FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.08.2019 - 1 K 2295/17
Fundstelle
openJur 2020, 24770
  • Rkr:
Tenor

I. Der Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 1. Juni 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. Oktober 2017 wird dahingehend geändert, dass der beim Kläger in Höhe von 78.114 EUR und bei der Klägerin in Höhe von 26.038,00 EUR als Dividende erfasste Betrag aus der Zuteilung der Anteile an der HPE außer Ansatz bleibt.

Die Berechnung der festzusetzenden Steuer wird auf den Beklagten übertragen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leisten.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger werden zusammenveranlagt. Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen (Kapitalerträge i.H.v. 97.221 EUR). Die Klägerin erzielte Einkünfte aus Kapitalvermögen (Kapitalerträge i.H.v. 29.273 EUR).

Die Kläger waren seit mehreren Jahren Aktionäre der HPC. Der Kläger hielt im Streitjahr 2015 6.000 Aktien, die Klägerin 3.000 Aktien dieses Unternehmens in ihrem Depot (vgl. Bl. 25, 26 d.A.).

Mit Wirkung zum 31. Oktober 2015 änderte die HPC ihren Namen in HPI. Anschließend übertrug die HPI mit Wirkung zum 1. November 2015 ihr Unternehmenskundengeschäft im Wege eines "Spin-offs" auf die bereits im Februar 2015 gegründete Tochtergesellschaft HPE. Die Aktionäre der HPC erhielten für eine alte Aktie der HPC (ISIN: US42822361033, WKN: 851301) eine Aktie der umbenannten HPI (ISIN: US40434L1052, WKN: A142VP) und zusätzlich eine Aktie der HPE (ISIN: US42824C1099, WKN: A140KD).

Am 2. November 2015 wurden dem Wertpapierdepot des Klägers 6.000 HPE-Aktien zu einem Börsenkurs von 13,019 EUR zugebucht (Bl. 21 d.A.). Dem Wertpapierdepot der Klägerin wurden am selben Tag 2.000 HPE-Aktien zum selben Kurs zugebucht (Bl. 22 d.A.).

Die depotführende Bank erfasste beide Buchungen als steuerpflichtige Sachausschüttung und belastete die Kläger mit Kapitalertragsteuer (Bl. 64, 67 ESt-Akte; Bl. 23, 24 hinter Fach "Einspruch" ESt-Akte). Die Steuerbemessungsgrundlage betrug beim Kläger 78.114 EUR (Kapitalertragsteuer i.H.v. 19.528,50 EUR) und bei der Klägerin 26.038,00 EUR (Kapitalertragsteuer i.H.v. 6.509,50 EUR).

Der Beklagte legte der Besteuerung die Kapitalerträge laut Steuerbescheinigung der depotführenden Bank zugrunde (Einkommensteuerbescheid vom 1. Juni 2017, Bl. 76 ff.).

Den hiergegen sowie gegen einen nicht mehr streitigen Punkt gerichteten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 23. Oktober 2017 als teilweise unbegründet zurück (Bl. 57 ff. hinter Fach "Einspruch" ESt-Akte). Zur Begründung verwies er auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 20. März 2017 IV C 1-S 2252/15/10029:002 (BStBl I 2017, 431), wonach die Zuteilung der HPE-Aktien als steuerpflichtige Sachausschüttung zu bewerten sei.

Mit ihrer Klage wenden sich die Kläger gegen die Behandlung der Kapitalmaßnahme vom 2. November 2015 als steuerpflichtige Sachausschüttung. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, sie hätten ihre Aktien an der HPC zum Stichtag 01.01.2009 bereits länger als 1 Jahr gehalten. Die Anteile seien somit steuerentstrickt. Bei der Kapitalmaßnahme seien in erheblichem Umfang Einlagen ausgeschüttet worden. Die streitgegenständlichen Aktien seien gem. § 20 Abs. 4a S. 5 EStG mit Anschaffungskosten in Höhe von 0 EUR anzusetzen. Denn bei ausländischen Sachverhalten ordne das BMF-Schreiben vom 18. Januar 2016 (BStBl I 2016, 85) in Rn. 111 zwingend die Anwendung des § 20 Abs. 4a S. 5 EStG an. Die HPE-Aktien blieben selbst dann steuerfrei, wenn man davon ausginge, dass sie als Ausgleich dafür geleistet worden seien, dass das in der HPI-Aktie verkörperte Vermögen im Umfang des auf die HPE ausgegliederten Vermögens gesunken sei. Da sie die HPE-Aktien jedenfalls als Sachausgleich erhalten hätten, sei dieser Ausgleich nach der aktuellen Rechtsprechung nicht steuerbar. Es habe sich um ein veräußerungsgleiches Tauschgeschäft gehandelt, das bei steuerentstrickten Anteilen steuerfrei bleibe.

Allenfalls handele es sich bei der Kapitalmaßnahme der HPC um einen einer Abspaltung i.S.d. § 123 Abs. 2 UmwG vergleichbaren Vorgang. Dies ergebe sich aus Rn. 115 des BMF-Schreiben vom 18. Januar 2016, dessen Voraussetzungen mit Ausnahme von Nr. 1 vorlägen. Dass die HPC im Zuge der Kapitalmaßnahme umbenannt worden sei und deshalb eine neue ISIN/WKN erhalten habe, stehe nicht entgegen. Trotz der Umbenennung und der Vergabe der neuen ISIN/WKN handele es sich bei der HPI nämlich eindeutig um denselben Rechtsträger wie die HPC, von der das Unternehmenskundengeschäft auf die HPE abgespalten worden sei. Zwar habe die HPE als Tochtergesellschaft der HPI bereits seit Februar 2015 bestanden. Es habe sich bei ihr jedoch bis zu der Kapitalmaßnahme um eine nicht börsennotierte Vorratsgesellschaft gehandelt, sodass auch Nr. 2 nicht entgegen stehe. Eine Abspaltung sei steuerlich gem. § 20 Abs. 4a S. 7 EStG wie ein veräußerungsgleicher Aktientausch zu behandeln. Dieser bleibe bei steuerentstrickten Aktien wie denen der Kläger steuerfrei.

