VG Magdeburg, Urteil vom 20.04.2017 - 5 A 195/16
Fundstelle
openJur 2020, 27026
  • Rkr:
Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Regelbeurteilung für den Zeitraum vom 1. Oktober 2011 bis 30. April 2014 und begehrt deren Aufhebung sowie Neuerstellung.

Der Kläger ist Beamter des Landes Sachsen-Anhalt im Range eines Kriminaloberkommissars (KOK) und bei dem Beklagten tätig.

In der hier streitgegenständlichen Regelbeurteilung erhielt der Kläger in der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung die Note "D" (entspricht den Leistungsanforderungen in jeder Hinsicht) und in der Befähigungsbeurteilung die Note "B" (stark befähigt). In der Leistungsbeurteilung wurde der Kläger in den Einzelmerkmalen einmal mit der Note "B" (übertrifft die Leistungserfordernisse erheblich) sowie sechsmal mit der Note "C" (übertrifft die Leistungsanforderungen) und achtmal mit der Note "D" bewertet. Die Einzelmerkmale der Befähigungsbeurteilung sind dreimal mit der Note "B" bewertet worden. Der Beurteilung lag wertend der Beurteilungsbeitrag des Kriminalhauptkommissars (KHK) B. vom 27. Juni 2014 als unmittelbarer Vorgesetzter für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis 30. April 2014 zugrunde. Berücksichtigung fand daneben die vom Polizeirat (PR) H. als Erstbeurteiler erstellte Anlassbeurteilung für den Zeitraum 1. Oktober 2011 bis 31. Oktober 2013. Die am 18. Juli 2014 vom Erstbeurteiler PR H. erstellte und durch den Kriminaldirektor (KD) S. als Zweitbeurteiler am 20. August 2014 bestätigte Regelbeurteilung ist dem Kläger am 25. März 2015 eröffnet worden.

Mit Schreiben vom 3. Oktober 2015 legte der Kläger Widerspruch gegen die Regelbeurteilung ein. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, seine Aufgabenfelder und der Arbeitsumfang seien im Beurteilungszeitraum um ein Vielfaches gestiegen. Dem von der Anlassbeurteilung nicht erfassten Zeitraum komme eine besondere Bedeutung zu und rechtfertige eine überdurchschnittliche Gesamtbewertung. Von Oktober 2013 bis April 2014 sei durch ihn ein wesentlich erhöhtes Arbeitsaufkommen bewältigt worden. Zusätzlich seien durch ihn unübliche Aufgabenfelder übernommen worden, die zuvor durch den im verdeckten Bereich als Logistiker tätigen Angestellten D. R. erledigt worden seien, der sich aufgrund seines sich stetig verschlechternden Gesundheitszustandes seit Januar 2014 dauerhaft im Krankenstand befunden habe. Autodidaktisch und mit überdurchschnittlichem Engagement habe er ohne Einweisung die im Einzelnen bezeichneten Aufgaben von Herrn R. übernommen, obwohl ihm die Bearbeitung des Bereiches unbekannt gewesen sei und er keine fachliche Ausbildung besessen habe. Bereits vor und im Beurteilungszeitraum habe er auf Einladung des Bundeskriminalamtes als Vertreter des Landes Sachsen-Anhalt am jährlichen "Expertentreffen für Legendierer und Logistiker" teilgenommen. In den Einzelmerkmalen 1.1 bis 1.4, 2.1, 2.3 und 3.1 sei er besser zu beurteilen. Zur Befähigungsbeurteilung sei anzumerken, dass die vorangegangene Regelbeurteilung (1. September 2007 bis 30. September 2011) bereits mit einem "B" bewertet worden sei, was bei der Erstellung der Anlass- und hiesigen Regelbeurteilung offensichtlich nicht berücksichtigt worden sei.

