollieren. Sie sei in diesem Rahmen sowohl berechtigt, ein staatliches Monopol für solche Aktivitäten als auch damit einhergehend ein gesetzliches Verbot privater Betätigung auf diesem Sektor einzuführen. Insbesondere bestehe in der Bundesrepublik Deutschland ein für ein solches Monopol erforderliches kohärentes System der Zurückdrängung der Wett- und Spielsucht der Bevölkerung. Dass im Hinblick auf die hier in Rede stehenden Glücksspiele von einer entsprechenden Suchtgefährdung auszugehen sei, hätten die Untersuchungen gezeigt, die dem Landesgesetzgeber bei den Beratungen zur Anpassung des Glücksspielgesetzes im Jahre 2007 vorgelegen haben und die auch von ihm berücksichtigt worden seien.

Die auf bundesrechtlichen Vorgaben beruhenden Pferdewetten sowie die ebenfalls bundesrechtlich geregelte Aufstellung und der Betrieb von Glücksspielautomaten seien auf Spielerschutz angelegt. Dasselbe gelte für die im Land bestehenden Spielbanken.

Im Übrigen müsse auch das Europarecht den beträchtlichen sittlichen, religiösen und kulturellen Unterschieden in den Mitgliedsstaaten Rechnung tragen, aus denen heraus letztlich die oft unterschiedliche Handhabung des Glücksspielwesens zu erklären sei.

Das beschließende Gericht hat in dem weiteren, allerdings durch beiderseitige Erledigungserklärungen zum Abschluss gekommenen Parallelverfahren 3 A 203/08 HAL eine Befragung bei sämtlichen (ca. 660) Vormundschaftsgerichten (Betreuungsgerichten) der Bundesrepublik Deutschland und zahlreichen (größeren) psychiatrischen Krankenhäusern im Hinblick auf das Bestehen einer Wett- und Spielsucht, insbesondere im Hinblick auf Lotto und Toto, durchgeführt.

Wegen des Ergebnisses dieser Befragung wird auf den hierzu geführten Sonderband der Gerichtsakte verwiesen, der sämtliche Antworten der befragten Stellen enthält. Die Beteiligten haben von jeder Antwort eine Ablichtung erhalten. Sie haben hierzu auch jeweils umfänglich Stellung genommen.

So hat die Klägerin der Verfahren 3 A 203/08 HAL und 3 A 158/09 HAL aus Anlass dieser Befragung ihren Vortrag in der mündlichen Verhandlung durch eine fachliche Stellungnahme des Prof. Dr. Heino Stöver, Direktor des Instituts für Suchtforschung an der Fachhochschule Frankfurt am Main, ergänzt. Hierzu wird auf die in der Gerichtsakte des Verfahrens 3 A 203/08 HAL enthaltene schriftliche Fassung dieser Stellungnahme verwiesen, die u. a. auch eine statistische Auswertung der oben erwähnten Befragung enthält.

Im Hinblick auf die in der gutachterlichen Stellungnahme vorgenommenen statistischen Feststellungen heißt es dort:

"Im Rahmen der gerichtlichen Sachverhaltsermittlung hat das Verwaltungsgericht sämtliche erstinstanzlichen Betreuungsgerichte in der Bundesrepublik Deutschland (vermittelt über die Oberlandesgerichte - mit Ausnahme des Bezirks des OLG Hamm, wo die Amtsgerichte direkt adressiert wurden) angeschrieben, um die Bedeutung der Spielsucht und insbesondere der Sucht im Bereich der hier interessierenden Lotterien zu klären.

Weiterhin hat das Gericht rund 100 Fachkrankenhäuser für Psychiatrie mit mehr als 300 Betten angeschrieben, um auch dort aufzuklären, welche Bedeutung dort Spielsucht hat und welchen Anteil hierbei die verschiedenen Arten von Glücksspiel hätten. Die befragten Fachkrankenhäuser decken einen Großteil der auf Suchtbehandlung spezialisierten stationären Suchteinrichtungen ab.#

...

Die im Wege der Amtshilfe zu beantwortende Frage lautete:

Hat es an Ihrem Vormundschaftsgericht in Ihrem vormundschaftsgerichtlichen Dezernat in den letzten fünf Jahren Verfahren (wie viele?) gegeben, die Maßnahmen im Hinblick von Betroffenen zum Gegenstand hatten, die an einer Spielsucht leiden (Glücksspiele wie Toto, Lotto, Pferdewetten, Glücksspielautomaten, Spielcasinos etc.)?

...

Tabelle 1: Amtsgerichte (N=217)

(Anmerkung des erkennenden Gerichts: Diese und die weiteren Tabellen wurden bis auf Korrektur von Schreibfehlern unverändert von der genannten gutachterlichen Stellungnahme übernommen.)

Nr.

Amtsgericht

BekannteBetreu-ungsfälle(letzten 5Jahre)

Bemerkungen

1

Ahaus

0

"Seit Jahrzehnten kein Fall erinnerlich"

2

Ahlen

4-5

3

Ahrensburg

1

Einwilligungsvorbehalt für Vermögenssorge, Person hirnorganisch geschädigt

4

Altena

0

5

Altenburg

0

6

Alzey

2

Betreuungen m. Einwilligungsvorbehalt wg. Spielsucht (1 x Glücksspielautomaten, 1 x Spielen in Casinos

7

Apolda

0

8

Arnsberg

0

9

Arnstadt

10

Persönliche Einschätzung Betreuungsverfahren mit Spielsucht-Hintergrund

10

Arnstadt/ZweigstelleIllmenau

0

11

Aschersleben

<5

Nur in einem Dezernat einzelne Verfahren im unteren einstelligen Bereich

12

Bad Freienwalde

0

13

Bad Hersfeld

30

Bei einem Bestand von 1.300 Betreuungen

14

Bad Kreuznach

2

1 Verfahren mit Spielautomaten, 1 Verfahren mit höheren Lottoeinsätzen

15

Bad Liebenwerda

2

Betreuungen wegen Spielsucht

16

Bad Oeynhausen

2-3

Spielsucht o. ä.

17

Bad Sobernheim

0

18

Beckum

0

"keine signifikante Größe"

19

Bergheim

0

20

B-Charlottenburg

?

Nicht ermittelbar, "ihre Anzahl jedoch im Vergleich zu den aus anderen Gründen eingeleiteten Betreuungsverfahren nicht ins Gewicht fällt".

21

B-Köpenick

4

Befragung von sechs VormundschaftsrichterInnen

22

B-Lichtenberg

2

Beide Spielsuchtprobleme, in Spielcasinos und überwiegend Roulette

23

B-Schöneberg

0

24

B-Spandau

<10

Vereinzelte Fälle, "deutlich weniger als 10 Verfahren"

25

B-Tempelhof-Kreuzberg

0

Nachfrage bei drei Betreuungsrichtern

26

B-Tiergarten

2 proJahrpro Ab-teilung

Zwei Richter sind einbezogen worden

27

B-Wedding

10-20

Bei ca. 8.000 laufenden Betreuungsverfahren

28

B-Pankow/Weißensee

0

29

B-Mitte

4

In einem Fall nicht sicher, ob innerhalb der letzten 5 Jahre oder früher

30

Bernau

0

31

Bernburg

0

32

Bernkastel-Kues

0

33

Betzdorf/Sieg

2

34

Biedenkopf

25

Max. 5 Fälle jährl.

35

Blomberg

0

Rücksprache mit dem zuständigen Betreuungsrichter und Rechtspfleger

36

Bocholt

10-15

Von 1.700 Betreuungen jährlich. Spielsucht im Zusammenhang mit Glücksspielautomaten

37

Bochum

3-4

Exzessive Teilnahme an Preisausschreiben und Gewinnspielen, ein Fall Automatenspielsucht

38

Borken

?

"Deutlich einstelliger Bereich", v.a. Automatenspielsucht

39

Brakel

0

40

Brandenburga.d.H.

1

Glücksspielautomaten

41

Braunschweig

max.10

"...Internet und Automatenspiele, aber auch Glücksspiel mit Freunden ..."

42

Bremen

5-10

In drei Fällen manische Erkrankung als psychopathologische Ursache

43

Bri (Ortsnameunvollständig)

0

44

Burg

0

45

Bünde

0

46

Castrop-Rauxel

15-20

Überwiegend Geldautomatenspieler. Insgesamt 1.650 Betreuungen

47

Celle

0

48

Chemnitz

3

49

Coesfeld

0

Bei zwei Richtern keine Verfahren in Erinnerung

50

Cottbus

0

51

Dessau-Roßlau

0

52

Daun

1

53

Dieburg

2

54

Dresden

0

55

Dülmen

0

56

Dortmund

0

57

Detmold

2

Aus den letzten 3 Jahren (Glücksspiel an Automaten und im Casino)

58

Delbrück

0

59

Erding

0

Bei 2.200 laufenden Betreuungsverfahren

60

Ebersbach/Fils

0

61

Eckernförde

2

62

Essen

11 +  31

11 Betreuungssachen wg. Verschuldung durch Spielsucht; 31 wg. Teilnahme an Gewinnspielen älterer Menschen mit häufig beginnender Demenz

63

Elze

0

64

Eisleben

0

65

Erfurt

4

In einem Fall Glücksspielautomaten

66

Eggenfelden

2-3Fälle(jähr-lich)

Schätzung bei 650-700 Neueingängen in Betreuungssachen

67

Essen-Borbeck

0

68

Eisenhüttenstadt

0

"keine signifikante Zahl von Verfahren

69

Fürstenfeldbruck

0

70

Freyung

0

71

Frankenberg

1

72

Frankfurt (Oder)

0

73

Frankfurt am Main

50-70

74

Friedberg (Hessen)

1

75

Fürstenwalde

0

76

Fürth/Odw.

1

77

Gardelegen

1

78

Gießen

?

"Nach Schätzung handelt es sich um sehr wenige Fälle ..."

79

Günzburg

?

"Allenfalls einzelne Verfahren, die die Spielsucht des Betroffenen zum Gegenstand haben". Bei jährlich ca. 800 neuen Betreuungsverfahren

80

Gladbeck

0

81

Greiz

1

Einbeziehung der mit Betreuungsverfahren befassten Richter und Rechtspfleger

82

Gotha

<10

"... eine eher untergeordnete Rolle ..."

83

Gelsenkirchen-Buer

3-4

84

Gütersloh

0

85

Garmisch-Partenkirchen

2 (indenletzten10 Jah-ren)

"Spielsucht ... als Problemfall in einigen wenigen Fällen, in denen anderweitige psychiatrische Diagnosen als maßgebliche Erkrankung mitgeteilt wurde" (Alkoholabhängigkeit, schizophrene Krankheitsformen, vereinzelt auch Demenz

86

Gera

1

Spielsucht (Lotto) einer 75-jährigen Frau

87

Gronau

0

88

Groß-Gerau

3

Neben Spielsucht auch andere Gründe erheblich

89

Guben

1

90

Haldensleben

0

91

Halberstadt

0

92

Halle

2

Spielsucht im Zusammenhang mit anderen psychischen Erkrankungen

93

Halle (Westfalen)

1

"neben einer anderen seel. Erkrankung u.a. auch Spielsucht" (1.300 Betreuungsverfahren)

94

Hainichen

2

Glücksspiel in Spielhallen bzw. Lotto

95

Hamm

0

96

Höxter

2

Ein Fall bzgl. Geldspielautomaten, ein Fall bzgl. schriftl. Gewinnspiele

97

HeilbadHeiligenstadt

0

98

Helmstedt

5-10

Einrichtung einer rechtlichen Betreuung nicht allein aufgrund einer "Spielsucht", sondern häufig andere Suchterkrankungen oder Diagnosen (wie Intelligenzminderungen)

99

Herne-Wanne

1

100

Hattingen

0

101

Hildesheim

1-3Fälle

Auch Spielsucht (teils an "Glückspielautomaten, teils pathologischer Umgang mit Gewinnversprechungen"

102

Homburg

0

103

Hoyerswerda

?

Es waren Betreuungsverfahren anhängig, die u.a. auch das Problem Spielsucht der Betroffenen beinhalteten. Dies war jedoch krankheitsbedingt nicht das einzige Problem der Betroffenen. Anordnung einer Betreuung mit Aufgabenkreis Vermögenssorge mit Einwilligung

104

Ibbenbüren

3-5

Glücksspielsucht

105

Jena

5-10(jähr-lich)

D.h. 0,5-1% der jährlich 1.000 neuen Betreuungsverfahren ist "Spielsucht" eine Anlass- oder Begleiterkrankung

106

Kamenz

0

107

Kassel

20

108

Kaufbeuren

0

109

Köthen

0

110

Kiel

3-5 (ind. letz-ten 2Jahren)

Bzgl. Geldspielgeräte.

111

Kirchhain

3

112

Koblenz

15-30

D.h. 1-2% der Gesamtzahl der Verfahren

113

Kamen

5

Jeweils Spielcasino

114

Langen

1

115

Lübeck

2

116

Laufen

0

117

Lüneburg

?

"nur sehr selten"; "Spielsucht" war Begleitsymptomatik zu einer anderen diagnostizierten psychischen Erkrankung. Bzgl. Glücksspielautomaten

118

Lünen

?

"nicht von Bedeutung". Spielsucht allenfalls Nebenerkrankung neben anderen Suchterkrankungen

119

Lübben

0

120

Linz am Rhein

1

121

Lemgo

2

122

Lippstadt

?

"nur in wenigen Fällen" (bei 2.800 anhängigen Betreuungsverfahren)

123

Lebach

0

124

Lehrte

0

125

Lüdinghausen

0

126

Lübbecke

5

127

Lennestedt

0

128

Leipzig

0

129

Mainz

?

a) . "Die Anzahl der Fälle ist jedoch äußerst gering"b) . "Die Zahl der Fälle ist nicht signifikant, es sind meines Erachtens nur einige wenige pro Jahr...""c) . Betreuungen, in denen wegen "Spielsucht" ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet wurde: ca. 15

130

Magdeburg

0

"Keine signifikante Zahl von Verfahren"

131

Mannheim

0

132

Marburg

1

133

Marsberg

1

Bei 926 Betreuungsverfahren im Bestand (bzgl. Automatenspielsucht)

134

Meißen

1

Wg. Teilnahme an Gewinnspielen (Lotterien und Gewinnspiele), "eine paranoid gefärbte Persönlichkeitsstörung"

135

Meppen

7

136

Merseburg

?

"An eine nennenswerte Zahl .vermag ich mich jedoch nicht zu erinnern"

137

Merzig

5

"Davon 4 betr. Glücksspielautomaten und 1 betr. Spielkasino"

138

Mühlhausen

139

Meinerzhagen

1

Spielsucht in öffentlichen Spielhallen

140

Medebach

1

(für 25€ Lotto spielen im Monat)

141

Meschede

<5

z.B. 70-jähriger Rentner Spielautomatenspiel

142

München

?

In Einzelfällen (Lotto, insbesondere Teilnahme an Tippgemeinschaften, oder ähnliche Gewinnspiele, auch Internet, Spielautomaten)

143

Minden

?

"...in den letzten Jahren immer wieder Einzelfälle auftraten, in denen die Erkrankung einer Spielsucht relevant war."

144

Neuburg/Donau

5

145

Naumburg

1

Glücksspiel mit Automaten in Spielotheken

146

Nördlingen

1

147

Neuwied

0

148

Norden

0

149

Nordhausen

1

Spielsucht (Einwilligungsvorbehalt)

150

Neu-Ulm

1

"Keine signifikante Zahl von Verfahren wegen Maßnahmen gegen Spielsucht."

151

Neustadt a. Rbge.

0

152

Nauen

0

153

Neuruppin

3

154

NotariatOberndorf

0

155

Oschersleben

0

156

Osnabrück

10-15

".aus dem Gedächtnis erinnerlich."

157

Ottweiler

1

"Betreffend Glücksspielautomaten"

158

Paderborn

25

Bei zwei Richterinnen jeweils 10, ein weiterer Richter geht von 5 Fällen aus.

159

Pfaffenhofen

0

160

Perleberg

<10

"kleine Anzahl .wegen des Hangs an Glückspielautomaten zu spielen."

161

Plettenberg

2-3

"in Erinnerung"

162

Pößneck

0

163

Quedlinburg

2

Lotto und Glücksspielautomaten

164

Reinbek

1

Seit 2007. Beteiligung an vermeintlichen Gewinnspielen

165

Rheda-Wiedenbrück

0

Seit 2001

166

Rahden

<10

Weniger als 10 Verfahren: "Glücksspielsucht als Automatenspielsucht"In den letzten 9 Jahren waren fortwährend 1.200 Betreuungsverfahren anhängig.

167

Recklinghausen

?

"Nur vereinzelt und in nicht signifikantem Umfang."

168

Rudolstadt

4

169

Sangerhausen

0

170

Saarlouis

?