Eine gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG steuerpflichtige Sachausschüttung komme schon deshalb nicht in Betracht, weil im Zuge der Kapitalmaßnahme weder laufende noch in früheren Jahren angesammelte Jahresüberschüsse ausgeschüttet worden seien. Vielmehr sei das Eigenkapital der HPC aufgeteilt worden. Deshalb finde § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG Anwendung. Die Kapitalmaßnahme sei in den USA als steuerfrei behandelt worden. Nach der Rechtsprechung des BFH komme es auch für die Beurteilung nach deutschem Steuerrecht darauf an, wie die Kapitalmaßnahme nach US-amerikanischem (Gesellschafts-)Recht einzustufen sei. Die Zuweisung der HPE-Aktien sei gerade nicht aus Gewinnrücklagen (Retained Earnings) erfolgt. Aus dem bei der SEC eingereichten Formular 10-K der HPI für das Geschäftsjahr per 31.10.2016 ergebe sich, dass durch die Abspaltung ein Eigenkapitalfehlbetrag in Höhe von 3,498 Milliarden US-Dollar entstanden sei (vgl. Bl. 40 d.A.). Bei einer Abspaltung zulasten des Eigenkapitals handele es sich nach aktueller BFH-Rechtsprechung um eine nicht steuerbare Einlagenrückgewähr. Eine Aufteilung der Kapitalmaßnahme in einen steuerpflichtigen und einen steuerfreien Anteil komme nicht in Betracht. Denn es sei nicht feststellbar, ob die den Klägern zugewiesenen Aktien zulasten der Gewinnrücklage (Retained Earnings) oder zulasten des Eigenkapitals gegangen seien. Da eine solche Feststellung rein objektiv nicht möglich sei, treffe die Kläger insofern auch keine Nachweisobliegenheit. Es verbleibe somit bei der ausschließlichen Pflicht der Finanzbehörden zur Feststellung der Besteuerungsgrundlagen. In Höhe des entstandenen Eigenkapitalfehlbetrags sei Eigenkapital der HPC auf die HPE abgespalten worden, das durch spätere Gewinne wieder aufzufüllen sei. Nach der Rechtsprechung des BFH genüge zum Nachweis der Einlagenrückgewähr die nach ausländischem Recht aufgestellte Bilanz der ausschüttenden Gesellschaft. Aus dem bei der SEC eingereichten Form 10-K der HPI für das Geschäftsjahr per 31.10.2016 ergebe sich, dass die Retained Earnings per 31.10.2016 (nach der Kapitalmaßnahme) gegenüber dem 31.10.2015 (vor der Kapitalmaßnahme) von 32,089 Milliarden US-Dollar vollständig aufgebraucht gewesen seien (Bl. 40 - 43 d.A.). Gleichzeitig ergebe sich, dass bei der Abspaltung der HPE Vermögenswerte i.H.v. mindestens 37,225 Milliarden US-Dollar abgespalten worden seien. Aus Gewinnen sei die Abspaltung jedoch allenfalls zu 32,089 Milliarden US-Dollar zzgl. 1,638 Milliarden US-Dollar (2,496 Milliarden US-Dollar laufender Gewinn 2015 abzgl. 858 Millionen US-Dollar ausgeschüttete Dividende), insgesamt 33,727 Milliarden US-Dollar erfolgt. Wenigstens zu 3,498 Milliarden US-Dollar (37,225 Milliarden US-Dollar abzgl. 33,727 Milliarden US-Dollar) sei die Abspaltung somit aus Eigenkapital erfolgt. Auf Seite 58 des Formular 10-K würden Deficit Earnings i.H.v. 3,498 Milliarden US-Dollar ausgewiesen. Immer wenn die Leistungen das Nennkapital inklusive Gewinnrücklagen und den im Vorjahr festgestellten Gewinn überstiegen, handele es sich dem BFH zufolge um eine nicht steuerbare Einlagenrückgewähr. Tatsächlich dürften im Rahmen der Kapitalmaßnahme noch in deutlich größerem Umfang Vermögenswerte auf die HPE abgespalten worden sein. Die HPC habe vor der Kapitalmaßnahme über Vermögenswerte in Höhe von 106,882 Milliarden US-Dollar verfügt und nach der Kapitalmaßnahme nur noch über Vermögenswerte in Höhe von 25,517 Milliarden US-Dollar. Die HPE habe nach dem Spin-Off wiederum über Vermögenswerte (Total Assets) i.H.v. insgesamt 77,352 Milliarden US-Dollar verfügt. Die HPC habe also nach der Kapitalmaßnahme um rd. 80 Milliarden US-Dollar geringere Assets, die HPE demgegenüber rd. 80 Milliarden US-Dollar höhere Assets.