Den Widerspruch wies die Beklagte nach erfolgter und durch den Zweitbeurteiler gegengezeichneter Stellungnahme des Erstbeurteilers vom 22. Oktober 2015 mit dem Kläger am 21. März 2016 zugestelltem Bescheid vom 18. März 2016 zurück. Zur Begründung führt er aus, dass rechtlich erhebliche Mängel im Sinne von Beurteilungsfehlern nicht erkennbar seien und der Kläger seine eigene Einschätzung an die Stelle der Wertung des Beurteilers setze. Insbesondere sei der erhöhte Arbeitsumfang durch neue Aufgabenfelder bereits berücksichtigt worden, zumal die Unterstützung durch Kriminaloberkommissar Pietschmann erfolgt sei und nur ein viermonatiger Zeitraum des gesamten Regelbeurteilungszeitraums betroffen sei. Das Vorbringen des Klägers rechtfertige keine bessere Bewertung der von Kläger im Einzelnen bezeichneten Einzelmerkmale. Nicht nachvollziehbar sei, warum sich die Gesamteinschätzung der Befähigungsbeurteilung im Vergleich zu den vorherigen Beurteilungen ändern müsse bzw. wo das zukünftige Steigerungspotential liege.

Hiergegen hat der Kläger beim erkennenden Gericht am 21. April 2016 Klage erhoben. Unter Bezugnahme auf seine Widerspruchsbegründung ergänzt er, dass der Beurteilungsbeitrag des unmittelbaren Vorgesetzten KHK B. für den Zeitraum 1. Januar 2010 bis 30. April 2014 berücksichtigt worden sei, obwohl für den Zeitraum 1. Oktober 2011 bis 31. Oktober 2013 die allein berücksichtigungsfähige Anlassbeurteilung vorgelegen habe. Zudem sei die Anlassbeurteilung rechtswidrig und Gegenstand eines Klageverfahrens (Az.: 5 A 672/16 MD), weil die ihr zugrunde liegenden Beurteilungsbeiträge vernichtet worden seien sollen und gegen das Fortentwicklungsgebot verstoßen werde. Die vorangegangene Regelbeurteilung sei ihrerseits rechtswidrig und ebenfalls Gegenstand eines Klageverfahrens (Az.: 5 A 671/16 MD).

Die streitgegenständliche Regelbeurteilung leide zudem an formellen Mängeln. Sie sei nicht erörtert, sondern lediglich eröffnet worden. Der Erst- und Zweitbeurteiler seien im Widerspruchsverfahren nicht beteiligt worden. Zudem liege ein Bewertungsfehler vor, da davon ausgegangen werde, dass KOK P. den Kläger ab Januar 2014 unterstützt hätte. Dies sei nicht der Fall, die Unterstützung erfolge erst seit Jahresbeginn 2015.

Der Kläger beantragt,

die dienstliche Beurteilung des Beklagten vom 18.07.2014 betreffend den Zeitraum vom 01.10.2011 bis 30.04.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2016 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes erneut zu beurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er tritt der Klage unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens aus dem Widerspruchsverfahren entgegen und führt ergänzend aus, der Beurteilungsbeitrag des KHK B. sei lediglich für den kurzen Teilzeitraum 1. November 2013 bis 30. April 2014 in die Beurteilung eingeflossen. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Regelbeurteilung nahezu identisch zur Anlassbeurteilung sei, da sie allein beim Einzelmerkmal "Eigenständigkeit" abweichend besser mit einem "B" bewertet worden sei. Demgegenüber weiche die Regelbeurteilung deutlich positiv in insgesamt fünf Einzelmerkmalen vom Beurteilungsbeitrag ab. Die Anlassbeurteilung sei, wie es in der Begründung der Regelbeurteilung zum Ausdruck komme, prägend. Eine stärkere Gewichtung des Beitrages hätte denknotwendig eine schlechtere Bewertung zur Folge gehabt. Die Aufhebung der Regelbeurteilung wegen des Abdeckens eines Zeitraumes, der bereits von der Anlassbeurteilung erfasst sei, sei ausgehend von den Stellungnahmen des Erstbeurteilers und des unmittelbaren Vorgesetzten vom 11. und 16. November 2016 bzw. der Stellungnahme des Erstbeurteilers im Widerspruchsverfahren reine Förmelei. Der formale Fehler eines Beurteilungsbeitrages schlage nicht zwingend auf die Rechtmäßigkeit durch. Der Erstbeurteiler sei an die Beurteilungsbeiträge nicht gebunden. Demgemäß könne er formelle Fehler im Wege seiner eigenen Abwägung heilen und durch eigene Nachprüfung darauf hinwirken, dass der formale Fehler keinen Einfluss auf die Beurteilung selbst habe. Würde jeder Fehler des Beurteilungsbeitrages auf eine Beurteilung durchschlagen, wäre das Beurteilungsverfahren gerade bei der Polizei undurchführbar. Schließlich seien auch Fallkonstellationen denkbar, die von einem Erstbeurteiler verlangen würden, zeitlich fehlerhafte Beurteilungen zu berücksichtigen.

