SG Halle, Beschluss vom 27.07.2010 - S 9 P 32/10 ER
Fundstelle
openJur 2020, 24833
  • Rkr:
Tenor

Die Antragsgegner werden im Wege einer einstweiligen Anordnungverpflichtet, es bis zum Ablauf des 31. März 2011, längstens jedochbis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über ein in derHauptsache noch zu erhebendes Klageverfahren, zu unterlassen, denauf den Prüfbericht vom 24. März 2010 bezogenen vorläufigenTransparenzbericht über den von der Antragstellerin betriebenenambulanten Pflegedienst im Internet oder in sonstiger Form zuveröffentlichen.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen zur Hälfte dieAntragstellerin und zur Hälfte die Antragsgegnergesamtschuldnerisch.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Der von der Antragstellerin am 20. April 2010 bei dem beschließenden Gericht gestellte Antrag,

den Antragsgegnern aufzugeben, die Veröffentlichung des vorläufigen Transparentberichts sowohl im Internet als auch in anderer geeigneter Form zu unterlassen und festzustellen, dass die Antragstellerin nicht verpflichtet ist, das Datum der letzten Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung, eine Einordnung des Prüfergebnisses nach einer Bewertungssystematik sowie eine Zusammenfassung der Prüfergebnisse an gut sichtbarer Stelle in ihrer Einrichtung auszuhängen

hat teilweise Erfolg.

Soweit die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt einer - in Anbetracht des grundsätzlichen Verbots einer Vorwegnahme der Hauptsache nach Auslegung des Antrags im wohlverstandenen Interesse der Antragstellerin lediglich vorläufigen - Unterlassungsverpflichtung begehrt, ist der Antrag zulässig und begründet. Soweit sie darüber hinaus eine reine Feststellung begehrt, ist er bereits unzulässig.

Der auf die Verpflichtung der Antragsgegner gerichtete Antrag, die Veröffentlichung des vorläufigen Transparenzberichtes über die von der Antragstellerin betriebene Pflegeeinrichtung vorläufig zu unterlassen, ist gemäß § 86 b Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung).

Dieser Antrag hat auch in der Sache Erfolg.

Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. den §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO) muss der Antragsteller dazu glaubhaft machen, dass ihm dadurch, dass man ihn auf ein Hauptsacheverfahren verweist, Nachteile entstehen, die bei einem Obsiegen in der Sache nicht mehr ausgeglichen werden können (Anordnungsgrund). Darüber hinaus hat er glaubhaft zu machen, dass er mit seinem Begehren im Hauptsacheverfahren voraussichtlich Erfolg haben wird (Anordnungsanspruch).

Die Antragstellerin hat zunächst einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Sie kann gegen die Antragsgegner einen Anspruch geltend machen, dass diese den auf ihren ambulanten Pflegedienst bezogenen vorläufigen Transparenzbericht nicht veröffentlichen. Als rechtlicher Anknüpfungspunkt für dieses Begehren kommt allein ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch in Betracht. Ein solcher Anspruch besteht unabhängig von seiner Herleitung - aus der Abwehrfunktion der Freiheitsgrundrechte oder einer entsprechenden Anwendung von § 1004 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) - bereits dann, wenn ein Eingriff in eine durch öffentlich-rechtliche Vorschriften begründete und im Verhältnis zu anderen Rechtsträgern geschützte Rechtsposition droht, der Inhaber dieser Rechtsposition nicht zu dessen Duldung verpflichtet ist (vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 15. November 1995, 6 RKa 17/95, dokumentiert in Juris) und nicht auf nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 54, Rn. 42a m.w.N. aus der Rspr.).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Die von den Antragsgegnern beabsichtigte streitbefangene Veröffentlichung des vorläufigen Transparenzberichtes über den von der Antragstellerin betriebenen ambulanten Pflegedienst stellt einen - drohenden - unzulässigen Eingriff in den persönlichen und sachlichen Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) dar. Als juristische Person kann die Antragstellerin sich nach Art. 19 Abs. 3 GG auch auf den Schutz dieses Grundrechts berufen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts betrifft das Freiheitsrecht des Art. 12 Abs. 1 GG in der bestehenden Wirtschaftsordnung insbesondere auch das berufsbezogene Verhalten der Unternehmer am Markt nach den Grundsätzen des Wettbewerbs (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 08. Februar 1972, 1 BvR 170/71, BVerfGE 32, 311). Durch Art. 12 Abs. 1 GG wird damit die Teilhabe am Wettbewerb zu Erwerbszwecken geschützt. Das Grundrecht schützt aber nicht vor der Verbreitung zutreffender und sachlich gehaltener Informationen am Markt, die für das wettbewerbliche Verhalten der Marktteilnehmer von Bedeutung sein können, selbst wenn die Inhalte sich auf einzelne Wettbewerbspositionen nachteilig auswirken. Demgemäß beeinträchtigen marktbezogene Informationen des Staates den grundrechtlichen Gewährleistungsbereich der betroffenen Wettbewerber nicht, sofern der Einfluss auf wettbewerbserhebliche Faktoren ohne Verzerrung der Marktverhältnisse nach Maßgabe der rechtlichen Vorgaben für staatliches Informationshandeln erfolgt (zum Ganzen m.w.N. aus der Rspr.: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26. Juni 2002, 1 BvR 558/91, 1 BvR 1428/91, BVerfGE 105, 252). Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt das beabsichtigte Informationshandeln der Antragsgegner nicht. Der durch die Veröffentlichung des streitbefangenen Transparenzberichtes genommene Einfluss auf wettbewerbserhebliche Faktoren würde - aufgrund der vorliegenden Nichteinhaltung der rechtlichen Vorgaben - zu Verzerrungen der Marktverhältnisse führen.

