AG Weißenfels, Beschluss vom 18.12.2014 - 13 II 457/14
Fundstelle
openJur 2020, 26472
  • Rkr:
Tenor

Die Erinnerung der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtspflegerin vom 17. Nov. 2014 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Bewilligung von Beratungshilfe für einen Einigungsversuch mit einer Gläubigerin wegen der Zahlungsmodalitäten für offene Forderungen der Gläubigerin.

Nachdem die zuständige Rechtspflegerin mit Zwischenverfügung vom 15. Sept. 2014 darauf hingewiesen hatte, dass es vorliegend an einem Rechtsproblem und damit an den Voraussetzungen des § 1 BerHG fehlen dürfte, hat die Antragstellerin über ihren Verfahrensbevollmächtigten dargelegt, dass sie mit der Situation überfordert gewesen sei und sich daher an den Verfahrensbevollmächtigten als Person ihres Vertrauens gewandt habe. Auch sei bei diesem ein erheblicher Arbeits- und Zeitaufwand entstanden. Zudem würde eine anwaltliche Vertretung gegenüber der Gläubigern eher zum Ziel führen als etwa das Aufsuchen einer Schuldnerberatung.

Die Rechtspflegerin hat daraufhin mit dem angegriffenen Beschluss die Bewilligung von Beratungshilfe abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es fehle an den Voraussetzungen des § 1 BerHG. Insbesondere sei der Antragstellerin möglich und zumutbar gewesen, eine Schuldnerberatungsstelle aufzusuchen.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der Erinnerung vom 26. Nov. 2014, mit der sie geltend macht, die Prüfung durch einen Rechtsanwalt gehe dem Aufsuchen einer Schuldnerberatungsstelle vor. Zudem sei der Rechtsanwalt bereits tätig geworden, so dass auch eine Vergütung stattzufinden habe. Auch dürfe ein Anwalt grundsätzlich keine Mandanten abweisen nur aus der Befürchtung heraus, keine Vergütung zu erhalten.

Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache mit Beschluss vom 04. Dez. 2014 zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Erinnerung gegen den die Bewilligung von Beratungshilfe ablehnenden Beschluss der Rechtspflegerin ist nach § 7 BerHG zulässig.

In der Sache ist sie aber unbegründet.

Das Gericht hat die Angelegenheit erneut geprüft und folgt den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung sowie der Nichtabhilfeentscheidung vom 17. Nov. 2014. Auch das Gericht hält die Voraussetzungen für die nachträgliche Bewilligung von Beratungshilfe vorliegend nicht für gegeben, da es der Antragstellerin nach Lage der Akte zumutbar war, hier eine Schuldnerberatungsstelle aufzusuchen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (NJW-RR 2007, 347, 348; zuletzt Beschl. v. 27.06.2014, 1 BvR 256/14 u.a., zit. na. juris), ist eine Auslegung des § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG dahin, dass das Aufsuchen einer Schuldnerberatungsstelle grundsätzlich eine andere Möglichkeit für eine Hilfe darstellt, deren Inanspruchnahme dem Rechtsuchenden zuzumuten ist, einfachrechtlich gut vertretbar. Generell habe die Beratungshilfe nicht die von anderen, meist über besondere Sachkunde verfügenden Einrichtungen kostenfrei geleistete Beratung ersetzen, sondern diese ergänzen sollen (vgl. BRDrucks. 404/79, S. 14). Diesem Verständnis des § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG stehe auch nicht entgegen, dass gemeinnützige Schuldnerberatungsstellen staatliche Mittel erhalten und diese Art der Hilfeleistung für den Staat mithin nicht zwingend kostengünstiger als die Gewährung von Beratungshilfe sei. Ein derartiges Erfordernis sei der Vorschrift nämlich nicht zu entnehmen.

Es sei zudem im Einzelfall Sache des Antragstellers, darzulegen und gegebenenfalls glaubhaft zu machen, dass ihm die Inanspruchnahme einer Schuldnerberatungsstelle, beispielsweise wegen zu langer Wartezeiten, nicht zuzumuten sei.

Nach diesem Maßstab konnte der Antrag der Antragstellerin, ihr Beratungshilfe zu bewilligen, keinen Erfolg haben. Sie hat nämlich - auch mit der Erinnerung - keine Umstände vorgebracht, aus denen sich ergeben könnte, dass die Inanspruchnahme einer Schuldenberatungsstelle für sie unzumutbar war. Die Beratung zur Abwehr tatsächlich oder vermeintlich unberechtigter Forderungen oder der Vereinbarung von Ratenzahlungen stellt eine der Kernaufgaben der Verbraucher- bzw. Schuldnerberatungsstellen dar und bietet damit eine zumutbare Hilfemöglichkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG (vgl. auch AG Halle, Beschluss vom 14. Jan. 2011, 103 II 7485/10, zit. nach juris).