Der Beklagte legt eine durch den Zweitbeurteiler gegengezeichnete "Stellungnahme zur Klageerwiderung" des Erstbeurteiler KOR H. vom 16. November 2016 vor, wonach dieser u.a. mitteilt, Rücksprache mit KHK B. gehalten zu haben, ob die Einschätzung der Leistung und Befähigung des Klägers auch bei einer Verkürzung des Beurteilungszeitraumes aufrechterhalten werde. KHK B. teilte mit Schreiben vom 11. November 2016 dem Erstbeurteiler mit, auch bei einer Verkürzung des Beurteilungszeitraums auf den 1. November 2013 bis 30. April 2014 an der getroffenen Einschätzung im betreffenden Beurteilungsbeitrag festzuhalten.

Der Kläger hat seine unter dem Aktenzeichen 5 A 671/16 MD erhobene Klage gegen die vorangegangene Regelbeurteilung (1. September 2007 bis 30. September 2011) zurückgenommen. Dieses Verfahren ist mit Beschluss vom 16. Februar 2017 eingestellt worden. Das die Anlassbeurteilung betreffende Verfahren (5 A 672/16 MD) ist weiterhin anhängig.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Gerichts.

Gründe

Die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage hat in der Sache Erfolg.

Die Regelbeurteilung vom 17. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Neuerstellung der Beurteilung unter Beachtung der Rechtserfassung des Gerichtes (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO analog).

Rechtsgrundlage für die dem Kläger erteilte dienstliche Regelbeurteilung ist § 21 Abs.1 LBG LSA. Danach sind Beamte in regelmäßigen Abständen zu beurteilen. Die Ausgestaltung der näheren Einzelheiten ist nach § 21 Abs. 2 LBG LSA einer Regelung durch allgemeine Anordnung der obersten Dienstbehörde vorbehalten.

Dienstliche Beurteilungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes von den Verwaltungsgerichten nur beschränkt nachprüfbar. Ausschließlich der Dienstherr oder der für ihn handelnde jeweilige Vorgesetzte soll nach dem erkennbaren Sinn der Regelungen über die dienstliche Beurteilung ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Beamte den - ebenfalls grundsätzlich vom Dienstherrn zu bestimmenden - zahlreichen sachlichen und persönlichen Anforderungen seines Amtes und seiner Laufbahn entspricht. Bei einem derartigen, dem Dienstherrn vorbehaltenen Akt wertender Erkenntnis steht diesem eine der gesetzlichen Regelung immanente Beurteilungsermächtigung zu. Ihr gegenüber hat sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf zu beschränken, ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich bewegen kann, verkannt, ob er einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Soweit der Dienstherr - wie hier - Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen, speziell denen der Laufbahnverordnung über die dienstliche Beurteilung, und auch sonst mit gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 27/14 -, juris).

Gemessen daran hält die angefochtene dienstliche Beurteilung, die den Beurteilungszeitraum vom 1. Oktober 2011 bis 30. April 2014 betrifft, einer verwaltungsgerichtlichen Prüfung nicht stand. Denn der, der dienstlichen Beurteilung zugrunde liegende und den Beurteilungszeitraum vom 1. Januar 2010 bis 30. April 2014 abdeckende Beurteilungsbeitrag des KHK B. vom 27. Juni 2014 weist rechtserhebliche Fehler auf, deren Einfluss auf die Beurteilung jedenfalls nicht ausgeschlossen werden können.

Die uneingeschränkte Heranziehung des Beurteilungsbeitrages des unmittelbaren Dienstvorgesetzten des Klägers hinsichtlich der Zeiträume 1. Januar 2010 bis 30. September 2011 und 1. Oktober 2011 bis 31. Oktober 2013 ist nicht statthaft. Denn die erste Zeitspanne betrifft bereits nicht den hier maßgebenden Beurteilungszeitraum, sondern einen 21-monatigen Zeitraum, der durch die (mittlerweile) bestandskräftige vorangegangene, dem Kläger am 15. Mai 2012 eröffnete Regelbeurteilung (1. September 2007 bis 30. September 2011) abgedeckt wird. Und auch für den Zeitraum vom 1. Oktober 2011 bis 31. Oktober 2013 durfte der Beurteilungsbeitrag der Regelbeurteilung nicht zugrunde gelegt werden, weil für diesen Zeitraum bereits eine Anlassbeurteilung vorliegt, die Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens 5 A 672/16 MD ist. Der Beurteilungsbeitrag hätte folglich ausschließlich für den verbleibenden sechsmonatigen Beurteilungszeitraum vom 1. November 2013 bis 30. April 2014 und nicht für insgesamt 52 Monate erstellt und zugrunde gelegt werden dürfen. Somit mangelt es der streitbefangenen Beurteilung an einer hinreichend tragfähigen Tatsachengrundlage.