Rechtlicher Anknüpfungspunkt für die Veröffentlichung von Transparenzberichten ambulanter Pflegedienste ist § 115 Abs. 1a Sätze 1 bis 5 Sozialgesetzbuch - Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) in Verbindung mit der Vereinbarung über die Kriterien der Veröffentlichung sowie die Bewertungssystematik der Qualitätsprüfungen der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung sowie gleichwertiger Prüfergebnisse von ambulanten Pflegediensten - Pflege-Transparenzvereinbarung ambulant (PTVA) - vom 29. Januar 2009 (www.pflegenoten.de/Vereinbarungen Richtlinien. gkvnet). Gemäß § 115 Abs. 1a Satz 1 SGB XI stellen die Landesverbände der Pflegekassen sicher, dass die von Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität, insbesondere hinsichtlich der Ergebnis- und Lebensqualität, für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen verständlich, übersichtlich und vergleichbar sowohl im Internet als auch in anderer geeigneter Form kostenfrei veröffentlicht werden. Hierbei sind die Ergebnisse der Qualitätsprüfungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung sowie gleichwertige Prüfergebnisse nach § 114 Abs. 3 und 4 zugrunde zu legen; sie können durch in anderen Prüfverfahren gewonnene Informationen, die die von Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität, insbesondere hinsichtlich der Ergebnis- und Lebensqualität, darstellen, ergänzt werden (Satz 2). Personenbezogene und personenbeziehbare Daten sind zu anonymisieren (Satz 3). Ergebnisse von Wiederholungsprüfungen sind zeitnah zu berücksichtigen (Satz 4). Das Datum der letzten Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung, eine Einordnung des Prüfergebnisses nach einer Bewertungssystematik sowie eine Zusammenfassung der Prüfergebnisse sind an gut sichtbarer Stelle in jeder Pflegeeinrichtung auszuhängen (Satz 5). Die Kriterien der Veröffentlichung einschließlich der Bewertungssystematik sind durch den Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in der PTVA vereinbart worden (vgl. § 115 Abs. 1a Satz 6 SGB XI).

Es kann dahinstehen, ob die Regelung des § 115 Abs. 1a SGB XI selbst bereits nicht verfassungsrechtlichen Maßstäben genügt, insbesondere ob die in Satz 6 der Vorschrift vorgesehene Delegation einer Normsetzung durch Vertrag auf nichtparlamentarische Institutionen mit dem jedenfalls in grundrechtsrelevanten Bereichen zu beachtenden, aus Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitenden Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes vereinbar ist (siehe weiter zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Norm nach Maßstab des Art. 80 Abs. 1 GG, der Wesentlichkeitstheorie sowie der Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG: Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. Mai 2010, L 10 P 10/10 B ER, Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 24. Februar 2010, L 1 P 1/10 B ER, Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 30. März 2010, L 2 P 7/10 B ER - jeweils dokumentiert in Juris, sowie Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14. Juni 2010, L 4 P 3/10 B ER, nicht veröffentlicht).

Denn jedenfalls steht die für die Erstellung von Transparenzberichten vorliegender Art maßgebende PTVA schon nicht im Einklang mit den in § 115 Abs. 1a Satz 1 SGB XI für das hier vorliegende staatliche Informationshandeln (die Veröffentlichung von Transparenzberichten) vorgesehenen rechtlichen Vorgaben. Die PTVA wird der in § 115 Abs. 1a Satz 1 SGB XI gestellten Forderung nach einer verständlichen, übersichtlichen und vergleichbaren Veröffentlichung in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht.

Nach § 3 Abs. 1, 3. Spiegelstrich PTVA wird in einem Transparenzbericht der Vergleichswert im jeweiligen Bundesland gegenübergestellt (Landesvergleichswert). Grundsätzlich dient diese Angabe zwar der von § 115 Abs. 1a Satz 1 SGB XI geforderten Vergleichbarkeit. Jedoch sieht § 3 Abs. 1, 3. Spiegelstrich PTVA vor, dass die Veröffentlichung des Landesvergleichswertes erst dann erfolgt, wenn für mindestens 20 v. H. aller ambulanten Pflegedienste im Bundesland Ergebnisse der MDK-Qualitätsprüfungen vorliegen. Damit werden diejenigen Pflegedienste, bei denen - wie im hier vorliegenden Fall der Antragstellerin - MDK-Qualitätsprüfungen vorgenommen und die Ergebnisse in Transparenzberichten veröffentlicht werden (sollen), bevor für mindestens 20 v. H. der Pflegedienste im Bundesland entsprechende Ergebnisse vorliegen, dem Urteil der Verbraucher ausgesetzt, ohne dass entsprechende Vergleichswerte angegeben sind. Die Angabe des Landesvergleichwertes dient aber gerade der Vorgabe des Gesetzgebers, die Verbraucher in die Lage zu versetzen, vorhandene Angebote zu vergleichen und selbstbestimmt eine Entscheidung zu treffen (vgl. BT-Drucks. 16/7439, S. 89). Fehlt die Angabe des Landesvergleichswertes, kann dieses gesetzgeberische Ziel nicht verwirklicht werden; eine die Vergleichbarkeit der Qualität verschiedener Dienstleistungsanbieter fördernde Veröffentlichung ist nicht gegeben. Überdies kann der in den Transparenzberichten enthaltene Hinweis für die Verbraucher, dass ein Landesdurchschnitt ermittelt wird, um die Gesamtnote einordnen zu können, zu Unsicherheiten bei den Verbrauchern bei der Urteilsbildung führen, wenn sie einen solchen in den Transparenzberichten nicht finden. Von einer übersichtlichen Veröffentlichung kann daher ebenso wenig wie von einer die Vergleichbarkeit ermöglichenden Veröffentlichung die Rede sein. Anstatt den Landesvergleichswert erst in den Transparenzberichten anzugeben, bei deren Anfertigung bereits für mindestens 20 v. H. der Pflegedienste im Bundesland Ergebnisse der MDK-Qualitätsprüfungen vorliegen, sollten Transparenzberichte - gerade im Lichte des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG - überhaupt erst dann veröffentlicht werden, wenn für mindestens 20 v. H. der Pflegedienste im Bundesland Ergebnisse der MDK-Qualitätsprüfungen gegeben sind, da sie dann die Angabe zum Landesvergleichswert beinhalten können.