"einige"

171

Salzgitter

5-10

Bei ca. 2.200 anhängigen BetreuungsverfahrenEinrichtung einer rechtlichen Betreuung nicht allein aufgrund einer "Spielsucht", sondern häufig andere Suchterkrankungen oder Diagnosen (wie Intelligenzminderungen)

172

Salzwedel

0

173

Sinzig

3

"...drei Betreuungen bekannt, in denen der Betroffene (auch) spielsüchtig war."

174

Schwedt/Oder

0

175

Schwetzingen

1

Und wenige weitere Verfahren

176

St. Goar

0

177

Salzwedel

0

178

Sonthofen

2

"Bei beiden Betroffenen handelte es sich um eine Glücksspielsucht bezüglich Glücksspielautomaten"

179

Steinfurt

4

a) . 1 Fall mit dem thematisierten Hintergrundb) . ".etwa 3 Betreuungen .bei welchen neben anderen Gesichtspunkten (depressive Entwicklung, Alkoholmissbauch) das Bestehen einer so genannten Spielsucht eine Rolle spielte."

180

St. Wendel

4

181

Simmern/Hunsrück

1

Glücksspiel an Glücksspielautomaten

182

Soest

0

183

Sömmerda

0

184

Saarbrücken

?

"auch Betreuungsverfahren, die Maßnahmen im Hinblick auf die Spielsucht von Betroffenen zum Gegenstand haben". Wie hoch der genaue Anteil ist, kann angesichts der anhängigen 5.600 Betreuungsverfahren nicht ermitteln. "Es gibt Fälle von Spielsucht im Rahmen des Lottospiels (etwa tippen bei Anbietern wie Faber), mit Geldspielautomaten oder in Spielcasinos. In diesen Fällen ist sehr oft die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts zum Eigenschutz des Betroffenen nötig"

185

Schönebeck

0

186

Sondershausen

0

"Eine signifikante Anzahl von Verfahren gab es hier nicht". Derzeit kein Verfahren. Aus der Vergangenheit sind mir ca. 2 Betreuungsverfahren in Erinnerung, bei denen die Betreuten (ältere Damen), insbesondere sich bei Glücksspielen wie Lotto oder anderweitigen Gewinnbenachrichtigungen, die per Post zugegangen sind, beteiligt haben"

187

Stadtroda

5

Führte zu Einwilligungsvorbehalte für Rechtsgeschäfte des Betroffenen.

188

Schmallenberg

2

Wg. Spielsucht

189

Soltau

0

190

St. Ingbert

0

191

Strausberg

?

Lt. Betreuungsrichter "nur sehr wenige Verfahren"

192

Schwelm

1-2(jähr-lich)

Wg. Spielsucht (meist an Spielautomaten)

193

Trier

0

194

Titisee-Neustadt

9-10

2 Fälle wg. Teilnahme an Glücksspielen (nach Gewinnzusagen)1 Fall Betreuerwechsel von der Mutter der zu Betreuenden auf einen Berufsbetreuer, weil u.a. die Mutter die Gelder der betreuten volljährigen Kinder zum Glücksspiel verwendete (v.a. Automatenspiele, evtl. auch zum Lotto)Ca. 5 Spielsucht in Verbindung mit einer anderem Suchtverhalten (z.B. Alkoholabhängigkeit)1-2 wg. Spielsucht

195

Tecklenburg

5

196

Velbert

0

197

Viechtach

2

1 Fall Spielsucht (Automatenspiel) bei dissozialer Persönlichkeit1 Fall Gewinnspiele (per Telefon oder Post)(Bei durchschnittlich 1.200 Betreuungsverfahren im Jahr, davon ca. 350400 neue Verfahren)

198

Viersen

3

199

Völklingen

0

200

Weinheim

?

"wenige Fälle"

201

Wernigerode

1

Spielen am Glücksspielautomaten

202

Wiesbaden

0

203

Wittenberg

2-3

204

Westerburg

ca. 1(jährl.)

"kommen nur vereinzelt" vor

205

Wittenberg

2-3

206

Wetter

0

207

Weimar

0

208

Weißenfels

0

209

Warendorf

5-8

Bei etwa 2.000 Betreuungssachen

210

Warburg

0

211

Wennig-sen/Deister

0

212

Warstein

2

213

Werl

?

"eine sehr geringe Anzahl"

213

Wolfenbüttel

1

"nach § 1631 b BGB wegen Spielsucht mit Computerspielen"

214

Zerbst

0

215

Zwickau

2

1 Fall Spielsucht1 Fall Spielsucht (Geldspielautomaten)

216

Zehdenick

0

217

Zossen

2

1 Fall Spielsucht im Rahmen einer Manie (ICD 10 F30)1 Fall Spielen im Rahmen einer dissozialen Persönlichkeitsstörung (ICD10 F60.2)Bei insgesamt 1.200 anhängigen Verfahren

Tabelle 2: Landgerichte (N=35)

Nr.

Landgericht

BekannteBetreuungsfälle(letzte 5Jahre)

Bemerkungen

1

Arnsberg

0

"...Nicht bekannt..." Allerdings: 1 Fall in dem Spielsucht (Spielautomaten) "Ausfluss einer primär vorliegenden - vermutlich hirnorganisch bedingten - Persönlichkeitsveränderung"

2

Baden-Baden

4

"Es lag jeweils ein gemischtes Krankheitsbild vor."

3

Bautzen

1

"Neben Spielsucht bildeten weitere Faktoren den Betreuungsgrund".

4

Darmstadt

7

5

Dortmund

Ca. 5

Fünf Amtsgerichte im Landgerichtsbezirk sind angeschrieben worden. Lediglich ein AG teilte mit, dass 5 solcher Fälle vorgekommen seien.

6

Ellwangen

0

7

Frankfurt a. M.

0

8

Freiburg

4-5

Teilnahme an Glücksspielen mit hohen Gewinnversprechen (Angebote per Telefon und Werbung) und Spielen an Spielautomaten

9

Görlitz

0

10

Hanau

0

11

Hechingen

10-12

12

Heidelberg

5

In zwei Fällen Geldspielautomaten

13

Heilbronn

4

14

Karlsruhe

2

15

Kassel

10

Bei den AG Eschwege, Fritzlar, Korbach. In 5 Fällen zusätzlich ein Einwilligungsvorbehalt wegen festgestellter Spielsucht (AG Eschwege und Korbach)

16

Köln

?

17

Konstanz

8

"In einem Fall ging es um Teilnahme an Kettenbriefen. Ein weiterer Fall betraf Glücksspiele (Lotterie) und Haustürgeschäfte."

18

Leipzig

0

"... keinen signifikanten Anstieg oder Bestand von Verfahren mit Betroffenen, die zu Maßnahmen wegen Spielsucht geführt haben ...".

19

Limburg a. d. Lahn

0

20

Magdeburg

(kein Eintrag in der dem erkennenden Gericht vorgelegten Liste)

21

Meiningen

4

Nur in einem von 6 AG des LG-Bezirks. 5 AG berichten keine Fälle. Das AG Meiningen teilt 4 Betreuungsverfahren mit (Kasinospielen, Gewinnspiele. Insgesamt macht die Betreuung wegen festgestellter Spielsucht aber einen nur sehr geringen Anteil aus. Allein am Amtsgericht Meiningen sind derzeit 1.527 Betreuungsverfahren anhängig.

22

Mosbach

2

23

Offenburg

2

24

Oldenburg

?

... vereinzelte Fälle ...äußerst seltene Konstellationen."

25

Osnabrück

?

"sehr gering."

26

Passau

6

27

Ravensburg

10

28

Rostock

0

29

Rottweil

24

30

Siegen

2-4

Lt. Auskunft der Direktoren der Amtsgerichte. Spielsucht stelle kein isoliert zu betrachtendes Phänomen dar, sondern zumeist in Kombination mit weiteren psychischen Störungen.

31

Stuttgart

18

32

Tübingen

14

33

Ulm

17

34

Wiesbaden

1

35

Zwickau

0

Bei drei der vier AG des Geschäftsbereichs des LG Zwickau waren keine Betreuungsfälle aus den letzten 5 Jahren bekannt. Lediglich das AG Zwickau (siehe Darstellung unter Amtsgerichten in Tabelle 2*) berichtet über 2 Fälle.





__*)Tabellenzahl durch das erkennende Gericht eingesetzt

Tabelle 3: Oberlandesgerichte (N=11)

Nr.

OLG (in Klam-mern AnzahlAGs)

Bekannte Betreu-ungsfälle (letzte 5Jahre)

Bemerkungen

1

Bamberg (18)

ca. 50

18 AGs; Gesamtzahl der Betreuerbestellungen deutlich über 10.000: 50 Fälle mit "pathologische Spielsucht" als alleinigem oder wesentlichem Grund für die Bestellung.

2

Braunschweig (16)

16 Amtsgerichte; AG Osterode ein Verfahren; AG Herzberg ein Verfahren; Salzgitter und Helmstedt, jeweils fünf bis zehn Verfahren; AG Salzgitter ca. 2.200 Betreuungsverfahren; häufig andere Probleme und Intelligenzminderungen; Wolfenbüttel einmal Spielsucht mit Computerspielen; AG Braunschweig höchstens zehn Verfahren mit Internet und Automaten, aber auch Glücksspiel mit Freunden.

3

Bremen

1

4

Dresden

?

Von den sächsischen Vormundschaftsgerichten wurden in den letzten fünf Jahren lediglich in wenigen Einzelfällen im Zusammenhang mit Spielsucht stehende Maßnahmen ergriffen, Verweis auf LG Bautzen, Chemnitz; Dresen und Zwickau, sowie AG Chemnitz.

5

Frankfurt am Main

170

170 Verfahren hessenweit in den letzten fünf Jahren; d. sind 13 Landgerichtsbezirke; 45 Amtsgerichte

6

Karlsruhe

Tabelle; max. 65 Spielsuchtbetreuungen; 9 Landgerichtsbezirke; 53 Amtsgerichte; ein Fall Konstanz Lotterie und Haustürgeschäfte.

7

Nürnberg (17)

<20

"...nur sehr vereinzelt Betreuungsverfahren wegen Spielsucht angeordnet wurden." Mehrere Fälle bezogen sich auf Automatenglücksspiel.

8

Oldenburg

3 LG'e; AG Meppen mit 7 Verfahren der höchste Wert; LG Osnabrück im Schnitt 4 Verfahren; AG Osnabrück höchstens 10-15 Verfahren aus dem Gedächtnis, bei denen Glücksspielsucht eine Rolle spielte.

9

Rostock

äußert sich nur zu seiner Tätigkeit als Senat, nicht zu den Erfahrungen der Amtsgerichtbezirke. Diese seien nicht bekannt.

10

Saarbrücken

10 Spielsuchtfälle bei den Amtsgerichten des Saarlands und eine nicht näher quantifizierte Mehrzahl von Spielsuchtfällen im Bezirk des Amtsgerichts Neunkirchen, dem Standort einer bekannten Spielbank, wobei augenscheinlich keine Lottofälle erwähnt werden.

11

Stuttgart

8 Landgerichtsbezirke mit 56 Amtsgerichten; dort insgesamt 97 Meldungen aus den letzten fünf Jahren.

Zu diesen Auswertungen heißt es in der gutachterlichen Stellungnahme weiter:

"Von den rund 660 Amtsgerichten haben 217 unmittelbar geantwortet. Das entspricht einer Rücklaufquote von 33% und stellt bei einem solch umfangreichen Amtshilfeansuchen einen recht hohen Wert dar. Obwohl Repräsentativitätsanalysen nicht gemacht werden konnten, verteilen sich die Amtsgerichte, die geantwortet haben, über ganz Deutschland.

Zum großen Teil ist die Anfrage unmittelbar an die BetreuungsrichterInnen, RechtspflegerInnen weitergeleitet worden, um ein möglichst breites Spektrum an Erfahrungen in Betreuerbestellungen aufgrund einer Spielsuchtproblematik zu erreichen. Die in Anführungsstrichen wiedergegebenen Äußerungen in der "Bemerkungen"-Spalte geben die OriginalAntworten wieder. Wenn dort mehrere Antworten aufgeführt sind, so sind dies die getrennten Einschätzungen mehrerer RichterInnen. Ansonsten sind die Einschätzungen von einem Richter/einer Richterin jeweilig für den gesamten Amtsgerichtsbezirk zusammengefasst worden. Es handelt sich überwiegend um Einschätzungen und Erinnerungswerte, weil diese Daten in der Regel nicht statistisch erfasst werden.

Einige wenige Richter können rückwirkend nur einen kleineren Zeitraum als die gefragten 5 Jahre überblicken. Andere Richter hingegen beziehen sich auf einen längeren Zeitraum. Beides ist in der "Bemerkungen"- Spalte jeweils angegeben.

Wenn von den Oberlandesgerichten oder Landgerichten Daten einigen Amtsgerichten zugeordnet wurden, wurden diese Angaben auch in der Tabelle 1 (Amtsgerichte) eingepflegt. Sofern keine eindeutige Zuordnung möglich war, werden die Angaben jeweils in den Tabellen Landgerichten und Oberlandesgericht geführt.

Die Art der psychischen Erkrankungen, und damit der spezifische Anordnungsgrund der Betreuung für die letztlich ein Betreuungsverfahren eingeleitet wird, werden statistisch nicht erfasst.

Die Antworten machen deutlich, dass die meisten Personen, für die eine Betreuerbestellung vorgenommen wird, an komorbiden Störungen und Erkrankungen leiden. Die Spielsucht oder, falls nicht als solche nach ICD 10 diagnostiziert, ein bestimmtes Spielverhalten, war dabei oftmals jeweils nur ein sekundäres bzw. tertiäres Problem, das nicht im Vordergrund der Begründung einer Betreuung stand: Andere psychische Erkrankungen hingegen stehen in der Regel im Vordergrund.

Aus den Antworten zur Anfrage geht hervor, dass Spielsucht als Teil eines Krankheitsbildes, das zur Einrichtung einer Betreuung führt, nur in einer verschwindend geringen Anzahl von Betreuungssachen gemeldet worden ist. Angesichts der Vielzahl von Betreuungen in einigen Amtsgerichtsbezirken machen Betreuungen auf der Grundlage einer diagnostizierten "Spielsucht" bzw. mit einer Spielsuchtrelevanz nur einen sehr kleinen Teil aus. In den Fällen, in denen die Gesamtzahl der jährlichen Betreuungen angegeben wurde bewegt sich der Anteil zwischen 0 - 2% (siehe in Tabelle 1, Nr. 13, 27, 36, 59, 66, 93, 105, 112, 133, 166, 171, 184, 197, 209).

Einige große Amtsgerichtsbezirke (z.B. Leipzig) bzw. ganze Teile von Landgerichtsbezirken mit mehreren Amtsgerichten weisen keine dieser erfragten Betreuungsverfahren auf.

Bei den angegebenen Spielsuchtfällen dominieren Fälle von Automaten- und Casinospiel.

Übermäßige Geldausgaben für Glücksspiel, ebenso wie für Tabak- und Alkoholkonsum oder Mobilfunkverträge, werden oftmals als Folge psychischer Erkrankungen betrachtet.

Deutlich wird auch, dass Spielsucht auch oft die Grundlage bildet für die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes für den Aufgabenkreis Vermögenssorge (z.B. AG Mainz, Schlüchtern).

Ein wachsendes Problem, das in mehreren Antworten angegeben wird, sind Betreuungen bei über 60-jährigen Personen aufgrund von Beteiligung an Gewinnspielen (über Zeitschriften, Zeitungen und Telefonwerbungen). Hier steht nicht die entgeltliche Lotterie und die Diagnose Spielsucht im Vordergrund, sondern v.a. Demenz bzw. aufgrund demenzieller Entwicklung eingeschränkter Kritik- und Erinnerungsfähigkeit und erhöhter Suggestibilität (z.B. Amtsgerichte Frankfurt a.M., Gotha, Strausberg). Auch das AG Schlüchtern berichtet über dieses Phänomen: "Die Anreize, die die Spielsucht von Betroffenen fördern, ergeben sich weniger aus den klassischen Glücksspielen, wie der Teilnahme am Lotto oder dem Besuch von Spielcasinos, sondern mehr aus den neuartigen Glücksspielen, die den Betroffenen durch das Angebot im Fernsehen, das Zusenden von Glücksspielformularen mit der Post und Werbeanrufe in der häuslichen Umgebung aufgedrängt werden.

Neben den Antworten der Amtsgerichte selbst liegen Daten aus 35 Landgerichten und 11 Oberlandesgerichten (ohne OLG Hamm, das nicht inhaltlich geantwortet hat) vor, bei denen die Antworten der ihnen nachgeordneten Amtsgerichte gesammelt worden sind. Allein die Gerichtsbezirke der elf Oberlandesgerichte, die geantwortet haben, umfassen von ihrem Zuständigkeitsbereich mit rd. 33,9 Mio. Einwohnern mehr als 40% der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland und decken u.a. die folgenden Bundesländer flächendeckend ab: Baden-Württemberg, Sachsen, Bremen und das Saarland sowie Teile weiterer Flächenländer.