Der allgemeine beurteilungsrechtliche Grundsatz der Vollständigkeit der Tatsachengrundlage fordert von einem Beurteiler, der keinen ausreichenden persönlichen Eindruck von den Leistungen und der Befähigung des zu beurteilenden Beamten hat, sich im Vorfeld der Beurteilung die fehlenden Kenntnisse von anderen Personen zu beschaffen. Hierfür kommen vorrangig Personen in Betracht, die die Dienstausübung des Bewerbers aus eigener Anschauung kennen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 2 A 10.13 -, juris). Dementsprechend ist in Ziffer 11.1 und 11.2 der hier maßgebenden, am 1. Mai 2014 in Kraft getretenen Beurteilungsrichtlinie für den Polizeivollzugdienst des Landes Sachsen-Anhalt (vgl. RdErl. des Ministeriums für Inneres und Sport vom 31. März 2014 - im Folgenden: BRL-PVD) geregelt, dass der unmittelbare Dienstvorgesetzte des Beamten, der nicht Erstbeurteiler ist, bei dem Entwurf der Beurteilung durch Abforderung eines Beurteilungsbeitrages zu beteiligen ist. Der Beurteilungsbeitrag ist durch den zuständigen Erstbeurteiler abzufordern und in entsprechender Anwendung des Beurteilungsvordruckes nach Muster der Anlage 1 zu erstellen. Beurteilungsbeiträge müssen die Informationen enthalten, die es dem Beurteiler erlauben, diejenigen in der Beurteilung zu bewertenden Elemente der Eignung, Befähigung und Leistung (Art. 33 Abs. 2 GG) zutreffend zu erfassen, über die er keine aus eigener Anschauung gewonnene Erkenntnis besitzt. Beurteilungsbeiträge müssen bei der Ausübung des Beurteilungsspielraums berücksichtigt, d.h. zur Kenntnis genommen und bedacht werden. Zwar ist der Beurteiler an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht gebunden, sondern kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Er übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht und Abweichungen nachvollziehbar begründet. Diese Anforderungen stellen sicher, dass Werturteile auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruhen und sich an den von Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Kriterien orientieren (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. November 2014, a. a. O.). Die Beurteilung selbst muss hinreichend deutlich machen, auf welche Weise sich der Beurteiler die erforderliche Tatsachengrundlage - soweit sie nicht auf eigener Anschauung beruht - hat vermitteln lassen. Insoweit muss die dienstliche Beurteilung vor dem Hintergrund von Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG so klar abgefasst sein, dass eine gerichtliche Nachprüfung möglich ist (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 12. August 2015 - 4 S 1405/15 -, juris [m. w. N.])

Diesen Anforderungen wurde im vorliegenden Fall nicht genügt. Denn der angefochtenen Beurteilung lag ein Beurteilungsbeitrag zugrunde, der die Tatsachengrundlage unrichtig abbildet, ohne dass die Beurteiler zum Ausdruck gebracht haben, diesen Mangel erkannt und ihn sich nicht zu Eigen gemacht zu haben.