Eine vergleichbare Veröffentlichung im Sinne des § 115 Abs. 1a Satz 1 SGB XI ist darüber hinaus auch im Hinblick auf die Angaben zur Ergebnis- und Lebensqualität nicht gegeben. Obgleich es der Gesetzgeber für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen von großer Bedeutung hält, schon in naher Zukunft über verlässliche Informationen über die in den Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität verfügen zu können (BT-Drucks. 16/7439, S. 89), werden die Verbraucher nicht darüber aufgeklärt, dass die in den Transparenzberichten angegebenen Bewertungen gar nicht auf verlässlichen Informationen beruhen können. Denn pflegewissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse über valide Indikatoren der Ergebnis- und Lebensqualität bestehen nicht. Das Vorwort zur PTVA enthält insofern folgende Anmerkung: "Die Vertragsparteien haben [ ] diese Vereinbarung in dem Wissen geschlossen, dass es derzeit keine pflegewissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse über valide Indikatoren der Ergebnis- und Lebensqualität der pflegerischen Versorgung in Deutschland gibt. Diese Vereinbarung ist deshalb als vorläufig zu betrachten [ ]." Ein derartiger Hinweis für die Verbraucher findet sich in den Transparenzberichten aber gerade nicht. Dies widerspricht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für die Rechtmäßigkeit staatlichen Informationshandelns. Zur Wahrung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG hält es das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 26. Juni 2002 in Fällen, in denen der Staat auf tatsächlichen Unsicherheiten beruhende Informationen verbreitet, für angezeigt, die Marktteilnehmer - hier mithin die Verbraucher und nicht nur die Vertragsparteien - auf verbleibende Unsicherheiten über die Richtigkeit der Information hinzuweisen, um sie in die Lage zu versetzen, selbst zu entscheiden, wie sie mit der Ungewissheit umgehen wollen (BVerfG a.a.O.). Dies war auch die Absicht des Gesetzgebers: "Als Verbraucher sind sie [die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen] über Art und Datum der Prüfung zu informieren und in die Lage zu versetzen, vorhandene Angebote zu vergleichen und selbstbestimmt eine Entscheidung zu treffen (BT-Drucks. 16/7439, S. 89). Ohne Wissen darüber, dass keine pflegewissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse über valide Indikatoren der Ergebnis- und Lebensqualität der pflegerischen Versorgung bestehen, können die Verbraucher aber keine selbstbestimmte Entscheidung treffen (a.A.: LSG für das Land Nordrhein-Westfalen a.a.O, welches das Vorwort der PTVS als den vom Bundesverfassungsgericht geforderten Hinweis an die Marktteilnehmer ausreichen lässt, dabei aber offenbar verkennt, dass Marktteilnehmer nicht die Vertragsschlussparteien, sondern die Pflegebedürftigen und deren Angehörige sind; LSG Sachsen-Anhalt a.a.O., welches es - nach Maßgabe des Bestimmtheitsgrundsatzes - für ausreichend erachtet, dass den Vertragsparteien - nicht den betroffenen Pflegediensten und Verbrauchern - bei Vertragsschluss der PTVS bewusst war, dass es keine gesicherten Erkenntnisse gibt; offen gelassen: LSG Berlin-Brandenburg a.a.O.).

Überdies hält die PTVA die rechtliche Vorgabe des § 115 Abs. 1a Satz 1 SGB XI zur Vergleichbarkeit und Verständlichkeit von Veröffentlichungen auch deshalb nicht ein, weil keine Bewertungssystematik vereinbart wurde, die einen verhältnismäßigen und damit zulässigen Eingriff in das Grundrecht aus Art 12 Abs. 1 GG zu rechtfertigen vermag. Das Ziel des Gesetzgebers, eine Qualitätssicherung der pflegerischen Versorgung im Interesse der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen auszubauen, sollte dadurch erreicht werden, dass die Ergebnisse der Qualitätsprüfungen des MDK in verständlicher Sprache aufbereitet und veröffentlicht werden, um damit Transparenz hinsichtlich der qualitativen Leistungsfähigkeit der Einrichtung für die Bürger zu schaffen (BT-Drucks. 16/7439, S. 41). In der Vereinbarung nach § 115 Abs. 1a Satz 6 SGB XI sollte insofern geregelt werden, bezüglich welcher Merkmale und in welcher Form die Ergebnisse der Qualitätsprüfungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung [ ] zu veröffentlichen sind, um die in den Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität verständlich, umfassend, nachprüfbar, übersichtlich und zuverlässig darzustellen (BT-Drucks. 16/7439, S. 89). Unabhängig davon, dass ohne pflegewissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse über valide Indikatoren der Ergebnis- und Lebensqualität der pflegerischen Versorgung schon keine zuverlässige Darstellung möglich ist, lassen sich die in den Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität auch nicht anhand der vereinbarten Bewertungssystematik verständlich, umfassend und vor allem zuverlässig darstellen. Es mag zuzugeben sein, dass die Bildung von Noten grundsätzlich geeignet erscheint, die Ergebnisse von Qualitätsprüfungen für Verbraucher verständlich darzustellen. Wenn diese Noten aber auf einer Bewertungssystematik beruht, die der pflegerischen Versorgung nicht in hinreichend differenzierter Art und Weise Rechnung trägt, wird durch staatliches Informationshandeln eine nicht mehr mit Art. 12 Abs. 1 GG in Einklang stehende Beeinflussung des Marktverhaltens der Verbraucher verursacht.