Ebenso wie bei den Antworten der Amtsgerichte zeigen auch die Angaben der Landgerichte (Tabelle 2) und Oberlandesgerichte (Tabelle 3), dass Betreuungen wegen festgestellter Spielsucht nur einen sehr geringen Anteil ausmachen, und Spielsucht allenfalls eine Sekundär- oder Tertiärdiagnose bildet".

Festzuhalten bleibt, dass unter Berücksichtigung der in den Stellungnahmen der Land- und Oberlandesgerichte nicht einzeln ausgewiesenen Amtsgerichte, ein Rücklauf erreicht wurde, der jedenfalls weit über einem Drittel der versandten Anfragen liegt.

Im Hinblick auf die vom erkennenden Gericht befragten Psychiatrischen Fachkrankenhäuser heißt es in der von Prof. Dr. Stöver erstellten Stellungnahme ferner:

"(Die Psychiatrischen Fachkrankenhäuser) wurden gebeten mitzuteilen, ob in dem Krankenhaus in den letzten fünf Jahren Fälle von Glücksspielsucht behandelt worden sind. Es wurde betont, dass statistische Korrektheit nicht verlangt würde, indes es hilfreich sei, wenn aus den Angaben ersichtlich sei, um welche Art des Glücksspiels es sich gehandelt habe. ...

Von den etwa 100 angeschriebenen Fachkliniken haben 33 geantwortet, d.h. ebenfalls 33%. Auch hier scheint eine breite Abbildung der Verteilung psychiatrischer, psychotherapeutischer und psychosomatischer Kliniken gewährleistet zu sein (>300 Betten pro Klinik).

Die erhaltenen Antworten der Fachkliniken können keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Repräsentativität der Abdeckung der Fachkliniken erheben. Es finden sich bei der Befragung jedoch Antworten vieler großer regionaler Versorgungskrankenhäuser für Psychiatrie aus dem gesamten Bundesgebiet wieder. Die Antworten spiegeln daher einen großen Teil psychiatrisch versorgter Patientinnen im Bundesgebiet wider. Ein Teil der Antworten bezieht sich auch auf ambulante Versorgungen. Wie groß der Anteil der Beratungen/Behandlungen im ambulanten Rahmen ist, lässt sich mit dieser Umfrage nicht ermitteln. ...

1. Es wird bei fast allen Antworten der Fachkliniken deutlich, dass "Pathologisches Spielen" (ICD 10: F63.0) nicht die primäre Einweisungsdiagnose, sondern ein weiteres Störungsbild neben der zur stationären Behandlung führenden Primär- oder einer weiteren Sekundärdiagnose darstellt. Die Einweisungsdiagnosen sind in der Regel:

- Alkohol-/Medikamenten-/Drogenabhängigkeit,- Depressionen,- Persönlichkeitsstörungen,- Angsterkrankungen.

Oftmals ist die Diagnose "Spielsucht" als Zweit- oder Drittdiagnose bei Depressionen, anderen o.g. Primärerkrankungen und plötzlich auftretender Suizidalität bzw. Suizidversuchen festgestellt worden.

Die akutpsychiatrischen, stationären Aufnahmen von Patienten mit Spielsucht scheinen, gemessen an der vermuteten Verbreitung dieses Störungsbildes, immer noch recht selten aufzutreten (siehe RheinMosel-Fachklinik Andernach).

Insgesamt scheint nach Auskunft der antwortenden Fachärzte die Komorbidität von Alkoholabhängigkeit und Spielsucht am höchsten zu sein.

Die Relevanz drückt sich beispielhaft in einem großen akutpsychiatrischen Versorgungskrankenhaus aus, das pro Jahr etwa 40 Patienten mit Spielsucht behandelt von insgesamt 1.800 jährlich akut stationär behandelten Patienten (siehe Rhein-Mosel-Fachklinik Andernach). Ähnlich drückt dies das Universitätsklinikum Rostock aus: Hier wiesen für das Jahr 2009 etwa fünf stationäre Patienten eine Abhängigkeitsdiagnose komorbid eine sog. Spielsucht auf, bei insgesamt 2.500 Patientenaufnahmen jährlich. Ebenso die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie/Psychosomatik - Kliniken Sonnenberg - in Saarbrücken: "Unser regionales Versorgungskrankenhaus für Psychiatrie empfängt im Jahr etwa 2.000 Patienten zur vollstationären Behandlung in der Allgemeinpsychiatrie. Hiervon erhalten etwa 10 Patienten die Diagnose ,Spielsucht‘ (ICD 10 F 63.0). Es handelt sich fast ausschließlich um das Spiel an Automaten".

2. Die Grundlage der "Spielsucht" der meisten behandelten Patienten bezieht sich in erster Linie auf:

- Automatenspiele (siehe Rhein-Mosel-Fachklinik Andernach; "...über 60% der Fälle klassisches Automatenspiel", siehe LWL-Klinik Dortmund),

- Casinospiele, v.a. Roulette, Internetcasinos (siehe Alexianer St. Hedwig Krankenhaus der Charité Berlin),

- Sportwetten (Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, AG Spielsucht der Charité Berlin),

- Computerspiele (Ökumenisches Hainich Klinikum, Fachrankenhaus für Neurologie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychiatrie und Psychotherapie, Mühlhausen/Thüringen).

Es geht bei der Sekundär-/Tertiärdiagnose "Spielsucht" also hauptsächlich um die klassischen Glücksspielformen, nicht bzw. zu einem äußerst geringen Teil um Lotto- oder Totospielen. Eine Klinik unterstreicht dies explizit: "In der Regel handelt es sich um Glücksspielen an Glückspielautomaten, seltener haben wir Patienten gesehen, die im Internet Glücksspiele machen, Lotto und Toto waren hier nicht von Belang" (LWL-Klinik Lengerich, Abteilung für Suchtbehandlungen).

Lottospielen scheint, wenn überhaupt, eher als Sekundär- oder Tertiärproblem im Zusammenhang mit anderen Spielformen aufzutreten, wie etwa die Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der Universität Regensburg mitteilt: "...ist das Risiko für Sportwetten, Casinospiele und Geldspielgeräte am höchsten, für Lotto dagegen weitaus geringer. Etwa 80% der Hilfesuchenden in den Beratungsstellen haben Probleme mit Geldspielgeräten. Demgegenüber stehen etwa 6%, die von Problemen mit Lotto berichten, wobei Lotto eher als Sekundärproblem im Zusammenhang mit anderen Spielformen auftritt." Diese Erfahrungen werden unterstrichen von dem Fachkrankenhaus Hubertusburg: "Im Bereich Lotto und Toto finden wir nur in Vergesellschaftung mit anderen Glücksspielen Patienten".

Spielsucht scheint somit vorwiegend im Rahmen von multimorbiden Störungen und Erkrankungen von Patienten diagnostiziert zu werden.

Die Kliniken, die die Gesamtzahl ihrer überwiegend stationär behandelten Patientinnen angaben, zeigen Anteile diagnostizierter Spielsucht von etwa 1-2% der Gesamtzahl der diagnostizierten Krankheiten an (siehe Tabelle 4).

Tabelle 4: Fachkliniken

Nr.

Klinik

# Pat.(jährl.)

# Pat.insges.(jährl.)

Bemerkungen

1

Rhein-Mosel-Fachklinik AndernachAbt. Suchtmedizin und Sozialpsychiatrie

40

1.800

2

Sächsisches Krankenhaus Arnsdorf

0*

*In den letzten 5 Jahren

3

Vitos. Klinik für Psychiatrie und Psycho-therapie Merxhausen

3

3.000

Ca. 1.500 Pat. legaler Abhängigk. (stationär)Ca. 1.500 Pat. legaler Abhängigk. (ambulant)

4

LVR-Klinik Bedburg-Hau

60

?

Daten aus 2009

5

Alexianer, St. Joseph-KrankenhausBerlin-Weißensee.Zentrum für Neurologie, Psychiatrie und Psychosomatik

1-2

?

Meist steht eine andere psychiatrische Diagnose im Vordergrund

6

Alexianer, St. Hedwig-KrankenhausPsychiatrische Universitätsklinik der Charite, Berlin; Psychiatrie Abt. Wedding, Station St. Felicitas

1-2

?

In der Regel noch eine andere behandlungsbedürftige psychische Störung (z.B. zusätzl. Alkoholabhängigkeit)

7

Alexianer, St. Hedwig-KrankenhausPsychiatrische Universitätsklinik der Charite, Berlin; Region Wedding

5-10*

?

*In den letzten 5 Jahren. Überwiegend Automatenspiel

8

Charite, Centrum für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie. Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Abt. Spielsucht, Berlin

43

?

Vier Pat. stat.; 39 ambul., v.a.24 Automatenspiel, 6 Sportwetten, 5 Glücksspiele in Internet-Casinos

9

Salus gGmbH, Fachklinik Bernburg. Klinik für Psychiatrie/Psychotherapie, Kinder- und Jugendpsychiatrie/-psychosomatik und psychotherapie

?

?

In Einzelfällen zusätzlich zu stoffgebundenen Süchten (Alkohol-/Drogenabhängigkeit)

10

Salus gGmbH, Landeskrankenhaus für Forensische Psychiatrie Bernburg.

1

§ 64 für suchtkranke Straftäter des Landes Sachsen-Anhalt

11

Ev. Krankenhaus Bielefeld. Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Bethel

ca. 6

¾ pathologische Automatenspieler

12

Gesundheit Nord. Klinikum Bremen-Ost. Zentrum für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik

5-10

?

"Als Nebendiagnose". Meist in Verbindung mit Glücksspielautomaten

13

LWL-Klinik Dortmund. Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatische Medizin. Abt. Suchtmedizin

ca. 15

?

In den letzten 5 Jahren. "in über 60% der Fälle um klassisches Automatenspiel

14

LVR-Klinik Düren, Abt. für Abhängigkeitserkrankungen

?

?

"...in den letzten 5 Jahren immer wieder Patienten behandelt, die auch in der 2. und 3. Diagnose als glücksspielsüchtig diagnostiziert wurden". Überwiegend Glücksspielautomaten bzw. in selteneren Fällen um, Spielen in Spiel-Casinos.

15

LVR-Klinikum Düsseldorf, Abt. für Abhängigkeitserkrankungen

15-20*

?

*In den letzten 5 Jahren, Spielen an Spielautomaten

16

Helios Klinikum Erfurt. Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik

6

17

Sächsisches Krankenhaus für Psychiatrie, Psychosomatik und Neurologie Großschweidnitz

0

?

18

Kliniken des Bezirks Oberbayern. IsarAmper-Klinikum. München-Ost. Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatische Medizin, Neurologie

210*

?

*In den letzten 5 Jahren. 117 Pat. ambulant, 93 Pat. stationär

19

LWL-Klinik Hemer. Hans-Prinzhorn Klinik. für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik im LWL-PsychiatrieVerbund Westfalen

ca. 50

4.500

20

Universitätsklinikum Jena. Hans-BergerKliniken. Klinik für für Psychiatrie und Psychotherapie

5*

*In den letzten 5 Jahren. Diagnosespektrum: Sportwetten, Internetspiele und Automatenspiele

21

AWO Fachkrankenhaus Jericho. Fachabteilung für Psychiatrie und Psychotherapie

ca. 5

Glücksspiele an Automaten

22

Park-Krankenhaus Leipzig-Südost GmbH

0

Bei Komorbiditäten mit dieser Störung wurden die Patienten nach Abschluss der eigentlichen Behandlung auf komplementäre oder spezialisierte Einrichtungen orientiert.

23

LWL-Klinik Lengerich, Abt. für Suchtbehandlungen

6-10

"In der Regel handelt es sich um Glücksspiele an Glücksspielautomaten, seltener haben wir Patienten gesehen, die im Internet Glücksspiele machen. Lotto und Toto waren hier nicht von Belang."

24

Saarländische Klinik für Forensische Psychiatrie, Merzig

0*

*in den letzten 5 Jahren

25

Ökumenisches Hainich Klinikum gGmbH. Fachkrankenhaus für Neurologie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychiatrie und Psychotherapie

3-4

8.000statio-näre;10.000ambu-lant

Ca. 3 pro Mille. "Dabei geht es überwiegend um Automatenspielsucht, in Einzelfällen aber auch um Computerspielsucht, Spielhallenspielsucht und sehr selten auch um Fälle von Spielsüchten in gehobenem,Casino‘-Niveau."

26

Zfp Südwürttemberg. Abteilung für Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters Weissenau

1-3statio-när

?

D.h. weniger als 1% der Patientenfälle. Behandlung nur, wenn zusätzlich zum Suchtverhalten eine behandlungsbedürftige Komorbidität besteht (autistische Züge oder Asperger-Autismus, schizotype Persönlichkeitsstörung, Zwangsstörung, soziale Phobie etc.)

27

LWL-Klinik Münster. Psychiatrie, Psycho-therapie Psychosomatik, Innere Medizin

1(+)4-5(++)10-20(+++)

2202.0001.880

+ im Bereich der medizinischen Rehabilitation; ++ im stationären Beriech; +++ im ambulanten Bereich

28

Klinikum Burgenlandkreis. Saale-Unstrut-Klinikum Naumburg. Klinik für psychische Erkrankungen

8*

* in den letzten 5 Jahren

27

Universitätsklinikum Regensburg. Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der Universität Regensburg

24-60

"Diese Patienten kommen meist im Rahmen akuter Krisen zu uns, wie z.B. Suizidalität und massiven psychosozialen Problemen aufgrund der Glücksspielsucht (z.B. Delinquenz, Schulden, zerbrochene psychosoziale Beziehungen)"

28

Evangelische Stiftung Tannenhof. Fachkrankenhaus für Psychiatrie Psychotherapie, Psychosomatik und Neurologie

20*

* in den letzten 5 Jahren. Mit der Zweit- oder Drittdiagnose pathologisches Glücksspiel

29

Universitätsklinikum Rostock. Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Zentrum für Nervenheilkunde

8

2.600stationärundambu-lant

Überwiegend Patienten mit einer Abhängigkeitsdiagnose, die komorbid eine so genannte Spielsucht hatten.

30

SHG Saarland. Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie/Psychosomatik

10

2.000

Fast ausschließlich um das Spiel an Automaten

31

LVR-Klinik Viersen

?

?

"nur Einzelfälle"

32

Kliniken des Bezirks Oberbayern. Inn- Salzach-Klinikum gGmbH. Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatische Medizin, Neurologie

<10

2.000

Pathologisches Spielen an Glücksspielautomaten, wobei der Anlass für die stationäre Aufnahme meist Komorbidität mit einer stoffgebundenen Sucht war (Alkohol, Medikamente oder illegale Drogen), oder akute Suizidalität in Zusammenhang mit der Glücksspielsucht und der daraus resultierenden Verschuldung

33

Fachambulanz für Suchterkrankungen beim Diakonischen Werk in Rosenheim

60ambu-lant

Bei 250.000 Einwohnern

34

Fachkrankenhaus Hubertusburg gGmbH. Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie

1-3%d. stat.Pat.

?

Automatenspielsucht, Internet-Pokerspielen

35

Diakonie Zschadraß. Fachkrankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie

1*

*in den letzten 5 Jahren. Glücksspielautomatenspiel stand im Vordergrund

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie die Gerichtsakten der Parallelsachen 3 A 158/09 HAL, 3 A 203/08 HAL und auf die vom Beklagten in allen genannten Verfahren und in dieser Sache vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen. Diese Unterlagen lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung sowie der Beratung des Gerichts.

Gründe

Die Feststellungsklage ist gemäß § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Danach kann durch die Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Diese Voraussetzungen für die Zulässigkeit dieser Rechtsschutzform sind im vorliegenden Fall gegeben.

Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis liegt vor, weil die Anwendung von Rechtsnormen auf einen bestimmten und bereits überschaubaren Sachverhalt streitig ist. Hierbei handelt es sich um Bestimmungen sowohl des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) vom 20. Januar/31. Juli 2007 (GVBl S. 412, 425), in Landesrecht überführt durch das Gesetz vom 18. Dezember 2007 (GVBl S. 412), als auch des Glücksspielgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (Glücksspielgesetz - GlüG LSA) vom 22. Dezember 2004 (GVBl S. 846), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 18. Dezember 2007 (GVBl S. 412).

Auch ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der baldigen Feststellung im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO ist gegeben. Ein solches ist jedes nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse, sei es rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, das hinreichend gewichtig ist, um die Position des Betroffenen zu verbessern (BVerwG, Urteil vom 06. Februar 1986 - 5 C 40.84 -, BVerwGE 74, 1 [4]).