Nach Ziffer 3.2.6 BRL-PVD entwickelt die Anlassbeurteilung die Feststellungen und Bewertungen zu Eignung, Leistung und Befähigung der zuvor erstellten Regelbeurteilung fort und ist bei der nachfolgenden Regelbeurteilung zu berücksichtigen. Zwar dürfte angesichts der textlichen Feststellung in der Begründung der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung die den Beurteilungszeitraum vom 1. Oktober 2011 bis 31. Oktober 2013 vollständig abdeckende Anlassbeurteilung als konstanter Faktor bei der Erstellung der Regelbeurteilung berücksichtigt worden sein. Wertend berücksichtigt wurde jedoch daneben der Beurteilungsbeitrag des unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers vom 27. Juni 2014, der - wie bereits dargestellt - Zeiträume einbezieht, hinsichtlich derer es weder der Erstellung bedurfte noch dessen inhaltliche Beachtung zulässig ist. Soweit der Beklagte unter Bezugnahme auf die schriftlichen Stellungnahmen des unmittelbaren dienstlichen Vorgesetzten und Erstbeurteilers vom 11. bzw. 16. November 2016 bzw. der schriftlichen Stellungnahme des Erstbeurteilers im Widerspruchsverfahren vorträgt, der Beurteilungsbeitrag sei lediglich für den kurzen Teilzeitraum vom 1. November 2013 bis 30. April 2014 in die Beurteilung eingeflossen, ist dies anhand des Inhaltes der Beurteilung nicht zu erkennen.

Beurteilungsbeiträge müssen die Information enthalten, die es dem Beurteiler erlauben, diejenigen in der Beurteilung zu bewertenden Elemente der Eignung, Befähigung und Leistung zutreffend zu erfassen, über die er keine oder keine hinreichend aus eigener Anschauung gewonnene Erkenntnis besitzt (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. November 1998 - 2 A 3/97 -, juris und vom 27. November 2014, a. a. O.). Fehler des Beurteilungsbeitrages ziehen die Rechtswidrigkeit der Beurteilung nach sich, wenn sich der Beurteiler die fehlerbehafteten Erkenntnisse des Beurteilungsbeitrages ohne eigene Nachprüfung zu Eigen macht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2004 - 2 B 41/03 -, juris).

Voranzustellen ist, dass Beurteilungsbeiträge sowohl in zeitlicher sowie inhaltlicher Hinsicht nicht ohne Weiteres teilbar sind, wenn der Ersteller des Beurteilungsbeitrages - wie hier - keine differenzierten/differenzierbaren Angaben gemacht hat, so dass schon nicht ohne Weiteres auf der Hand liegt, ob und inwieweit die Beurteiler in der Lage gewesen sein sollen, aus dem 52 Monate abdeckenden gleichförmigen Beurteilungsbeitrag einen sechsmonatigen Abschnitt richtigen Inhaltes auszugliedern.

Dass - wie der Beklagte behauptet - lediglich der kurze Teilzeitraum vom 1. November 2013 bis 30. April 2014 in die Beurteilung eingeflossen sein soll, widerspricht daneben den objektiven Tatsachen. Denn der - ausweislich den Gründen der Beurteilung - wertend berücksichtigte Beitrag benennt ausdrücklich den Beurteilungszeitraum vom 1. Januar 2010 bis 30. April 2014, ohne dass in der Beurteilung oder in der Stellungnahme des Erstbeurteilers im Widerspruchsverfahren zum Ausdruck kommt, dass der Erst- oder Zweitbeurteiler diesen Mangel erkannt hätten. Festzustellen ist, dass der Beurteilungsbeitrag in seiner Gesamtheit wertend eingeflossen ist. Für eine eingeschränkte sowohl zeitliche als auch inhaltliche Berücksichtigung finden sich keine hinreichenden Anknüpfungspunkte in der Beurteilung. Soweit der Beklagte vorträgt, eine weitergehende Berücksichtigung des Beurteilungsbeitrages hätte dazu geführt, dass der Kläger im Ergebnis schlechter beurteilt worden wäre, führt dies zu keiner anderen Betrachtung. Denn es ist schon nicht vorhersehbar wie der Beurteiler angesichts eines den verbleibenden sechsmonatigen Beurteilungszeitraum abdeckenden Beurteilungsbeitrages die Leistung des Klägers bewertet hätte. Richtig ist, dass die streitgegenständliche Regelbeurteilung mit Ausnahme des mit "B" statt "C" bewerteten Einzelmerkmals "Eigenständigkeit" und die Anlassbeurteilung identisch sind und der Beurteilungsbeitrag im Gegensatz dazu in fünf Einzelmerkmalen eine schlechtere Bewertung enthält. Für die Schlussfolgerung, der Beurteiler hätte den Beitrag in Kenntnis seiner Fehlerhaftigkeit sowohl in zeitlicher als auch inhaltlicher Hinsicht anders bewertet, fehlt gleichwohl jeglicher Anhalt. Dass die wertende Berücksichtigung des Beurteilungsbeitrages ohne Einfluss auf das Beurteilungsergebnis war, kann nicht unterstellt werden. Denn die Beurteiler waren nach Einschätzung des Gerichtes schon angesichts der fehlenden Erkenntnis, einen unrichtigen Beurteilungsbeitrag zugrunde zu legen, nicht in der Lage, eine objektive Einschätzung von Leistung, Eignung und Befähigung des Klägers vornehmen zu können.