Eben dies ist bei der Bewertungssystematik der PTVA der Fall:

Die PTVA sieht zwar - zu Differenzierungszwecken grundsätzlich durchaus geeignete - Untergliederungen in verschiedene Qualitätsbereiche vor. Die zu prüfenden einzelnen Kriterien innerhalb dieser Qualitätsbereiche lassen - abgesehen von der Befragung der Kunden - nach Anlage 2 der PTVA Punkt 2.1 jedoch nur eine dichotome (erfüllt / nicht erfüllt) Bewertung zu, weshalb die Prüfer des MDK ausschließlich die Skalenwerte 10 (Kriterium erfüllt) oder 0 (Kriterium nicht erfüllt) vergeben können. Eine auf die einzelnen Kriterien bezogene differenzierte Bewertungsabstufung auf einer Skala von 0 bis 10 (anstatt 0 oder 10) ist nicht vorgesehen. Im Fall der einrichtungsbezogenen Kriterien bedeutet dies, dass die sodann nach Anlage 2 der PTVA Punkt 2.1 zu erfolgende Umrechnung jedes einzelnen Kriteriums in Noten ein verlässliches Bild von der Qualität der Leistungserbringung des Pflegedienstes gar nicht wiedergeben kann. Denn der Skalenwert 0 bedeutet laut der in Anlage 2 der PTVA enthaltenen Tabelle die Note 5,0 und der Skalenwert 10 bedeutet die Note 1,0; die Umrechnung in Noten von 1,1 bis 4,9 ist nicht möglich. Anders gewendet: Die Leistungserbringung ist entweder sehr gut oder mangelhaft; eine gute, befriedigende oder ausreichende Leistungserbringung ist im Fall einrichtungsbezogener Kriterien dagegen ausgeschlossen. Infolge dessen fehlt es nicht nur an einer hinreichenden Differenzierung innerhalb der Bewertungen. Die vorliegende Bewertungssystematik führt vielmehr dazu, dass auch ein marginaler Fehler von den Prüfern mit einer mangelhaften Leistungserbringung (Note 5,0) gleichgesetzt werden muss; für eine differenzierte Beurteilung durch die Prüfer bleibt kaum Raum. Im Fall bewohnerbezogener Kriterien können zwar aufgrund der alle zur Beurteilung der Kriterien herangezogenen Pflegebedürftigen erfassenden Errechnung des Mittelwertes (Anlage 2 der PTVA Punkt 2.1) die sich sodann ergebenden Skalenwerte in Noten von 1,0 bis 5,0 umgerechnet werden. Allerdings geben dann auch diese Noten kein verlässliches Bild von der Qualität der Leistungserbringung des Pflegedienstes wieder. Denn durch die vorgenannte dichotome Bewertung der Einzelkriterien wird das sich aus der Mittelwertberechnung ergebende Notenbild verzerrt, wie folgendes Beispiel verdeutlicht: Von fünf in die Qualitätsprüfung einbezogenen Pflegebedürftigen trifft das zu prüfende Kriterium für drei Pflegebedürftige zu, wobei bei einem Pflegebedürftigen das Kriterium erfüllt ist und bei zwei Pflegebedürftigen nicht. Da für den einen Pflegebedürftigen nur der Skalenwert 10 und für die zwei Pflegebedürftigen - unabhängig vom Ausmaß der festgestellten Mangelhaftigkeit - jeweils nur der Skalenwert 0 vergeben werden kann, errechnet sich ein Skalenmittelwert von 3,3, der laut der in Anlage 2 der PTVA enthaltenen Tabelle einer Note von 5,0 entspricht. Dies bedeutet: Obgleich ein Prüfungsanteil von einem Drittel ohne Beanstandungen bleibt, wird den Verbrauchern - die die Skalenwerte nicht kennen - eine Note präsentiert, die eine mangelhafte Leistungserbringung suggeriert, obwohl ein unbeanstandeter Prüfungsanteil von einem Drittel eher einer insgesamt befriedigenden oder jedenfalls ausreichenden Leistungserbringung entsprechen dürfte. Sollten die Beanstandungen, die bei den zwei Pflegebedürftigen zu der Vergabe der Skalenwerte 0 geführt haben, zudem lediglich auf marginalen Fehlern beruhen, liegt eine Leistungsbewertung vor, die die tatsächliche Leistungsqualität nicht ansatzweise widerspiegelt.