Die Kläger tragen weiter vor, insbesondere wegen § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG a.F. i.V.m. § 52a Abs. 11 S. 4 EStG sei es geboten, § 20 Abs. 4a S. 5 EStG zur Anwendung kommen zu lassen. Da jedenfalls bei steuerentstrickten Wertpapieren wie im vorliegenden Fall Veräußerungsvorgänge von vornherein nicht steuerbar seien, dürfe die potentielle Steuerpflicht erst im Zeitpunkt der Veräußerung beurteilt werden. Selbst wenn die Aktien anders als im vorliegenden Fall nicht steuerentstrickt wären, würde allein § 20 Abs. 4a S. 5 EStG zu einem sachgerechten Ergebnis führen. Hätte der Aktionär unmittelbar nach dem Spin-Off innerhalb einer logischen Sekunde seine Aktien veräußert, hätte er durch den Verkauf der ursprünglichen Aktie einen Veräußerungsverlust in Höhe der Hälfte des Kurses erzielt (der Kurs ist durch den Spin-Off um die Hälfte gesunken). Bei Anwendung des § 20 Abs. 4a S. 5 EStG hätte der Aktionär durch den Verkauf der neuen Aktie einen Veräußerungsgewinn in Höhe der Hälfte des Kurses erzielt (diese Aktie wäre mit 0 EUR bewertet, aber mit der Hälfte des Kurses eingebucht worden). Kursverlust und Kursgewinn hätten sich somit ausgeglichen, sodass der steuerliche Effekt der Kapitalmaßnahme neutral geblieben wäre. Veräußere der Aktionär die Aktien nicht innerhalb einer logischen Sekunde, würden die Kurse beider Aktientypen möglicherweise auseinander laufen. Der steuerliche Effekt des Spin-Off bliebe jedoch auch bei späteren Veräußerungen neutral. Nur die späteren Kursveränderungen würden steuerlich relevant. Selbst wenn der Aktionär anfangs nur die Altaktien veräußern und dadurch entsprechende Verluste generieren würde, bliebe der Effekt der Kapitalmaßnahme neutral. Denn die neuen Aktien könnte er nur noch mit entsprechenden Kursgewinnen verkaufen. Der Anreiz, nur die Altaktien zu veräußern und dadurch steuerliche Verluste zu generieren, werde zudem dadurch gemindert, dass Verluste aus Kapitalvermögen ausschließlich mit Gewinnen aus Kapitalvermögen steuerlich verrechnet werden könnten. Somit hätten die Verluste aus der Veräußerung der Altaktien wiederum die Gewinne aus der Veräußerung der neuen Aktien ausgeglichen.

Zu demselben Ergebnis würde man kommen, wenn man die neu eingebuchten Anteile mit ihrem ersten Börsenkurs bewerten, im Zeitpunkt der Kapitalmaßnahme Steuer auf den Börsenwert erheben und diese Steuer dann als Steuervorauszahlung auf spätere Veräußerungen anrechnen würde. Der einzige Unterschied wäre der ungerechtfertigte Zinsvorteil des Finanzamts sowie der Liquiditätsverlust für den Aktionär. Der Aktionär dürfe aber nicht gezwungen werden, nach der Kapitalmaßnahme sofort sämtliche Anteile zu veräußern, um dem durch die sofortige Besteuerung entstehenden Zins- und Liquiditätsverlust zu entgehen. Aus diesem Grund sei es rechtlich geboten, die Besteuerung immer erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Veräußerung vorzunehmen. Dies werde allein durch die anfängliche Bewertung mit 0 EUR gewährleistet. Da die Aktien der HPC in ihrem Falle steuerentstrickt gewesen seien, sei es geboten, die zugebuchten HPE-Aktien zunächst mit 0 EUR zu bewerten und die potentielle Steuerpflicht erst im Zeitpunkt ihrer Veräußerung zu beurteilen. Nur durch die Anwendung des § 20 Abs. 4a S. 5 EStG sei somit gewährleistet, dass sie, die Kläger, keinen ungerechtfertigten Zins- und Liquiditätsverlust erlitten. Ohnehin lasse sich der tatsächliche Wert der streitgegenständlichen HPE-Aktie nicht ermitteln. Keinesfalls könne der Kurs, zu dem die Einbuchung erfolgt sei, als Bemessungsgrundlage für eine etwaige Besteuerung herangezogen werden. Denn der Börsenkurs sei für die Frage, ob ein steuerpflichtiger Gewinn aus Kapitalvermögen entstanden sei oder nicht, ohne Belang. Der Kurs, zu dem die Einbuchung erfolgt sei, ermittele sich an den Börsen durch Angebot und Nachfrage. Weil nach der Kapitalmaßnahme doppelt so viele Anteile als zuvor im Umlauf gewesen seien, habe sich auch der Börsenwert halbiert. Offensichtlich seien weder das BMF, noch die Depotbank, noch das beklagte Finanzamt in der Lage, den tatsächlichen Wert, der ihnen, den Klägern, angeblich aus der Kapitalmaßnahme zugeflossen sein soll, zu ermitteln. Schon aus diesem Grund müsse § 20 Abs. 4a S. 5 EStG zur Geltung kommen.

Im Schriftsatz vom 10. April 2019 verweisen die Kläger auf die Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf vom 29. Januar 2019 (13 K 2119/17 E) und tragen weiter vor, aufgrund ihres Vortrags liege ganz eindeutig eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr und ein nicht steuerpflichtiger Aktientausch vor.

Die Kläger beantragen sinngemäß und schriftsätzlich,den Einkommensteuerbescheid vom 1. Juni 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. Oktober 2017 dahingehend zu ändern, dass der beim Kläger in Höhe von 78.114 EUR und der bei der Klägerin in Höhe von 26.038 EUR als Dividende erfasste Betrag aus der Zuteilung der Anteile an der HPE außer Ansatz bleibt.

Der Beklagte beantragt,die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 20. März 2017 IV C 1-S 2252/15/10029:002 (BStBl I 2017, 431), wonach die Zuteilung der HPE-Aktien als steuerpflichtige Sachausschüttung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG zu qualifizieren sei (Rz. 113 des BMF-Schreibens vom 18. Januar 2016, BStBl I S. 85).