Entgegen der Behauptung des Beklagten erfolgte insbesondere im Widerspruchsverfahren keine weitere Plausibilisierung des Werturteiles durch die Beurteiler. Denn der Kläger hat sich erstmals im gerichtlichen Verfahren auf den unrichtigen Beurteilungszeitraum des Beitrages berufen, so dass diese Thematik zwischen den Beteiligten nicht streitgegenständlich war, mithin sich insbesondere der Erstbeurteiler nicht mit dieser auseinandersetzen konnte. Zudem offenbart die durch den Erstbeurteiler im gerichtlichen Verfahren abgegebene Stellungnahme vom 16. November 2016, in der mitgeteilt wird, den unmittelbaren Dienstvorgesetzten zur Erklärung aufgefordert zu haben, ob der Beurteilungsbeitrag für den maßgebenden Zeitraum vom 1. November 2013 bis 30. April 2014 aufrechterhalten wird, lediglich dass der Erstbeurteiler den Mangel des Beurteilungsbeitrages erst nach Klageerhebung erkannt hat.

Dass der dienstliche Vorgesetzte KHK B. in seiner Stellungnahme vom 11. November 2016 die im Beurteilungsbeitrag getroffene Einschätzung für den Bewertungszeitraum 1. November 2013 bis 30. April 2014 aufrecht erhält, führt weder zu einer anderen Betrachtung, noch kann dies ohne Weiteres nachvollzogen werden. Dieser dem mit dem Widerspruchsverfahren abgeschlossenen Beurteilungsvorgang nachgelagerter Geschehensablauf ist nicht geeignet, auf die Rechtmäßigkeit der Beurteilung Einfluss zu nehmen, da es sich um keine bloße Plausibilisierung des Werturteiles handelt. Vielmehr wird die Beurteilung mit einem neuen Werturteil des unmittelbaren Dienstvorgesetzten für den Zeitraum 1. November 2013 bis 30. April 2014 unterlegt.

Ungeachtet dessen überzeugt diese ergebnisorientierte Verfahrensweise schon deshalb nicht, weil ausgehend von dem durch den dienstlichen Vorgesetzten tatsächlich betrachteten Zeitraum von insgesamt 52 Monaten es an einer Rechtfertigung der gleichlautenden/-förmigen Bewertung der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung des Klägers mangelt. Denn dass der Kläger - wie der Beklagte behauptet - während 52 Monaten ein identisches Leistungsbild gezeigt hätte, lässt sich schon deshalb nicht ohne weiteres annehmen, weil die Zeiträume, die von der vorangegangenen Regelbeurteilung bzw. der Anlassbeurteilung umfasst sind, verschiedene Beurteilungsergebnisse nach sich gezogen haben. So hat der Kläger in der vorangegangenen Regelbeurteilung bei der Leistungsbeurteilung zehnmal Bewertung "D" und sechsmal die Bewertung "C" und bei der Befähigungsbeurteilung zweimal "B" und einmal "C" erhalten, wohingegen die Anlassbeurteilung in der Leistungsbeurteilung mit achtmal "D" und siebenmal "C" und in der Befähigungsbeurteilung mit dreimal "B" schloss. Weshalb gerade die hier maßgebenden letzten sechs Monate von der durch den unmittelbaren Vorgesetzten niedergelegten Bewertung getragen sein sollen, liegt nicht auf der Hand. Dies gilt insbesondere deshalb, weil jedenfalls hinsichtlich der letzten vier Monate des Beurteilungszeitraumes (Januar bis April 2014) aufgrund des krankheitsbedingten Ausscheidens eines Mitarbeiters unter Berücksichtigung des veränderten Aufgabenprofiles von einer wesentlich geänderten Beurteilungsgrundlage auszugehen sein dürfte. Das Gleiche gilt, soweit der Kläger unwidersprochen behauptet, dass dieser Kollege auch vor Januar 2014 seiner Arbeitsaufgabe aufgrund seiner gesundheitlichen Verfassung, die dem krankheitsbedingten Ausscheiden voranging, nicht mehr hinreichend gewachsen und durch den Kläger aufzufangen gewesen sei. Dass dieser Zeitraum von sechs Monaten gegenüber dem durch die Anlassbeurteilung abgedeckten Beurteilungszeitraum von 25 Monaten (1. Oktober 2011 bis 31. Oktober 2013) von so untergeordneter Bedeutung wäre, dass sie sich im Leistungs- und Befähigungsurteil von vornherein nicht niederschlägt, verfängt ebenfalls nicht. Denn Ziffer 11 BRL-PDV regelt, dass ein Beurteilungsbeitrag erst bei einem Unterstellungsverhältnis von weniger als sechs Monaten entfällt. Hieraus folgt, dass für die Vollständigkeit der Bewertungsgrundlage auch insoweit ein Werturteil des unmittelbaren Dienstvorgesetzten erforderlich ist.