Vor diesem Hintergrund erhalten die den Transparenzbericht lesenden Verbraucher ein Bild über die Leistungsqualität des Pflegedienstes, das - zu Lasten des Pflegedienstes - die tatsächliche Leistungsqualität nicht hinreichend differenziert wiedergibt. Den so gewonnen falschen Eindruck der Verbraucher von der tatsächlichen Leistungsqualität unterstützen die Antragsgegner zudem, da im Transparenzbericht unter "Erläuterungen zum Bewertungssystem" zur Notenvergabe ausgeführt wird: "Noten kennt jeder aus seiner eigenen Erfahrung. Jeder weiß, was eine Eins oder eine Fünf bedeutet." Die den Verbrauchern in den verschiedenen Qualitätsbereichen präsentierten Gesamtnoten ergeben sich aber gerade nicht aus Einzelnoten, die ein hinreichend differenziertes Leistungsbild wiedergeben, da - nach den vorstehenden Ausführungen - schon das Zustandekommen der Einzelnoten (bzw. der die Gesamtnoten ergebenden Skalenwerte) nicht haltbar ist. Das Bewertungssystem der PTVA führt mithin dazu, dass wettbewerbserhebliche Faktoren verbreitet werden, die zu einer Verzerrung der Marktverhältnisse führen. Von der vom Gesetzgeber gewünschten Transparenz kann bei einer solchen Bewertungssystematik nicht die Rede sein.

Des Weiteren zeigen die vorstehenden Darlegungen zur Bewertungssystematik, dass die Ergebnisse der Qualitätsprüfungen eben nicht, wie vom Gesetzgeber gewollt, nachprüfbar dargestellt werden. Denn die der Notenbildung zugrundeliegenden - unzulänglichen - Skalenwerte werden weder in den Transparenzberichten für die Verbraucher - wohl zum Zwecke der Übersichtlichkeit - noch in den Prüfberichten für die Pflegedienste genannt. Angesichts der undifferenzierten dichotomen Bewertung mag dies zwar in Bezug auf den Pflegedienst erlässlich erscheinen, da sich aus den Feststellungen im Prüfbericht zu den Einzelkriterien (trifft zu / trifft nicht zu) Rückschlüsse ziehen lassen, welche Skalenwerte (10 / 0) vergeben wurden. Im Hinblick auf die Anzahl der Einzelkriterien und die in Anlage 2 der PTVA geschilderte Bereichsbewertung unter Ermittlung des arithmetischen Mittels der Bewertungen der einzelnen Kriterien erfordert die Nachrechnung der Bereichsbewertungen und Gesamtbewertung aber nicht nur von den Verbrauchern, sondern auch von den Pflegediensten einen Aufwand, der angesichts der gesetzgeberischen Zielsetzung einer verständlichen, übersichtlichen und vor allem nachprüfbaren Darstellung nicht zumutbar ist. Denn gerade im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG muss diese Zielsetzung nicht nur gegenüber den Verbrauchern, sondern auch gegenüber den von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Pflegediensten Geltung beanspruchen können.

Einer für die Verbraucher verständlichen Darstellung der Ergebnisse von Qualitätsprüfungen steht im Weiteren entgegen, dass sich die auf dem Transparenzbericht erscheinende Note für das Gesamtergebnis nicht aus dem arithmetischen Mittel der verschiedenen Bereichsnoten ergibt, sondern gemäß Anlage 2 der PTVA Punkt 2.3 für die verschiedenen Qualitätsbereiche als Gesamtbewertung das arithmetische Mittel der Bewertungen der verschiedenen Einzelkriterien ausgewiesen wird. Die Angabe einer Gesamtnote, die nicht dem arithmetischen Mittel der Einzelnoten entspricht, kann zu Verunsicherungen auf Seiten der Verbraucher und auch der Pflegedienste führen. Nicht ohne Grund findet sich der von den antragstellenden Beteiligten vorgetragene Einwand zur Bildung des arithmetischen Mittels in nahezu jeder der veröffentlichten Entscheidungen zum streitgegenständlichen Thema (vgl. LSG Berlin-Brandenburg a.a.O., welches im Fall der PTVA die Bildung eines Notendurchschnittes befürwortet; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen a.a.O; Sächsisches LSG a.a.O.).