Ein berechtigtes Interesse ist insbesondere dann gegeben, wenn die Rechtslage unklar ist und die zuständige Behörde anderer Auffassung ist als der Kläger, dieser sein künftiges Verhalten an der Feststellung orientieren will und er etwa der Meinung ist, dass er für eine bestimmte Tätigkeit keine behördliche Erlaubnis benötigt, die Behörde jedoch insoweit anderer Auffassung ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1974 - VII C 36.72 -, BVerwGE 45, 225 [226]; Beschluss vom 22. Oktober 1981 - 7 C 77.80 -, NJW 1983, 2584). So verhält es sich hier:

Dazu ist es ausreichend darauf zu verweisen, dass sich die Klägerin seit ihrem Bestehen mit der gewerblichen Vermittlung bestimmter Glücksspiele befasst und sich zur Fortsetzung ihrer Tätigkeit sowohl mit hiergegen gerichteten Untersagungsverfügungen auseinandersetzen oder im Hinblick auf die jeweiligen Glücksspiele um die Erteilung von Genehmigungen nach dem GlüG LSA bemühen muss. Die Antworten auf die hier im Rahmen der Prüfung des Feststellungsbegehrens aufgeworfenen Rechtsfragen haben Bedeutung für sowohl für Entscheidungen über (weitere) Genehmigungsanträge nach dem GlüG LSA als auch im Hinblick auf die etwa zu erlassenden (weiteren) Untersagungsverfügungen. Wenn die Klägerin für die hier gegenständliche Vermittlungstätigkeit (gegenwärtig) überhaupt keiner Genehmigung bedarf, können auf der Grundlage des GlüG LSA in Verbindung mit dem GlüStV im Hinblick auf diese Vermittlung ihr gegenüber insbesondere keine Untersagungsverfügungen (mehr) ergehen.

Ein hinreichend konkreter und statthafter Gegenstand für eine Feststellungsklage liegt ebenfalls vor. Die das Rechtsverhältnis konstituierenden rechtlichen Beziehungen der Beteiligten ergeben sich sowohl aus der Regelung des § 4 Abs. 1 GlüStV, wonach zum einen eine Erlaubnispflichtigkeit für öffentliche Glücksspiele besteht. Sie folgen ferner aus § 4 Abs. 4 GlüStV in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Nr. 3 b) GlüG LSA wonach das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten ist. Schließlich ist hierzu auch auf die in Umsetzung dieser und weiterer Vorgaben des GlüStV erlassene Regelung des § 13 GlüG LSA (vgl. hierzu: VG Berlin, Urteil vom 22. September 2008 - 35 A 15.08 -, zit. nach Juris, Rz. 53 ff.) zu verweisen.

Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht die Subsidiaritätsregel des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO entgegen. Danach kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann. Zwar könnte die Klägerin sich sowohl mit der Anfechtungsklage nach Maßgabe von § 42 Abs. 1 VwGO gegen Untersagungsverfügungen des Beklagten zur Wehr setzen, als auch nach Maßgabe derselben Regelung mit der Verpflichtungsklage versuchen, die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der begehrten Vermittlungsgenehmigung zu erstreiten.

Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Feststellungsklage als rechtsschutzintensiver anzusehen ist, da ihr Gegenstand weiter reicht als bei den zuvor genannten Gestaltungsklagen. Sie dient grundsätzlich der Klärung der Frage, ob die Klägerin ihre Vermittlungstätigkeit erlaubnisfrei ausüben kann und ihr hierbei weder Regelungen des GlüStV noch des GlüG LSA entgegenstehen. Im Rahmen einer Gestaltungsklage wäre diese Frage eine sich (immer wieder) neu stellende Vorfrage, während ein Feststellungsurteil gerade dies verhindert, da die Beteiligten in ihren Rechtsbeziehungen im Hinblick auf die dort getroffenen Feststellungen gebunden sind.

Auf dem Wege einer Verpflichtungsklage könnte die Klägerin außerdem keine Genehmigung für ihre Vermittlungstätigkeit erstreiten. Wie der Beklagte in dem mit der vorliegenden Klage zugleich angegriffenen Versagungsbescheid vom 15. April 2009 zutreffend festgestellt hat, schließt schon die Regelung des § 13 GlüG LSA die Erteilung einer solchen Genehmigung zwingend aus. Der Versuch einer gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung dieser und anderer damit im Zusammenhang stehender Regelungen des GlüG LSA würde indessen schon an dem Umstand scheitern, dass er auf eine Durchbrechung des ursprünglichen gesetzgeberischen Willens hinausliefe (vgl. dazu näher unten).

Der Klägerin steht auch die in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis zu, die gegeben ist, wenn die Klägerin geltend machen kann, in ihren Rechten verletzt zu sein, und zwar entweder weil sie an dem festzustellenden Rechtsverhältnis selbst beteiligt ist oder weil von dem Rechtsverhältnis eigene Rechte abhängen. So liegt es auch im vorliegenden Fall vor dem Hintergrund der von ihr im Einzelnen benannten Regelungen des GlüStV und des GlüG LSA. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob sich die Klägerin unmittelbar auf ihr Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG berufen kann (falls sie nur deutsche Anteilseigner hat) oder ob sie durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützt ist (für den Fall das sie nur als juristische Person nach britischem Recht anzusehen ist). Jedenfalls kann die Klägerin sich auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 und 57 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl C 83 vom 30. März 2010, S. 47) berufen.

Die Klage ist auch im Hinblick auf das Aufhebungsbegehren betreffend den Bescheid des Beklagten vom 02. April 2009 gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässig. Obsiegt die Klägerin mit ihrem Feststellungsbegehren, bedarf es der Beseitigung des durch diesen Bescheid gesetzten Rechtsscheins der Genehmigungsbedürftigkeit ihrer Vermittlungstätigkeit. Dass auch insoweit die Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO gegeben ist, folgt aus den voraufgegangenen Ausführungen zur Zulässigkeit der Feststellungsklage.

Die Klage ist auch begründet.

Die Klägerin begehrt zu Recht die Feststellung, dass sie staatlich zugelassene Glücksspiele - auch soweit dies über das Internet erfolgt - ungeachtet der Regelungen des § 4 Abs. 1 GlüStV und des § 13 Abs. 1 GlüG LSA ohne eine Genehmigung des Beklagten gewerblich vermitteln darf. Insbesondere diese Regelungen verstoßen gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht, das hier vorrangig zur Anwendung zu kommen hat. Dass es der Sache nach möglicherweise geboten sein kann, die von der Klägerin erstrebte Vermittlungstätigkeit unter ein Genehmigungsregime zu stellen, hat hierbei außer Betracht zu bleiben. Denn es ist nicht Aufgabe des erkennenden Gerichts, sondern die des Gesetzgebers, ein solches gegebenenfalls in einem insbesondere europarechtskonformen Zuschnitt vorzuhalten.

Die beiden rechtlichen Instrumente zur Regelung des Glücksspielwesens (GlüStV und GlüG LSA) unterliegen dem Anwendungsvorrang des europäischen Gemeinschaftsrechts. Sowohl § 4 GlüStV und § 13 GlüG LSA verstoßen in dem hier relevanten Umfang gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Aus diesem Anwendungsvorrang folgt die Nichtanwendbarkeit dieser und aller damit im Zusammenhang stehenden (nationalen) Regelungen.

Die Nichtanwendbarkeit ist eine Rechtsfolge, die ohne weiteres vom erkennenden Gericht zu beachten ist (EuGH, Urteil vom 08. September 2010 - C-409/06 - Winner Wetten GmbH -, Rz. 55), und zwar ohne die Möglichkeit der Bestimmung einer Übergangszeit, in der es etwa vorübergehend noch bei dem als gemeinschaftsrechtswidrig erkannten Zustand verbleiben könnte (EuGH, aaO, Rz. 69).

Da das europäische Gemeinschaftsrecht im vorliegenden Fall vorrangig zur Anwendung kommt, erübrigt sich die Prüfung der Frage, ob mit der Verletzung des Europäischen Gemeinschaftsrechts auch eine Verletzung der Klägerin in ihren Grundrechten gegeben ist.

Selbst wenn da erkennende Gericht von der Verfassungswidrigkeit der genannten Regelungen überzeugt wäre (vgl. zu einem solchen Ansatz: VG Berlin, Urteil vom 22. September 2008, aaO., Rz.69 ff.), käme eine Vorlage des Verfahrens im Rahmen konkreter Normenkontrolle gemäß Art. 100 Abs. 1 GG gleichwohl schon deshalb nicht in Betracht, weil es wegen der Vorrangigkeit von Regelungen des europäischen Gemeinschaftsrechts an der für eine solche Vorlage erforderlichen Entscheidungserheblichkeit fehlen würde (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82 u. a. -, BVerfGE 85, 191, [204]; BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 72.08 -, Juris, Rz. 29).

Im Hinblick auf die vom erkennenden Gericht festgestellte Gemeinschaftswidrigkeit von Staatsvertrag und Glücksspielgesetz gilt Folgendes:

Die hier von der Klägerin beabsichtigte grenzüberschreitende Vermittlung von staatlichen Glücksspielen unterfällt den Regelungen über die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 und 57 AEUV.

Danach sind Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Europäischen Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, nach Maßgabe dieses Vertrages verboten.

Als Dienstleistungen im Sinne dieser Bestimmung gelten gemäß Art. 57 Satz 1 AEUV Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen. Dies gilt gemäß Art. 57 Satz 2 AEUV für gewerbliche, kaufmännische, handwerkliche und freiberufliche Tätigkeiten.

Der Anwendungsbereich dieser Bestimmungen ist im vorliegenden Fall deshalb eröffnet, weil die von der Klägerin beabsichtigte Tätigkeit als grenzüberschreitende Dienstleistung anzusehen ist. Dabei ist es ausreichend, dass die Dienstleistung selbst die Grenze überschreitet, ohne dass Leistungserbringer und Leistungsempfänger die Grenze überschreiten (Korrespondenzdienstleistung - vgl. EuGH, Urteil vom 10. Mai 1995 - C-384/93 -, EuGHE 1995 I-1141 Rz. 22; VG Berlin, aaO, Rz. 171 m.w.N.).

Die Klägerin will ihre Vermittlungstätigkeit im Hinblick auf die hier gegenständlichen staatlichen Lotterien (auch) über das Internet betreiben. Damit erreicht sie ihre Kunden grenzüberschreitend und weltweit, was angesichts der inzwischen vorhandenen Alltäglichkeit solcher Vorgänge keiner weiteren Erörterung bedarf.

Die Klägerin wird in ihrer (beabsichtigten) Tätigkeit durch die Regelung des § 13 Abs. 1 GlüG LSA behindert. Diese Vorschrift regelt nicht allein die Voraussetzungen für die Erteilung einer Genehmigung zur Vermittlung staatlicher Glücksspiele. Sie stellt sich darüber hinaus als repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt dar (VG Berlin, Urteil vom 22. September 2008, aaO, Rz. 86 ff.).

Dies folgt insbesondere daraus, dass nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GlüG LSA, der insoweit über den Regelungsrahmen des § 19 GlüStV hinausgeht, kein - gebundener - Rechtsanspruch auf die Erteilung der begehrten Vermittlungserlaubnis besteht, wenn die Voraussetzungen zur Erteilung der Erlaubnis erfüllt werden. Dies zeigt sich im Weiteren auch daran, dass nach § 13 Abs. 3 Nr. 1 GlüG LSA eine "Erforderlichkeitsprüfung" für die Vermittlungstätigkeit vorgesehen ist und nach § 13 Abs. 3 Nr. 2 GlüG LSA eine Vermittlungstätigkeit nur erlaubnisfähig ist, wenn dafür ein "hinreichendes öffentliches Bedürfnis besteht". Derartige im Ermessen der Erlaubnisbehörde stehende "Erforderlichkeits- und Bedürfnisvorbehalte" sind indessen mit den Grundsätzen der Berufs- und Dienstleistungsfreiheit nur unter strengen Voraussetzungen vereinbar.

Dem Wesen sowohl der betroffenen (europarechtlichen) Grundfreiheit als auch des betroffenen Grundrechts entsprechen solche Vorbehalte nur dann, wenn sie das materielle, aus diesen fließende Recht als solches unberührt lassen und dem Grundrechtsträger in dem einfachen Gesetz, das solche Vorbehalte enthält, das Recht eingeräumt ist, die Aufhebung der formellen Ausübungsschranke zu verlangen, wenn die hierfür vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 05. August 1966 - 1 BvF 1/61 -, BVerfGE 20, 150 [155]).

Im Hinblick auf die zu erfüllenden Voraussetzungen gilt, dass sie hinreichend bestimmt sind und dem Übermaßverbot entsprechen. Sie müssen situationsadäquat ausgestaltet sein und in einer sachlichen Konkordanz zu den verfolgten (legitimen) Zielen stehen (vgl. BVerfG, Urteil vom 03. November 1982 - 1 BvL 4/78 -, BVerfGE 61, 291 [317 f.] m. w. N.). Diesen Anforderungen genügen die genannten Bestimmungen nicht. Sie laufen darauf hinaus, Private, die ausschließlich aus eigenen wirtschaftlichen Interessen ihrer Vermittlungstätigkeit nachgehen wollen, als Inhaber einer solchen Genehmigung von vornherein ohne weiteres auszuschließen.

Ein Erforderlichkeits- oder Bedürfnisnachweis liegt außerhalb der Tatbestände, auf die ein Bewerber Einfluss nehmen kann. Das Erfordernis eines solchen Nachweises zeigt alle Effekte eines Eingriffs in den Wesensgehalts des Grundrechts der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1953 - I C 90/53 -, BVerwGE 1, 48 [51] im Hinblick auf eine gaststättenrechtliche Bedürfnisprüfung). Nicht anderes gilt im Hinblick auf die Dienstleistungsfreiheit.

An diesem Befund vermag insbesondere der Umstand nichts zu ändern, dass ein Bewerber, der mangels eines Bedürfnisses in Teilen des Landes oder im ganzen Bundesland nicht zugelassen würde, in einem anderen Bundesland versuchen kann, eine entsprechende Genehmigung zu erlangen. Der Zugang zur erstrebten Vermittlungstätigkeit bliebe ihm auch dann verschlossen. Faktisch könnte er nämlich nicht damit rechnen, mit solchen Bemühungen dort Erfolg zu haben. Vor allem könnte kaum auf eine gerecht abgewogene Entscheidung über das Bestehen eines Bedarfs an einer privaten Vermittlungstätigkeit gehofft werden. Die "Bedürfnisprüfung" reduziert nach ihrem Zuschnitt die Freiheit der Berufswahl auf ein reines, letztlich aber leerlaufendes Verfahrensrecht, nämlich das Recht, einen Genehmigungsantrag stellen zu können. Der Sache nach allerdings läuft die durch die Antragstellung ausgelöste Bedürfnisprüfung sowohl nach der dahinter stehenden Intention als auch ihrer Zielrichtung darauf hinaus, Privatpersonen wie die Klägerin ohne Wenn und Aber als Genehmigungsinhaber nach § 13 GlüG LSA auszuschließen und dem Staat den Besitz seines faktisch bestehenden Glücksspielmonopols auch im Bereich der Vermittlungstätigkeit zu erhalten.

Ein derartiges interessenbetontes Vorgehen ist der Gesetzgebung nicht von vorn herein untersagt. Auch der Gesetzgeber darf Maßnahmen ergreifen, die sich in der Schlussbetrachtung als einseitige, das Staatsinteresse fördernde oder schützende Maßnahmen darstellen. Vorauszugehen hat allerdings ein Vorgehen, das insbesondere den Standards genügt, die vom BVerfG insbesondere in der Lüth-Entscheidung (Urteil vom 15. Januar 1958 - 1 BvR 400/51 -, BVerfGE 7, 198 [205]) zur Bedeutung der Grundrechte als objektive Wertordnung entwickelt worden sind:

"(Das Grundgesetz will) keine wertneutrale Ordnung sein. (Es hat) in seinem Grundrechtsabschnitt auch eine objektive Wertordnung aufgerichtet, (durch die) gerade hierin eine prinzipielle Verstärkung der Grundrechte zum Ausdruck kommt ... Dieses Wertesystem, das seinen Mittelpunkt in der innerhalb der sozialen Gemeinschaft sich frei entfaltenden menschlichen Persönlichkeit und ihrer Würde findet, muss als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts gelten; Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung empfangen von ihm Richtlinien und Impulse".

Diese Standards lassen sich ohne weiteres auf die Bedeutung der im AEUV geregelten Grundfreiheiten übertragen. Auch hier wird das Vorgehen der Organe der EU, aber auch der Mitgliedstaaten im Wesentlichen von den Grundfreiheiten gesteuert.

Der hier im Wesentlichen zur Absicherung von Staatseinnahmen vorgenommene - faktische - Ausschluss Privater bei der Vermittlung staatlicher Glücksspiele genügt den diesen Standards nicht. Er schränkt vielmehr die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV einseitig und unangemessen ein und verletzt damit gegenüber diesen Regelungen vorrangiges europäisches Gemeinschaftsrecht:

Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit sind zwar nach Maßgabe von Art. 62 AEUV in Verbindung mit Art. 52 Abs. 1 AEUV aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit möglich. Das Schutzniveau wird hierbei allerdings vom Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gesteuert (EuGH, Urteil vom 08. September 2010 - C- 316/07 u. a. - Stoß u. a. -, Rz. 78). Daher können zwingende Gründe des Allgemeininteresses Anlass für solche Beschränkungen sein, wenn sie geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen angestrebten Zieles zu gewährleisten, und wenn sie nicht über das hierfür Erforderliche hinausgehen (EuGH, Urteil vom 06. November 2003- C- 243/01 - Gambelli -, Rz. 65).

Zu diesen Gründen gehören der Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung sowie die Bekämpfung der Spielsucht und der Schutz der Spieler vor unlauteren Glücksspielangeboten. Die Beurteilung dieser Fragen obliegt zunächst den dafür zuständigen Organen des jeweiligen Mitgliedsstaates (EuGH, Urteil vom 08. September 2010 - C- 46/08 - Carmen Media GmbH -, Rz. 55 m. w. N.).

Für Inhalt, Art und Ausmaß dieser Beschränkungen gilt im Einzelnen Folgendes (zitiert nach der Zusammenfassung in den Schlussanträgen des Generalanwalts vom 16. Mai 2006 in den verbundenen Rechtssachen C-33/04, C-359/04 und C-360/04 - Placanica u. a. -, Rz. 34):

Der EuGH (Urteil vom 06. November 2003, aaO, - Gambelli -) verlangt, dass solche Beschränkungen

- durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sind, wobei die ergriffenen Maßnahmen "kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen" müssen (Gambelli, Rz. 67, Hervorhebung durch das erkennende Gericht), so dass sich ein Staat, der eine Politik der starken Ausweitung des Spielens und Wettens zum Zweck der Einnahmenerzielung verfolgt, nicht "im Hinblick auf die Notwendigkeit, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, auf die öffentliche Sozialordnung berufen" kann (Gambelli, Rz. 68 und 69);

- sie in gleicher Weise und mit den gleichen Kriterien für alle Wirtschaftsteilnehmer aus der Gemeinschaft gelten (Gambelli, Rz. 70), wobei das Kriterium der Nichtdiskriminierung nicht beachtet würde, wenn in dem betreffenden Land ansässige Wirtschaftsteilnehmer sie leichter erfüllen könnten (Gambelli, Rz. 71);

- nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des mit ihnen verfolgten Zieles erforderlich ist (Gambelli, Rz. 72).

Obwohl die hierfür in Betracht kommenden Entscheidungen des EuGH jeweils in einem Vorabentscheidungsverfahren ergangen sind, entfaltet das Vorabentscheidungsurteil schon mit seiner Verkündung sowohl Rechtskraftvorwirkungen inter partes als auch unmittelbare Bindungswirkungen erga omnes (vgl. zur rechtlichen Wirkung von Vorabentscheidungen des EuGH: Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl., Art. 267 Rz. 37 ff.).

Die Bindungswirkung erga omnes bezeichnet hierbei eine allgemeine Bindung aller mitgliedschaftlichen Organe und damit auch des erkennenden Gerichts an den Auslegungstenor des Vorabentscheidungsurteils aufgrund des Primärrechtsgrundsatzes der Unionstreue in Verbindung mit dem Telos des Art. 267 AEUV, nämlich eine in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union einheitliche Anwendung des Unionsrechts zu gewährleisten (Chr. Koenig, Rechtsgutachten zur Anwendbarkeit der vermittlerbezogenen Vorschriften und Auflagen gemäß dem deutschen Glücksspielrecht nach der Verkündung der Urteile des Europäischen Gerichtshofes in den Rechtssachen C-46/08 - Carmen Media -, C.316/07 u. a. - Markus Stoß u. a. -, C-358/07 u. a. - Kulpa Automatenservice Asperg GmbH u. a. - und C-409/06 - Winner Wetten GmbH -, in der Gerichtsakte enthalten, S. 11 m. w. N.).

Damit obliegt dem erkennenden Gericht die Prüfung, ob die hier gegenständlichen nationalen Rechtsvorschriften, nämlich § 4 GlüStV und § 13 GlüG LSA, sowie die damit im Zusammenhang stehenden weiteren Vorschriften angesichts ihrer konkreten Anwendungsmodalitäten wirklich Zielen dienen, mit denen sie gerechtfertigt werden können, und die in ihnen enthaltenen Beschränkungen dazu nicht außer Verhältnis stehen.

Diesen Anforderungen werden die genannten Regelungen nicht gerecht, da die in ihnen enthaltenen Beschränkungen die Gelegenheiten zum Spiel nicht wirklich vermindern und die Tätigkeiten in diesem Bereich nicht kohärent und systematisch begrenzt werden. Diese Voraussetzungen sind insbesondere dann nicht gegeben, wenn der jeweilige Mitgliedstaat - und zwar einerlei ob dies vom Bund oder dem jeweiligen Land ausgeht - trotz solcher Regelungen zugleich die Verbraucher dazu anreizt und ermuntert, an Glücksspielen teilzunehmen, damit der (jeweiligen) Staatskasse Einnahmen zufließen (EuGH, aaO, - Stoß u. a. -, Rz 107).

Das hier zu Anwendung kommende Kohärenzgebot ist aus einer Bestimmung des Primärrechts der Europäischen Union entwickelt. Dieses Gebot beschreibt ein zusammenhängendes und widerspruchsfreies System, in dem alle Organe bei ihren Handlungen zur Erreichung der Ziele der Europäischen Union beitragen sollen. Dies gilt insbesondere für die hier angesprochenen Bereiche Justiz und Inneres im Rahmen des Dreisäulenschemas der Europäischen Union. So bestimmt Art. 7 AEUV, dass die Union auf die Kohärenz zwischen ihrer Politik und ihren Maßnahmen in den verschiedenen Bereichen zu achten und dabei unter Einhaltung des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung in ihren Zielen in ihrer Gesamtheit Rechnung trägt.

Nach diesem Verständnis, das auch für die hier in Rede stehende Bedeutung dieses Begriffs bestimmend ist, kann in Bezug auf die Bekämpfung der Wett- und Spielsucht nur eine Gesamtkohärenz gemeint sein, die eine sektorale Betrachtung, etwa eine Beschränkung auf bestimmte Glücksspiele oder ein bestimmtes Bundesland von vorn herein ausschließt (so ausdrücklich: EuGH, Urteil vom 08. September 2010, aaO, - Carmen Media -, Rz. 66 bis 70). Die gerichtliche Überprüfung, ob in Fällen der vorliegenden Art eine solche Gesamtkohärenz gegeben ist, die einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit rechtfertigt, hat mit "strict scrutiny" zu erfolgen.

Mit diesem insbesondere im europäischen Recht zur Anwendung kommenden Auslegungsgrundsatz ist eine "strenge" Prüfung gemeint, die unter dem Blickwinkel einer grundsätzlichen Skepsis gegenüber Individualrechte beschränkenden Maßnahmen "gründlich" prüft, ob wirklich eine entsprechende Rechtfertigungslage gegeben ist. Diese Prüfung des erkennenden Gerichts hat ergeben, dass hierfür kein Rechtfertigungsgrund zur Verfügung steht.

Soweit die hier in Rede stehenden Regelungen sowohl des GlüStV als auch des GlüG LSA der Sache nach letztlich ein staatliches Monopol auch für die Vermittlung staatlicher Glücksspiele begründen, sind sie nicht für die Erreichung des mit seiner Errichtung verfolgten Ziels geeignet, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen. Sie sind auch nicht in der Lage, dadurch zu gewährleisten, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (EuGH, aaO, und Urteil vom 08. September 2010, - Stoß u. a. -, Rz 107).

Im Einzelnen ist hierzu festzuhalten:

Das Bundesland Sachsen-Anhalt, das Inhaber eines solchen Monopols für andere ist, und auch alle anderen Bundesländer begrenzen, wie der GlüStV und das GlüG LSA zeigen, die von ihnen angebotenen Arten von Glücksspielen nicht auf das, was erforderlich ist, um die Verbraucher zum Angebot des Monopolinhabers hinzulenken und um sie damit von anderen, nicht genehmigten Zugangskanälen zu Spielen wegzuführen, sondern haben - im Gegenteil - Maßnahmen ergriffen, die darauf abzielen, den Spieltrieb der Verbraucher zu fördern und sie zwecks Maximierung der aus den entsprechenden Tätigkeiten erwarteten Einnahmen zu aktiver Teilnahme am Spiel zu stimulieren.

Darüber hinaus steht fest, dass auch deshalb von keinem kohärenten System der Bekämpfung der Wett- und Spielsucht auszugehen ist, weil andere Arten von weitaus gefährlicheren Glücksspielen von privaten Veranstaltern erlaubt sind, die über eine entsprechende Erlaubnis hierfür verfügen. Denn es steht ferner fest, dass gerade diese Glücksspiele ein höheres Suchtpotenzial als die dem Monopol unterfallenden Glücksspiele aufweisen. Dazu wird eine zur Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung betrieben und geduldet, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren.

Die Frage, ob in der Bundesrepublik Deutschland die Wett- und Spielsucht in kohärenter Weise bekämpft wird, darf - wie schon oben dargestellt - nicht nur isoliert für jedes einzelne Glücksspiel und nicht nur für jedes im Einzelfall betroffene Bundesland beantwortet werden.

Im Hinblick auf europarechtliche Anforderungen kommt es ausschließlich auf die Gesamtsituation in dem jeweiligen Mitgliedsland der Europäischen Union an (EuGH, Urteil vom 08. September 2010 - Rs C-46/08 -, Rz. 69 ff; vgl. auch VG Arnsberg, Beschluss vom 15. Oktober 2010 - 1 L 700/10 -, BA S. 5). Diese Anforderung rechtfertigt sich trotz der in jedem Mitgliedsland der Europäischen Union bestehenden Unterschiede im Hinblick auf die Frage, ob dort ein zentrales oder föderales System besteht. Denn diese Unterschiede in der staatlichen Struktur ändern nichts an der in dem jeweiligen Mitgliedsland gleichwohl bestehenden Einheit der Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse. Gerade im Hinblick auf diese Einheit haben die Beteiligten des GlüStV diesen Vertrag geschlossen.

Mit der Klägerin geht auch das erkennende Gericht davon aus, dass die in der Bundesrepublik auf der Grundlage des föderativen Prinzips bestehende Regionalisierung des Glücksspielwesens nur dann gemeinschaftsrechtlich hinzunehmen wäre, wenn hierbei dem Gedanken einer äußeren Kohärenz - wie oben dargestellt - Rechnung getragen würde. Nur dann wäre es einem Anbieter aus einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union zuzumuten, für seine grenzüberschreitende Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland sechzehn Genehmigungsverfahren zu durchlaufen. Im vorliegenden Fall führt dies nicht etwa schon deshalb zu einer faktischen Zurechnung inkohärenter Verhältnisse in dem einen oder anderen Bundesland auf das Land SachsenAnhalt. Die äußere Inkohärenz setzt vielmehr bereits früher ein. Sie ist bereits durch das bundesrechtlich geregelte Vorhandensein von Pferdewettveranstaltungen sowie dem Glücksspiel an Geldspielautomaten und in den auf landesrechtlicher Grundlage errichteten Spielbanken gegeben.

Die Anforderung, im Hinblick auf die Bekämpfung der Wett- und Spielsucht auf eine Gesamtkohärenz insoweit zu achten, dass in die Betrachtung sowohl alle Arten von

Glücksspielen als auch alle Bundesländer einbezogen werden (vgl. BVerwG, Presseerklärung Nr. 110/2010 zum Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 u. a. -), schließt jegliche sektorale Betrachtung - bezogen auf einzelne Glücksspiele oder Bundesländer - aus. Dies rechtfertigt sich aus folgenden Überlegungen:

Wenn von einer Wett- und Spielsucht gesprochen wird, ist zunächst zu beachten, dass es hier um ein Problem geht, das bei jedem Glücksspiel - wenn auch durchaus in jeweils unterschiedlichem Ausmaß - inhärent, d. h. im Sinne eines wesensbestimmenden Merkmals, vorhanden ist.

Die Glücksspielsucht an sich wird weder allein durch Werbung noch allein durch Vorhalten entsprechender Einrichtungen für Glücksspiele hervorgerufen. Werbung und Glücksspieleinrichtungen bereiten vielmehr das Feld, auf dem sich Glücksspielsucht entwickeln kann: Werbung lockt zum Spiel; Einrichtungen wie Spielbanken, Spielhallen, Spielautomaten, Lotto/Toto-Annahmestellen etc. bieten Gelegenheit, sich an Glücksspielen zu beteiligen. Die Glücksspielsucht selbst entwickelt sich jedoch ausschließlich in der Beziehung zwischen Spieler und Glücksspiel. Dabei ist es im Prinzip weder von Belang, ob die Gelegenheit zum Spiel bei Bedarf auf der Stelle vorhanden ist oder erst aufgesucht werden muss. Ebenso ist es für die eigentliche Entstehung der Spielsucht grundsätzlich unerheblich, ob sich die Sucht wie bei bestimmten Drogen schon beim Erstkontakt voll herausbildet, oder ob hierfür ein längerer (mehrstufiger) Gewöhnungsprozess zu durchlaufen ist.

Schließlich ist es für die Entstehung der Glücksspielsucht - grundsätzlich betrachtet - auch unerheblich, ob sich das jeweilige Glücksspiel großer Beliebtheit erfreut oder - wie dies bei den Pferdewetten der Fall ist - eher sinkende Spielerzahlen zu verzeichnen sind. Diese Umstände haben vorwiegend quantitative Bedeutung, und zwar für die Frage, mit wie vielen Suchtkranken bei dem jeweiligen Glücksspiel zu rechnen ist. So ändert der Umstand, dass ein Glücksspiel aus der Mode gekommen ist, nichts an dessen Gefährlichkeit, sondern beeinflusst allenfalls die (sinkende) Zahl der hier von Sucht Betroffenen. Die Wahrscheinlichkeit, an einer Glücksspielsucht zu erkranken, ergibt sich, was gerade die Beispiele der Pferdewetten und Spielbanken zeigen, ausschließlich aus den Bedingungen des jeweiligen Einzelfalls, in dem die Besonderheiten des jeweiligen Spiels und die des Spielers aufeinandertreffen.

Die Bekämpfung der Wett- und Spielsucht rechtfertigt sich im Wesentlichen nicht aus bestimmten moralischen Vorstellungen, sondern aus dem Erfordernis, gemeinschaftsschädigende Aktivitäten Einzelner wenn nicht abzuwehren, so doch wenigstens zu beschränken.

Wollte man das Entstehen von Wett- und Spielsucht allerdings vollkommen verhindern, müsste jede Art von (potentiell suchtgefährdendem) Glücksspiel verboten werden. Dass dies ein von vorn herein aussichtsloses Unterfangen ist, wurde beispielsweise schon zu früherer Zeit, etwa in den Beratungen des Reichstags, deutlich. Der damalige Staatssekretär des Reichsschatzamtes Kühn führte im Jahre 1914 vor dem Reichstag aus:

"Wenn wir Ihnen statt rein krimineller und polizeilicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Mißstände des Wettwesens den weiter ausholenden Weg, wie ihn der Gesetzentwurf vorzeichnet (gemeint ist der Entwurf eines Rennwettgesetzes, der die Konzessionierung staatlich zugelassener Buchmacher vorsah - Anmerkung des erkennenden Gerichts), vorschlagen, so geschieht das, weil wir uns haben überzeugen müssen, dass eine so weitverbreitete und tief eingewurzelte Volksgewohnheit wie das Wetten nicht lediglich durch behördliche Verbotsmaßnahmen aus der Welt geschafft werden kann. Wenn es uns selbst gelänge, etwa durch eine Vermehrung der Kriminalbeamtenschaft noch eine Reihe weiterer sogenannter Buchmacher und Schlepper in Haft zu bringen, so wäre wenig damit gewonnen. Wir können eben nicht so weit gehen, daß wir den ganzen Verkehr, wie er sich nicht bloß auf den Rennplätzen, sondern auch in Wirtschaften und Läden abspielt, dauernd unter Polizeiaufsicht stellen. Auch würden wir damit nur an die Stelle eines großen Übels ein anderes setzen, das vielleicht nicht minder schwer ins Gewicht fiele. ... (Die Konzessionierung der Buchmacher) erscheint auch heute noch als ein wirksames, aber auch wohl als das einzige Mittel, die Ziele des Gesetzes vom 4. Juli 1905 zu erreichen (Sitzungen des Reichstags, 13. Leg.-Periode, - 1912/14 -,, Sitzung vom 2. Mai 1914,, Bd. 12, S. 8401 f.)".

An diesem Befund hat sich grundsätzlich nichts geändert. Bezogen auf die heutigen Verhältnisse ist zudem zu beachten, dass das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG jedem Menschen auch das Recht zu solchen Aktivitäten zugesteht, die entweder sogleich (Beispiel: Unfall bei einer zum ersten Mal ausgeführten komplizierten sportlichen Übung) oder erst durch längere Übertreibung (Beispiel: Alkoholsucht) zu Schäden führen können. Staatlicher Handlungsbedarf für beschränkende oder verbietende Regelungen ist erst dann gegeben, wenn die Interessen der Gemeinschaft in einer bestimmten Intensität nachteilig betroffen sind.