Ohne Erfolg macht die Beklagte unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 9. Juli 2007 (- 2 BvR 206/07-, juris) geltend, der Mangel sei geheilt. Denn eine "Heilung" des fehlerbehafteten Beurteilungsbeitrages setzt voraus, dass sich der (Erst-)Beurteiler die fehlerbehafteten Erkenntnisse nicht zu Eigen gemacht hat. Dass dies vorliegend nicht der Fall sein soll, hat der Beklagte nicht hinreichend substantiiert. Denn es kann angesichts eines sechsmonatigen - und damit nicht untergeordneten - Beurteilungszeitraumes nicht ausgeschlossen werden, dass die wertende Berücksichtigung des Beitrages eine über die allein attestierte Verbesserung beim Einzelmerkmal "Eigenständigkeit" keine Veränderung des Beurteilungsergebnisses gegenüber der aus Sicht des Erstbeurteilers prägenden Anlassbeurteilung bewirkt hätte.

Der Einwand des Beklagten, die BRL-PVD würde sich zu fehlerhaft erstellten Beurteilungsbeiträgen nicht verhalten und zwinge den (Erst-)Beurteiler auch auf der Grundlage fehlerbehafteter Beurteilungsbeiträge dazu, eine Beurteilung zu erstellen, verfängt nicht. Dass die BRL-PVD hierzu keine Aussage trifft, führt nicht etwa dazu, dass unrichtige Beurteilungsbeiträge ohne Weiteres zugrunde gelegt werden dürfen oder sogar müssen. Beurteilungsbeiträge unterliegen im Rahmen ihrer Funktion als Erkenntnisquelle innerhalb der Gesamtbeurteilung im Grundsatz denselben Anforderungen wie die Beurteilung selbst. Ihr Verfasser darf nicht den Begriff oder gesetzlichen Rahmen, in dem er sich bewegt, verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemein gültige Wertmaßstäbe missachten, sachfremde Erwägungen anstellen oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen. Er hat vielmehr von einem zutreffend ermittelten und - im Rahmen des von dem Beurteilungsbeitrag abzudeckenden Feldes - vollständigen Sachverhalt auszugehen; Wertungen müssen sich auf nachvollziehbare Feststellungen gründen. Leidet der Beurteilungsbeitrag insoweit an Mängeln und macht sich der Erstbeurteiler den Beurteilungsbeitrag ohne eigene Nachprüfung zu Eigen, so ist auch die Beurteilung selbst fehlerhaft (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2004; a. a. O.). Es kommt folglich darauf an, dass der Beurteiler den mangelhaften Beitrag erkennt und von der Möglichkeit, im Rahmen des Beurteilungsvorganges hierauf Einfluss zu nehmen, Gebrauch macht. Letzteres setzt voraus, dass der Beurteiler durch hinreichend eigene Erkenntnisse hierzu überhaupt in der Lage ist und sein Vorgehen entsprechend dokumentiert.

Soweit der Beklagte darauf abstellt, Beurteilungsverfahren seien praktisch nicht mehr durchführbar, sollte jeder Fehler eines Beurteilungsbeitrages die Rechtswidrigkeit der Beurteilung nach sich ziehen, wird durch die Kammer eine solche Rechtsauffassung schon nicht vertreten. Allein der Umstand, dass Beurteilungsbeiträge häufig von Beamten erstellt würden, die wenig oder keine Erfahrung in der eigenverantwortlichen Beurteilung von Mitarbeitern hätten und nur Vorgesetzte eines vergleichsweise kleinen Kreises von Beamten seien, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Die diesen Beamten obliegende Führungsaufgabe beinhaltet die Abgabe eines persönlichkeitsbedingten Werturteiles für unterstellte Beamte, so dass sich der Dienstherr insoweit nicht exkulpieren kann. Dem Umstand, dass im Polizeibereich aufgrund des schnellen Personalwechsels und der Besonderheiten des Wechselschichtdienstes gerade bei längeren Beurteilungszeiträumen eine große Anzahl von Beurteilungsbeiträgen (10 und mehr) eingeholt werden müssten und sich damit die Fehlerquote erhöhe, wird durch Ziffer 11.2 BRL-PVD Rechnung getragen, wonach es genügt, bspw. im Wechselschichtdienst, einen gemeinsamen Beurteilungsbeitrag durch mehrere unmittelbare Dienstvorgesetzte zu erstellen.

Der Vortrag des Beklagten, auf der Basis der BRL-PVD könne es zu Fällen kommen, in denen zwingend ein für einen fehlerhaften Zeitraum erstellter Beurteilungsbeitrag in die Beurteilung Eingang finden müsse, rechtfertigt für das hier vorliegende Verfahren keine andere rechtliche Bewertung. Es kann dahingestellt bleiben, ob die vom Beklagten beschriebenen Ausnahmefälle (bspw. Ausscheiden des Vorgesetzten unter Hinterlegung eines Beurteilungsbeitrages, der bei Anforderung einer Anlassbeurteilung über deren Beurteilungszeitraum hinausgeht) es notwendig machen können, eine zeitlich differenzierte und zu dokumentierende Betrachtung durch den Erstbeurteiler vorzunehmen, da ansonsten eine Beurteilung gegebenenfalls gar nicht erstellt werden könnte. Dieser Fall ist jedoch mit dem vorliegenden schon deshalb nicht vergleichbar, weil eine entsprechende Notwendigkeit schon nicht besteht. Abgesehen davon ist im vorliegenden Fall dem Dokumentationserfordernis nicht hinreichend Rechnung getragen worden.

Die Feststellungen des Beklagten, die BRL-PVD enthalte keine Regelung hinsichtlich des von einem Beurteilungsbeitrag zu umfassenden Zeitraumes und die für Beurteilung enthaltenden Regelungen für Beurteilungszeiträume seien nicht ohne Weiteres auf Beurteilungsbeiträge übertragbar, mögen als solche richtig sein. Hieraus ist jedoch nicht der Schluss zu ziehen, der unmittelbare Vorgesetzte sei in der Wahl des zu betrachtenden Zeitraumes frei und allenfalls sei der (Erst-)Beurteiler verpflichtet, die notwendige zeitliche Differenzierung vorzunehmen. Denn weder sieht die Richtlinie Entsprechendes vor, noch wird dem beurteilungsrechtlichen Grundsatz der Vollständigkeit und Richtigkeit der Beurteilungsgrundlage hinreichend Rechnung getragen. Wird ein Sachverhalt zugrunde gelegt, der einen Zeitraum umfasst, der die Grundlage der Beurteilung nicht bilden darf, weil er - wie hier - einen vorangegangenen Regelbeurteilungszeitraum betrifft oder aber einen Zeitraum enthält, der bereits durch ein gegenüber einem Beurteilungsbeitrag schwerer wiegendes Werturteil geprägt ist (bspw. vorhandene Anlassbeurteilung im Regelbeurteilungszeitraum), fehlt es an der notwendigen und ohne Weiteres herstellbaren Richtigkeit des zugrunde gelegten Sachverhaltes.

Nach alledem leidet die Beurteilung aufgrund der wertenden Berücksichtigung des fehlerhaften Beurteilungsbeitrages an durchgreifenden Mängeln, so dass es auf die im Übrigen vom Kläger erhobenen Rügen nicht mehr streitentscheidend ankommt. Zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten weist die Kammer jedoch darauf hin, dass es bei der Rechtmäßigkeit einer dienstlichen Beurteilung nicht auf die Selbsteinschätzung des Leistungsbildes durch den Beurteilten ankommt. Entscheidend ist, dass die Bewertung auf einer vollständigen und richtigen Tatsachengrundlage beruht und die Verbalisierung nicht in einem evidenten Widerspruch zur vergebenen Bewertung steht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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