Schließlich wurde in der PTVA ein Verfahren der Veröffentlichung vereinbart, welches nicht mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur staatlichen Verbreitung marktbezogener Informationen im Einklang steht. Gemäß Anlage 4 der PTVA übersenden die Landesverbände die für die Veröffentlichung vorgesehenen Ergebnisse dem ambulanten Pflegedienst. Dieser kann den Landesverbänden der Pflegekassen innerhalb von 28 Kalendertagen Unterlagen zusenden, die in die Veröffentlichung aufzunehmen sind und Angaben enthalten, die nicht in den Qualitätsprüfungen erhoben werden. Innerhalb dieser Frist können Hinweise zu der Veröffentlichung gegeben werden und sollen strittige Fragen zwischen der Pflegeeinrichtung und den Landesverbänden geklärt werden. Nach Ablauf dieser Frist werden die Prüfergebnisse von den Landesverbänden der Pflegekassen im Internet sowie in anderer geeigneter Form veröffentlicht. Unter Zugrundelegung dieser Verfahrensregelungen muss ein Transparenzbericht auch dann veröffentlicht werden, wenn eine Klärung der strittigen Fragen innerhalb der Frist von 28 Tagen nicht herbeigeführt werden konnte. Das Bundesverfassungsgericht hält den Träger der Staatsgewalt zur Verbreitung von Informationen unter besonderen Voraussetzungen zwar auch dann für berechtigt, wenn ihre Richtigkeit noch nicht abschließend geklärt ist. In solchen Fällen sei die Rechtmäßigkeit der staatlichen Informationstätigkeit jedoch davon abhängig, ob der Sachverhalt vor seiner Verbreitung im Rahmen des Möglichen sorgsam und unter Nutzung verfügbarer Informationsquellen, ggf. auch unter Anhörung Betroffener, sowie in dem Bemühen um die nach den Umständen erreichbare Verlässlichkeit aufgeklärt worden ist (BVerfG a.a.O.). Diesen Anforderungen wird das in Anlage 4 der PTVA vereinbarte Verfahren der Veröffentlichung aufgrund der vorgesehenen Veröffentlichungsfrist nicht gerecht. Erhebt ein Pflegedienst innerhalb der 28 Tage substantiierte Einwände gegen die Prüfergebnisse, ist eine sorgsame Aufklärung im vorgenannten Sinne, die zumindest die Einbeziehung des Medizinischen Dienstes beinhalten muss, mit ggf. anschließender Nachbesserung des Transparenzberichtes bis zum Ablauf der 28 Tage nicht durchführbar. Die Möglichkeit, bei substantiierten Einwänden des Pflegedienstes eine über die Frist von 28 Tagen hinausgehende Ermittlungstätigkeit aufzunehmen und mithin - zumindest vorerst - von der Veröffentlichung auch nach Ablauf der Frist von 28 Tagen abzusehen, sieht die Anlage 4 der PTVA nicht vor. Sie beschränkt sich vielmehr darauf, dass Hinweise gegeben und strittige Fragen geklärt werden sollen (nicht müssen) und dass nach Ablauf der Frist von 28 Tagen die Transparenzberichte veröffentlicht werden (nicht werden sollen). Diese Veröffentlichungsfrist steht in Widerspruch zu der den Antragsgegnern obliegenden - vom Bundesverfassungsgericht in Fällen staatlichen Informationshandeln konkretisierten - Amtsermittlungspflicht und führt mithin dazu, dass die Veröffentlichung strittiger Prüfergebnisse ohne vorangegangene Sachverhaltsermittlung im Fall substantiierter Einwände einen unverhältnismäßigen und somit unzulässigen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG darstellt. Angesichts der in Anlage 4 der PTVA vorgesehenen Art und Weise der Darstellung der Prüfergebnisse besteht auch keine Möglichkeit, die von den Pflegediensten übersandten Unterlagen in die Veröffentlichung aufzunehmen, sofern es sich bei den Unterlagen nicht um gleichwertige Prüfergebnisse, vertraglich vereinbarte Leistungsangebote, Kommentare der Pflegeeinrichtung oder weitere Leistungsangebote und Strukturdaten handelt (kritisch gegenüber den in Anlage 4 der PTVS enthaltenen Verfahrensgrundsätzen für den - in seiner Entscheidung nicht gegebenen - Fall substantiierter Einwände: Sächsisches LSG a.a.O.; a.A.: LSG Sachsen-Anhalt a.a.O., welches angesichts der Möglichkeiten, einen Kommentar abzugeben und eine Wiederholungsprüfung zu beantragen, der PTVS weitgehende Rechtsschutzmöglichkeiten trotz Veröffentlichung des Transparenzberichtes nach Fristablauf entnimmt).

Inwieweit die einzelnen Bewertungskriterien schon grundsätzlichen Beanstandungen, insbesondere im Hinblick auf die Gewichtung der Dokumentation in der Pflege (siehe hierzu LSG Berlin-Brandenburg a.a.O., LSG für das Land Nordrhein-Westfalen a.a.O. für die PTVS, LSG Sachsen-Anhalt a.a.O. für die PTVS) sowie im Hinblick auf die Gewichtung der einzelnen Qualitätsbereiche, ausgesetzt sind, konnte angesichts der bereits festgestellten erheblichen Mängel dahin gestellt bleiben.

Ungeachtet der vorstehend dargelegten rechtlichen Beanstandungen in Bezug auf die Vereinbarkeit der PTVA mit der - vermeintlichen - Ermächtigungsgrundlage des § 115 Abs. 1a SGB XI genügt auch der hier konkret streitbefangene Transparenzbericht nicht einmal den - unzulänglichen - Kriterien der PTVA.

So berücksichtigt die dem Transparenzbericht zugrundeliegende Qualitätsprüfung vom 24. März 2010 nicht die gemäß § 2 Satz 2 der PTVA verbindlich vorgegebene Anzahl der in die Prüfung einzubeziehenden pflegebedürftigen Menschen. Danach werden 10 v. H., jedoch mindestens fünf und höchstens 15 pflegebedürftige Menschen in die Prüfung einbezogen. Hiervon ausgehend hätten in die Qualitätsprüfung 15 und nicht lediglich fünf pflegebedürftige Menschen einbezogen werden müssen. Denn die Antragstellerin versorgt mit ihrem ambulanten Pflegedienst insgesamt 151 pflegebedürftige Menschen. Damit entsprechen 15 Pflegebedürftige (10 v. H. von 151) der von § 2 Satz 2 der PTVA geforderten Regelanzahl der in die Prüfung einzubeziehenden pflegebedürftigen Personen. Nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung darf die Regelanzahl nur dann unterschritten werden, wenn 10 v. H. der in der betreffenden Pflegeeinrichtung insgesamt betreuten Pflegebedürftigen weniger als der Anzahl von fünf Personen entsprechen. Umgekehrt soll durch die vorgegebene Höchstzahl eine quantitative Beschränkung des Prüfungsumfangs erreicht werden, wenn 10 v. H. der insgesamt betreuten Pflegebedürftigen mehr als der Anzahl von 15 Personen entsprechen. Im vorliegenden Fall ist die Höchstzahl auch bei Einbeziehung von 10 v. H. der von der Antragstellerin betreuten Pflegebedürftigen nicht überschritten. Die in § 2 Satz 2 der PTVA vorgesehenen Zahlen stehen nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung nicht zur Disposition der Prüfer. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass repräsentative und insbesondere vergleichbare Prüfergebnisse erreicht werden (ebenso: LSG Berlin-Brandenburg a.a.O.; vgl. weiterführend Sächsisches LSG a.a.O.).