Wegen der Einzelheiten des Sachvortrags der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze und Unterlagen verwiesen (§ 105 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Gründe

Die Klage, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 90 Abs. 2 FGO), ist begründet.

I. Die den Kläger im Rahmen der Umstrukturierung der HPC zugeteilten Anteile an der HPE führen nicht zu steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen. Im Streitfall liegen die Voraussetzungen einer Abspaltung i.S.v. § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG vor, mit der Folge, dass die übernommenen Anteile unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG steuerlich an die Stelle der bisherigen Anteile treten.

1. a) Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Aktien. Dabei ist der Begriff "Bezüge" gleichbedeutend mit dem Begriff "Einnahmen" (§ 8 Abs. 1 EStG) und umfasst alle Zuwendungen in Geld oder Geldeswert, die dem Gesellschafter aufgrund seines Gesellschaftsverhältnisses zufließen (vgl. Intemann in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 20 EStG Rn. 60 m.w.N.). Zu den Einnahmen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören auch Gewinnanteile und Bezüge, die - wie im Streitfall - von einer ausländischen Kapitalgesellschaft stammen (vgl. etwa BFH-Urteile vom 20. Oktober 2010 I R 117/08, BFHE 232, 15; vom 13. Juli 2016 VIII R 73/13, BFHE 254, 404; zu HPC-Aktien vgl. Urteile des Finanzgerichts Düsseldorf vom 29. Januar 2019 13 K 2119/17 E, EFG 2019, 698 und vom 12. März 2019 13 K 1762/17 E, EFG 2019, 1117). Voraussetzung ist allerdings, dass sie ihrer inneren Struktur nach einer nach deutschem Recht errichteten AG, KGaA, GmbH oder Genossenschaft im Wesentlichen vergleichbar sind (sog. Typenvergleich, vgl. BFH-Urteil vom 20. Oktober 2010 I R 117/08, BFHE 232, 15; Intemann in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 20 EStG Rn. 54).

b) Zu den Bezügen können auch Sachausschüttungen in- oder ausländischer Kapitalgesellschaften gehören, etwa wenn eine Körperschaft Anteile an einer anderen Körperschaft, die sich in ihrem Besitz befindet, auf ihre Anteilseigner überträgt (vgl. zu den Einzelheiten etwa BFH-Urteil vom 13. Juli 2016 VIII R 73/13, BFHE 254, 404; Henrichs, BB 2011, 2529, 2529; Moldenhauer, Die Besteuerung von Kapitalmaßnahmen nach § 20 Abs. 4a EStG, 174 m.w.N.; BMF-Schreiben vom 18. Januar 2016, BStBl I 2016, 85 Rz. 113). In diesem Fall muss der Anteilseigner die erhaltenen Anteile grds. mit dem gemeinen Wert zum Zeitpunkt des Zuflusses als Kapitaleinkünfte gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG versteuern.

Eine Ausnahme gilt gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG für solche Bezüge, die aus Ausschüttungen einer Körperschaft stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) als verwendet gelten. Nach der Rechtsprechung des BFH ist diese Regelung unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass eine Einlagenrückgewähr auch von einer Gesellschaft getätigt werden kann, die in einem Drittstaat ansässig ist und für die kein steuerliches Einlagenkonto i.S.v. § 27 KStG geführt wird (vgl. BFH-Urteil vom 13. Juli 2016 VIII R 47/13, BFHE 254, 390; vgl. zur davor bestehenden Rechtslage BFH-Urteile vom 20. Oktober 2010 I R 117/08, BFHE 232, 15; vom 13. Juli 2016 VIII R 73/13, BFHE 254, 404). Eine Rückgewähr von Eigenkapital im Rahmen eines "Spin-off" einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft liegt insoweit vor, als die Leistungen der Kapitalgesellschaft im Wirtschaftsjahr das Nennkapital und den im Vorjahr festgestellten ausschüttbaren Gewinn übersteigen oder wenn sich dies aus der Bilanz der ausschüttenden Gesellschaft ergibt (vgl. BFH-Urteil vom 13. Juli 2016 VIII R 73/13, BFHE 254, 404). Nach der Auffassung des BFH liegt die Nachweisobliegenheit und das Nachweisrisiko beim Kläger (vgl. BFH-Urteil vom 13. Juli 2016 VIII R 73/13, BFHE 254, 404).

2. Im Streitfall kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob eine Rückgewähr von Eigenkapital im Sinne der dargestellten BFH-Rechtsprechung vorliegt. Die in der Anteilszuteilung liegende Sachausschüttung ist jedenfalls deshalb nicht zu besteuern, weil über § 20 Abs. 4a Satz 7 i.V.m. Satz 1 EStG eine (anteilige) Fortführung der Anschaffungskosten fingiert wird. Die ausschließlich Abspaltungen betreffende Vorschrift des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG verdrängt als speziellere gesetzliche Regelung (lex specialis) die allgemeinere Regelung des § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG, die ebenfalls die Zuteilung von Anteilen betrifft (so auch Finanzgericht Düsseldorf in seinen Urteilen vom 29. Januar 2019 13 K 2119/17 E und vom 12. März 2019 13 K 1762/17 E a.a.O.).