Der Antragstellerin ging es nach ihrem Vortrag nämlich eindeutig um eine Hilfestellung bei der Klärung der Rückzahlungsmodalitäten. Der Umstand, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin nach eigener Darlegung zunächst mit erheblichem Aufwand die Unterlagen der Antragstellerin ordnen musste, lässt diesen Schluss ohne Weiteres zu. Ein Rechtsproblem, zu dessen Lösung die Antragstellerin auf rechtskundigen - anwaltlichen - Beistand angewiesen gewesen wäre, vermag das Gericht nicht zu erkennen. Auch sonstige Eigenbemühungen der Antragstellerin, die Angelegenheit mit der Gläubigerin selbst zu klären, sind nicht konkret dargetan.

Ebenso wenig ist ersichtlich, dass der Antragstellerin aus anderen Gründen die Inanspruchnahme der Schuldnerberatung unzumutbar gewesen wäre, zumal sie ja auch in der Lage war, einen in Camburg ansässigen Rechtsanwalt aufzusuchen.

Der vom Verfahrensbevollmächtigen in seinen Schriftsätzen gezogene Schluss, die Einarbeitung in die Angelegenheit und deren Bearbeitung habe viel Zeit in Anspruch genommen, weshalb es zwingend einer Vergütung im Rahmen der Beratungshilfe bedürfe, ist ebenso wenig tragfähig wie die Darstellung, die Übernahme eines Mandats nicht ablehnen zu dürfen.

Selbstverständlich steht es jedem Anwalt frei, ein ihm angetragenes Mandat zu übernehmen. Der Anspruch auf Vergütung seiner Tätigkeit aus der Landeskasse im Rahmen der Beratungshilfe ist aber nur gegeben, wenn die Voraussetzungen für die Bewilligung von Beratungshilfe vorliegen. Auch aus den Vorschriften der BRAO ergibt sich nichts anderes. Zwar begründet § 49a BRAO für den Rechtsanwalt eine grundsätzliche Pflicht, im Rahmen der Beratungshilfe tätig zu werden. Die Vorschrift begründet jedoch allein eine Verpflichtung für den Anwalt dahin, einen Rechtssuchenden, der sich im Rahmen der Beratungshilfe an ihn wendet, auch zu beraten, soweit nicht ein wichtiger Grund zur Ablehnung besteht. Mit anderen Worten gesagt erlegt die Vorschrift dem Rechtsanwalt auf, auch zu den geringen Gebühren der Nr. 2500 ff. VV RVG tätig zu werden, wenn sich ein Rechtssuchender an ihn wendet und keine Ablehnungsgründe bestehen, und diesen nicht allein mit Blick auf die niedrigen Gebührensätze abzuweisen.

Die Frage aber, ob überhaupt der Rechtssuchende einen Anspruch auf Beratungshilfe hat, ist abschließend in den Vorschriften des BerHG geregelt. Würde allein die Tätigkeit des Rechtsanwalts einen Gebührenanspruch auslösen, so bedürfte es der Vorschriften über die Bewilligung von Beratungshilfe gerade nicht. Ein Anspruch des Rechtsanwalts auf Festsetzung der Auslagen und Gebühren gegen die Landeskasse entsteht daher nur dann, wenn dem Antragsteller Beratungshilfe bewilligt wurde. Dies zeigt sich im Übrigen an der Systematik des Gesetzes, die davon ausgeht, dass der Rechtssuchende zunächst beim Gericht die Gewährung von Beratungshilfe beantragt und erst in der Folge einen Rechtsanwalt aufsucht.

Findet abweichend hiervon zunächst die anwaltliche Beratung statt und wird erst dann gemäß §§ 4 Abs. 6, 6 Abs. 2 BerHG der Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe gestellt, so trägt der Antragsteller das Risiko, dass der Antrag abgelehnt wird und er selbst die durch die Beratung entstandenen Kosten gegenüber dem Rechtsanwalt auszugleichen hat.

Die Rechtspflegerin hat nach alledem zu Recht den Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe zurückgewiesen, so dass der Erinnerung nicht abzuhelfen war.

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