Ob der vorliegende Transparenzbericht auch im Weiteren den Kriterien der PTVA genügt, konnte angesichts der vorstehend dargelegten rechtlichen Beanstandungen dahinstehen. Daher konnte auch die Frage, ob insoweit im Hinblick auf die Ergebnisse der Qualitätsprüfungen ein - gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer - Beurteilungsspielraum anzunehmen ist, offen bleiben (vgl. hierzu LSG für das Land Nordrhein-Westfalen a.a.O., welches einen erheblichen Beurteilungsspielraum sieht, obgleich den Prüfern - wie bereits dargelegt - aufgrund der dichotomen Bewertungen differenzierte Beurteilungen kaum möglich sind; LSG Sachsen-Anhalt a.a.O., welches nicht nur einen erheblichen Entscheidungsspielraum annimmt, sondern von "gerichtlich nicht überprüfbaren gutachtlichen Bewertungen" ausgeht).

Die nach alledem durch die beabsichtigte Veröffentlichung des Transparenzberichtes unzulässige Beeinträchtigung des persönlichen und sachlichen Schutzbereichs des Art. 12 Abs. 1 GG hat die Antragstellerin nicht zu dulden (a.A.: LSG für das Land Nordrhein-Westfalen a.a.O., wobei es zur Prüfung eines Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG allein auf § 115 Abs. 1a SGB XI abstellt und die konkrete Ausgestaltung der PTVS als Eingriffsmöglichkeit nicht heranzieht; LSG Sachsen-Anhalt a.a.O., welches einerseits - ohne inhaltliche Prüfung der PTVS - die Einhaltung der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage annimmt und die PTVS andererseits zugleich als "möglicherweise verbesserungswürdig" bezeichnet, die Frage der Abänderung der PTVS jedoch den Vertragsparteien überlässt; Bayerisches LSG a.a.O., welches die Prüfung der PTVS einem Hauptsacheverfahren vorbehält; Sächsisches LSG a.a.O. unter beispielhafter Nennung von Differenzierungskriterien). Sie kann ferner nicht auf nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden. Durch die Veröffentlichung der in dem streitbefangenen Transparenzbericht aufgeführten Bewertungen würden die Marktteilnehmer - hier die Pflegebedürftigen und deren Angehörige - den Eindruck erhalten, dass die Qualität der Leistungserbringung durch die Antragstellerin mit erheblichen Mängeln behaftet ist (Gesamtbewertung: 3,8, zwei der drei Qualitätsbereiche: 5,0), wobei sie mangels Angabe des Landesdurchschnitts nicht in der Lage sind zu beurteilen, welche Qualität der Leistungserbringung die übrigen Pflegedienste im Bundesland gewährleisten. Einmal hervorgerufene negative Eindrücke lassen sich erfahrungsgemäß nicht ohne Weiteres beseitigen, mögen die ihnen zugrunde liegenden Informationen auch tatsächlich nicht zutreffend sein. Selbst bei einer späteren Richtigstellung oder Nachbesserung des einmal veröffentlichten Transparenzberichts besteht die begründete Befürchtung, dass zumindest ein "Restverdacht" hinsichtlich einzelner Informationspunkte mit aus Sicht der Antragstellerin negativem Inhalt bei den Marktteilnehmern haften bleibt und sich zumindest ein Teil potentieller "Neukunden" gerade aufgrund der zunächst erfolgten Veröffentlichung gegen die Inanspruchnahme der Dienstleistungen der Antragstellerin entscheidet. Ein guter Ruf ist aber gerade eine der wichtigsten Geschäftsgrundlagen eines Dienstleistungsanbieters wie der Antragstellerin. Dieser Gefahr kann die Antragstellerin auch nicht wirksam mit einer Kommentierung im Transparenzbericht entgegentreten, da dieser einerseits auf 3000 Zeichen inklusive Leerzeichen begrenzt ist und andererseits auf die Verbraucher auch nicht die Wirkung entfaltet wie eine von staatlicher Seite verbreitete Information.

Des Weiteren hat die Antragstellerin auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Der Antragstellerin entstehen durch die Veröffentlichung des Transparenzberichtes Nachteile, die auch im Falle des Obsiegens in einem noch zu erhebenden Hauptsacheverfahren nicht mehr ausgeglichen werden können. Wie vorstehend dargelegt, kann weder nachträglicher Rechtsschutz noch die Möglichkeit der Kommentierung der Gefahr, einen negativen - angesichts der unzulänglichen Bewertungssystematik auf verzerrten tatsächlichen Verhältnissen beruhenden - Eindruck der Verbraucher hervorzurufen, wirksam entgegentreten. Eine Verweisung auf das Hauptsacheverfahren wird dem aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes daher nicht gerecht. Dies gilt ebenso für die der Antragstellerin offen stehende Möglichkeit einer Wiederholungsprüfung. Die demgegenüber abzuwägenden Interessen der Verbraucher müssen angesichts der Grundrechtsrelevanz auf Seiten der Antragstellerin zurücktreten. Denn gesetzgeberisches Ziel der Veröffentlichung von Transparenzberichten ist nicht der Schutz von Leben und Gesundheit der Pflegebedürftigen, sondern allein die Qualitätssicherung in der pflegerischen Versorgung durch Verbraucherinformation, zumal nach bisherigem Kenntnisstand der Kammer auch ein Maßnahmebescheid nach § 115 Abs. 2 SGB XI nicht erlassen wurde. Ein Zuwarten der Hauptsache unter Veröffentlichung des Transparenzberichtes ist der Antragstellerin angesichts des nicht rückgängig zu machenden Wettbewerbsnachteils mithin nicht zumutbar.