a) § 20 Abs. 4a EStG beinhaltet spezielle Sondervorschriften für Kapitalmaßnahmen wie z.B. Kapitalerhöhungen, Verschmelzungen oder Spaltungsvorgänge, bei denen die Erträge regelmäßig nicht als Geldzahlungen, sondern in Form von Anteilen an Kapitalgesellschaften zufließen. Ohne die Regelung des § 20 Abs. 4a EStG hätten insbesondere die zum Kapitalertragsteuerabzug verpflichteten Banken vor dem Problem gestanden, den genauen rechtlichen Hintergrund der Kapitalmaßnahme beurteilen und die Höhe des zugeflossenen Ertrags bewerten zu müssen. Diese Problematik kommt etwa in den Gesetzesmaterialien zur im Zuge des JStG 2009 vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I 2008, 2794) eingefügten Vorschrift des § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG zum Ausdruck. Im Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf des JStG 2009 wird beispielsweise darauf hingewiesen, dass die "bisherigen Stellungnahmen zu dem Regierungsentwurf gezeigt (haben), dass die inländischen Kreditinstitute auch bei Auslandsfällen im EU-/EWR-Raum nicht in der Lage sind, kurzfristig zu erkennen, ob dem Anteilstausch ein steuerpflichtiger Vorgang zu Grunde liegt (Anmerkung: Die Entwurfsfassung hatte sich nur auf Unternehmen aus Drittstaaten bezogen. Im Gesetzgebungsverfahren erfolgte dann eine Erweiterung auf Gesellschaften mit Sitz im EU/EWR-Raum. Auch diese Beschränkung wurde durch das JStG 2010 vom 8. Dezember 2010, BGBl. I 2010, 1768 aufgehoben, so dass nunmehr auch inländische Unternehmen einbezogen sind). Außerdem können die Kreditinstitute auch im EU-/EWR-Raum grundsätzlich nicht den konkreten Veräußerungszeitpunkt sowie den Veräußerungspreis bestimmen" (vgl. BT-Drucks. 16/11108, 16; vgl. ferner BT-Drucks. 17/2249, 53; BR-Drucks. 545/08, 72). Das gemeinsame Ziel der von § 20 Abs. 4a EStG umfassten Fallgestaltungen liegt dementsprechend darin, den Abzug der Kapitalertragsteuer bei den aufgeführten Kapitalmaßnahmen praktikabel auszugestalten und zugleich die Finanzverwaltung von zusätzlichen Veranlagungsfällen zu entlasten. Dieses Ziel wird im Wesentlichen dadurch erreicht, dass die Kapitalmaßnahme steuerneutral behandelt und eine Versteuerung etwaiger stiller Reserven in die Zukunft verschoben wird (vgl. BR-Drucks. 545/08, 72).

b) Der Fall einer Abspaltung ist in dem § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG geregelt. Die Vorschrift verweist hinsichtlich der Rechtsfolgen u.a. auf § 20 Abs. 4a Sätze 1 EStG. Die letztgenannte Vorschrift ist bei einer Abspaltung nicht unmittelbar anwendbar, weil es nach wohl herrschender Auffassung an einem von dieser Vorschrift vorausgesetzten Tauschvorgang fehlt (gl.A. Bron, DStR 2014, 353, 354; Schießl in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 15 Anm. 1170.4; a.A. etwa Beinert, GmbHR 212, 291, 296 ff.; Meilicke/Scholz, DB 2017, 871, 873). Bei der Abspaltung erhält der Steuerpflichtige nur neue Anteile an dem Vermögensträger, auf den das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers transferiert wird, während die alten Anteile nicht zugleich abgegeben werden.

Ein Konkurrenzverhältnis besteht dagegen zwischen § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG und § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG. Der Anwendungsbereich der letztgenannten Vorschrift umfasste, wie der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 16/11108, 16) ausdrücklich zu entnehmen ist, ursprünglich auch den Fall der Abspaltung. Dadurch, dass der Gesetzgeber die Vorschrift des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG nachträglich im Zuge des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 26. Juni 2013 (BGBl. I 2013, 1809, 1816) in den § 20 Abs. 4a EStG eingefügt hat, hat er allerdings zum Ausdruck gebracht, dass für Abspaltungen fortan § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG als lex specialis den § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG verdrängt (vgl. zum Verhältnis beider Vorschriften Moldenhauer, a.a.O., 184; Bron, a.a.O.).

c) Der Begriff der Abspaltung i.S.v. § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG ist nach Ansicht des Senats extensiv im Sinne einer typusorientierten Gesamtbetrachtung auszulegen. Ausgehend von einem solchen - weiten - Auslegungsverständnis liegen im Streitfall die Voraussetzungen einer Abspaltung vor (so auch Finanzgericht Düsseldorf in seinen Urteilen vom 29. Januar 2019 13 K 2119/17 E und vom 12. März 2019 13 K 1762/17 E a.a.O.).

aa) § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG sieht vor, dass dann, wenn Vermögen einer Körperschaft durch Abspaltung auf andere Körperschaften übergeht, abweichend von § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG und § 15 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) die Sätze 1 und 2 des § 20 Abs. 4a EStG entsprechend gelten. Der in dem § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG verwendete Begriff der Abspaltung ist im EStG nicht definiert. Eine Definition des Begriffs der Abspaltung beinhaltet allerdings § 123 Abs. 2 des Umwandlungsgesetzes (UmwG). Danach liegt eine Abspaltung vor, wenn ein Rechtsträger (übertragender Rechtsträger) von seinem Vermögen einen Teil oder mehrere Teile entweder zur Aufnahme durch Übertragung dieses Teils oder dieser Teile jeweils als Gesamtheit auf einen bestehenden oder mehrere bestehende Rechtsträger (übernehmende Rechtsträger) oder zur Neugründung durch Übertragung dieses Teils oder dieser Teile jeweils als Gesamtheit auf einen oder mehrere, von ihm dadurch gegründeten neuen oder gegründete neue Rechtsträger gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften dieses Rechtsträgers oder dieser Rechtsträger an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers überträgt.

Die Abspaltung unterscheidet sich von der Aufspaltung (§ 123 Abs. 1 UmwG) dadurch, dass der übertragende Rechtsträger im erstgenannten Fall fortbesteht.

Der Unterschied zwischen einer Ausgliederung (§ 123 Abs. 3 UmwG) und einer Abspaltung besteht darin, dass bei der Ausgliederung die Anteile des übernehmenden Rechtsträgers - anders als bei der Abspaltung - nicht den Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers gewährt werden, sondern dem übertragenden Rechtsträger selbst. Während im Fall einer Abspaltung der übernehmende Rechtsträger ein Schwesterunternehmen des übertragenden Rechtsträgers wird, wird er im Fall der Ausgliederung ein Tochterunternehmen des übertragenden Rechtsträgers.

bb) Vergleichbare Vorgänge finden sich auch ganz oder teilweise in den Gesellschaftsrechtsordnungen der Bundesstaaten der USA. Im US-amerikanischen Rechtskreis wird im Allgemeinen zwischen "Spin-off", "Split-off" und "Split-up" unterschieden. Dem wirtschaftlichen Ergebnis der Abspaltung entspricht dabei im Wesentlichen der "Spin-off", bei dem die Muttergesellschaft Anteile an einer Tochtergesellschaft, in die sie Teile ihres Vermögens eingebracht hat, auf ihre Aktionäre überträgt und die Tochtergesellschaft dadurch zu einem selbständigen Unternehmen wird (vgl. zu den Einzelheiten Legal-Bulletin No. 4 (CF) vom 16.9.1997 der US Securities und Exchange Commission, abrufbar unter https://www.sec.gov/interps/legal/slbcf4.txt). Die steuerlichen Folgen der Übertragung von Anteilen im Rahmen von Aufspaltungsvorgängen wie Spin-off, Split-off etc. werden - autonom von dem in den jeweiligen Einzelstaaten der USA geltenden Gesellschaftsrecht (vgl. Meilicke/Scholz, DB 2017, 871, 875) - in Sec. 355 Internal Revenue Code (IRC) behandelt ("Distribution of stock and securities of a controlled corporation"). Werden die in dieser Vorschrift aufgestellten Anforderungen (etwa "Business Purpose", "control requirement") erfüllt, entsteht weder für die beteiligten Gesellschaften noch für die Aktionäre eine Steuerpflicht. Ist dies nicht der Fall, müssen die Aktionäre die ihnen zugeteilten Aktien wie eine Dividende versteuern.

cc) Die Finanzverwaltung verlangt für den Fall, dass - wie hier - eine Abspaltung von einem nicht im EU/EWR-Raum ansässigen Unternehmen vorgenommen wird, dass es sich um einen einer Abspaltung i.S. des § 123 Absatz 2 UmwG vergleichbaren Vorgang handeln muss. Dies soll laut Rz. 115 des BMF-Schreibens vom 18. Januar 2016 (BStBl I 2016, 85) bereits dann der Fall sein, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:

1. Die ISIN der ursprünglichen Gattung (= Rumpfunternehmen) bleibt erhalten.

2. Die ISIN der neu eingebuchten Gattung wurde neu vergeben und es handelt sich nicht um eine bereits börsennotierte Gesellschaft.

3. Auf Grundlage der Emittenteninformationen liegen die Strukturmerkmale einer Abspaltung gemäß Rz. 01.36 des BMF-Schreibens vom 11.11.2011 (BStBl I, 1314) vor.

4. Es ist ein Aufteilungsverhältnis angegeben.

5. Es wird keine Quellensteuer einbehalten.

6. Aus den Emittenteninformationen ergeben sich keine Hinweise auf eine Gewinnverteilung.

7. Der übertragende ausländische und der übernehmende in- oder ausländische Rechtsträger müssen einem vergleichbaren umwandlungsfähigen Rechtsträger inländischen Rechts entsprechen.

8. Der Rechtstypenvergleich ausgewählter ausländischer Rechtsformen erfolgt entsprechend Tabellen 1 und 2 zum BMF-Schreiben vom 24.12.1999 (BStBl I, 1076).

9. Es wurde keine Barzuzahlung durch den Aktionär geleistet.

Unklar ist, wie die ebenfalls der Rz. 115 des BMF-Schreibens zu entnehmende Einschränkung "Abgesehen von den Fällen einer Abspaltung zur Aufnahme" zu verstehen ist. Ob in dieser Konstellation, die auch im Streitfall gegeben sein dürfte, ein strengerer Prüfungsmaßstab anzulegen ist oder gar keine Prüfung der aufgelisteten Kriterien zu erfolgen hat, kann dem BMF-Schreiben nicht entnommen werden. Der Senat ist der Ansicht, dass die Finanzverwaltung auch bei einer Abspaltung zur Aufnahme im Ergebnis zu einer Prüfung des Kriterienkatalogs der Rz. 115 des BMF-Schreibens vom 18. Januar 2016 (BStBl I 2016, 85) kommt. Hierfür spricht aus Sicht des Senats der Umstand, dass im BMF-Schreiben vom 20. März 2017 (BStBl I 2017, 431) explizit die internationalen Wertpapierkennnummern (ISIN) der betroffenen Unternehmen HPC, HPI und HPE mitgeteilt werden, wobei das BMF allerdings im Folgenden nicht näher auf die Kriterien der Rz. 115 eingeht (so auch Finanzgericht Düsseldorf in seinen Urteilen vom 29. Januar 2019 13 K 2119/17 E - da mit Verweis auf eine E-Mail der HPE vom 4. Juli 2016 an den dortigen Kläger - und vom 12. März 2019 13 K 1762/17 E a.a.O.).

Würde man die Erfordernisse des Kriterienkatalogs im Streitfall zugrunde legen, wären die Voraussetzungen einer Abspaltung im Sinne des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG nicht erfüllt. Es fehlte dann bereits an dem unter Nr. 1 aufgeführten Kriterium, wonach die ISIN des ursprünglichen Unternehmens erhalten bleiben muss. Wie dem BMF-Schreiben vom 20. März 2017 (BStBl I 2017, 431) zu entnehmen ist, hatte die HPC die ISIN US422361033. Die ISIN der (umbenannten) HPI lautet dagegen US40434L1052.

dd) Nach Auffassung des Senats führt der in Rz. 115 des BMF-Schreibens vom 18. Januar 2016 (BStBl I 2016, 85) aufgeführte Kriterienkatalog allerdings zu einer problematischen Vermischung von Tatbestandsmerkmalen und Indizien. Indem die Finanzverwaltung die kumulative Erfüllung aller Kriterien verlangt, werden jedenfalls in bestimmten Fällen bloße Indizien zu Tatbestandsmerkmalen aufgewertet. Dass dies nicht zu tragfähigen Ergebnissen führt, wird anhand des Streitfalls deutlich. Die Anwendung des ersten Kriteriums des in Rz. 115 des BMF-Schreibens vom 18. Januar 2016 (BStBl I 2016, 85) aufgeführten Katalogs schließt die Annahme einer Abspaltung aus, obwohl auch das BMF davon ausgeht, dass sich die HPC als übertragendes Unternehmen lediglich umbenannt, aber nicht aufgelöst hat (vgl. BMF-Schreiben vom 20. März 2017, BStBl I 2017, 431). Der Senat vermag indes nicht zu erkennen, wieso der Vergabe einer ISIN durch eine internationale Agentur diesbezüglich eine materiell-rechtliche Wirkung zuzumessen sein könnte. Nach der Ansicht des Senats könnte eine unveränderte ISIN des übertragenden Rechtsträgers - wenn überhaupt - allenfalls als ein Indiz für dessen Fortbestehen (einem Strukturmerkmal einer Abspaltung) zu werten sein. Ob umgekehrt die Vergabe einer neuen ISIN als Beweisanzeichen gegen ein Fortbestehen gewertet werden könnte, erschiene dem Senat bereits fraglich.

ee) Trennt man zwischen Tatbestands- und Beweisebene, stellt sich in tatbestandlicher Hinsicht zunächst die Frage, wie der Abspaltungsbegriff des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG auszulegen ist. Insoweit geht der Senat davon aus, dass der Abspaltungsbegriff des § 20 Abs. 4 Satz 7 EStG "typusorientiert" in Anlehnung an die Strukturmerkmale des § 123 Abs. 2 UmwG auszulegen ist. Für eine solche weite Auslegung des Abspaltungsbegriffs sprechen nach Auffassung des Senats sowohl die Entstehungsgeschichte als auch der Sinn und Zweck des § 20 Abs. 4a EStG. Wie bereits dargestellt dienen die einzelnen Vorschriften des § 20 Abs. 4a EStG u.a. dazu, den Kapitalertragsteuerabzug für die hierzu verpflichteten Kreditinstitute, Finanzdienstleister etc. praktikabel auszugestalten (so explizit auch die Gesetzesbegründung zu § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG, vgl. BT-Drucks. 17/10000, 54). Diese Zielsetzung bezieht sich indes nicht nur darauf, dass vor dem Hintergrund, dass es im Zuge der von § 20 Abs. 4a EStG umfassten Kapitalmaßnahmen i.d.R. nicht zu einem Zufluss von Geld kommt, eine Nachforderung von Kapitalertragsteuer vermieden werden soll (auf diese Zielsetzung wurde insbesondere im frühen Stadium des Gesetzgebungsverfahrens verwiesen, vgl. BR-Drucks. 545/08, 72). Vielmehr kommt in den Gesetzesmaterialien ebenfalls zum Ausdruck, dass der Kapitalertragsteuerabzug nicht mit komplexen Rechtsprüfungen überfrachtet werden sollte.

So findet sich in den Gesetzesmaterialien des ursprünglichen Gesetzentwurfs, der noch keine Regelungen vorgesehen hatte, die den heutigen Sätzen 5 und 7 des § 20 Abs. 4a EStG entsprechen, noch der ausdrückliche Hinweis, dass eine Verschiebung der Besteuerung bei den in diesem Absatz angeführten Kapitalmaßnahmen im Hinblick auf die Vereinfachung des Abgeltungsteuerverfahrens sachgerecht erscheine, da dadurch keine erheblichen Steuerausfälle zu erwarten seien und - anders als z. B. bei der Besteuerung von Sachausschüttungen - keine steuerlichen Gestaltungsfälle produziert würden (vgl. BR-Drucks. 545/08, 72). Sachausschüttungen wurden in diesem Stadium also noch als problematisch und gestaltungsanfällig angesehen. Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens sind diese Bedenken in Bezug auf Sachausschüttungen entfallen. In dem Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf des JStG 2009 wird in Bezug auf die erstmals ergänzend vorgeschlagene Regelung des § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG ausgeführt: "Hintergrund des neuen Satzes 5 ist die Tatsache, dass im Rahmen der Abgeltungsteuer für die Kreditinstitute insbesondere bei Auslandssachverhalten regelmäßig nicht zu erkennen ist, ob die Einbuchung zusätzlicher Anteile eine sofort steuerwirksame Sachausschüttung oder lediglich eine Kapitalrückgewähr darstellt. Entsprechendes gilt auch bei so genannten Spin-off-Vorgängen. Denn die von den Emittenten so bezeichneten Vorgänge können eine Abspaltung (ein Unternehmen spaltet einen Teil seiner Aktivitäten auf eine neu gegründete Gesellschaft ab und überträgt deren Anteile an die Aktionäre) oder eine Sachausschüttung (eine Gesellschaft überträgt eine in ihrem Besitz befindliche Beteiligung auf die Anteilseigner) darstellen. Daher bestimmt Satz 5 zur Vermeidung von Veranlagungsfällen, dass im Zweifelsfalle die Einbuchung von Anteilen, ohne dass eine gesonderte Gegenleistung - z. B. in Form eines Tausches oder in Form von Geldzahlungen - zu erkennen ist, zu einem Ertrag von 0 Euro führt. Allerdings bedeutet dies auch, dass der Wert dieser Anteile mit Anschaffungskosten von 0 Euro anzusetzen ist. Damit wird - auch wenn der Kapitalertrag bei der Zuführung der Anteile zunächst nicht besteuert wird - eine vollständige Besteuerung der Vermögensmehrung beim Steuerpflichtigen zum Zeitpunkt der Veräußerung erreicht".

Der Wille des Gesetzgebers, wie er in den Ausführungen zur Vorschrift des § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG zum Ausdruck kommt (und zu der die Finanzverwaltung in Rz. 116 des BMF-Schreibens vom 18. Januar 2016, BStBl I 2016, 85 explizit die Auffassung vertritt, dass bei unklaren Sachverhalten von einer Anwendung der Vorschrift auszugehen sei), ist sinngemäß auf § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG zu übertragen. Da § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG ursprünglich u.a. auch dazu bestimmt war, die Abgrenzungsprobleme im Zusammenhang mit einem Spin-off zu lösen, kann für die nachträglich eingefügte Spezialvorschrift des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG nichts Anderes gelten.

Da sich der gesetzgeberische Wille, "im Zweifelsfalle" zum Zeitpunkt der Zuteilung der Anteile noch keine Besteuerung vorzunehmen, indes nicht in einer Beweiserleichterung oder Beweislastumkehr manifestiert hat, kann diesem Anliegen nach Ansicht des Senats nur auf der Tatbestandsseite Rechnung getragen werden. Der Abspaltungsbegriff ist daher "typusorientiert" dahingehend auszulegen, dass lediglich die typusbestimmenden Merkmale einer Abspaltung vorliegen müssen:

1. Der übertragende Rechtsträger hat im Rahmen einer gesellschaftsrechtlichen Maßnahme einen Teil seines Vermögens auf einen oder mehrere übernehmende Rechtsträger übertragen, die entweder schon bestehen oder im Zuge des Vorgangs gegründet worden sind.

2. Die Anteile am übernehmenden Rechtsträger oder an den übernehmenden Rechtsträgern sind im Zusammenhang mit der Vermögensübertragung an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers übertragen worden.

3. Der übertragende Rechtsträger besteht fort.

4. Bei einem "Auslandsfall": Der übertragende ausländische und der übernehmende in- oder ausländische Rechtsträger müssen einem vergleichbaren umwandlungsfähigen Rechtsträger inländischen Rechts entsprechen.

Sind diese Merkmale erfüllt, ist für Zwecke des Kapitalertragsteuerabzugs und der Abgeltungssteuer von einer Abspaltung auszugehen. Eine abschließende Prüfung der Steuerpflicht und der Höhe des zu versteuernden Gewinns ist - entsprechend dem Willen des Gesetzgebers - erst zu dem Zeitpunkt vorzunehmen, zu dem die zugeteilten Anteile gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 4 EStG veräußert werden. Zu diesem Zeitpunkt ist dann auch über die Frage zu entscheiden, ob die veräußerten Anteile überhaupt steuerverhaftet sind, was etwa dann nicht der Fall wäre, wenn es sich um eine Abspaltung von vor dem 1.1.2009 erworbenen Anteilen handelt, bei denen die Spekulationsfrist zum Veräußerungszeitpunkt bereits abgelaufen ist (vgl. § 20 Abs. 4a Satz 1 2. Halbsatz i.V.m. §§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 52a Abs. 11 Satz 4 EStG 2009).

ff) Nach Maßgabe dieser Grundsätze liegt vorliegend eine Abspaltung vor, mit der Folge, dass die Zuteilung der Anteile an der HPE gem. § 20 Abs. 4a Satz 7 i.V.m. Satz 1 EStG keine Besteuerung auslöst (so auch Finanzgericht Düsseldorf in seinen Urteilen vom 29. Januar 2019 13 K 2119/17 E und vom 12. März 2019 13 K 1762/17 E a.a.O.). Die unter I.2.c) ee) aufgeführten Kriterien sind erfüllt. Aufgrund der Darstellung der von der HPC unternommenen Kapitalmaßnahme im BMF-Schreiben vom 20. März 2017 (BStBl I 2017, 431) kann davon ausgegangen werden, dass die HPC/HPI Vermögen auf die HPE und ihre Anteile an der HPE auf ihre Aktionäre übertragen hat, mit der Folge, dass diese im gleichen Verhältnis an der HPI und an der HPE beteiligt waren. Die HPC selbst hat als eigenständiges Rechtssubjekt fortbestanden und sich lediglich in HPI umbenannt. Der Rechtstypenvergleich fällt ebenfalls positiv aus. Sowohl bei der HPC/HPI als auch bei der HPE handelt es sich um einer deutschen Aktiengesellschaft vergleichbare Gesellschaftsformen (vgl. BMF-Schreiben vom 24. Dezember 1999, BStBl I, 1076, Tabelle 1, Stichwort "USA"). Schließlich ist auch das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile nicht ausgeschlossen oder beschränkt (vgl. § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG).

II. Die Übertragung der Berechnung der festzusetzenden Steuer auf das FA beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.

IV. Die Revision war im Hinblick auf das beim BFH anhängige Verfahren VIII R 9/19 zuzulassen.