Vorausschauende Maßnahmen, die der Suchtbekämpfung dienen, müssen die Wahrscheinlichkeit der Entstehung einer Sucht im Blick haben. Wäre schon der Erstkontakt - wie bei bestimmten Drogen - unbedingt suchtauslösend, wäre ein umfassendes Verbot zur Abwehr von Schädigungen der Gemeinschaft erforderlich. Ist das Entstehen einer Sucht, wie bei den Glücksspielen, erfahrungsgemäß in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle erst nach längerer Gewöhnung und stetig zunehmender Spielaktivität zu erwarten, haben abwehrende Maßnahmen des Staates die Schwelle im Blick zu halten, bei der, ausgehend vom jeweiligen Glücksspiel, erfahrungsgemäß die Grenze zur Sucht überschritten wird. Es kann hier nur versucht werden, den Zugang zu erfahrungsgemäß besonders suchtgefährdenden Spielen zu beschränken und - soweit zur Lenkung des Spieltriebs der Bevölkerung der Zugang zu eröffnen ist - das Spielgeschehen in der erforderlichen Weise zu kontrollieren.

Da es um die Verfolgung eines ganz allgemeinen Ziels, die wirksame Bekämpfung der Wett- und Spielsucht geht, versteht es sich von selbst, dass hierbei nicht alle bekannten Glücksspiele in den Blick zu nehmen sind, sondern vor allem jene, bei denen um Geld oder geldwerte Vorteile gespielt wird.

Eine weitergehende, lediglich bereichsspezifische, sektorale Betrachtung (so will das OVG LSA die Betrachtung auf den Bereich der Sportwetten beschränken, vgl. Urteil vom 17. Februar 2010 - 3 L 6/08 -, Juris, Rz. 70 ff.), schränkt den Blick auf die sich in Wahrheit stellenden Probleme zu sehr ein und behindert eine Gesamterfassung. Vor allem berücksichtigt diese einschränkende Betrachtung nicht den Umstand von Wanderbewegungen. Dieser Effekt tritt ein, wenn ein einzelner Bereich der Glücksspiele wegen der hier vorgenommenen (wirksamen) Regulierungen für Spieler nicht mehr interessant genug ist und diese daher auf andere Bereiche ausweichen; anders gewendet: es ist nicht sinnvoll, zur Abdichtung eines Gefäßes nur ein Loch in diesem zu verschließen, ohne dabei ein Augenmerk auf die noch zahlreich vorhandenen weiteren Löcher zu haben. Dasselbe gilt für den Fall, dass das Schließen (zwangsläufig) zur Entstehung neuer Löcher führt.

Es versteht sich daher von selbst, dass das Verbot einer rein sektoralen Betrachtung sich nicht nur auf die Glücksspielarten beziehen kann, sondern auch territorial zu verstehen ist. Das Beispiel der Vereinigten Staaten zeigt, dass umfassende Glücksspielverbote in einzelnen Bundesstaaten Spielinteressierte dazu veranlassen, in Bundesstaaten auszuweichen, in denen unproblematisch zu jeder Zeit jedes Spiel mit welchem Einsatz auch immer gespielt werden darf. Dass diese Betrachtung gerade für die Bundesrepublik Deutschland angebracht ist, zeigt schon die Tatsache, dass selbst die Bundesländer von dem Erfordernis einer territorialen Gesamtkohärenz ausgehen. Wie anders sollte sonst das länderübergreifende Vorgehen durch Abschluss von Verträgen wie dem GlüStV, aber auch anderen Verträgen wie im Bereich des Deutschen Lotto- und Totoblocks zu verstehen sein?

Der EuGH hat daher den Ansatz einer lediglich partikulären Betrachtung der Wett- und Spielsucht in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland und die hier bestehenden Verhältnisse zu Recht abgelehnt und seine Kohärenzprüfung sowohl auf den gesamten Sektor der Glücksspiele als auch bundesländerübergreifend ausgedehnt (sektorenübergreifende Gesamtkohärenz: EuGH, aaO, Urteil vom 08. September 2010 - Rs C- 46/08 -, Rz. 68). Erst durch diese Gesamtbetrachtung war er in der Lage auf der Grundlage der von den vorlegenden Gerichten mitgeteilten Sachverhaltsfeststellungen auf eine Inkohärenz des Glücksspielwesens in der Bundesrepublik Deutschland zu schließen.

Dabei ist es ein Spiel mit Worten, ob man sagt, der EuGH habe diese Inkohärenz selbst aus den mitgeteilten Tatsachen gefolgert (vgl. in diesem Sinne die Pressemitteilung Nr. 78/10 des EuGH vom 08. September 2010) oder lediglich entschieden, dass die Tatsachenfeststellungen der vorlegenden Gerichte den nachvollziehbaren Schluss auf diese Inkohärenz erlauben.

Eine hiervon abweichende Betrachtung verkennt zum einen die Bedeutung der vorlegenden Gerichte als Tatsacheninstanz, aber auch die Bedeutung des EuGH selbst. Zwar mag eine oberflächliche Betrachtung zunächst Glauben machen, dass der EuGH die von den Vorlagegerichten mitgeteilten Tatsachen schlicht "übernommen" habe. Allein der Blick auf die recht komplexen Verfahrensschritte, die bis zu einer Entscheidung über einen Vorlagebeschluss regelmäßig zu durchlaufen sind, vor allem im Hinblick auf die umfänglichen Anhörungen und die Beteiligung des Generalanwalts, aber auch die Praxis des EUGH, ggfls. vom vorlegenden Gericht "Nachbesserungen" zu verlangen, belegen, dass in Wahrheit die vom Vorlagegericht mitgeteilten Tatsachen (faktisch) sehr wohl auf den Prüfstand gestellt werden können. Vor allem wenn es den Beteiligten solcher Verfahren gelingt, den vom vorlegenden Gericht mitgeteilten Sachverhalt als solchen ernsthaft in Frage zu stellen, ist kaum damit zu rechnen, dass der EuGH diesen Sachverhalt wirklich ungeprüft im Sinne einer "baren Münze" voreilig übernimmt.

Der Ansatz einiger Oberverwaltungsgerichte, dass nach Abschluss der am 08. September 2010 abgeschlossenen Vorlageverfahren erst einmal zu prüfen sei, ob die Gerichte, die seinerzeit ihre Verfahren dem EuGH vorgelegt haben, diesem einen zutreffenden Sachverhalt mitgeteilt haben (so OVG NW, Beschluss vom 15. November 2010 - 4 B 733/10 -, Juris, Rz. 106; das OVG Berlin-Brandenburg spricht sogar insoweit von einer "nur eingeschränkte(n) Aussagekraft" der Feststellungen der vorlegenden Gerichte: Beschluss vom 05. November 2010 - OVG 1 S 141.10 -, Juris, Rz. 15; vgl. auch VG Braunschweig, Beschluss vom 07. Oktober 2010, n. v., S. 7), verkennt die dargestellte Bedeutung des Vorabentscheidungsverfahrens des EuGH.

Im Rahmen der Prüfung der Kohärenz im Hinblick auf die jeweils in Betracht kommenden Glücksspiele ist zu beachten, dass die zu ergreifenden Maßnahmen nur dann als kohärent angesehen werden können, wenn sie dem Gefährlichkeitsgrad des jeweiligen Glücksspiels Rechnung tragen. Dass Beschränkungen im Hinblick auf eine Gesamtkohärenz letztlich wirkungslos bleiben, wenn gleich gefährlichen Spielen nicht stets mit gleich wirksamen Maßnahmen begegnet wird, versteht sich von selbst. Dasselbe gilt erst recht im Fall der hier besonders anzusprechenden Inkohärenz, nämlich wenn zwar für weniger suchtgefährdende Spiele ein strenges Regelungsregime vorgehalten wird, für wirklich gefährliche Spiele aber ein solches nur unzureichend oder gar nicht vorhanden ist.

Die Feststellung, dass die Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedsland der Europäischen Union kein kohärentes System der Bekämpfung der Wett- und Spielsucht vorhält, wird bereits durch das Vorhandensein von Spielsystemen belegt, für die es praktisch keine mit dem hier gegenständlichen Verbot vergleichbaren allgemeinen Beschränkungen gibt, nämlich für die Bereiche der Pferdewetten und das Spielen an Glücksspielautomaten. Hinzu kommt der Bereich der Spielbanken, bei dem - wie im Land Sachsen-Anhalt - sogar eine Privatisierung durchgeführt wurde. Abzustellen ist in diesem Zusammenhang nicht auf die durchaus strengen Bedingungen, unter denen private Betreiber von solchen Spielbanken ihrer Tätigkeit nachgehen können, sondern darauf, dass Private überhaupt Erlaubnisinhaber für solche Glücksspieleinrichtungen sein können, während dies bei den privaten Vermittlern staatlicher Glücksspiele gerade nicht der Fall ist. Dies belegt ein Blick auf die für einen entsprechenden Vergleich in Betracht zu ziehenden Glücksspiele:

Der Bereich der Pferdewetten gehört - wie die Umfrage des beschließenden Gerichts bei Betreuungsgerichten und Psychiatrischen Krankenhäusern gezeigt hat - neben dem der Spielbanken zu den klassischen Bereichen, in denen sich Glücksspielsucht entwickelt (vgl. auch die im Jahre 1914 vor dem Reichstag gehaltene Rede des seinerzeitigen Staatssekretärs des Reichsschatzamtes Kühn, aaO). Soweit der Sektor der Pferdewetten angesprochen wird, ist darauf hinzuweisen, dass zwar das Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 (RGBl. I Seite 335, 393), zuletzt geändert durch Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I Seite 2407, 2149), Regelungen zur Beschränkung des Spielbetriebs enthält. Dass dieser Glücksspielsektor keineswegs als harmlos anzusehen ist, ergibt sich bereits aus den im Rahmen der Erteilung der erforderlichen Erlaubnis vorgesehenen Beschränkungen und Auflagen zu den Örtlichkeiten der Wettannahme und zu den Personen, die Wetten annehmen und vermitteln dürfen (§ 2 Abs. 2 Rennwett- und Lotteriegesetz).

Der Umstand, dass die Pferdewetten ein Marktsegment bilden, das auf Grund seiner geringen Popularität in Deutschland und des hieraus folgenden geringen Umsatzniveaus mit max. 0,5 % des Gesamtumsatzes der Glücksspielanbieter (vgl. OVG NW, Beschluss vom 15. November 2010 - 4 B 733/10 -, Juris, Rz. 84) nicht mit dem erheblichen Suchtpotential sonstiger Sportwetten zu vergleichen sein dürfte, ist hierbei nicht entscheidend (so aber OVG NW, Beschluss vom 15. November 2010, aaO). Abzustellen ist vielmehr auf die besondere suchtspezifische Gefährlichkeit gerade dieser Glücksspielart, die sich - wie dargelegt - in der Beziehung zwischen Spieler und Spiel erweist, und nicht davon abhängig ist, wie viele Personen sich an Pferdewetten beteiligen.

Im Hinblick auf den für das Entstehen einer Wett- und Spielsucht besonders prädestinierten Bereich der Glücksspiele, das Spielen in den Spielbanken, ist es sogar zu einer Angebotserweiterung gekommen, die auch das OVG NW unter dem Gesichtspunkt der globalen Kohärenz des Glückspielmarktes als "nicht von vornherein unproblematisch" ansieht (OVG NW, Beschluss vom 15. November 2010, aaO, Rz. 91). Ob hierbei sogar von einer expansiven Tendenz nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages auszugehen ist, ist nicht so sehr entscheidend. Bedeutsam ist vielmehr, dass es in den letzten Jahren in diesem Bereich im Sinne einer Zurückdrängung der Wett- und Spielsucht nicht zu einer Verminderung der Spielbanken gekommen ist, sondern dass die Zahl der deutschen Spielbanken weiterhin bei ca. 80 liegt (vgl. OVG NW, Beschluss vom 15. November 2010, aaO, Rz. 91, das hierzu eine Internetrecherche angestellt hat). Dass gemäß § 20 GlüStV bei Spielbanken ein Schutz vor Spielsucht insbesondere mittels wirksamer Sperren vorzusehen ist, führt ebenfalls nicht weiter, sondern unterstreicht nur einmal mehr die Gefährlichkeit der in den Spielbanken veranstalteten Glücksspiele und belegt zugleich die hier festzustellende Inkohärenz.

Im Hinblick auf das Bundesland Sachsen-Anhalt fällt zusätzlich ins Gewicht, dass Zulassungsinhaber für eine Spielbank eine natürliche oder juristische Person oder Vereinigung sein kann, § 3 Abs. 1 des Spielbankgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (SpielbG LSA) vom 16. Dezember 2009 (GVBl S. 691). Auf der Grundlage des § 24 Abs. 2 Satz 2 SpielG hat das Land am 22. Dezember 2009 seine drei Spielbanken für eine Million Euro an die Sybilgroup aus Zypern verkauft (vgl. die Bekanntmachung des Ministeriums des Innern des Landes Sachsen-Anhalt über die öffentliche Ausschreibung der Veräußerung der Geschäftsanteile des Landes an den Spielbanken SachsenAnhalt GmbH vom 10. Februar 2009; vgl. auch Mitteldeutsche Zeitung vom 25. Oktober 2010). Diese will nach einem Zeitungsbericht weitere zwei Spielbanken errichten (Mitteldeutsche Zeitung vom 26. Oktober 2010). Mit einer Bekämpfung der Wett- und Spielsucht hat es hierbei auch nichts mehr zu tun, wenn ohne ausdrückliche gesetzliche Erlaubnis weitere (benannte) Spiele in den Spielbanken zugelassen werden, und gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 SpielbG LSA weitere Glücksspiele vom zuständigen Ministerium zugelassen werden können.

Die im Hinblick auf die Spielbanken im Land Sachsen-Anhalt dargelegten Umstände belegen allerdings auch, dass der Gesetzgeber jedenfalls in einem weitaus gefährlicheren Bereich der Glücksspiele als er hier in Rede steht die Einbindung Privater unproblematisch für möglich hält. Dass hierzu möglicherweise ein umfängliches Kontrollregime der für die Überwachung der Spielbanken zuständigen Behörden vorgehalten und praktiziert wird, kann allenfalls als weiterer Beleg dafür angesehen werden, dass der hier gegenständliche umfassende Ausschluss Privater von der Vermittlung staatlicher Glücksspiele - abgesehen von den unten anzusprechenden weiteren Gesichtspunkten - bereits deshalb unverhältnismäßig ist.

Von besonderer Gefährlichkeit im Hinblick auf das Entstehen einer Wett- und Spielsucht sind die insbesondere in Gaststätten und Spielhallen aufgestellten Geldspielautomaten (EuGH, Urteil vom 08. September 2010 - Carmen Media -, Rz. 31). Der Anteil dieses Sektors am Glücksspielmarkt ist mit 21,5% im Vergleich zum Anteil des Toto- und Lottoblocks, der 29,9 % beträgt, etwa gleich groß (vgl. VG Oldenburg, Beschluss vom 04. November 2010 - 12 B 2474/10 -, Juris, Rz. 27, m. w. N.). Die gewerberechtlichen Regelungen des Glücksspiels an Spielautomaten genügen nicht dem Erfordernis einer systematischen und kohärenten Begrenzung der Glücksspielaktivitäten, obwohl es sich hierbei auch nach dem Ergebnis der vom erkennenden Gericht durchgeführten Befragung um den Glücksspielsektor mit dem - mit Abstand - höchsten Suchtpotential handelt.

Dabei kommt es weniger auf die vom Gesetz vorgenommene Differenzierung zwischen Spielautomaten an, die gemäß § 33 h Nr. 1 GewO lediglich in einer Spielbank betrieben werden dürfen, und solchen, die in Spielhallen und Gaststätten aufgestellt sind. Ebenso wenig ist es von entscheidender Bedeutung, dass die für Letztere geltenden Vorschriften nach der Verordnungsermächtigung des § 33 f GewO durch das gesetzgeberische Anliegen bestimmt sein müssen, die Gelegenheiten zum Spiel zu begrenzen und Gefahren für die Allgemeinheit vorzubeugen.

Eine erhöhte Suchtgefahr ist hier trotz des Umstandes zu verzeichnen, dass die hier aufgestellten Spielgeräte für ihre technische Zulassung bestimmten Einschränkungen unterliegen, die u.a. die Gefahr unangemessen hoher Verluste in kurzer Zeit ausschließen sollen, § 33 e Abs. 1 Satz 1 GewO. Dasselbe gilt im Hinblick darauf, dass die Zulassung für solche Spielgeräte nur erteilt werden darf, wenn sie bestimmte Anforderungen erfüllen, etwa im Hinblick auf Höchsteinsatz und Höchstgewinn, das Verhältnis der Anzahl der gewonnenen Spiele zur Anzahl der verlorenen Spiele oder das Verhältnis des Einsatzes zum Gewinn bei einer bestimmten Anzahl von Spielen, § 33 f Abs. 1 Nr. 3 GewO. Auch dass nach der § 33 f Abs. 1 GewO konkretisierenden Spielverordnung (in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Januar 2006, BGBl. I S. 280) der Verlust pro Stunde auf 80 Euro begrenzt ist, § 13 Abs. 1 Nr. 3 Spielverordnung, wobei dieser bei langfristiger Betrachtung auf höchstens 33 Euro fallen muss, § 12 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a) SpielVO, und der Gewinn pro Stunde 500 Euro nicht übersteigen darf, ändert nichts an dem dargestellten Befund. Auch die in § 13 Abs. 1 Nr. 4 SpielVO vorgesehenen Beschränkungen beseitigen nicht die gleichwohl bestehende Gefährlichkeit solcher Glücksspielautomaten im Hinblick auf das Entstehen einer Glücksspielsucht. Erst recht gilt dies für einige weitere Beschränkungen für diese Spielautomaten, wie etwa der fünfminütige Stillstand der Geräte nach einer Stunde Laufzeit, § 13 Abs. 1 Nr. 5 SpielVO. Dass ein Spielsüchtiger entweder von vorn herein mehrere Geräte zugleich bespielt oder an einem anderen Automaten weiterspielt, sobald an dem bisher bespielten Gerät Einschränkungen der oben dargestellten Art eintreten, oder einfach die Spielhalle oder Gaststätte wechselt, ist ein Befund, der sich von einem aufmerksamen Beobachter schon bei einem Spielhallen- oder Gaststättenbesuch leicht erheben lässt.

Soweit die Spielverordnung zur Gewährleistung des Spielerschutzes etwa das Verbot von Jackpot-Systemen vorsieht, § 9 Abs. 2 SpielVO, ändert dies ebenfalls nichts an der dargestellten Gefährlichkeit dieser Geräte. Ob die Verpflichtung der Betreiber, Warnhinweise anzubringen und Spieler auf Beratungsmöglichkeiten hinzuweisen, § 6 Abs. 4 SpielVO, überhaupt als wirkungsvoller Beitrag zur Bekämpfung der Glücksspielsucht anzusehen sind, ist eher zu bezweifeln. Immerhin wird auch hierdurch die besondere Gefährlichkeit gerade dieser Spiele einmal mehr belegt.

Trotz der gemäß § 33 f GewO auf die Begrenzung von Spielmöglichkeiten auszurichtenden Regelungskonzeption haben zudem zum 01. Januar 2006 Lockerungen hinsichtlich der höchstzulässigen Zahl von Spielgeräten in einer Spielhalle (Erhöhung auf drei Geräte in Gaststätten, § 3 Abs. 1 Satz 1 SpielVO), der Mindestquadratmeterzahl in Spielhallen und Erhöhung der Zahl der Glücksspielgeräte dort auf 12 gemäß § 3 Abs. 2 SpielVO, der Mindestspieldauer sowie der Verlustgrenze stattgefunden, die den Schluss rechtfertigen, dass die staatlichen Stellen trotz aller gegenteiligen Erklärungsversuche auf diesem Sektor seitdem eine inkohärente Expansionsstrategie verfolgen (vgl. auch OVG NW, Beschluss vom 15. November 2010, aaO, Rz. 99 f; VG Arnsberg, Beschluss vom 15. Oktober 2010, aaO, BA S. 6 f.).

Auch für die hier in Rede stehenden Glücksspiele, die im Bundesland Sachsen-Anhalt über die Lotto- und Totoannahmestellen vertrieben werden, gilt - wie bei allen Glücksspielen - eine potentielle Gefährlichkeit. Das Auftreten einer Wett- und Spielsucht auch bei diesen Spielen ist, wie die vom erkennenden Gericht durchgeführte Befragung bei Betreuungsgerichten und Psychiatrischen Krankenhäusern gezeigt hat, durchaus praktisch geworden, allerdings beschränkt auf eine verschwindend geringe Zahl von Einzelfällen, in denen meist ein komorbides Zustandsbild (z. B. Senilität und eine andere psychische Erkrankung) bestand. Dass der Bereich dieser Spiele für Maßnahmen zur Bekämpfung der Wett- und Spielsucht grundsätzlich ebenfalls in Betracht kommt, lässt sich zwar anhand dieser Beispiele belegen.

Das erkennende Gericht hat - abgesehen von der festgestellten Inkohärenz - im Rahmen der ihm obliegenden Tatsachenfeststellungen indes die Überzeugung gewonnen, dass das hier gegenständliche Verbot der Vermittlung dieser staatlichen Glücksspiele durch private Vermittler ferner auch gegen das Übermaßverbot verstößt. Die Erforderlichkeit eines solchen Verbots hat sich im vorliegenden Verfahren nicht erwiesen. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall:

Wie bereits oben dargestellt, werden das Ob und das Ausmaß staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Wett- und Spielsucht im Wesentlichen durch zwei Faktoren bestimmt: die besonderen (gefährlichen) Merkmale des jeweiligen Spiels und die Zahl derjenigen, die sich an ihnen beteiligen.

An den staatlichen Glücksspielen nehmen zwar Woche um Woche viele Millionen Menschen teil. Die Gefährlichkeit der staatlichen Glücksspiele wird allerdings vor allem durch den Umstand eingeschränkt, dass der Spielverlauf vom Setzen des Einsatzes bis zum Spielergebnis - abgesehen von Losen mit sofortigem Gewinnentscheid wie "Rubbelluzi" etc. - gestreckt verläuft. Anders als bei den Spielen in den Spielbanken, beim Pferderennen und an den Geldspielautomaten, erfolgt der Spielentscheid nicht in einem recht kurzen zeitlichen Rahmen, sondern von wenigstens mehreren Stunden, in der Regel innerhalb von Tagen.

Die große Zahl von Teilnehmern an staatlichen Glücksspielen gab dem erkennenden Gericht gleichwohl Anlass, der Frage nachzugehen, wie viele dieser Teilnehmer als spielsüchtig anzusehen sind. Aus diesem Grunde hat es mit Schreiben vom 18. November 2009, wie oben dargestellt, sämtliche Betreuungsgerichte der Bundesrepublik um Auskunft im Hinblick auf Bedeutung und Anzahl von Betreuungsfällen im hier gegenständlichen Bereich der Glücksspiele gebeten. Eine ähnliche Befragung hat das erkennende Gericht auch bei den größeren Psychiatrischen Krankenhäusern vorgenommen, wobei in einigen Fällen, in denen in einem bestimmten Gebiet keine größeren Krankenhäuser festzustellen waren, auch kleinere Kliniken befragt wurden.

Bereits der erste Eindruck des erkennenden Gerichts beim Lesen der Rückläufe aus diesen Befragungen ergab, dass von einer Wett- und Spielsucht im Bereich der staatlichen Glücksspiele jedenfalls in einem bedeutsamen Ausmaß nicht gesprochen werden kann. Die Zahl der berichteten Einzelfälle erschienen schon damals recht gering. Die genauere Auswertung durch Prof. Dr. Stöver hat dann auch bestätigt, dass Fälle in denen betreuungsgerichtliche Maßnahmen oder psychiatrische Behandlungen durchgeführt wurden, nicht über eine Randbedeutung hinausragen.

Zwar kann die vom erkennenden Gericht durchgeführte Befragung weder als vollständig noch als repräsentativ im Sinne empirischer Methoden angesehen werden. Darüber hinaus musste die Umfrage zur Absicherung eines möglichst großen Rücklaufs auf eine Frage beschränkt werden. Allerdings sollte nicht übersehen werden, dass von den rund 660 Amtsgerichten 217 unmittelbar geantwortet haben, was allein schon einer Rücklaufquote von rd. 33% entspricht. Hinzukommen die Gerichte, deren Antworten von den Präsidenten der Land- und Oberlandesgerichte gesammelt, ausgewertet und dann dem erkennenden Gericht mitgeteilt worden sind. Darüber hinaus war den befragten Gerichten auch Gelegenheit zu (im Regelfall allerdings nur kurz ausgefallenen) kommentierenden Bemerkungen gegeben worden, die Prof. Dr. Stöver im Wesentlichen Kern auch in seine oben wiedergegebenen Übersichten übernommen hat. Dasselbe gilt in vergleichbarer Weise für die vom erkennenden Gericht befragten etwa 100 Fachkrankenhäuser für Psychiatrie mit in der Regel mehr als 300 Betten. Auch hier betrug der Rücklauf mit 33 Antworten, die sich über das gesamte Bundesgebiet verteilen, 33%. Die Umfrage hat allerdings, wie Prof. Dr. Stöver zutreffend bemerkt, nicht den Anteil der Beratungen und Behandlungen im ambulanten Bereich abdecken können.

Dass das erkennende Gericht davon abgesehen hat, diese Befragungen in der Art einer "zweiten Stufe" im Rahmen einer förmlichen Beweisaufnahme in noch exakterer Form (z.B. Beauftragung eines empirisch tätigen Sachverständigen, Einholung von Stellungnahmen im Wege schriftlicher Zeugenbefragungen, § 98 VwGO, § 377 Abs. 3 Satz 1 ZPO) fortzusetzen, ist im Wesentlichen dem Umstand zuzuschreiben, dass bereits die Ergebnisse der vorliegenden Befragungen derart eindeutig sind, dass sich weitere Aufklärung hierzu nach der Überzeugung des erkennenden Gerichts erübrigt.

Diesem Vorgehen stehen auch die Ausführungen der Landesregierung in der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Vorschriften im Land Sachsen-Anhalt (LT-Drucks. 5/903 vom 02. Oktober 2007) nicht entgegen:

Bereits dort (S. 46) wird eingeräumt,

"dass mehrere nationale und internationale empirische Erhebungen aufzeigen konnten, dass Lotterien im Verhältnis zu anderen Glücksspielformen wie etwa dem Automaten- oder Casinospiel ein geringeres Gefahrenpotential mit sich bringen können, und das Gefährdungspotential derjenigen europäischen Lotterieangebote, die eine langsame Spielabfolge mit maximal zwei wöchentlichen Ziehungen vorsehen, als vergleichsweise niedrig eingeschätzt wurde."

Soweit in dem Entwurf (S. 48) zum Beleg einer gleichwohl bestehenden signifikanten Suchtgefährdung durch staatliche Glücksspiele auf damals vorliegende Studien verwiesen wurde, handelt es sich zum größten Teil um solche, die auf Befragungen von meist weniger als 500 Personen beruhten. Nur hier wurden bei der Darstellung der Prävalenz einzelner Glücksspielformen mitunter Prozentsätze von 15% und weniger der Befragten im Hinblick auf einer derartige Suchtgefährdung erzielt. Eine größere, ebenfalls in dem Entwurf zitierte Studie aus dem Jahre 2003 (DeFuentes-Merillas et al. - 12.220 befragte Personen in Holland -) kam bei Rubbellos-Spielern auf einen Prozentsatz von 2,68% im Hinblick auf "problematisches Konsumverhalten" und auf einen solchen von 0,24% bezogen auf "pathologisches Konsumverhalten". Gerade weil die vorliegenden Studien mit ihren recht unterschiedlichen Schlussfolgerungen nach dem Eindruck des erkennenden Gerichts nur eine recht unsichere Basis für die hier gegenständliche Beurteilung bilden konnten, bestand einmal mehr Veranlassung nach möglichst verlässlicheren Daten zu suchen und dementsprechend die oben genannten Befragungen durch das erkennende Gericht vorzunehmen.

Zudem hat Prof. Dr. Stöver, der sich langjährig mit der Suchtforschung befasst und insoweit fachlich ausgewiesen ist, dessen zwar im Auftrage der Klägerin vorgenommenen oben dargestellte statistische Auswertung gleichwohl weder dem erkennenden Gericht noch einem der Beteiligten Anlass zu Zweifeln gegeben haben, überzeugend dargelegt, dass sich die Ergebnisse dieser Befragungen nahtlos in die bisher schon vorliegenden Erkenntnisse zum Vorhandensein und zur Verbreitung der Glücksspielsucht einfügen. Er hat hierzu in seiner schriftlichen Stellungnahme ausgeführt:

"Die vorgelegten Ergebnisse wissenschaftlicher Studien zum Suchtgefährdungspotential von Lotterien (6 aus 49/Toto mit in der Regel zwei Ziehungen pro Woche) decken sich mit den Befunden der richterlichen Befragung: Lottospielen an sich stellt kein erhebliches Problem dar. Dort wo Lotto überhaupt in einem Problemzusammenhang bzw. in einer Krankheitsverlaufsbeschreibung genannt wird, geht es bei "Spielsucht" allgemein um Komorbidität mit anderen Erkrankungen und - genauer betrachtet - um eine breite Palette von Spielformen, bei der Lottospielen eine untergeordnete Rolle einnimmt.

Die seit mehr als zehn Jahren stagnierenden Lotto-Umsatzzahlen zeugen einerseits von einer ausbleibenden Dynamik im potentiellen Gefährdungsgeschehen und andererseits von einer relativen Unabhängigkeit gegenüber verschiedenen Angebots- und Vertriebsformen der Lottovermittlung, sei es durch private Vermittler, staatliche Lottogesellschaften, sei es über Papierspielscheine oder das Internet: "Der Erwerb von Lottoscheinen wird nicht gefährlicher, weil der Verkauf nicht über eine Annahmestelle des staatlichen Lotterieunternehmens, sondern online durch ein privates Unternehmen erfolgt" (EU-Kommission 2008).

Anders als bei vielen anderen Süchten erleben wir beim Lottospiel wenig Schwankungen und Veränderungen über einen langen Zeitverlauf. Lediglich hohe Jackpots ziehen mehr Spieler mit höheren Einsätzen an. Aber dies sind ausschließlich ausschüttungsbezogene, passagere Phänomene, die sich schnell auf Normalniveau wieder einpendeln".

Weiter heißt es in der Stellungnahme:

"Die Anteile problematischen und pathologischen Spielens unterscheiden sich je nach Glücksspielart erheblich. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang aber, dass die ermittelten Spielprobleme nicht zwangsläufig der jeweils genannten Glücksspielart zuzurechnen sind, da die Mehrzahl der Spieler in einer Vielzahl von Glücksspielen involviert ist (vgl. auch BZgA 2008). Besonders deutlich wird dieser Sachverhalt beim Zahlenlotto. Die Bremer BISDRO-Studie (Stöver 2006b) hat gezeigt, dass während der Anteil pathologischer Spieler unter allen Lottospielern bei 1,6% liegt, beträgt er unter der Gruppe der ausschließlichen Lottospieler vergleichsweise geringe 0,39%. Demnach ist ein Großteil der Spielprobleme von Personen die Lotto spielen offensichtlich auf die gleichzeitige Teilnahme an weiteren Glücksspielen zurückzuführen.

Dies steht wiederum in Einklang mit den Ergebnissen der richterlichen Befragung, die sowohl von den Betreuungsgerichten als auch von den Fachkliniken gezeigt hat, dass die klassischen Spielformen (Automaten- /Casinospiele) eindeutig im Vordergrund stehen und Lottospielen hier allenfalls in Vergesellschaftung mit diesen Spielformen auftritt".

Der oben dargelegte Befund einer im Wesentlichen nicht vorhandenen Wett- und Spielsucht im Bereich der Glücksspiele des staatlichen Lotto-Toto-Blocks belegt die oben schon dargelegte Inkohärenz bei der Bekämpfung der Wett- und Spielsucht. Denn ausgerechnet bei den deutlich gefährlicheren Glücksspielen wie Pferdewetten, Glücksspiele in Spielbanken und an Glücksspielautomaten, findet vergleichsweise eine fast problemlos gehandhabte Einbindung Privater statt, während eine solche Einbindung bei den im Hinblick auf Suchtgefahren fast überhaupt nicht auffälligen staatlichen Glücksspielen mit einer Konsequenz verhindert wird, für die nach der Überzeugung des erkennenden Gerichts kein glaubhaft darstellbarer Anlass besteht.

Bei dieser Betrachtung kann von der Erörterung der Frage abgesehen werden, ob nicht auch die umfänglichen Werbeaktionen - etwa im Hinblick auf das sog. "Sponsoring" (etwa in der Art, dass durch das Spielen gemeinnützige Maßnahmen z. B. im Bereich des Sports oder gesellschaftlich benachteiligter Menschen gefördert werden) - sowie Bestrebungen im Hinblick auf eine (teilweise) Privatisierung im Bereich staatlicher Glücksspiele, sei es bei der Veranstaltung oder der Vermittlung, zusätzlich die erforderliche Kohärenz bei der Bekämpfung der Wett- und Spielsucht infrage stellen.

Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass sich das hier in Rede stehende umfassende staatliche Glücksspielmonopol auch dann nicht rechtfertigen ließe, wenn man - entgegen der oben dargelegten Überzeugung des erkennenden Gerichts - doch eine signifikante Suchtgefahr bei staatlichen Glücksspielen annehmen wollte. In diesem Fall wäre das staatliche Glücksspielmonopol deshalb als ungerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit der Klägerin anzusehen, weil sie außer Verhältnis zu dem erstrebten Ziel der Zurückdrängung der (unterstellten) Wett- und Spielsucht in diesem Bereich stehen würde. Dies hat bereits der Blick auf die Spielbanken des Landes Sachsen-Anhalts und deren Überlassung an einen privaten Investor gezeigt.

Zum anderen folgt dies auch daraus, dass dieses umfassende Monopol ein Repressionsniveau erreicht, für das es auch bei dem ebenfalls weit gefährlicheren Glücksspielen an Spielautomaten kein Beispiel gibt. Es ist nicht einmal im Ansatz erkennbar, dass ein gegenüber privaten Vermittlern präventiv zum Einsatz kommendes staatliches Kontrollregime zur Bekämpfung der Gefahr einer Wett- und Spielsucht im Bereich staatlicher Glücksspiele nicht vollkommen ausreichen würde.

Im Hinblick auf die von den Beteiligten angesprochene Vermittlung von Glücksspielen durch das Internet gilt im Wesentlichen nichts anderes. Soweit allerdings in dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten des Prof. Dr. Koenig (aaO.) von den vielfältigen Überwachungsmöglichkeiten des Veranstalters gegenüber Online-Spielern die Rede ist, wird einmal mehr ein evidenter Regelungsbedarf für die Gesetzgebung deutlich.

Soweit im Hinblick auf die genannten Online-Vermittlungen das Problem des Minderjährigenschutzes anzusprechen ist, stehen auch diese Belange dieser Vermittlungsform nicht grundsätzlich entgegen. Diesem Problem, das sich allgemein bei OnlineGeschäften stellt, trägt etwa zukünftig der zum 01. November 2010 gerade auch für solche Geschäfte eingeführte neue Personalausweis Rechnung (vgl. § 2 des Gesetzes über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis - Personalausweisgesetz - PAuswG- vom 18. Juni 2009, BGBl I S. 1346 und die Informationsschrift "Informationen zum IT-Sicherheitskit" der Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik, Berlin 2010, S. 12 ff.). Allerdings erfolgt der Einsatz dieses Personalausweises bislang lediglich auf freiwilliger Basis der im Internet-Geschäft tätigen Anbieter. Dass weitergehende Regelungen zum Minderjährigenschutz nicht möglich wären, ist nicht ersichtlich.

Das erkennende Gericht hat - entgegen den noch in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Überlegungen - nach weiterer Prüfung keine Möglichkeit zu einer geltungserhaltenden europarechtskonformen Auslegung der Regelung des § 13 GlüG LSA gesehen. Da die dieser Vorschrift zugrunde liegende, zu einem repressiven Verbot mit Befreiungsvorbehalt führende Konzeption vom Gesetzgeber bewusst gewählt worden ist, kommt insbesondere eine geltungserhaltende gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung sowohl der Regelungen des GlüG LSA, insbesondere des § 13 GlüG LSA, als auch der Regelungen des GlüStV dahingehend, daraus im Hinblick auf die hier in Rede stehende Vermittlung staatlicher Glücksspielangebote ein in europarechtskonformer Weise handhabbares präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt abzuleiten, nicht in Betracht.

Sowohl GlüStV als auch GlüG LSA sind darauf angelegt, den Eintritt Privater in das staatlich betriebene Glücksspielgeschäft unter allen Umständen konsequent abzuwehren und damit der Klägerin keinen gebundenen Anspruch auf Zulassung "zum Markt" zu gewähren.

Abgesehen von dieser Regelungsintention von GlüStV und GlüG LSA kommt hinzu, dass eine solche geltungserhaltende Auslegung an mehrere Voraussetzungen gebunden wäre, die im vorliegenden Fall freilich nicht gegeben sind.

Zum einen müsste nach der "Bereinigung" durch geltungserhaltende Auslegung ein Restbestand an sinnvollen Regelungen verbleiben. Zum anderen müsste im Hinblick auf diesen Restbestand hinreichend sicher von einem hypothetischen Willen des Normgebers ausgegangen werden.

Vor allem aber müssten die - ursprünglichen -Regelungsabsichten des Gesetzgebers soweit wie möglich respektiert werden, ohne dass ein von seinem Willen (in Wahrheit) nicht gedeckter Regelungstorso mit gegenläufiger Zielrichtung entstünde (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 11. November 2010 - 11 MC 429/10 -, n.v. m.w.N.). Von alledem kann hier nicht gesprochen werden.

Eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung dieser Bestimmung scheitert hier vor allem daran, dass das GlüG LSA - wie oben dargelegt - insgesamt Merkmale eines interessengesteuerten Gesetzes aufweist, das im Wesentlichen der Implementierung und Durchsetzung des im GlüStV bundesweit vereinbarten staatlichen Monopols dient.

Selbst wenn es denkbar wäre, das GlüG LSA um die gemeinschaftsrechtswidrigen Teile zu "bereinigen", würde dies nicht weiter führen. Insbesondere stünde sodann kein gemeinschaftsrechtskonformes Regelungsinstrument zur Verfügung, das nunmehr im Wesentlichen problemlos zur Anwendung kommen könnte.

Dieser Bereinigungsversuch müsste auf eine Vielzahl von Regelungen sowohl des GlüG LSA als auch den GlüStV Zugriff nehmen (vgl. zu einem solchen Versuch: Nds. OVG, Beschluss vom 11. November 2010, aaO). Zwar hätte man es dann auf den ersten Blick immer noch mit einem umfänglichen Regelwerk zu tun. Stets wäre allerdings zu beachten, dass auch dieses ursprünglich allein auf staatliche Genehmigungsinhaber bezogen war. Dass die Intentionen des ursprünglichen Regelwerkes immer wieder "durchschlagen" würden, zeigt sich insbesondere schon bei einem Blick auf einige der auch im vorliegenden Verfahren von den Beteiligten angesprochenen Punkte: Insbesondere blieben einige der von der Klägerin auch aufgeworfenen Fragen offen. Dies gilt beispielsweise für die Frage, ob eine Entgegennahme von Provisionen für die Vermittlung von den Glücksspielveranstaltern verboten bleiben soll - vgl. § 13 Abs. 4 Nr. 3 GlüG LSA -, oder wie es sich mit bisherigen Verstößen gegen "unbeachtliche" Normen des GlüStV verhält - § 13 Abs. 5 Nr. 2 GlüG LSA -. Ebenso offen bliebe die Frage, ob ein Verbot der Vermittlung im Internet aufrecht erhalten bleiben kann - § 13 Abs. 3 Nr. 4 GlüG LSA in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Nr. 3 b) GlüG LSA - und wie es mit Fragen der Werbung aussieht - § 13 Abs. 3 Nr. 4 GlüG LSA in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Nr. 3 c) GlüG LSA -. Von besonderer Relevanz wäre dann auch die Frage, ob eine die Landesgrenzen überschreitende Vermittlung zulässig sein soll und wie diese ggfls. gestaltet ist. Ein gemeinschaftsrechtskonformes Ergebnis schlicht dadurch zu erreichen, dass man die verbleibenden - europarechtskonformen - Regelungen nicht nur auf staatliche sondern nunmehr auch auf private Genehmigungsinhaber ausdehnt, erscheint dem erkennenden Gericht aber nicht nur wegen der hier nur kurz angerissenen Schwierigkeiten sondern vor allem schon wegen des immer noch gebotenen Respekts vor der ursprünglichen Regelungsintention des Gesetzgebers ausgeschlossen (a. A. Nds. OVG, Beschluss vom 11. November 2010, aaO).

Ein derartiges Ergebnis wäre aber nur gegen diesen (ursprünglichen) gesetzgeberischen Willen zu erreichen. Richterliches Vorgehen in dieser Richtung würde im vorliegenden Fall darüber hinaus zu einer Durchbrechung der verfassungsrechtlich vorgegebenen staatlichen Funktionengliederung führen. Man hätte es nämlich am Ende bei dem durch die gerichtliche Prüfung gewonnenen gemeinschaftskonformen Regelungstorso nicht nur mit einem Gesetz zu tun, das der Landesgesetzgeber ersichtlich (so) nicht gewollt hat.

Darüber hinaus wäre nicht zu übersehen, dass das Regelungsregime des GlüG LSA, wie durch den GlüStV vorgegeben, schon von der Intention des Gesetzgebers ausschließlich auf staatliche Erlaubnisträger reflektiert. Sollten nunmehr Private als (potentielle) Genehmigungsinhaber hinzukommen, müssten hierfür entsprechend angepasste Regelungen geschaffen werden. Eine richterliche Bereinigung des GlüG LSA im hier angesprochenen Sinne würde trotz des immer noch beachtlichen Umfangs (vgl. zu einem entsprechenden Versuch: Nds. OVG, Beschluss vom 11. November 2010, aaO) ein letztlich lückenhaftes Regelwerk zurücklassen, das von den hierfür zuständigen Stellen in Bezug auf private Erlaubnisnehmer nicht mit der erforderlichen Verlässlichkeit im Hinblick auf Rechtssicherheit gehandhabt werden könnte.

Bei allem müsste ferner beachtet werden, dass das vorhandene Regelwerk im Hinblick auf Regelungsintensität und -tiefe ausschließlich auf staatliche Genehmigungsinhaber zugeschnitten ist. Dass ein solches Regelungsinstrument mit vorwiegend lediglich entsprechend auf Private angewendeten Regelungen auch darüber hinaus - wie ebenfalls oben angesprochen - eine Fülle von Rechtsfragen aufwerfen würde, die jeweils voraussichtlich immer wieder erst in mehrinstanzlichen gerichtlichen Verfahren zu klären wären, rundet das dargestellte Bild nur ab.

Bis zu entsprechenden Neuregelungen kann sich zwar die Klägerin mithin als in die Situation zurückversetzt ansehen, in der sie sich schon vor Einführung des staatlichen Monopols der Glücksspielvermittlung befunden hat. Dabei übersieht das erkennende Gericht allerdings durchaus nicht, dass für die von ihr beabsichtigte Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit jedenfalls auf Dauer ohne ein vom Staat vorgegebenes Regelungsregime nicht auszukommen sein wird. Dies gilt insbesondere, soweit die Vermittlung über das Internet erfolgt. Hier besteht wegen der dort ständig stattfindenden Veränderungen und Neuentwicklungen sowohl im Hinblick auf Individualrechte als auch auf die staatlichen Ordnungsaufgaben Handlungsbedarf für die Gesetzgebung. Dies vermag jedoch (gegenwärtig) an der hier festgestellten Genehmigungsfreiheit nichts zu ändern.

Denn es ist allein Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, ob er es bei der hier festgestellten Genehmigungsfreiheit für die private Vermittlungstätigkeit im Hinblick auf staatliche Glücksspiele (vgl. dazu unten) auf Dauer belässt oder ob und wann er hierfür ein besonderes gemeinschaftsrechtskonformes Regelungsschema - etwa in Form eines sowohl den verfassungsrechtlichen als auch den eurparechtlichen Vorgaben genügendes präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt - einführt. Dagegen ist es nicht Aufgabe der Rechtsprechung, angesichts dieser Sach- und Rechtslage eine Art Interimsregime zu bestimmen. Im vorliegenden Fall wäre ein solches jedenfalls unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht einmal erforderlich. Denn die private Vermittlung staatlicher Glücksspiele durch die Klägerin hatte bis zur Einführung des staatlichen Vermittlungsmonopols im bundesweiten Zuschnitt viele Jahrzehnte stattgefunden, und zwar ohne dass es hierbei zu ordnungsrechtlich relevanten Gefahrenlagen gekommen wäre (vgl. VG Halle, Beschluss vom 26. April 2007 - 3 A 809/06 HAL -, n. v.).

Selbst wenn eine völlig genehmigungsfreie Vermittlungstätigkeit etwa aus ordnungspolitischen oder anderen legitimen Gründen nicht akzeptabel wäre, würde dies nichts an dem dargestellten Befund ändern. Dann wäre es nämlich erst Recht Sache des Gesetzgebers, ohne weiteren Zeitverzug entsprechende Regelungen einzuführen. Wenn dieser aber hierauf verzichtet, dann ist - jedenfalls bis zu bestimmten, von Belangen des Gemeinwohls vorgegebenen Grenzen - in Kauf zu nehmen, dass die Dinge dann auch ohne ihn ihren Lauf nehmen. Schließlich bilden das allgemeine Gewerbe- und das Polizeirecht im Zweifelsfall Auffanglinien, um gegebenenfalls auftretenden Auswüchsen entgegenzutreten, die unter den Gesichtspunkten einer effektiven Gefahrenabwehr nicht hinzunehmen sind.

Soweit in diesem Zusammenhang die Frage der Zuverlässigkeit der Klägerin zu erörtern ist, stehen die vom Beklagten hierzu angeführten Gesichtspunkte ausschließlich im Zusammenhang mit der sich hier als zutreffend erwiesenen Auffassung der Klägerin, dass sie jedenfalls gegenwärtig für ihre Vermittlungstätigkeit, die hier gegenständlich ist, keiner Erlaubnis bedarf. Anhaltspunkte für das Bestehen weiterer Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin - etwa aus dem Bereich der ordnungsbehördlichen Gefahrenabwehr - sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Im Übrigen ist es Sache des Beklagten, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, wenn hierzu ein Anlass bestehen sollte.

Dasselbe Ergebnis würde im Übrigen auf alle übrigen Bereiche zutreffen, in denen sich die Gesetzgebung lediglich auf den Erlass eines umfassenden Verbots beschränken würde, obwohl hierfür nur eine geringfügige Normakzeptanz festzustellen wäre. Auch hier würden sich die Verhältnisse - wie etwa die Zeit der Prohibition in den Vereinigten Staaten gezeigt hat - am Gesetzgeber vorbeientwickeln. Gerade am Beispiel der Internet-Glücksspiele lässt sich dies verdeutlichen: Umfassende und eindeutige Verbote haben bislang nicht verhindern können, dass Interessierte im Wesentlichen vollkommen unproblematisch den Zugang zu derartigen Glücksspielen finden, und zwar wann immer sie es möchten. Dass hier zudem eine elektronische Variante des Winkelbuchmachertums (Abschluss und Vermittlung von Wettgeschäften quasi durch jedermann, früher: in einem besonderen Winkel von Gaststätten, Läden, Friseurgeschäften etc.) ein neues Betätigungsfeld finden könnte, lässt sich ebenfalls nicht von der Hand weisen.

Eine Gesetzgebung, die sich indessen auf den Erlass von Verboten beschränkt, statt hier im notwendigen internationalen Verbund mit Gesetzgebern anderer Länder regulierend tätig zu werden, behindert sich selbst, weil sie große Bereiche, in denen evidenter Regelungsbedarf besteht, wegen des bestehenden universellen Verbots aus ihren Überlegungen ausblendet - das typische Beispiel für eine sich selbst blockierende Gesetzgebung -, müsste, wie das Beispiel der Prohibition lehrt, für das erstrebte Ziel (hier: den Erhalt des staatlichen Glücksspielmonopols) auf Dauer einen hohen Preis zahlen.

Die Klage ist auch im Hinblick auf den von der Klägerin gestellten Antrag, den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 02. April 2009 aufzuheben, begründet. Denn dieser Bescheid ist rechtswidrig ist und verletzt die Klägerin in ihren oben erörterten Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Durch diesen Bescheid wird der Rechtsschein aufrechterhalten, dass die Klägerin für die hier in Rede stehende Vermittlungstätigkeit einer Genehmigung des Beklagten bedarf. Er bezieht sich hierbei auf die Regelungen des § 13 GlüG LSA, die allerdings wegen ihres Verstoßes gegen das vorrangige europäische Gemeinschaftsrecht nicht zur Anwendung kommen.

Zur weiteren Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf Ausführungen des erkennenden Gerichts zur Rechtslage im Hinblick auf das Feststellungsbegehren verwiesen.

Das erkennende Gericht hat von der ihm eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, im vorliegenden Verfahren die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, da die sich im vorliegenden Verfahren stellenden Rechtsfragen einer obergerichtlichen Prüfung bedürfen, um insbesondere eine landeseinheitliche Beantwortung dieser Fragen zu ermöglichen, § 124a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Zudem weicht die vorliegende Entscheidung im Hinblick auf die Frage einer sektoralen oder Gesamtkohärenz von einer Entscheidung des OVG LSA ab (Urteil vom 17. Februar 2010 - 3 L 6/08 -, Juris, Rz. 70 ff) und beruht auf dieser Abweichung, § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 709, 711 ZPO.

B E S C H L U S S

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

G r ü n d e :

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Das Gericht wendet hierzu die Empfehlung in Ziff. 54.1 des Streitwertkataloges 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit entsprechend an.

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