Die zeitliche Dauer der Untersagung war gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 938 Abs. 1 ZPO nach Ermessen des Gerichts bis zum 31. März 2011 zu beschränken. Bis zu diesem Zeitpunkt sollte ein Klageverfahren erhoben worden sein. Eine Frist zur Klageerhebung konnte die Kammer nicht setzen, da es an einem nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 926 ZPO erforderlichen Antrag der Antragsgegner fehlt. Sollte eine rechtskräftige Entscheidung in dem noch zu erhebenden Hauptsacheverfahren nicht bis zum 31. März 2011 erfolgen, besteht die Möglichkeit, erneut um einstweiligen Rechtsschutz nachzusuchen, sofern die Antragsgegner nach Ablauf dieser Frist nicht von sich aus zusichern, von einer Veröffentlichung des Transparenzberichts bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens abzusehen.

Soweit die Antragstellerin darüber hinaus die Feststellung beantragt, dass sie nicht verpflichtet ist, das Datum der letzten Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung, eine Einordnung des Prüfergebnisses nach einer Bewertungssystematik sowie eine Zusammenfassung der Prüfergebnisse an gut sichtbarer Stelle in ihrer Einrichtung auszuhängen, ist der Antrag indes bereits unzulässig. Es handelt sich insoweit nicht um einen statthaften Antrag nach § 86b Abs. 2 SGG. Mit einer einstweiligen Anordnung können Rechte nur vorläufig gewährt (Satz 1) oder gesichert (Satz 2), nicht aber - wie hier von der Antragstellerin begehrt - Feststellungen getroffen werden. Selbst bei einer im wohlverstandenen Interesse der Antragstellerin vorgenommenen Auslegung ihres "Feststellungsbegehrens" als einen Antrag, den Antragsgegnern vorläufig zu untersagen, die Antragstellerin zum Aushängen des Transparenzberichts in den Räumen der von ihr betriebenen Einrichtung zu verpflichten (Sicherungsanordnung), bliebe unzulässig. Für ein derartiges vorbeugendes Unterlassungsbegehren bestünde kein (qualifiziertes) Rechtsschutzinteresse. Es ist der Antragstellerin zumutbar, eine entsprechende Aufforderung der Antragsgegner, für deren unmittelbares Bevorstehen im Übrigen von ihr weder Anhaltspunkte vorgetragen noch sonst ersichtlich sind, abzuwarten und dann ihre Rechtsschutzinteressen mittels der insoweit gegebenen Rechtsbehelfe wahrzunehmen. Inwieweit diesbezüglich überhaupt eine Ermächtigungsgrundlage den Antragsgegnern zur Anordnung einer ggf. mit Zwangsmitteln durchsetzbaren rechtlichen Verpflichtung der Antragstellerin zur Verfügung steht, bedarf daher keiner weiteren Erörterung.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit den §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 159 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ausgang des Verfahrens im Hinblick auf das Verhältnis Obsiegen/Unterliegen.

Der Streitwert war gemäß § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verbindung mit § 52 Abs. 1 und 2 GKG auf 2.500,00 EUR festzusetzen. Abweichend von der zunächst vorläufig auf 5.000,00 EUR erfolgten Streitwertfestsetzung ist der endgültige Streitwert lediglich mit dem halben Auffangstreitwert festzusetzen. Anders als von der Kammer zunächst angenommen, stellt die hier im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes getroffene Entscheidung keine faktische Vorwegnahme der Hauptsache dar; über die Frage der Veröffentlichung des Transparenzberichtes kann auch noch endgültig im Hauptsacheverfahren entschieden werden. Denn die aus dem Tenor ersichtliche einstweilige Anordnung trifft allein eine Regelung bis zu einer - noch im Klageweg zu verfolgenden - Entscheidung in der Hauptsache. Soweit einige Gerichte in Fällen wie dem vorliegenden auch für das einstweilige Rechtsschutzverfahren unter Berufung auf § 53 Abs. 2 Nr. 4 GKG vom Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG ausgehen (so LSG Berlin-Brandenburg a.a.O. und LSG Sachsen-Anhalt a.a.O.), verkennen diese, dass § 53 Abs. 2 Nr. 4 GKG nicht allein auf § 52 Abs. 2 GKG, sondern auch auf § 52 Abs. 1 GKG verweist. Danach ist in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bei der Bemessung der Bedeutung des Verfahrensgegenstandes findet - mögen auch tatsächliche Anhaltspunkte für eine konkrete Bemessung des Streitwertes nicht vorhanden sein - der Umstand Berücksichtigung, dass im einstweiligen Rechtsschutzverfahren lediglich eine vorläufige Regelung getroffen wird. Ausgehend davon ist in Anlehnung an Buchst. A Ziffer 2d) und Buchst. B Ziffer 7.1. des Streitwertkataloges für die Sozialgerichtsbarkeit (http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/SGBBRD/msgb/LSG FSB 3242 1.pdf) auch eine Halbierung des Auffangstreitwertes gerechtfertigt, sofern wie hier keine faktische Vorwegnahme der Hauptsache gegeben ist.

Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte